Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 29. Okt. 2014 - 1 K 4415/14
Gericht
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klägerin eine Fraktion im Rat der Stadt X. ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beitreibbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Bei den im Mai 2014 durchgeführten Kommunalwahlen wurden von der Liste der Partei Q. O. die Wahlbewerber D. H. und H1. X1. sowie von der Liste der Partei S. der Wahlbewerber U. L. in die Vertretung der Stadt X. gewählt.
3Mit Schreiben an den Beklagten vom 3. Juni 2014 teilte Frau H. mit, dass sie mit den Ratsmitgliedern X1. und L. die Fraktion „Q. O. / S. “ im Rat der Stadt X. gegründet habe. Dem Schreiben war das Sitzungsprotokoll der konstituierenden Sitzung vom 3. Juni 2014 sowie das darin beschlossene Fraktionsstatut beigefügt. Dieses enthält u.a. unter Nr. 2 eine Regelung, wonach Angelegenheiten von grundsätzlicher politischer Bedeutung in Abstimmung mit dem Q. O. -Kreisvorstand sowie dem Kreisvorstand der S. beschlossen werden. Nach dem Sitzungsprotokoll wurden (jeweils einstimmig) Frau H. zur Fraktionsvorsitzenden und Herr I. zum Fraktionsgeschäftsführer gewählt.
4Mit Schreiben vom 10. Juni 2014 teilte der Beklagte mit, dass die o.g. Regelung im Fraktionsstatut möglicherweise mit dem Grundsatz des freien Mandats unvereinbar sei und eine in wesentlicher Hinsicht übereinstimmende politische Überzeugung konstitutives Merkmal einer Fraktion sei. Vor diesem Hintergrund bestünden Zweifel, ob tatsächlich eine Fraktion vorliege.
5Hierauf erwiderten die Ratsmitglieder H. , X1. und L. unter dem 14. Juni 2014, sie erhielten keine Weisungen von Parteigliederungen; es gehe nur um politischen Austausch mit den jeweiligen Kreisvorständen, die in Grundsatzfragen – natürlich rechtlich unverbindlich – Empfehlungen aussprechen könnten. Bei Vorgesprächen hätten sie die Überzeugung gewonnen, in allen relevanten kommunalpolitischen Fragen gemeinsame Grundüberzeugungen zu haben. Diese sollten nunmehr durch die gemeinsame Arbeit in einer Ratsfraktion politisch durchgesetzt werden. Die Parteien Q. O. und S. hätten sich in der Vergangenheit bei überregionalen Wahlkämpfen gegenseitig unterstützt und auch Wahlkämpfe zusammen bestritten; die Parteiprogramme seien in wesentlichen Punkten deckungsgleich.
6Mit Schreiben vom 17. Juni 2014 teilte der Beklagte mit, es läge auch in Ansehung der Mitteilung vom 14. Juni 2014 keine Fraktion vor. Nur bei einem Zusammenschluss aus Personen, die für dieselbe Partei oder Wählergruppe angetreten seien, streite eine Vermutung für das Vorliegen einer grundsätzlichen politischen Übereinstimmung. Hier sei das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einer Fraktion dezidiert mit Blick auf die im Rahmen des Zusammenschlusses getroffenen Vereinbarungen, deren tatsächlicher Anwendung sowie die Bekundungen der Mitglieder zu prüfen. Hier seien weder im Fraktionsstatut vom 3. Juni 2014 die übereinstimmenden politischen Überzeugungen im Einzelnen dargestellt, noch sprächen sonstige Umstände für eine gemeinsame inhaltliche Grundüberzeugung.
7In einer (weiteren) Sitzung am 24. Juni 2014 beschlossen die Ratsmitglieder H. , X1. und L. das Fraktionsstatut vom 24. Juni 2014 und wählten u.a. Frau H. zur Fraktionsvorsitzenden und Herrn I. zum Fraktionsgeschäftsführer. Das Fraktionsstatut vom 24. Juni 2014 ähnelt dem vom 3. Juni 2014, enthält allerdings eine Präambel, nach der eine grundsätzliche politische Übereinstimmung in allen relevanten politischen Fragen festgestellt worden sei. Als rechte Demokraten verfolge man gemeinsame politische Ziele im Rat und habe sich daher zu einem möglichst gleichgerichteten kommunalpolitischen Wirken in der Fraktion Q. O. / S. im Rat der Stadt X. zusammengeschlossen. Demgegenüber ist die genannte Regelung zur Abstimmung mit den Kreisvorständen in grundsätzlichen Fragen nicht mehr enthalten. Zuletzt wurde in der Sitzung ein „11 Punkte Plan“ als Grundsatzprogramm der Fraktion einstimmig beschlossen.
8Mit Schreiben vom 25. Juni 2014 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Beklagten auf, nunmehr das Vorliegen einer Fraktion bis zum 27. Juni 2014 zu bestätigen.
9Hierauf erwiderte der Beklagte unter dem 27. Juni 2014, noch immer liege keine Fraktion vor. Es sei unklar, wie sich die Fraktionsgründungen vom 3. und 24. Juni 2014 zueinander verhalten sollten. Zudem seien bisher keine Aktivitäten im Hinblick auf die Umsetzung des „11 Punkte Plans“ glaubhaft gemacht, so dass es an der erforderlichen sichtbaren praktischen Umsetzung des Zusammenschlusses zu gemeinsamem Wirken fehle.
10Am 8. Juli 2014 hat die Klägerin Klage erhoben und gleichzeitig die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird unter dem Aktenzeichen 1 L 1555/14 geführt.
11Sie hält die Klage für zulässig und begründet. Ihre Beteiligungsfähigkeit folge aus § 61 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), wonach Vereinigungen, denen ein Recht zustehen könne, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligungsfähig seien. Fraktionen seien u.a. in der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (GO NRW) besondere Mitwirkungsrechte zugewiesen, wie etwa nach § 47 Abs. 1 Satz 4 GO NRW das Recht auf unverzügliche Einberufung des Rates oder gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 GO NRW das Recht, vom Bürgermeister zu einem Tagesordnungspunkt eine Stellungnahme zu verlangen. Hier gehe es gerade darum, ob die Klägerin eine Fraktion im Sinne des § 56 GO NRW sei. Daher sei neben der Beteiligungsfähigkeit auch die Antragsbefugnis zu bejahen. Lediglich hilfsweise werde eine Änderung des Rubrums dahingehend angeregt, dass die einzelnen Ratsmitglieder H. , X1. und L. , die den Prozessbevollmächtigten der Klägerin jeweils auch einzeln bevollmächtigt hätten, mit der Klage ihr Fraktionsbildungsrecht verfolgten.
12Ob die Klägerin tatsächlich eine Fraktion im Sinne des § 56 GO NRW sei, sei demgegenüber eine Frage der im Ergebnis ebenfalls zu bejahenden Begründetheit der Klage. Bezüglich der erforderlichen grundsätzlichen politischen Übereinstimmung sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den beiden hinter den Mitgliedern der Klägerin stehenden Parteien um politische Gruppierungen mit einer ähnlichen und in vielen Punkten vergleichbaren rechten Ausrichtung handele. Auch die Parteiprogramme seien im Wesentlichen deckungsgleich. Beide Gruppierungen verstünden sich als rechtsdemokratisch, positionierten sich islamkritisch und gälten in der Öffentlichkeit als „rechte“ Parteien. Bereits bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl 2012 habe man eng zusammengearbeitet; die S. hätten damals zugunsten von Q. O. auf einen eigenen Wahlantritt verzichtet und ihre Anhänger aufgefordert, Q. O. zu wählen. Selbst der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz habe in diversen Veröffentlichungen über diese Kooperationsbemühungen berichtet.
13Die Ausführungen des Beklagten zu Differenzen vor den Kommunalwahlen 2014 seien größtenteils unzutreffend. Die aufgrund der Auswertung anonymer und nicht von den Ratsmitgliedern H. , X1. und L. stammender Beiträge in rechten Internetforen gezogenen Schlussfolgerungen seien nicht tragfähig und sagten vor allem nichts über gemeinsame politische Überzeugungen der fraglichen Ratsmitglieder aus. In diversen Vorgesprächen, bei denen der dann am 24. Juni 2014 beschlossene „11 Punkte Plan“ inhaltlich erarbeitet worden sei, hätten die Ratsmitglieder H. , X1. und L. die Überzeugung gewonnen, in alle relevanten kommunalpolitischen Fragen auf einer Wellenlänge zu liegen und gemeinsame Grundüberzeugungen zu haben. Unbedenklich sei, dass zuvor Sondierungsgespräche mit anderen politischen Gruppierungen stattgefunden hätten, da dies üblich sei. Gerade der Umstand, dass erst danach der Zusammenschluss erfolgt sei, belege die festgestellte weitgehende politische Übereinstimmung zwischen den Ratsmitgliedern H. , X1. und L. .
14Dass gemeinsame Ziele verfolgt werden sollten, werde auch durch das beschlossene „11 Punkte Programm“ belegt. Es ginge nicht lediglich darum, nur die finanziellen und rechtlichen Vorteile des Fraktionsstatus „abzugreifen“. Das werde auch durch das Fraktionsstatut vom 24. Juni 2014 deutlich, wonach ein auf inhaltlicher Übereinstimmung basierender Zusammenschluss gewollt sei. Schließlich sei auch ein im Einzelfall abweichendes Stimmverhalten als Ausdruck des freien Mandats unschädlich. Bis auf den vom Beklagten benannten Einzelfall hätten die Ratsmitglieder H. , X1. und L. stets einheitlich abgestimmt und ihr Stimmverhalten auch vorher koordiniert. Zudem seien sie gemeinsam als Gruppe aufgetreten. Weiterhin finde mehrmals pro Woche ein Austausch statt und würden gemeinsame Anträge, Anfragen und Initiativen erarbeitet. In der Ratssitzung vom 25. August 2014 seien zwei gemeinsame Änderungsanträge (zur Reduzierung der Zahl der Bürgermeister aus haushaltspolitischen Gründen und zum Maßnahmepaket gegen Antisemitismus) eingereicht worden. Weiter habe die Ratsgruppe Q. O. in dieser Sitzung das Ratsmitglied L. für die Wahl zum ehrenamtlichen Bürgermeister vorgeschlagen und auch aufgestellt. Dieser habe bei der Wahl dann auch vier Stimmen erhalten. Auch bei der Ausschusswahl sei die Zusammenarbeit und die Absicht gleichgerichteten Wirkens der drei fraglichen Ratsmitglieder dokumentiert worden, denn das Ratsmitglied L. sei auf Vorschlag der Ratsgruppe Q. O. in den Finanzausschuss gewählt worden und der als Kommunalwahlkandidat von der Partei Die S. aufgestellte V. M. sei ebenfalls auf Vorschlag der Ratsgruppe Q. O. zum stellvertretenden Mitglied des Bauausschusses gewählt worden. Zudem seien noch weitere Mitglieder der S. benannt worden, die sich aber nicht hätten durchsetzen können. Auch bei der weiteren Ratssitzung am 30. September 2014 sei das gemeinsame politische Wirken fortgesetzt worden. Es seien drei gemeinsame Änderungsanträge (zum Thema Demokratie stärken und Vielfalt erhalten, zur Neufassung der Satzung des Jugendamtes und zum Thema Schulsozialarbeit) eingebracht worden; auch in der Sitzung vom 30. September 2014 sei einheitlich abgestimmt worden. Nach dem Ablauf von nunmehr vier Ratssitzungen ergäbe sich nach den Gesamtumständen unzweifelhaft ein nachhaltiges vertrauensvolles Zusammenwirken der Ratsmitglieder H. , X1. und L. .
15Die Klägerin beantragt,
16festzustellen, dass sie eine Fraktion im Rat der Stadt X. ist.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Er hält den Antrag für unzulässig und für unbegründet. Die Klägerin sei nicht beteiligungsfähig, da sie eigene Rechte (und die Möglichkeit ihrer Durchsetzung) erst durch die Ankerkennung als Fraktion durch die Gemeinde erlange. Erst durch diesen konstitutiven Akt erwüchsen ihr kommunale Rechte und Pflichten, so dass die Feststellung einer Fraktion als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal bezeichnet werden könne. Diese Anerkennung sei aber bisher seitens der Stadt X. nicht erfolgt.
20Aus dem selben Grund sei die Klägerin auch nicht antragsbefugt, denn mangels Existenz könne sie durch die Ablehnung der Feststellung des Fraktionsstatus auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein. Lediglich die drei Ratsmitglieder könnten in ihrem Recht auf Bildung einer Fraktion nach § 56 GO NRW verletzt sein.
21Zudem lägen die für das Vorliegen einer Fraktion erforderlichen Voraussetzungen nicht vor. Es fehle an der notwendigen grundsätzlichen politischen Übereinstimmung. Die Parteien Q. O. und S. konkurrierten miteinander im rechtskonservativen Parteienspektrum. Auch wenn punktuell Kooperationen in Erwägung gezogen würden, bestünde gerade in X. Uneinigkeit und Ablehnung zwischen den politischen Akteuren der beiden Parteien. Das werde u.a. deutlich durch die anlässlich der Errichtung einer Moschee in X. 2012 offen zu Tage getretenen Differenzen. Das Vorgehen und die Aktionen der jeweils anderen Partei seien abgelehnt und unsachlich kritisiert worden. Dies habe sich im Vorfeld der Kommunalwahlen 2014 fortgesetzt. Im Dezember 2013 hätte das Ratsmitglied L. persönlich beim Wahlamt Schreiben eingereicht, durch die verschiedene X2. Bürger ihre Unterstützungsunterschriften für die Partei Q. O. widerrufen hätten, weil ihre Unterschriften unter Angabe falscher Tatsachen erschlichen worden seien.
22Dementsprechend habe Herr L. nach seiner Wahl zum Ratsmitglied auch zunächst nicht den Kontakt zu Frau H. und Herrn X1. gesucht, sondern andere Koalitionsmöglichkeiten ausgelotet. Auch der „11 Punkte Plan“ genüge nicht zum Beleg eines gemeinsamen politischen Willens, denn dieser sei erst aufgrund der geäußerten Bedenken mit der „zweiten“ Fraktionsgründung am 24. Juni 2014 vorgelegt worden. Soweit die Klägerin auf Anträge aus der Ratssitzung vom 25. August 2014 verweise, sei dies als tagespolitische Reaktion zu werten, die aufgrund des gleichartigen Parteienspektrums, dem die Ratsmitglieder H. , X1. und L. angehörten, kein Beleg für ein nachhaltiges politisches Zusammenwirken sei. Nennenswerte Aktivitäten zur Umsetzung des „11 Punkte Plans“ seien nicht dargelegt worden. Auch hätten die Ratsmitglieder H. , X1. und L. in der konstituierenden Sitzung des Rates vom 16. Juni 2014 zum TOP 3.1 – VO/0000/14 – nicht einheitlich abgestimmt. Dass tatsächlich kein nachhaltiges und einheitliches Zusammenwirken erfolge, werde auch durch die (nur) von der Ratsgruppe Q. O. am 15. September 2014 gestellte große Anfrage (Drucks. Nr. VO/0000/14) zur Abweisung eines Bürgerantrages der Bürgerin T. L. deutlich. Das Ratsmitglied L. habe sich dieser Anfrage nicht angeschlossen und es sei auch kein gemeinsamer Briefkopf verwendet worden. Vor diesem Hintergrund sei nicht auszuschließen, dass die Fraktion lediglich gegründet worden sei, um finanzielle Vorteile und eine Stärkung der Rechtsposition zu erlangen.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens, des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes (1L 1555/14) sowie des übersandten Verwaltungsvorganges Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die Klage ist zulässig und begründet.
26Nach den Grundsätzen des kommunalverfassungsrechtlichen Organstreits können Streitigkeiten, die aus dem kommunalen Organisationsrecht folgen und den organschaftlichen Funktionsablauf bestimmende Befugnisse und Pflichten bestimmter Organe oder Organteile untereinander betreffen, Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein.
27OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 2002 – 15 A 2604/99 –; Urteil der Kammer vom 12. Juni 2012 – 1 K 1637/11 –.
28Ist bereits die rechtliche Existenz des Organs – hier der Klägerin – als Voraussetzung konkret bestehender Befugnisse strittig, kann auch dies Gegenstand der kommunalverfassungsrechtlichen Feststellungsklage sein.
29Vgl. VG Dresden, Urteil vom 20. Januar 2009 – 7 K 1388/06 –.
30Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus der Weigerung des Beklagten, die Klägerin als Fraktion anzuerkennen und die hieraus resultierende Vorenthaltung von Rechten und Zuwendungen.
31Im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage. Insbesondere ist die Klägerin auch beteiligungsfähig. Am verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligungsfähig sind nach § 61 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann. In Anwendung dieser Vorschrift kann eine Fraktion als kommunales Kollegialorgan, dem u.a. durch die Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (GO NRW) eigene Wahrnehmungskompetenzen zugewiesen sind, am Kommunalverfassungsstreitverfahren teilnehmen.
32Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage, § 61 Rdnrn. 9 und 11.
33Zwar ist es hier zwischen den Beteiligten gerade streitig, ob die Klägerin eine Fraktion und damit nach der vorgenannten Regelung beteiligungsfähig ist. Allerdings entspricht es allgemeinen Grundsätzen, den Kläger im Streit um die – hier mit der beantragten Feststellung der Fraktionseigenschaft gleichzusetzenden – Beteiligungsfähigkeit als beteiligungsfähig zu behandeln.
34Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage, § 61 Rdnr. 3, Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage, § 61 Rdnr. 8; U. /Putzo, ZPO, 26. Auflage, § 50 Rdnr. 11, jeweils m.w.N.; im Ergebnis so offenbar auch VG Dresden, Urteil vom 20. Januar 2009 – 7 K 1388/06 –.
35Ob die Klägerin tatsächlich eine Fraktion ist, ist im Rahmen der Begründetheit der Klage zu klären.
36Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten handelt es sich bei der Klägerin um eine Fraktion im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 GO NRW.
37Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 GO NRW sind Fraktionen freiwillige Vereinigungen von Ratsmitgliedern oder von Mitgliedern einer Bezirksvertretung, die sich auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zu möglichst gleichgerichtetem Wirken zusammengeschlossen haben.
38Aus dieser gesetzlichen Regelung folgt zunächst, dass es für die Entstehung einer Fraktion nicht eines konstitutiven, anerkennenden Aktes der Gemeinde oder des (Ober-)Bürgermeisters bedarf. Dies bedeutet entgegen der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Befürchtung des Beklagtenvertreters nicht, dass jeder sich als Fraktion bezeichnenden Vereinigung die Rechte und Befugnisse einer Fraktion einzuräumen wären. Die Gemeinde ist durch das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet, (nur) Fraktionen im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 GO NRW die diesen nach den einschlägigen kommunalrechtlichen Regelungen zustehenden Vergünstigungen zu gewähren. Dies setzt eine entsprechende Prüfung der Fraktionseigenschaft durch die Gemeinde voraus, erfordert aber keinen weiteren, auch nach der gesetzlichen Regelung nicht vorgesehenen konstitutiven Anerkennungsakt.
39Allerdings entsteht die Fraktionseigenschaft nicht schon mit der bloßen – wenn auch bereits rechtlich verfestigten – Absicht, eine Fraktion zu bilden. Aus dem gesetzlichen Erfordernis, dass sich die Ratsmitglieder zusammengeschlossen „haben“ müssen, folgt, dass der Zusammenschluss bereits verwirklicht sein muss. Zudem ergibt sich aus der finalen Präposition „zu“ möglichst gleichgerichtetem Wirken, dass die Fraktionseigenschaft nicht davon abhängt, dass ein gleichgerichtetes Wirken auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung bereits vorliegt; allerdings muss dieser Zweck dem Zusammenschluss zugrunde liegen.
40Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 24. Januar 2005 – 15 B 2713/04 –, vom 20. Juni 2008 – 15 B 788/08 – und vom 19. Juni 2013 – 15 b 279/13 –.
41Gemessen an diesen Voraussetzungen handelt es sich bei der Klägerin um eine Fraktion im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 GO NRW. Die Mitglieder der Klägerin wurden in der Kommunalwahl von Mai 2014 in den Rat der Stadt X. gewählt und haben sich in den Sitzungen am 3. und 24. Juni 2014 freiwillig zu der Vereinigung „Q. O. / S. “ im Rat der Stadt X. zusammengeschlossen. Dabei steht der Umstand, dass der Zusammenschluss am 24. Juni 2014 erneut und in weiten Teilen inhaltsgleich vorgenommen wurde, aus Sicht der Kammer der Annahme der Ernsthaftigkeit nicht entgegen. Offensichtlich erfolgte der erneute Zusammenschluss in Ansehung der vom Beklagten in seinen Schreiben vom 10. und 17. Juni 2014 geäußerten Bedenken in der Absicht, dieses Mal den rechtlichen Anforderungen zu genügen. Damit belegt die formale Wiederholung des Gründungsaktes eher die Ernsthaftigkeit der Absicht, gemäß der beschlossenen Vereinbarung agieren zu wollen.
42Weiterhin erfolgte der Zusammenschluss auch auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung. Der Annahme einer solchen grundsätzlichen politischen Übereinstimmung steht zunächst der Umstand nicht entgegen, dass die Mitglieder der Klägerin X1. und H. über die Wahlliste der Partei Q. O. , das Mitglied der Klägerin L. hingegen über die Wahlliste der Partei S. in die Vertretung gewählt wurden. Denn das Fraktionsbildungsrecht ist Ausfluss des freien Mandats der Ratsmitglieder, die in ihrer Tätigkeit ausschließlich dem Gesetz und ihrer freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung verpflichtet und an Aufträge (auch des Wählers) nicht gebunden sind.
43OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2005 – 15 B 2713/04 –.
44Allerdings besteht in Fällen politisch extrem heterogener Zusammensetzung besonderer Anlass festzustellen, ob die erforderliche grundsätzliche politische Übereinstimmung besteht oder ob lediglich ein formaler Zusammenschluss zur Erlangung finanzieller Vorteile oder einer stärkeren Rechtsposition für die Verfolgung der uneinheitlichen individuellen politischen Ziele der einzelnen Mitglieder vorliegt. Demgegenüber ergibt sich bei einem Zusammenschluss aus Personen, die für ein und dieselbe Partei oder Wählergruppe angetreten sind, bereits aus dem Parteizusammenschluss bzw. dem mitgliedschaftlich organisierten Zusammenschluss der Wahlberechtigten zum Zwecke gemeinsamer Wahlvorschläge (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 Kommunalwahlgesetz), dass auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung ein möglichst gleichgerichtetes Wirken erfolgen soll. Weiterer Indizien bedarf es im letztgenannten Fall regelmäßig nicht.
45Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 24. Januar 2005 – 15 B 2713/04 – und vom 19. Juni 2013 – 15 B 279/13 –.
46Eine in diesem Sinne politisch extrem heterogene Zusammensetzung liegt hier indes nicht vor. Sowohl die Partei Q. O. als auch die Partei S. gehören dem rechten Parteienspektrum an und präsentieren sich rechtskonservativ und kritisch gegenüber Zuwanderung und dem wachsenden Einfluss islamischer Kultur.
47Vgl. hierzu die über die Internetauftritte der Parteien verfügbaren Informationen – www.S .de und www.Q........net.
48Schon vor diesem Hintergrund nimmt es nicht Wunder, dass die Mitglieder der Klägerin vortragen, in allen relevanten politischen Fragen eine grundsätzliche politische Übereinstimmung festgestellt zu haben (vgl. auch die Präambel des Fraktionsstatut vom 24. Juni 2014). Zwar kommt es angesichts des freien Mandats nicht zwingend auf die politischen Überzeugungen der Parteien an, denen die gewählten Ratsmitglieder angehören. Diese können aber jedenfalls dann zugrunde gelegt werden, wenn sich die gewählten Ratsmitglieder – wie hier – nach der Wahl nicht erkennbar von ihrer Partei distanziert und einer abweichenden politischen Richtung zugewandt haben. Weitere indizielle Bedeutung für eine tatsächlich bestehende grundsätzliche politische Übereinstimmung kommt auch dem am 24. Juni 2014 beschlossenen „11 Punkte Plan“ zu, der verschiedene von den Mitgliedern der Klägerin angestrebte kommunalpolitische Ziele fixiert. Anhaltspunkte dafür, dass diese kommunalpolitischen Ziele lediglich zum Schein formuliert wurden, um eine tatsächlich nicht vorhandene grundsätzliche politische Übereinstimmung vorzutäuschen, liegen nicht vor. Die danach im Ergebnis zu bejahende Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung wird auch durch den Hinweis des Beklagten auf das Verhalten der Mitglieder der Klägerin im Wahlkampf und unmittelbar nach der Kommunalwahl 2014 nicht in Frage gestellt. Dass gerade kleinere, dem selben Spektrum zuzuordnende Parteien einen intensiven, um Abgrenzung und Profilierung bemühten und den direkten Konkurrenten unter Umständen auch hart angehenden Wahlkampf führen, liegt auf der Hand und kann deshalb bei späterer Gründung einer Fraktion nicht als Indiz für eine fehlende grundsätzliche politische Übereinstimmung herangezogen werden. Denn die potentiellen Wähler entstammen derselben, ebenfalls kleineren Gruppe und sollen trotz vergleichbarer politischer Ausrichtung der konkurrierenden Parteien und den dadurch bedingten Mangel an Abgrenzungsargumenten beeinflusst werden, sich für die jeweilige Gruppierung zu entscheiden. Ferner ist auch der Umstand, dass das Mitglied der Klägerin L. sich nach den Angaben des Beklagten noch kurze Zeit vor der Gründung der Klägerin nach anderen Bündnismöglichkeiten erkundigt hat, kein Indiz für eine tatsächlich nicht gegebene Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung. Im Politikbetrieb ist es – auch auf Bundes- und Landesebene – üblich, vor dem Abschluss von Fraktions- oder Koalitionsvereinbarungen Bündnismöglichkeiten mit verschiedenen Gruppierungen zu prüfen. Auch der Sache nach ist es kein wirklichkeitsfernes politisches Phänomen, dass selbst zwischen Vertretern gegensätzlicher extremer politischer Anschauungen in Wirklichkeit dennoch in vielen Fragen eine grundsätzliche politische Übereinstimmung besteht.
49Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2005 – 15 B 2713/04 –.
50Kommt es dann – wie hier – nach Sondierungsgesprächen im Ergebnis zur Fraktionsbildung mit Vertretern der der eigenen Partei in politischer Hinsicht am nächsten stehenden Partei, spricht dies gerade dafür, dass der grundsätzlichen politischen Übereinstimmung bei der Wahl des Fraktionspartners eine zentrale Bedeutung zukam. Schließlich sei angemerkt, dass ausweislich der gesetzlichen Regelung nur eine „grundsätzliche“, also sich nicht zwingend auf alle Bereiche und alle Einzelheiten erstreckende politische Übereinstimmung erforderlich ist. Daher ist es ersichtlich nicht von Bedeutung, dass die Mitglieder der Klägerin bzw. die hinter diesen stehenden Parteien vor der Kommunalwahl 2014 nach dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung und den Inhalten der Schriftsätze der Beteiligten zur Verfolgung des (gemeinsamen) Ziels der Verhinderung des Moscheebaus verschiedene Ansätze verfolgt haben.
51Weiterhin hat die Klägerin auch zur Überzeugung der Kammer dargetan, dass dem Zusammenschluss der Zweck zugrunde liegt, möglichst gleichgerichtet zusammenzuwirken. Wie ausgeführt hängt die Fraktionseigenschaft nicht davon ab, dass ein gleichgerichtetes Wirken auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung bereits vorliegt. Die Absicht möglichst gleichgerichteten Zusammenwirkens kann aber unter Umständen – etwa bei schon längerem Bestehen der (vermeintlichen) Fraktion – nur dann als glaubhaft angesehen werden, wenn sich der Zweck des Zusammenschlusses nicht nur aus einer politischen Absichtserklärung ergibt, sondern er darüber hinaus auch sichtbaren – praktischen – Ausdruck gefunden hat.
52Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juni 2013 – 15 B 279/13 –.
53Ob der erforderliche Zweck verfolgt werden soll, bemisst sich allgemein nach den Vereinbarungen im Rahmen des Zusammenschlusses und gegebenenfalls ihrer tatsächlichen Anwendung sowie den Bekundungen der Mitglieder des Zusammenschlusses, soweit sich die Erklärungen als glaubhaft erweisen.
54Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 24. Januar 2005 – 15 B 2713/04 –, vom 20. Juni 2008 – 15 B 788/08 – und vom 19. Juni 2013 – 15 B 279/13 –.
55Zusammenfassend muss sich aus den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalles der zuverlässige Schluss ergeben, dass der Zusammenschluss nachhaltig auf das gleichgerichtete Zusammenwirken ausgerichtet ist.
56In Anwendung dieser Grundsätze liegt das erforderliche Merkmal hier vor. Zunächst ergeben sich aus dem am 24. Juni 2014 vereinbarten (und offenbar das Statut vom 3. Juni 2014 ablösenden) Statut gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass dem Zusammenschluss tatsächlich die Absicht möglichst gleichgerichteten Zusammenwirkens zugrunde liegt. Bei dieser Bewertung kommt der Funktion von Fraktionen besondere Bedeutung zu, die Willensbildung und Entscheidungsfindung im Plenum vorzuprägen, indem sie vor der Plenardebatte und -abstimmung in interner Meinungsbildung Willensblöcke bilden, die sie im Plenum möglichst geschlossen zur Geltung bringen.
57Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Januar 1975 – III A 551/73 –.
58Der Wesenskern einer Fraktion liegt darin, dass ihre Mitglieder unter Aufgabe ihrer vollen politischen Autonomie auf die Ausübung eines Teiles ihrer politischen Gestaltungsrechte zu Gunsten einer Bündelung durch die Fraktion verzichten.
59Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2005 – 15 B 2713/04 –.
60Diesem Wesenskern entsprechen die in §§ 1 Nr. 2, 4 Nr. 1 und 10 Nr. 1 des Statuts enthaltenen Regelungen, wonach die Fraktion für ihre Mitglieder verbindliche Beschlüsse fasst, die Mitglieder u.a. im Rat die Gesamtlinie der Fraktion vertreten sollen und in Angelegenheiten von wesentlicher politischer Bedeutung in erhöhtem Maße gehalten sind, dem Mehrheitsbeschluss der Fraktion zu folgen, sowie Abstimmungen mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgen. Denn diese Regelungen fördern durch eine in ihnen angelegte Begrenzung der politischen Autonomie des einzelnen Fraktionsmitgliedes eine einheitliche Willensbildung und eine geschlossene Geltendmachung des Fraktionswillens. Weiter schaffen die am 3. bzw. 24. Juni 2014 erfolgte Wahl eines Fraktionsgeschäftsführers wie auch die in §§ 4 Nrn. 2, 7 des Statuts enthaltenen Regelungen, wonach die Fraktionsmitglieder verpflichtet sind, an den Fraktions- und Ratssitzungen teilzunehmen, und die Fraktion wenigstens einmal pro Woche tagt, die Grundlage dafür, dass die Fraktion tatsächlich Bündelungs- und Koordinierungsaufgaben wahrnehmen kann.
61Auch die tatsächlichen Bekundungen der in der mündlichen Verhandlung anwesenden Mitglieder der Klägerin geben keine Anhaltspunkte, an der Ernsthaftigkeit ihrer erklärten Absicht zu zweifeln, künftig im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 GO NRW möglichst gleichgerichtet und nachhaltig zu wirken. So haben die Mitglieder der Klägerin unter anderem ausgeführt, sich seit der Gründung der Klägerin wöchentlich zu Fraktionssitzungen zu treffen und hierbei ihr Vorgehen abzustimmen. Dass diese Angaben unzutreffend sein könnten, ist nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang ist aus Sicht der Kammer auch zu berücksichtigen, dass vom Beklagten weder nachvollziehbare Gründe dargelegt wurden, noch solche sonst ersichtlich sind, weshalb die Mitglieder der Klägerin nicht ernsthaft die weitere Zusammenarbeit im Rahmen der von ihnen gegründeten Fraktion anstreben sollten. Eine Fraktion ist ein Zweckbündnis, dass ihren Mitgliedern durch die gegenüber denen der Einzelratsmitglieder umfangreicheren Fraktionsrechte und die bessere finanzielle Ausstattung Möglichkeiten bietet, politische Ziele effektiver durchzusetzen. Schon deshalb ist es für Ratsmitglieder grundsätzlich sinnvoll, sich in Fraktionen zusammenzuschließen. Die Fraktionsmitgliedschaft bedingt zwar in gewissem Umfang eine Zurückstellung der eigenen politischen Autonomie. Dieser Aspekt steht aber der Entscheidung zum Zusammenschluss mit anderen Ratsmitgliedern in einer Fraktion in geringerem Umfang entgegen, wenn – wie hier – die Fraktionsmitglieder aus dem selben Parteienspektrum stammen und bereits vor der Fraktionsbildung gleiche oder ähnliche politische Vorstellungen verfolgt haben. Denn dann wirkt sich der Verlust individueller politischer Gestaltungsoptionen faktisch kaum aus.
62Schließlich besteht entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht deshalb Anlass, den vorstehend geschilderten, dem Zusammenschluss zugrunde liegenden Zweck in Zweifel zu ziehen, weil er keinen ausreichend sichtbaren – praktischen – Ausdruck gefunden hat. Die Forderung nach einem sichtbaren – praktischen – Ausdruck der Zusammenwirkungsabsicht gewinnt vor allem bei bereits längerem Bestehen der (vermeintlichen) Fraktion Bedeutung.
63Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juni 2013 – 15 B 279/13 –.
64Diese Situation liegt hier gerade noch nicht vor, denn die Fraktion wurde erst vor einigen Monaten gegründet und seit der Gründung der Fraktion haben erst vier Ratssitzungen stattgefunden. Schon vor diesem Hintergrund können keine übertriebenen Erwartungen an die von der Klägerin zu verlangenden Aktivitäten gestellt werden. Hierbei ist weiter zu berücksichtigen, dass die Klägerin, die vom Beklagten bisher nicht als Fraktion angesehen wurde und deshalb die (nur) Fraktionen zustehenden Befugnisse nicht ausüben konnte, vergleichsweise geringe Möglichkeiten hatte, ihre – etwa in dem „11 Punkte Plan“ fixierten ‑ politischen Ziele anzugehen. So steht das insoweit bedeutsame Recht, Anträge unmittelbar in den Rat einzubringen, nach § 8 Abs. 1 der Geschäftsordnung für den Rat der Stadt X. (Geschäftsordnung) Fraktionen, aber nicht Gruppen oder Einzelratsmitgliedern zu. Die von dem Terminsvertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerte Einschätzung, die Klägerin hätte ihre Ziele in der seit ihrer Gründung verstrichenen Zeit auch durch eine Zusammenarbeit mit anderen Ratsfraktionen oder -gruppen verfolgen können, erscheint gerade auch mit Blick auf die deutliche Positionierung der Mitglieder der Klägerin im rechten Spektrum und die Ablehnungshaltung der anderen Fraktionen unrealistisch.
65Unabhängig hiervon hat die Absicht der Mitglieder der Klägerin, tatsächlich nachhaltig möglichst gleichgerichtet zusammenzuwirken, aber dennoch einen auch praktischen Ausdruck erfahren. So haben die Mitglieder der Klägerin nicht nur in den Ratssitzungen vom 25. August und 30. September 2014 insgesamt fünf gemeinsame Änderungsanträge (die jedenfalls hinsichtlich der inhaltlich berührten Gesichtspunkte der Kostenreduzierung und Islamkritik Parallelen zu in dem „11 Punkte Plan“ fixierten Inhalten aufweisen) gestellt, sondern zudem bei den in der Ratssitzung vom 25. August 2014 erfolgten Ausschusswahlen erreicht, dass auf Vorschlag der als Ratsgruppe Q. O. agierenden Mitglieder der Klägerin H. und X1. das Mitglied der Klägerin L. in den Finanzausschuss und der ebenfalls der Partei S. angehörende V. M. zum stellvertretenden Mitglied des Bauausschusses gewählt wurden. Gerade diese Zusammenarbeit bei der Ausschusswahl erscheint nur vor dem Hintergrund eines von den Mitgliedern der Klägerin tatsächlich angestrebten nachhaltigen Zusammenwirkens sinnvoll. Ansonsten hätte es für die Mitglieder der Klägerin H. und X1. keine Veranlassung gegeben, den genannten, nicht ihrer Partei angehörenden Personen zu einem (stellvertretenden) Ausschusssitz zu verhelfen. Auch sonst bietet das vorgetragene Verhalten der Mitglieder der Klägerin keinen Ansatz für begründete Zweifel an der Fraktionseigenschaft der Klägerin. Auch ist ein uneinheitliches Stimmverhalten im Einzelfall (hier in der konstituierenden Ratssitzung vom 16. Juni 2014 zum TOP 3.1 „Ausschussstruktur beibehalten – Antrag der Fraktion M1. vom 6. Juni 2014“, wobei der Rat mehrheitlich mit den Stimmen der Mitglieder der Klägerin H2. und X1. und bei Enthaltung des Mitgliedes der Klägerin L. beschloss, die Behandlung des Antrages der Fraktion M1. auf die Ratssitzung vom 30. Juni 2014 zu vertagen) nicht geeignet, die – im Übrigen offenbar auch tatsächlich praktizierte – Absicht, möglichst gleichgerichteten Wirkens in Frage zu stellen. Ebenso unergiebig ist der vom Beklagten angesprochene Umstand, dass (nur) durch die Ratsgruppe Q. O. am 15. September 2014 eine große Anfrage gem. § 9 Geschäftsordnung zur Abweisung eines Bürgerantrages durch den Beklagten erfolgte. Die Mitglieder der Klägerin haben hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, das Mitglied der Klägerin L. habe sich an dieser großen Anfrage nicht beteiligen wollen, weil es sich im Hinblick darauf als befangen angesehen habe, dass der den Gegenstand der Anfrage darstellende Bürgerantrag von seiner Ehefrau gestellt worden sei. Das ist – unabhängig von der Frage, ob hierdurch ein Mitwirkungshindernis begründet wird – jedenfalls nachvollziehbar.
66Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
67Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.
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Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind
- 1.
natürliche und juristische Personen, - 2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, - 3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.