Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil, 12. Apr. 2024 - 1 K 309/23

erstmalig veröffentlicht: 10.07.2024, letzte Fassung: 10.07.2024

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

EnglischDeutsch

Gericht

Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis

Beteiligte Anwälte

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner


Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
EnglischDeutsch

Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis

Urteil vom 12. Apr. 2024

Az.: 1 K 309/23

 

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Mit Bescheid vom 19. Juni 2021 bewilligte der Beklagte der Klägerin auf deren durch den bevollmächtigten Steuerberater XXX R. als prüfendem Dritten gestellten Antrag vorläufig „Corona-Überbrückungshilfe III“ in Höhe von 7.875,00 Euro.

Am 14. April 2022 beantragte Steuerberater R. als prüfender Dritter für die Klägerin die endgültige Festsetzung.

Im Rahmen der Prüfung forderte der Beklagte zwecks Feststellung der Antragsberechtigung bzw. der Höhe der Umsätze der Klägerin diese, vertreten durch deren Bevollmächtigten XXX R., auf, die Tätigkeit der Klägerin zu erläutern und den Einkommenssteuerbescheid 2019 sowie Nachweise der Umsätze im Vergleichszeitraum des Jahres 2019 und im Förderzeitraum des ersten Halbjahres 2021 vorzulegen.

Über das Vorliegen der Nachfragen vom 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 erging jeweils taggleich per E-Mail eine Mitteilung an die von dem Bevollmächtigten im Antrag für Kommunikationszwecke angegebene Mailadresse „[email protected]“. Seitens der Klägerin erfolgte keine Reaktion auf die Nachfragen.

Mit Schluss-Ablehnungsbescheid vom 30. Januar 2023 lehnte der Beklagte sodann den Antrag vom 14. April 2022 auf endgültige Gewährung der beantragten Neustarthilfe unter gleichzeitiger Ersetzung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 19. Juni 2021 ab und forderte die Klägerin zur Rückzahlung der an sie ausgezahlten 7.875 Euro auf. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, dass die Sachverhaltsangaben zum Antrag der Klägerin auf Endabrechnung unvollständig seien. Mit Anfragen vom 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 sei die Klägerin gebeten worden, ihre Unterlagen zu komplettieren. Auch sei sie auf ihre Mitwirkungspflicht im Antragsverfahren gemäß § 26 Abs. 2 SVwVfG hingewiesen worden. Da sie die erforderlichen Sachverhaltsangaben bzw. Unterlagen nicht eingereicht habe, sei sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Die Relevanz der geforderten Angaben habe der Klägerin spätestens durch die letztmalige Aufforderung vom 13. Januar 2023, in der für den Fall eines Ausbleibens der geforderten Angaben eine ablehnende Entscheidung nach Aktenlage angekündigt worden sei, bewusst sein müssen. Der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln gebiete es, Förderanträge abzulehnen, wenn – wie hier – wesentliche unabdingbare Fördervoraussetzungen nicht vorlägen bzw. nicht nachgewiesen seien, was in gleichgelagerten Fällen ebenfalls stets zur Ablehnung der Anträge führe.

Am 28. Februar 2023 hat die Klägerin Klage erhoben.

Zur Begründung trägt sie vor, sie betreue Hunde und betreibe in diesem Zusammenhang auch eine Hundeschule, was ca. 10-15 % ihres Gesamtumsatzes ausmache. Während und aufgrund der Corona-Pandemie sei die Tätigkeit der Hundebetreuung weggebrochen, da sich die Hundebesitzer mehrheitlich im Homeoffice befunden und sich selbst um die Tiere gekümmert hätten. Auch seien weniger Fernreisen unternommen worden, sodass viele Hundebesitzer ihren Urlaub mit den Tieren verbracht hätten und nicht auf eine Betreuung angewiesen gewesen seien. Die Hundeschule sei infolge des Lockdowns vollständig geschlossen gewesen, sodass auch diese Umsätze weggebrochen seien.

Die seinerzeit fehlenden Unterlagen in Gestalt des Einkommenssteuerbescheides 2019 sowie der betriebswirtschaftlichen Auswertung zu den im Förderzeitraum 01. Januar 2021 bis 30. Juni 2021 erzielten Umsätzen reiche sie nunmehr mit der Klage nach. Unter Berücksichtigung dieser Unterlagen sowie der vorstehenden Erläuterungen ihrer unternehmerischen Tätigkeit und den Corona-bedingten Gründen ihres Umsatzrückgangs ergebe sich ein Rückzahlungsbetrag in Höhe von 4.267,45 Euro. Demzufolge sei der Schlussbescheid des Beklagten vom 30. Januar 2023 in Höhe des Differenzbetrages von 4.267,45 Euro zu dem ihr ausgezahlten Betrag in Höhe von 7.875,00 Euro, also in Höhe von 3.607,55 Euro aufzuheben.

Soweit der Beklagte geltend mache, dass die von der Klägerin im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen und ihre diesbezüglichen Ausführungen präkludiert und deshalb nicht mehr zu berücksichtigen seien, sei dem nicht zu folgen.

Die ihr obliegende Mitwirkungslast im Verwaltungsverfahren sei rein verfahrensrechtlicher Natur. Bei Nichterfüllung derartiger Obliegenheiten trete kein Verlust von materiellen Rechten ein. Vielmehr könne entsprechender Vortrag im Klageverfahren nachgeholt werden.

Auch sei nicht erkennbar, auf welche Rechtsgrundlage die Ablehnung des Antrags der Klägerin vom 14. April 2022 gestützt werde. Es handele sich ersichtlich nicht um eine Rücknahme des ursprünglichen Bewilligungsbescheids gemäß § 48 SVwVfG. Die Voraussetzungen des – allein in Betracht kommenden – § 49 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 SVwVfG seien ebenfalls nicht erfüllt. Schließlich folge eine Erstattungspflicht auch nicht daraus, dass der Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 im Sinne von § 49a Abs. 1 Satz 1 SVwVfG in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden sei. Eine derartige Bedingung habe der Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 nicht enthalten.

Im Übrigen rügt die Klägerin die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und ein dadurch verursachtes Ermessensdefizit des Beklagten. Sie sei vor der streitgegenständlichen Entscheidung des Beklagten nicht ordnungsgemäß angehört worden. Eine Überprüfung durch den prüfenden Dritten nach Einsicht in die Verwaltungsakte habe ergeben, dass die E-Mail-Benachrichtigungen des Beklagten über die Anfragen vom 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 nicht an die vom prüfenden Dritten bei Antragstellung gegenüber dem Beklagten angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“, sondern an die falsche E-Mail-Adresse „[email protected]“ versendet worden und dort im Spam-Ordner gelandet seien. Hierbei habe es sich um die nicht aktive E-Mail-Adresse des prüfenden Dritten, wie sie offensichtlich im Zeitpunkt dessen Zulassung als Steuerberater von der Steuerberaterkammer hinterlegt worden sei, gehandelt.

Hätte der Beklagte die Anfragen vom 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 an die vom prüfenden Dritten bei Antragstellung angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“ versendet, wären durch den prüfenden Dritten die im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen bereits im Antragsverfahren vorgelegt worden.

Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

den Schlussbescheid des Beklagten vom 30. Januar 2023 über die Ablehnung des Antrags der Klägerin vom 14. April 2022 auf Endabrechnung über die Gewährung einer Neustarthilfe für den beantragten Zeitraum Januar bis Juni 2021 in Höhe eines Betrages von 3.607,55 Euro aufzuheben.

Der Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid entgegengetreten und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Argumentation im angefochtenen Bescheid.

Bei der hier begehrten Corona-Überbrückungshilfe III handele es sich um eine Billigkeitsleistung. Die Klägerin könne die zurückgeforderte Leistung allenfalls dann beanspruchen, wenn eine fehlerhafte Ermessensausübung des Beklagten im Rahmen einer aus Art. 3 GG resultierenden Selbstbindung der Verwaltung vorläge.

Vorliegend habe ein standardmäßig durchgeführter Datenabgleich ergeben, dass seitens der Finanzverwaltung in Ermangelung einkommenssteuerrechtlicher Daten Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass die soloselbstständige bzw. freiberufliche Tätigkeit von der Klägerin nicht im Haupterwerb ausgeübt werde. Der klägerische Antrag sei daher aus der „Dunkelverarbeitung“ ins manuelle Prüfungsverfahren übergeleitet worden. Angesichts dessen sei die Klägerin – vertreten durch ihren Bevollmächtigten XXX R. – über das Antragsportal aufgefordert worden, ihre Tätigkeit zu erläutern und den Einkommenssteuerbescheid 2019 sowie Nachweise der Umsätze im Vergleichszeitraum des Jahres 2019 und im Förderzeitraum des ersten Halbjahres 2021 vorzulegen.

Die Notwendigkeit, Rückfragen der Bewilligungsstelle jeweils zeitnah zu beantworten, sei den prüfenden Dritten generell bekannt und habe auch dem prüfenden Dritten der Klägerin, der insgesamt ca. 45 Antragsverfahren betrieben habe, bekannt sein müssen.

Durch Nichtvorlage der angeforderten Unterlagen sei die Klägerin im Verwaltungsverfahren ihrer Mitwirkungspflicht nach § 26 Abs. 2 SVwVfG nicht nachgekommen. Der Beklagte habe als Folge der unterbliebenen Mitwirkung keine Gewissheit über die Antragsberechtigung der Klägerin erlangen und damit weder feststellen können, ob die Klägerin dem Grunde nach noch in welcher Höhe sie ggf. antragsberechtigt gewesen sei. Dieser Kenntnisstand im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung sei dem materiellen Recht folgend für das Vorliegen der Antragsvoraussetzungen maßgeblich. Der im Klageverfahren erfolgte Vortrag zur Antragsberechtigung ist daher verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.

Da es der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln und der allgemeine Gleichheitssatz geböten, Förderanträge insbesondere immer dann abzulehnen, wenn das Vorliegen wesentlicher unabdingbarer Fördervoraussetzungen nicht festgestellt werden könne und der Beklagte in seiner ständigen Verwaltungspraxis solche Anträge grundsätzlich ablehne, sei der Antrag der Klägerin abgelehnt und der vorläufig bewilligte und an die Klägerin zur Auszahlung gebrachte Betrag zurückgefordert worden.

Es handele sich vorliegend um eine außerordentliche Wirtschaftshilfe des Bundes, die pandemiebedingt größtenteils unbürokratisch allein aufgrund der Angaben der Antragssteller erfolgt und ausbezahlt worden sei. Den Antragsstellern komme dabei eine besondere Verantwortung für die gemachten Angaben zu. Daher gingen etwaige Ungenauigkeiten der Angaben oder – wie hier – fehlende Unterlagen zu Lasten der Klägerin. Aus den Darlegungen der Klägerin im hiesigen Klageverfahren ergäben sich auch keine Gründe dafür, von der üblichen Verwaltungspraxis – nämlich der Antragsablehnung in Gänze, wenn die Antragsberechtigung nicht dargelegt worden sei – abzuweichen.

Der Bewilligungsbescheid sei nicht aufgehoben, sondern durch den Schluss-Ablehnungsbescheid ersetzt worden, da die Bewilligung unter dem Vorbehalt der endgültigen Entscheidung in einem Schlussbescheid gestanden habe. Einer darüberhinausgehenden besonderen Ermächtigungsgrundlage, die die Klägerin vermisse, bedürfe es hierzu nicht. Die Rückerstattungspflicht ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 49a Abs. 1 SVwVfG.

Der Einwand der Klägerin, wonach die Benachrichtigungen über die Rückfragen des Beklagten statt an die E-Mail-Adresse „[email protected]“ an die nicht aktive E-Mail-Adresse „[email protected]“ gerichtet worden seien, gehe ebenfalls fehl. Benachrichtigungen über Rückfragen der Bewilligungsstelle würden in Fällen einer Antragstellung durch prüfende Dritte an die E-Mail-Kontaktadresse des prüfenden Dritten gerichtet, was dem von der Klägerin bevollmächtigten Steuerberater auch bekannt gewesen sei. Dementsprechend seien auch vorliegend die Benachrichtigungen an die vom prüfenden Dritten angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“ ergangen, wie dies im Übrigen in 45 von der Kanzlei R. betreuten Verfahren ebenso der Fall gewesen sei.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 25. April 2023 (Kläger) und 28. März 2023 (Beklagter) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Mit Beschluss der Kammer vom 11. April 2024 wurde der Rechtsstreit der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

Über die Klage, deren Entscheidung gemäß § 6 Abs. 1 VwGO der Einzelrichterin übertragen wurde, kann mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

Im wohlverstandenen Interesse der Klägerin ist der schriftsätzlich gestellte klägerische Antrag gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass diese neben der teilweisen Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 2023 die gerichtliche Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihr auf ihren Antrag vom 14. April 2022 auf Endabrechnung hin eine endgültige Corona-Überbrückungshilfe („Neustarthilfe“) in Höhe von 3.607,55 Euro zu gewähren.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Recht unter gleichzeitiger Ersetzung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 19. Juni 2021 den Antrag der Klägerin auf endgültige Gewährung der beantragten Neustarthilfe vollumfänglich abgelehnt und die Klägerin zur Rückzahlung des bereits ausgezahlten Betrages in Höhe von 7.875 Euro aufgefordert. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf endgültige Zuerkennung der von ihr nunmehr in Höhe von 3.607,55 Euro begehrten Neustarthilfe (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).

Bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 handelte es sich um einen sogenannten vorläufigen Verwaltungsakt.

Der Beklagte hat sich damit einer in Literatur und Rechtsprechung im Subventionsrecht allgemein anerkannten Regelungsweise bedient, die für Situationen entwickelt wurde, bei denen im Zeitpunkt des Erlasses des Zuwendungsbescheids eine tatsächliche Ungewissheit besteht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.11.2009, 3 C 7.09, juris, Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 17.06.2020, 4 A 436/17, juris; Urteile der Kammer vom 10.01.2024, 1 K 308/23 sowie 20.10.2022, 1 K 785/21 u.a. (n.v.).

Von einem vorläufigen Verwaltungsakt ist im Bereich der Zuwendungsgewährung auszugehen, wenn die Zuwendung unter dem Vorbehalt einer späteren abschließenden Entscheidung bewilligt wird. Ein solcher Bewilligungsbescheid ist in seinem Regelungsinhalt dahingehend eingeschränkt, dass der Begünstigte die Zuwendung zunächst nur vorläufig bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung behalten darf. Ob ein Anspruch auf das endgültige Behaltendürfen der Zuwendung besteht, hängt dagegen von dem Inhalt des abschließenden Bewilligungsbescheids, des Schlussbescheids, ab.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.1983, 3 C 8.82, juris, Rn. 33; BVerwG, Urteil vom 19.11.2009, 3 C 7.09, juris, Rn. 14.

Ein Bedürfnis für eine solche lediglich vorläufige Regelung kann insbesondere dann bestehen, wenn zum Erlasszeitpunkt des vorläufigen Bescheids eine tatsächliche Unsicherheit besteht – etwa wie vorliegend hinsichtlich der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens der Klägerin im Bewilligungszeitraum (insbesondere der erzielten Umsätze), die naturgemäß erst nach dem Förderzeitraum ermittelt werden kann. Das Subventionsverhältnis wird dabei zunächst durch den Zuwendungsbescheid geregelt, der aber unter den Vorbehalt der späteren Festsetzung gestellt wird und damit auf eine Ergänzung durch einen weiteren Verwaltungsakt angelegt ist, durch den die Zuwendung in den offen gehaltenen Punkten abschließend geregelt werden sollte.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.11.2009, 3 C 7.09, juris, Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 17.06.2020 4 A 436/17, juris, Rn. 63.

Der Vorbehalt endgültiger Regelung bewirkt, dass die Behörde die vorläufige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG gebunden zu sein. Bei einer späteren endgültigen Regelung durch einen Schlussbescheid bedarf es insoweit keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligung, da diese durch den Schlussbescheid ersetzt wird. Mit dem Erlass der endgültigen Festsetzung verliert die vorläufige Regelung ihre Wirksamkeit.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.11.2009 - 3 C 7.09 -, Rn. 16, juris; OVG NRW, Urteil vom 28.09.1990 - 15 A 708/88 -, NVWZ 1991, 588 (589); Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 35 Rn. 245.

Wie weit der Vorbehalt der endgültigen Regelung reicht und ob er die Bewilligung insgesamt oder nur Teilregelungen des ursprünglichen Bewilligungsbescheids umfasst, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch wenn die Behörde einen unter Vorbehalt gestellten Verwaltungsakt später durch einen Schlussbescheid ersetzt, so kommt eine inhaltlich abweichende Regelung im Schlussbescheid – außer in den Fällen der §§ 48, 49 VwVfG – nur in Betracht, wenn sie aus den Gründen ergeht, wegen derer die frühere Regelung unter Vorbehalt gestellt wurde.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.11.2009, 3 C 7.09, juris, Rn. 17.

Die Regelungen des ursprünglichen Bewilligungsbescheids unterliegen insoweit der Auslegung aus Sicht eines objektiven Empfängers entsprechend der §§ 133, 157 BGB. Das Gericht hat den Bewilligungsbescheid dahin zu erforschen, wie der Adressat ihn unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.01.2019, 10 C 5.17, juris, Rn. 25; BVerwG, Urteil vom 15.03.2017, 10 C 1.16, juris, Rn. 14; OVG NRW, Urteil vom 17.06.2020, 4 A 436/17, juris, Rn. 56; OVG NRW, Beschluss vom 29.05.2017, 4 A 1513/15, juris, Rn. 5.

Ausgehend von diesen Maßstäben ist der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 eindeutig dahin zu verstehen, dass er die der Klägerin gewährte Förderung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nur vorläufig regelte, die endgültige Gewährung jedoch von der im Zeitpunkt des Erlasses des vorläufigen Bewilligungsbescheides noch ungewissen Entwicklung des Unternehmens der Klägerin während des (sechsmonatigen) Bewilligungszeitraums abhing und insoweit unter dem Vorbehalt einer nach dem Bewilligungszeitraum vorzunehmenden Endabrechnung stand. Dies folgt ohne Weiteres aus den Formulierungen bereits im Antragsformular und sodann im Bescheid vom 19. Juni 2021.

Vgl. im Einzelnen hierzu bereits Urteil der Kammer vom 06.12.2023, 1 K 467/23, juris, in einem gleichgelagerten Fall.

Handelte es sich demnach bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 um einen vorläufigen Verwaltungsakt, ist der Schlussablehnungsbescheid vom 30. Januar 2023, mit dem unter Ersetzung des Bescheides vom 19. Juni 2021 die begehrte Neustarthilfe endgültig abgelehnt und die bereits geleistete Zahlung in Höhe von 7.875 Euro zurückgefordert wurde, rechtlich nicht zu beanstanden, da die Klägerin bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht dargelegt hat, zum Kreis der Zuwendungsberechtigten zu gehören.

Dabei ist von Folgendem auszugehen:

Bei Zuwendungen wie der Neustarthilfe handelt es sich um eine Billigkeitsleistung nach § 53 LHO (vgl. hierzu auch Ziffer I. Nr. 1 Abs. 1 der Richtlinien „Corona-Überbrückungshilfe III“), die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Hilfe begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinien im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. §§ 53, 23 und 44 LHO und Ziffer I. Nr. 1 Abs. 2 der Richtlinie). Die Richtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Ein Rechtsanspruch lässt sich nur – gestützt auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes – aus einer Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien herleiten. Für die gerichtliche Prüfung der Gewährung einer Billigkeitsleistung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist.

Vgl. VG Würzburg, Urteile vom 25.07.2022, W 8 K22.289, juris, Rn. 23 f., vom 26.07.2021, W 8 K 20.2031, juris, Rn. 18, und vom 15.11.2021, W 8 K 21.86, juris, Rn. 28, jeweils m. w. N.; VG München, Urteile vom 15.09.2021, M 31 K 21.110, juris, Rn. 16 ff., und vom 16.12.2021, M 31 K 21.3624, juris, Rn. 24 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2000, 20 K 4706/20, juris, Rn. 22 ff.; st. Rspr der Kammer, so etwa Urteile vom 06.12.2023, 1 K 467/23, juris, vom 11.07.2023 1 K 293/23, und vom 24.08.2023, 1 K 442/23 (n.v.).

Richtlinien der hier in Rede stehenden Art dürfen nicht wie Gesetze oder Verordnungen gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.05.2020, 6 ZB 20.438, juris, Rn. 6; Nds. OVG, Urteil vom 24.03.2021, 10 LC 203/20, juris; SaarlOVG, Beschluss vom 28.05.2018, 2 A 480/17, juris; Schleswig-Holsteinisches OVG, Urteil vom 17.05.2018, 3 LB 5/15, juris; OVG NRW, Beschluss vom 29.05.2017, 4 A 516/15, juris; HessVGH, Urteil vom 28.06.2012, 10 A 1481/11, juris.

Bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, ist der Richtliniengeber weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Solange sich eine Regelung aber auf sachbezogene Gesichtspunkte stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden.

St. Rspr; vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 20.04.2004, 1 BvR 905/00, 1 BvR 11 BvR 1748/99, juris, Rn. 61; VG München Urteil vom 30.09.2022, M 31 K 21.6690, juris, Rn. 22 ff m.w.N.

Sind die Fördervoraussetzungen zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG), im Einklang mit §§ 23 und 44 SHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die gerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob bei Anwendung der Richtlinien im Einzelfall der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder eine andere einschlägige Rechtsvorschrift verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.04.1979, 3 C 111/79, juris, Rn. 24; st. Rspr. der Kammer, vgl. etwa Urteil vom 10.01.2024, 1 K 308/23, sowie vom 10.11.2022, 1 K 601/22 (n.v.); VG München, Urteil vom 30.09.2022, M 31 K 21.6690, juris, Rn. 22 ff. m.w.N.; VG Würzburg, Urteile vom 25.07.2022, W 8 K22.289, juris, vom 26.07.2021, W 8 K 20.2031, juris, Rn. 19 f., und vom 15.11.2021, W 8 K 21.861, juris, Rn. 30 f., jeweils m. w. N.

Entscheidend ist dabei – wie dargelegt –, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann im Einzelfall ein Anspruch auf Förderung bestehen.

Ausgehend davon steht der Klägerin nach der an den maßgeblichen Richtlinien ausgerichteten einschlägigen Verwaltungspraxis des Beklagten kein Anspruch auf Neustarthilfe zu. Denn sie hatte bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der abschließenden Behördenentscheidung nicht hinreichend dargelegt, antragsberechtigt gewesen zu sein.

Gemäß Ziff. 8 der Richtlinien für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen im Förderzeitraum November 2020 bis Juni 2021 („Corona-Überbrückungshilfe III") obliegt der Bewilligungsstelle die Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen, wobei diese – soweit dafür erforderlich – entsprechende Unterlagen anfordern kann.

Vorliegend ergab ein Abgleich mit dem Datenbestand der Finanzverwaltung, dass seitens der Finanzverwaltung in Ermangelung einkommenssteuerrechtlicher Daten Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die soloselbstständige bzw. freiberufliche Tätigkeit von der Klägerin nicht im Haupterwerb ausgeübt wurde. Dabei handelt es sich indes um eine Voraussetzung für das Inanspruchnehmen der Neustarthilfe. Daraus ergab sich für den Beklagten Anlass, die Frage des Haupterwerbs einer näheren Überprüfung zu unterziehen und die Klägerin – vertreten durch ihren Bevollmächtigten – angesichts dessen aufzufordern, ihre Tätigkeit zu erläutern und den Einkommenssteuerbescheid 2019 sowie Nachweise der Umsätze im Vergleichszeitraum des Jahres 2019 und im Förderzeitraum des ersten Halbjahres 2021 vorzulegen.

Da wiederholte Nachfragen des Beklagten hierzu, welche am 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 in das Antragsportal eingestellt wurden, unbeantwortet blieben, hat die Klägerin es versäumt, bis zum Zeitpunkt der abschließenden Behördenentscheidung darzulegen, dass in ihrer Person sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung von Neustarthilfe vorlagen, sodass der Beklagte eine entsprechende Feststellung nicht hat treffen können und von daher die Gewährung von Neustarthilfe mit dem angefochtenen Schlussablehnungsbescheid zu Recht versagt hat.

Die von der Klägerin nach Bescheiderlass im Klageverfahren nachgeholten Angaben und vorgelegten Unterlagen rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Bescheides.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bzw. des Bestehens eines Zuwendungsanspruchs ist nämlich der Kenntnisstand des Beklagten zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Denn nach der geübten und dem Gericht aus zahlreichen weiteren Verfahren bekannten Verwaltungspraxis des Beklagten werden die Zuwendungsvoraussetzungen allein aufgrund der bis zur letzten behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet. Dem materiellen Recht folgend, das hier durch die Vollzugshinweise und FAQ sowie deren Anwendung durch den Beklagten in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist daher auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung abzustellen. Die Vorlage neuer Unterlagen oder neuer Tatsachenvortrag im Klageverfahren ist danach nicht zu berücksichtigen.

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 27.2.2023, 22 ZB 22.2554, juris, Rn. 14; Beschluss vom 02.02.2022, 6 C 21.2701, juris, Rn. 8, 10; Beschluss vom 25.01.2021, 6 ZB 20.2162, juris, Rn. 17; SächsOVG, Urteil vom 27.02.2023, 6 B 305/22, juris, Rn. 6; Urteil vom 16.02.2016, 1 A 677.13, juris, Rn. 67; OVG Münster, Beschluss vom 09.02.2023, 4 A 3042/19, juris, Rn. 3; VG Würzburg, Urteil vom 25.07.2022, W 8 K 22.289, juris, Rn. 31; Urteil vom 26.7.2021, W 8 K 20.2031, juris, Rn. 21; vgl. auch VG Weimar, Urteil vom 17.09.2020, 8 K 609/20, juris, Rn. 26; VG München, Urteil vom 31.03.2023, M 31 K 22.2994, juris, Rn. 32 f. m.w.N.; Urteil vom 28.10.2022, M 31 K 21.5978, juris, Rn. 29; Urteil vom 23.02.2022, M 31 K 21.418, juris, Rn. 22; Urteil vom 27.08.2021, M 31 K 21.2666, juris, Rn. 27; Beschluss vom 25.06.2020, M 31 K 20.2261, juris, Rn. 19; VG Stuttgart, Urteil vom 26.07.2023, 3 K 4298/22, juris, Rn. 38; VG Schwerin, Urteil vom 17.03.2023, 3 A 964/22 SN, juris, Rn. 22; so auch bereits Urteile der Kammer vom 06.12.2023, 1 K 467/23, juris, vom 30.11.2022, 1 K 870/21, und vom 20.12.2023, 1 K 883/23.

Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen

Vgl. VG Halle, Urteil vom 25.04.2022, 4 A 28/22 HAL, BeckRS 2022, 9223, Rn. 25; VG München, Urteil vom 20.09.2021, M 31 K 21.2632, BeckRS 2021, 29655, Rn. 24, 26 ff.; VG Würzburg, Urteil vom 25.07.2022, W 8 K 22.289, juris, Rn. 31 f.; Urteil vom 26.07.2021, W 8 K 20.2031, juris, Rn. 21; VG Weimar, Urteil vom 29.01.2021, 8 K 795/20 We, juris, Rn. 31; Urteil vom 17.09.2020, 8 K 609/20, juris, Rn. 26.

Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, konnte und musste auch im Rahmen der konkreten Behördenentscheidung nicht berücksichtigt werden, sodass entscheidungsrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden. Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin im Rahmen des Zuwendungsantrags, insbesondere von der Mitteilung und Substantiierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Insoweit trifft jeden Antragsteller im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens eine zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (§ 26 Abs. 2 SVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 20.07.2022, 22 ZB 21.2777, juris, Rn. 16; VG Würzburg, Urteil vom 25.07.2022, W 8 K 22.289, juris, Rn. 31 f.

Von daher ist unerheblich, ob nach den von der Klägerin erstmals im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen eine Bewilligung der begehrten Neustarthilfe in Betracht gekommen wäre.

Sollten der Klägerin – was indes nicht vorgetragen wurde – die im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen im Zeitpunkt der Nachfragen des Beklagten noch nicht vollständig vorgelegen haben, hätte es der Klägerin oblegen, rechtzeitig hierauf hinzuweisen und eine Verlängerung der Frist zur Beantwortung zu beantragen.

Die von der Klägerin angeführte – lediglich mit einer Fundstelle bezeichnete – Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, der seiner Auffassung nach zu entnehmen sei, dass eine Nichterfüllung von Mitwirkungsobliegenheiten im Verwaltungsverfahren keinen Verlust materieller Rechte zur Folge habe, sodass auch in Fällen wie dem vorliegenden Antragsteller nicht gehindert seien, im Verwaltungsverfahren versäumten Vortrag im Klageverfahren nachzuholen, bietet keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Das an der bezeichneten Fundstelle veröffentlichte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.05.1987 – 6 C 6/86 – betreffend den Fall einer Kriegsdienstverweigerung hat eine völlig andere Fallkonstellation zum Gegenstand und stellt die obigen Ausführungen zum – sich aus der jeweiligen materiellen Rechtslage ergebenden – maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht in Frage.

Soweit die Klägerin darüber hinaus die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör der Gestalt rügt, dass die E-Mail-Benachrichtigungen des Beklagten über die Anfragen vom 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 nicht an die vom prüfenden Dritten bei Antragstellung gegenüber dem Beklagten angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“, sondern an die falsche E-Mail-Adresse „[email protected]“ versendet worden und dort im Spam-Ordner gelandet seien, weshalb es an einer ordnungsgemäßen Anhörung der Klägerin vor Bescheiderlass fehle, vermag sie auch damit nicht durchzudringen. Der von der Klägerin bevollmächtigte Steuerberater hat als sog. prüfender Dritter selbst die E-Mail-Adresse „[email protected]“ als Kontaktadresse angegeben. Ist aber – wie vorliegend – ein Bevollmächtigter bestellt, so soll sich die Behörde gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 SVwVfG an diesen wenden. Von daher hat der Beklagte die E-Mail-Benachrichtigungen zu Recht an die E-Mail-Adresse des prüfenden Dritten – und nicht an die unter der Rubrik „Mandantendetails“ bzw. „Antragsteller“ angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“ – gesandt.

Auch bedurfte es keiner Benachrichtigung an beide E-Mail-Adressen. Ob die vom prüfenden Dritten angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“ zum Zeitpunkt der Anfragen – wie die Klägerin geltend macht – „nicht mehr aktiv“ war bzw. ob sowie ggf. warum die Benachrichtigungen – wie von der Klägerin behauptet – im Spam-Ordner des prüfenden Dritten landeten, ist unerheblich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Eingangsbestätigung für den Endabrechnungsantrag vom 14. April 2022 sowie der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 sowohl an die E-Mail-Adresse „[email protected]“ als auch an „[email protected]“ gesendet wurden. Ein irgendwie gearteter Vertrauensschutz dahingehend, dass alle etwaigen Nachfragen bzw. Nachrichten der Bewilligungsstelle an beide E-Mail-Adressen gerichtet werden würden, kann nicht angenommen werden. Es ist allein maßgeblich, dass die vorgenannte E-Mail-Adresse des von der Klägerin bevollmächtigten prüfenden Dritten „[email protected]“ gegenüber dem Beklagten als Kontaktadresse angegeben war und der Beklagte von daher von einer Erreichbarkeit unter dieser E-Mail-Adresse ausgehen durfte und musste. Sollte die angegebene E-Mail-Adresse des prüfenden Dritten fehlerhaft gewesen sein, ginge das mit diesem und in Anwendung des Rechtsgedankens des § 32 Abs.1 Satz 2 SVwVfG, wonach im Falle einer Fristversäumung einem Vertretenen ein Verschulden seines Vertreters zuzurechnen ist, damit letztlich mit der Klägerin heim.

Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Beklagten die vorgenannte E-Mail-Adresse des prüfenden Dritten von diesem auch in weiteren Verfahren wissentlich und willentlich für Kommunikationszwecke verwendet worden sei und der prüfende Dritte von daher gewusst habe, dass die Bewilligungsstelle Rückfragen jeweils an diese Adresse bekanntgeben würde. Zum Beleg dieses Vortrags hat der Beklagte zudem auf ein weiteres von dem prüfenden Dritten betreutes Verfahren hingewiesen und die anonymisierte Verwaltungsakte (XXX) übersandt, aus der ersichtlich ist, dass der prüfende Dritte in ebendiesem Verfahren auf Nachrichten der Bewilligungsstelle an „[email protected]“ reagiert hat.

Mit ihrem weiteren Einwand, dass vorliegend weder die Voraussetzungen einer Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 19. Juni 2021 gemäß § 48 SvwVfG noch eines Widerrufs gemäß § 49 SVwVfG noch eine sonstige Rechtsgrundlage für die Aufhebung dieses Bescheides erkennbar sei, vermag die Klägerin ebenfalls nicht durchzudringen. Wie bereits dargelegt, handelte es sich bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 um einen vorläufigen Verwaltungsakt, bei dem die Zuwendung unter dem Vorbehalt einer späteren abschließenden Entscheidung zunächst nur vorläufig bewilligt wurde. Der Vorbehalt endgültiger Regelung bewirkt, dass die Behörde die vorläufige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG gebunden zu sein. Bei einer späteren endgültigen Regelung durch einen Schlussbescheid bedarf es insoweit keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligung, da diese durch den Schlussbescheid ersetzt wird. Mit dem (bloßen) Erlass der endgültigen Festsetzung verliert die vorläufige Regelung ihre Wirksamkeit.

Aus den von der Klägerin – ohne nähere Erläuterung – angeführten Entscheidungen nordrhein-westfälischer Verwaltungsgerichte „zur Rückforderung von Corona-Hilfen“ ergibt sich nichts anderes. Denn diese betreffen andere Förderprogramme, sind an der für diese in Nordrhein-Westfahlen damals geltenden Rechtslage orientiert und unterscheiden sich von der vorliegenden Fallkonstellation grundlegend schon dahingehend, dass in den dortigen ursprünglichen Bewilligungsbescheiden in den maßgeblichen Punkten bereits abschließende Festlegungen getroffen worden waren, wohingegen Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die Frage der Rechtmäßigkeit eines Schlussbescheides nach zunächst insgesamt nur vorläufiger Bewilligung ist. In den vom Verwaltungsgericht Düsseldorf bzw. Verwaltungsgericht Köln entschiedenen Fällen handelt es sich um völlig andere Fallkonstellationen als im vorliegenden Fall. Es ist nicht erkennbar, inwieweit die dortigen Ausführungen von Relevanz für das vorliegende Verfahren sein sollen.

Nach alldem ist die im Schlussbescheid erfolgte abschließende Versagung der Neustarthilfe rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass diese Vorgehensweise der – dem Gericht auch aus zahlreichen anderen Verfahren bekannten – ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten entspricht. Da die Bewilligung hier lediglich unter Vorbehalt erfolgt war, ersetzt der Schlussbescheid vom 30. Januar 2023 den vorläufigen Bescheid vom 19. Juni 2021, ohne dass es eines gesonderten Aufhebungsaktes bedurfte.

Gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 SVwVfG, war der Beklagte des Weiteren berechtigt, den bereits als Vorschuss ausgezahlten Gesamtbetrag von 7.875,00 Euro zurückzufordern. Nach der vorgenannten Vorschrift sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung bzw. – wie hier – einer Schlussabrechnung unwirksam geworden ist.

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

B e s c h l u s s

Der Streitwert wird auf 7.875,00 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil, 12. Apr. 2024 - 1 K 309/23

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil, 12. Apr. 2024 - 1 K 309/23

Anwälte

1 relevante Anwälte

1 Anwälte, die Artikel geschrieben haben, die diesen Urteil erwähnen

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner


Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
EnglischDeutsch

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil, 12. Apr. 2024 - 1 K 309/23 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 6


(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsä

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil, 12. Apr. 2024 - 1 K 309/23 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil, 12. Apr. 2024 - 1 K 309/23 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Okt. 2022 - M 31 K 21.5978

bei uns veröffentlicht am 10.07.2024

Verwaltungsgericht München Urteil vom 28. Okt. 2022 Az.: M 31 K 21.5978     Tenor I.Die Klage wird abgewiesen. II.Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil, 12. Apr. 2024 - 1 K 309/23

bei uns veröffentlicht am 10.07.2024

Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil vom 12. Apr. 2024 Az.: 1 K 309/23     Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Verwaltungsgericht München Urteil, 23. Feb. 2022 - M 31 K 21.418

bei uns veröffentlicht am 07.07.2024

Verwaltungsgericht München Urteil vom 23. Feb. 2022 Az.: M 31 K 21.418   Tenor I. Die Klage wird abgewiesen.  II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. T
Verwaltungsrecht

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 26. Juli 2021 - W 8 K 20.2031

bei uns veröffentlicht am 07.07.2024

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil vom 26. Juli 2021 Az.: W 8 K 20.2031   Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Verwaltungsrecht

Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil, 6. Dez. 2023 - 1 K 467/23

bei uns veröffentlicht am 21.04.2024

Das Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis behandelte am 6. Dez. 2023 einen Fall bezüglich der Gewährung der Neustarthilfe für Soloselbständige im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfe III. Es gibt einige wichtige Pu
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil, 12. Apr. 2024 - 1 K 309/23.

Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil, 12. Apr. 2024 - 1 K 309/23

bei uns veröffentlicht am 10.07.2024

Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis Urteil vom 12. Apr. 2024 Az.: 1 K 309/23     Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Referenzen

Verwaltungsgericht des Saarlandes Saarlouis

Urteil vom 12. Apr. 2024

Az.: 1 K 309/23

 

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Mit Bescheid vom 19. Juni 2021 bewilligte der Beklagte der Klägerin auf deren durch den bevollmächtigten Steuerberater XXX R. als prüfendem Dritten gestellten Antrag vorläufig „Corona-Überbrückungshilfe III“ in Höhe von 7.875,00 Euro.

Am 14. April 2022 beantragte Steuerberater R. als prüfender Dritter für die Klägerin die endgültige Festsetzung.

Im Rahmen der Prüfung forderte der Beklagte zwecks Feststellung der Antragsberechtigung bzw. der Höhe der Umsätze der Klägerin diese, vertreten durch deren Bevollmächtigten XXX R., auf, die Tätigkeit der Klägerin zu erläutern und den Einkommenssteuerbescheid 2019 sowie Nachweise der Umsätze im Vergleichszeitraum des Jahres 2019 und im Förderzeitraum des ersten Halbjahres 2021 vorzulegen.

Über das Vorliegen der Nachfragen vom 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 erging jeweils taggleich per E-Mail eine Mitteilung an die von dem Bevollmächtigten im Antrag für Kommunikationszwecke angegebene Mailadresse „[email protected]“. Seitens der Klägerin erfolgte keine Reaktion auf die Nachfragen.

Mit Schluss-Ablehnungsbescheid vom 30. Januar 2023 lehnte der Beklagte sodann den Antrag vom 14. April 2022 auf endgültige Gewährung der beantragten Neustarthilfe unter gleichzeitiger Ersetzung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 19. Juni 2021 ab und forderte die Klägerin zur Rückzahlung der an sie ausgezahlten 7.875 Euro auf. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, dass die Sachverhaltsangaben zum Antrag der Klägerin auf Endabrechnung unvollständig seien. Mit Anfragen vom 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 sei die Klägerin gebeten worden, ihre Unterlagen zu komplettieren. Auch sei sie auf ihre Mitwirkungspflicht im Antragsverfahren gemäß § 26 Abs. 2 SVwVfG hingewiesen worden. Da sie die erforderlichen Sachverhaltsangaben bzw. Unterlagen nicht eingereicht habe, sei sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Die Relevanz der geforderten Angaben habe der Klägerin spätestens durch die letztmalige Aufforderung vom 13. Januar 2023, in der für den Fall eines Ausbleibens der geforderten Angaben eine ablehnende Entscheidung nach Aktenlage angekündigt worden sei, bewusst sein müssen. Der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln gebiete es, Förderanträge abzulehnen, wenn – wie hier – wesentliche unabdingbare Fördervoraussetzungen nicht vorlägen bzw. nicht nachgewiesen seien, was in gleichgelagerten Fällen ebenfalls stets zur Ablehnung der Anträge führe.

Am 28. Februar 2023 hat die Klägerin Klage erhoben.

Zur Begründung trägt sie vor, sie betreue Hunde und betreibe in diesem Zusammenhang auch eine Hundeschule, was ca. 10-15 % ihres Gesamtumsatzes ausmache. Während und aufgrund der Corona-Pandemie sei die Tätigkeit der Hundebetreuung weggebrochen, da sich die Hundebesitzer mehrheitlich im Homeoffice befunden und sich selbst um die Tiere gekümmert hätten. Auch seien weniger Fernreisen unternommen worden, sodass viele Hundebesitzer ihren Urlaub mit den Tieren verbracht hätten und nicht auf eine Betreuung angewiesen gewesen seien. Die Hundeschule sei infolge des Lockdowns vollständig geschlossen gewesen, sodass auch diese Umsätze weggebrochen seien.

Die seinerzeit fehlenden Unterlagen in Gestalt des Einkommenssteuerbescheides 2019 sowie der betriebswirtschaftlichen Auswertung zu den im Förderzeitraum 01. Januar 2021 bis 30. Juni 2021 erzielten Umsätzen reiche sie nunmehr mit der Klage nach. Unter Berücksichtigung dieser Unterlagen sowie der vorstehenden Erläuterungen ihrer unternehmerischen Tätigkeit und den Corona-bedingten Gründen ihres Umsatzrückgangs ergebe sich ein Rückzahlungsbetrag in Höhe von 4.267,45 Euro. Demzufolge sei der Schlussbescheid des Beklagten vom 30. Januar 2023 in Höhe des Differenzbetrages von 4.267,45 Euro zu dem ihr ausgezahlten Betrag in Höhe von 7.875,00 Euro, also in Höhe von 3.607,55 Euro aufzuheben.

Soweit der Beklagte geltend mache, dass die von der Klägerin im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen und ihre diesbezüglichen Ausführungen präkludiert und deshalb nicht mehr zu berücksichtigen seien, sei dem nicht zu folgen.

Die ihr obliegende Mitwirkungslast im Verwaltungsverfahren sei rein verfahrensrechtlicher Natur. Bei Nichterfüllung derartiger Obliegenheiten trete kein Verlust von materiellen Rechten ein. Vielmehr könne entsprechender Vortrag im Klageverfahren nachgeholt werden.

Auch sei nicht erkennbar, auf welche Rechtsgrundlage die Ablehnung des Antrags der Klägerin vom 14. April 2022 gestützt werde. Es handele sich ersichtlich nicht um eine Rücknahme des ursprünglichen Bewilligungsbescheids gemäß § 48 SVwVfG. Die Voraussetzungen des – allein in Betracht kommenden – § 49 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 SVwVfG seien ebenfalls nicht erfüllt. Schließlich folge eine Erstattungspflicht auch nicht daraus, dass der Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 im Sinne von § 49a Abs. 1 Satz 1 SVwVfG in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden sei. Eine derartige Bedingung habe der Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 nicht enthalten.

Im Übrigen rügt die Klägerin die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und ein dadurch verursachtes Ermessensdefizit des Beklagten. Sie sei vor der streitgegenständlichen Entscheidung des Beklagten nicht ordnungsgemäß angehört worden. Eine Überprüfung durch den prüfenden Dritten nach Einsicht in die Verwaltungsakte habe ergeben, dass die E-Mail-Benachrichtigungen des Beklagten über die Anfragen vom 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 nicht an die vom prüfenden Dritten bei Antragstellung gegenüber dem Beklagten angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“, sondern an die falsche E-Mail-Adresse „[email protected]“ versendet worden und dort im Spam-Ordner gelandet seien. Hierbei habe es sich um die nicht aktive E-Mail-Adresse des prüfenden Dritten, wie sie offensichtlich im Zeitpunkt dessen Zulassung als Steuerberater von der Steuerberaterkammer hinterlegt worden sei, gehandelt.

Hätte der Beklagte die Anfragen vom 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 an die vom prüfenden Dritten bei Antragstellung angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“ versendet, wären durch den prüfenden Dritten die im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen bereits im Antragsverfahren vorgelegt worden.

Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

den Schlussbescheid des Beklagten vom 30. Januar 2023 über die Ablehnung des Antrags der Klägerin vom 14. April 2022 auf Endabrechnung über die Gewährung einer Neustarthilfe für den beantragten Zeitraum Januar bis Juni 2021 in Höhe eines Betrages von 3.607,55 Euro aufzuheben.

Der Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid entgegengetreten und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Argumentation im angefochtenen Bescheid.

Bei der hier begehrten Corona-Überbrückungshilfe III handele es sich um eine Billigkeitsleistung. Die Klägerin könne die zurückgeforderte Leistung allenfalls dann beanspruchen, wenn eine fehlerhafte Ermessensausübung des Beklagten im Rahmen einer aus Art. 3 GG resultierenden Selbstbindung der Verwaltung vorläge.

Vorliegend habe ein standardmäßig durchgeführter Datenabgleich ergeben, dass seitens der Finanzverwaltung in Ermangelung einkommenssteuerrechtlicher Daten Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass die soloselbstständige bzw. freiberufliche Tätigkeit von der Klägerin nicht im Haupterwerb ausgeübt werde. Der klägerische Antrag sei daher aus der „Dunkelverarbeitung“ ins manuelle Prüfungsverfahren übergeleitet worden. Angesichts dessen sei die Klägerin – vertreten durch ihren Bevollmächtigten XXX R. – über das Antragsportal aufgefordert worden, ihre Tätigkeit zu erläutern und den Einkommenssteuerbescheid 2019 sowie Nachweise der Umsätze im Vergleichszeitraum des Jahres 2019 und im Förderzeitraum des ersten Halbjahres 2021 vorzulegen.

Die Notwendigkeit, Rückfragen der Bewilligungsstelle jeweils zeitnah zu beantworten, sei den prüfenden Dritten generell bekannt und habe auch dem prüfenden Dritten der Klägerin, der insgesamt ca. 45 Antragsverfahren betrieben habe, bekannt sein müssen.

Durch Nichtvorlage der angeforderten Unterlagen sei die Klägerin im Verwaltungsverfahren ihrer Mitwirkungspflicht nach § 26 Abs. 2 SVwVfG nicht nachgekommen. Der Beklagte habe als Folge der unterbliebenen Mitwirkung keine Gewissheit über die Antragsberechtigung der Klägerin erlangen und damit weder feststellen können, ob die Klägerin dem Grunde nach noch in welcher Höhe sie ggf. antragsberechtigt gewesen sei. Dieser Kenntnisstand im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung sei dem materiellen Recht folgend für das Vorliegen der Antragsvoraussetzungen maßgeblich. Der im Klageverfahren erfolgte Vortrag zur Antragsberechtigung ist daher verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.

Da es der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln und der allgemeine Gleichheitssatz geböten, Förderanträge insbesondere immer dann abzulehnen, wenn das Vorliegen wesentlicher unabdingbarer Fördervoraussetzungen nicht festgestellt werden könne und der Beklagte in seiner ständigen Verwaltungspraxis solche Anträge grundsätzlich ablehne, sei der Antrag der Klägerin abgelehnt und der vorläufig bewilligte und an die Klägerin zur Auszahlung gebrachte Betrag zurückgefordert worden.

Es handele sich vorliegend um eine außerordentliche Wirtschaftshilfe des Bundes, die pandemiebedingt größtenteils unbürokratisch allein aufgrund der Angaben der Antragssteller erfolgt und ausbezahlt worden sei. Den Antragsstellern komme dabei eine besondere Verantwortung für die gemachten Angaben zu. Daher gingen etwaige Ungenauigkeiten der Angaben oder – wie hier – fehlende Unterlagen zu Lasten der Klägerin. Aus den Darlegungen der Klägerin im hiesigen Klageverfahren ergäben sich auch keine Gründe dafür, von der üblichen Verwaltungspraxis – nämlich der Antragsablehnung in Gänze, wenn die Antragsberechtigung nicht dargelegt worden sei – abzuweichen.

Der Bewilligungsbescheid sei nicht aufgehoben, sondern durch den Schluss-Ablehnungsbescheid ersetzt worden, da die Bewilligung unter dem Vorbehalt der endgültigen Entscheidung in einem Schlussbescheid gestanden habe. Einer darüberhinausgehenden besonderen Ermächtigungsgrundlage, die die Klägerin vermisse, bedürfe es hierzu nicht. Die Rückerstattungspflicht ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 49a Abs. 1 SVwVfG.

Der Einwand der Klägerin, wonach die Benachrichtigungen über die Rückfragen des Beklagten statt an die E-Mail-Adresse „[email protected]“ an die nicht aktive E-Mail-Adresse „[email protected]“ gerichtet worden seien, gehe ebenfalls fehl. Benachrichtigungen über Rückfragen der Bewilligungsstelle würden in Fällen einer Antragstellung durch prüfende Dritte an die E-Mail-Kontaktadresse des prüfenden Dritten gerichtet, was dem von der Klägerin bevollmächtigten Steuerberater auch bekannt gewesen sei. Dementsprechend seien auch vorliegend die Benachrichtigungen an die vom prüfenden Dritten angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“ ergangen, wie dies im Übrigen in 45 von der Kanzlei R. betreuten Verfahren ebenso der Fall gewesen sei.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 25. April 2023 (Kläger) und 28. März 2023 (Beklagter) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Mit Beschluss der Kammer vom 11. April 2024 wurde der Rechtsstreit der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

Über die Klage, deren Entscheidung gemäß § 6 Abs. 1 VwGO der Einzelrichterin übertragen wurde, kann mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

Im wohlverstandenen Interesse der Klägerin ist der schriftsätzlich gestellte klägerische Antrag gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass diese neben der teilweisen Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 2023 die gerichtliche Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihr auf ihren Antrag vom 14. April 2022 auf Endabrechnung hin eine endgültige Corona-Überbrückungshilfe („Neustarthilfe“) in Höhe von 3.607,55 Euro zu gewähren.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Recht unter gleichzeitiger Ersetzung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 19. Juni 2021 den Antrag der Klägerin auf endgültige Gewährung der beantragten Neustarthilfe vollumfänglich abgelehnt und die Klägerin zur Rückzahlung des bereits ausgezahlten Betrages in Höhe von 7.875 Euro aufgefordert. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf endgültige Zuerkennung der von ihr nunmehr in Höhe von 3.607,55 Euro begehrten Neustarthilfe (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).

Bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 handelte es sich um einen sogenannten vorläufigen Verwaltungsakt.

Der Beklagte hat sich damit einer in Literatur und Rechtsprechung im Subventionsrecht allgemein anerkannten Regelungsweise bedient, die für Situationen entwickelt wurde, bei denen im Zeitpunkt des Erlasses des Zuwendungsbescheids eine tatsächliche Ungewissheit besteht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.11.2009, 3 C 7.09, juris, Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 17.06.2020, 4 A 436/17, juris; Urteile der Kammer vom 10.01.2024, 1 K 308/23 sowie 20.10.2022, 1 K 785/21 u.a. (n.v.).

Von einem vorläufigen Verwaltungsakt ist im Bereich der Zuwendungsgewährung auszugehen, wenn die Zuwendung unter dem Vorbehalt einer späteren abschließenden Entscheidung bewilligt wird. Ein solcher Bewilligungsbescheid ist in seinem Regelungsinhalt dahingehend eingeschränkt, dass der Begünstigte die Zuwendung zunächst nur vorläufig bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung behalten darf. Ob ein Anspruch auf das endgültige Behaltendürfen der Zuwendung besteht, hängt dagegen von dem Inhalt des abschließenden Bewilligungsbescheids, des Schlussbescheids, ab.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.1983, 3 C 8.82, juris, Rn. 33; BVerwG, Urteil vom 19.11.2009, 3 C 7.09, juris, Rn. 14.

Ein Bedürfnis für eine solche lediglich vorläufige Regelung kann insbesondere dann bestehen, wenn zum Erlasszeitpunkt des vorläufigen Bescheids eine tatsächliche Unsicherheit besteht – etwa wie vorliegend hinsichtlich der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens der Klägerin im Bewilligungszeitraum (insbesondere der erzielten Umsätze), die naturgemäß erst nach dem Förderzeitraum ermittelt werden kann. Das Subventionsverhältnis wird dabei zunächst durch den Zuwendungsbescheid geregelt, der aber unter den Vorbehalt der späteren Festsetzung gestellt wird und damit auf eine Ergänzung durch einen weiteren Verwaltungsakt angelegt ist, durch den die Zuwendung in den offen gehaltenen Punkten abschließend geregelt werden sollte.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.11.2009, 3 C 7.09, juris, Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 17.06.2020 4 A 436/17, juris, Rn. 63.

Der Vorbehalt endgültiger Regelung bewirkt, dass die Behörde die vorläufige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG gebunden zu sein. Bei einer späteren endgültigen Regelung durch einen Schlussbescheid bedarf es insoweit keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligung, da diese durch den Schlussbescheid ersetzt wird. Mit dem Erlass der endgültigen Festsetzung verliert die vorläufige Regelung ihre Wirksamkeit.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.11.2009 - 3 C 7.09 -, Rn. 16, juris; OVG NRW, Urteil vom 28.09.1990 - 15 A 708/88 -, NVWZ 1991, 588 (589); Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 35 Rn. 245.

Wie weit der Vorbehalt der endgültigen Regelung reicht und ob er die Bewilligung insgesamt oder nur Teilregelungen des ursprünglichen Bewilligungsbescheids umfasst, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch wenn die Behörde einen unter Vorbehalt gestellten Verwaltungsakt später durch einen Schlussbescheid ersetzt, so kommt eine inhaltlich abweichende Regelung im Schlussbescheid – außer in den Fällen der §§ 48, 49 VwVfG – nur in Betracht, wenn sie aus den Gründen ergeht, wegen derer die frühere Regelung unter Vorbehalt gestellt wurde.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.11.2009, 3 C 7.09, juris, Rn. 17.

Die Regelungen des ursprünglichen Bewilligungsbescheids unterliegen insoweit der Auslegung aus Sicht eines objektiven Empfängers entsprechend der §§ 133, 157 BGB. Das Gericht hat den Bewilligungsbescheid dahin zu erforschen, wie der Adressat ihn unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.01.2019, 10 C 5.17, juris, Rn. 25; BVerwG, Urteil vom 15.03.2017, 10 C 1.16, juris, Rn. 14; OVG NRW, Urteil vom 17.06.2020, 4 A 436/17, juris, Rn. 56; OVG NRW, Beschluss vom 29.05.2017, 4 A 1513/15, juris, Rn. 5.

Ausgehend von diesen Maßstäben ist der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 eindeutig dahin zu verstehen, dass er die der Klägerin gewährte Förderung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nur vorläufig regelte, die endgültige Gewährung jedoch von der im Zeitpunkt des Erlasses des vorläufigen Bewilligungsbescheides noch ungewissen Entwicklung des Unternehmens der Klägerin während des (sechsmonatigen) Bewilligungszeitraums abhing und insoweit unter dem Vorbehalt einer nach dem Bewilligungszeitraum vorzunehmenden Endabrechnung stand. Dies folgt ohne Weiteres aus den Formulierungen bereits im Antragsformular und sodann im Bescheid vom 19. Juni 2021.

Vgl. im Einzelnen hierzu bereits Urteil der Kammer vom 06.12.2023, 1 K 467/23, juris, in einem gleichgelagerten Fall.

Handelte es sich demnach bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 um einen vorläufigen Verwaltungsakt, ist der Schlussablehnungsbescheid vom 30. Januar 2023, mit dem unter Ersetzung des Bescheides vom 19. Juni 2021 die begehrte Neustarthilfe endgültig abgelehnt und die bereits geleistete Zahlung in Höhe von 7.875 Euro zurückgefordert wurde, rechtlich nicht zu beanstanden, da die Klägerin bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht dargelegt hat, zum Kreis der Zuwendungsberechtigten zu gehören.

Dabei ist von Folgendem auszugehen:

Bei Zuwendungen wie der Neustarthilfe handelt es sich um eine Billigkeitsleistung nach § 53 LHO (vgl. hierzu auch Ziffer I. Nr. 1 Abs. 1 der Richtlinien „Corona-Überbrückungshilfe III“), die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Hilfe begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinien im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. §§ 53, 23 und 44 LHO und Ziffer I. Nr. 1 Abs. 2 der Richtlinie). Die Richtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Ein Rechtsanspruch lässt sich nur – gestützt auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes – aus einer Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien herleiten. Für die gerichtliche Prüfung der Gewährung einer Billigkeitsleistung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist.

Vgl. VG Würzburg, Urteile vom 25.07.2022, W 8 K22.289, juris, Rn. 23 f., vom 26.07.2021, W 8 K 20.2031, juris, Rn. 18, und vom 15.11.2021, W 8 K 21.86, juris, Rn. 28, jeweils m. w. N.; VG München, Urteile vom 15.09.2021, M 31 K 21.110, juris, Rn. 16 ff., und vom 16.12.2021, M 31 K 21.3624, juris, Rn. 24 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2000, 20 K 4706/20, juris, Rn. 22 ff.; st. Rspr der Kammer, so etwa Urteile vom 06.12.2023, 1 K 467/23, juris, vom 11.07.2023 1 K 293/23, und vom 24.08.2023, 1 K 442/23 (n.v.).

Richtlinien der hier in Rede stehenden Art dürfen nicht wie Gesetze oder Verordnungen gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 18.05.2020, 6 ZB 20.438, juris, Rn. 6; Nds. OVG, Urteil vom 24.03.2021, 10 LC 203/20, juris; SaarlOVG, Beschluss vom 28.05.2018, 2 A 480/17, juris; Schleswig-Holsteinisches OVG, Urteil vom 17.05.2018, 3 LB 5/15, juris; OVG NRW, Beschluss vom 29.05.2017, 4 A 516/15, juris; HessVGH, Urteil vom 28.06.2012, 10 A 1481/11, juris.

Bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, ist der Richtliniengeber weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Solange sich eine Regelung aber auf sachbezogene Gesichtspunkte stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden.

St. Rspr; vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 20.04.2004, 1 BvR 905/00, 1 BvR 11 BvR 1748/99, juris, Rn. 61; VG München Urteil vom 30.09.2022, M 31 K 21.6690, juris, Rn. 22 ff m.w.N.

Sind die Fördervoraussetzungen zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG), im Einklang mit §§ 23 und 44 SHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die gerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob bei Anwendung der Richtlinien im Einzelfall der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder eine andere einschlägige Rechtsvorschrift verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.04.1979, 3 C 111/79, juris, Rn. 24; st. Rspr. der Kammer, vgl. etwa Urteil vom 10.01.2024, 1 K 308/23, sowie vom 10.11.2022, 1 K 601/22 (n.v.); VG München, Urteil vom 30.09.2022, M 31 K 21.6690, juris, Rn. 22 ff. m.w.N.; VG Würzburg, Urteile vom 25.07.2022, W 8 K22.289, juris, vom 26.07.2021, W 8 K 20.2031, juris, Rn. 19 f., und vom 15.11.2021, W 8 K 21.861, juris, Rn. 30 f., jeweils m. w. N.

Entscheidend ist dabei – wie dargelegt –, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann im Einzelfall ein Anspruch auf Förderung bestehen.

Ausgehend davon steht der Klägerin nach der an den maßgeblichen Richtlinien ausgerichteten einschlägigen Verwaltungspraxis des Beklagten kein Anspruch auf Neustarthilfe zu. Denn sie hatte bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der abschließenden Behördenentscheidung nicht hinreichend dargelegt, antragsberechtigt gewesen zu sein.

Gemäß Ziff. 8 der Richtlinien für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen im Förderzeitraum November 2020 bis Juni 2021 („Corona-Überbrückungshilfe III") obliegt der Bewilligungsstelle die Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen, wobei diese – soweit dafür erforderlich – entsprechende Unterlagen anfordern kann.

Vorliegend ergab ein Abgleich mit dem Datenbestand der Finanzverwaltung, dass seitens der Finanzverwaltung in Ermangelung einkommenssteuerrechtlicher Daten Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die soloselbstständige bzw. freiberufliche Tätigkeit von der Klägerin nicht im Haupterwerb ausgeübt wurde. Dabei handelt es sich indes um eine Voraussetzung für das Inanspruchnehmen der Neustarthilfe. Daraus ergab sich für den Beklagten Anlass, die Frage des Haupterwerbs einer näheren Überprüfung zu unterziehen und die Klägerin – vertreten durch ihren Bevollmächtigten – angesichts dessen aufzufordern, ihre Tätigkeit zu erläutern und den Einkommenssteuerbescheid 2019 sowie Nachweise der Umsätze im Vergleichszeitraum des Jahres 2019 und im Förderzeitraum des ersten Halbjahres 2021 vorzulegen.

Da wiederholte Nachfragen des Beklagten hierzu, welche am 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 in das Antragsportal eingestellt wurden, unbeantwortet blieben, hat die Klägerin es versäumt, bis zum Zeitpunkt der abschließenden Behördenentscheidung darzulegen, dass in ihrer Person sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung von Neustarthilfe vorlagen, sodass der Beklagte eine entsprechende Feststellung nicht hat treffen können und von daher die Gewährung von Neustarthilfe mit dem angefochtenen Schlussablehnungsbescheid zu Recht versagt hat.

Die von der Klägerin nach Bescheiderlass im Klageverfahren nachgeholten Angaben und vorgelegten Unterlagen rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Bescheides.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bzw. des Bestehens eines Zuwendungsanspruchs ist nämlich der Kenntnisstand des Beklagten zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Denn nach der geübten und dem Gericht aus zahlreichen weiteren Verfahren bekannten Verwaltungspraxis des Beklagten werden die Zuwendungsvoraussetzungen allein aufgrund der bis zur letzten behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet. Dem materiellen Recht folgend, das hier durch die Vollzugshinweise und FAQ sowie deren Anwendung durch den Beklagten in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist daher auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung abzustellen. Die Vorlage neuer Unterlagen oder neuer Tatsachenvortrag im Klageverfahren ist danach nicht zu berücksichtigen.

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 27.2.2023, 22 ZB 22.2554, juris, Rn. 14; Beschluss vom 02.02.2022, 6 C 21.2701, juris, Rn. 8, 10; Beschluss vom 25.01.2021, 6 ZB 20.2162, juris, Rn. 17; SächsOVG, Urteil vom 27.02.2023, 6 B 305/22, juris, Rn. 6; Urteil vom 16.02.2016, 1 A 677.13, juris, Rn. 67; OVG Münster, Beschluss vom 09.02.2023, 4 A 3042/19, juris, Rn. 3; VG Würzburg, Urteil vom 25.07.2022, W 8 K 22.289, juris, Rn. 31; Urteil vom 26.7.2021, W 8 K 20.2031, juris, Rn. 21; vgl. auch VG Weimar, Urteil vom 17.09.2020, 8 K 609/20, juris, Rn. 26; VG München, Urteil vom 31.03.2023, M 31 K 22.2994, juris, Rn. 32 f. m.w.N.; Urteil vom 28.10.2022, M 31 K 21.5978, juris, Rn. 29; Urteil vom 23.02.2022, M 31 K 21.418, juris, Rn. 22; Urteil vom 27.08.2021, M 31 K 21.2666, juris, Rn. 27; Beschluss vom 25.06.2020, M 31 K 20.2261, juris, Rn. 19; VG Stuttgart, Urteil vom 26.07.2023, 3 K 4298/22, juris, Rn. 38; VG Schwerin, Urteil vom 17.03.2023, 3 A 964/22 SN, juris, Rn. 22; so auch bereits Urteile der Kammer vom 06.12.2023, 1 K 467/23, juris, vom 30.11.2022, 1 K 870/21, und vom 20.12.2023, 1 K 883/23.

Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen

Vgl. VG Halle, Urteil vom 25.04.2022, 4 A 28/22 HAL, BeckRS 2022, 9223, Rn. 25; VG München, Urteil vom 20.09.2021, M 31 K 21.2632, BeckRS 2021, 29655, Rn. 24, 26 ff.; VG Würzburg, Urteil vom 25.07.2022, W 8 K 22.289, juris, Rn. 31 f.; Urteil vom 26.07.2021, W 8 K 20.2031, juris, Rn. 21; VG Weimar, Urteil vom 29.01.2021, 8 K 795/20 We, juris, Rn. 31; Urteil vom 17.09.2020, 8 K 609/20, juris, Rn. 26.

Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, konnte und musste auch im Rahmen der konkreten Behördenentscheidung nicht berücksichtigt werden, sodass entscheidungsrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden. Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin im Rahmen des Zuwendungsantrags, insbesondere von der Mitteilung und Substantiierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Insoweit trifft jeden Antragsteller im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens eine zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (§ 26 Abs. 2 SVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 20.07.2022, 22 ZB 21.2777, juris, Rn. 16; VG Würzburg, Urteil vom 25.07.2022, W 8 K 22.289, juris, Rn. 31 f.

Von daher ist unerheblich, ob nach den von der Klägerin erstmals im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen eine Bewilligung der begehrten Neustarthilfe in Betracht gekommen wäre.

Sollten der Klägerin – was indes nicht vorgetragen wurde – die im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen im Zeitpunkt der Nachfragen des Beklagten noch nicht vollständig vorgelegen haben, hätte es der Klägerin oblegen, rechtzeitig hierauf hinzuweisen und eine Verlängerung der Frist zur Beantwortung zu beantragen.

Die von der Klägerin angeführte – lediglich mit einer Fundstelle bezeichnete – Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, der seiner Auffassung nach zu entnehmen sei, dass eine Nichterfüllung von Mitwirkungsobliegenheiten im Verwaltungsverfahren keinen Verlust materieller Rechte zur Folge habe, sodass auch in Fällen wie dem vorliegenden Antragsteller nicht gehindert seien, im Verwaltungsverfahren versäumten Vortrag im Klageverfahren nachzuholen, bietet keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Das an der bezeichneten Fundstelle veröffentlichte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.05.1987 – 6 C 6/86 – betreffend den Fall einer Kriegsdienstverweigerung hat eine völlig andere Fallkonstellation zum Gegenstand und stellt die obigen Ausführungen zum – sich aus der jeweiligen materiellen Rechtslage ergebenden – maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht in Frage.

Soweit die Klägerin darüber hinaus die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör der Gestalt rügt, dass die E-Mail-Benachrichtigungen des Beklagten über die Anfragen vom 16. November 2022, 14. Dezember 2022, 02. Januar 2023 sowie 13. Januar 2023 nicht an die vom prüfenden Dritten bei Antragstellung gegenüber dem Beklagten angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“, sondern an die falsche E-Mail-Adresse „[email protected]“ versendet worden und dort im Spam-Ordner gelandet seien, weshalb es an einer ordnungsgemäßen Anhörung der Klägerin vor Bescheiderlass fehle, vermag sie auch damit nicht durchzudringen. Der von der Klägerin bevollmächtigte Steuerberater hat als sog. prüfender Dritter selbst die E-Mail-Adresse „[email protected]“ als Kontaktadresse angegeben. Ist aber – wie vorliegend – ein Bevollmächtigter bestellt, so soll sich die Behörde gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 SVwVfG an diesen wenden. Von daher hat der Beklagte die E-Mail-Benachrichtigungen zu Recht an die E-Mail-Adresse des prüfenden Dritten – und nicht an die unter der Rubrik „Mandantendetails“ bzw. „Antragsteller“ angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“ – gesandt.

Auch bedurfte es keiner Benachrichtigung an beide E-Mail-Adressen. Ob die vom prüfenden Dritten angegebene E-Mail-Adresse „[email protected]“ zum Zeitpunkt der Anfragen – wie die Klägerin geltend macht – „nicht mehr aktiv“ war bzw. ob sowie ggf. warum die Benachrichtigungen – wie von der Klägerin behauptet – im Spam-Ordner des prüfenden Dritten landeten, ist unerheblich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Eingangsbestätigung für den Endabrechnungsantrag vom 14. April 2022 sowie der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 sowohl an die E-Mail-Adresse „[email protected]“ als auch an „[email protected]“ gesendet wurden. Ein irgendwie gearteter Vertrauensschutz dahingehend, dass alle etwaigen Nachfragen bzw. Nachrichten der Bewilligungsstelle an beide E-Mail-Adressen gerichtet werden würden, kann nicht angenommen werden. Es ist allein maßgeblich, dass die vorgenannte E-Mail-Adresse des von der Klägerin bevollmächtigten prüfenden Dritten „[email protected]“ gegenüber dem Beklagten als Kontaktadresse angegeben war und der Beklagte von daher von einer Erreichbarkeit unter dieser E-Mail-Adresse ausgehen durfte und musste. Sollte die angegebene E-Mail-Adresse des prüfenden Dritten fehlerhaft gewesen sein, ginge das mit diesem und in Anwendung des Rechtsgedankens des § 32 Abs.1 Satz 2 SVwVfG, wonach im Falle einer Fristversäumung einem Vertretenen ein Verschulden seines Vertreters zuzurechnen ist, damit letztlich mit der Klägerin heim.

Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Beklagten die vorgenannte E-Mail-Adresse des prüfenden Dritten von diesem auch in weiteren Verfahren wissentlich und willentlich für Kommunikationszwecke verwendet worden sei und der prüfende Dritte von daher gewusst habe, dass die Bewilligungsstelle Rückfragen jeweils an diese Adresse bekanntgeben würde. Zum Beleg dieses Vortrags hat der Beklagte zudem auf ein weiteres von dem prüfenden Dritten betreutes Verfahren hingewiesen und die anonymisierte Verwaltungsakte (XXX) übersandt, aus der ersichtlich ist, dass der prüfende Dritte in ebendiesem Verfahren auf Nachrichten der Bewilligungsstelle an „[email protected]“ reagiert hat.

Mit ihrem weiteren Einwand, dass vorliegend weder die Voraussetzungen einer Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 19. Juni 2021 gemäß § 48 SvwVfG noch eines Widerrufs gemäß § 49 SVwVfG noch eine sonstige Rechtsgrundlage für die Aufhebung dieses Bescheides erkennbar sei, vermag die Klägerin ebenfalls nicht durchzudringen. Wie bereits dargelegt, handelte es sich bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2021 um einen vorläufigen Verwaltungsakt, bei dem die Zuwendung unter dem Vorbehalt einer späteren abschließenden Entscheidung zunächst nur vorläufig bewilligt wurde. Der Vorbehalt endgültiger Regelung bewirkt, dass die Behörde die vorläufige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG gebunden zu sein. Bei einer späteren endgültigen Regelung durch einen Schlussbescheid bedarf es insoweit keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligung, da diese durch den Schlussbescheid ersetzt wird. Mit dem (bloßen) Erlass der endgültigen Festsetzung verliert die vorläufige Regelung ihre Wirksamkeit.

Aus den von der Klägerin – ohne nähere Erläuterung – angeführten Entscheidungen nordrhein-westfälischer Verwaltungsgerichte „zur Rückforderung von Corona-Hilfen“ ergibt sich nichts anderes. Denn diese betreffen andere Förderprogramme, sind an der für diese in Nordrhein-Westfahlen damals geltenden Rechtslage orientiert und unterscheiden sich von der vorliegenden Fallkonstellation grundlegend schon dahingehend, dass in den dortigen ursprünglichen Bewilligungsbescheiden in den maßgeblichen Punkten bereits abschließende Festlegungen getroffen worden waren, wohingegen Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die Frage der Rechtmäßigkeit eines Schlussbescheides nach zunächst insgesamt nur vorläufiger Bewilligung ist. In den vom Verwaltungsgericht Düsseldorf bzw. Verwaltungsgericht Köln entschiedenen Fällen handelt es sich um völlig andere Fallkonstellationen als im vorliegenden Fall. Es ist nicht erkennbar, inwieweit die dortigen Ausführungen von Relevanz für das vorliegende Verfahren sein sollen.

Nach alldem ist die im Schlussbescheid erfolgte abschließende Versagung der Neustarthilfe rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass diese Vorgehensweise der – dem Gericht auch aus zahlreichen anderen Verfahren bekannten – ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten entspricht. Da die Bewilligung hier lediglich unter Vorbehalt erfolgt war, ersetzt der Schlussbescheid vom 30. Januar 2023 den vorläufigen Bescheid vom 19. Juni 2021, ohne dass es eines gesonderten Aufhebungsaktes bedurfte.

Gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 SVwVfG, war der Beklagte des Weiteren berechtigt, den bereits als Vorschuss ausgezahlten Gesamtbetrag von 7.875,00 Euro zurückzufordern. Nach der vorgenannten Vorschrift sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung bzw. – wie hier – einer Schlussabrechnung unwirksam geworden ist.

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

B e s c h l u s s

Der Streitwert wird auf 7.875,00 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

VERWALTUNGSGERICHT DES SAARLANDES

Urteil vom 6. Dez. 2023

1 K 467/23

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Mit Bescheid vom 21.02.2021 bewilligte der Beklagte der Klägerin auf deren Antrag vorläufig Corona-Überbrückungshilfe III in der Form der Betriebskostenpauschale (Neustarthilfe) in Höhe von 7.500 €.

Die Klägerin beantragte am 29.10.2021 die endgültige Festsetzung.

Im Rahmen der systemseitigen Prüfungsroutine fand ein automatisierter Abgleich der Daten des Antrags mit dem Datenbestand der Finanzverwaltung statt, welcher einen Hinweis auf eine Geschäftsaufgabe ergab. Daraufhin forderte der Beklagte die Klägerin im Antragsportal auf mitzuteilen, wann der Geschäftsbetrieb eingestellt wurde, die entsprechende Gewerbeabmeldung vorzulegen und die im Antrag angegebene Steuernummer auf Aktualität zu überprüfen. Seitens der Klägerin erfolgte keine Reaktion.

Mit Schluss-Ablehnungsbescheid vom 27.01.2023 hat der Beklagte sodann den Antrag vom 29.10.2021 auf endgültige Gewährung der beantragten Neustarthilfe unter gleichzeitiger Ersetzung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 21.02.2021 abgelehnt und die Klägerin zur Rückzahlung der an sie ausgezahlten 7.500 € aufgefordert. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, dass die Sachverhaltsangaben der Klägerin zu ihrem Antrag auf Endabrechnung unvollständig seien. Die Klägerin sei mit Anfragen vom 24.11.2022, 05.12.2022, 15.12.2022 und 03.01.2023 gebeten worden, ihre Unterlagen zu komplettieren. Auch sei sie auf ihre Mitwirkungspflicht im Antragsverfahren gemäß § 26 Abs. 2 S VwVfG hingewiesen worden. Da sie die erforderlichen Sachverhaltsangaben nicht eingereicht habe, sei sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln gebiete es, Förderanträge abzulehnen, wenn wesentliche unabdingbare Fördervoraussetzungen nicht vorlägen bzw. nicht nachgewiesen seien, was in gleichgelagerten Fällen ebenfalls stets zur Ablehnung der Anträge führe.

Der Bescheid wurde der Klägerin am 08.03.2023 postalisch zugestellt.

Am 23.03.2023 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben.

Sie macht geltend, entgegen dem angefochtenen Bescheid die darin erwähnten Anfragen zu Sachverhaltsangaben zu ihrem Antrag auf Endabrechnung vom 24.11.2022, 05.12.2022, 15.12.2022 und 03.01.2023 nicht erhalten zu haben. Sowohl die Antragstellung als auch der komplette Kontakt und Schriftverkehr mit Ausnahme der förmlichen postalischen Zustellung des angefochtenen Bescheids vom 27.01.2023 sei über das Elster-Portal erfolgt bzw. hätte über dieses erfolgen sollen. Die Klägerin habe die vom Beklagten behaupteten Anfragen jedoch weder über das Elster-Portal noch sonst erhalten. Sie habe ihr Elster-Portal fortlaufend kontrolliert. Eigentlich hätte auch der angefochtene Bescheid über das Elster-Portal zugestellt werden sollen. Dies sei jedoch ebenfalls nicht geschehen. Die Klägerin habe über das Elster-Portal nur lediglich eine Konsensmitteilung erhalten, wonach sie verpflichtet sei, erfolgte Auszahlungen und Rückzahlungen an die für sie zuständige Finanzbehörde zu melden. Darüber hinaus habe sie eine Benachrichtigung vom 27.01.2023 erhalten, wonach im Elster-Portal ein Bescheid zu ihrem Antrag zum elektronischen Abruf bereitstehe. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Im Elster-Portal seien vielmehr offenkundig Falschmitteilungen eingestellt gewesen, die überhaupt nichts mit der Klägerin zu tun gehabt hätten. Das Elster-Portal habe offensichtlich fehlerhaft gearbeitet.

Da die Klägerin die vom Beklagten angegebenen Anfragen nicht erhalten habe, habe sie auch nicht gegen Mitwirkungspflichten verstoßen.

Nach den von ihr im Antrag auf Endabrechnung gemachten, zur Beurteilung der Gewährung der Förderung ausreichenden Angaben lägen in ihrem Fall die Voraussetzungen für die Gewährung einer Förderung in Höhe von 5.953,10 € vor, so dass lediglich ein Teilbetrag von 1.546,90 Euro zurückzuzahlen sei.

Zum Beleg der ihr ihrer Auffassung nach zustehenden Förderung hat die Klägerin der Klageschrift Kopien einer Umsatzsteuervoranmeldung für das 2. Kalendervierteljahr 2021 sowie eines betriebswirtschaftlichen Kurzberichts der x für April bis Juni 2021 vorgelegt, der auch Daten für den Zeitraum Januar bis März 2021 enthält.

Soweit der Beklagte meine, der Förderbetrag sei auch in der eigentlich begründeten Höhe von 5.953,10 Euro zurück zu erstatten, weil der Beklagte im Verwaltungsverfahren zum letztmöglichen Zeitpunkt nicht habe feststellen können, ob die Fördervoraussetzungen vorgelegen hätten und der Vortrag der Klägerin im Klageverfahren verspätet sei, gehe dies fehl.

Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Artikel 3 Abs. 1 GG stehe der Klägerin unter den gleichen sachlichen Voraussetzungen wie den übrigen geförderten Personen und Unternehmen die begehrte Förderung zu, soweit die sachlichen Voraussetzungen vorlägen, auch wenn die Klägerin die entsprechenden Voraussetzungen für die Förderung im Verwaltungsverfahren noch nicht hinreichend dargelegt habe, sondern dies erst während des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens erfolgt sei.

Dass die Klägerin die notwendigen Daten und Informationen dem Beklagten nicht schon bis zum Ende des Verwaltungsverfahrens, sondern erst im Rahmen des Klageverfahrens habe zukommen lassen, sei unverschuldet gewesen, da die Klägerin keine Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen erhalten habe. Die Darlegungs- bzw. Beweislast für den Erhalt der Anfragen liege beim Beklagten.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

den Schluss-Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 27.01.2023 (AZ: ) aufzuheben/abzuändern, soweit der Antrag der Klägerin vom 29.10.2021 auf Endabrechnung über die Gewährung einer Neustarthilfe auf Grundlage von § 53 der Haushaltsordnung des Saarlandes (LHO), der dazugehörigen Verwaltungsvorschriften und der Richtlinien der Gewährung von Corona-Bundeshilfen für kleine und mittelständige Unternehmen in der jeweils gültigen Fassung für den beantragten Zeitraum Januar bis Juni 2021 abgelehnt, ein Anspruch auf Billigkeitsleistung nach Endabrechnung abschließend abgelehnt und die Rückzahlung der bisher aufgrund des vorläufigen Bewilligungsbescheids vom 21.02.2021 an die Klägerin vom Beklagten geleisteten Zahlungen in Höhe von 7.500 Euro angeordnet wurde,

den Beklagten zu verurteilen, auf den Antrag der Klägerin vom 29.10.2021 auf Endabrechnung hin der Klägerin eine endgültige Corona-Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständige Unternehmen in der jeweils gültigen Fassung für den Zeitraum Januar bis Juni 2021 als „Neustarthilfe“ in Höhe von 5.953,10 Euro endgültig zu gewähren und den von der Klägerin an den Beklagten zurückzuzahlenden Betrag aufgrund der aufgrund des vorläufigen Bewilligungsbescheids vom 21.02.2021 gewährten Leistungen auf 1.546,90 Euro festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Argumentation im angefochtenen Bescheid.

Bei der hier begehrten Corona-Überbrückungshilfe III handele es sich um eine Billigkeitsleistung. Ein Rechtsanspruch bestehe demnach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie.

Gemäß Ziff. 3 (1) i. V. m. Ziff. 2 (2), (3a) der Richtlinien für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen im Förderzeitraum November 2020 bis Juni 2021 („Corona-Überbrückungshilfe III") seien Soloselbständige nur dann antragsberechtigt, wenn sie wirtschaftlich am Markt tätig seien. Nicht wirtschaftlich am Markt tätig seien Unternehmen und Soloselbständige, die ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingestellt hätten. Werde der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb vor dem 30.06.2021 dauerhaft eingestellt, sei die Neustarthilfe gemäß Ziff. 5 (7) der Richtlinien zurückzuzahlen.

Vor dem Hintergrund der Rückmeldung der Finanzverwaltung sei der Beklagte insbesondere zur Prüfung angehalten gewesen, ob die Klägerin ihre soloselbständige bzw. gewerbliche Tätigkeit zum Zeitpunkt der Beantragung der vorläufigen Bewilligung der Neustarthilfe noch ausgeübt habe und damit antragsberechtigt gewesen sei bzw. ob sie ihre Tätigkeit vor dem 30.06.2021 aufgegeben habe und somit zur vollständigen Rückzahlung der gewährten Hilfe verpflichtet gewesen sei.

Mangels Mitwirkung habe der Beklagte dies nicht feststellen können, da seine Nachfragen nicht beantwortet worden seien. Zur Prüfung, ob die Klägerin ihre soloselbständige bzw. gewerbliche Tätigkeit vor der Beantragung der vorläufigen Festsetzung der Neustarthilfe am 20.02.2021 oder vor dem 30.06.2021 eingestellt habe, habe der Beklagte die Klägerin über das Antragportal erstmalig am 24.11.2022, in der Folge jeweils wegen Nichtbeantwortung erneut am 05.12.2022 und 15.12.2022 und letztmalig am 03.01.2023, verbunden mit dem Hinweis, dass bei Nichtbeantwortung mit einer Ablehnung zu rechnen sei, dazu aufgefordert mitzuteilen, wann der Geschäftsbetrieb eingestellt worden sei, die entsprechende Gewerbeabmeldung vorzulegen und die im Antrag angegebene Steuernummer auf Aktualität zu überprüfen. Über das Vorliegen der Nachfragen im Antragsportal, die Notwendigkeit, diese zu beantworten, sowie über die zur Beantwortung eingeräumte Frist von 10 Tagen sei die Klägerin jeweils taggleich per E-Mail an die von ihr im Antrag für Kommunikationszwecke angegebene E-Mail-Adresse xx informiert worden. Die Klägerin habe auf keine der vorgenannten Nachfragen geantwortet. Sie habe die angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt.

Das klägerische Vorbringen, keine Nachricht erhalten zu haben, sei nicht glaubhaft. Denn Benachrichtigungen, wonach die Nachfragen im elektronischen Portal zur Beantwortung innerhalb von 10 Tagen bereitstünden, seien an die von der Klägerin angegebene E-Mail-Adresse versandt worden. Dies sei dieselbe E-Mail-Adresse, über die die Klägerin die Benachrichtigung zum Vorliegen des Schluss-Ablehnungsbescheids erhalten habe.

Im Übrigen belege auch eine von der Klägerin am 13.05.2023 an den Vertreter des Beklagten abgesandte E-Mail, welcher am 09.05. bzw. am 13.05.2023 gefertigte Screenshots angefügt gewesen seien, dass die Klägerin über die Nachfragen des Beklagten sehr wohl unterrichtet worden sei.

So fänden sich in den Screenshots diejenigen E-Mails vom 24.11.2022 sowie 05.12.2022, die die Klägerin über das Vorliegen der entsprechenden Nachfragen im Antragsportal unterrichtet und sie dazu aufgefordert hätten, die Fragen innerhalb von 10 Tagen zu beantworten. Dass in den darüber hinaus angefügten Screenshots des Posteingangs ihres Elster-Portals keine Eingänge mit den Nachfragen des Beklagten zu finden seien, sei nicht weiter verwunderlich. Denn Nachfragen der hier in Rede stehenden Art würden grundsätzlich nicht im Elster-Portal eingestellt, sondern – wie vom Antragssystem vorgesehen – im Antragsportal und dort jeweils nach 10 Tagen geschlossen, so dass sie danach nicht mehr sichtbar seien. Die Benachrichtigungs-E-Mails vom 24.11.2022 sowie 05.12.2022 mit dem Betreff „Neue Nachfrage…“, die die Klägerin dem Beklagten am 13.05.2023 vorgelegt habe und die belegten, dass die Klägerin vom Vorliegen von Nachfragen des Beklagten im Antragsportal gewusst habe, verwiesen folgerichtig zur Beantwortung dieser Nachfragen auf das Antragsportal.

Das von der Klägerin vorgelegte, nach deren Auffassung in keinerlei Bezug zu ihrem Verfahren stehende Dokument im Elster-Portal (eine E-Mail von S. vom 25.11.2022) sei das Resultat eines Programmfehlers. Die im Rahmen der Endabrechnung erlassenen Schlussbescheide würden innerhalb der Antragsplattform auf Seiten der Bewilligungsstelle als „Anhänge der Sachbearbeitung“ abgelegt. Die Bescheide würden nach Erlass über eine Schnittstelle der Antragsplattform an das Elster-Portal übermittelt. Diese Übermittlung sei in einigen Fällen aufgrund technischer Probleme zunächst fehlgeschlagen, jedoch nach Behebung des Programmfehlers zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Da für die Bewilligungsstelle nicht vorhersehbar gewesen sei, zu welchem Zeitpunkt die Übermittlung an Elster erfolgreich abgeschlossenen sein würde, sei ersatzweise die Zustellung auf dem Postweg erfolgt. In den Fällen, in denen nach Erlass des Schlussbescheids durch die Bewilligungsstelle, aber vor der erfolgreichen Übermittlung des Bescheids an das Elster-Portal Anlagen im Portal eingestellt worden seien, habe die Antragsplattform - wie auch im Fall der Klägerin - den jeweils jüngsten „Anhang der Sachbearbeitung“ übermittelt.

Ihrer Mitwirkungspflicht nach § 26 Abs. 2 SVwVfG sei die Klägerin mithin nicht nachgekommen.

Der Beklagte habe daher als Folge der unterbliebenen Mitwirkung nicht feststellen können, ob die Klägerin dem Grunde nach antragsberechtigt gewesen sei. Dieser Kenntnisstand im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung sei dem materiellen Recht folgend für das Vorliegen der Antragsvoraussetzungen maßgeblich. Im Rahmen des Klageverfahrens erfolgender Vortrag zur Antragsberechtigung sei verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.

Da es der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln und der allgemeine Gleichheitssatz geböten, Förderanträge insbesondere immer dann abzulehnen, wenn das Vorliegen wesentlicher unabdingbarer Fördervoraussetzungen nicht festgestellt werden könne und der Beklagte in seiner ständigen Verwaltungspraxis solche Anträge grundsätzlich ablehne, sei der Antrag der Klägerin abgelehnt und der vorläufig bewilligte und an die Klägerin zur Auszahlung gebrachte Betrag in Höhe von 7.500,00 € zurückgefordert worden. Da die Bewilligung lediglich unter Vorbehalt erfolgt sei, ersetze der Schlussbescheid den Bescheid vom 21.02.2021, ohne dass es eines Aufhebungsaktes bedürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe 

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 27.01.2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Recht unter gleichzeitiger Ersetzung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 21.02.2021 den Antrag der Klägerin auf endgültige Gewährung der beantragten Neustarthilfe abgelehnt und die Klägerin zur Rückzahlung des bereits ausgezahlten Betrages in Höhe von 7.500,- € aufgefordert. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf endgültige Zuerkennung der von ihr in Höhe von 5.953,10 € begehrten Neustarthilfe (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).

Bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 21.02.2021 handelte es sich um einen sogenannten vorläufigen Verwaltungsakt.

Der Beklagte hat sich damit einer in Literatur und Rechtsprechung im Subventionsrecht allgemein anerkannten Regelungsweise bedient, die für Situationen entwickelt wurde, bei denen im Zeitpunkt des Erlasses des Zuwendungsbescheids eine tatsächliche Ungewissheit besteht.

Von einem vorläufigen Verwaltungsakt ist im Bereich der Zuwendungsgewährung auszugehen, wenn die Zuwendung unter dem Vorbehalt einer späteren abschließenden Entscheidung bewilligt wird. Ein solcher Bewilligungsbescheid ist in seinem Regelungsinhalt dahingehend eingeschränkt, dass der Begünstigte die Zuwendung zunächst nur vorläufig bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung behalten darf. Ob ein Anspruch auf das endgültige Behaltendürfen der Zuwendung besteht, hängt dagegen von dem Inhalt des abschließenden Bewilligungsbescheids, des Schlussbescheids, ab.

Ein Bedürfnis für eine solche lediglich vorläufige Regelung kann insbesondere dann bestehen, wenn zum Erlasszeitpunkt des vorläufigen Bescheids eine tatsächliche Unsicherheit besteht – etwa wie vorliegend hinsichtlich der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens der Klägerin im Bewilligungszeitraum (insbesondere der erzielten Umsätze), die naturgemäß erst nach dem Förderzeitraum ermittelt werden kann. Das Subventionsverhältnis wird dabei zunächst durch den Zuwendungsbescheid geregelt, der aber unter den Vorbehalt der späteren Festsetzung gestellt wird und damit auf eine Ergänzung durch einen weiteren Verwaltungsakt angelegt ist, durch den die Zuwendung in den offen gehaltenen Punkten abschließend geregelt werden sollte.

Der Vorbehalt endgültiger Regelung bewirkt, dass die Behörde die vorläufige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG gebunden zu sein. Bei einer späteren endgültigen Regelung durch einen Schlussbescheid bedarf es insoweit keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligung, da diese durch den Schlussbescheid ersetzt wird. Mit dem Erlass der endgültigen Festsetzung verliert die vorläufige Regelung ihre Wirksamkeit

Wie weit der Vorbehalt der endgültigen Regelung reicht und ob er die Bewilligung insgesamt oder nur Teilregelungen des ursprünglichen Bewilligungsbescheids umfasst, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch wenn die Behörde einen unter Vorbehalt gestellten Verwaltungsakt später durch einen Schlussbescheid ersetzt, so kommt eine inhaltlich abweichende Regelung im Schlussbescheid - außer in den Fällen der §§ 48, 49 VwVfG - nur in Betracht, wenn sie aus den Gründen ergeht, wegen derer die frühere Regelung unter Vorbehalt gestellt wurde.

Die Regelungen des ursprünglichen Bewilligungsbescheids unterliegen insoweit der Auslegung aus Sicht eines objektiven Empfängers entsprechend der §§ 133, 157 BGB. Das Gericht hat den Bewilligungsbescheid dahin zu erforschen, wie der Adressat ihn unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste.

Ausgehend von diesen Maßstäben ist der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 21.02.2021 eindeutig dahin zu verstehen, dass er die der Klägerin gewährte Förderung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nur vorläufig regelte, die endgültige Gewährung jedoch von der im Zeitpunkt des Erlasses des vorläufigen Bewilligungsbescheides noch ungewissen Entwicklung des Unternehmens der Klägerin während des (sechsmonatigen) Bewilligungszeitraums abhing und insoweit unter dem Vorbehalt einer nach dem Bewilligungszeitraum vorzunehmenden Endabrechnung stand.

So ist bereits im ursprünglich von der Klägerin am 20.02.2021 ausgefüllten Antragsformular auf die Verpflichtung zur Einreichung einer Endabrechnung, deren Maßgeblichkeit für die endgültige Gewährung der Neustarthilfe sowie die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer 3.4 der FAQ hingewiesen worden. Auch ist im Antrag wiederholt von einer zunächst erfolgenden bloßen „Vorschusszahlung“ die Rede.

Wörtlich heißt es im Antragsformular u.a.:

„Die/der Antragstellende darf die als Vorschuss ausgezahlte Neustarthilfe in voller Höhe behalten, wenn…Nach Ablauf des Förderzeitraums wird die Höhe der Neustarthilfe be[1]rechnet, auf die der Antragsteller endgültig Anspruch hat.“

sowie später

„Ich erkläre ausdrücklich, bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides eine Endabrechnung zu erstellen. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Neustarthilfe teilweise oder vollständig an die Bewilligungsstelle zurückzuzahlen ist, wenn sich der Zuschuss auf Grundlage der Endabrechnung teilweise oder vollständig als unberechtigt erweist. …“

Im zunächst ergangenen Bescheid vom 21.02.2021 heißt es darüber hinaus u.a.:

„Die Bewilligung und Auszahlung der Neustarthilfe ergeht unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung im Rahmen der Endabrechnung. Der Betrag verringert sich insbesondere, wenn …“ sowie „Die Endabrechnung ist bis zum 31.12.2021 über ein Online Tool…durchzuführen. … Im Rahmen der Endabrechnung wird die endgültige Förderhöhe der Neustarthilfe anhand des im Förderzeitraum Januar 2021 bis Juni 2021 realisierten Umsatzes berechnet. Sollte der in der Endabrechnung berechnete Förderbetrag geringer ausfallen als die bereits ausgezahlte Vorauszahlung, ist die Neustarthilfe (anteilig) zurückzuzahlen. …“

Handelte es sich demnach bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 21.02.2021 um einen vorläufigen Verwaltungsakt, ist der Schlussablehnungsbescheid vom 27.01.2023, mit dem unter Ersetzung des Bescheides vom 21.02.2021 die begehrte Neustarthilfe endgültig abgelehnt und die bereits geleistete Zahlung in Höhe von 7.500,00 € zurückgefordert wurde, rechtlich nicht zu beanstanden, da die Klägerin bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht dargelegt hat, zum Kreis der Zuwendungsberechtigten zu gehören.

Dabei ist von Folgendem auszugehen:

Bei Zuwendungen wie der Neustarthilfe handelt es sich um eine Billigkeitsleistung nach § 53 LHO (vgl. hierzu auch Ziffer I. Nr. 1 Abs. 1 der Richtlinien „Corona-Überbrückungshilfe III“), die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Hilfe begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinien im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. §§ 53, 23 und 44 LHO und Ziffer I. Nr. 1 Abs. 2 der Richtlinie). Die Richtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Ein Rechtsanspruch lässt sich nur – gestützt auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes - aus einer Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien herleiten. Für die gerichtliche Prüfung der Gewährung einer Billigkeitsleistung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist.

Richtlinien der hier in Rede stehenden Art dürfen nicht wie Gesetze oder Verordnungen gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten.

Bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, ist der Richtliniengeber weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Solange sich eine Regelung aber auf sachbezogene Gesichtspunkte stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden.

Sind die Fördervoraussetzungen zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG), im Einklang mit §§ 23 und 44 SHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die gerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob bei Anwendung der Richtlinien im Einzelfall der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder eine andere einschlägige Rechtsvorschrift verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist.

Entscheidend ist dabei – wie dargelegt -, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Nur entsprechend den vorgenannten Grund-sätzen kann im Einzelfall ein Anspruch auf Förderung bestehen.

Ausgehend davon steht der Klägerin nach der an den maßgeblichen Richtlinien ausgerichteten einschlägigen Verwaltungspraxis des Beklagten kein Anspruch auf Neustarthilfe zu. Denn sie hatte bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der abschließenden Behördenentscheidung nicht hinreichend dargelegt, antragsberechtigt gewesen zu sein.

Gemäß Ziff. 3 (1) i. V. m. Ziff. 2 (2), (3a) der Richtlinien für die Gewährung von Corona Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen im Förderzeitraum November 2020 bis Juni 2021 („Corona-Überbrückungshilfe III") sind Soloselbständige nur dann antragsberechtigt, wenn sie wirtschaftlich am Markt tätig sind. Nicht wirtschaftlich am Markt tätig sind Unternehmen und Soloselbständige, die ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingestellt haben. Wird der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb vor dem 30.06.2021 dauerhaft eingestellt, ist die Neustarthilfe gem. Ziff. 5 (7) der Richtlinien zurückzuzahlen. Gemäß Ziff. 8 (1) der Richtlinien obliegt die Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen der Bewilligungsstelle, die - soweit dafür erforderlich - entsprechende Unterlagen anfordert.

Vorliegend bot eine Mitteilung der Finanzverwaltung, wonach der Geschäftsbetrieb der Klägerin nach deren Erkenntnissen zwischenzeitlich eingestellt sei, dem Beklagten Anlass, insbesondere zu überprüfen, ob die Klägerin ihre gewerbliche Tätigkeit zum Zeitpunkt der Beantragung der vorläufigen Bewilligung der Neustarthilfe noch ausgeübt bzw. ob sie ihre Tätigkeit vor dem 30.06.2021 aufgegeben hatte.

Da wiederholte Nachfragen des Beklagten hierzu, welche am 24.11.2022, 05.12.2022, 15.12.2022 und 03.01.2023 in das Antragsportal eingestellt wurden, unbeantwortet blieben, hat die Klägerin es versäumt, bis zum Zeitpunkt der abschließenden Behördenentscheidung darzulegen, dass in ihrer Person sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung von Neustarthilfe vorlagen, so dass der Beklagte eine entsprechende Feststellung nicht hat treffen können und von daher die Gewährung von Neustarthilfe mit dem angefochtenen Schlussablehnungsbescheid zu Recht versagt hat.

Die von der Klägerin nach Bescheiderlass im Klageverfahren nachgeholten Angaben und vorgelegten Unterlagen rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Bescheides.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bzw. des Bestehens eines Zuwendungsanspruchs ist nämlich der Kenntnisstand des Beklagten zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Denn nach der geübten und dem Gericht aus zahlreichen weiteren Verfahren bekannten Verwaltungspraxis des Beklagten werden die Zuwendungsvoraussetzungen allein aufgrund der bis zur letzten behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet. Dem materiellen Recht folgend, das hier durch die Vollzugshinweise und FAQ sowie deren Anwendung durch den Beklagte in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist daher auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung abzustellen. Die Vorlage neuer Unterlagen oder neuer Tatsachenvortrag im Klageverfahren ist danach nicht zur berücksichtigen.

Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen.

Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, konnte und musste auch im Rahmen der konkreten Behördenentscheidung nicht berücksichtigt werden, so dass entscheidungsrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden. Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin im Rahmen des Zuwendungsantrags, insbesondere von der Mitteilung und Substanziierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Insoweit trifft jeden Antragsteller im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens eine zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (§ 26 Abs. 2 SVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben.

Von daher ist unerheblich, ob nach den von der Klägerin erstmals im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen eine Bewilligung der begehrten Neustarthilfe in Betracht gekommen wäre.

Soweit die Klägerin geltend macht, die vorgenannten Anfragen des Beklagten nicht erhalten zu haben, ergibt sich daraus nichts Anderes. Den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass die vom Beklagten genannten Anfragen am jeweiligen Tag in das Antragsportal eingestellt wurden und die Klägerin hierüber taggleich über die von der Klägerin zu Kommunikationszwecken angegebene E-Mail-Adresse informiert wurde. Dass die Klägerin jedenfalls die an ihre E-Mail-Adresse gerichteten Mitteilungen vom 24.11.2022 und 05.12.2022 erhalten hat, ergibt sich bereits aus den von ihr selbst gefertigten, mit E-Mail vom 13.05.2023 an Herrn x vom Beklagten übermittelten Screenshots. Da nicht erkennbar ist, aus welchen Gründen die Klägerin die Benachrichtigungen vom 15.12.2022 und 03.01.2023 nicht erhalten haben sollte, kann – unabhängig davon, ob der Zugang dieser weiteren Benachrichtigungen überhaupt entscheidungserheblich ist - davon ausgegangen werden, dass ihr auch diese zugegangen sind. Dass die Klägerin die ins Antragsportal eingestellten konkreten Anfragen nicht zur Kenntnis genommen hat, ist – ausgehend vom eigenen Vorbringen der Klägerin, wonach sie im Elster-Portal entsprechende Anfragen nicht hat finden können – offensichtlich darauf zurückzuführen, dass die Klägerin der Auffassung war, dass der „komplette Kontakt“ über das Elster-Portal erfolgen sollte und demzufolge im falschen Portal, nämlich im Elster statt im Antragsportal für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe nachgesehen hat. Dies ist allein der Klägerin zuzurechnen.

Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Elster-Portal im fraglichen Zeitraum fehlerbehaftet gewesen sei, was schon daran erkennbar sei, dass ihr auch der Schlussablehnungsbescheid nicht über das Elster-Portal habe zugestellt werden können, sie vielmehr dort eine Mail vorgefunden habe, die mit ihren Angelegenheiten nichts zu tun gehabt habe. Zwar hat der Beklagte eingeräumt, dass eine Zustellung von Coronahilfebescheiden über das Elsterportal im fraglichen Zeitraum vorübergehend gestört gewesen sei, weshalb die entsprechenden Bescheide – wie im Falle der Klägerin – postalisch zugestellt worden seien. Dies betraf nach den überzeugenden Darlegungen des Beklagten aber lediglich eine Schnittstelle zur Einstellung der Bescheide im Elster-Portal, wohingegen nach Angaben des Beklagten das Antragsportal ansonsten ordnungsgemäß funktionierte. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass über die Schnittstellenproblematik hinaus auch die Kommunikation im Antragsportal gestört gewesen wäre, lassen sich weder dem Vorbringen der Klägerin entnehmen noch sind solche sonst erkennbar. Auch vermochte der Beklagte nachvollziehbar darzulegen, wie es zu der von der Klägerin im Elster-Portal vorgefundenen E-Mail vom 25.11.2022 kam, die zwar in Zusammenhang auch mit dem Antragsverfahren der Klägerin stand, aber zugegebenermaßen für die Klägerin ohne Erläuterung nicht verständlich war. Dass im Zeitraum von November 2022 bis Januar 2023 die Kommunikation über das Antragsportal gestört gewesen sein könnte, lässt sich weder aus dem Vorfinden der E-Mail im Elster-Portal ableiten noch deren Inhalt entnehmen.

Als Folge der unterbliebenen Beantwortung der Nachfragen des Beklagten konnte dieser nicht abschließend feststellen, ob die Klägerin alle Voraussetzungen für die Gewährung von Neustarthilfe erfüllte, also dem Grunde nach antragsberechtigt war und hat demzufolge im Schlussbescheid unter Ersetzung des vorläufigen Bescheides vom 21.02.2021 die Gewährung von Neustarthilfe abgelehnt. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass diese Vorgehensweise der – dem Gericht auch aus zahlreichen anderen Verfahren bekannten - ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten entspricht.

Soweit die Klägerin vorsorglich den gesamten Sachvortrag des Beklagten, der sich ihrer eigenen Wahrnehmung bzw. Kenntnis entziehe, mit Nichtwissen bestreitet, vermag dies die vom Beklagten dargelegte Verwaltungspraxis nicht in Frage zu stellen. Ein einfaches Bestreiten oder ein Bestreiten mit Nichtwissen der vom Beklagten dargelegten Verwaltungspraxis genügt als solches nicht. Vielmehr bedürfte es insoweit der Darlegung nachvollziehbarer, Anlass zu Zweifeln bietender Gründe, welche von der Klägerin jedoch nicht dargetan wurden. Insbesondere hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass anderen Unternehmen, die zur Beurteilung der Sachlage erforderliche Unterlagen verspätet vorgelegt haben, die Billigkeitsleistung gewährt worden wäre. Dies ist auch dem erkennenden Gericht nicht bekannt.

Demnach ist die im Schlussbescheid erfolgte abschließende Versagung der Neustarthilfe rechtlich nicht zu beanstanden. Da die Bewilligung lediglich unter Vorbehalt erfolgt war, ersetzt der Schlussbescheid den Bescheid vom 21.02.2021, ohne dass es eines gesonderten Aufhebungsaktes bedarf.

Gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 SVwVfG, war der Beklagte des Weiteren berechtigt, den bereits als Vorschuss ausgezahlten Betrag von 7.500 € zurückzufordern. Nach der vorgenannten Vorschrift sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung bzw. – wie hier – einer Schlussabrechnung unwirksam geworden ist.

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. 88 Für eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO besteht kein Anlass.

Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 3 und 63 Abs. 2 GKG auf 5.953,10 € festgesetzt. -

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Verwaltungsgericht Würzburg

Urteil vom 26. Juli 2021

Az.: W 8 K 20.2031

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wehrt sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Gewährung einer Überbrückungshilfe gemäß der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen - Phase 1 (Überbrückungshilfe I) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 7. Juli 2020, die zuletzt durch Bekanntmachung vom 5. Oktober 2020 geändert worden ist (in der Folge: Richtlinie) und begehrt die Neuverbescheidung seines Antrags unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts.

1. Am 5. Oktober 2020 beantragte der Kläger online die Gewährung der Überbrückungshilfe nach dem Überbrückungshilfeprogramm des Bundes. In dem elektronischen Antragsformular gab er an, in der Branche Rechtsanwaltskanzleien ohne Notariat in der Rechtsform des Einzelunternehmens tätig zu sein und sich zum 31. Dezember 2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden zu haben. Die gewichtete Summe der Mitarbeiter belaufe sich auf 4,6. Die zu fördernden Fixkosten wurden für Juni 2020 mit 0,00 EUR, für Juli 2020 mit 1.653,63 EUR und für August 2020 mit 9.209,75 EUR beziffert. Die maximale Förderhöhe wurde mit 7.598,75 EUR berechnet.

Mit Bescheid vom 11. November 2020 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Überbrückungshilfe nach der Richtlinie ab.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß der Richtlinie könne die Überbrückungshilfe gemäß Ziffer 6.1 nur von einem vom Antragsteller beauftragten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder Rechtsanwalt gestellt werden. Nach Ziffer 3.3 der FAQs des Bundes sei eine Antragstellung des prüfenden Dritten für sich selbst jedoch ausgeschlossen. Nachdem der Kläger den Antrag für sich selbst gestellt habe, seien die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe nicht erfüllt. Es entspreche daher der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, seinen Antrag abzulehnen. Gründe, die gegen diese Entscheidung sprächen oder eine ausnahmsweise Abweichung von der regelmäßigen Entscheidungspraxis begründen würden, seien nicht ersichtlich.

2. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger Klage gegen den ablehnenden Bescheid erheben.

Zur Klagebegründung ließ der Kläger vortragen: Der ansonsten begründete Antrag sei nur deswegen abgewiesen worden, da die Beklagte einen Ausschluss in Punkt 3.3 ihrer FAQs formuliert haben wolle. Eine Rechtsgrundlage für die Verbescheidung sei aber ausschließlich der gesetzlichen Grundlage zu entnehmen. Es sei darin aber kein Ausschluss ersichtlich, wonach ein Rechtsanwalt nicht für sich selbst beantragen könnte. Auch sei der Punkt der FAQ nicht bekannt gewesen, so dass vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt werde. Im Übrigen wäre ein entsprechend normierter Ausschluss auch verfassungswidrig, da dieser u.a. die Berufsausübungsfreiheit rechtswidrig einschränken würde. Soweit die Behörde hier die FAQs deswegen verfasst haben möge, um etwaige Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit von Angaben in eigener Sache zu machen, so übersehe dies, dass im Laufe des Gesetzgebungsprozesses auch Anwälte als Antragssteller hinzugefügt worden seien. Vorab seien nur Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ermächtigt gewesen. Im Gegensatz zu Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern würden Anwälte wie der Kläger gem. § 3 StBerG nicht nur über die Erlaubnis einer geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen verfügen, sondern seien als Anwälte gleichzeitig Organe der Rechtspflege gem. § 1, § 3 Abs. 1 BRAO. Insofern spreche bereits die Vermutung des Zutreffens für Angaben in eigener Sache. Auch sei per E-Mail vom 27. November 2020 im Rahmen der Klagefrist angeboten worden, durch Neuabgabe durch einen anderen Rechtsanwalt den angeblichen Ablehnungsgrund zu heilen, da die Behörde innerhalb der Klagefrist hätte für Abhilfe sorgen dürfen. Hierauf habe der Kläger jedoch keine Rückmeldung erhalten.

Mit weiterem Schriftsatz vom 21. Juli 2021 ließ der Kläger vorbringen, er habe am 27. November 2020, 11:11 Uhr, an die Beklagte eine E-Mail gesendet. In dieser habe er mitgeteilt, dass er gerne erfahren würde, inwiefern eine Abhilfe durch Neuabgabe den nach Meinung der Beklagten vorliegenden Ablehnungsgrund (Verstoß gegen FAQ) heile, da eine Behörde innerhalb der Klagefrist für Abhilfe sorgen dürfe und damit ein Klageverfahren umgangen werden könne. Wie sich nunmehr am heutigen Tage zufällig herausgestellt habe, sei der Vortrag, wonach die E-Mail des Beklagten unbekannt sei, auch wahrheitswidrig. Im SPAM-Ordner habe der Kläger nunmehr die entsprechende Antwort einer Referentin der Beklagten ausfindig machen können. Diese habe mit E-Mail vom 30. November 2020, 17:22 Uhr, geantwortet: Als Rechtsmittel gegen einen ablehnenden Bescheid zur Überbrückungshilfe stehe die Klage zum Verwaltungsgericht zur Verfügung. Eine erneute Überprüfung außerhalb des Klageverfahrens finde nicht statt. Unabhängig davon bestehe bis zum Ablauf des heutigen Tages bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen die Möglichkeit zum Stellen von Änderungsanträgen.

Die Beklagte führte mit Schriftsatz vom 13. Januar 2021 zur Klageerwiderung im Wesentlichen aus: Der Antrag des Klägers erfülle nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Überbrückungshilfe, da der Kläger den Antrag für sich selbst, ohne einen sogenannten prüfenden Dritten gestellt habe. Gemäß Ziffer 6.1 der Richtlinie könne die Überbrückungshilfe nur von einem vom Antragsteller beauftragten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder Rechtsanwalt gestellt werden. Nach Ziffer 3.3 der FAQ des Bundes sei eine Antragstellung ohne prüfenden Dritten für sich selbst ausgeschlossen. Bei der Corona-Überbrückungshilfe handele es sich um eine Billigkeitsleistung, auf die grundsätzlich kein Rechtsanspruch bestehe. Ein Anspruch könne im Einzelfall allenfalls über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann bestehen, wenn die in der Richtlinie dargelegten Fördervoraussetzungen vorlägen. Der Kläger erfülle jedoch ohne Hinzuziehung eines prüfenden Dritten die einschlägigen Fördervoraussetzungen gerade nicht. Im Übrigen sei es auch nicht zu beanstanden und durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt, dass für die Beantragung der Überbrückungshilfe ein sogenannter prüfende Dritter hinzugezogen werden müsse. Denn das auf Schnelligkeit angelegte Masseverfahren sei darauf angelegt, dass eine inhaltliche Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben durch die Bewilligungsstelle im Regelfall nicht erfolge. Vielmehr werde diese inhaltliche Prüfung an den hinzugezogenen prüfenden Dritten übertragen, der zum einen beruflich besonders für eine solche Überprüfung qualifiziert sei und zum anderen für die korrekte Antragstellung hafte. Diese Prüffunktion wäre nicht gewährleistet, würde auch eine Antragstellung in eigener Sache akzeptiert. Der Kläger sei im Antragsverfahren durch Rückfrage der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass der Antrag ohne Hinzuziehung eines prüfenden Dritten abgelehnt werden würde. Es hätte für den Kläger jederzeit, auch noch bis zum Ablauf der Frist für Änderungsanträge mit dem 30. November 2020 die Möglichkeit bestanden, nachträglich einen prüfenden Dritten hinzuziehen. Dies habe der Kläger nicht getan. Sein Antrag sei daher abzulehnen gewesen. Eine E-Mail des Klägers vom 27. November 2020 sei der Beklagten nicht bekannt und auch nicht vom Kläger vorgelegt worden. Vorsorglich werde noch darauf hingewiesen, dass eine nachträgliche Bestätigung des Antragsinhalts durch einen prüfenden Dritten jetzt im Klageverfahren von der Beklagten nicht akzeptiert werden könne, da bei der Gewährung von Billigkeitsleistungen auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen sei. Außerdem seien Förderregularien von allen Antragstellern einzuhalten, um eine Gleichbehandlung zu gewährleisten.

3. In der mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2021 beantragte der Kläger:

Der Bescheid vom 11. November 2020, Az: EAR-296122, wird aufgehoben und der Beklagten aufgegeben den Antrag vom 5. Oktober 2020 auf Überbrückungshilfe unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Der Beklagtenbevollmächtigte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Hs. 2 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 11. November 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Neubescheidung seines Antrags auf die begehrte Corona-Überbrückungshilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Gewährung einer Corona-Überbrückungshilfe gemäß der Richtlinie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Bei Billigkeitsleistungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige staatliche Maßnahmen. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Überbrückungshilfe begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Billigkeitsleistung auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinie im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der dafür im Haushaltsplan besonders zur Verfügung gestellten Ausgabemittel (Art. 53 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie. Die Richtlinie begründet als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfaltet erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zweck der Billigkeitsleistung gebunden, wie ihn der Geber der Leistung versteht. Für die gerichtliche Prüfung der Gewährung einer Billigkeitsleistung gelten deshalb dieselben Grundsätze wie für Zuwendungen, die ebenfalls auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO) erfolgen. Entscheidend für die gerichtliche Prüfung ist, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - BayVBl 2020, 365 - juris Rn. 26; U.v. 28.10.1999 - 19 B 96.3964 - juris Rn. 59; VG München, U.v. 19.11.2009 - M 15 K 07.5555 - juris Rn. 30). Ein Anspruch auf die Billigkeitsleistung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in der Richtlinie dargelegten Voraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Verwaltungspraxis der Beklagten auch positiv verbeschieden werden (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26; vgl. auch ausführlich VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 - W 8 K 19.1546 - juris sowie B.v. 18.6.2020 - W 8 E 20.736 - juris).

Dabei dürfen solche Richtlinien nicht - wie Gesetze oder Verordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BayVGH, B.v. 18.5.2020 - 6 ZB 20.438 - juris). Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie auch grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Richtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 - 3 C 111/79 - juris).

Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Billigkeitsmaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, kommt es damit nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.2015 - 4 BV 15.1830 - juris Rn. 42 m.w.N.). Die Beklagte bestimmt im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben sie der Billigkeitsleistung zuordnet. Insoweit hat sie auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689 - juris Rn. 19 m.w.N.), so dass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde.

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung der Voraussetzungen der Gewährung der Überbrückungshilfe ist des Weiteren nicht der Zeitpunkt der Antragstellung durch den Kläger und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dem materiellen Recht folgend, dass hier vor allem durch die Richtlinie und deren Anwendung durch die Beklagte in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist vielmehr auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2020 - 6 ZB 20.438 - juris m.w.N.), so dass neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren irrelevant wären (vgl. VG Weimar, U.v. 17.9.2020 - 8 K 609/20 - juris Rn. 26; VG München, B. v. 25.6.2020 - M 31 K 20.2261 - juris Rn. 19; siehe auch VG Würzburg, U.v. 8.2.2021 - W 8K 20.1180 - juris Rn 27 u. 50 zu Stichtagsregelung bei Baukindergeld).

Die Richtlinie setzt Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regelt insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Wie oben bereits ausgeführt hat das Gericht nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien (vgl. SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 - 2 A 480/17 - juris; OVG SH, U.v. 17.5.2018 - 3 LB 5/15 - juris; OVG NW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris; HessVGH, U.v. 28.6.2012 - 10 A 1481/11 - juris).

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 32). Geboten ist so eine bayernweit gleichmäßige und willkürfreie Mittelverteilung. Nicht erlaubt ist eine uneinheitliche und damit objektiv willkürliche Förderpraxis (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 - 4 B 13.727 - DVBl 2013, 1402). Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. VG Köln, G.v. 17.8.2015 - 16 K 6804/14 - juris m.w.N.; siehe auch VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 - W 8 K 19.1546 - juris).

Aufgrund des freiwilligen Charakters der Hilfen und dem weiten Ermessen des Gebers bei der Aufstellung von Richtlinien zur Gewährung von Hilfen, ist eine entsprechende Nachprüfung nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Hilfeempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 - 10 C 1/17 - juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 - M 31 K 19.203 - juris Rn. 15).

Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 27. Aufl. 2021, § 114 Rn. 41 ff.).

So dürfen im Einzelfall keine sachlichen Gründe für das Abweichen von der Behördenpraxis bestehen. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften dürfen nur für den Regelfall gelten und müssen Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle lassen. Ein derartiger atypischer Fall ist dann gegeben, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweist, deren Besonderheiten von der ermessenslenkenden Vorschrift nicht hinreichend erfasst und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten (OVG NW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris).

Mangels gesetzlicher Anspruchsgrundlage steht dem Kläger demnach nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu. Bei der dem Gericht gemäß § 114 VwGO beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung ist der ablehnende Bescheid vom 11. November 2020 im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insbesondere den Rahmen, der durch die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung gezogen wurde, eingehalten, und insbesondere das Willkürverbot und das Gebot des Vertrauensschutzes nicht verletzt.

Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen und rechtlichen Vorgaben ist festzustellen, dass es der Förderpraxis der Beklagten entspricht, für einen wirksamen Antrag auf eine Antragstellung durch einen prüfenden Dritten abzustellen, wobei die Antragstellung des prüfenden Dritten für sich selbst jedoch ausgeschlossen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in anderen vergleichbaren Fällen anders verfahren wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Zwar ist der Kläger als rechtsanwaltliches Unternehmen grundsätzlich antragsberechtigt nach Nr. 2.1 der Richtlinie. Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung nach Nr. 6.1 der Richtlinie, wonach die Antragstellung ausschließlich elektronisch von einem vom Antragsteller beauftragten Steuerberater, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer (prüfenden Dritten) erfolgt. Nähere Hinweise hierzu finden sich in den FAQ zur "Corona-Überbrückungshilfe I für kleine und mittelständische Unternehmen" - im Folgenden "FAQ" (abrufbar unter https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/UBH/Redaktion/DE/FAQ/FAQs/faq-liste-01.html), die nach dem Vortrag des Beklagtenbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung auch als interne Verwaltungsvorschrift dienen. Nach Nr. 3.1 dieser FAQ ist der Antrag zwingend durch einen prüfenden Dritten im Namen des Antragsstellers einzureichen. Eine Antragsstellung ohne prüfenden Dritten ist nicht möglich. Nach Nr. 3.3 der FAQ ist die Antragstellung eines prüfenden Dritten für sich selbst ausgeschlossen.

Der Kläger hat seinen Antrag vom 5. Oktober 2020 jedoch für sich selbst und nicht durch einen prüfenden Dritten stellen bzw. bestätigen lassen.

Die Beklagte hat in der Klageerwiderung nachvollziehbar ausgeführt, dass das auf Schnelligkeit angelegte Masseverfahren darauf angelegt sei, dass eine inhaltliche Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben durch die Bewilligungsstelle im Regelfall nicht erfolge. Vielmehr werde diese inhaltliche Prüfung an den hinzugezogenen prüfenden Dritten übertragen, der zum einen beruflich besonders für eine solche Überprüfung qualifiziert sei und zum anderen für die korrekte Antragstellung hafte. Diese Prüffunktion wäre nicht gewährleistet, würde auch eine Antragstellung in eigener Sache akzeptiert.

Aus Nr. 6.2 Satz 4 der Richtlinie ergibt sich damit übereinstimmend, dass der mit der Durchführung der Antragstellung beauftragte prüfende Dritte die Angaben des Antragstellers zu Identität und Antragsberechtigung des Antragstellers und insbesondere die Plausibilität der Angaben nach Satz 2 (Umsatzrückgang, Prognose der Höhe der betrieblichen Fixkosten und der voraussichtlichen Umsatzentwicklung für den jeweiligen Leistungsmonat) bestätigen muss. Wie oben bereits ausgeführt, darf eine gerichtliche Auslegung der einschlägigen Richtlinie nicht erfolgen. Das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, "prüfender Dritter" sei als Oberbegriff zu verstehen und damit nach der Richtlinie eine Antragstellung für sich selbst möglich, stellt jedoch eine solche unzulässige Auslegung dar und kann hier folglich dahinstehen. Nach Nr. 7.1 Satz 2 der Richtlinie darf die Bewilligungsstelle auf die vom prüfenden Dritten im Antrag gemachten Angaben vertrauen, soweit es keine Anhaltspunkte für Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit der Angaben gibt. Der Beklagtenbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend dargelegt, dass dieses Verfahren in Bezug auf die Antragstellung ein hohes Maß an Objektivität und die Freiheit von Konflikten erfordere, während es bei der Antragstellung "für sich selbst" ein gewisses Konfliktpotential gebe.

Die dargestellte Verwaltungspraxis begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist insbesondere ermessensfehler- und willkürfrei.

Die Beklagte hat vorliegend zum Ausdruck gebracht, dass es der ständigen Verwaltungspraxis entspricht, dass prüfende Dritte für sich selbst keinen Antrag stellen können. Auch vor dem Hintergrund von § 1 BRAO, wonach der Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist, und § 3 Abs. 1 BRAO, wonach der Rechtsanwalt der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten ist, ist eine derartige Verwaltungspraxis jedenfalls nicht willkürlich, da hierfür sachgerechte und vertretbare Gründe von der Beklagten vorgebracht wurden.

Zwar ist im deutschen Recht z.B. im Verfahren vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit die anwaltliche Selbstvertretung grundsätzlich zulässig (vgl. § 68 Abs. 4 Satz 8 VwGO). Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass dies auch im Rahmen der Antragstellung für eine Billigkeitsleistung gelten muss. So ist etwa auch im Strafrecht die Selbstbestellung zum Verteidiger in eigener Sache im Rahmen eines Strafverfahrens ausgeschlossen (BeckOK StPO, 39. Ed. 1.1.2021, Wessing § 138 Rn. 7 und Krawczyk § 140 Rn. 3) und im europäischen Unionsrecht ist eine Selbstvertretung von Anwälten vor den Unionsgerichten grundsätzlich nicht möglich (Wägenbaur, EuGH VerfO, 2. Aufl. 2017; Art. 19 Rn. 8; Groeben, von der /Schwarze/Wolfgang Rosch, EuGH-Satzung, 7. Aufl. 2015, Art. 19 Rn. 13; vgl. EuG, B.v. 8.12.1999 - T-79/99 - juris Rn. 27 ff.).

Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Richtlinie bestehen damit unter Berücksichtigung dieser Ausführungen keine triftigen Anhaltspunkte. Der Ausschluss der Selbstvertretung des prüfenden Dritten dient der Beschleunigung des Bewilligungsverfahrens. Der Kläger wird so nicht anders behandelt als andere Antragsteller, die ebenfalls grundsätzlich prüfende Dritte sein können. Infolgedessen liegt auch keine Ungleichbehandlung, sondern eine Gleichbehandlung wie in vergleichbaren Fällen vor. Abgesehen davon gäbe es keine Gleichheit im Unrecht.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts nach Art. 12 GG. Ein Eingriff wäre nämlich jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gegeben sind. Dies ist hier - wie bereits dargelegt - der Fall.

In der vorliegenden Konstellation ist kein atypischer Ausnahmefall gegeben, der eine abweichende Entscheidung des Beklagten hätte gebieten müssen (vgl. OVG NRW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris), weil der konkrete Sachverhalt keine außergewöhnlichen Umstände aufweist, die von der Richtlinie und der darauf basierenden Verwaltungspraxis nicht erfasst werden und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten. Denn das von der Beklagten praktizierte durchgängige Abstellen auf die Antragstellung durch einen vom Antragsteller verschiedenen prüfenden Dritten ist keine atypische Besonderheit, die eine abweichende Behandlung gebietet, sondern gängige Praxis in einer typischen Fallkonstellation. So liegt kein atypischer Ausnahmefall vor, sondern eine Fallgestaltung, die offenkundig häufiger vorkommt und nach der Ausgestaltung des praktizierten Bewilligungsverfahrens nicht zu einer Gewährung der Billigkeitsleistung führen soll.

Ferner hat der Kläger keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die am 30. November 2020 abgelaufene Frist für Änderungsanträge nach Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG.

Es ist schon fraglich, ob auf durch Verwaltungsvorschriften festgelegte Fristen trotz des eindeutigen Wortlautes des Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG ("gesetzliche Frist") in analoger Anwendung die Grundsätze der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand überhaupt zur Anwendung kommen können (ausdrücklich offen gelassen BayVGH, B.v. 17.12.2009 - 3 CE 09.2494 - juris; VG Ansbach, U.v.1.12.2020 - AN 3 K 19.02073 - juris Rn. 45 f.). Dies wäre allenfalls denkbar, wenn es - anders als hier - eine entsprechende Verwaltungspraxis mit Selbstbindung der Bewilligungsstelle gäbe (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Auflage 2020, § 32 Rn. 7 ff. u. 16).

Unabhängig davon lagen die Voraussetzungen für die Gewährung von einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 32 BayVwVfG nicht vor. Danach ist der Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses unter Glaubhaftmachung der Hinderungsgründe zu stellen, wobei die versäumte Handlung innerhalb der Antragsfrist nachzuholen ist, Art. 32 Abs. 2 BayVwVfG. Der Kläger trägt in der Klageschrift vor, der Punkt der FAQ zum Ausschluss der Selbstvertretung sei nicht bekannt gewesen, so dass vorsorglich Wiedereinsetzung beantragt werde. Der Kläger wurde jedoch bereits über die Onlineplattform am 6. November 2020 auf die fehlende Antragstellung durch einen prüfenden Dritten hingewiesen und spätestens mit Zugang des streitgegenständlichen Bescheids. Die Frist für Änderungsanträge bis zum 30. November 2020 war dem Kläger selbst bei Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger die E-Mail der Beklagten vom 30. November 2020 erst am 21. Juli 2021 im SPAM Ordner ausfindig gemacht hat, spätestens mit Zusendung der Klageerwiderung vom 13. Januar 2021 bekannt. Eine Nachholung in Form der Antragstellung durch einen prüfenden Dritten ist jedoch weder bislang noch innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses erfolgt.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

VERWALTUNGSGERICHT DES SAARLANDES

Urteil vom 6. Dez. 2023

1 K 467/23

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Mit Bescheid vom 21.02.2021 bewilligte der Beklagte der Klägerin auf deren Antrag vorläufig Corona-Überbrückungshilfe III in der Form der Betriebskostenpauschale (Neustarthilfe) in Höhe von 7.500 €.

Die Klägerin beantragte am 29.10.2021 die endgültige Festsetzung.

Im Rahmen der systemseitigen Prüfungsroutine fand ein automatisierter Abgleich der Daten des Antrags mit dem Datenbestand der Finanzverwaltung statt, welcher einen Hinweis auf eine Geschäftsaufgabe ergab. Daraufhin forderte der Beklagte die Klägerin im Antragsportal auf mitzuteilen, wann der Geschäftsbetrieb eingestellt wurde, die entsprechende Gewerbeabmeldung vorzulegen und die im Antrag angegebene Steuernummer auf Aktualität zu überprüfen. Seitens der Klägerin erfolgte keine Reaktion.

Mit Schluss-Ablehnungsbescheid vom 27.01.2023 hat der Beklagte sodann den Antrag vom 29.10.2021 auf endgültige Gewährung der beantragten Neustarthilfe unter gleichzeitiger Ersetzung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 21.02.2021 abgelehnt und die Klägerin zur Rückzahlung der an sie ausgezahlten 7.500 € aufgefordert. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, dass die Sachverhaltsangaben der Klägerin zu ihrem Antrag auf Endabrechnung unvollständig seien. Die Klägerin sei mit Anfragen vom 24.11.2022, 05.12.2022, 15.12.2022 und 03.01.2023 gebeten worden, ihre Unterlagen zu komplettieren. Auch sei sie auf ihre Mitwirkungspflicht im Antragsverfahren gemäß § 26 Abs. 2 S VwVfG hingewiesen worden. Da sie die erforderlichen Sachverhaltsangaben nicht eingereicht habe, sei sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln gebiete es, Förderanträge abzulehnen, wenn wesentliche unabdingbare Fördervoraussetzungen nicht vorlägen bzw. nicht nachgewiesen seien, was in gleichgelagerten Fällen ebenfalls stets zur Ablehnung der Anträge führe.

Der Bescheid wurde der Klägerin am 08.03.2023 postalisch zugestellt.

Am 23.03.2023 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben.

Sie macht geltend, entgegen dem angefochtenen Bescheid die darin erwähnten Anfragen zu Sachverhaltsangaben zu ihrem Antrag auf Endabrechnung vom 24.11.2022, 05.12.2022, 15.12.2022 und 03.01.2023 nicht erhalten zu haben. Sowohl die Antragstellung als auch der komplette Kontakt und Schriftverkehr mit Ausnahme der förmlichen postalischen Zustellung des angefochtenen Bescheids vom 27.01.2023 sei über das Elster-Portal erfolgt bzw. hätte über dieses erfolgen sollen. Die Klägerin habe die vom Beklagten behaupteten Anfragen jedoch weder über das Elster-Portal noch sonst erhalten. Sie habe ihr Elster-Portal fortlaufend kontrolliert. Eigentlich hätte auch der angefochtene Bescheid über das Elster-Portal zugestellt werden sollen. Dies sei jedoch ebenfalls nicht geschehen. Die Klägerin habe über das Elster-Portal nur lediglich eine Konsensmitteilung erhalten, wonach sie verpflichtet sei, erfolgte Auszahlungen und Rückzahlungen an die für sie zuständige Finanzbehörde zu melden. Darüber hinaus habe sie eine Benachrichtigung vom 27.01.2023 erhalten, wonach im Elster-Portal ein Bescheid zu ihrem Antrag zum elektronischen Abruf bereitstehe. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Im Elster-Portal seien vielmehr offenkundig Falschmitteilungen eingestellt gewesen, die überhaupt nichts mit der Klägerin zu tun gehabt hätten. Das Elster-Portal habe offensichtlich fehlerhaft gearbeitet.

Da die Klägerin die vom Beklagten angegebenen Anfragen nicht erhalten habe, habe sie auch nicht gegen Mitwirkungspflichten verstoßen.

Nach den von ihr im Antrag auf Endabrechnung gemachten, zur Beurteilung der Gewährung der Förderung ausreichenden Angaben lägen in ihrem Fall die Voraussetzungen für die Gewährung einer Förderung in Höhe von 5.953,10 € vor, so dass lediglich ein Teilbetrag von 1.546,90 Euro zurückzuzahlen sei.

Zum Beleg der ihr ihrer Auffassung nach zustehenden Förderung hat die Klägerin der Klageschrift Kopien einer Umsatzsteuervoranmeldung für das 2. Kalendervierteljahr 2021 sowie eines betriebswirtschaftlichen Kurzberichts der x für April bis Juni 2021 vorgelegt, der auch Daten für den Zeitraum Januar bis März 2021 enthält.

Soweit der Beklagte meine, der Förderbetrag sei auch in der eigentlich begründeten Höhe von 5.953,10 Euro zurück zu erstatten, weil der Beklagte im Verwaltungsverfahren zum letztmöglichen Zeitpunkt nicht habe feststellen können, ob die Fördervoraussetzungen vorgelegen hätten und der Vortrag der Klägerin im Klageverfahren verspätet sei, gehe dies fehl.

Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Artikel 3 Abs. 1 GG stehe der Klägerin unter den gleichen sachlichen Voraussetzungen wie den übrigen geförderten Personen und Unternehmen die begehrte Förderung zu, soweit die sachlichen Voraussetzungen vorlägen, auch wenn die Klägerin die entsprechenden Voraussetzungen für die Förderung im Verwaltungsverfahren noch nicht hinreichend dargelegt habe, sondern dies erst während des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens erfolgt sei.

Dass die Klägerin die notwendigen Daten und Informationen dem Beklagten nicht schon bis zum Ende des Verwaltungsverfahrens, sondern erst im Rahmen des Klageverfahrens habe zukommen lassen, sei unverschuldet gewesen, da die Klägerin keine Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen erhalten habe. Die Darlegungs- bzw. Beweislast für den Erhalt der Anfragen liege beim Beklagten.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

den Schluss-Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 27.01.2023 (AZ: ) aufzuheben/abzuändern, soweit der Antrag der Klägerin vom 29.10.2021 auf Endabrechnung über die Gewährung einer Neustarthilfe auf Grundlage von § 53 der Haushaltsordnung des Saarlandes (LHO), der dazugehörigen Verwaltungsvorschriften und der Richtlinien der Gewährung von Corona-Bundeshilfen für kleine und mittelständige Unternehmen in der jeweils gültigen Fassung für den beantragten Zeitraum Januar bis Juni 2021 abgelehnt, ein Anspruch auf Billigkeitsleistung nach Endabrechnung abschließend abgelehnt und die Rückzahlung der bisher aufgrund des vorläufigen Bewilligungsbescheids vom 21.02.2021 an die Klägerin vom Beklagten geleisteten Zahlungen in Höhe von 7.500 Euro angeordnet wurde,

den Beklagten zu verurteilen, auf den Antrag der Klägerin vom 29.10.2021 auf Endabrechnung hin der Klägerin eine endgültige Corona-Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständige Unternehmen in der jeweils gültigen Fassung für den Zeitraum Januar bis Juni 2021 als „Neustarthilfe“ in Höhe von 5.953,10 Euro endgültig zu gewähren und den von der Klägerin an den Beklagten zurückzuzahlenden Betrag aufgrund der aufgrund des vorläufigen Bewilligungsbescheids vom 21.02.2021 gewährten Leistungen auf 1.546,90 Euro festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Argumentation im angefochtenen Bescheid.

Bei der hier begehrten Corona-Überbrückungshilfe III handele es sich um eine Billigkeitsleistung. Ein Rechtsanspruch bestehe demnach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie.

Gemäß Ziff. 3 (1) i. V. m. Ziff. 2 (2), (3a) der Richtlinien für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen im Förderzeitraum November 2020 bis Juni 2021 („Corona-Überbrückungshilfe III") seien Soloselbständige nur dann antragsberechtigt, wenn sie wirtschaftlich am Markt tätig seien. Nicht wirtschaftlich am Markt tätig seien Unternehmen und Soloselbständige, die ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingestellt hätten. Werde der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb vor dem 30.06.2021 dauerhaft eingestellt, sei die Neustarthilfe gemäß Ziff. 5 (7) der Richtlinien zurückzuzahlen.

Vor dem Hintergrund der Rückmeldung der Finanzverwaltung sei der Beklagte insbesondere zur Prüfung angehalten gewesen, ob die Klägerin ihre soloselbständige bzw. gewerbliche Tätigkeit zum Zeitpunkt der Beantragung der vorläufigen Bewilligung der Neustarthilfe noch ausgeübt habe und damit antragsberechtigt gewesen sei bzw. ob sie ihre Tätigkeit vor dem 30.06.2021 aufgegeben habe und somit zur vollständigen Rückzahlung der gewährten Hilfe verpflichtet gewesen sei.

Mangels Mitwirkung habe der Beklagte dies nicht feststellen können, da seine Nachfragen nicht beantwortet worden seien. Zur Prüfung, ob die Klägerin ihre soloselbständige bzw. gewerbliche Tätigkeit vor der Beantragung der vorläufigen Festsetzung der Neustarthilfe am 20.02.2021 oder vor dem 30.06.2021 eingestellt habe, habe der Beklagte die Klägerin über das Antragportal erstmalig am 24.11.2022, in der Folge jeweils wegen Nichtbeantwortung erneut am 05.12.2022 und 15.12.2022 und letztmalig am 03.01.2023, verbunden mit dem Hinweis, dass bei Nichtbeantwortung mit einer Ablehnung zu rechnen sei, dazu aufgefordert mitzuteilen, wann der Geschäftsbetrieb eingestellt worden sei, die entsprechende Gewerbeabmeldung vorzulegen und die im Antrag angegebene Steuernummer auf Aktualität zu überprüfen. Über das Vorliegen der Nachfragen im Antragsportal, die Notwendigkeit, diese zu beantworten, sowie über die zur Beantwortung eingeräumte Frist von 10 Tagen sei die Klägerin jeweils taggleich per E-Mail an die von ihr im Antrag für Kommunikationszwecke angegebene E-Mail-Adresse xx informiert worden. Die Klägerin habe auf keine der vorgenannten Nachfragen geantwortet. Sie habe die angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt.

Das klägerische Vorbringen, keine Nachricht erhalten zu haben, sei nicht glaubhaft. Denn Benachrichtigungen, wonach die Nachfragen im elektronischen Portal zur Beantwortung innerhalb von 10 Tagen bereitstünden, seien an die von der Klägerin angegebene E-Mail-Adresse versandt worden. Dies sei dieselbe E-Mail-Adresse, über die die Klägerin die Benachrichtigung zum Vorliegen des Schluss-Ablehnungsbescheids erhalten habe.

Im Übrigen belege auch eine von der Klägerin am 13.05.2023 an den Vertreter des Beklagten abgesandte E-Mail, welcher am 09.05. bzw. am 13.05.2023 gefertigte Screenshots angefügt gewesen seien, dass die Klägerin über die Nachfragen des Beklagten sehr wohl unterrichtet worden sei.

So fänden sich in den Screenshots diejenigen E-Mails vom 24.11.2022 sowie 05.12.2022, die die Klägerin über das Vorliegen der entsprechenden Nachfragen im Antragsportal unterrichtet und sie dazu aufgefordert hätten, die Fragen innerhalb von 10 Tagen zu beantworten. Dass in den darüber hinaus angefügten Screenshots des Posteingangs ihres Elster-Portals keine Eingänge mit den Nachfragen des Beklagten zu finden seien, sei nicht weiter verwunderlich. Denn Nachfragen der hier in Rede stehenden Art würden grundsätzlich nicht im Elster-Portal eingestellt, sondern – wie vom Antragssystem vorgesehen – im Antragsportal und dort jeweils nach 10 Tagen geschlossen, so dass sie danach nicht mehr sichtbar seien. Die Benachrichtigungs-E-Mails vom 24.11.2022 sowie 05.12.2022 mit dem Betreff „Neue Nachfrage…“, die die Klägerin dem Beklagten am 13.05.2023 vorgelegt habe und die belegten, dass die Klägerin vom Vorliegen von Nachfragen des Beklagten im Antragsportal gewusst habe, verwiesen folgerichtig zur Beantwortung dieser Nachfragen auf das Antragsportal.

Das von der Klägerin vorgelegte, nach deren Auffassung in keinerlei Bezug zu ihrem Verfahren stehende Dokument im Elster-Portal (eine E-Mail von S. vom 25.11.2022) sei das Resultat eines Programmfehlers. Die im Rahmen der Endabrechnung erlassenen Schlussbescheide würden innerhalb der Antragsplattform auf Seiten der Bewilligungsstelle als „Anhänge der Sachbearbeitung“ abgelegt. Die Bescheide würden nach Erlass über eine Schnittstelle der Antragsplattform an das Elster-Portal übermittelt. Diese Übermittlung sei in einigen Fällen aufgrund technischer Probleme zunächst fehlgeschlagen, jedoch nach Behebung des Programmfehlers zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Da für die Bewilligungsstelle nicht vorhersehbar gewesen sei, zu welchem Zeitpunkt die Übermittlung an Elster erfolgreich abgeschlossenen sein würde, sei ersatzweise die Zustellung auf dem Postweg erfolgt. In den Fällen, in denen nach Erlass des Schlussbescheids durch die Bewilligungsstelle, aber vor der erfolgreichen Übermittlung des Bescheids an das Elster-Portal Anlagen im Portal eingestellt worden seien, habe die Antragsplattform - wie auch im Fall der Klägerin - den jeweils jüngsten „Anhang der Sachbearbeitung“ übermittelt.

Ihrer Mitwirkungspflicht nach § 26 Abs. 2 SVwVfG sei die Klägerin mithin nicht nachgekommen.

Der Beklagte habe daher als Folge der unterbliebenen Mitwirkung nicht feststellen können, ob die Klägerin dem Grunde nach antragsberechtigt gewesen sei. Dieser Kenntnisstand im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung sei dem materiellen Recht folgend für das Vorliegen der Antragsvoraussetzungen maßgeblich. Im Rahmen des Klageverfahrens erfolgender Vortrag zur Antragsberechtigung sei verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.

Da es der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln und der allgemeine Gleichheitssatz geböten, Förderanträge insbesondere immer dann abzulehnen, wenn das Vorliegen wesentlicher unabdingbarer Fördervoraussetzungen nicht festgestellt werden könne und der Beklagte in seiner ständigen Verwaltungspraxis solche Anträge grundsätzlich ablehne, sei der Antrag der Klägerin abgelehnt und der vorläufig bewilligte und an die Klägerin zur Auszahlung gebrachte Betrag in Höhe von 7.500,00 € zurückgefordert worden. Da die Bewilligung lediglich unter Vorbehalt erfolgt sei, ersetze der Schlussbescheid den Bescheid vom 21.02.2021, ohne dass es eines Aufhebungsaktes bedürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe 

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 27.01.2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Recht unter gleichzeitiger Ersetzung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 21.02.2021 den Antrag der Klägerin auf endgültige Gewährung der beantragten Neustarthilfe abgelehnt und die Klägerin zur Rückzahlung des bereits ausgezahlten Betrages in Höhe von 7.500,- € aufgefordert. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf endgültige Zuerkennung der von ihr in Höhe von 5.953,10 € begehrten Neustarthilfe (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).

Bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 21.02.2021 handelte es sich um einen sogenannten vorläufigen Verwaltungsakt.

Der Beklagte hat sich damit einer in Literatur und Rechtsprechung im Subventionsrecht allgemein anerkannten Regelungsweise bedient, die für Situationen entwickelt wurde, bei denen im Zeitpunkt des Erlasses des Zuwendungsbescheids eine tatsächliche Ungewissheit besteht.

Von einem vorläufigen Verwaltungsakt ist im Bereich der Zuwendungsgewährung auszugehen, wenn die Zuwendung unter dem Vorbehalt einer späteren abschließenden Entscheidung bewilligt wird. Ein solcher Bewilligungsbescheid ist in seinem Regelungsinhalt dahingehend eingeschränkt, dass der Begünstigte die Zuwendung zunächst nur vorläufig bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung behalten darf. Ob ein Anspruch auf das endgültige Behaltendürfen der Zuwendung besteht, hängt dagegen von dem Inhalt des abschließenden Bewilligungsbescheids, des Schlussbescheids, ab.

Ein Bedürfnis für eine solche lediglich vorläufige Regelung kann insbesondere dann bestehen, wenn zum Erlasszeitpunkt des vorläufigen Bescheids eine tatsächliche Unsicherheit besteht – etwa wie vorliegend hinsichtlich der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens der Klägerin im Bewilligungszeitraum (insbesondere der erzielten Umsätze), die naturgemäß erst nach dem Förderzeitraum ermittelt werden kann. Das Subventionsverhältnis wird dabei zunächst durch den Zuwendungsbescheid geregelt, der aber unter den Vorbehalt der späteren Festsetzung gestellt wird und damit auf eine Ergänzung durch einen weiteren Verwaltungsakt angelegt ist, durch den die Zuwendung in den offen gehaltenen Punkten abschließend geregelt werden sollte.

Der Vorbehalt endgültiger Regelung bewirkt, dass die Behörde die vorläufige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG gebunden zu sein. Bei einer späteren endgültigen Regelung durch einen Schlussbescheid bedarf es insoweit keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligung, da diese durch den Schlussbescheid ersetzt wird. Mit dem Erlass der endgültigen Festsetzung verliert die vorläufige Regelung ihre Wirksamkeit

Wie weit der Vorbehalt der endgültigen Regelung reicht und ob er die Bewilligung insgesamt oder nur Teilregelungen des ursprünglichen Bewilligungsbescheids umfasst, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch wenn die Behörde einen unter Vorbehalt gestellten Verwaltungsakt später durch einen Schlussbescheid ersetzt, so kommt eine inhaltlich abweichende Regelung im Schlussbescheid - außer in den Fällen der §§ 48, 49 VwVfG - nur in Betracht, wenn sie aus den Gründen ergeht, wegen derer die frühere Regelung unter Vorbehalt gestellt wurde.

Die Regelungen des ursprünglichen Bewilligungsbescheids unterliegen insoweit der Auslegung aus Sicht eines objektiven Empfängers entsprechend der §§ 133, 157 BGB. Das Gericht hat den Bewilligungsbescheid dahin zu erforschen, wie der Adressat ihn unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste.

Ausgehend von diesen Maßstäben ist der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 21.02.2021 eindeutig dahin zu verstehen, dass er die der Klägerin gewährte Förderung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nur vorläufig regelte, die endgültige Gewährung jedoch von der im Zeitpunkt des Erlasses des vorläufigen Bewilligungsbescheides noch ungewissen Entwicklung des Unternehmens der Klägerin während des (sechsmonatigen) Bewilligungszeitraums abhing und insoweit unter dem Vorbehalt einer nach dem Bewilligungszeitraum vorzunehmenden Endabrechnung stand.

So ist bereits im ursprünglich von der Klägerin am 20.02.2021 ausgefüllten Antragsformular auf die Verpflichtung zur Einreichung einer Endabrechnung, deren Maßgeblichkeit für die endgültige Gewährung der Neustarthilfe sowie die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer 3.4 der FAQ hingewiesen worden. Auch ist im Antrag wiederholt von einer zunächst erfolgenden bloßen „Vorschusszahlung“ die Rede.

Wörtlich heißt es im Antragsformular u.a.:

„Die/der Antragstellende darf die als Vorschuss ausgezahlte Neustarthilfe in voller Höhe behalten, wenn…Nach Ablauf des Förderzeitraums wird die Höhe der Neustarthilfe be[1]rechnet, auf die der Antragsteller endgültig Anspruch hat.“

sowie später

„Ich erkläre ausdrücklich, bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides eine Endabrechnung zu erstellen. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Neustarthilfe teilweise oder vollständig an die Bewilligungsstelle zurückzuzahlen ist, wenn sich der Zuschuss auf Grundlage der Endabrechnung teilweise oder vollständig als unberechtigt erweist. …“

Im zunächst ergangenen Bescheid vom 21.02.2021 heißt es darüber hinaus u.a.:

„Die Bewilligung und Auszahlung der Neustarthilfe ergeht unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung im Rahmen der Endabrechnung. Der Betrag verringert sich insbesondere, wenn …“ sowie „Die Endabrechnung ist bis zum 31.12.2021 über ein Online Tool…durchzuführen. … Im Rahmen der Endabrechnung wird die endgültige Förderhöhe der Neustarthilfe anhand des im Förderzeitraum Januar 2021 bis Juni 2021 realisierten Umsatzes berechnet. Sollte der in der Endabrechnung berechnete Förderbetrag geringer ausfallen als die bereits ausgezahlte Vorauszahlung, ist die Neustarthilfe (anteilig) zurückzuzahlen. …“

Handelte es sich demnach bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 21.02.2021 um einen vorläufigen Verwaltungsakt, ist der Schlussablehnungsbescheid vom 27.01.2023, mit dem unter Ersetzung des Bescheides vom 21.02.2021 die begehrte Neustarthilfe endgültig abgelehnt und die bereits geleistete Zahlung in Höhe von 7.500,00 € zurückgefordert wurde, rechtlich nicht zu beanstanden, da die Klägerin bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht dargelegt hat, zum Kreis der Zuwendungsberechtigten zu gehören.

Dabei ist von Folgendem auszugehen:

Bei Zuwendungen wie der Neustarthilfe handelt es sich um eine Billigkeitsleistung nach § 53 LHO (vgl. hierzu auch Ziffer I. Nr. 1 Abs. 1 der Richtlinien „Corona-Überbrückungshilfe III“), die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Hilfe begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinien im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. §§ 53, 23 und 44 LHO und Ziffer I. Nr. 1 Abs. 2 der Richtlinie). Die Richtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Ein Rechtsanspruch lässt sich nur – gestützt auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes - aus einer Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien herleiten. Für die gerichtliche Prüfung der Gewährung einer Billigkeitsleistung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist.

Richtlinien der hier in Rede stehenden Art dürfen nicht wie Gesetze oder Verordnungen gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten.

Bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, ist der Richtliniengeber weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Solange sich eine Regelung aber auf sachbezogene Gesichtspunkte stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden.

Sind die Fördervoraussetzungen zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG), im Einklang mit §§ 23 und 44 SHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die gerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob bei Anwendung der Richtlinien im Einzelfall der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder eine andere einschlägige Rechtsvorschrift verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist.

Entscheidend ist dabei – wie dargelegt -, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Nur entsprechend den vorgenannten Grund-sätzen kann im Einzelfall ein Anspruch auf Förderung bestehen.

Ausgehend davon steht der Klägerin nach der an den maßgeblichen Richtlinien ausgerichteten einschlägigen Verwaltungspraxis des Beklagten kein Anspruch auf Neustarthilfe zu. Denn sie hatte bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der abschließenden Behördenentscheidung nicht hinreichend dargelegt, antragsberechtigt gewesen zu sein.

Gemäß Ziff. 3 (1) i. V. m. Ziff. 2 (2), (3a) der Richtlinien für die Gewährung von Corona Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen im Förderzeitraum November 2020 bis Juni 2021 („Corona-Überbrückungshilfe III") sind Soloselbständige nur dann antragsberechtigt, wenn sie wirtschaftlich am Markt tätig sind. Nicht wirtschaftlich am Markt tätig sind Unternehmen und Soloselbständige, die ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingestellt haben. Wird der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb vor dem 30.06.2021 dauerhaft eingestellt, ist die Neustarthilfe gem. Ziff. 5 (7) der Richtlinien zurückzuzahlen. Gemäß Ziff. 8 (1) der Richtlinien obliegt die Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen der Bewilligungsstelle, die - soweit dafür erforderlich - entsprechende Unterlagen anfordert.

Vorliegend bot eine Mitteilung der Finanzverwaltung, wonach der Geschäftsbetrieb der Klägerin nach deren Erkenntnissen zwischenzeitlich eingestellt sei, dem Beklagten Anlass, insbesondere zu überprüfen, ob die Klägerin ihre gewerbliche Tätigkeit zum Zeitpunkt der Beantragung der vorläufigen Bewilligung der Neustarthilfe noch ausgeübt bzw. ob sie ihre Tätigkeit vor dem 30.06.2021 aufgegeben hatte.

Da wiederholte Nachfragen des Beklagten hierzu, welche am 24.11.2022, 05.12.2022, 15.12.2022 und 03.01.2023 in das Antragsportal eingestellt wurden, unbeantwortet blieben, hat die Klägerin es versäumt, bis zum Zeitpunkt der abschließenden Behördenentscheidung darzulegen, dass in ihrer Person sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung von Neustarthilfe vorlagen, so dass der Beklagte eine entsprechende Feststellung nicht hat treffen können und von daher die Gewährung von Neustarthilfe mit dem angefochtenen Schlussablehnungsbescheid zu Recht versagt hat.

Die von der Klägerin nach Bescheiderlass im Klageverfahren nachgeholten Angaben und vorgelegten Unterlagen rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Bescheides.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bzw. des Bestehens eines Zuwendungsanspruchs ist nämlich der Kenntnisstand des Beklagten zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Denn nach der geübten und dem Gericht aus zahlreichen weiteren Verfahren bekannten Verwaltungspraxis des Beklagten werden die Zuwendungsvoraussetzungen allein aufgrund der bis zur letzten behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet. Dem materiellen Recht folgend, das hier durch die Vollzugshinweise und FAQ sowie deren Anwendung durch den Beklagte in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist daher auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung abzustellen. Die Vorlage neuer Unterlagen oder neuer Tatsachenvortrag im Klageverfahren ist danach nicht zur berücksichtigen.

Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen.

Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, konnte und musste auch im Rahmen der konkreten Behördenentscheidung nicht berücksichtigt werden, so dass entscheidungsrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden. Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin im Rahmen des Zuwendungsantrags, insbesondere von der Mitteilung und Substanziierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Insoweit trifft jeden Antragsteller im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens eine zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (§ 26 Abs. 2 SVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben.

Von daher ist unerheblich, ob nach den von der Klägerin erstmals im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen eine Bewilligung der begehrten Neustarthilfe in Betracht gekommen wäre.

Soweit die Klägerin geltend macht, die vorgenannten Anfragen des Beklagten nicht erhalten zu haben, ergibt sich daraus nichts Anderes. Den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass die vom Beklagten genannten Anfragen am jeweiligen Tag in das Antragsportal eingestellt wurden und die Klägerin hierüber taggleich über die von der Klägerin zu Kommunikationszwecken angegebene E-Mail-Adresse informiert wurde. Dass die Klägerin jedenfalls die an ihre E-Mail-Adresse gerichteten Mitteilungen vom 24.11.2022 und 05.12.2022 erhalten hat, ergibt sich bereits aus den von ihr selbst gefertigten, mit E-Mail vom 13.05.2023 an Herrn x vom Beklagten übermittelten Screenshots. Da nicht erkennbar ist, aus welchen Gründen die Klägerin die Benachrichtigungen vom 15.12.2022 und 03.01.2023 nicht erhalten haben sollte, kann – unabhängig davon, ob der Zugang dieser weiteren Benachrichtigungen überhaupt entscheidungserheblich ist - davon ausgegangen werden, dass ihr auch diese zugegangen sind. Dass die Klägerin die ins Antragsportal eingestellten konkreten Anfragen nicht zur Kenntnis genommen hat, ist – ausgehend vom eigenen Vorbringen der Klägerin, wonach sie im Elster-Portal entsprechende Anfragen nicht hat finden können – offensichtlich darauf zurückzuführen, dass die Klägerin der Auffassung war, dass der „komplette Kontakt“ über das Elster-Portal erfolgen sollte und demzufolge im falschen Portal, nämlich im Elster statt im Antragsportal für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe nachgesehen hat. Dies ist allein der Klägerin zuzurechnen.

Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Elster-Portal im fraglichen Zeitraum fehlerbehaftet gewesen sei, was schon daran erkennbar sei, dass ihr auch der Schlussablehnungsbescheid nicht über das Elster-Portal habe zugestellt werden können, sie vielmehr dort eine Mail vorgefunden habe, die mit ihren Angelegenheiten nichts zu tun gehabt habe. Zwar hat der Beklagte eingeräumt, dass eine Zustellung von Coronahilfebescheiden über das Elsterportal im fraglichen Zeitraum vorübergehend gestört gewesen sei, weshalb die entsprechenden Bescheide – wie im Falle der Klägerin – postalisch zugestellt worden seien. Dies betraf nach den überzeugenden Darlegungen des Beklagten aber lediglich eine Schnittstelle zur Einstellung der Bescheide im Elster-Portal, wohingegen nach Angaben des Beklagten das Antragsportal ansonsten ordnungsgemäß funktionierte. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass über die Schnittstellenproblematik hinaus auch die Kommunikation im Antragsportal gestört gewesen wäre, lassen sich weder dem Vorbringen der Klägerin entnehmen noch sind solche sonst erkennbar. Auch vermochte der Beklagte nachvollziehbar darzulegen, wie es zu der von der Klägerin im Elster-Portal vorgefundenen E-Mail vom 25.11.2022 kam, die zwar in Zusammenhang auch mit dem Antragsverfahren der Klägerin stand, aber zugegebenermaßen für die Klägerin ohne Erläuterung nicht verständlich war. Dass im Zeitraum von November 2022 bis Januar 2023 die Kommunikation über das Antragsportal gestört gewesen sein könnte, lässt sich weder aus dem Vorfinden der E-Mail im Elster-Portal ableiten noch deren Inhalt entnehmen.

Als Folge der unterbliebenen Beantwortung der Nachfragen des Beklagten konnte dieser nicht abschließend feststellen, ob die Klägerin alle Voraussetzungen für die Gewährung von Neustarthilfe erfüllte, also dem Grunde nach antragsberechtigt war und hat demzufolge im Schlussbescheid unter Ersetzung des vorläufigen Bescheides vom 21.02.2021 die Gewährung von Neustarthilfe abgelehnt. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass diese Vorgehensweise der – dem Gericht auch aus zahlreichen anderen Verfahren bekannten - ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten entspricht.

Soweit die Klägerin vorsorglich den gesamten Sachvortrag des Beklagten, der sich ihrer eigenen Wahrnehmung bzw. Kenntnis entziehe, mit Nichtwissen bestreitet, vermag dies die vom Beklagten dargelegte Verwaltungspraxis nicht in Frage zu stellen. Ein einfaches Bestreiten oder ein Bestreiten mit Nichtwissen der vom Beklagten dargelegten Verwaltungspraxis genügt als solches nicht. Vielmehr bedürfte es insoweit der Darlegung nachvollziehbarer, Anlass zu Zweifeln bietender Gründe, welche von der Klägerin jedoch nicht dargetan wurden. Insbesondere hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass anderen Unternehmen, die zur Beurteilung der Sachlage erforderliche Unterlagen verspätet vorgelegt haben, die Billigkeitsleistung gewährt worden wäre. Dies ist auch dem erkennenden Gericht nicht bekannt.

Demnach ist die im Schlussbescheid erfolgte abschließende Versagung der Neustarthilfe rechtlich nicht zu beanstanden. Da die Bewilligung lediglich unter Vorbehalt erfolgt war, ersetzt der Schlussbescheid den Bescheid vom 21.02.2021, ohne dass es eines gesonderten Aufhebungsaktes bedarf.

Gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 SVwVfG, war der Beklagte des Weiteren berechtigt, den bereits als Vorschuss ausgezahlten Betrag von 7.500 € zurückzufordern. Nach der vorgenannten Vorschrift sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung bzw. – wie hier – einer Schlussabrechnung unwirksam geworden ist.

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. 88 Für eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO besteht kein Anlass.

Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 3 und 63 Abs. 2 GKG auf 5.953,10 € festgesetzt. -

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Verwaltungsgericht Würzburg

Urteil vom 26. Juli 2021

Az.: W 8 K 20.2031

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wehrt sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Gewährung einer Überbrückungshilfe gemäß der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen - Phase 1 (Überbrückungshilfe I) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 7. Juli 2020, die zuletzt durch Bekanntmachung vom 5. Oktober 2020 geändert worden ist (in der Folge: Richtlinie) und begehrt die Neuverbescheidung seines Antrags unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts.

1. Am 5. Oktober 2020 beantragte der Kläger online die Gewährung der Überbrückungshilfe nach dem Überbrückungshilfeprogramm des Bundes. In dem elektronischen Antragsformular gab er an, in der Branche Rechtsanwaltskanzleien ohne Notariat in der Rechtsform des Einzelunternehmens tätig zu sein und sich zum 31. Dezember 2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden zu haben. Die gewichtete Summe der Mitarbeiter belaufe sich auf 4,6. Die zu fördernden Fixkosten wurden für Juni 2020 mit 0,00 EUR, für Juli 2020 mit 1.653,63 EUR und für August 2020 mit 9.209,75 EUR beziffert. Die maximale Förderhöhe wurde mit 7.598,75 EUR berechnet.

Mit Bescheid vom 11. November 2020 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Überbrückungshilfe nach der Richtlinie ab.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß der Richtlinie könne die Überbrückungshilfe gemäß Ziffer 6.1 nur von einem vom Antragsteller beauftragten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder Rechtsanwalt gestellt werden. Nach Ziffer 3.3 der FAQs des Bundes sei eine Antragstellung des prüfenden Dritten für sich selbst jedoch ausgeschlossen. Nachdem der Kläger den Antrag für sich selbst gestellt habe, seien die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe nicht erfüllt. Es entspreche daher der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, seinen Antrag abzulehnen. Gründe, die gegen diese Entscheidung sprächen oder eine ausnahmsweise Abweichung von der regelmäßigen Entscheidungspraxis begründen würden, seien nicht ersichtlich.

2. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger Klage gegen den ablehnenden Bescheid erheben.

Zur Klagebegründung ließ der Kläger vortragen: Der ansonsten begründete Antrag sei nur deswegen abgewiesen worden, da die Beklagte einen Ausschluss in Punkt 3.3 ihrer FAQs formuliert haben wolle. Eine Rechtsgrundlage für die Verbescheidung sei aber ausschließlich der gesetzlichen Grundlage zu entnehmen. Es sei darin aber kein Ausschluss ersichtlich, wonach ein Rechtsanwalt nicht für sich selbst beantragen könnte. Auch sei der Punkt der FAQ nicht bekannt gewesen, so dass vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt werde. Im Übrigen wäre ein entsprechend normierter Ausschluss auch verfassungswidrig, da dieser u.a. die Berufsausübungsfreiheit rechtswidrig einschränken würde. Soweit die Behörde hier die FAQs deswegen verfasst haben möge, um etwaige Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit von Angaben in eigener Sache zu machen, so übersehe dies, dass im Laufe des Gesetzgebungsprozesses auch Anwälte als Antragssteller hinzugefügt worden seien. Vorab seien nur Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ermächtigt gewesen. Im Gegensatz zu Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern würden Anwälte wie der Kläger gem. § 3 StBerG nicht nur über die Erlaubnis einer geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen verfügen, sondern seien als Anwälte gleichzeitig Organe der Rechtspflege gem. § 1, § 3 Abs. 1 BRAO. Insofern spreche bereits die Vermutung des Zutreffens für Angaben in eigener Sache. Auch sei per E-Mail vom 27. November 2020 im Rahmen der Klagefrist angeboten worden, durch Neuabgabe durch einen anderen Rechtsanwalt den angeblichen Ablehnungsgrund zu heilen, da die Behörde innerhalb der Klagefrist hätte für Abhilfe sorgen dürfen. Hierauf habe der Kläger jedoch keine Rückmeldung erhalten.

Mit weiterem Schriftsatz vom 21. Juli 2021 ließ der Kläger vorbringen, er habe am 27. November 2020, 11:11 Uhr, an die Beklagte eine E-Mail gesendet. In dieser habe er mitgeteilt, dass er gerne erfahren würde, inwiefern eine Abhilfe durch Neuabgabe den nach Meinung der Beklagten vorliegenden Ablehnungsgrund (Verstoß gegen FAQ) heile, da eine Behörde innerhalb der Klagefrist für Abhilfe sorgen dürfe und damit ein Klageverfahren umgangen werden könne. Wie sich nunmehr am heutigen Tage zufällig herausgestellt habe, sei der Vortrag, wonach die E-Mail des Beklagten unbekannt sei, auch wahrheitswidrig. Im SPAM-Ordner habe der Kläger nunmehr die entsprechende Antwort einer Referentin der Beklagten ausfindig machen können. Diese habe mit E-Mail vom 30. November 2020, 17:22 Uhr, geantwortet: Als Rechtsmittel gegen einen ablehnenden Bescheid zur Überbrückungshilfe stehe die Klage zum Verwaltungsgericht zur Verfügung. Eine erneute Überprüfung außerhalb des Klageverfahrens finde nicht statt. Unabhängig davon bestehe bis zum Ablauf des heutigen Tages bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen die Möglichkeit zum Stellen von Änderungsanträgen.

Die Beklagte führte mit Schriftsatz vom 13. Januar 2021 zur Klageerwiderung im Wesentlichen aus: Der Antrag des Klägers erfülle nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Überbrückungshilfe, da der Kläger den Antrag für sich selbst, ohne einen sogenannten prüfenden Dritten gestellt habe. Gemäß Ziffer 6.1 der Richtlinie könne die Überbrückungshilfe nur von einem vom Antragsteller beauftragten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder Rechtsanwalt gestellt werden. Nach Ziffer 3.3 der FAQ des Bundes sei eine Antragstellung ohne prüfenden Dritten für sich selbst ausgeschlossen. Bei der Corona-Überbrückungshilfe handele es sich um eine Billigkeitsleistung, auf die grundsätzlich kein Rechtsanspruch bestehe. Ein Anspruch könne im Einzelfall allenfalls über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann bestehen, wenn die in der Richtlinie dargelegten Fördervoraussetzungen vorlägen. Der Kläger erfülle jedoch ohne Hinzuziehung eines prüfenden Dritten die einschlägigen Fördervoraussetzungen gerade nicht. Im Übrigen sei es auch nicht zu beanstanden und durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt, dass für die Beantragung der Überbrückungshilfe ein sogenannter prüfende Dritter hinzugezogen werden müsse. Denn das auf Schnelligkeit angelegte Masseverfahren sei darauf angelegt, dass eine inhaltliche Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben durch die Bewilligungsstelle im Regelfall nicht erfolge. Vielmehr werde diese inhaltliche Prüfung an den hinzugezogenen prüfenden Dritten übertragen, der zum einen beruflich besonders für eine solche Überprüfung qualifiziert sei und zum anderen für die korrekte Antragstellung hafte. Diese Prüffunktion wäre nicht gewährleistet, würde auch eine Antragstellung in eigener Sache akzeptiert. Der Kläger sei im Antragsverfahren durch Rückfrage der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass der Antrag ohne Hinzuziehung eines prüfenden Dritten abgelehnt werden würde. Es hätte für den Kläger jederzeit, auch noch bis zum Ablauf der Frist für Änderungsanträge mit dem 30. November 2020 die Möglichkeit bestanden, nachträglich einen prüfenden Dritten hinzuziehen. Dies habe der Kläger nicht getan. Sein Antrag sei daher abzulehnen gewesen. Eine E-Mail des Klägers vom 27. November 2020 sei der Beklagten nicht bekannt und auch nicht vom Kläger vorgelegt worden. Vorsorglich werde noch darauf hingewiesen, dass eine nachträgliche Bestätigung des Antragsinhalts durch einen prüfenden Dritten jetzt im Klageverfahren von der Beklagten nicht akzeptiert werden könne, da bei der Gewährung von Billigkeitsleistungen auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen sei. Außerdem seien Förderregularien von allen Antragstellern einzuhalten, um eine Gleichbehandlung zu gewährleisten.

3. In der mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2021 beantragte der Kläger:

Der Bescheid vom 11. November 2020, Az: EAR-296122, wird aufgehoben und der Beklagten aufgegeben den Antrag vom 5. Oktober 2020 auf Überbrückungshilfe unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Der Beklagtenbevollmächtigte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Hs. 2 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 11. November 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Neubescheidung seines Antrags auf die begehrte Corona-Überbrückungshilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Gewährung einer Corona-Überbrückungshilfe gemäß der Richtlinie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Bei Billigkeitsleistungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige staatliche Maßnahmen. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Überbrückungshilfe begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Billigkeitsleistung auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinie im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der dafür im Haushaltsplan besonders zur Verfügung gestellten Ausgabemittel (Art. 53 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie. Die Richtlinie begründet als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfaltet erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zweck der Billigkeitsleistung gebunden, wie ihn der Geber der Leistung versteht. Für die gerichtliche Prüfung der Gewährung einer Billigkeitsleistung gelten deshalb dieselben Grundsätze wie für Zuwendungen, die ebenfalls auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO) erfolgen. Entscheidend für die gerichtliche Prüfung ist, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - BayVBl 2020, 365 - juris Rn. 26; U.v. 28.10.1999 - 19 B 96.3964 - juris Rn. 59; VG München, U.v. 19.11.2009 - M 15 K 07.5555 - juris Rn. 30). Ein Anspruch auf die Billigkeitsleistung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in der Richtlinie dargelegten Voraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Verwaltungspraxis der Beklagten auch positiv verbeschieden werden (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26; vgl. auch ausführlich VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 - W 8 K 19.1546 - juris sowie B.v. 18.6.2020 - W 8 E 20.736 - juris).

Dabei dürfen solche Richtlinien nicht - wie Gesetze oder Verordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BayVGH, B.v. 18.5.2020 - 6 ZB 20.438 - juris). Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie auch grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Richtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 - 3 C 111/79 - juris).

Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Billigkeitsmaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, kommt es damit nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.2015 - 4 BV 15.1830 - juris Rn. 42 m.w.N.). Die Beklagte bestimmt im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben sie der Billigkeitsleistung zuordnet. Insoweit hat sie auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689 - juris Rn. 19 m.w.N.), so dass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde.

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung der Voraussetzungen der Gewährung der Überbrückungshilfe ist des Weiteren nicht der Zeitpunkt der Antragstellung durch den Kläger und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dem materiellen Recht folgend, dass hier vor allem durch die Richtlinie und deren Anwendung durch die Beklagte in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist vielmehr auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2020 - 6 ZB 20.438 - juris m.w.N.), so dass neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren irrelevant wären (vgl. VG Weimar, U.v. 17.9.2020 - 8 K 609/20 - juris Rn. 26; VG München, B. v. 25.6.2020 - M 31 K 20.2261 - juris Rn. 19; siehe auch VG Würzburg, U.v. 8.2.2021 - W 8K 20.1180 - juris Rn 27 u. 50 zu Stichtagsregelung bei Baukindergeld).

Die Richtlinie setzt Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regelt insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Wie oben bereits ausgeführt hat das Gericht nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien (vgl. SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 - 2 A 480/17 - juris; OVG SH, U.v. 17.5.2018 - 3 LB 5/15 - juris; OVG NW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris; HessVGH, U.v. 28.6.2012 - 10 A 1481/11 - juris).

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 32). Geboten ist so eine bayernweit gleichmäßige und willkürfreie Mittelverteilung. Nicht erlaubt ist eine uneinheitliche und damit objektiv willkürliche Förderpraxis (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 - 4 B 13.727 - DVBl 2013, 1402). Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. VG Köln, G.v. 17.8.2015 - 16 K 6804/14 - juris m.w.N.; siehe auch VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 - W 8 K 19.1546 - juris).

Aufgrund des freiwilligen Charakters der Hilfen und dem weiten Ermessen des Gebers bei der Aufstellung von Richtlinien zur Gewährung von Hilfen, ist eine entsprechende Nachprüfung nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Hilfeempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 - 10 C 1/17 - juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 - M 31 K 19.203 - juris Rn. 15).

Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 27. Aufl. 2021, § 114 Rn. 41 ff.).

So dürfen im Einzelfall keine sachlichen Gründe für das Abweichen von der Behördenpraxis bestehen. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften dürfen nur für den Regelfall gelten und müssen Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle lassen. Ein derartiger atypischer Fall ist dann gegeben, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweist, deren Besonderheiten von der ermessenslenkenden Vorschrift nicht hinreichend erfasst und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten (OVG NW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris).

Mangels gesetzlicher Anspruchsgrundlage steht dem Kläger demnach nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu. Bei der dem Gericht gemäß § 114 VwGO beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung ist der ablehnende Bescheid vom 11. November 2020 im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insbesondere den Rahmen, der durch die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung gezogen wurde, eingehalten, und insbesondere das Willkürverbot und das Gebot des Vertrauensschutzes nicht verletzt.

Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen und rechtlichen Vorgaben ist festzustellen, dass es der Förderpraxis der Beklagten entspricht, für einen wirksamen Antrag auf eine Antragstellung durch einen prüfenden Dritten abzustellen, wobei die Antragstellung des prüfenden Dritten für sich selbst jedoch ausgeschlossen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in anderen vergleichbaren Fällen anders verfahren wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Zwar ist der Kläger als rechtsanwaltliches Unternehmen grundsätzlich antragsberechtigt nach Nr. 2.1 der Richtlinie. Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung nach Nr. 6.1 der Richtlinie, wonach die Antragstellung ausschließlich elektronisch von einem vom Antragsteller beauftragten Steuerberater, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer (prüfenden Dritten) erfolgt. Nähere Hinweise hierzu finden sich in den FAQ zur "Corona-Überbrückungshilfe I für kleine und mittelständische Unternehmen" - im Folgenden "FAQ" (abrufbar unter https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/UBH/Redaktion/DE/FAQ/FAQs/faq-liste-01.html), die nach dem Vortrag des Beklagtenbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung auch als interne Verwaltungsvorschrift dienen. Nach Nr. 3.1 dieser FAQ ist der Antrag zwingend durch einen prüfenden Dritten im Namen des Antragsstellers einzureichen. Eine Antragsstellung ohne prüfenden Dritten ist nicht möglich. Nach Nr. 3.3 der FAQ ist die Antragstellung eines prüfenden Dritten für sich selbst ausgeschlossen.

Der Kläger hat seinen Antrag vom 5. Oktober 2020 jedoch für sich selbst und nicht durch einen prüfenden Dritten stellen bzw. bestätigen lassen.

Die Beklagte hat in der Klageerwiderung nachvollziehbar ausgeführt, dass das auf Schnelligkeit angelegte Masseverfahren darauf angelegt sei, dass eine inhaltliche Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben durch die Bewilligungsstelle im Regelfall nicht erfolge. Vielmehr werde diese inhaltliche Prüfung an den hinzugezogenen prüfenden Dritten übertragen, der zum einen beruflich besonders für eine solche Überprüfung qualifiziert sei und zum anderen für die korrekte Antragstellung hafte. Diese Prüffunktion wäre nicht gewährleistet, würde auch eine Antragstellung in eigener Sache akzeptiert.

Aus Nr. 6.2 Satz 4 der Richtlinie ergibt sich damit übereinstimmend, dass der mit der Durchführung der Antragstellung beauftragte prüfende Dritte die Angaben des Antragstellers zu Identität und Antragsberechtigung des Antragstellers und insbesondere die Plausibilität der Angaben nach Satz 2 (Umsatzrückgang, Prognose der Höhe der betrieblichen Fixkosten und der voraussichtlichen Umsatzentwicklung für den jeweiligen Leistungsmonat) bestätigen muss. Wie oben bereits ausgeführt, darf eine gerichtliche Auslegung der einschlägigen Richtlinie nicht erfolgen. Das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, "prüfender Dritter" sei als Oberbegriff zu verstehen und damit nach der Richtlinie eine Antragstellung für sich selbst möglich, stellt jedoch eine solche unzulässige Auslegung dar und kann hier folglich dahinstehen. Nach Nr. 7.1 Satz 2 der Richtlinie darf die Bewilligungsstelle auf die vom prüfenden Dritten im Antrag gemachten Angaben vertrauen, soweit es keine Anhaltspunkte für Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit der Angaben gibt. Der Beklagtenbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend dargelegt, dass dieses Verfahren in Bezug auf die Antragstellung ein hohes Maß an Objektivität und die Freiheit von Konflikten erfordere, während es bei der Antragstellung "für sich selbst" ein gewisses Konfliktpotential gebe.

Die dargestellte Verwaltungspraxis begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist insbesondere ermessensfehler- und willkürfrei.

Die Beklagte hat vorliegend zum Ausdruck gebracht, dass es der ständigen Verwaltungspraxis entspricht, dass prüfende Dritte für sich selbst keinen Antrag stellen können. Auch vor dem Hintergrund von § 1 BRAO, wonach der Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist, und § 3 Abs. 1 BRAO, wonach der Rechtsanwalt der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten ist, ist eine derartige Verwaltungspraxis jedenfalls nicht willkürlich, da hierfür sachgerechte und vertretbare Gründe von der Beklagten vorgebracht wurden.

Zwar ist im deutschen Recht z.B. im Verfahren vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit die anwaltliche Selbstvertretung grundsätzlich zulässig (vgl. § 68 Abs. 4 Satz 8 VwGO). Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass dies auch im Rahmen der Antragstellung für eine Billigkeitsleistung gelten muss. So ist etwa auch im Strafrecht die Selbstbestellung zum Verteidiger in eigener Sache im Rahmen eines Strafverfahrens ausgeschlossen (BeckOK StPO, 39. Ed. 1.1.2021, Wessing § 138 Rn. 7 und Krawczyk § 140 Rn. 3) und im europäischen Unionsrecht ist eine Selbstvertretung von Anwälten vor den Unionsgerichten grundsätzlich nicht möglich (Wägenbaur, EuGH VerfO, 2. Aufl. 2017; Art. 19 Rn. 8; Groeben, von der /Schwarze/Wolfgang Rosch, EuGH-Satzung, 7. Aufl. 2015, Art. 19 Rn. 13; vgl. EuG, B.v. 8.12.1999 - T-79/99 - juris Rn. 27 ff.).

Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Richtlinie bestehen damit unter Berücksichtigung dieser Ausführungen keine triftigen Anhaltspunkte. Der Ausschluss der Selbstvertretung des prüfenden Dritten dient der Beschleunigung des Bewilligungsverfahrens. Der Kläger wird so nicht anders behandelt als andere Antragsteller, die ebenfalls grundsätzlich prüfende Dritte sein können. Infolgedessen liegt auch keine Ungleichbehandlung, sondern eine Gleichbehandlung wie in vergleichbaren Fällen vor. Abgesehen davon gäbe es keine Gleichheit im Unrecht.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts nach Art. 12 GG. Ein Eingriff wäre nämlich jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gegeben sind. Dies ist hier - wie bereits dargelegt - der Fall.

In der vorliegenden Konstellation ist kein atypischer Ausnahmefall gegeben, der eine abweichende Entscheidung des Beklagten hätte gebieten müssen (vgl. OVG NRW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris), weil der konkrete Sachverhalt keine außergewöhnlichen Umstände aufweist, die von der Richtlinie und der darauf basierenden Verwaltungspraxis nicht erfasst werden und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten. Denn das von der Beklagten praktizierte durchgängige Abstellen auf die Antragstellung durch einen vom Antragsteller verschiedenen prüfenden Dritten ist keine atypische Besonderheit, die eine abweichende Behandlung gebietet, sondern gängige Praxis in einer typischen Fallkonstellation. So liegt kein atypischer Ausnahmefall vor, sondern eine Fallgestaltung, die offenkundig häufiger vorkommt und nach der Ausgestaltung des praktizierten Bewilligungsverfahrens nicht zu einer Gewährung der Billigkeitsleistung führen soll.

Ferner hat der Kläger keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die am 30. November 2020 abgelaufene Frist für Änderungsanträge nach Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG.

Es ist schon fraglich, ob auf durch Verwaltungsvorschriften festgelegte Fristen trotz des eindeutigen Wortlautes des Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG ("gesetzliche Frist") in analoger Anwendung die Grundsätze der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand überhaupt zur Anwendung kommen können (ausdrücklich offen gelassen BayVGH, B.v. 17.12.2009 - 3 CE 09.2494 - juris; VG Ansbach, U.v.1.12.2020 - AN 3 K 19.02073 - juris Rn. 45 f.). Dies wäre allenfalls denkbar, wenn es - anders als hier - eine entsprechende Verwaltungspraxis mit Selbstbindung der Bewilligungsstelle gäbe (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Auflage 2020, § 32 Rn. 7 ff. u. 16).

Unabhängig davon lagen die Voraussetzungen für die Gewährung von einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 32 BayVwVfG nicht vor. Danach ist der Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses unter Glaubhaftmachung der Hinderungsgründe zu stellen, wobei die versäumte Handlung innerhalb der Antragsfrist nachzuholen ist, Art. 32 Abs. 2 BayVwVfG. Der Kläger trägt in der Klageschrift vor, der Punkt der FAQ zum Ausschluss der Selbstvertretung sei nicht bekannt gewesen, so dass vorsorglich Wiedereinsetzung beantragt werde. Der Kläger wurde jedoch bereits über die Onlineplattform am 6. November 2020 auf die fehlende Antragstellung durch einen prüfenden Dritten hingewiesen und spätestens mit Zugang des streitgegenständlichen Bescheids. Die Frist für Änderungsanträge bis zum 30. November 2020 war dem Kläger selbst bei Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger die E-Mail der Beklagten vom 30. November 2020 erst am 21. Juli 2021 im SPAM Ordner ausfindig gemacht hat, spätestens mit Zusendung der Klageerwiderung vom 13. Januar 2021 bekannt. Eine Nachholung in Form der Antragstellung durch einen prüfenden Dritten ist jedoch weder bislang noch innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses erfolgt.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Verwaltungsgericht München

Urteil vom 23. Feb. 2022

Az.: M 31 K 21.418

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, der gemäß Beschluss des Amtsgerichts München vom 2. April 2019 als Insolvenzverwalter über das Vermögen der N. A. den Betrieb des Restaurants "Il Sorrisso" in M. I. fortführt, begehrt vom Beklagten die Gewährung einer Zuwendung im Rahmen der Corona-Soforthilfen.

Mit Antrag vom 9. April 2020 beantragte der Kläger die Gewährung eines Zuschusses nach den Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Soloselbstständigen ("Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige") des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 3. April 2020. Als Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass hat der Kläger unter Verweis auf die Fortführung des Gewerbebetriebs als Insolvenzverwalter ausgeführt, es würden durch die Corona-Krise und die angeordneten Beschränkungen kaum mehr Einnahmen erzielt. Die Höhe des entstandenen Liquiditätsengpasses hat er ohne nähere Angaben mit 9.000 EUR beziffert. Im Rahmen der durch den jeweiligen Antragsteller abzugebenden Erklärungen war dabei unter Nr. 5 im Online-Antragsformular die Erklärung enthalten, dass der Antragsteller am 31. Dezember 2019 kein Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 der Verordnung (EU) 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl Nr. L 187 S. 1, zuletzt geändert durch Art. 2 VO (EU) 2020/972 vom 2.7.2020, ABl Nr. L 215 S. 3 - Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) war. Der Kläger bestätigte in dem Antragsformular, dass sie die Bedingungen gelesen und akzeptiert habe.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2020 lehnte der Beklagte den Antrag vom 9. April 2020 ab und führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Soforthilfe seien nicht erfüllt, da der Kläger durch seine Angaben, dass der Liquiditätsengpass durch weggebrochene Einnahmen entstanden sei, eine existenzbedrohende Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass nicht hinreichend darstellten und den Antrag nicht begründeten.

Dem Bescheid angefügt war eine Rechtsbehelfsbelehrungfolgenden Inhalts: "Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Jahrs nach seiner Bekanntgabe Klage bei dem für Sie örtlich zuständigen Bayerischen Verwaltungsgericht (s. http://www.vgh.bayern.de/) schriftlich, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts oder elektronisch in einer für den Schriftformersatz zugelassenen Form erhoben werden. (...)"

Mit Schreiben vom 28. Mai 2020 wandte sich der Kläger mit der Bitte an die Beklagte, den ablehnenden Bescheids zu überprüfen und legte die betriebswirtschaftliche Auswertung für den Monat April 2020 vor, um eine Liquiditätslücke i.H.v. 1.709,84 Euro für diesen Monat zu belegen. Der Kläger erklärt, dass sich die Liquiditätslücke für die beiden folgenden Monate Mai und Juni ebenfalls in dieser Größenordnung bewegen würden. Mangels Reaktion der Beklagten bat der Kläger mit Schreiben vom 4. November 2020 erneut um Überprüfung des Bescheids. Mit E-Mail vom 10. November 2020 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Ablehnungsbescheid bestehen bleibe mit der Begründung, dass antragsberechtigt nur Unternehmen seien, die nicht bereits am 31. Dezember 2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung.

Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2021, eingegangen bei Gericht am 27. Januar 2021, ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 3. Mai 2020 zur Gewährung und Auszahlung einer Soforthilfe in Höhe von 5.000 Euro zu verpflichten.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe das Unternehmen seit April 2019 in der Insolvenz erfolgreich fortgeführt. Das Unternehmen sei sowohl im steuerrechtlichen als auch im sozialversicherungsrechtlichen Sinne als neuer Betrieb anzusehen. Bei der Frage, ob sich das Unternehmen am Stichtag des 31. Dezember 2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe, müsse daher nicht auf die Insolvenzeröffnung im April 2019, sondern auf das fortgeführte Unternehmen abgestellt werden. Insbesondere sei dieser "neue" Betrieb nicht mit den alten Verbindlichkeiten belastet und befinde sich daher auch nicht zum 31. Dezember 2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2021 beantragt der Beklagte

Klageabweisung.

Er verteidigt den streitbefangenen Bescheid und verweist im Wesentlichen darauf, dass dem Kläger die Antragsberechtigung fehle. Laut geltender Förderrichtlinie seien nur Unternehmen antragsberechtigt, die am 31. Dezember 2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Sinne des Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung waren. Unter die dort aufgeführte Definition fielen insbesondere Unternehmen, die Gegenstand eines Insolvenzverfahrens seien. Auf selbiges stelle auch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie auf seiner Homepage unter der Rubrik "Häufig gestellte Fragen" (FAQ) auf. Da das Insolvenzverfahren vorliegend bereits im April 2019 eröffnet worden sei und über den Stichtag des 31. Dezember 2019 hinaus nicht beendet sei, fehle es an der Antragsberechtigung. Es entspräche der ständigen Verwaltungspraxis, dass Anträge von bekannt insolventen Betrieben abgelehnt würden. Dabei spiele es keinerlei Rolle, ob der Betrieb erfolgreich fortgeführt würde oder wie die Fortführungsprognose ausfalle bzw. - ohne die Corona-Krise - ausgefallen wäre; maßgeblich sei, ob die erfolgreiche Fortführung zur Beendigung des Insolvenzverfahrens bis zum 31. Dezember 2019 geführt hat, was hier nicht der Fall gewesen sei.

Mit Beschluss vom 28. Januar 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig (1.), bleibt in der Sache aber ohne Erfolg (2.).

1. Die Klage vom 27. Januar 2021 wahrt die Klagefrist. Die zu dem streitbefangenen Bescheid vom 3. Mai 2020 erteilte Rechtsbehelfsbelehrungist unrichtig, sodass die Klageerhebung innerhalb eines Jahres seit seiner Bekanntgabe zulässig war (§ 58 Abs. 2 VwGO).

Nach § 58 Abs. 1 VwGO muss die Rechtsbehelfsbelehrungüber den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist belehren.

Die Belehrung ist sowohl hinsichtlich des Gerichts, bei dem die Klage anzubringen ist, als auch der einzuhaltenden Frist unrichtig. Für eine Bezeichnung des Gerichts, bei dem die Klage zu erheben ist, bedarf es einer eindeutigen Angabe mit Namen und Sitz (vgl. z.B. Buchheister in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 58 Rn. 5). Dem genügt die lediglich pauschale Verweisung auf ein "örtlich zuständiges Bayerisches Verwaltungsgericht", auch unter ergänzender Angabe der Homepage http://www.vgh.bayern.de, nicht. Für den rechtsunkundigen Empfänger ergibt sich daraus nicht hinreichend klar und unmissverständlich, bei welchem Gericht die Klage zu erheben ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2011 - 11 C 11.1785 - juris Rn. 14 ff.; Kluckert in: NK-VwGO, 5. Aufl. 2018, § 58 Rn. 54). Zudem ist auch die Angabe, gegen den Bescheid könne "innerhalb eines Jahrs" Klage erhoben werden, mit Blick auf die ohne weiteres auch vorliegend einschlägige einmonatige Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO unzutreffend.

2. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten den von ihm geltend gemachten Anspruch, gerichtet auf Verpflichtung zur Gewährung und Auszahlung der von ihm unter dem 9. April 2020 beantragten Corona-Soforthilfe i.H.v. 5.000 Euro, nicht inne (§ 113 Abs. 5 VwGO). Vielmehr erweist sich der Ablehnungsbescheid vom 3. Mai 2020 als rechtmäßig.

2.1 Eine Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.

Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 - 10 C 1/17 - juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 - 7 C 24.85 - juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 - 1 BvR 905/00, 1 BvR 11 BvR 1748/99 - juris Rn. 61; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).

Sind die Fördervoraussetzungen - wie hier - zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 18.5.2020 - 6 ZB 20.438 - juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 - 10 C 15.14 - juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 - 7 B 38.08 - juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 - 6 ZB 18.2102 - juris Rn. 9; VG München, U.v. 5.7.2021 - M 31 K 21.1483 - juris Rn. 23).

Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. In den hier einschlägigen Richtlinien des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie in der Fassung vom 3. April 2020 (BayMBl. 2020, Nr. 175) wird im Übrigen auch ausdrücklich klargestellt, dass die Soforthilfe ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel - und damit als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch - nach pflichtgemäßem Ermessen erfolgt.

2.2 Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Zuwendung, weil es bei ihm an der Voraussetzung der Gewährung der Soforthilfe fehlt. Nach Nr. 2.2 und Nr. 3 Satz 2 und 3 der vorgenannten Richtlinien und der damit einhergehenden Verwaltungspraxis des Beklagten muss der Antragsteller dazu glaubhaft versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass). Erforderlich sind antragstellerseits entsprechende Darlegungen zur Plausibilisierung des Liquiditätsengpasses. Es ist gerade kennzeichnend für Zuwendungsverfahren, dass es im Grundsatz in der Sphäre des Antragstellers liegt, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung darzulegen und nachzuweisen (VG Weimar, U.v. 17.9.2020 - 8 K 609/20 - juris Rn. 26; VG München, U.v. 17.2.2021 - M 31 K 20.4944 - juris Rn. 35).

Einen solchen Liquiditätsengpass hat der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht ausreichend dargelegt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der Voraussetzungen der Gewährung der Corona-Soforthilfe ist hierbei nicht der Zeitpunkt der Antragstellung durch den Kläger und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dem materiellen Recht folgend, das hier vor allem durch die Richtlinie und deren Anwendung durch den Beklagten in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist vielmehr auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung abzustellen (BayVGH, B.v. 18.5.2020 - 6 ZB 20.438 - juris Rn. 15; vgl. auch SächsOVG, U.v. 16.2.2016 - 1 A 677.13 - juris Rn. 67), so dass neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren irrelevant wären (VG Würzburg, U.v. 26.7.2021 - W 8 K 20.2031 - juris Rn. 21; vgl. auch VG Weimar, U.v. 17.9.2020 - 8 K 609/20 - juris Rn. 26; VG München, U.v. 27.8.2021 - M 31 K 21.2666 - juris Rn. 27; B.v. 25.6.2020 - M 31 K 20.2261 - juris Rn. 19).

Der Kläger hat im Antrag vom 9. April 2020 lediglich angegeben, durch die Corona-Krise und die angeordneten Beschränkungen kaum mehr Einnahmen erzielt zu haben. Die Höhe des entstandenen Liquiditätsengpasses ist ohne nähere Angaben mit 9.000 EUR beziffert. Diese Darlegungen reichen nach Nr. 2.2 und Nr. 3 Satz 2 und 3 der Förderrichtlinien und der darauf fußenden maßgeblichen Förderpraxis des Beklagten, die dem Gericht aus einer Vielzahl anderer einschlägiger Zuwendungsverfahren bekannt ist und auf die der Sache nach auch schriftsätzlich Bezug genommen wird, nicht aus, um einen Liquiditätsengpass annehmen zu können. Auch auf der Homepage des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, über die die Anträge auf Corona-Soforthilfen zu stellen waren, finden sich (bzw. fanden sich während der Antragsfrist der Corona-Soforthilfen, vgl. Nr. 6 Satz 1 der Richtlinien vom 3. April 2020) im Übrigen entsprechende Hinweise zum Zuwendungsverfahren. Dort wird bzw. wurde unter der Rubrik "Häufig gestellte Fragen" erläutert, dass bei der Angabe der Gründe für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass ein pauschaler Verweis auf die Corona-Krise und die damit einhergehenden gravierenden Nachfrage- und Produktionsausfälle, unterbrochene Lieferketten, Stornierungswellen, massive Umsatzeinbußen und Gewinneinbrüche keinen ausreichenden Grund für eine Förderung darstellt (vgl. auch VG München, U.v. 30.9.2020 - M 31 K 20.2096 - juris Rn. 17 f.).

Erst mit Schreiben vom 28. Mai 2020, mit der der Kläger die Beklagte um Überprüfung der ablehnenden Entscheidung bittet, schlüsselte er seinen betrieblichen Sachaufwand für den Monat April 2020 näher auf. Dies erfolgte nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens und damit nach dem für die gerichtliche Beurteilung der Ablehnungsentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt.

2.3 Unabhängig von Vorstehendem fehlte es der Klägerin auch an der Antragsberechtigung. Antragsberechtigt sind nach Nr. 2.3 der Richtlinien zu den Corona-Soforthilfen, die in der Verwaltungspraxis des Beklagten auch entsprechend angewendet und umgesetzt wird, nur Unternehmen, die nicht bereits am 31. Dezember 2019 gemäß Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung in wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren. Der Begriff des "Unternehmens" im Sinne der Nr. 2.3 der Richtlinien umfasst nicht nur juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften, sondern jede Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt (Art. 1, Anhang I zur Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung). Als - nach den Angaben im Antrag vom 9. April 2020 - Einzelunternehmer übt der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter des fortgeführten Betriebs eine solche wirtschaftliche Tätigkeit aus.

Seine Antragsberechtigung fehlte nach Nr. 2.3 der Richtlinien zu den Corona-Soforthilfen, weil sich das Unternehmen bereits am 31. Dezember 2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach Art. 2 Nr. 18 Buchst. c) der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung befunden hat. Danach ist ein Unternehmen in Schwierigkeit, das Gegenstand eines Insolvenzverfahrens ist. Dies trifft auf das Unternehmen des Klägers zu; das Insolvenzverfahren ist mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 2. April 2019 über das Vermögen der N. A. eröffnet worden und wurde bis zum maßgeblichen Stichtag des 31. Dezember 2019 auch nicht beendet.

Nicht zu beanstanden ist es in diesem Zusammenhang, dass sich der Beklagte bei der Beurteilung, ob sich ein Unternehmen in Insolvenz befindet, auf eine formelle Betrachtung, nämlich die Eröffnung und Fortdauer des Insolvenzverfahrens stützt, anstelle eine individuelle Prüfung vorzunehmen, ob das vom Kläger fortgeführte Unternehmen zum maßgeblichen Stichtag eine positive Prognose aufweist, daher möglicherweise ausnahmsweise nicht als Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten anzusehen und damit einem Unternehmen außerhalb des Insolvenzverfahrens gleichzustellen sein könnte. Die Klägerbevollmächtigte trug dazu schriftsätzlich sowie in der mündlichen Verhandlung umfangreich zum Gesetzeszweck und der Systematik des deutschen Insolvenzrechts vor, wonach mit der Entscheidung des Insolvenzverwalters, aufgrund seiner positiven Prognoserechnung einen Betrieb fortzuführen, ein vom ursprünglich insolventen Unternehmen losgelöstes, eigenständiges Betriebsvermögen entstünde, das sowohl sozialversicherungs- als auch steuerrechtlich als neuer Betrieb behandelt würde. Insolvent sei demnach nur die ehemalige Unternehmerin, nicht aber der Insolvenzverwalter, der nunmehr allein verwaltungs- und verfügungsbefugt über das Unternehmen sei und auf den somit als Antragsteller für die Antragsberechtigung abzustellen sei. Darauf kommt es jedoch aufgrund des eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsmaßstab im Zuwendungsrecht nicht an, denn das Gericht darf die Förderrichtlinie nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - auslegen, sondern hat lediglich zu prüfen, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt (vgl. oben Rn. 20).

Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung die Zuwendungspraxis in dieser Weise dargelegt und bestätigt. Aufgrund des freiwilligen Charakters der Förderung und dem weiten Ermessen des Förderungsgebers bei der Aufstellung von Förderrichtlinien müssen diese, wie ausgeführt, von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Vorstehende Grundsätze sind dabei konsequenterweise nicht allein für die Gewährung einer Förderung an sich, sondern gleichermaßen für die Durchführung des der Förderung vorgeschalteten Verwaltungsverfahrens einschließlich der Art der Antragstellung entsprechend heranzuziehen (VG Würzburg, B.v. 13.7.2020 - W 8 E 20.815 - juris Rn. 28). Es ist jedenfalls nicht willkürlich, wenn der Zuwendungsgeber nur eine dergestalt formalisiertes Verfahren vorsieht, da hierfür sachliche Gründe gegeben sind. In Massenverfahren wie dem Vorliegenden kann insbesondere unter Beschleunigungs- und Effektivitätsgesichtspunkten ein Zuwendungsgeber das Verfahren so ausgestalten, dass die Entscheidungsfindung über den Antrag nur nach bestimmten standardisierten und formalisierten Abläufen erfolgt. Dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Effektivitäts- und Zügigkeitsgebot (Art. 10 Satz 2 BayVwVfG) kommt bei der administrativen Bewältigung des erheblichen Förderantragsaufkommens im Zusammenhang der Corona-Soforthilfe besondere Bedeutung zu; dies gerade auch deswegen, um den Antragstellern möglichst schnell Rechtssicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten ihrer Anträge und damit über die (Nicht-) Gewährung der Soforthilfe geben zu können (vgl. VG München, U.v. 17.2.2021 - M 31 K 20.4944 - juris Rn. 30; B.v. 25.6.2020 - M 31 K 20.2261 - juris Rn. 18; VG Düsseldorf, U.v. 14.12.2020 - 20 K 4706/20 - juris Rn. 48). Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte auf Grundlage der Information aus dem Antragsformular, wonach das Unternehmen des Antragstellers einem laufenden Insolvenzverfahren des Amtsgericht München, unterliegt, von einer fehlenden Antragsberechtigung ausgeht.

Unschädlich ist dabei, dass im streitbefangenen Bescheid die Insolvenz des Antragstellers nur am Rande, nämlich in der Sachverhaltsbeschreibung, erwähnt war und sich die rechtliche Würdigung auf die unzureichende Darlegung des Liquiditätsengpasses beschränkte. Als Ablehnungsgrund wurde die fehlende Antragsberechtigung erstmals in der Antwort der Beklagten (Bl. 26 der Behördenakte) auf die Gegenvorstellung des Klägers benannt. Unabhängig davon, dass bereits die ursprüngliche Begründung betreffend die fehlenden Angaben zum Liquiditätsengpass eine Ablehnung trägt, ist die nachträgliche Erweiterung der Begründung durch die Beklagte zulässig. Nicht nur das Nachschieben einzelner Begründungselemente, sondern sogar der vollständige Austausch der Begründung erst im Verwaltungsprozess ist auch bei Ermessensentscheidungen grundsätzlich zulässig (vgl. Quaas/Zuck/Funke-Kaiser, Prozesse in Verwaltungssachen, § 3 Rn. 534 ff.; Hufen/Siegel, Fehler im Verwaltungsverfahren, Teil 2 Rn. 495 ff.). Vorliegend bestehen hiergegen schon deshalb keine Bedenken, weil die zugrundeliegende Tatsache, nämlich die Insolvenz des Klägers, bereits im streitgegenständlichen Bescheid genannt wurde und die entsprechende rechtliche Würdigung noch im Verwaltungsverfahren, nämlich als Reaktion auf die Remonstration, erfolgte. Indem die Klägerbevollmächtigte zu der Thematik im Klageverfahren umfangreich Stellung nahm, ist keinerlei Beeinträchtigung der Rechtsschutzfunktion von Ermessensentscheidungen (vgl. Hufen/Siegel aaO Rn. 496) ersichtlich.

Folglich ergibt sich kein Anspruch des Klägers aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis. Es ist insbesondere weder vorgetragen noch ersichtlich, dass vom Beklagten in vergleichbaren Fällen trotz der auf den oben genannten staatlichen Internetseiten dargestellten Handhabung und der Ausführungen in den Schriftsätzen im Klageverfahren eine Antragsberechtigung als gegeben angesehen und eine Corona-Soforthilfe gewährt wurde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich die Verwaltungspraxis an den zitierten Vorgaben und den schriftsätzlichen Ausführungen orientiert. Für die Annahme eines atypischen Einzelfalls, der ausnahmsweise zu einer abweichenden Betrachtung führt, gibt es - soweit man hierfür überhaupt einen Anwendungsbereich bejahte (ablehnend dazu VG München, U.v. 3.7.2021 - M 31 K 21.1483 - juris Rn. 29 ff.) - keinerlei Anhaltspunkte.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

VERWALTUNGSGERICHT DES SAARLANDES

Urteil vom 6. Dez. 2023

1 K 467/23

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Mit Bescheid vom 21.02.2021 bewilligte der Beklagte der Klägerin auf deren Antrag vorläufig Corona-Überbrückungshilfe III in der Form der Betriebskostenpauschale (Neustarthilfe) in Höhe von 7.500 €.

Die Klägerin beantragte am 29.10.2021 die endgültige Festsetzung.

Im Rahmen der systemseitigen Prüfungsroutine fand ein automatisierter Abgleich der Daten des Antrags mit dem Datenbestand der Finanzverwaltung statt, welcher einen Hinweis auf eine Geschäftsaufgabe ergab. Daraufhin forderte der Beklagte die Klägerin im Antragsportal auf mitzuteilen, wann der Geschäftsbetrieb eingestellt wurde, die entsprechende Gewerbeabmeldung vorzulegen und die im Antrag angegebene Steuernummer auf Aktualität zu überprüfen. Seitens der Klägerin erfolgte keine Reaktion.

Mit Schluss-Ablehnungsbescheid vom 27.01.2023 hat der Beklagte sodann den Antrag vom 29.10.2021 auf endgültige Gewährung der beantragten Neustarthilfe unter gleichzeitiger Ersetzung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 21.02.2021 abgelehnt und die Klägerin zur Rückzahlung der an sie ausgezahlten 7.500 € aufgefordert. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, dass die Sachverhaltsangaben der Klägerin zu ihrem Antrag auf Endabrechnung unvollständig seien. Die Klägerin sei mit Anfragen vom 24.11.2022, 05.12.2022, 15.12.2022 und 03.01.2023 gebeten worden, ihre Unterlagen zu komplettieren. Auch sei sie auf ihre Mitwirkungspflicht im Antragsverfahren gemäß § 26 Abs. 2 S VwVfG hingewiesen worden. Da sie die erforderlichen Sachverhaltsangaben nicht eingereicht habe, sei sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln gebiete es, Förderanträge abzulehnen, wenn wesentliche unabdingbare Fördervoraussetzungen nicht vorlägen bzw. nicht nachgewiesen seien, was in gleichgelagerten Fällen ebenfalls stets zur Ablehnung der Anträge führe.

Der Bescheid wurde der Klägerin am 08.03.2023 postalisch zugestellt.

Am 23.03.2023 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben.

Sie macht geltend, entgegen dem angefochtenen Bescheid die darin erwähnten Anfragen zu Sachverhaltsangaben zu ihrem Antrag auf Endabrechnung vom 24.11.2022, 05.12.2022, 15.12.2022 und 03.01.2023 nicht erhalten zu haben. Sowohl die Antragstellung als auch der komplette Kontakt und Schriftverkehr mit Ausnahme der förmlichen postalischen Zustellung des angefochtenen Bescheids vom 27.01.2023 sei über das Elster-Portal erfolgt bzw. hätte über dieses erfolgen sollen. Die Klägerin habe die vom Beklagten behaupteten Anfragen jedoch weder über das Elster-Portal noch sonst erhalten. Sie habe ihr Elster-Portal fortlaufend kontrolliert. Eigentlich hätte auch der angefochtene Bescheid über das Elster-Portal zugestellt werden sollen. Dies sei jedoch ebenfalls nicht geschehen. Die Klägerin habe über das Elster-Portal nur lediglich eine Konsensmitteilung erhalten, wonach sie verpflichtet sei, erfolgte Auszahlungen und Rückzahlungen an die für sie zuständige Finanzbehörde zu melden. Darüber hinaus habe sie eine Benachrichtigung vom 27.01.2023 erhalten, wonach im Elster-Portal ein Bescheid zu ihrem Antrag zum elektronischen Abruf bereitstehe. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Im Elster-Portal seien vielmehr offenkundig Falschmitteilungen eingestellt gewesen, die überhaupt nichts mit der Klägerin zu tun gehabt hätten. Das Elster-Portal habe offensichtlich fehlerhaft gearbeitet.

Da die Klägerin die vom Beklagten angegebenen Anfragen nicht erhalten habe, habe sie auch nicht gegen Mitwirkungspflichten verstoßen.

Nach den von ihr im Antrag auf Endabrechnung gemachten, zur Beurteilung der Gewährung der Förderung ausreichenden Angaben lägen in ihrem Fall die Voraussetzungen für die Gewährung einer Förderung in Höhe von 5.953,10 € vor, so dass lediglich ein Teilbetrag von 1.546,90 Euro zurückzuzahlen sei.

Zum Beleg der ihr ihrer Auffassung nach zustehenden Förderung hat die Klägerin der Klageschrift Kopien einer Umsatzsteuervoranmeldung für das 2. Kalendervierteljahr 2021 sowie eines betriebswirtschaftlichen Kurzberichts der x für April bis Juni 2021 vorgelegt, der auch Daten für den Zeitraum Januar bis März 2021 enthält.

Soweit der Beklagte meine, der Förderbetrag sei auch in der eigentlich begründeten Höhe von 5.953,10 Euro zurück zu erstatten, weil der Beklagte im Verwaltungsverfahren zum letztmöglichen Zeitpunkt nicht habe feststellen können, ob die Fördervoraussetzungen vorgelegen hätten und der Vortrag der Klägerin im Klageverfahren verspätet sei, gehe dies fehl.

Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Artikel 3 Abs. 1 GG stehe der Klägerin unter den gleichen sachlichen Voraussetzungen wie den übrigen geförderten Personen und Unternehmen die begehrte Förderung zu, soweit die sachlichen Voraussetzungen vorlägen, auch wenn die Klägerin die entsprechenden Voraussetzungen für die Förderung im Verwaltungsverfahren noch nicht hinreichend dargelegt habe, sondern dies erst während des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens erfolgt sei.

Dass die Klägerin die notwendigen Daten und Informationen dem Beklagten nicht schon bis zum Ende des Verwaltungsverfahrens, sondern erst im Rahmen des Klageverfahrens habe zukommen lassen, sei unverschuldet gewesen, da die Klägerin keine Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen erhalten habe. Die Darlegungs- bzw. Beweislast für den Erhalt der Anfragen liege beim Beklagten.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

den Schluss-Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 27.01.2023 (AZ: ) aufzuheben/abzuändern, soweit der Antrag der Klägerin vom 29.10.2021 auf Endabrechnung über die Gewährung einer Neustarthilfe auf Grundlage von § 53 der Haushaltsordnung des Saarlandes (LHO), der dazugehörigen Verwaltungsvorschriften und der Richtlinien der Gewährung von Corona-Bundeshilfen für kleine und mittelständige Unternehmen in der jeweils gültigen Fassung für den beantragten Zeitraum Januar bis Juni 2021 abgelehnt, ein Anspruch auf Billigkeitsleistung nach Endabrechnung abschließend abgelehnt und die Rückzahlung der bisher aufgrund des vorläufigen Bewilligungsbescheids vom 21.02.2021 an die Klägerin vom Beklagten geleisteten Zahlungen in Höhe von 7.500 Euro angeordnet wurde,

den Beklagten zu verurteilen, auf den Antrag der Klägerin vom 29.10.2021 auf Endabrechnung hin der Klägerin eine endgültige Corona-Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständige Unternehmen in der jeweils gültigen Fassung für den Zeitraum Januar bis Juni 2021 als „Neustarthilfe“ in Höhe von 5.953,10 Euro endgültig zu gewähren und den von der Klägerin an den Beklagten zurückzuzahlenden Betrag aufgrund der aufgrund des vorläufigen Bewilligungsbescheids vom 21.02.2021 gewährten Leistungen auf 1.546,90 Euro festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Argumentation im angefochtenen Bescheid.

Bei der hier begehrten Corona-Überbrückungshilfe III handele es sich um eine Billigkeitsleistung. Ein Rechtsanspruch bestehe demnach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie.

Gemäß Ziff. 3 (1) i. V. m. Ziff. 2 (2), (3a) der Richtlinien für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen im Förderzeitraum November 2020 bis Juni 2021 („Corona-Überbrückungshilfe III") seien Soloselbständige nur dann antragsberechtigt, wenn sie wirtschaftlich am Markt tätig seien. Nicht wirtschaftlich am Markt tätig seien Unternehmen und Soloselbständige, die ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingestellt hätten. Werde der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb vor dem 30.06.2021 dauerhaft eingestellt, sei die Neustarthilfe gemäß Ziff. 5 (7) der Richtlinien zurückzuzahlen.

Vor dem Hintergrund der Rückmeldung der Finanzverwaltung sei der Beklagte insbesondere zur Prüfung angehalten gewesen, ob die Klägerin ihre soloselbständige bzw. gewerbliche Tätigkeit zum Zeitpunkt der Beantragung der vorläufigen Bewilligung der Neustarthilfe noch ausgeübt habe und damit antragsberechtigt gewesen sei bzw. ob sie ihre Tätigkeit vor dem 30.06.2021 aufgegeben habe und somit zur vollständigen Rückzahlung der gewährten Hilfe verpflichtet gewesen sei.

Mangels Mitwirkung habe der Beklagte dies nicht feststellen können, da seine Nachfragen nicht beantwortet worden seien. Zur Prüfung, ob die Klägerin ihre soloselbständige bzw. gewerbliche Tätigkeit vor der Beantragung der vorläufigen Festsetzung der Neustarthilfe am 20.02.2021 oder vor dem 30.06.2021 eingestellt habe, habe der Beklagte die Klägerin über das Antragportal erstmalig am 24.11.2022, in der Folge jeweils wegen Nichtbeantwortung erneut am 05.12.2022 und 15.12.2022 und letztmalig am 03.01.2023, verbunden mit dem Hinweis, dass bei Nichtbeantwortung mit einer Ablehnung zu rechnen sei, dazu aufgefordert mitzuteilen, wann der Geschäftsbetrieb eingestellt worden sei, die entsprechende Gewerbeabmeldung vorzulegen und die im Antrag angegebene Steuernummer auf Aktualität zu überprüfen. Über das Vorliegen der Nachfragen im Antragsportal, die Notwendigkeit, diese zu beantworten, sowie über die zur Beantwortung eingeräumte Frist von 10 Tagen sei die Klägerin jeweils taggleich per E-Mail an die von ihr im Antrag für Kommunikationszwecke angegebene E-Mail-Adresse xx informiert worden. Die Klägerin habe auf keine der vorgenannten Nachfragen geantwortet. Sie habe die angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt.

Das klägerische Vorbringen, keine Nachricht erhalten zu haben, sei nicht glaubhaft. Denn Benachrichtigungen, wonach die Nachfragen im elektronischen Portal zur Beantwortung innerhalb von 10 Tagen bereitstünden, seien an die von der Klägerin angegebene E-Mail-Adresse versandt worden. Dies sei dieselbe E-Mail-Adresse, über die die Klägerin die Benachrichtigung zum Vorliegen des Schluss-Ablehnungsbescheids erhalten habe.

Im Übrigen belege auch eine von der Klägerin am 13.05.2023 an den Vertreter des Beklagten abgesandte E-Mail, welcher am 09.05. bzw. am 13.05.2023 gefertigte Screenshots angefügt gewesen seien, dass die Klägerin über die Nachfragen des Beklagten sehr wohl unterrichtet worden sei.

So fänden sich in den Screenshots diejenigen E-Mails vom 24.11.2022 sowie 05.12.2022, die die Klägerin über das Vorliegen der entsprechenden Nachfragen im Antragsportal unterrichtet und sie dazu aufgefordert hätten, die Fragen innerhalb von 10 Tagen zu beantworten. Dass in den darüber hinaus angefügten Screenshots des Posteingangs ihres Elster-Portals keine Eingänge mit den Nachfragen des Beklagten zu finden seien, sei nicht weiter verwunderlich. Denn Nachfragen der hier in Rede stehenden Art würden grundsätzlich nicht im Elster-Portal eingestellt, sondern – wie vom Antragssystem vorgesehen – im Antragsportal und dort jeweils nach 10 Tagen geschlossen, so dass sie danach nicht mehr sichtbar seien. Die Benachrichtigungs-E-Mails vom 24.11.2022 sowie 05.12.2022 mit dem Betreff „Neue Nachfrage…“, die die Klägerin dem Beklagten am 13.05.2023 vorgelegt habe und die belegten, dass die Klägerin vom Vorliegen von Nachfragen des Beklagten im Antragsportal gewusst habe, verwiesen folgerichtig zur Beantwortung dieser Nachfragen auf das Antragsportal.

Das von der Klägerin vorgelegte, nach deren Auffassung in keinerlei Bezug zu ihrem Verfahren stehende Dokument im Elster-Portal (eine E-Mail von S. vom 25.11.2022) sei das Resultat eines Programmfehlers. Die im Rahmen der Endabrechnung erlassenen Schlussbescheide würden innerhalb der Antragsplattform auf Seiten der Bewilligungsstelle als „Anhänge der Sachbearbeitung“ abgelegt. Die Bescheide würden nach Erlass über eine Schnittstelle der Antragsplattform an das Elster-Portal übermittelt. Diese Übermittlung sei in einigen Fällen aufgrund technischer Probleme zunächst fehlgeschlagen, jedoch nach Behebung des Programmfehlers zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Da für die Bewilligungsstelle nicht vorhersehbar gewesen sei, zu welchem Zeitpunkt die Übermittlung an Elster erfolgreich abgeschlossenen sein würde, sei ersatzweise die Zustellung auf dem Postweg erfolgt. In den Fällen, in denen nach Erlass des Schlussbescheids durch die Bewilligungsstelle, aber vor der erfolgreichen Übermittlung des Bescheids an das Elster-Portal Anlagen im Portal eingestellt worden seien, habe die Antragsplattform - wie auch im Fall der Klägerin - den jeweils jüngsten „Anhang der Sachbearbeitung“ übermittelt.

Ihrer Mitwirkungspflicht nach § 26 Abs. 2 SVwVfG sei die Klägerin mithin nicht nachgekommen.

Der Beklagte habe daher als Folge der unterbliebenen Mitwirkung nicht feststellen können, ob die Klägerin dem Grunde nach antragsberechtigt gewesen sei. Dieser Kenntnisstand im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung sei dem materiellen Recht folgend für das Vorliegen der Antragsvoraussetzungen maßgeblich. Im Rahmen des Klageverfahrens erfolgender Vortrag zur Antragsberechtigung sei verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.

Da es der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln und der allgemeine Gleichheitssatz geböten, Förderanträge insbesondere immer dann abzulehnen, wenn das Vorliegen wesentlicher unabdingbarer Fördervoraussetzungen nicht festgestellt werden könne und der Beklagte in seiner ständigen Verwaltungspraxis solche Anträge grundsätzlich ablehne, sei der Antrag der Klägerin abgelehnt und der vorläufig bewilligte und an die Klägerin zur Auszahlung gebrachte Betrag in Höhe von 7.500,00 € zurückgefordert worden. Da die Bewilligung lediglich unter Vorbehalt erfolgt sei, ersetze der Schlussbescheid den Bescheid vom 21.02.2021, ohne dass es eines Aufhebungsaktes bedürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe 

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 27.01.2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Recht unter gleichzeitiger Ersetzung des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 21.02.2021 den Antrag der Klägerin auf endgültige Gewährung der beantragten Neustarthilfe abgelehnt und die Klägerin zur Rückzahlung des bereits ausgezahlten Betrages in Höhe von 7.500,- € aufgefordert. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf endgültige Zuerkennung der von ihr in Höhe von 5.953,10 € begehrten Neustarthilfe (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).

Bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 21.02.2021 handelte es sich um einen sogenannten vorläufigen Verwaltungsakt.

Der Beklagte hat sich damit einer in Literatur und Rechtsprechung im Subventionsrecht allgemein anerkannten Regelungsweise bedient, die für Situationen entwickelt wurde, bei denen im Zeitpunkt des Erlasses des Zuwendungsbescheids eine tatsächliche Ungewissheit besteht.

Von einem vorläufigen Verwaltungsakt ist im Bereich der Zuwendungsgewährung auszugehen, wenn die Zuwendung unter dem Vorbehalt einer späteren abschließenden Entscheidung bewilligt wird. Ein solcher Bewilligungsbescheid ist in seinem Regelungsinhalt dahingehend eingeschränkt, dass der Begünstigte die Zuwendung zunächst nur vorläufig bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung behalten darf. Ob ein Anspruch auf das endgültige Behaltendürfen der Zuwendung besteht, hängt dagegen von dem Inhalt des abschließenden Bewilligungsbescheids, des Schlussbescheids, ab.

Ein Bedürfnis für eine solche lediglich vorläufige Regelung kann insbesondere dann bestehen, wenn zum Erlasszeitpunkt des vorläufigen Bescheids eine tatsächliche Unsicherheit besteht – etwa wie vorliegend hinsichtlich der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens der Klägerin im Bewilligungszeitraum (insbesondere der erzielten Umsätze), die naturgemäß erst nach dem Förderzeitraum ermittelt werden kann. Das Subventionsverhältnis wird dabei zunächst durch den Zuwendungsbescheid geregelt, der aber unter den Vorbehalt der späteren Festsetzung gestellt wird und damit auf eine Ergänzung durch einen weiteren Verwaltungsakt angelegt ist, durch den die Zuwendung in den offen gehaltenen Punkten abschließend geregelt werden sollte.

Der Vorbehalt endgültiger Regelung bewirkt, dass die Behörde die vorläufige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG gebunden zu sein. Bei einer späteren endgültigen Regelung durch einen Schlussbescheid bedarf es insoweit keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligung, da diese durch den Schlussbescheid ersetzt wird. Mit dem Erlass der endgültigen Festsetzung verliert die vorläufige Regelung ihre Wirksamkeit

Wie weit der Vorbehalt der endgültigen Regelung reicht und ob er die Bewilligung insgesamt oder nur Teilregelungen des ursprünglichen Bewilligungsbescheids umfasst, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch wenn die Behörde einen unter Vorbehalt gestellten Verwaltungsakt später durch einen Schlussbescheid ersetzt, so kommt eine inhaltlich abweichende Regelung im Schlussbescheid - außer in den Fällen der §§ 48, 49 VwVfG - nur in Betracht, wenn sie aus den Gründen ergeht, wegen derer die frühere Regelung unter Vorbehalt gestellt wurde.

Die Regelungen des ursprünglichen Bewilligungsbescheids unterliegen insoweit der Auslegung aus Sicht eines objektiven Empfängers entsprechend der §§ 133, 157 BGB. Das Gericht hat den Bewilligungsbescheid dahin zu erforschen, wie der Adressat ihn unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste.

Ausgehend von diesen Maßstäben ist der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 21.02.2021 eindeutig dahin zu verstehen, dass er die der Klägerin gewährte Förderung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nur vorläufig regelte, die endgültige Gewährung jedoch von der im Zeitpunkt des Erlasses des vorläufigen Bewilligungsbescheides noch ungewissen Entwicklung des Unternehmens der Klägerin während des (sechsmonatigen) Bewilligungszeitraums abhing und insoweit unter dem Vorbehalt einer nach dem Bewilligungszeitraum vorzunehmenden Endabrechnung stand.

So ist bereits im ursprünglich von der Klägerin am 20.02.2021 ausgefüllten Antragsformular auf die Verpflichtung zur Einreichung einer Endabrechnung, deren Maßgeblichkeit für die endgültige Gewährung der Neustarthilfe sowie die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer 3.4 der FAQ hingewiesen worden. Auch ist im Antrag wiederholt von einer zunächst erfolgenden bloßen „Vorschusszahlung“ die Rede.

Wörtlich heißt es im Antragsformular u.a.:

„Die/der Antragstellende darf die als Vorschuss ausgezahlte Neustarthilfe in voller Höhe behalten, wenn…Nach Ablauf des Förderzeitraums wird die Höhe der Neustarthilfe be[1]rechnet, auf die der Antragsteller endgültig Anspruch hat.“

sowie später

„Ich erkläre ausdrücklich, bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides eine Endabrechnung zu erstellen. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Neustarthilfe teilweise oder vollständig an die Bewilligungsstelle zurückzuzahlen ist, wenn sich der Zuschuss auf Grundlage der Endabrechnung teilweise oder vollständig als unberechtigt erweist. …“

Im zunächst ergangenen Bescheid vom 21.02.2021 heißt es darüber hinaus u.a.:

„Die Bewilligung und Auszahlung der Neustarthilfe ergeht unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung im Rahmen der Endabrechnung. Der Betrag verringert sich insbesondere, wenn …“ sowie „Die Endabrechnung ist bis zum 31.12.2021 über ein Online Tool…durchzuführen. … Im Rahmen der Endabrechnung wird die endgültige Förderhöhe der Neustarthilfe anhand des im Förderzeitraum Januar 2021 bis Juni 2021 realisierten Umsatzes berechnet. Sollte der in der Endabrechnung berechnete Förderbetrag geringer ausfallen als die bereits ausgezahlte Vorauszahlung, ist die Neustarthilfe (anteilig) zurückzuzahlen. …“

Handelte es sich demnach bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 21.02.2021 um einen vorläufigen Verwaltungsakt, ist der Schlussablehnungsbescheid vom 27.01.2023, mit dem unter Ersetzung des Bescheides vom 21.02.2021 die begehrte Neustarthilfe endgültig abgelehnt und die bereits geleistete Zahlung in Höhe von 7.500,00 € zurückgefordert wurde, rechtlich nicht zu beanstanden, da die Klägerin bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht dargelegt hat, zum Kreis der Zuwendungsberechtigten zu gehören.

Dabei ist von Folgendem auszugehen:

Bei Zuwendungen wie der Neustarthilfe handelt es sich um eine Billigkeitsleistung nach § 53 LHO (vgl. hierzu auch Ziffer I. Nr. 1 Abs. 1 der Richtlinien „Corona-Überbrückungshilfe III“), die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Hilfe begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinien im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. §§ 53, 23 und 44 LHO und Ziffer I. Nr. 1 Abs. 2 der Richtlinie). Die Richtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Ein Rechtsanspruch lässt sich nur – gestützt auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes - aus einer Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien herleiten. Für die gerichtliche Prüfung der Gewährung einer Billigkeitsleistung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist.

Richtlinien der hier in Rede stehenden Art dürfen nicht wie Gesetze oder Verordnungen gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten.

Bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, ist der Richtliniengeber weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Solange sich eine Regelung aber auf sachbezogene Gesichtspunkte stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden.

Sind die Fördervoraussetzungen zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG), im Einklang mit §§ 23 und 44 SHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die gerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob bei Anwendung der Richtlinien im Einzelfall der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder eine andere einschlägige Rechtsvorschrift verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist.

Entscheidend ist dabei – wie dargelegt -, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Nur entsprechend den vorgenannten Grund-sätzen kann im Einzelfall ein Anspruch auf Förderung bestehen.

Ausgehend davon steht der Klägerin nach der an den maßgeblichen Richtlinien ausgerichteten einschlägigen Verwaltungspraxis des Beklagten kein Anspruch auf Neustarthilfe zu. Denn sie hatte bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der abschließenden Behördenentscheidung nicht hinreichend dargelegt, antragsberechtigt gewesen zu sein.

Gemäß Ziff. 3 (1) i. V. m. Ziff. 2 (2), (3a) der Richtlinien für die Gewährung von Corona Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen im Förderzeitraum November 2020 bis Juni 2021 („Corona-Überbrückungshilfe III") sind Soloselbständige nur dann antragsberechtigt, wenn sie wirtschaftlich am Markt tätig sind. Nicht wirtschaftlich am Markt tätig sind Unternehmen und Soloselbständige, die ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingestellt haben. Wird der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb vor dem 30.06.2021 dauerhaft eingestellt, ist die Neustarthilfe gem. Ziff. 5 (7) der Richtlinien zurückzuzahlen. Gemäß Ziff. 8 (1) der Richtlinien obliegt die Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen der Bewilligungsstelle, die - soweit dafür erforderlich - entsprechende Unterlagen anfordert.

Vorliegend bot eine Mitteilung der Finanzverwaltung, wonach der Geschäftsbetrieb der Klägerin nach deren Erkenntnissen zwischenzeitlich eingestellt sei, dem Beklagten Anlass, insbesondere zu überprüfen, ob die Klägerin ihre gewerbliche Tätigkeit zum Zeitpunkt der Beantragung der vorläufigen Bewilligung der Neustarthilfe noch ausgeübt bzw. ob sie ihre Tätigkeit vor dem 30.06.2021 aufgegeben hatte.

Da wiederholte Nachfragen des Beklagten hierzu, welche am 24.11.2022, 05.12.2022, 15.12.2022 und 03.01.2023 in das Antragsportal eingestellt wurden, unbeantwortet blieben, hat die Klägerin es versäumt, bis zum Zeitpunkt der abschließenden Behördenentscheidung darzulegen, dass in ihrer Person sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung von Neustarthilfe vorlagen, so dass der Beklagte eine entsprechende Feststellung nicht hat treffen können und von daher die Gewährung von Neustarthilfe mit dem angefochtenen Schlussablehnungsbescheid zu Recht versagt hat.

Die von der Klägerin nach Bescheiderlass im Klageverfahren nachgeholten Angaben und vorgelegten Unterlagen rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Bescheides.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bzw. des Bestehens eines Zuwendungsanspruchs ist nämlich der Kenntnisstand des Beklagten zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Denn nach der geübten und dem Gericht aus zahlreichen weiteren Verfahren bekannten Verwaltungspraxis des Beklagten werden die Zuwendungsvoraussetzungen allein aufgrund der bis zur letzten behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet. Dem materiellen Recht folgend, das hier durch die Vollzugshinweise und FAQ sowie deren Anwendung durch den Beklagte in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist daher auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung abzustellen. Die Vorlage neuer Unterlagen oder neuer Tatsachenvortrag im Klageverfahren ist danach nicht zur berücksichtigen.

Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen.

Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, konnte und musste auch im Rahmen der konkreten Behördenentscheidung nicht berücksichtigt werden, so dass entscheidungsrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden. Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin im Rahmen des Zuwendungsantrags, insbesondere von der Mitteilung und Substanziierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Insoweit trifft jeden Antragsteller im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens eine zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (§ 26 Abs. 2 SVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben.

Von daher ist unerheblich, ob nach den von der Klägerin erstmals im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen eine Bewilligung der begehrten Neustarthilfe in Betracht gekommen wäre.

Soweit die Klägerin geltend macht, die vorgenannten Anfragen des Beklagten nicht erhalten zu haben, ergibt sich daraus nichts Anderes. Den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass die vom Beklagten genannten Anfragen am jeweiligen Tag in das Antragsportal eingestellt wurden und die Klägerin hierüber taggleich über die von der Klägerin zu Kommunikationszwecken angegebene E-Mail-Adresse informiert wurde. Dass die Klägerin jedenfalls die an ihre E-Mail-Adresse gerichteten Mitteilungen vom 24.11.2022 und 05.12.2022 erhalten hat, ergibt sich bereits aus den von ihr selbst gefertigten, mit E-Mail vom 13.05.2023 an Herrn x vom Beklagten übermittelten Screenshots. Da nicht erkennbar ist, aus welchen Gründen die Klägerin die Benachrichtigungen vom 15.12.2022 und 03.01.2023 nicht erhalten haben sollte, kann – unabhängig davon, ob der Zugang dieser weiteren Benachrichtigungen überhaupt entscheidungserheblich ist - davon ausgegangen werden, dass ihr auch diese zugegangen sind. Dass die Klägerin die ins Antragsportal eingestellten konkreten Anfragen nicht zur Kenntnis genommen hat, ist – ausgehend vom eigenen Vorbringen der Klägerin, wonach sie im Elster-Portal entsprechende Anfragen nicht hat finden können – offensichtlich darauf zurückzuführen, dass die Klägerin der Auffassung war, dass der „komplette Kontakt“ über das Elster-Portal erfolgen sollte und demzufolge im falschen Portal, nämlich im Elster statt im Antragsportal für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe nachgesehen hat. Dies ist allein der Klägerin zuzurechnen.

Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Elster-Portal im fraglichen Zeitraum fehlerbehaftet gewesen sei, was schon daran erkennbar sei, dass ihr auch der Schlussablehnungsbescheid nicht über das Elster-Portal habe zugestellt werden können, sie vielmehr dort eine Mail vorgefunden habe, die mit ihren Angelegenheiten nichts zu tun gehabt habe. Zwar hat der Beklagte eingeräumt, dass eine Zustellung von Coronahilfebescheiden über das Elsterportal im fraglichen Zeitraum vorübergehend gestört gewesen sei, weshalb die entsprechenden Bescheide – wie im Falle der Klägerin – postalisch zugestellt worden seien. Dies betraf nach den überzeugenden Darlegungen des Beklagten aber lediglich eine Schnittstelle zur Einstellung der Bescheide im Elster-Portal, wohingegen nach Angaben des Beklagten das Antragsportal ansonsten ordnungsgemäß funktionierte. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass über die Schnittstellenproblematik hinaus auch die Kommunikation im Antragsportal gestört gewesen wäre, lassen sich weder dem Vorbringen der Klägerin entnehmen noch sind solche sonst erkennbar. Auch vermochte der Beklagte nachvollziehbar darzulegen, wie es zu der von der Klägerin im Elster-Portal vorgefundenen E-Mail vom 25.11.2022 kam, die zwar in Zusammenhang auch mit dem Antragsverfahren der Klägerin stand, aber zugegebenermaßen für die Klägerin ohne Erläuterung nicht verständlich war. Dass im Zeitraum von November 2022 bis Januar 2023 die Kommunikation über das Antragsportal gestört gewesen sein könnte, lässt sich weder aus dem Vorfinden der E-Mail im Elster-Portal ableiten noch deren Inhalt entnehmen.

Als Folge der unterbliebenen Beantwortung der Nachfragen des Beklagten konnte dieser nicht abschließend feststellen, ob die Klägerin alle Voraussetzungen für die Gewährung von Neustarthilfe erfüllte, also dem Grunde nach antragsberechtigt war und hat demzufolge im Schlussbescheid unter Ersetzung des vorläufigen Bescheides vom 21.02.2021 die Gewährung von Neustarthilfe abgelehnt. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass diese Vorgehensweise der – dem Gericht auch aus zahlreichen anderen Verfahren bekannten - ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten entspricht.

Soweit die Klägerin vorsorglich den gesamten Sachvortrag des Beklagten, der sich ihrer eigenen Wahrnehmung bzw. Kenntnis entziehe, mit Nichtwissen bestreitet, vermag dies die vom Beklagten dargelegte Verwaltungspraxis nicht in Frage zu stellen. Ein einfaches Bestreiten oder ein Bestreiten mit Nichtwissen der vom Beklagten dargelegten Verwaltungspraxis genügt als solches nicht. Vielmehr bedürfte es insoweit der Darlegung nachvollziehbarer, Anlass zu Zweifeln bietender Gründe, welche von der Klägerin jedoch nicht dargetan wurden. Insbesondere hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass anderen Unternehmen, die zur Beurteilung der Sachlage erforderliche Unterlagen verspätet vorgelegt haben, die Billigkeitsleistung gewährt worden wäre. Dies ist auch dem erkennenden Gericht nicht bekannt.

Demnach ist die im Schlussbescheid erfolgte abschließende Versagung der Neustarthilfe rechtlich nicht zu beanstanden. Da die Bewilligung lediglich unter Vorbehalt erfolgt war, ersetzt der Schlussbescheid den Bescheid vom 21.02.2021, ohne dass es eines gesonderten Aufhebungsaktes bedarf.

Gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 SVwVfG, war der Beklagte des Weiteren berechtigt, den bereits als Vorschuss ausgezahlten Betrag von 7.500 € zurückzufordern. Nach der vorgenannten Vorschrift sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung bzw. – wie hier – einer Schlussabrechnung unwirksam geworden ist.

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. 88 Für eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO besteht kein Anlass.

Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 3 und 63 Abs. 2 GKG auf 5.953,10 € festgesetzt. -

Verwaltungsgericht Würzburg

Urteil vom 26. Juli 2021

Az.: W 8 K 20.2031

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wehrt sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Gewährung einer Überbrückungshilfe gemäß der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen - Phase 1 (Überbrückungshilfe I) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 7. Juli 2020, die zuletzt durch Bekanntmachung vom 5. Oktober 2020 geändert worden ist (in der Folge: Richtlinie) und begehrt die Neuverbescheidung seines Antrags unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts.

1. Am 5. Oktober 2020 beantragte der Kläger online die Gewährung der Überbrückungshilfe nach dem Überbrückungshilfeprogramm des Bundes. In dem elektronischen Antragsformular gab er an, in der Branche Rechtsanwaltskanzleien ohne Notariat in der Rechtsform des Einzelunternehmens tätig zu sein und sich zum 31. Dezember 2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden zu haben. Die gewichtete Summe der Mitarbeiter belaufe sich auf 4,6. Die zu fördernden Fixkosten wurden für Juni 2020 mit 0,00 EUR, für Juli 2020 mit 1.653,63 EUR und für August 2020 mit 9.209,75 EUR beziffert. Die maximale Förderhöhe wurde mit 7.598,75 EUR berechnet.

Mit Bescheid vom 11. November 2020 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Überbrückungshilfe nach der Richtlinie ab.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß der Richtlinie könne die Überbrückungshilfe gemäß Ziffer 6.1 nur von einem vom Antragsteller beauftragten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder Rechtsanwalt gestellt werden. Nach Ziffer 3.3 der FAQs des Bundes sei eine Antragstellung des prüfenden Dritten für sich selbst jedoch ausgeschlossen. Nachdem der Kläger den Antrag für sich selbst gestellt habe, seien die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe nicht erfüllt. Es entspreche daher der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, seinen Antrag abzulehnen. Gründe, die gegen diese Entscheidung sprächen oder eine ausnahmsweise Abweichung von der regelmäßigen Entscheidungspraxis begründen würden, seien nicht ersichtlich.

2. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger Klage gegen den ablehnenden Bescheid erheben.

Zur Klagebegründung ließ der Kläger vortragen: Der ansonsten begründete Antrag sei nur deswegen abgewiesen worden, da die Beklagte einen Ausschluss in Punkt 3.3 ihrer FAQs formuliert haben wolle. Eine Rechtsgrundlage für die Verbescheidung sei aber ausschließlich der gesetzlichen Grundlage zu entnehmen. Es sei darin aber kein Ausschluss ersichtlich, wonach ein Rechtsanwalt nicht für sich selbst beantragen könnte. Auch sei der Punkt der FAQ nicht bekannt gewesen, so dass vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt werde. Im Übrigen wäre ein entsprechend normierter Ausschluss auch verfassungswidrig, da dieser u.a. die Berufsausübungsfreiheit rechtswidrig einschränken würde. Soweit die Behörde hier die FAQs deswegen verfasst haben möge, um etwaige Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit von Angaben in eigener Sache zu machen, so übersehe dies, dass im Laufe des Gesetzgebungsprozesses auch Anwälte als Antragssteller hinzugefügt worden seien. Vorab seien nur Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ermächtigt gewesen. Im Gegensatz zu Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern würden Anwälte wie der Kläger gem. § 3 StBerG nicht nur über die Erlaubnis einer geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen verfügen, sondern seien als Anwälte gleichzeitig Organe der Rechtspflege gem. § 1, § 3 Abs. 1 BRAO. Insofern spreche bereits die Vermutung des Zutreffens für Angaben in eigener Sache. Auch sei per E-Mail vom 27. November 2020 im Rahmen der Klagefrist angeboten worden, durch Neuabgabe durch einen anderen Rechtsanwalt den angeblichen Ablehnungsgrund zu heilen, da die Behörde innerhalb der Klagefrist hätte für Abhilfe sorgen dürfen. Hierauf habe der Kläger jedoch keine Rückmeldung erhalten.

Mit weiterem Schriftsatz vom 21. Juli 2021 ließ der Kläger vorbringen, er habe am 27. November 2020, 11:11 Uhr, an die Beklagte eine E-Mail gesendet. In dieser habe er mitgeteilt, dass er gerne erfahren würde, inwiefern eine Abhilfe durch Neuabgabe den nach Meinung der Beklagten vorliegenden Ablehnungsgrund (Verstoß gegen FAQ) heile, da eine Behörde innerhalb der Klagefrist für Abhilfe sorgen dürfe und damit ein Klageverfahren umgangen werden könne. Wie sich nunmehr am heutigen Tage zufällig herausgestellt habe, sei der Vortrag, wonach die E-Mail des Beklagten unbekannt sei, auch wahrheitswidrig. Im SPAM-Ordner habe der Kläger nunmehr die entsprechende Antwort einer Referentin der Beklagten ausfindig machen können. Diese habe mit E-Mail vom 30. November 2020, 17:22 Uhr, geantwortet: Als Rechtsmittel gegen einen ablehnenden Bescheid zur Überbrückungshilfe stehe die Klage zum Verwaltungsgericht zur Verfügung. Eine erneute Überprüfung außerhalb des Klageverfahrens finde nicht statt. Unabhängig davon bestehe bis zum Ablauf des heutigen Tages bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen die Möglichkeit zum Stellen von Änderungsanträgen.

Die Beklagte führte mit Schriftsatz vom 13. Januar 2021 zur Klageerwiderung im Wesentlichen aus: Der Antrag des Klägers erfülle nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Überbrückungshilfe, da der Kläger den Antrag für sich selbst, ohne einen sogenannten prüfenden Dritten gestellt habe. Gemäß Ziffer 6.1 der Richtlinie könne die Überbrückungshilfe nur von einem vom Antragsteller beauftragten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder Rechtsanwalt gestellt werden. Nach Ziffer 3.3 der FAQ des Bundes sei eine Antragstellung ohne prüfenden Dritten für sich selbst ausgeschlossen. Bei der Corona-Überbrückungshilfe handele es sich um eine Billigkeitsleistung, auf die grundsätzlich kein Rechtsanspruch bestehe. Ein Anspruch könne im Einzelfall allenfalls über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann bestehen, wenn die in der Richtlinie dargelegten Fördervoraussetzungen vorlägen. Der Kläger erfülle jedoch ohne Hinzuziehung eines prüfenden Dritten die einschlägigen Fördervoraussetzungen gerade nicht. Im Übrigen sei es auch nicht zu beanstanden und durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt, dass für die Beantragung der Überbrückungshilfe ein sogenannter prüfende Dritter hinzugezogen werden müsse. Denn das auf Schnelligkeit angelegte Masseverfahren sei darauf angelegt, dass eine inhaltliche Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben durch die Bewilligungsstelle im Regelfall nicht erfolge. Vielmehr werde diese inhaltliche Prüfung an den hinzugezogenen prüfenden Dritten übertragen, der zum einen beruflich besonders für eine solche Überprüfung qualifiziert sei und zum anderen für die korrekte Antragstellung hafte. Diese Prüffunktion wäre nicht gewährleistet, würde auch eine Antragstellung in eigener Sache akzeptiert. Der Kläger sei im Antragsverfahren durch Rückfrage der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass der Antrag ohne Hinzuziehung eines prüfenden Dritten abgelehnt werden würde. Es hätte für den Kläger jederzeit, auch noch bis zum Ablauf der Frist für Änderungsanträge mit dem 30. November 2020 die Möglichkeit bestanden, nachträglich einen prüfenden Dritten hinzuziehen. Dies habe der Kläger nicht getan. Sein Antrag sei daher abzulehnen gewesen. Eine E-Mail des Klägers vom 27. November 2020 sei der Beklagten nicht bekannt und auch nicht vom Kläger vorgelegt worden. Vorsorglich werde noch darauf hingewiesen, dass eine nachträgliche Bestätigung des Antragsinhalts durch einen prüfenden Dritten jetzt im Klageverfahren von der Beklagten nicht akzeptiert werden könne, da bei der Gewährung von Billigkeitsleistungen auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen sei. Außerdem seien Förderregularien von allen Antragstellern einzuhalten, um eine Gleichbehandlung zu gewährleisten.

3. In der mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2021 beantragte der Kläger:

Der Bescheid vom 11. November 2020, Az: EAR-296122, wird aufgehoben und der Beklagten aufgegeben den Antrag vom 5. Oktober 2020 auf Überbrückungshilfe unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Der Beklagtenbevollmächtigte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Hs. 2 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 11. November 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Neubescheidung seines Antrags auf die begehrte Corona-Überbrückungshilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Gewährung einer Corona-Überbrückungshilfe gemäß der Richtlinie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Bei Billigkeitsleistungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige staatliche Maßnahmen. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Überbrückungshilfe begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Billigkeitsleistung auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinie im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der dafür im Haushaltsplan besonders zur Verfügung gestellten Ausgabemittel (Art. 53 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie. Die Richtlinie begründet als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfaltet erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zweck der Billigkeitsleistung gebunden, wie ihn der Geber der Leistung versteht. Für die gerichtliche Prüfung der Gewährung einer Billigkeitsleistung gelten deshalb dieselben Grundsätze wie für Zuwendungen, die ebenfalls auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO) erfolgen. Entscheidend für die gerichtliche Prüfung ist, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - BayVBl 2020, 365 - juris Rn. 26; U.v. 28.10.1999 - 19 B 96.3964 - juris Rn. 59; VG München, U.v. 19.11.2009 - M 15 K 07.5555 - juris Rn. 30). Ein Anspruch auf die Billigkeitsleistung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in der Richtlinie dargelegten Voraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Verwaltungspraxis der Beklagten auch positiv verbeschieden werden (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26; vgl. auch ausführlich VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 - W 8 K 19.1546 - juris sowie B.v. 18.6.2020 - W 8 E 20.736 - juris).

Dabei dürfen solche Richtlinien nicht - wie Gesetze oder Verordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BayVGH, B.v. 18.5.2020 - 6 ZB 20.438 - juris). Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie auch grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Richtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 - 3 C 111/79 - juris).

Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Billigkeitsmaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, kommt es damit nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.2015 - 4 BV 15.1830 - juris Rn. 42 m.w.N.). Die Beklagte bestimmt im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben sie der Billigkeitsleistung zuordnet. Insoweit hat sie auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689 - juris Rn. 19 m.w.N.), so dass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde.

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung der Voraussetzungen der Gewährung der Überbrückungshilfe ist des Weiteren nicht der Zeitpunkt der Antragstellung durch den Kläger und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dem materiellen Recht folgend, dass hier vor allem durch die Richtlinie und deren Anwendung durch die Beklagte in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist vielmehr auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2020 - 6 ZB 20.438 - juris m.w.N.), so dass neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren irrelevant wären (vgl. VG Weimar, U.v. 17.9.2020 - 8 K 609/20 - juris Rn. 26; VG München, B. v. 25.6.2020 - M 31 K 20.2261 - juris Rn. 19; siehe auch VG Würzburg, U.v. 8.2.2021 - W 8K 20.1180 - juris Rn 27 u. 50 zu Stichtagsregelung bei Baukindergeld).

Die Richtlinie setzt Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regelt insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Wie oben bereits ausgeführt hat das Gericht nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien (vgl. SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 - 2 A 480/17 - juris; OVG SH, U.v. 17.5.2018 - 3 LB 5/15 - juris; OVG NW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris; HessVGH, U.v. 28.6.2012 - 10 A 1481/11 - juris).

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 32). Geboten ist so eine bayernweit gleichmäßige und willkürfreie Mittelverteilung. Nicht erlaubt ist eine uneinheitliche und damit objektiv willkürliche Förderpraxis (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 - 4 B 13.727 - DVBl 2013, 1402). Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. VG Köln, G.v. 17.8.2015 - 16 K 6804/14 - juris m.w.N.; siehe auch VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 - W 8 K 19.1546 - juris).

Aufgrund des freiwilligen Charakters der Hilfen und dem weiten Ermessen des Gebers bei der Aufstellung von Richtlinien zur Gewährung von Hilfen, ist eine entsprechende Nachprüfung nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Hilfeempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 - 10 C 1/17 - juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 - M 31 K 19.203 - juris Rn. 15).

Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 27. Aufl. 2021, § 114 Rn. 41 ff.).

So dürfen im Einzelfall keine sachlichen Gründe für das Abweichen von der Behördenpraxis bestehen. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften dürfen nur für den Regelfall gelten und müssen Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle lassen. Ein derartiger atypischer Fall ist dann gegeben, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweist, deren Besonderheiten von der ermessenslenkenden Vorschrift nicht hinreichend erfasst und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten (OVG NW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris).

Mangels gesetzlicher Anspruchsgrundlage steht dem Kläger demnach nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu. Bei der dem Gericht gemäß § 114 VwGO beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung ist der ablehnende Bescheid vom 11. November 2020 im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insbesondere den Rahmen, der durch die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung gezogen wurde, eingehalten, und insbesondere das Willkürverbot und das Gebot des Vertrauensschutzes nicht verletzt.

Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen und rechtlichen Vorgaben ist festzustellen, dass es der Förderpraxis der Beklagten entspricht, für einen wirksamen Antrag auf eine Antragstellung durch einen prüfenden Dritten abzustellen, wobei die Antragstellung des prüfenden Dritten für sich selbst jedoch ausgeschlossen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in anderen vergleichbaren Fällen anders verfahren wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Zwar ist der Kläger als rechtsanwaltliches Unternehmen grundsätzlich antragsberechtigt nach Nr. 2.1 der Richtlinie. Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung nach Nr. 6.1 der Richtlinie, wonach die Antragstellung ausschließlich elektronisch von einem vom Antragsteller beauftragten Steuerberater, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer (prüfenden Dritten) erfolgt. Nähere Hinweise hierzu finden sich in den FAQ zur "Corona-Überbrückungshilfe I für kleine und mittelständische Unternehmen" - im Folgenden "FAQ" (abrufbar unter https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/UBH/Redaktion/DE/FAQ/FAQs/faq-liste-01.html), die nach dem Vortrag des Beklagtenbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung auch als interne Verwaltungsvorschrift dienen. Nach Nr. 3.1 dieser FAQ ist der Antrag zwingend durch einen prüfenden Dritten im Namen des Antragsstellers einzureichen. Eine Antragsstellung ohne prüfenden Dritten ist nicht möglich. Nach Nr. 3.3 der FAQ ist die Antragstellung eines prüfenden Dritten für sich selbst ausgeschlossen.

Der Kläger hat seinen Antrag vom 5. Oktober 2020 jedoch für sich selbst und nicht durch einen prüfenden Dritten stellen bzw. bestätigen lassen.

Die Beklagte hat in der Klageerwiderung nachvollziehbar ausgeführt, dass das auf Schnelligkeit angelegte Masseverfahren darauf angelegt sei, dass eine inhaltliche Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben durch die Bewilligungsstelle im Regelfall nicht erfolge. Vielmehr werde diese inhaltliche Prüfung an den hinzugezogenen prüfenden Dritten übertragen, der zum einen beruflich besonders für eine solche Überprüfung qualifiziert sei und zum anderen für die korrekte Antragstellung hafte. Diese Prüffunktion wäre nicht gewährleistet, würde auch eine Antragstellung in eigener Sache akzeptiert.

Aus Nr. 6.2 Satz 4 der Richtlinie ergibt sich damit übereinstimmend, dass der mit der Durchführung der Antragstellung beauftragte prüfende Dritte die Angaben des Antragstellers zu Identität und Antragsberechtigung des Antragstellers und insbesondere die Plausibilität der Angaben nach Satz 2 (Umsatzrückgang, Prognose der Höhe der betrieblichen Fixkosten und der voraussichtlichen Umsatzentwicklung für den jeweiligen Leistungsmonat) bestätigen muss. Wie oben bereits ausgeführt, darf eine gerichtliche Auslegung der einschlägigen Richtlinie nicht erfolgen. Das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, "prüfender Dritter" sei als Oberbegriff zu verstehen und damit nach der Richtlinie eine Antragstellung für sich selbst möglich, stellt jedoch eine solche unzulässige Auslegung dar und kann hier folglich dahinstehen. Nach Nr. 7.1 Satz 2 der Richtlinie darf die Bewilligungsstelle auf die vom prüfenden Dritten im Antrag gemachten Angaben vertrauen, soweit es keine Anhaltspunkte für Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit der Angaben gibt. Der Beklagtenbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend dargelegt, dass dieses Verfahren in Bezug auf die Antragstellung ein hohes Maß an Objektivität und die Freiheit von Konflikten erfordere, während es bei der Antragstellung "für sich selbst" ein gewisses Konfliktpotential gebe.

Die dargestellte Verwaltungspraxis begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist insbesondere ermessensfehler- und willkürfrei.

Die Beklagte hat vorliegend zum Ausdruck gebracht, dass es der ständigen Verwaltungspraxis entspricht, dass prüfende Dritte für sich selbst keinen Antrag stellen können. Auch vor dem Hintergrund von § 1 BRAO, wonach der Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist, und § 3 Abs. 1 BRAO, wonach der Rechtsanwalt der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten ist, ist eine derartige Verwaltungspraxis jedenfalls nicht willkürlich, da hierfür sachgerechte und vertretbare Gründe von der Beklagten vorgebracht wurden.

Zwar ist im deutschen Recht z.B. im Verfahren vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit die anwaltliche Selbstvertretung grundsätzlich zulässig (vgl. § 68 Abs. 4 Satz 8 VwGO). Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass dies auch im Rahmen der Antragstellung für eine Billigkeitsleistung gelten muss. So ist etwa auch im Strafrecht die Selbstbestellung zum Verteidiger in eigener Sache im Rahmen eines Strafverfahrens ausgeschlossen (BeckOK StPO, 39. Ed. 1.1.2021, Wessing § 138 Rn. 7 und Krawczyk § 140 Rn. 3) und im europäischen Unionsrecht ist eine Selbstvertretung von Anwälten vor den Unionsgerichten grundsätzlich nicht möglich (Wägenbaur, EuGH VerfO, 2. Aufl. 2017; Art. 19 Rn. 8; Groeben, von der /Schwarze/Wolfgang Rosch, EuGH-Satzung, 7. Aufl. 2015, Art. 19 Rn. 13; vgl. EuG, B.v. 8.12.1999 - T-79/99 - juris Rn. 27 ff.).

Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Richtlinie bestehen damit unter Berücksichtigung dieser Ausführungen keine triftigen Anhaltspunkte. Der Ausschluss der Selbstvertretung des prüfenden Dritten dient der Beschleunigung des Bewilligungsverfahrens. Der Kläger wird so nicht anders behandelt als andere Antragsteller, die ebenfalls grundsätzlich prüfende Dritte sein können. Infolgedessen liegt auch keine Ungleichbehandlung, sondern eine Gleichbehandlung wie in vergleichbaren Fällen vor. Abgesehen davon gäbe es keine Gleichheit im Unrecht.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts nach Art. 12 GG. Ein Eingriff wäre nämlich jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gegeben sind. Dies ist hier - wie bereits dargelegt - der Fall.

In der vorliegenden Konstellation ist kein atypischer Ausnahmefall gegeben, der eine abweichende Entscheidung des Beklagten hätte gebieten müssen (vgl. OVG NRW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris), weil der konkrete Sachverhalt keine außergewöhnlichen Umstände aufweist, die von der Richtlinie und der darauf basierenden Verwaltungspraxis nicht erfasst werden und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten. Denn das von der Beklagten praktizierte durchgängige Abstellen auf die Antragstellung durch einen vom Antragsteller verschiedenen prüfenden Dritten ist keine atypische Besonderheit, die eine abweichende Behandlung gebietet, sondern gängige Praxis in einer typischen Fallkonstellation. So liegt kein atypischer Ausnahmefall vor, sondern eine Fallgestaltung, die offenkundig häufiger vorkommt und nach der Ausgestaltung des praktizierten Bewilligungsverfahrens nicht zu einer Gewährung der Billigkeitsleistung führen soll.

Ferner hat der Kläger keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die am 30. November 2020 abgelaufene Frist für Änderungsanträge nach Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG.

Es ist schon fraglich, ob auf durch Verwaltungsvorschriften festgelegte Fristen trotz des eindeutigen Wortlautes des Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG ("gesetzliche Frist") in analoger Anwendung die Grundsätze der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand überhaupt zur Anwendung kommen können (ausdrücklich offen gelassen BayVGH, B.v. 17.12.2009 - 3 CE 09.2494 - juris; VG Ansbach, U.v.1.12.2020 - AN 3 K 19.02073 - juris Rn. 45 f.). Dies wäre allenfalls denkbar, wenn es - anders als hier - eine entsprechende Verwaltungspraxis mit Selbstbindung der Bewilligungsstelle gäbe (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Auflage 2020, § 32 Rn. 7 ff. u. 16).

Unabhängig davon lagen die Voraussetzungen für die Gewährung von einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 32 BayVwVfG nicht vor. Danach ist der Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses unter Glaubhaftmachung der Hinderungsgründe zu stellen, wobei die versäumte Handlung innerhalb der Antragsfrist nachzuholen ist, Art. 32 Abs. 2 BayVwVfG. Der Kläger trägt in der Klageschrift vor, der Punkt der FAQ zum Ausschluss der Selbstvertretung sei nicht bekannt gewesen, so dass vorsorglich Wiedereinsetzung beantragt werde. Der Kläger wurde jedoch bereits über die Onlineplattform am 6. November 2020 auf die fehlende Antragstellung durch einen prüfenden Dritten hingewiesen und spätestens mit Zugang des streitgegenständlichen Bescheids. Die Frist für Änderungsanträge bis zum 30. November 2020 war dem Kläger selbst bei Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger die E-Mail der Beklagten vom 30. November 2020 erst am 21. Juli 2021 im SPAM Ordner ausfindig gemacht hat, spätestens mit Zusendung der Klageerwiderung vom 13. Januar 2021 bekannt. Eine Nachholung in Form der Antragstellung durch einen prüfenden Dritten ist jedoch weder bislang noch innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses erfolgt.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.