Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 12. Sept. 2017 - B 5 K 16.606

bei uns veröffentlicht am12.09.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Erholungsurlaub für die Jahre 2013 bis 2015, hilfsweise eine entsprechende Urlaubsabgeltung.

Der 1961 geborene Kläger steht seit Oktober 1981 im Dienst des Freistaats Bayern bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei.

Im Jahr 2013 erfolgte eine Abordnung auf einen Dienstposten, der den Feststellungen in polizeiärztlichen Gutachten zur dienstlichen Verwendung unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Situation des Klägers widersprach. Folglich wurde mit Schreiben vom 6. August 2013 diese Abordnung mit Ablauf des 7. August 2013 aufgehoben.

Zeitgleich kündigte das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei mit Bescheid vom 7. August 2013 gegenüber dem Kläger die Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens gemäß Art. 66 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) an, da man den Kläger insbesondere aufgrund der letzten Stellungnahme des Polizeiärztlichen Dienstes für nicht mehr dienstfähig halte. Gleichzeitig wurde dem Kläger gemäß § 39 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) die Führung der Dienstgeschäfte verboten. In der Zeit vom 8. August 2013 bis 6. Mai 2014 war der Kläger durchgehend krankgeschrieben. Mit Verfügung des BPP vom 6. August 2014 wurde der Kläger mit Ablauf des Monats August 2014 in den Ruhestand versetzt.

Gegen diese Ruhestandsversetzung erhob der Kläger Klage, über die mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 28. Juni 2016, B 5 K 14.625, rechtskräftig dahingehend entschieden wurde, dass der Bescheid der Zurruhesetzung vom 6. August 2014 u.a. wegen fehlender Voraussetzungen für die Annahme der allgemeinen Dienstunfähigkeit nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 BayBG aufgehoben wurde.

Mit Schreiben vom 14. Juli 2016 beantragte der Kläger nach Aufhebung der Zurruhesetzung die Einbringung von Erholungsurlaub für die Jahre 2013 bis 2015, da die Erholungsurlaubsansprüche nicht umsetzbar gewesen seien. Aufgrund langzeitiger Erkrankung (8. August 2013 bis 6. Mai 2014) sei dem Kläger die Einbringung des Erholungsurlaubs für 2013 nicht möglich gewesen. Die Einbringungsfrist sei bis 31. März 2015 verlängert worden. Die bis dahin vorzunehmende Einbringung von Erholungsurlaub sei dem Kläger durch die sofortige Enthebung der Dienstgeschäfte und die Zurruhesetzungsverfügung unmöglich gemacht worden.

Mit Bescheid vom 2. August 2017 (richtig wohl: 2016) wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der Erholungsurlaub für die Jahre 2013 bis 2015 wegen Zeitablaufs verfallen sei. Dies ergebe sich aus § 10 Abs. 1 Satz 2 der Urlaubsverordnung (UrlV), wonach der Urlaub verfalle, der nicht bis zum 30. April des folgenden Jahres angetreten sei. Daher seien der Erholungsurlaub 2014 mit Ablauf des 30. April 2015 und der Erholungsurlaub 2015 mit Ablauf des 30. April 2016 durch Zeitablauf verfallen. In der Zeit vom 8. August 2013 bis 6. Mai 2014 sei der Kläger durchgehend krankgeschrieben gewesen. Aufgrund der auf der Dienstunfähigkeit beruhenden Unmöglichkeit der Einbringung des Erholungsurlaubs 2013 sei die Einbringungsfrist nach § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV bis zum 31. März 2015 verlängert worden. Mit Ablauf des 31. März 2015 sei dieser durch Zeitablauf verfallen.

Gleichzeitig wurde dem Kläger mit diesem mitgeteilt, dass ihm für das Jahr 2016 Erholungsurlaub im Umfang von 240 Stunden zustehe, der bis zum 30. April 2017 einzubringen sei und sofern rechtzeitig vor dem 30. April 2017 ein entsprechender Antrag auf Verlängerung der Einbringungsfrist vorgelegt werde, der Resturlaub bis 31. Dezember 2017 eingebracht werden könne. Aus Fürsorgegründen könne nur dienstfähigen Beamten Urlaub gewährt werden, weil der Grundgedanke des Erholungsurlaubs die Erhaltung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit des Beamten sei. Der Zweck der Erholung könne nicht erreicht werden, wenn sich der Beamte im Krankenstand befinde. Die Mitteilung des Umfanges des Erholungsurlaubs für das Jahr 2016 griff der Kläger mit der gegenständlichen Klage nicht an.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 31. August 2016, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,

  • 1.Der Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei, Bamberg, vom 2. August 2017 wird aufgehoben, soweit mit diesem der Erholungsurlaub 2013 bis 2015 als wegen Zeitablaufs verfallend dargestellt wird.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den Erholungsurlaub für die Jahre 2013 bis 2015 zu gewähren.

Hilfsweise zu Klageantrag zu 2:

Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für die Jahre 2013 bis 2015 für nicht gewährten Erholungsurlaub eine entsprechende Urlaubsabgeltung zu gewähren.

Der Kläger lässt ausführen, dass für die Jahre 2013 bis 2014 die Einbringung des Erholungsurlaubs krankheitsbedingt nicht möglich gewesen sei. Zudem sei die bis zum 31. März 2015 verlängerte Einbringungsfrist in einen Zeitraum hineingehend verlängert worden, in dem die Einbringung des Erholungsurlaubs dem Kläger durch die zwischenzeitliche sofortige Enthebung der Dienstgeschäfte und die Zurruhesetzungsverfügung unmöglich gemacht worden sei. Der Bescheid sei daher dahingehend fehlerhaft und verletze den Kläger fürsorgewidrig in seinen Rechten, als der Erholungsurlaub 2013 bis 2015 wegen Zeitablaufs verfallen sei. Der Kläger sei im Rahmen des Folgenbeseitigungsanspruchs so zu stellen, wie er bei rechtmäßiger Behandlung stünde. Wäre die rechtswidrige Verfügung, d.h. die Zurruhesetzung ab August 2014 nicht erfolgt, hätte der Kläger unter Berücksichtigung der verlängerten Einbringungsfrist seinen Erholungsurlaub 2013 bis 2014 einbringen können, ebenso wie den Erholungsurlaub 2015. Dies sei letztlich durch die rechtswidrige Zurruhesetzung verhindert worden. Dem Kläger sei der Erholungsurlaub 2013 bis 2015 zu gewähren.

Hilfsweise stehe dem Kläger ein Urlaubsabgeltungsanspruch zu, da dieser auch Beamten zustehe (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 2 C 10/12), die Art der Beendigung des Dienstverhältnisses unerheblich sei (BVerwG, U.v. 30.4.2014 – 2 A 8/13), der entsprechende Abgeltungsanspruch vom Dienstherrn von Amts wegen zu prüfen (EuGH, U.v. 12.6.2014 – C 118/13) und von Amts wegen auszuzahlen sei.

Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 beantragte der Beklagte die Klage abzuweisen.

Soweit ein Urlaubsanspruch des Klägers in den Jahren 2013, 2014 und 2015 entstanden sei, sei dieser durch Zeitablauf erloschen. Während der Befreiung von der Dienstleistungspflicht sowie der Ruhestandsversetzung sei kein Urlaubsanspruch entstanden. Aufgrund des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte sowie der anschließenden Ruhestandsversetzung sei der Kläger gehindert gewesen Urlaub zu nehmen. In dieser Zeit sei der Kläger aber ebenfalls gehindert gewesen Dienst zu leisten. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte und die Ruhestandsversetzung hätten das Recht und die Pflicht des Klägers aufgehoben, die mit seinem Amt im konkret funktionellen Sinn verbundenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen. Ein Fernbleiben vom Dienst und eine Genehmigung zum Fernbleiben vom Dienst in Form von Urlaub kämen daher bereits begrifflich nicht in Betracht. Hierzu werde auf den Beschluss des BayVGH vom 18. November 2015, 6 ZB 15.1856 verwiesen. Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub habe den Zweck, dem Dienst leistenden Beamten zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen gewissen Zeitraum für Erholung und Freizeit zu verfügen. Verrichte der Beamte keinen Dienst, fehle es an der sachlichen Berechtigung für die Gewährung von Erholungsurlaub. Der Kläger sei vollständig vom Dienst freigestellt gewesen, so dass für eine weitere Freistellung in Form von Erholungsurlaub kein Raum geblieben sei. Der Kläger sei aufgrund seiner Befreiung vom Dienst und seiner Versetzung in den Ruhestand ohne Einschränkungen und unabhängig von dem Nachweis der Dienstunfähigkeit von seiner Dienstpflicht befreit. Der Kläger habe durch die Ruhestandsversetzung keinen Nachteil – auch nicht besoldungs- oder versorgungsrechtlicher Art – erfahren, der finanziell abgeltungsbedürftig wäre. Der Kläger habe diesen Zeitraum auch für Erholungszwecke nutzen können. Der Kläger habe bei voller Besoldung keinen Dienst verrichten müssen und habe daher einen über den Resturlaub aus 2013 hinausgehenden Zeitraum gehabt, den er für Erholungszwecke habe nutzen können. Die Rechte des Klägers als zu Unrecht in den Ruhestand versetzten Beamten seien nicht verkürzt.

Ein Urlaubsanspruch für 2013 sei entstanden, jedoch durch Zeitablauf erloschen. Da der Kläger vom 8. August 2013 bis 6. Mai 2014 durchgehend dienstunfähig gewesen sei, sei die Einbringungsfrist nach § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV für den Urlaub aus 2013 bis zum 31. März 2015 verlängert worden. Mit Ablauf des 31. März 2015 sei der Urlaub 2013 durch Zeitablauf verfallen.

Selbst wenn ihm ein Urlaubsanspruch für die Jahre 2014 und 2015 zustünde, wäre der Urlaub verfallen. Der Verfall der Urlaubsansprüche sei keine unmittelbare und andauernde Folge der Versetzung in den Ruhestand. Vielmehr beruhe der Verfall von Urlaubsansprüchen auf dem Zeitablauf. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlV verfalle der Urlaub, der bis zum 30. April des folgenden Jahres nicht angetreten sei. Ein etwaiger Erholungsurlaub des Klägers aus dem Jahr 2014 sei daher am 30. April 2015 und etwaiger Erholungsurlaub 2015 am 30. April 2016 erloschen.

Ein „Geldersatzanspruch“ als Surrogat komme nicht in Betracht, da dem Kläger für die Jahre 2014 und 2015 kein Anspruch auf Erholungsurlaub zustehe sowie dieser und der Urlaub aus 2013 jedenfalls verfallen seien.

Der Bevollmächtigte des Klägers replizierte mit Schriftsatz vom 10. November 2016, dass die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung nicht herangezogen werden könne. Der Dienstherr habe mit der unrechten und rechtswidrigen Annahme der Dienstunfähigkeit, der rechtswidrigen Zurruhesetzung und dem darauf gründenden Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte dem Beamten auf der Basis dieser rechtswidrigen Entscheidungen die Möglichkeit genommen, seinen Dienst wahrzunehmen und Urlaub in Anspruch zu nehmen. Der angeführten Entscheidung (BayVGH, B.v. 18.11.2015 – 6 ZB 15.1856) liege aber zugrunde, dass Maßnahmen gegen einen Beamten zu Recht eingeleitet und der Beamte zu Recht vom Dienst freigestellt worden sei. Alles andere als eine Folgenbeseitigung stelle den rechtswidrig handelnden Dienstherrn nicht nur besser im Vergleich zu rechtmäßigem Handeln, werde dem Beamten damit in rechtswidriger Weise und entschädigungslos der Anspruch auf Erholungsurlaub entzogen. Dem Beklagten entgehe, dass dem Kläger aufgrund rechtswidriger Entscheidung des Dienstherrn die Befugnis entzogen war, sein Amt wahrzunehmen.

Die rechtswidrige Maßnahme habe bei dem Kläger Existenzängste aufgrund der drohenden, bereits ausgesprochenen Zwangspensionierung und damit einhergehende psychische Probleme ausgelöst, so dass er Nachteile erlitten habe.

Der Urlaubsanspruch für das Jahr 2013 hätte noch eingebracht werden können, soweit nicht das rechtswidrige Verbot der Führung der Dienstgeschäfte in Zusammenhang mit der Zwangspensionierung erfolgt wäre. Auch die Annahme, dass der Resturlaub 2013 am 31. März 2015 verfallen sei, dem die Annahme zugrunde liege, dass Urlaubsansprüche verfallen würden, die nicht spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres eingebracht seien, trage nicht. Verbleibende Urlaubstage verfielen nicht automatisch mit Beendigung des Dienstverhältnisses, so dass erst Recht nach der rechtskräftigen Aufhebung der Zwangspensionierungsentscheidung der Urlaub aus 2013 zu nehmen sei.

Unter Verweis auf Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG sowie auf die Rechtsprechung des EuGH und BVerwG (U.v. 30.4.2014 – 2 A 8/13) müsse im Umkehrschluss auch nach der beseitigten rechtswidrigen Zurruhesetzung ein Anspruch auf Inanspruchnahme und Gewährung des Erholungsurlaubs bestehen. Erst recht müsse eine Gewährung des Urlaubs erfolgen, wenn die Beendigung des Dienstverhältnisses durch rechtskräftige Entscheidung aufgehoben sei.

Der Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 28. November 2016, dass der Anspruch für 2013, der in Höhe von 76 Stunden 53 Minuten übrig geblieben sei, durch Zeitablauf erloschen sei. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf finanzielle Abgeltung der Erholungstage, die er aufgrund des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte und dem Eintritt in den Ruhestand nicht in Anspruch genommen habe. Die Einbringungsfrist sei bis 31. März 2015 verlängert worden.

Hinsichtlich Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG mangele es für einen Anspruch auf finanzielle Vergütung an der Voraussetzung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, da die Versetzung in den Ruhestand und damit die Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth rechtskräftig aufgehoben sei. Zudem habe der Kläger seinen Urlaub nicht krankheitsbedingt, sondern allein aufgrund seiner Versetzung in den Ruhestand nicht in Anspruch genommen.

Hinsichtlich des Urlaubsanspruches 2014 und 2015 habe § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV keine Anwendung gefunden, da der Kläger seinen Urlaubsanspruch nicht aufgrund einer vorübergehenden Dienstunfähigkeit, sondern aufgrund seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand nicht erhalten habe. Die Versetzung in den Ruhestand und nicht eine Dienstunfähigkeit sei ursächlich für die fehlende Gewährung von Erholungsurlaub gewesen. Dies sei im Rechtsstreit über die Versetzung in den Ruhestand deutlich geworden. Mangels Verpflichtung zum Dienst während der Ruhestandsversetzung habe er daher auch keinen Urlaub vom Dienst machen können. Eine Befreiung von einer Dienstleistungspflicht, die nicht besteht, sei nicht möglich. Auf den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 31. Juli 2013, 1 Bs 187/13, werde verwiesen.

Für einen Anspruch auf finanzielle Vergütung, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und einen noch bestehenden Urlaubsanspruch voraussetze, mangele es an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Daher bestünden weder ein Urlaubsnoch ein Abgeltungsanspruch.

Der Bevollmächtigte des Klägers machte mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2016 geltend, dass es entsprechend des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12 – für das Entstehen des Urlaubsanspruchs allein auf das Bestehen des Arbeitsverhältnisses ankomme und der Urlaubsanspruch nicht unter der Bedingung stehe, dass der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht habe. Dies sei auf das streitgegenständliche Beamtenverhältnis übertragbar. Der rechtliche Fortbestand des Dienstverhältnisses liege aber vor. Zudem werde auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. April 2013 – 2 B 2/13 – verwiesen.

Mit Schriftsätzen vom 8. August 2017 und 10. August 2017 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtssowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

1. Über die Klage kann mit Einverständnis der Parteien nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung des Erholungsurlaubs für die Jahre 2013 bis 2015. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 2. August 2016 ist deshalb rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf entsprechende Urlaubsabgeltung für den nicht gewährten Urlaub zu.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung des Erholungsurlaubs für die Jahre 2013 bis 2015. Soweit dieser Anspruch entstanden ist, ist er durch Zeitablauf verfallen.

a. Der für das Jahr 2013 entstandene Anspruch auf Gewährung von Erholungsurlaub aus Art. 93 Abs. 1 BayBG i.V.m. § 2 Abs. 1 UrlV ist nach § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV verfallen. Der Anspruch entstand gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 7 UrlV in Höhe von 240 Stunden bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von fünf Tagen in der Kalenderwoche. Nach dem klägerseits nicht bestrittenen Vortrag des Beklagten ist 2013 ein Anspruch in Höhe von 76 Stunden 53 Minuten übrig geblieben. Der restliche Teil des Anspruchs war bereits durch Urlaubsgewährung erloschen. Grundsätzlich soll der Erholungsurlaub möglichst im laufenden Kalenderjahr voll eingebracht werden, § 10 Abs. 1 Satz 1 UrlV. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlV verfällt der Urlaub, der nicht bis zum 30. April des folgenden Jahres angetreten ist und nicht nach § 11 UrlV angespart wird. Diese Frist ist bis längstens 31. März des übernächsten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres zu verlängern, wenn die Einbringung des Urlaubs aufgrund einer Dienstunfähigkeit nicht möglich ist. Der Kläger war vom 8. August 2013 bis 6. Mai 2014 dienstunfähig. Die Frist zur Einbringung des Urlaubs war daher gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV bis 31. März 2015 verlängert worden. Dem Verfall des Urlaubsanspruchs für das Jahr 2013 am 31. März 2015 steht auch nicht entgegen, dass bei Gesundung des Klägers im Mai 2014 das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte bestand, das am 7. August 2013 verfügt worden war. Denn Folge des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte ist lediglich die Suspendierung des Beamten von seiner Dienstleistungsverpflichtung (keine Realisierung des Rechts auf amtsangemessene Beschäftigung). Über diese Wirkungen hinaus verändert sich die Rechtsstellung des Beamten nicht. Ihn treffen also weiter alle Rechte und Pflichten aus dem weiterhin bestehenden Beamtenverhältnis (Leppeck in BeckOK, Beamtenrecht Bund, 8. Edition, Stand 01.03.2016, § 39 BeamtStG Rn. 11).

Der Urlaubsanspruch kann grundsätzlich nicht unbeschränkt auf künftige Jahre übertragen werden. Er verfällt, wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres nicht genommen werden kann, da dann der Urlaub seinen Zweck als Erholungszeit typischerweise nicht mehr erreichen kann (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 2 C 10.12 – juris Rn. 20). Der Sinn und Zweck der Gewährung von Erholungsurlaub liegt darin, dem Beamten in jedem Kalenderjahr (= Urlaubsjahr, § 2 Abs. 1 UrlV) Gelegenheit zur Erholung, d.h. zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung seiner Gesundheit und Arbeitskraft, zu geben. Auch die Fürsorgepflicht des Dienstherren gebietet es nicht, dienstunfähig erkrankte Beamte, die aufgrund der Dienstunfähigkeit nicht in der Lage sind, Urlaub bis Ablauf des maximalen Übertragungszeitraumes zu nehmen, vor jedem unverschuldeten Rechtsverlust zu bewahren (vgl. zur Regelung des § 11 Abs. 3 UrlV, BayVGH, B.v. 15.7.2016 – 3 ZB 15.2146). Nach dem Sinn und Zweck der Gewährung von Erholungsurlaub verfallen (Rest-) Urlaubsansprüche mit Ablauf des Zeitraums, bis zu dem Erholungsurlaub maximal übertragen werden kann, ausnahmslos und auch ohne Rücksicht auf die Gründe, aus denen der (Rest-) Urlaub nicht rechtzeitig eingebracht werden konnte (BVerwG, B.v. 27.10.1982 – 2 B 95.81 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 15.7.2016 – 3 ZB 15.2146 – juris Rn. 6).

Gemessen daran ist der Anspruch auf Gewährung von Erholungsurlaub für 2013 verfallen. Der Kläger hat seinen Erholungsurlaub nicht innerhalb der gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV maximal verlängerten Urlaubseinbringungsfrist von 15 Monaten genommen. Die Tatsache, dass der Kläger bei seiner Genesung im Mai 2014 einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte unterlag, damit von seiner Dienstleistungsverpflichtung suspendiert war, hindert den Verfall des Urlaubsanspruch nicht, da über die Realisierung des Rechts auf amtsangemessene Beschäftigung hinaus sich die Rechtsstellung des Beamten nicht ändert. Eine Verlängerung über den 31. März 2015 war auch nach dem Zweck des Erholungsurlaubs nicht angezeigt, da dieser über den 31. März 2015 hinaus nicht mehr erreicht werden konnte.

b. Der für das Jahr 2014 entstandene Anspruch auf Gewährung von Erholungsurlaub aus Art. 93 Abs. 1 BayBG i.V.m. § 2 Abs. 1 UrlV ist verfallen. Der Urlaubsanspruch entstand gemäß § 3 Abs. 1 UrlV in Höhe 240 Stunden bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von fünf Tagen in der Kalenderwoche. Der gesetzliche Urlaubsanspruch verringerte sich gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 UrlV aufgrund der Ruhestandsversetzung am 6. August 2014. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 UrlV steht, wenn das Beamtenverhältnis im Lauf des Urlaubsjahres endet, für jeden vollen Dienstmonat ein Zwölftel des Jahresurlaubs zu. Damit entstand im Jahr 2014 ein Urlaubsanspruch in Höhe von 7/12 von 240 Stunden mithin 140 Stunden. Wie bereits oben dargelegt ergibt sich durch das am 7. August 2013 erteilte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nichts anderes.

Daran ändert auch die Aufhebung der Zurruhesetzungsverfügung durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 28. Juni 2014 nichts. Zwar wirkt eine solche Aufhebung durch gerichtliches Gestaltungsurteil nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich ex tunc, weshalb in diesem Fall insbesondere ein rückwirkender Anspruch des vorzeitig zur Ruhe gesetzten Beamten auf volle Besoldung für den Zeitraum der zu Unrecht erfolgten Zurruhesetzung besteht. Die rückwirkende Aufhebung der Zurruhesetzungsverfügung führt zwar zu einem durchgehend bestehendem Beamtenverhältnis, nicht jedoch dazu, dass dem Beamten für diesen Zeitraum ein anteiliger Urlaubsanspruch zusteht. Denn der Urlaubsanspruch ist an eine grundsätzliche Dienstleistungspflicht des Beamten im Rahmen eines aktiven Beamtenverhältnisses geknüpft, die der Beamte aufgrund des genehmigten Urlaubs nicht erfüllen muss (vgl. Heizer in BeckOK, Beamtenrecht Bayern, 7. Edition, Stand 01.06.2017, Art. 93 BayBG Rn. 1a). Die rückwirkende Aufhebung der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand lässt jedoch die Dienstleistungspflicht des Beamten nicht wieder rückwirkend aufleben (VG Hamburg, B.v. 20.6.2013 – 21 E 2379/13).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der klägerseits zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (U.v. 6.5.2014 – 9 AZR 678/12), die zum Ausdruck bringt, dass für das Entstehen des Urlaubsanspruchs nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung ist und der Urlaubsanspruch nicht unter der Bedingung steht, dass Arbeitnehmer im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht habe. Denn diese Rechtsprechung kann nicht auf ein Beamtenverhältnis übertragen werden, da bei einer bereits vollständigen Freistellung von der Pflicht zu Dienstleistung für eine weitere Freistellung von der gleichen Verpflichtung kein Raum ist und mit Blick auf den Zweck des Urlaubs auch kein entsprechender Bedarf besteht.

Der entstandene Urlaubsanspruch ist jedoch erloschen. Der Erholungsurlaub soll gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 UrlV möglichst im laufenden Kalenderjahr voll eingebracht werden. Urlaub, der nicht bis zum 30. April des folgendes Jahres angetreten ist und nicht nach § 11 UrlV angespart wird, verfällt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlV, sofern die Übertragungsfrist nicht nach § 10 Abs. 1 Satz 3 bzw. 4 UrlV verlängert wird. Eine Verlängerung nach § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV hat jedoch nur zu erfolgen, wenn die Einbringung des Urlaubs aufgrund einer Dienstunfähigkeit nicht möglich ist. Für das Jahr 2014 findet die in § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV geregelte Ausnahme von der allgemeinen Verfallregelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlV keine Anwendung, da der Kläger seinen Erholungsurlaub des Jahres 2014 nicht „aufgrund des Eintritts einer Dienstunfähigkeit nicht erhalten hat“. Der Kläger hat den Erholungsurlaub nicht aufgrund von Dienstunfähigkeit, sondern aufgrund der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand nicht erhalten. Dass die Versetzung in den Ruhestand und nicht die Dienstunfähigkeit kausal für die fehlende Gewährung von Erholungsurlaub war, wird insbesondere in den Zeiten deutlich, in denen der Kläger ausweislich der im Rechtsstreit über die Versetzung in den Ruhestand erörterten Gutachten (Gutachten des MD Dr. H. vom 8. April 2014 sowie Gutachten von MDin Dr. K. vom 8. April 2014) (eingeschränkt) dienstfähig war. Trotz der Dienstfähigkeit konnte der Kläger aufgrund der damals noch rechtswirksamen Versetzung in den Ruhestand keinen Erholungsurlaub beantragen, da dieser nach deutschem Recht nur den aktiven Beamten, nicht aber den Ruhestandsbeamten zusteht. Für Ruhestandsbeamte fehlt es an einer Dienstleistungspflicht, von deren Erfüllung der Beamte zum Zwecke des Urlaubs befreit werden könnte (OVG Hamburg, B.v. 20.6.2013 – 1 Bs 187/13 – juris Rn. 6).

Es verbietet sich jedoch auch eine erweiternde Auslegung dahingehend, dass eine Dienstunfähigkeit i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV auch dann gegeben ist, wenn der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden ist, die Versetzung in den Ruhestand jedoch später rückwirkend aufgehoben wird. Sofern der Kläger hiergegen einwendet, dass diese Auslegung die Rechte der zu Unrecht in den Ruhestand versetzten Beamten verkürze, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn ein Anspruch auf Gewährung von Erholungsurlaub ist nur nach Maßgabe der Gesetze eingeräumt. Zudem kann das Gericht eine Verkürzung der Rechte des Klägers nicht erkennen: Der Kläger hätte, wäre er nicht in den Ruhestand versetzt worden, seinen Erholungsurlaub gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 im laufenden Kalenderjahr voll einbringen sollen bzw. wäre der Urlaub, der nicht bis zum 30. April 2015 eingebracht worden wäre, gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlV verfallen. Aufgrund der Versetzung in den Ruhestand war der Kläger in dem hier streitigen Zeitraum vom 6. August 2014 bis 28. Juni 2016 ohne Einschränkungen und unabhängig von dem Nachweis der Dienstunfähigkeit von seiner Dienstpflicht befreit und damit über den Zeitraum der ihm zustehenden Urlaubstage sowie der möglichen Einbringungszeit hinaus. Nach seinem Vortrag im Zurruhesetzungsverfahren war der Kläger zudem (eingeschränkt) dienstfähig. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger in den maßgeblichen Bezugszeiträumen über einen längeren Zeitraum krankgeschrieben war, so dass er diesen Zeitraum in der Sache auch zu Erholungszwecken nutzen konnte. Einer Befreiung von seinen Dienstpflichten zum Zwecke des Erholungsurlaubs bedurfte es daher nicht. Im Übrigen hat der Kläger infolge der Ruhestandsversetzung auch keinen besoldungs- und versorgungsrechtlichen Nachteil erlitten. Dieser Aussage des Beklagten ist der Kläger nicht entgegen getreten, so dass – zumindest infolge der Aufhebung der zu Unrecht erfolgten Zurruhesetzung – von einer vollen Besoldung und damit einem Fehlen eines besoldungs- oder versorgungsrechtlichen Nachteils ausgegangen werden kann.

Die rückwirkende Aufhebung der Zurruhesetzungsverfügung führt jedoch nicht dazu, dass dieser Zeitraum nunmehr als Zeitraum einer „Dienstunfähigkeit“ im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV zu behandeln ist. Denn diese bereichsspezifische Regelung knüpft den Urlaubsanspruch spiegelbildlich an eine grundsätzliche Dienstleistungspflicht des Beamten im Rahmen eines aktiven Beamtenverhältnisses, die der Beamte aufgrund des genehmigten Urlaubs nicht erfüllen muss. Die rückwirkende Aufhebung der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand lässt jedoch die Dienstleistungspflicht des Beamten nicht wieder rückwirkend aufleben. Der Kläger bleibt deshalb nach wie vor für den Zeitraum seiner vorzeitigen Zurruhesetzung – unabhängig von seiner tatsächlichen Dienstfähigkeit in dem Zeitraum August 2014 bis Juni 2016 – von der Dienstleistungspflicht gegenüber seinem Dienstherrn befreit.

Auch aus Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV lässt sich ableiten, dass der Zeitraum einer zu Unrecht erfolgten vorzeitigen Zurruhesetzung nicht als „Dienstunfähigkeit“ im Sinne dieser Vorschrift auszulegen ist, denn der Verordnungsgeber wollte aus europarechtlichen Gründen lediglich Beamte privilegieren, die allein aufgrund einer Erkrankung, die bis zum Ende des aktiven Dienstverhältnisses fortdauert, gehindert waren, ihren Resturlaub innerhalb der Verfallsfrist zu nehmen (vgl. Heizer in BeckOK, Beamtenrecht Bayern, 7. Edition, Stand 01.06.2017, Art. 93 BayBG Rn. 35.1 ff.). Dieser Anwendungsbereich ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welcher der Verordnungsgeber mit der Änderung der Urlaubsverordnung Rechnung tragen wollte (vgl. Heizer in BeckOK, Beamtenrecht Bayern, 7. Edition, Stand 01.06.2017, Art. 93 BayBG Rn. 35.1 ff.). Demnach darf einem Arbeitnehmer das Recht auf bezahlten Jahresurlaub aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeit-RL) nicht durch nationale Rechtsvorschriften genommen werden, wenn er während des gesamten Bezugszeitraums und/oder über den im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraum hinaus krankgeschrieben ist und seinen Anspruch nicht ausüben kann (EuGH, U. v. 20.1.2009 – Rs. C-350/06 und C-520/06 – juris Rn. 44, 48).*In seinem Urteil vom 22.11.2011 konkretisierte der EuGH diese Rechtsprechung und stellte fest, dass ein Recht auf ein unbegrenztes Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub, die während eines solchen Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit erworben wurden, nicht mehr dem Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub entspreche. Mit dem Urlaubsanspruch werde nämlich ein doppelter Zweck verfolgt. Dieser bestehe darin, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zum einen von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Der Erholungseffekt entfalle jedoch nach Ablauf einer längeren Zeit (EuGH, U.v. 22.11.2011 – C-214/10 Slg. 2011, I-11757– juris Rn. 30 ff.). Der EuGH stellte weiter fest, dass Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG solchen mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegenstehe, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt werde, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben bzw. im Krankheitsurlaub gewesen sei und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht habe ausüben können (EuGH, U. v. 20.1.2009 – Rs. C-350/06 und C-520/06 – juris Rn. 52). Diese Feststellungen des EuGH beziehen sich somit ebenfalls ausschließlich auf den Fall eines während eines aktiven Arbeitsverhältnisses krankgeschriebenen Arbeitnehmers, dem aufgrund der Krankschreibung der Verlust seines Erholungsurlaubsanspruchs droht. Da auch Beamte grds. vom Anwendungsbereich der Arbeitszeit-RL erfasst sind, gelten die dargestellten Grundsätze auch für sie (vgl. OVG NW, B.v. 21.9.2009 – 6 B 1236/09 – NVwZ-RR 2010, 74).

Diese von der Regelungsabsicht des Verordnungsgebers erfassten Konstellationen erkrankter Beamter, die aufgrund der Erkrankung ihren Jahresurlaub nicht rechtzeitig nehmen können, sind nicht vergleichbar mit der eines über mehrere Jahre zur Ruhe gesetzten Beamten, der während des Bezugszeitraums ohnehin von seiner Dienstleistungspflicht gegenüber seinem Dienstherrn befreit ist und von dieser Pflicht auch nach Aufhebung der Zurruhesetzung befreit bleibt.

Zudem entspricht diese Auslegung des § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV dem Sinn und Zweck der Gewährung von Erholungsurlaub, nämlich die Gelegenheit zur Erholung, durch die der Beamte seine Gesundheit und Arbeitskraft wiederherstellen und erhalten kann. Dieser Erholung bedarf ein Ruhestandsbeamter nicht. Gleiches gilt, wenn der Dienstherr den Beamten in dem Urlaubsbezugszeitraum als Ruhestandsbeamten behandelt und er deshalb keine Dienstleistung erbringen muss (vgl. Heizer in BeckOK, Beamtenrecht Bayern, 7. Edition, Stand 01.06.2017, Art. 93 BayBG Rn. 1ff.).

Dem steht auch nicht das klägerische Vorbringen entgegen, wonach bei allem anderen als einer Folgenbeseitigung der rechtswidrig handelnde Dienstherr nicht nur im Vergleich zu rechtmäßigem Handeln besser stünde, als auch dem Beamten in rechtswidriger Weise und entschädigungslos ein Anspruch auf Erholungsurlaub entzogen werde. Diese Sicht verkennt, dass der Dienstherr im Fall der rechtswidrigen Ruhestandsversetzung – wie bei rechtmäßigem Handeln – für den zurückliegenden Zeitraum nachträglich nicht die Dienstleistung des Beamten erhält.

Da der Urlaubsanspruch grundsätzlich nicht unbeschränkt auf künftige Jahre übertragen werden kann, verfällt er, wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres nicht genommen werden kann. Dann kann der Urlaub seinen Zweck als Erholungszeit typischerweise nicht mehr erreichen (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 2 C 10.12 – juris Rn. 20). Das Bundesverwaltungsgericht hat wiederholt entschieden, dass Urlaubsansprüche von Beamten nach dem zeitgebundenen Sinn und Zweck der jährlichen Gewährung von Erholungsurlaub mit dem Ablauf des Zeitraums, bis zu dem dieser äußerstenfalls übertragen werden kann, ausnahmslos verfallen, ohne Rücksicht auf die Gründe, aus denen der Urlaub nicht rechtzeitig angetreten werden konnte (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1988 – 2 C 3/36 – juris Rn. 17 mit weiteren Nachweisen). Der Anspruch auf Erholungsurlaub für das Jahr 2014 ist demnach gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlV am 30. April 2015 verfallen.

c. Im Jahr 2015 ist kein Anspruch des Klägers auf Erholungsurlaub entstanden. Die Gewährung von Erholungsurlaub nach Art. 93 Abs. 1 BayBG i.V.m. UrlV kommt lediglich während eines aktiven Beamtenverhältnisses in Betracht. Ruhestandsbeamten steht kein Erholungsurlaub zu. Denn Urlaub ist genehmigtes Fernbleiben vom Dienst und setzt begrifflich voraus, dass der Beamte ohne den Urlaub Dienst zu leisten hätte; fehlt es an der Dienstleistungspflicht, so ist eine Beurlaubung ausgeschlossen (vgl. Heizer in BeckOK, Beamtenrecht Bayern, 7. Edition, Stand 01.06.2017, Art. 93 BayBG Rn. 1a).

Während der Bezugszeiträume für den Erholungsurlaub 2015 traf den Kläger aufgrund der vorzeitigen Zurruhesetzung keine Dienstleistungspflicht. Anders als ein lediglich vorübergehend dienstunfähig erkrankter Beamter war der Kläger aufgrund der Zurruhesetzung umfassend und ohne weitere Nachweispflicht gegenüber seinem Dienstherrn durch ärztliche Atteste oder amtsärztliche Untersuchungen von der Dienstleistungspflicht befreit.

d. Es kann zudem dahingestellt bleiben, ob dem Kläger für die Jahre 2013 bis 2015 unionsrechtlich ein Anspruch auf Gewährung von Mindesturlaub zusteht. Denn ein solcher Anspruch wäre ebenfalls verfallen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 2 C 10/12 – juris Rn. 21 f.), die sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, U.v. 22.11.2011 – C-214/10 Slg. 2011, I-11757) stützt, verfällt der unionsrechtliche Anspruch auf Gewährung von Mindesturlaub, wenn dieser nicht 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres gewährt und genommen worden ist. Der Mindesturlaub für das Jahr 2013 wäre demnach am 1. Juli 2015, für das Jahr 2014 am 1. Juli 2016 und für das Jahr 2015 am 1. Juli 2017 verfallen. Nach der Rechtsprechung tritt der Verfall immer dann ein, wenn dieser vor Ablauf des Übertragungszeitraumes von 18 Monaten nicht genommen worden ist. Weder aus der Urlaubsverordnung noch aus sonstigen Bestimmungen ergibt sich, dass dieser Rechtsverlust durch die Geltendmachung von Rechtsmitteln (Widerspruch und Klage) gehindert wird. Auch die vorherige Beantragung oder Geltendmachung eines hierauf bezogenen einstweiligen Rechtsschutzes reichen demnach nicht aus, den Verfall des Urlaubsanspruch zu verhindern (BVerwG, U.v. 25.2.1988 – 2 C 3/86 – juris; HessVGH, U.v. 6.9.1989 – 1 UE 3303/86 – juris Rn. 29).

e. Der Kläger kann auch nicht im Wege der Folgenbeseitigung verlangen, ihm den geltend gemachten Urlaubsanspruch zu gewähren. Ein Anspruch auf Folgenbeseitigung ist gegeben, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, der noch andauert (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 28). Im vorliegenden Fall stellt die Nichtgewährung von Erholungsurlaub für die Jahre 2013, 2014 und 2015 bereits keinen rechtswidrigen Zustand dar. Vielmehr stand dem Kläger aus den oben genannten Gründen bereits kein Anspruch auf Erholungsurlaub zu. Jedenfalls ist ein etwaiger Anspruch hinsichtlich der Jahre 2013 und 2014 verfallen, ein Urlaubsanspruch für 2015 erst gar nicht entstanden. Auch wenn dem Kläger im Wege der Folgenbeseitigung ein Anspruch zustünde, ihn so zu stellen, als ob er nicht rechtswidrig in den Ruhestand versetzt worden wäre, wäre der Verfall der Urlaubsansprüche keine unmittelbare und andauernde Folge seiner rechtswidrigen Versetzung in den Ruhestand. Vielmehr beruht der Verfall seiner Urlaubsansprüche auf dem Zeitablauf (OVG Hamburg, B.v. 31.7.2013 – 1 Bs 187/13 – juris Rn. 10). Hinsichtlich des Nichtentstehens des Urlaubsanspruchs für das Jahr 2015 liegt kein Eingriff in ein subjektives Recht des Klägers vor, da der Zweck der Erholung des Urlaubsanspruchs aufgrund der Befreiung von der Dienstleistungspflicht nicht erreichbar ist und dem Kläger – wie dargelegt – daraus kein Nachteil entstanden ist.

Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger nach Treu und Glauben im Hinblick auf die rechtswidrige Versetzung in den Ruhestand so zu stellen wäre, als sei er dienstunfähig gewesen. Insbesondere ist nicht ersichtlich welchen treuwidrigen Verlust der Kläger während des streitigen Zeitraums erlitten hat.

f. Dem Kläger steht auch aus Unionsrecht kein Anspruch auf Gewährung von Schadenersatz in Form der Naturalrestitution zu. Ein derartiger Schadenersatzanspruch setzt voraus, dass die Bundesrepublik Deutschland bzw. der Freistaat Bayern in qualifizierter Weise gegen unionsrechtliche Vorgaben verstoßen haben. Ein qualifizierter Verstoß ist insbesondere dann gegeben, wenn die nationale Rechtslage offenkundig in Widerspruch zur unionsrechtlichen Rechtslage bzw. zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes steht (vgl. EuGH, U.v. 25.11.2010 – C-429/09 – Slg. 2010, I-12167). Ein offenkundiger Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes besteht nicht. Denn der Europäische Gerichtshof hat bisher nur entschieden, dass der Anspruch auf Inanspruchnahme eines bezahlten Jahresurlaubs bei Arbeits- oder Dienstunfähigkeit des Angestellten bzw. Beamten während des Übertragungszeitraumes nicht verfällt (vgl. EuGH, U.v. 21.6.2012 – C-78/11 – juris; U.v. 3.5.2012 – C-337/10 – NVwZ, 2012, 688; U.v. 24.1.2012 – C-282/10 – NJW 2012, 509 ff.; U.v. 22.11.2011 – C-214/10 Slg. 2011, I-11757; U.v. 7.4.2011 – C-519/09 – juris; U.v. 10.9.2009 – C-277/08 – Slg. 2009, I-08405; U.v. 20.1.2009 – C-350/06 – Slg. 2009, I-179). Bisher nicht entschieden ist die Frage, ob der Urlaubsanspruch auch dann besteht und während eines Übertragungszeitraumes zu gewähren ist, wenn der Beamte wegen einer später aufgehobenen Zurruhesetzung von seinen Dienstpflichten befreit war. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dieser Fall ohne weiteres jenen gleichzustellen ist, in denen der Beamte den Urlaub krankheitsbedingt nicht nehmen konnte (OVG Hamburg, B.v. 31.7.2013 – 1 Bs 187/13 – juris Rn. 12). Denn der Europäische Gerichtshof hat in den aufgeführten Entscheidungen u.a. ausgeführt (EuGH, U.v. 22.11.2011 – C-214/10 Slg. 2011, I-11757; U.v. 20.1.2009 – C-350/06 – juris Rn. 25), dass mit der Gewährung des Mindesturlaubs der Zweck verfolgt wird, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zum einen von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen. Dass dies dem nach seinen eigenen Angaben im Zurruhesetzungsverfahren während des hier streitigen Zeitraumes arbeitsfähigen Klägers nicht möglich war, ist nicht ersichtlich.

g. Der hilfsweise gestellte Verpflichtungsantrag auf Gewährung einer entsprechenden Urlaubsabgeltung für nicht gewährten Erholungsurlaub ist gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig, jedoch in der Sache ohne Erfolg. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Abgeltung nicht gewährten Urlaubs zu.

Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung setzt das Bestehen eines Urlaubsanspruchs voraus.

Das vom Bundesarbeitsgericht herangezogene Bundesurlaubsgesetz, das in § 7 Abs. 4 eine Urlaubsabgeltung vorsieht, ist entgegen der klägerischen Ansicht auf Beamte nicht, auch nicht entsprechend anwendbar; deren Ansprüche auf Urlaub und Besoldung richten sich nach den jeweiligen beamtenrechtlichen Gesetzen und Verordnungen.

Nach Maßgabe des § 10 Abs. 3 Satz 1 UrlV ist ein Erholungsurlaub abzugelten, soweit bei Beendigung des Beamtenverhältnisses (§ 21 BeamtStG) die vorherige Einbringung aufgrund einer Dienstunfähigkeit nicht möglich war. Der Abgeltungsanspruch bezieht sich lediglich auf den europarechtlich garantierten Mindestjahresurlaub von vier Wochen. Bei Beendigung des Beamtenverhältnisses sind daher nur die Urlaubstage abzugelten, die einem Freistellungsanspruch von vier Wochen entsprechen. Eine Abgeltung von Erholungsurlaub, der aus anderen Gründen nicht in Anspruch genommen wurde, erfolgt nicht. § 10 Absatz 3 Satz 3 UrlV stellt klar, dass ein Abgeltungsanspruch nur für Urlaubsjahre besteht, deren Urlaubsansprüche bei Beendigung des Beamtenverhältnisses noch nicht verfallen sind (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 2 C 10/12 – NVwZ 2013, 1295; BayVGH, B.v. 13.9.2013 – 6 ZB 13.699 – juris). Denn mit dem Verfall des Urlaubsanspruchs – wenn der Übertragungszeitraum eine gewisse zeitliche Grenze überschreitet, kann der Urlaub seinen Zweck als Erholungszeit typischerweise nicht mehr erreichen – ist die Entstehung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs ausgeschlossen (vgl. EuGH, U.v. 22.11.2011 – C-214/10 Slg. 2011, I-11757; BVerwG U.v. – 2 C 10/12 – Rn. 20.).

Der Anspruch des Klägers auf entsprechende Urlaubsabgeltung scheitert sowohl an einer fehlenden Beendigung des Beamtenverhältnisses als auch an der Unmöglichkeit der Einbringung von Erholungsurlaub infolge von Dienstunfähigkeit. Darüber hinaus ist der Urlaubsanspruch des Klägers für die Jahre 2013, 2014 und 2015 – soweit dieser entstanden ist – verfallen.

Auch aus der klägerseits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 31.1.2013 – 2 C 10/12; U.v. 30.4.2014 – 2 A 8 /13; B.v. 25.4.2013 – 2 B 2/13), die sich auf die Rechtsprechung des EuGH stützt, ergibt sich nichts anderes, da § 10 Abs. 3 UrlV in Umsetzung dieser Rechtsprechung die gleichen Voraussetzungen an einen Urlaubsabgeltungsanspruch – mithin eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und einen bestehenden Urlaubsanaspruch, der infolge Dienstunfähigkeit nicht genommen werden konnte, stellt.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 12. Sept. 2017 - B 5 K 16.606

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 12. Sept. 2017 - B 5 K 16.606

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 12. Sept. 2017 - B 5 K 16.606 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 26 Dienstunfähigkeit


(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als die

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 39 Verbot der Führung der Dienstgeschäfte


Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sons

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 21 Beendigungsgründe


Das Beamtenverhältnis endet durch 1. Entlassung,2. Verlust der Beamtenrechte,3. Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach den Disziplinargesetzen oder4. Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand.

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 12. Sept. 2017 - B 5 K 16.606 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 12. Sept. 2017 - B 5 K 16.606 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 28. Juni 2016 - B 5 K 14.625

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Tenor 1. Der Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 6. August 2014 wird aufgehoben. 2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte dar

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Juli 2016 - 3 ZB 15.2146

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 2.008,57 € festgesetzt. Grün

Bundesarbeitsgericht Urteil, 06. Mai 2014 - 9 AZR 678/12

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Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Mai 2012 - 3 Sa 230/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 30. Apr. 2014 - 2 A 8/13

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Tatbestand 1 Die auf ihren Antrag hin aus dem Beamtenverhältnis entlassene Klägerin beansprucht die finanzielle Abgeltung ihres krankheitsbedingt nicht in Anspruch genom

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 31. Jan. 2013 - 2 C 10/12

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Tatbestand 1 Der Kläger erstrebt eine finanzielle Abgeltung von krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenem Urlaub.

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Tenor

1. Der Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 6. August 2014 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand.

Der 1961 geborene Kläger steht seit Oktober 1981 im Dienst des Beklagten bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei, zuletzt seit 1. Oktober 2000 im Amt eines Polizeihauptkommissars (Besoldungsgruppe A 12 nach Anlage I des Bayerischen Besoldungsgesetzes -BayBesG). Er ist mit einem Grad der Behinderung von 30 einem schwerbehinderten Menschen gem. § 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) gleichgestellt (Bescheid der Agentur für Arbeit B. vom 26. April 2012).

Der Kläger war seit 1. September 1995 bei der ... Bereitschaftspolizeiabteilung (BPA) W. und ab 1. Dezember 2009 bei der ... BPA D. als Klassenleiter in der Ausbildung tätig. Mit Wirkung vom 1. November 2010 erfolgte seine Versetzung zur ... BPA N. aus persönlichen Gründen unter gleichzeitiger Rückabordnung zur ... BPA D. bis 28. Februar 2011. Dem lag zugrunde, dass zum 1. September 2011 bei der ... BPA die Aufstellung des 30. Ausbildungsseminars erfolgte und dort eine wunschgemäße Verwendung des Klägers als Klassenleiter möglich war. Darüber hinaus beabsichtigte der Kläger, um insbesondere familiären Fürsorgeverpflichtungen nachzukommen, gemeinsam mit seiner neuen Lebensgefährtin seinen Lebensmittelpunkt in den Raum B. zu verlegen. Der Kläger verlegte seinen Wohnsitz im Oktober 2010 nach H. Nach dem Ende seiner Rückabordnung sollte der Kläger zunächst ab 1. März 2011 im Aufbaustab des 30. Ausbildungsseminars verwendet werden. In der Zeit vom 7. März 2011 bis 6. November 2011 war der Kläger dienstunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 25. April 2011 teilte der Kläger unter Bezugnahme auf ein am 20. April 2011 mit dem stellvertretenden Abteilungsführer geführtes Gespräch mit, es sei ihm von mehreren Fachärzten attestiert worden, dass Situationen in Form von Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule (LWS), auch bei längeren Autofahrten, unbedingt zu vermeiden seien. Die täglichen Fahrzeiten von rund einer Stunde einfache Strecke zwischen Dienst- und Wohnort seien aufgrund der sitzenden Zwangshaltung Ursache der derzeitigen Verschlechterung seines Gesundheitszustands. Er beantrage daher die Umsetzung auf einen Arbeitsplatz in einer Dienststelle in B. oder der näheren Umgebung seines Wohnsitzes im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements. Bereits unter dem 31. März 2011 hatte die ... BPA beim Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei (BPP) die polizeiärztliche Untersuchung des Klägers in Hinblick auf dessen bisherigen Krankheitszeiten und dessen Leistungsfähigkeit beantragt. In der Folgezeit wurde der Kläger mehrfach polizeiärztlich untersucht.

Im Gesundheitszeugnis (organmedizinisch) vom 16. September 2011 gelangte MOR Dr. G. zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine erhebliche krankhafte Veränderung der Wirbelsäule vorliege. Eine Wiedereingliederungsmaßnahme mit zunächst vierstündiger täglicher Arbeitszeit sei unter Beachtung der vorhandenen krankheitsbedingten dauerhaften Einschränkungen des Klägers möglich. Eine Verwendung bei Tätigkeiten, die mit der Gefahr einer erhöhten Gewalteinwirkung auf die Wirbelsäule oder Widerstandshandlungen einhergingen, sei nicht möglich. Der Kläger könne dauerhaft nur noch im Innendienst oder im leichten Außendienst ohne die genannten Gefahren sowie ohne Einwirken extremer Witterungseinflüsse eingesetzt werden. Längere Zwangshaltungen seien zu vermeiden; ohne wesentliche Gefahr einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes seien Autofahrten von 20 bis 30 Minuten möglich. Der Arbeitsplatz des Klägers erfordere einen höhenverstellbaren Schreibtisch und eine geeignete Bestuhlung. Ein regelmäßiger Wechsel zwischen gehender, stehender und sitzender Arbeitsposition müsse ermöglicht werden. Der Kläger sei aufgrund der dauerhaften Einschränkungen als polizeidienstunfähig zu beurteilen. Aus organmedizinischer Sicht sei das Führen von Dienst-Kfz ohne Einsatz von Sonderrechten sowie das Führen von Waffen möglich. Die derzeitigen Therapiemaßnahmen seien angemessen. Unter Beachtung der genannten dauerhaften Verwendungseinschränkungen sei voraussichtlich auch wieder eine vollzeitige Dienstausübung möglich.

Unter dem 21. September 2011 forderte das BPP den Kläger über dessen Bevollmächtigten unter Hinweis auf disziplinar- und beamtenrechtliche Konsequenzen auf, ab dem 26. September 2011 den Dienst bei der ... BPA wieder anzutreten bis anderweitige Verwendungsmöglichkeiten geprüft worden seien. Es bestehe für den Kläger die Möglichkeit, in einem Gästezimmer im Stabsgebäude zu übernachten. Der Kläger legte daraufhin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dr. K. vom 23. September 2011 vor.

Mit Wirkung vom 7. November 2011 wurde der Kläger zur Polizeiinspektion E.-Stadt abgeordnet. Der Wiedereingliederungsplan (Zeitraum 8.11.2011 bis 30.1.2012) der Gemeinschaftspraxis Dr. K. sah vor, dass der Kläger beginnend mit dem 8. November 2011 seine berufliche Tätigkeit zunächst mit einer Arbeitszeit von 4 Stunden täglich wieder aufnimmt. Unter dem 3. Februar 2012 teilte die PI E.-Stadt dem BPP mit, dass der Kläger seine Wiedereingliederungsphase abgeschlossen habe. In der Folgezeit kam es im Februar 2012 erneut zu krankheitsbedingten Fehlzeiten. Am 1. Juni 2012 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz von H. nach R. (Landkreis B.), wobei sich die Fahrtstrecke zum Dienstort um 20 Kilometer verlängerte. In den Monaten Juni, Juli, August und Oktober 2012 folgten zeitweise weitere krankheitsbedingte Fehlzeiten des Klägers. In der Zeit vom 24. Oktober 2012 bis 21. November 2012 führte der Kläger eine stationäre Reha-Behandlung durch. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2012 bot das Polizeipräsidium (PP) Mittelfranken dem Kläger die Durchführung eines BEM an. In der Zeit vom 4. bis 12. Dezember 2012 sowie vom 14. Januar 2013 bis 10. Februar 2013 war der Kläger wiederum dienstunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 12. April 2013 teilte das PP Mittelfranken dem BPP mit, dass eine Verwendung des Klägers bei der PI E.-Stadt seinen gesundheitlichen Einschränkungen (wegen der Anfahrtszeit von 45 Minuten) nicht hinreichend Rechnung trage. Eine Aufhebung der Abordnung des Klägers werde angeregt.

Der Kläger wurde in der Folgezeit erneut polizeiärztlich untersucht.

Mit Verfügung des BPP vom 5. Juli 2013 wurde die Abordnung des Klägers zur PI E.-Stadt mit Wirkung vom 14. Juli 2013 aufgehoben und der Kläger mit Wirkung vom 15. Juli 2013 bis 14. Juli 2014 zu den Operativen Ergänzungsdiensten (OED) B. abgeordnet, welche dem PP Oberfranken zugeordnet sind. Mit E-Mail vom 22. Juli 2013 an das BPP teilte der Kläger mit, er sei vom Vertreter des Leiters der OED B. informiert worden, dass er nach dessen Kenntnisstand außendienstfähig sei und für Einsätze und Streifenfahrten herangezogen werden könne, was insbesondere der letzten und auch den vorangegangenen polizeiärztlichen Begutachtungen widerspreche. Auf Bitte des PP Oberfranken veranlasste das BPP eine polizeiärztliche Untersuchung des Klägers in Hinblick auf die Verwendung bei den OED B. In seinem Gutachten vom 5. August 2013 führt MD Dr. U. aus, die in der beigelegten Aufgabenbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten im Außendienst seien für den Kläger nicht durchführbar und würden zu einer Verschlimmerung seines Leidens führen. Eine Tätigkeit als Erhebungs- und Ermittlungsbeamter wie bei der PI E. wäre möglich, da es hier allenfalls zu leichten Widerstandshandlungen komme. Die Feststellungen des Dr. G. vom 16. September 2011 zur Polizeidienstunfähigkeit des Klägers gälten weiterhin. Der polizeidienstunfähige Kläger könne nur noch im Innen- und allgemeinen Verwaltungsdienst eingesetzt werden, wobei es sehr fraglich sei, ob es zu einer Reduktion der krankheitsbedingten Fehlzeiten kommen werde. Überwiegend sitzende Tätigkeiten seien für den Kläger ebenso nicht geeignet. Auch in diesem Bereich müsste weiterhin mit krankheitsbedingten Fehlzeiten, die das übliche Maß weit übersteigen, gerechnet werden. Mit E-Mail vom 5. August 2013 teilte das PP Oberfranken dem BPP mit, dass nach Durchsicht des Gesundheitszeugnisses vom 5. August 2013 für den Kläger bei den OED B. und auch bei sämtlichen Dienststellen der Landespolizei derzeit keine amtsangemessene Beschäftigung möglich sei, und bat um Aufhebung der Abordnung. Daraufhin hob das BPP die Abordnung des Klägers mit Verfügung vom 6. August 2013 mit Ablauf des 7. August 2013 auf.

Mit Bescheid vom 7. August 2013 kündigte das BPP gegenüber dem Kläger die Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens an, da man den Kläger insbesondere aufgrund der letzten Stellungnahme des Polizeiärztlichen Dienstes für nicht mehr dienstfähig halte. Gleichzeitig wurde dem Kläger gem. § 39 BeamtStG die Führung der Dienstgeschäfte verboten.

Der Kläger ließ mit Telefax seines Bevollmächtigten vom 12. August 2013 Widerspruch gegen die Befreiung von der Dienstleistungspflicht einlegen und Einwendungen gegen die beabsichtigte Ruhestandsversetzung erheben. Der Kläger sei nicht dauernd dienstunfähig, insoweit lägen keine Anhaltspunkte vor. Es gebe hinreichend Möglichkeiten der Verwendung des für den Innendienst voll dienstfähigen Klägers, die im Rahmen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn als milderes Mittel ebenso wie etwa ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) vorrangig zu prüfen seien.

Unter dem 19. August 2013 stellte das BPP beim Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMIBV) einen Antrag auf Zustimmung zur Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens für den Kläger. Mit Schreiben vom 18. September 2013 gab das BPP der örtlichen Schwerbehindertenvertretung bei der ... BPA Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich der beabsichtigten Ruhestandsversetzung. Der Kläger war in der Folge mit Attesten der Gemeinschaftspraxis Dr. K. bis einschließlich 6. Mai 2014 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Mit Schreiben vom 23. September 2013 bat das BPP den Polizeiärztlichen Dienst um ergänzende Stellungnahme zum Gutachten vom 5. August 2013 zu der Frage, ob bei dem derzeitigen Sachstand, dass ein wohnortnaher Einsatz nicht verfügbar sei und auch prognostiziert in unmittelbar nächster Zeit nicht verfügbar sein werde, von einer dauernden Polizeidienstunfähigkeit des Klägers - im Vollzugs- und Innendienst - ausgegangen werden könne, wobei die Einschätzung eine prognostische Aussage bezüglich der Verwendung innerhalb der nächsten zwei Jahre beinhalten solle. Weiter wurde um Stellungnahme bezüglich einer Verwendung in der Laufbahn des Allgemeinen Verwaltungsdienstes gebeten, wobei hier erst ein einjähriges Anerkennungsjahr im Rahmen einer Umschulungsmaßnahme mit Besuch mehrerer Lehrgänge und Seminare an der Bayerischen Verwaltungsschule und Fachhochschule Hof nötig wäre.

Unter dem 27. September 2013 richtete das BPP eine Anfrage bezüglich der Übernahme des Klägers an die Regierung von Oberfranken, die unter dem 14. Oktober 2013 mitteilte, dass eine Verwendungsmöglichkeit nicht bestehe.

Mit Schreiben vom 30. September 2013 teilte die örtliche Schwerbehindertenvertretung mit, dass aus ihrer Sicht der Einleitung eines Ruhestandsverfahrens nichts entgegenstehe.

In seiner Stellungnahme vom 1. Oktober 2013 teilte MD Dr. U. mit, der Kläger sei polizeidienstunfähig und es sei nicht zu erwarten, dass er die volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von 2 Jahren wiedererlange. Er sei gesundheitlich nicht geeignet für eine Funktion im Innendienst einschließlich erforderlicher Ausbildungs- und Fortbildungsmaßnahmen, was sich zum einen aufgrund des eingeschränkten Einsatzbereichs des Klägers (keine wohnortnahe Verwendung verfügbar bzw. absehbar) und zum anderen daraus ergebe, dass wegen des vorliegenden Krankheitsbildes eines sitzende Tätigkeit nicht mehr möglich sei. Auch bei einer Tätigkeit im Innendienst sei mit weit über das übliche Maß hinausreichenden krankheitsbedingten Ausfallzeiten zu rechnen. Auch für den allgemeinen Verwaltungsdienst sei der Kläger gesundheitlich nicht geeignet.

Mit Schreiben vom 4. November 2013 teilte das StMIBV mit, dass gegen eine Ruhestandsversetzung des Klägers keine Einwände bestünden. Mit Schreiben vom 19. November 2013 hörte das BPP den Kläger zur beabsichtigten Ruhestandsversetzung an. Unter dem 29. November 2013 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Beteiligung der Personalvertretung sowie des Bezirkspersonalrats. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 wurden der Bezirkspersonalrat sowie der örtliche Personalrat bei der IV. BPA über den Vorgang unterrichtet. Unter dem 18. Dezember 2013 nahm das BPP gegenüber dem StMIBV zu einer Anfrage des vom Kläger eingeschalteten Abgeordneten MdL R. Stellung. Durch die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung wurde mit E-Mail vom 18. Dezember 2013 die Durchführung eines Präventionsverfahrens mit dem Integrationsamt Bayreuth angeregt.

Mit Telefax vom 19. Dezember 2013 erhob der Klägerbevollmächtigte Einwendungen gegen die beabsichtigte Versetzung des Klägers in den Ruhestand. Die Ruhestandsversetzung sei materiell rechtswidrig, da sie unverhältnismäßig und ohne Ausschöpfung milderer Mittel wie die Durchführung eines BEM und die Begutachtung durch einen unabhängigen Arzt erfolgt sei, zumal die Ausführungen des Dr. U. (Stellungnahmen 5.8.2013 und 1.10.2013) sich konträr gegenüberstünden. Im Übrigen habe die behauptete umfangreiche Überprüfung entsprechender Verwendungsmöglichkeiten des Klägers im Umkreis einer 20-30 minütigen Fahrzeit nach Aktenstand nicht stattgefunden.

Unter dem 28. Januar 2014 leitete das BPP mit Antrag an das Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Oberfranken (Integrationsamt) ein Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX ein. Im Rahmen dieses Verfahrens nahm der Bezirkspersonalrat unter dem 12. Februar 2014 dahingehend Stellung, dass die dargestellten Gründe einer fehlenden Verwendungsmöglichkeit im räumlichen Nahbereich nachvollziehbar erschienen und eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers nicht erkennbar sei. Unter dem 18. März 2014 fand beim Integrationsamt Bayreuth ein Präventionsgespräch statt mit dem Ergebnis, dass eine erneute Begutachtung des Klägers durch bislang unbeteiligte Polizeiärzte in Erwägung gezogen werde.

Der Kläger wurde in der Folge am 27. März 2014 und am 8. April 2014 durch Ärzte des Polizeiärztlichen Dienstes bei der I. BPA München begutachtet. Im Gesundheitszeugnis vom 8. April 2014 (organmedizinisch) legt MD Dr. H. dar, dass sich die Wirbelsäulenschäden des Klägers laut der vorliegenden bildgebenden Diagnostik im Zeitraum 21.12.2004 bis 9.3.2011 eher zurückentwickelt und nicht verstärkt hätten. Der Kläger sei, wie im Gutachten von Dr. G. vom 16. September 2011 festgestellt und begründet, polizeidienstunfähig. Die Wirbelsäulenproblematik bestehe zwar weiter, habe sich jedoch gut konsolidiert. Die notwendigen Therapiemaßnahmen würden, soweit erforderlich, offensichtlich wahrgenommen. Aus medizinischer Sicht sei eine Dienstverrichtung im Innen- und Verwaltungsdienst, ggf. mit Verwendung eines Stehpults, oder eine Tätigkeit ohne Konfrontationsrisiko im Ermittlungsdienst möglich. Zur angesprochenen sofortigen Dienstaufnahme in N. am Folgetag sehe sich der Kläger wegen der Anfahrt nicht in der Lage. Rückenprobleme seien nicht nur organmedizinisch, sondern auch durch psychische, psychosomatische Faktoren, Belastungen und Motivationen bestimmt. Vom BPP sei am Untersuchungstag auf Rückfrage mitgeteilt worden, dass sämtliche Versetzungsmöglichkeiten geprüft worden seien und über die bereits angebotenen Verwendungsmöglichkeiten hinaus weitere wohnortnähere Stellen nicht zugewiesen werden könnten. Gehe man davon aus, dass die privatärztliche Krankschreibung von psychiatrischer Seite gerechtfertigt sei, müsse, da eine wesentliche Änderung der Dienst-Rahmenbedingungen nicht erwartet werden könne, von dauernder Dienstunfähigkeit ausgegangen werden. Die Behauptung der Dienstfähigkeit bei gleichzeitiger Dauerkrankschreibung stelle einen unauflösbaren Widerspruch dar.

MDin Dr. K. legt im Gesundheitszeugnis vom 8. April 2014 (psychiatrisch) dar, der Kläger habe am Untersuchungstag ihr gegenüber erklärt, er könne sich eine künftige Diensttätigkeit ausschließlich im Raum B. vorstellen. Nach einen Telefonat mit dem BPP sei jedoch nicht damit zu rechnen, dass dem Kläger in absehbarer Zeit eine entsprechende Diensttätigkeit angeboten werden könne. Aufgrund dieser Situation und unter Berücksichtigung der Vorgeschichte könne nach polizeiärztlichem Dafürhalten mit einer Dienstaufnahme in einem absehbaren Zeitraum nicht gerechnet werden. Daher liege beim Kläger zusätzlich zur Polizeidienstunfähigkeit auch Dienstunfähigkeit nach § 26 Abs. 1 BeamtStG vor, nachdem er in den vergangenen sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst mehr geleistet habe und aus polizeiärztlicher psychiatrischer Sicht gegenwärtig keine realistische Aussicht auf eine Wiederaufnahme des Dienstes innerhalb der nächsten sechs Monate bestehe. Die durchgeführten Therapiemaßnahmen seien im Sinne der beamtenrechtlichen Gesunderhaltungspflicht angemessen. Bei unveränderter Stellensituation seien Reaktivierungsprüfungen aus psychiatrischer Sicht nicht angezeigt.

Mit E-Mail vom 28. April 2014 stimmte die Bezirksvertrauensperson der Schwerbehinderten bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei nach Rücksprache mit der örtlichen Schwerbehindertenvertretung bei der ... BPA N. der Ruhestandsversetzung des Klägers zu.

Unter dem 9. Mai 2014 nahm der Klägerbevollmächtigte zum Gesundheitszeugnis vom 8. April 2014 Stellung und erhob Einwendungen gegen die Ruhestandsversetzung. Die Beurteilung von Dr. K. sei sowohl in der Begründung als auch in der Schlussfolgerung nicht tragfähig. Die Dienstfähigkeit werde davon abhängig gemacht, inwieweit der Dienstherr willens bzw. in der Lage ist, einen geeigneten Dienstposten zur Verfügung zu stellen. Dies habe mit der Beurteilung der Dienstfähigkeit im Rahmen der Erstellung eines Gesundheitszeugnisses nichts gemein. Aus der Beurteilung aus psychiatrischer Sicht ergebe sich keine Dienstunfähigkeit; vielmehr werde diese aus der auf ungeprüften Auskünften beruhenden fehlenden Verwendungsmöglichkeit rückgeschlossen.

Mit Telefax vom 15. Mai 2014 stimmte der Bezirkspersonalrat der Bayerischen Bereitschaftspolizei der Ruhestandsversetzung des Klägers zu.

Mit Schreiben vom 7. Juli 2014 teilte das Integrationsamt Bayreuth mit, dass derzeit keine Möglichkeit gesehen würde, in diesem Fall weitere Unterstützung anzubieten.

Unter dem 17. Juli 2014 leitete das BPP eine Umfrage hinsichtlich einer möglichen Verwendung des Klägers bei sämtlichen im Umkreis des klägerischen Wohnorts gelegenen Behörden ein, die ohne positives Ergebnis blieb.

Mit E-Mail vom 13. August 2014 teilte das BPP dem StMIBV mit, dass das angeregte Präventionsverfahren mit Schreiben vom 7. Juli 2014 abgeschlossen worden sei. Das BPP habe erfolglos 125 Behörden und Dienststellen im Umkreis von 30 Minuten Fahrzeit vom Wohnort des Klägers angeschrieben und um Prüfung einer Verwendungsmöglichkeit gebeten, so dass keine andere Möglichkeit bestehe, als den Kläger in den Ruhestand zu versetzen.

Mit Verfügung des BPP vom 6. August 2014 wurde der Kläger mit Ablauf des Monats August 2014 in den Ruhestand versetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Ergebnisse der untersuchenden Polizeiärzte Dr. H. und Dr. K. dienten als weitere Grundlage der bereits Ende 2013 getroffenen Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit, wobei berücksichtigt worden sei, dass eine Verwendung bei der Bayerischen Polizei im Verwaltungsdienst im vom Kläger gewünschten Umkreis nicht möglich sei. Die Dienstunfähigkeit ergebe sich auch aus dem Umstand, dass der Kläger zwischenzeitlich in einem Zeitraum von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst geleistet habe (Krankschreibung 19.8.2013 bis 6.5.2014) und keine Aussicht auf Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb von sechs Monaten bestehe. Im Rahmen der Prüfung einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit seien im Umkreis von 30 Fahrminuten von der Wohnung des Klägers aus 125 Behörden und Dienststellen abgefragt worden mit dem Ergebnis, dass eine Verwendung nicht möglich sei.

Mit Telefax seines Bevollmächtigten vom 10. September 2014 ließ der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erheben und beantrage zuletzt:

Der Bescheid vom 6. August 2014, Versetzung in den Ruhestand, wird aufgehoben.

Der Kläger lässt ausführen, die Bitten um die Durchführung eines BEM seien ohne Reaktion geblieben. Der Kläger sei trotz entgegenstehender privatärztlicher und polizeiärztlicher Gutachten, die aufgrund der damit verbundenen Zwangshaltungen eine maximale Fahrzeit von 20-30 Minuten empfohlen hätten, zur PI E.-Stadt abgeordnet worden. Trotz der Bemühungen des Klägers um einen wohnortnahen Dienstposten sei die Abordnung zur PI E.-Stadt verlängert worden, wobei weder Schwerbehindertenvertretung noch Personalvertretung oder Integrationsamt eingeschaltet worden seien. Bis April 2013 sei in sämtlichen ärztlichen Gutachten keine Dienstunfähigkeit und auch keine begrenzte Dienstfähigkeit attestiert worden. Die Abordnung zu den OED B. sei ohne Berücksichtigung der attestierten Verwendungseinschränkungen sowie Beteiligung der mitbestimmungspflichtigen Stellen erfolgt, was die Abordnung insoweit formell fehlerhaft mache. Auch in materieller Hinsicht sei diese Abordnung fehlerhaft gewesen, da eine Außendiensttätigkeit im Widerspruch zu sämtlichen Gutachten gestanden habe. Der Dienstvorgesetzte habe trotz Hinweises darauf beharrt, dass der Kläger im Streifendienst verwendet und zu polizeilichen Einsätzen herangezogen werde. Ein vom Kläger gefordertes Präventionsverfahren sei erst nach Einschaltung des obersten Dienstvorgesetzten sowie des Büros der Beauftragten der Bayer. Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung durchgeführt worden. Da die Abordnung des Klägers zu den OED B. letztlich Anlass für dessen Ruhestandsversetzung gewesen sei, komme deren Rechtswidrigkeit maßgebliche Bedeutung zu. Sie verletze zudem die Fürsorgepflicht des Dienstherren.

Das mit der Abordnung nun in Zusammenhang stehende Ruhestandsversetzungsverfahren leide an einer Vielzahl von Fehlern. Eine vorherige Beteiligung der mitbestimmungspflichtigen Stellen sei nicht erfolgt. Die Schwerbehindertenvertretung sei mit Schreiben vom 18. September 2013 erst im Nachgang in Kenntnis gesetzt worden, nachdem das StMIBV bereits am 19. August 2013 um Zustimmung gebeten worden sei. Weiter liege ein Verstoß gegen Ziffer 10 der Teilhaberichtlinien vor, wonach von einer Ruhestandsversetzung abzusehen sei, wenn anderweitige Einsatzmöglichkeiten bestünden, wie sie vom Polizeiarzt nach wie vor gesehen worden seien. Das Ruhestandsversetzungsverfahren stütze sich ausschließlich auf die Gutachten von Dr. K. und Dr. H., in denen ohne Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Klägers Dienstunfähigkeit angenommen werde. Beiden Gutachten seien unter dem Verweis auf das Fehlen wohnortnäherer Stellen nicht ausschließlich ärztliche Gesichtspunkte zugrunde gelegt worden. Dr. U. habe in seiner Stellungnahme vom 5. August 2013 ausgeführt, eine Tätigkeit als Erhebungs- oder Ermittlungsbeamter wäre möglich. Eine Dienstunfähigkeit sei aus organmedizinischer Sicht auch von Dr. H. nicht attestiert worden. Aus der psychiatrischen Beurteilung ergebe sich ebenfalls keine Dienstunfähigkeit. Soweit die Dienstunfähigkeit darauf gestützt werde, dass der Kläger seit 19. August 2013 keine Diensttätigkeit mehr geleistet habe, werde verkannt, dass dem Kläger das Führen der Dienstgeschäfte mit Bescheid vom 7. August 2013 verboten worden sei. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch sei bis heute nicht entschieden worden. Schließlich gehe die Begründung der Ruhestandsversetzung mit der Annahme, dass eine Verwendung des Klägers im näheren Umkreis von maximal 30 Fahrminuten nicht möglich sei, fehl. Dies werde zunächst bestritten. Darüber hinaus habe der Dienstherr nur das Vorhandensein offener Stellen geprüft. Aus Fürsorgegesichtspunkten sei der Beklagte verpflichtet, zur Vermeidung einer Ruhestandsversetzung eine geeignete Stelle freizumachen. Das durchgeführte Anschreiben von über 100 Behörden mit der Anfrage bezüglich einer Verwendungsmöglichkeit des Klägers reiche für die Erfüllung der sich aus der Fürsorgepflicht ergebenden Ermittlungspflicht nicht aus. Eine im Rahmen der Verhältnismäßigkeit als milderes Mittel gebotene Weiterverwendung vor Versorgung sei vom Beklagten rechtsfehlerhaft nicht in Betracht gezogen worden. Gegebenenfalls sei auch die Übertragung einer niedrigwertigeren Tätigkeit oder die Möglichkeit einer Umschulung in Betracht zu ziehen. Auch sei ein Wechsel innerhalb verschiedener Polizeiverbände, etwa in den Bereich des PP Oberfranken, nicht geprüft worden.

Der Beklagte erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2014. Die formellen Voraussetzungen des Zwangspensionierungsverfahrens lägen vor, insbesondere seien sämtliche Beteiligte in das Verfahren einbezogen worden. Aufgrund der Stellungnahme des Dr. U. vom 5. August 2013 habe der Beklagte die Möglichkeit einer leidensgerechten Verwendung des Klägers bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei und im Bereich des - räumlich ausschließlich in Betracht kommenden - PP Oberfranken erfolglos geprüft, so dass die Notwendigkeit eines Ruhestandsversetzungsverfahrens und des damit zwingend verbundenen Verbots der Führung der Dienstgeschäfte bestanden habe. In der Folge sei das StMIBV um Zustimmung ersucht worden, die mit Schreiben vom 4. November 2013 erteilt worden sei. Eine Prüfung einer Verwendungsmöglichkeit bei der Regierung von Oberfranken sei erfolglos verlaufen. Mit Schreiben vom 18. September 2013 sei die örtliche Schwerbehindertenvertretung - unverzüglich nach Bekanntwerden der zum Ruhestandsverfahren führenden Umstände - informiert worden, welche keine Einwendungen erhoben habe. Zur Sicherheit sei eine erneute Stellungnahme von Dr. U. angefordert worden, der am 1. Oktober 2013 festgestellt habe, dass der Kläger nicht nur polizeidienstunfähig, sondern auch für die Verwendung im Innendienst gesundheitlich nicht geeignet sei. Grundlage der Entscheidung über die Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens seien allein die genannten Gutachten des Dr. U. Die klägerseitig vorgetragene Vorgeschichte um die Abordnungen zur PI E.-Stadt und zu den OED B. seien hierfür unerheblich und nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Deren Rechtmäßigkeit sei ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides über die Ruhestandsversetzung. Nach Bekanntwerden der Wirbelsäulenschäden und der damit zusammenhängenden Fahrzeitproblematik habe man sich durch die Abordnung zur PI E.-Stadt um eine leidensgerechte heimatnahe Verwendung des Klägers bemüht. Nach dessen - in Kenntnis der gesundheitlichen Problematik erfolgten - Umzug nach R. im Juni 2012 habe sich die Fahrzeit zum Dienstort verlängert, so dass durch die Abordnung zu den heimatnahen OED B., welche das Ergebnis eines erfolgreich durchgeführten BEM-Verfahrens gewesen sei, eine Anpassung der dienstlichen Situation an die private Situation des Klägers stattgefunden habe. Der Kläger sei mit Schreiben vom 19. November 2013 zur beabsichtigten Ruhestandsversetzung angehört worden. Auf dessen Antrag hin sei der Bezirkspersonalrat und der örtliche Personalrat eingeschaltet worden. Im Ergebnis eines durchgeführten Präventionsverfahrens sei es zur (erneuten) polizeiärztlichen Untersuchung des Klägers durch Dr. H. und Dr. K. gekommen. Es bestehe kein Anlass, an der Richtigkeit der durch diese erstellten Gesundheitszeugnisse zu zweifeln. Im Anschluss daran sei die Zustimmung zur Ruhestandsversetzung durch die Bezirksvertrauensperson der Schwerbehinderten bei der Bayer. Bereitschaftspolizei sowie den Bezirkspersonalrat erfolgt. Das Integrationsamt habe mitgeteilt, keine weitere Unterstützung anbieten zu können. Die Durchführung eines BEM sei keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand. Die Ruhestandsversetzung sei auch materiell rechtmäßig, da sämtliche Gesundheitszeugnisse und Stellungnahmen den Kläger als dauerhaft polizeidienstunfähig und dienstunfähig ansehen würden und eine anderweitige Verwendung nicht möglich gewesen sei. Die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers sei festgestellt worden, er dürfe sich insbesondere keinen Widerstandshandlungen aussetzen, was bei der vom Kläger angestrebten Tätigkeit als Ermittlungsbeamter jedoch in gewissen Umfang im Außendienst vorkommen könne, so dass diese Tätigkeit nicht geeignet sei. Nach den polizeiärztlichen Aussagen sei er gesundheitlich auch nicht für den Innen-/Verwaltungsdienst geeignet, wie sich aus der Stellungnahme Dr. U. vom 1. Oktober 2013 ergebe. Im Übrigen seien (im für den Kläger erreichbaren Bereich der Bayerischen Bereitschaftspolizei) keine entsprechenden Dienstposten verfügbar, ebenso wenig beim PP Oberfranken. Auch im BPP selbst gebe es keinen leidensgerechten Dienstposten bzw. könnte ein solcher nicht freigemacht oder geschaffen werden. Es würden unabhängig von der festgestellten (Polizei-)Dienstunfähigkeit polizeiärztlicherseits auch für die Zukunft das übliche Maß weit übersteigende krankheitsbedingte Ausfallzeiten gesehen, worunter die Funktionsfähigkeit des BPP, das besonders auf ein reibungsloses Funktionieren angewiesen sei, erheblich leiden würde. Im Übrigen wäre eine Tätigkeit im Sachgebiet Aus- und Fortbildung mit einer hohen Reisetätigkeit verbunden, welche der Kläger gesundheitlich nicht bewältigen könnte. Ebenso scheide eine Verwendung im Sachgebiet Einsatz aus, da hier die Teilnahme an Einsätzen erforderlich sei. Das Sachgebiet Polizeitechnik erfordere ebenso wie ein Einsatz in den Stabsabteilungen Personal oder Versorgung spezielle Kenntnisse. Eine Verwendung in der Verwaltung würde einen Laufbahnwechsel erfordern, der aufgrund der erforderlichen Ausbildung ebenfalls vorübergehend eine erhebliche Reisetätigkeit erfordern würde. Sämtliche Behörden im fahrbaren Umkreis hätten hinsichtlich einer Verwendungsmöglichkeit für den Kläger Fehlanzeige erstattet. Es sei alles Mögliche unternommen worden, um eine Ruhestandsversetzung zu vermeiden. So sei dem Kläger etwa die Übernachtung in einem Gästezimmer bei der ... BPA N. angeboten worden. Ebenso habe man mit den erfolgten Abordnungen seinen gesundheitlichen Problemen begegnen wollen.

Mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015 nahm der Klägerbevollmächtigte Stellung zur Klageerwiderung und führte aus, der Beklagte sei darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass er seiner Suchpflicht nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten nachgekommen sei. Es sei nicht hinreichend nach Einsatzmöglichkeiten gesucht worden bzw. seien solche mit unhaltbarer Argumentation abgelehnt worden. Dies betreffe etwa Innendiensttätigkeiten, die Übertragung geringerwertiger Tätigkeiten, Umschulungsmöglichkeiten, die Möglichkeit einer Abordnung anstelle einer Versetzung und den Wechsel zu einem anderen Landespolizeipräsidium. Die Behauptung des Beklagten, alle polizeiärztlichen Stellungnahmen sehen den Kläger als dienstunfähig an, sei falsch. Bis April 2013 habe keines der Gutachten die Klarstellung einer dauernden Dienstunfähigkeit enthalten. Die Mutmaßung, dass in Zukunft krankheitsbedingte Ausfallzeiten zu erwarten seien, widerspreche dem Attest des Dr. H., wonach sich der Gesundheitszustand des Klägers gebessert habe.

Der Beklagte ergänzte seinen bisherigen Vortrag mit Schriftsatz vom 26. März 2015 und führte aus, eine wohnortnahe Verwendung des Klägers im Bereich des PP Unterfranken sei geprüft worden, dieses habe mitgeteilt, dass in der dem klägerischen Wohnort nächstgelegenen Region S... aufgrund der dort vorherrschenden Altersstruktur eine Verwendungsmöglichkeit nicht bestehe.

Mit Beschluss vom 14. April 2016 ordnete das Gericht das Erscheinen der sachverständigen Zeugen MDin Dr. K. und MD Dr. H. in der mündlichen Verhandlung an.

In der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2016 erläuterten die sachverständigen Zeugen die Gesundheitszeugnisse vom 8. April 2014. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wiederholte den schriftsätzlich gestellten Antrag. Die Vertreterin des Beklagten beantragte,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Ergänzend wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der formell rechtmäßige Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 6. August 2014 ist materiell rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weshalb er aufzuheben ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. An der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen keine Bedenken. Insbesondere stellt die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand dar (vgl. BVerwG, U. v. 5.6.2014 - 2 C 22/13 - BVerwGE 150, 1 - juris Rn. 48), so dass die mangelnde Durchführung eines weiteren betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht zur formellen Rechtswidrigkeit des Bescheids führt.

Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei hat die Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX ordnungsgemäß beteiligt. Die Schwerbehindertenvertretung der IV. BPA wurde mit Schreiben vom 18. September 2013 angehört. Diese erhob keine Einwände (Schreiben vom 30. September 2013). Auch die Bezirksvertrauensperson der Schwerbehinderten bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei stimmte mit E-Mail vom 28. April 2014 der Versetzung in den Ruhestand zu.

2. Der Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 6. August 2016 ist materiell rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

2.1. Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz - BeamtStG) sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig in diesem Sinne können Beamte auch dann angesehen werden, wenn sie infolge einer Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst geleistet haben und keine Aussicht besteht, dass sie innerhalb von weiteren sechs Monaten wieder voll dienstfähig werden (Art. 65 Abs. 1 Bayerisches Beamtengesetz - BayBG i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Von der Versetzung in den Ruhestand soll abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist (§ 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG). Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG ist eine anderweitige Verwendung möglich, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder eine anderen Laufbahn übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ist ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden (§ 26 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG). Die vorstehenden Vorschriften finden im Falle der Polizeidienstunfähigkeit (Art. 128 Abs. 3 BayBG i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG) entsprechende Anwendung.

Maßstab für die Beurteilung der allgemeinen Dienstfähigkeit ist nicht der vom Beamten konkret inne gehabte Dienstposten, sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Die Dienstunfähigkeit eines Beamten im Polizeivollzugsdienst ist in Art. 128 BayBG besonders geregelt. Polizeidienstunfähig ist ein Beamter nach Art. 128 Abs. 1 Satz 1 BayBG, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht genügt und zu erwarten ist, dass die volle Verwendungsmöglichkeit innerhalb zweier Jahre nicht wiedererlangt wird. Dies bedeutet, dass jeder Polizeivollzugsbeamte unabhängig von dem von ihm bekleideten Dienstposten besonders hohe gesundheitliche Anforderungen zu erfüllen hat, um in vollem Maße polizeidienstfähig zu sein. Wird diese Polizeidienstunfähigkeit amtsärztlich festgestellt, so ist für diesen Beamten zu prüfen, ob er in eine andere Funktion im Sinne des Art. 128 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBG zugewiesen werden kann - also in eine Funktion, die die besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert (Art. 128 Abs. 2 Satz 1 BayBG) oder ob eine begrenzte Dienstfähigkeit im Sinne von Art. 128 Abs. 2 Satz 2 BayBG i. V. m. § 27 BeamtStG vorliegt. Dabei kann dem Beamten unter Beibehaltung des Amts ohne seine Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherren übertragen werden, wenn eine andere Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zuzumuten ist (Art. 128 Abs. 2 Satz 3 BayBG). Für Polizeivollzugsbeamte ist die der Ruhestandsversetzung vorgehende Pflicht zum Laufbahnwechsel in Art. 128 Abs. 3 BayBG durch die dort vorgenommene Verweisung auf § 26 Abs. 2 BeamtStG ausdrücklich ausgesprochen (vgl. BVerwG, B. v. 6.11.2014 - 2 B 97/13 - ZBR 2015, 87, 89 - juris; VG München, U. v. 03.02.2016 - M 5 K 15.323 - juris Rn. 23). Eine Suchpflicht des Dienstherrn für eine dementsprechende Verwendung entfällt nur dann, wenn feststeht, dass der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind (BVerwG, B. v. 6.11.2014 a. a. O. Rn. 15).

Für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Ruhestandsversetzung kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, somit auf den 6. August 2014 an. Es ist darauf abzustellen, ob die zuständige Behörde nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln eine Dienstunfähigkeit im vorgenannten Sinne anzunehmen hatte (BVerwG U. v. 16.10.1997 - 2 C 7/97 - BVerwGE 105, 267).

Ausgehend hiervon hat der Beklagte rechtsfehlerhaft die Dienstunfähigkeit des Klägers festgestellt. Nach dem für den Bescheid maßgeblichen aktuellen Gesundheitszeugnis des MD Dr. H. vom 8. April 2014 befand sich der Kläger in einem guten klinischen Zustand, weshalb er für eine Tätigkeit im Innen- und allgemeinen Verwaltungsdienst sowie im Ermittlungsdienst aus medizinischer Sicht einsetzbar war. Dieses Gutachten wurde vom sachverständigen Zeugen MD Dr. H. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Die Erläuterung des Gesundheitszeugnisses des sachverständigen Zeugen in der mündlichen Verhandlung ist für das Gericht stimmig, überzeugend und wirft keine Zweifelsfragen auf. Auch der Beklagte hat dem nicht substantiiert widersprochen. Für das Gericht steht daher fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Untersuchung am 7. April 2014 sowohl im Innen- und allgemeinen Verwaltungsdienst, als auch im Ermittlungsdienst (mit einer Tätigkeit ohne Konfrontationsrisiko) einsatzfähig war. Somit lag beim Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids die eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit im Sinne des Art. 128 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 i. V. m. Art. 128 Abs. 2 Satz 1 BayBG vor.

Dass der Kläger aus medizinischen Gründen nicht in der Lage war, einen Dienstort aufzusuchen, der von seinem Wohnort mehr als 30 Autominuten entfernt war, ist dem Gutachten nicht zu entnehmen. Der sachverständige Zeuge erläuterte in der mündlichen Verhandlung, dass es eine Zeitgrenze, ab der aus medizinischen Gründen eine Anfahrt zum Arbeitsplatz unzumutbar wäre, nicht gibt.

Die Frage, ob Versetzungsmöglichkeiten des Klägers zum damaligen Zeitpunkt bestanden haben und ob ein wohnortnaher Einsatz des Klägers ermöglicht werden konnte oder musste, obliegt nicht der amtsärztlichen Beurteilung. Der Beklagte hätte die vom Polizeiarzt gezogene Schlussfolgerung, die eine Dienstunfähigkeit allein aus dem Fehlen einer Verwendungsmöglichkeit in der Nähe des Heimatortes des Klägers ableitete, nicht übernehmen dürfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es Aufgabe des Arztes, den Gesundheitszustand festzustellen und medizinisch zu bewerten. Die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen, ist dagegen Sache der Behörde. Der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um der Behörde die Fachkenntnis zu vermitteln, die für ihre Entscheidung erforderlich ist. Das Gutachten darf sich nicht darauf beschränken ein Untersuchungsergebnis festzuhalten, es muss die medizinischen Feststellungen zum Sachverhalt und die daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen aus medizinischer Sicht enthalten (BVerwG, U. v. 19.03.2015 - 2 C 37/13 - NVwZ-RR 2015, 625). Davon ausgehend hätte das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei nur die medizinischen Feststellungen würdigen, nicht aber den nicht auf medizinischen Gründen beruhenden Schluss auf die Dienstunfähigkeit mangels Versetzungsmöglichkeit an wohnortnähere Stellen ziehen dürfen.

Selbiges gilt für das polizeiärztliche Gutachten von MDin Dr. K. vom 8. April 2014. Auch hier obliegt es nicht der Beurteilung der Fachärztin für Psychiatrie, ob eine Verwendung innerhalb des räumlichen Bereichs um B. möglich ist und ob der Kläger ausschließlich im räumlichen Bereich eingesetzt werden muss. Diese Schlussfolgerung muss vom Beklagten gezogen werden, er kann nicht die Schlussfolgerung der Ärztin übernehmen, wenn sich diese nicht auf ärztliche Erkenntnisse, sondern auf rechtliche Würdigungen bezieht. Aus psychiatrischer Sicht lagen beim Kläger laut den Feststellungen von MDin Dr. K. im Gutachten vom 8. April 2014, denen sich das Gericht anschließt, eine Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen und akzentuierte Persönlichkeitszüge mit Merkmalen einer narzisstischen Persönlichkeit vor. Sie erläuterte als sachverständige Zeugin in der mündlichen Verhandlung, dass aus psychiatrischer Sicht zum Untersuchungszeitpunkt ein Einsatz in E. oder N. möglich gewesen wäre. Die beim Kläger vorliegende Anpassungsstörung und die akzentuierten Persönlichkeitszüge würden keine allgemeine Dienstunfähigkeit begründen. Das Gericht hat keinen Zweifel an diesen Feststellungen, sie wurden auch vom Beklagten nicht substantiiert bestritten. Die sachverständige Zeugin gab in der mündlichen Verhandlung an, nicht nach der Verwendungsmöglichkeit an anderen Dienstorten befragt worden zu sein. Die Dienstunfähigkeit habe sie nur darauf gestützt, dass der Kläger seit geraumer Zeit keinen Dienst verrichtet hatte und dass die Nachfrage zum wohnortnäheren Dienstort bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei negativ beantwortet worden sei. Der Kläger habe in seiner Argumentation nicht vertreten, dass der anderweitige Wohnort ihn in seinem psychischen Gesundheitszustand beeinträchtige, sondern nur, dass sein Familienleben darunter leide, was keine medizinischen Gründe seien. Die juristischen Schlussfolgerungen auf der letzten Seite der ausführlichen Fassung des Gutachtens (die dem Gericht erneut in der mündlichen Verhandlung übergeben wurde) bzw. in der Kurzzusammenfassung des Gutachtens obliegen nicht der begutachtenden Ärztin, sondern sind vom Beklagten zu ziehen. Auf die Frage, ob die festgestellte psychiatrische Störung Grund für die Annahme der Dienstunfähigkeit ist und warum dieser Schluss gezogen wurde, geht das Gutachten nicht ein. Die sachverständige Zeugin ging auch ausweislich ihrer Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht von einer Erkrankung des Klägers auf psychiatrischem Gebiet aus, welche zu einer Dienstunfähigkeit führen würde. Das Gutachten stützt sich somit allein auf die Weigerung des Klägers, fern seines Wohnortes eingesetzt zu werden, ohne hieraus medizinische Schlüsse zu ziehen. Dies genügt für die amtsärztliche Feststellung der Dienstunfähigkeit nach der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht.

Da aus medizinischer Sicht zum Untersuchungszeitpunkt keine Gründe vorlagen, weswegen der Kläger nicht innerhalb der nächsten 6 Monate seinen Dienst hätte verrichten können, lagen auch die Voraussetzungen für die Annahme der allgemeinen Dienstunfähigkeit nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i. V. m. Art. 65 Abs. 1 BayBG nicht vor.

Das vom Beklagten eingeholten Gutachten des MD Dr. H. vom 8. April 2014, das dem BPP zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vorlag, überholte die Aussagen des MD Dr. U. vom 1. Oktober 2013. Eine überwiegend sitzende Tätigkeit war dem Kläger zum Zeitpunkt der Untersuchung (am 7. April 2014) zuzumuten. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest, aufgrund der Feststellungen im Gesundheitszeugnis des MD Dr. H. vom 8. April 2014 und der hierzu ergangenen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, dass sich der Wirbelsäulenschaden aus organmedizinischer Hinsicht zurückentwickelt habe und eine Tätigkeit im Innen- und Verwaltungsdienst sowie im Ermittlungsdienst (bei einer Tätigkeit ohne Konfrontationsrisiko) aus medizinischer Sicht möglich gewesen sei.

2.2. Darüber hinaus ist der Beklagte der gesetzlich festgelegten und ihm obliegenden Verpflichtung zur Suche nach anderweitiger Verwendung nicht hinreichend nachgekommen.

Die Verpflichtung zur Suche nach anderweitiger Verwendung ist gesetzlich festgelegt in Art. 128 Abs. 2 Sätze 1, 3, 5, Abs. 3 BayBG i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG. Über die dienstliche Verwendung eines Beamten mit eingeschränkter Polizeidienstfähigkeit entscheidet der Dienstherr nach pflichtgemäßem Ermessen. Er kann den Beamten in einer Funktion, die den gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert, einsetzen (Art. 128 Abs. 2 Satz 1 BayBG), ihm eine geringerwertige Tätigkeit übertragen (Art. 128 Abs. 2 Satz 3 BayBG) oder ihm ein anderes Amt derselben oder einen anderen Laufbahn übertragen (Art. 128 Abs. 2 Satz 5, Abs. 3 BayBG i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG). Dies bedeutet, dass sich der Dienstherr zunächst um eine Umsetzung auf einen geeigneten Dienstposten innerhalb des Polizeibereichs bemühen muss. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, aber auch die Fürsorgepflicht gegenüber Beamten mit nur eingeschränkter Polizeidienstfähigkeit sprechen für die Verpflichtung des Dienstherrn zur Umsetzung anderer Beamter, die einen für den umzusetzenden Beamten geeigneten Dienstposten haben, solange dadurch die Effektivität des Polizeiapparates nicht in Frage gestellt wird. Der Beamte kann unter Beibehaltung seines Amts im statusrechtlichen Sinn auf einem geringerwertigen Dienstposten innerhalb der Polizeiverwaltung eingesetzt werden. Aus Fürsorgegründen sollte aber versucht werden, ihn status- und funktionsgemäß in einer anderen Laufbahn unterzubringen. Eine Weiterverwendung von polizeidienstunfähigen Beamten ist grundsätzlich in allen Laufbahnen und Fachrichtungen möglich. Dabei gilt der Grundsatz, dass der Dienstherr seiner Pflicht zur Suche nach einer anderen Beschäftigungsmöglichkeit effektiv nachzukommen hat (Baßlsperger, PersV 2013, 164/173 f.).

Dieser Suchpflicht liegt der Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ zugrunde. Die Suche nach einem anderen Amt muss diesem Grundsatz in effektiver Weise zur Umsetzung verhelfen. Die Suche muss sich auf den gesamten Bereich des Dienstherren erstrecken. Der Beamte ist weiterhin dienstfähig, wenn ein geeigneter Dienstposten entweder für ihn freigemacht oder durch organisatorische Änderungen eingerichtet werden kann. Daran fehlt es nur dann, wenn die sachgemäße und reibungslose Erfüllung der dienstlichen Aufgaben beeinträchtigt würden (BVerwG, U. v. 26.03.2009 - 2 C 73/08 - BVerwGE 133, 297). Die Suche muss sich auch auf Dienstposten beziehen, die in absehbarer Zeit neu zu besetzen sind, wobei sich der zu betrachtende Zeitraum aus der für den Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung erforderlichen Zeit ergibt. Die Suchpflicht darf sich nicht auf die Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherren bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich. Zur Suchpflicht gehört auch eine Nachfrage bei der Behörde, wenn diese eine Abfrage unbeantwortet lässt (BVerwG, B. v. 06.03.2012 - 2 A 5/10 - IÖD 2012, 122 und BVerwG, U. v. 19.03.2015 - 2 C 37/13 - IÖD 2015, 134).

Diesen Grundsätzen entsprach das hierfür beweispflichtige Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei nicht. Insbesondere das Anschreiben vom 17. Juli 2014, mit welchem 125 Behörden angeschrieben wurden, genügt diesen Anforderungen nicht, da das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei mit diesen Behörden nicht in dialogischen Kontakt getreten ist und nachgefragt hat, warum eine Übernahme im Einzelfall nicht möglich war.

Zudem handelte es sich zum großen Teil um Nachfragen, bei denen eine Verwendung des Klägers schon vorher offensichtlich nicht in Frage kam, da hierzu keine Laufbahnbefähigung vorlag (z. B. Nachfragen an die Finanzämter) oder bekanntermaßen für einen Beamten der Besoldungsgruppe A 12 keine Stellen vorhanden waren (z. B. Internationales Künstlerhaus Villa Concordia B., Schloss und Gartenverwaltung) oder funktionsbezogen vergeben werden (z. B. Bayerisches Landesamt für Maß und Gewicht). Dass eine Übernahme auf diesem Weg von vornherein zum Scheitern verurteilt war, lässt auch das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren, für Bau und Verkehr (StMIBV) vom 18. Januar 2016 (Az. IZ1-0501-1-19) erkennen, welches Hinweise zur aktuellen Praxis zur Suche nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten liefert. Dort heißt es:

„Das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wies darauf hin, dass im staatlichen Bereich nur die obersten Dienstbehörden/Ministerien kommunizieren. Dadurch könne bereits vom jeweiligen Ministerium sichergestellt werden, dass im eigenen Zuständigkeitsbereich keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit vorhanden sei. Soweit in Ihrem Zuständigkeitsbereich keine anderweitige Verwendungsmöglichkeit besteht, wenden Sie sich bitte an das zuständige Personalsachgebiet des StMIBV bzw. des im Einzelfall zuständigen Ressorts.“

Dies zeigt, dass eine Nachfrage im Zuständigkeitsbereich eines anderen Ressorts ohnehin nur auf Ministeriumsebene abgefragt werden kann, so dass Anfragen an Finanzämter, an das Arbeitsgericht, an Behörden oder Gerichte im Ressort des Staatsministeriums der Justiz und an Schulen und Universitäten nicht erfolgsversprechend waren. Dem Schreiben kann auch entnommen werden, dass selbst für die Prüfung der anderweitigen Verwendungsmöglichkeit in Behörden im Zuständigkeitsbereich des StMIBV eine effektive Abfrage letztendlich nur über das StMIBV möglich ist. Zwar lag dem Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei diese Schreiben zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids nicht vor. Die entsprechende Verwaltungspraxis bestand aber schon zu diesem Zeitpunkt. So kann z. B. der Aktenlage und der Rückantwort des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 22. Juli 2014 entnommen werden, dass das Amt als staatliche Behörde der „Stellenbewirtschaftung unterliegt“ und „nicht ermächtigt ist, Mitarbeiter einzustellen.“ Die Schreiben an die Gemeinden mussten aufgrund der Tatsache fehlschlagen, dass es sich um kleine Gemeinden handelte, die für einen Beamten der Besoldungsgruppe A 12 ohnehin keine Verwendungsmöglichkeit haben.

Die Formulierung des Anschreibens vom 17. Juli 2014 war zudem so gewählt, dass dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung‘“ nicht in effektiver Weise zur Umsetzung verholfen werden konnte. Die Formulierung „zwischenzeitlich kann er aus gesundheitlichen Gründen im Vollzugsdienst keinen Dienst leisten, eine Verwendung im Innendienst erscheint aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen“ impliziert schon, dass Zweifel an einer Verwendungsmöglichkeit im Innendienst bestehen. Nach der Rechtsprechung muss die Suchanfrage eine vorhandene Leistungsfähigkeit charakterisieren und sachlich kurz beschreiben, damit für die angefragte Behörde die Einschätzungsmöglichkeit besteht, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Frage kommt (BVerwG, U. v.19.03.2015 - 2 C 37/13 - - 2 C 37/13 - IÖD 2015, 134). Eine derartige sachliche Charakterisierung liegt hier gerade nicht vor.

2.3. Die vom Klägerbevollmächtigten behauptete rechtswidrige Abordnung zu den OED B. ist für die Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung nicht relevant, da diese eigenständig zu beurteilen ist und keinen Einfluss auf die Ruhestandsversetzung hatte.

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr, 11, § 711 ZPO.

4. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.

(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.

(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.

Tatbestand

1

Der Kläger erstrebt eine finanzielle Abgeltung von krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenem Urlaub.

2

Der 1953 geborene Kläger stand zuletzt als Polizeihauptkommissar im Dienst des beklagten Landes. Er war ab Anfang Juli 2007 ununterbrochen erkrankt. Mit Wirkung vom 1. August 2008 hat ihn der Beklagte wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

3

Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers ab, ihm eine Vergütung für insgesamt 62 Urlaubstage zu zahlen, die er in den Jahren 2007 und 2008 wegen seiner Erkrankung nicht hatte antreten können. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben.

4

In dem Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts heißt es: Der Kläger habe keinen Urlaubsabgeltungsanspruch nach Bundes- oder Landesrecht. Auch Unionsrecht begründe für Beamte in Deutschland einen solchen Anspruch nicht, denn Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG sei bei der nach Art. 15 RL 2003/88/EG gebotenen Vergleichsbetrachtung des Unionsrechts und des Beamtenrechts unanwendbar: Beamte seien im Krankheitsfall erheblich besser abgesichert als andere Beschäftigte, weil sie die vollen Dienstbezüge zeitlich unbegrenzt erhielten und das Beamtenverhältnis nicht wegen Krankheit beendet werden könne.

5

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. März 2010 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. Juli 2009 sowie den Bescheid des Polizeipräsidiums ... vom 13. Juni 2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm für insgesamt 62 krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommene Urlaubstage der Jahre 2007 und 2008 eine finanzielle Abgeltung in Höhe der durchschnittlichen Besoldung der letzten drei Monate vor seinem Eintritt in den Ruhestand zu gewähren.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Abweisung der Klage stellt sich aus anderen Gründen zum Teil als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

8

1. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass dem Kläger aus nationalem Recht kein Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht. Es gibt für Beamte keine normativen Regelungen, die einen solchen Anspruch begründen. Das gilt auch für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Zu Unrecht beruft sich der Kläger insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar angenommen, dass der Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ebenso wie der gesetzliche Mindesturlaub aus den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist, wenn der Zusatzurlaub nicht gewährt werden kann, weil der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt war (Urteil vom 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - BAGE 134, 1 ff.; vgl. auch Urteil vom 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - NZA 2012, 514 ff.). Diese Rechtsprechung kann aber nicht auf Beamte übertragen werden. Das vom Bundesarbeitsgericht herangezogene Bundesurlaubsgesetz, das in § 7 Abs. 4 eine Urlaubsabgeltung vorsieht, ist auf Beamte nicht anwendbar; deren Ansprüche auf Urlaub und Besoldung richten sich nach den jeweiligen beamtenrechtlichen Gesetzen und Verordnungen, die bislang einen Urlaubsabgeltungsanspruch gerade nicht vorsehen.

9

2. Dem Kläger steht aber nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: RL 2003/88/EG) ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung seines unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs von vier Wochen Erholungsurlaub zu. Einen darüber hinausgehenden Anspruch aus Unionsrecht auf Abgeltung von sich aus nationalem Recht ergebenden weiteren Erholungsurlaubstagen, von sog. Arbeitszeitverkürzungstagen und des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hat er hingegen nicht.

10

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Abgeltung von bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt nicht genommenem Urlaub hergeleitet und auch Voraussetzungen, Umfang und Grenzen dieses Anspruchs bestimmt. Diese Auslegung des Unionsrechts ist für die nationalen Gerichte und damit auch für das Bundesverwaltungsgericht bindend (Art. 267 Abs. 1 Buchst. a AEUV).

11

a) Es ist in der Rechtsprechung des EuGH seit langem geklärt, dass auch Beamte Arbeitnehmer im Sinne der RL 2003/88/EG sind. Das gilt grundsätzlich auch für Polizisten, die insoweit mit Feuerwehrleuten vergleichbar sind, für die der EuGH mehrfach ausgesprochen hat, dass sie der Arbeitszeitrichtlinie unterfallen (EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04 - Slg. 2005, I-7111 Rn. 57 ff.; Urteil vom 3. Mai 2012 - Rs. C-337/10, Neidel - ABl EU 2012, Nr. C 174 S. 4 = NVwZ 2012, 688 Rn. 22). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (vgl. etwa Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 20 ff. ) und hat auch für Polizisten bereits darauf hingewiesen, dass Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG, auf den Art. 1 Abs. 3 RL 2003/88/EG zur Bestimmung ihres Anwendungsbereichs Bezug nimmt, nach der Rechtsprechung des EuGH eng auszulegen ist und nicht etwa Streitkräfte, Feuerwehr oder Polizei generell, sondern nur für bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben wie etwa bei Natur- oder Technologiekatastrophen und schweren Unglücksfällen von der Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie ausnimmt (Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20).

12

b) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand (vgl. § 21 Nr. 4 Beamtenstatusgesetz, § 30 Nr. 4 BBG) eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Dem Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.) ist zu entnehmen, dass der EuGH der konkreten nationalstaatlichen Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses keine Bedeutung beimisst, sondern für allein maßgeblich hält, dass mit der krankheitsbedingten Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses keine Dienstleistungspflicht und deshalb auch keine Urlaubsmöglichkeit mehr besteht. Deshalb ist es unionsrechtlich ohne Bedeutung, dass sich nach deutschem Beamtenrecht an das (aktive) Beamtenverhältnis ein Ruhestandsbeamtenverhältnis anschließt.

13

c) Entgegen der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts hindert Art. 15 RL 2003/88/EG die Anwendung von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bei deutschen Beamten nicht.

14

Nach Art. 15 RL 2003/88/EG bleibt u.a. das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Der EuGH hat bereits zu der insoweit wortgleichen Vorgängerrichtlinie RL 93/104/EG entschieden, dass unabhängig von günstigeren nationalstaatlichen Regelungen die praktische Wirksamkeit der durch die Arbeitszeitrichtlinie verliehenen Rechte in vollem Umfang gewährleistet werden müsse, was notwendig die Verpflichtung impliziere, die Einhaltung jeder der in dieser Richtlinie aufgestellten Mindestvorschriften zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - Rs. C-14/04, Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 53).

15

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 15 RL 2003/88/EG somit eine Meistbegünstigungsklausel, die nur den Einzelvergleich, nicht aber die vom Berufungsgericht angestellte strukturelle Gesamtbetrachtung zulässt. Er schließt damit eine Anwendung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nur dann aus, wenn die mitgliedstaatlichen Regelungen über die Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Erholungsurlaubs bei Beendigung der Berufstätigkeit über den von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gewährleisteten Mindeststandard hinausgehen. Das ist aber bei deutschen Beamten nicht der Fall, weil sie gerade - wovon auch das Oberverwaltungsgericht ausgeht - nach nationalem Recht mangels entsprechender gesetzlicher Regelung keinen Urlaubsabgeltungsanspruch haben, also auch dann nicht, wenn sie Erholungsurlaub krankheitsbedingt nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand nehmen können. Auf die vom Berufungsgericht herangezogenen, für die Beamten günstigeren Regelungen im Falle der zur dauernden Dienstunfähigkeit führenden Krankheit im Vergleich zu den Regelungen für andere Beschäftigte in Deutschland kommt es deshalb nicht an.

16

Bestätigt wird dies durch das Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.). Der EuGH hat den Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ausdrücklich auf Beamte erstreckt, obwohl das Vorlagegericht die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts ausführlich dargestellt hatte.

17

d) Der Urlaubsabgeltungsanspruch besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Beschäftigte im Urlaubsjahr teilweise arbeits- bzw. dienstfähig war, in dieser Zeit den Urlaub aber nicht oder nicht vollständig genommen hat. Das gilt sowohl für das Jahr, in dem die längerfristige Dienstunfähigkeit beginnt, als auch für das Jahr oder für die Jahre, in dem oder in denen der Betreffende vorübergehend wieder dienstfähig war. In beiden Fällen kann der Beschäftigte krankheitsbedingt und damit unabhängig von seinem Willensentschluss den ihm zustehenden (Mindest)Urlaub nach Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen. Aus der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88 EG gibt es keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung dieser Bestimmung.

18

e) Der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ist allerdings auf die sich aus Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG ergebenden vier Wochen Erholungsurlaub im Jahr beschränkt. Der EuGH hat im Urteil vom 3. Mai 2012 (a.a.O. Rn. 35 ff.) hervorgehoben, dass die Arbeitszeitrichtlinie sich auf die Aufstellung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz beschränkt; es sei Sache der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob sie den Beamten weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub gewähren sowie ob und unter welchen Voraussetzungen sie eine finanzielle Vergütung für den Fall vorsehen, dass einem in den Ruhestand tretenden Beamten diese zusätzlichen Ansprüche krankheitsbedingt nicht haben zugute kommen können. Deshalb sind Urlaubstage, die über den nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG unionsrechtlich gewährleisten Mindesturlaub hinausgehen, nicht vom Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erfasst.

19

Das gilt auch für sog. Arbeitszeitverkürzungstage, die der Sache nach zusätzliche Erholungsurlaubstage sind, und für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Auch eine Privilegierung für Urlaub nach nationalem Recht, wonach einem Beschäftigten bei einem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst etwa im Laufe der zweiten Jahreshälfte der Jahresurlaub ungeschmälert zusteht, schlägt nicht auf die unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche nach Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG durch. Dies folgt aus dem Charakter dieser Ansprüche als Mindeststandard und findet außerdem einen normativen Anhaltspunkt in Art. 4 Abs. 1 und Art. 11 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub. Danach ist der Urlaubsanspruch "im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit während dieses Jahres" gegeben; nach dem sechsten Erwägungsgrund der RL 2003/88/EG hat diese Richtlinie den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeit Rechnung getragen.

20

f) Der Urlaubsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG verfällt, wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres nicht genommen wird. Wenn der Übertragungszeitraum eine gewisse zeitliche Grenze überschreitet, kann der Urlaub seinen Zweck als Erholungszeit typischerweise nicht mehr erreichen (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - Rs. C-214/10, KHS - NJW 2012, 290 Rn. 33). Mit dem Verfall des Urlaubsanspruchs ist die Entstehung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs ausgeschlossen.

21

Ein Verfall des Urlaubsanspruchs mit Auswirkungen auf den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch tritt zum einen dann ein, wenn nationalstaatlich ein hinreichend langer Übertragungszeitraum geregelt ist und dieser abgelaufen ist. Hinreichend lang ist nach der Rechtsprechung des EuGH ein Übertragungszeitraum, wenn er deutlich länger als das Urlaubsjahr, also deutlich länger als ein Jahr ist; ein Übertragungszeitraum muss den Beschäftigten, die während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeits- bzw. dienstunfähig sind, ermöglichen, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfristig gestaffelt und geplant sowie verfügbar sein können, und er muss die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten (EuGH, Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41). Einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten hat der EuGH gebilligt (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 40 ff.).

22

Gibt es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen, dann tritt auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH ein Verfall des Urlaubsanspruches 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein. Der EuGH leitet aus dem Umstand, dass die RL 2003/88/EG nach ihrem sechsten Erwägungsgrund den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung Rechnung getragen hat, her, dass bei der Berechnung des Übertragungszeitraums der Zweck des Anspruchs auf Jahresurlaub, wie er sich aus Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub ergibt, berücksichtigt werden muss. Nach Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens ist der ununterbrochene Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens ein Jahr und der übrige Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens 18 Monate nach Ablauf des Jahres, für das der Urlaubsanspruch erworben wurde, zu gewähren und zu nehmen. Diese Vorschrift beruht nach der Rechtsprechung des EuGH auf der Erwägung, dass der Zweck der Urlaubsansprüche bei Ablauf der dort vorgesehenen Fristen nicht mehr vollständig erreicht werden kann (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41 f.). Das rechtfertigt die Annahme, dass der Urlaubsanspruch 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt.

23

g) Bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche aus Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG kommt es nach dem Zweck dieser Norm nur darauf an, ob und wie viel Urlaub der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder um alten, also aus dem vorangegangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub gehandelt hat.

24

h) Bei der Berechnung des Betrags, der dem Beamten für jeden nicht genommenen Urlaubstag als Urlaubsabgeltung zusteht, ist auf die Besoldung abzustellen, die der Beamte in den letzten drei Monaten vor Eintritt in den Ruhestand erhalten hat.

25

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Anknüpfungspunkt für die Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG das gewöhnliche Arbeitsentgelt. Dies ist bei Beamten die Besoldung (vgl. § 1 Abs. 2 BBesG; EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - Rs. C-350/06 und 520/06, Schultz-Hoff - Slg. 2009, I-179 Rn. 61). Der Beschäftigte soll also dasjenige bekommen, was er bekommen hätte, wenn er den Urlaub während seiner aktiven Dienstzeit genommen hätte. Das ist im Falle eines Beamten die Besoldung, die während des Urlaubs weitergezahlt worden wäre. Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 RL 2003/88/EG ist angesichts der Rechtsprechung des EuGH unerheblich, dass die Besoldung Alimentationscharakter hat und daher während der Krankheit zeitlich unbegrenzt weitergezahlt wird.

26

Im Hinblick darauf, dass die finanzielle Abgeltung nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erst nach der "Beendigung des Arbeitsverhältnisses" gezahlt werden darf und der während der Krankheit aufgelaufene, nicht verjährte Mindestjahresurlaub im Fall der Gesundung noch hätte genommen werden dürfen, die finanzielle Abgeltung des Urlaubs mithin erst am Ende der aktiven Dienstzeit eintritt, ist auf die Besoldung vor dem Eintritt in den Ruhestand abzustellen. Dabei erscheint es sachgerecht, auf die letzten drei Monate vor dem Eintritt in den Ruhestand als hinreichend langen Referenzzeitraum (vgl. auch EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-155/10, Williams - ABl EU 2011 Nr. C 319, 7 Rn. 21 ff.), abzustellen, um die Auswirkungen zufälliger Schwankungen der Besoldung zu verringern.

27

i) Ein Antragserfordernis für den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG besteht nicht. Ein Antragserfordernis wäre mit dem Effektivitätsgrundsatz des Unionsrechts nicht vereinbar. Das hat der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167) für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit entschieden (Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 25 ). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.

28

j) Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren, § 195 BGB, die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 BGB.

29

Der EuGH hat mehrfach ausgesprochen, dass die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, soweit gemeinschaftsrechtliche Regelungen nicht vorhanden sind. Allerdings dürfen die Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei nur innerstaatliches Recht betreffenden Verfahren (Äquivalenzgrundsatz) und sie dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). Zum Effektivitätsgrundsatz hat der EuGH entschieden, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. EuGH, Urteile vom 17. November 1998 - Rs. C-228/96, Aprile - Slg. 1998, I-7164 Rn. 19 und vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6348 Rn. 35, jeweils m.w.N.). Auch der Senat bejaht die Möglichkeit der Verjährung bei sich aus Unionsrecht ergebenden Ansprüchen und hat beispielsweise für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren angenommen (Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 41 f.). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.

30

k) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann der Einzelne unter bestimmten Voraussetzungen und mit bestimmten Maßgaben unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend machen.

31

Richtlinien bedürfen zwar grundsätzlich der Umsetzung durch den dafür zuständigen nationalen Gesetzgeber, um innerstaatliche Verbindlichkeit für den Bürger zu erlangen. Für den Fall der nicht fristgerechten oder unvollständigen Umsetzung einer Richtlinie durch den Mitgliedstaat hat nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH der Einzelne das Recht, sich vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat trotz entgegenstehendem nationalen Recht auf durch die Richtlinie auferlegte Verpflichtungen zu berufen, wenn diese klar und unbedingt sind und zu ihrer Anwendung keines Ausführungsakts mehr bedürfen (stRspr; EuGH, Urteile vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-397/01, Pfeiffer - Slg. 2004, I-08835 Rn. 103 m.w.N. und vom 24. Januar 2012 - Rs. C-282/10, Dominguez - ABl EU 2012, Nr. C 73, 2 Rn. 33; BVerfG, Beschluss vom 8. April 1987 - 2 BvR 687/85 - BVerfGE 75, 223 <239 ff.>). Bei einer nicht fristgerechten Umsetzung einer Richtlinie sind Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen (stRspr; vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 19).

32

Diese Voraussetzungen hat der EuGH für Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bejaht. Nach der bindenden Rechtsprechung des EuGH räumt diese Norm allen Beschäftigten, d.h. auch Beamten unter den dargelegten Voraussetzungen Urlaubsabgeltungsansprüche ein, die die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht verankern müssen. Solange sie diese Umsetzungspflicht nicht erfüllen, stellt Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG die unmittelbare Anspruchsgrundlage dar.

33

3. In Anwendung dieser Grundsätze gilt für den Kläger Folgendes:

34

Für das Jahr 2007 standen dem Kläger bei einem Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG und einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage zu. In diesem Jahr hat der Kläger sieben Urlaubstage und den sog. Arbeitszeitverkürzungstag nach der Arbeitszeitverordnung RP genommen. Eine Freistellung nach der Arbeitszeitverordnung steht funktional einem Urlaubstag nach der Urlaubsverordnung (UrlVO RP) gleich. Deshalb ist sie im Rahmen des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG wie ein Urlaubstag zu behandeln. Damit hat der Kläger acht Urlaubstage genommen und standen ihm für 2007 noch 12 Tage Mindesturlaub zu.

35

Für das Jahr 2008 standen dem Kläger 20 Mindesturlaubstage zu. In diesem Jahr ist er aber zum Ende des Monats Juli in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Deshalb stand ihm der unionsrechtliche Mindesturlaub nur anteilig, d.h. für 11 2/3 Urlaubstage zu; die Privilegierung des § 9 Satz 3 UrlVO RP, wonach der Jahresurlaub voll gewährt wird, wenn der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in der zweiten Jahreshälfte in den Ruhestand versetzt wird, erstreckt sich nicht auf den unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 RL 2003/88/EG. Der Bruchteil eines Urlaubstages ist in die Urlaubsentgeltberechnung einzubeziehen. Die Heranziehung einer nationalstaatlichen Regelung, wonach ein bei der Urlaubsberechnung verbleibender Teil eines Tages als Guthaben auf die Arbeitszeit angerechnet wird (vgl. § 8 Abs. 6 UrlVO RP), kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil Urlaubsabgeltung voraussetzt, dass der Beamte nicht mehr im Dienst ist, so dass mangels Arbeitspflicht auch eine Anrechnung auf ein Arbeitszeitguthaben nicht möglich ist.

36

Insgesamt steht dem Kläger deshalb ein Urlaubsabgeltungsanspruch für 23 2/3 Tage zu, der auf der Basis der Besoldung der letzten drei Monate vor Eintritt in den Ruhestand zu berechnen ist.

37

Im Hinblick auf den Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren weist der Senat darauf hin, dass eine Anrechnung der Urlaubsabgeltung bei den Versorgungsbezügen nach den Regelungen des Vorteilsausgleichs, § 53 BeamtVG, nicht in Betracht kommt.

Tatbestand

1

Die auf ihren Antrag hin aus dem Beamtenverhältnis entlassene Klägerin beansprucht die finanzielle Abgeltung ihres krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs.

2

Von Anfang Januar 2009 bis Ende März 2012 stand die Klägerin als Regierungsrätin zur Anstellung (BesGr A 13 BBesO) im Dienst der Beklagten. In diesem Zeitraum war die Klägerin in der Personalverwaltung des Bundesnachrichtendienstes (BND) tätig. Bei der Klägerin ist ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt.

3

Von Anfang März 2011 bis Ende März 2012 war die Klägerin dienstunfähig krankgeschrieben. Mit Ablauf des 31. März 2012 wurde sie auf ihren Antrag hin aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Im Jahr 2011 nahm sie sieben Urlaubstage in Anspruch, im Jahr 2012 hatte die Klägerin keinen Urlaub.

4

Im Juli 2012 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Abgeltung ihres nicht in Anspruch genommenen Urlaubs unter Einschluss des Schwerbehindertenzusatzurlaubs.

5

Im August 2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung aus: Der vom EuGH angenommene Abgeltungsanspruch setze die Beendigung des Dienstverhältnisses durch Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Regelaltersgrenze oder die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit voraus. In diesen Fällen sei der Urlaubsanspruch zu sichern, weil der Beamte diesen wegen des Ruhestands nicht mehr habe realisieren können. Diese Schutzfunktion sei aber in den Fällen nicht geboten, in denen der Beamte seinen nicht verbrauchten Urlaub auf eigenes Betreiben hin nicht mehr antreten könne. Die Beendigung des Dienstverhältnisses durch Entlassung auf eigenen Antrag stelle den typischen Fall einer solchen Maßnahme dar. Ohne den Entlassungsantrag hätte die Klägerin ihren Jahresurlaub in natura nehmen können.

6

Am 9. September 2013 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend vorträgt: Nach der Rechtsprechung des EuGH zum Abgeltungsanspruch sei es unerheblich, aus welchem Grund das Beschäftigungsverhältnis beendet worden sei. Auch der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte sei vom Dienstherrn abzugelten.

7

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4 651,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. April 2012 zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Hintergrund des Anspruchs auf Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs sei, dass dem Beschäftigten nicht jeder Genuss des Urlaubsanspruchs verwehrt bleiben solle. Im Gegensatz zu dem vom EuGH entschiedenen Fall sei der Klägerin die Inanspruchnahme ihres Urlaubs nicht unmöglich gewesen. Denn die Klägerin sei auf eigenen Wunsch aus dem Dienst ausgeschieden. Hätte die Klägerin nicht ihre Entlassung beantragt, hätte sie noch die Möglichkeit gehabt, den ihr zustehenden Jahresurlaub in Anspruch zu nehmen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die dem Senat vorliegende Verwaltungs- und Personalakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

11

Die Klage, für die der Senat nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO erst- und letztinstanzlich zuständig ist, ist überwiegend begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin zur Abgeltung des in den Jahren 2011 und 2012 nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs 3 466,26 € zu zahlen. In Bezug auf den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 125 SGB IX ist die Klage mangels einer Anspruchsgrundlage unbegründet.

12

1. Rechtsgrundlage des Anspruchs der Klägerin auf Abgeltung des von ihr krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenen Mindestjahresurlaubs ist Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl EU Nr. L 299 S. 9; im Folgenden: RL 2003/88/EG).

13

Nach der für die nationalen Gerichte verbindlichen Auslegung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG durch den EuGH haben auch Beamte aufgrund dieser nach Ablauf der Umsetzungsfrist unmittelbar anwendbaren Bestimmung grundsätzlich einen Anspruch auf Abgeltung des von ihnen nicht in Anspruch genommenen Mindestjahresurlaubs von vier Wochen (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 - Rs. C- 337/10, Neidel - ABl EU 2012, Nr. C 174 S. 4 = NVwZ 2012, 688; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - BVerwG 2 C 10.12 - NVwZ 2013, 1295 Rn. 10 ff.). Eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der RL 2003/88/EG nach Maßgabe ihres Art. 1 Abs. 3 liegt angesichts der Tätigkeit der Klägerin in der Personalverwaltung des BND nicht vor (Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20).

14

Die Beendigung des Beamtenverhältnisses der Klägerin durch ihre antragsgemäße Entlassung nach § 33 BBG ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Nach der Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sämtliche Umstände, die die rechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis, d.h. insbesondere die Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers sowie die Entgeltpflicht des Arbeitgebers, beenden, so dass der Arbeitnehmer keinen bezahlten Jahresurlaub mehr nehmen kann (EuGH, Urteile vom 20. Januar 2009 - Rs. C- 350/06 und C- 520/06, Schultz-Hoff - Slg. 2009, I-179 Rn. 56 und vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 29; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 12). Da es danach für den Begriff der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nicht darauf ankommt, auf wessen Veranlassung das Dienstverhältnis beendet worden ist oder in wessen Verantwortungsbereich der jeweilige Beendigungsgrund fällt, erfüllen sämtliche Beendigungsgründe der § 30 BBG und § 21 BeamtStG dieses Merkmal der Anspruchsgrundlage.

15

Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft, von dem nicht abgewichen werden darf und den die zuständigen nationalen Stellen nur in den in der maßgeblichen Richtlinie selbst ausdrücklich gezogenen Grenzen umsetzen dürfen. Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bezweckt es, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (EuGH, Urteile vom 20. Januar 2009 a.a.O. Rn. 22 f. und 54 und vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 28 jeweils m.w.N.). Der Anspruch auf Jahresurlaub und der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts sind zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs. Durch das Erfordernis der Zahlung des Urlaubsentgelts soll der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (EuGH, Urteile vom 16. März 2006 - Rs. C- 131/04 und C-257/04, Robinson-Steele - Slg. 2006, I-2531 Rn. 58 und vom 20. Januar 2009 a.a.O. Rn. 60). Wird das Arbeitsverhältnis beendet, ist es dem Arbeitnehmer nicht mehr möglich, tatsächlich bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Um zu verhindern, dass dem Arbeitnehmer wegen dieser Unmöglichkeit jeder Genuss des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub, selbst in finanzieller Form, verwehrt wird, sieht Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG vor, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf eine finanzielle Vergütung hat (EuGH, Urteile vom 20. Januar 2009 a.a.O. Rn. 56 und vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 29).

16

Der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Frage, ob auch die antragsgemäße Entlassung einer Beamtin nach § 33 BBG als eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG anzusehen ist, bedarf es nach den Vorgaben des EuGH (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C- 283/81, Cilfit - Slg. 1982, 3417, 3426 Rn. 16, stRspr) nicht. Ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH zu dem aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG abgeleiteten Abgeltungsanspruch ist die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Beantwortung der Frage bleibt.

17

Weder aus dem Unionsrecht noch aus den innerstaatlichen beamtenrechtlichen Vorschriften ergab sich für die bis zu ihrer Entlassung durchgehend dienstunfähig erkrankte Klägerin die Obliegenheit, ihren Entlassungsantrag nach § 33 BBG so weit hinauszuschieben, dass sie ihren Mindesturlaub im Sinne von Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG noch während ihres aktiven Dienstes nehmen konnte. Es bleibt bei der gesetzlichen Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 BBG, wonach die Entlassung jederzeit verlangt werden kann.

18

Der unionsrechtliche Abgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ist aber auf den Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG beschränkt. Die Arbeitszeitrichtlinie stellt lediglich Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf und überlässt es den Mitgliedstaaten, den Beamten weitergehende Ansprüche auf Urlaub und dessen Abgeltung einzuräumen (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 35 f.). Für den Anspruch auf Abgeltung des nicht genommenen Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bietet das innerstaatliche Recht für Beamte keine Grundlage. § 7 Abs. 4 BUrlG, der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Grundlage auch für die Abgeltung dieses Urlaubs ist (BAG, Urteil vom 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - BAGE 134, 1 Rn. 73 und 85), ist auf Beamte nicht anwendbar (Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 8).

19

2. Für das Jahr 2011 standen der Klägerin bei einem Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG und einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage zu. In diesem Jahr hat die Klägerin sieben Tage Urlaub genommen, so dass für dieses Jahr noch 13 Tage abzugelten sind. Für das Kalenderjahr 2012, in dem die Klägerin keinen Erholungsurlaub genommen hat, errechnet sich wegen der Entlassung der Klägerin aus dem Dienst mit Ablauf des 31. März 2012 ein anteiliger Urlaubsanspruch von fünf Tagen.

20

Bei der Berechnung des Betrags, der dem Beamten für jeden nicht genommenen Urlaubstag als Abgeltung zusteht, ist auf die Besoldung abzustellen, die der Beamte in den letzten drei Monaten vor der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses erhalten hat. Der Beschäftigte soll das Arbeitsentgelt erhalten, das er bekommen hätte, wenn er den Urlaub während seiner aktiven Dienstzeit genommen hätte (Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

21

Aus den Bruttobezügen der Klägerin in den Monaten Januar bis März 2012 in Höhe von 12 517,25 € errechnet sich bei 13 Wochen sowie einer regelmäßigen Arbeitszeit von fünf Tagen pro Woche ein gerundeter Tagessatz von 192,57 €. Bei 18 auszugleichenden Tagen ergibt sich ein Betrag von 3 466,26 €.

22

Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen hat die Klägerin nicht. Denn einen allgemeinen Grundsatz, der zur Zahlung von Verzugszinsen im öffentlichen Recht verpflichtet, gibt es nicht (Urteile vom 15. März 1989 - BVerwG 7 C 42.87 - BVerwGE 81, 312 <317 f.> = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 7 S. 6 f., vom 18. Mai 1994 - BVerwG 11 A 1.92 - BVerwGE 96, 45 <59> = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 11 S. 12, vom 24. Januar 2007 - BVerwG 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 20, vom 28. Juni 2011 - BVerwG 2 C 40.10 - USK 2011, 147 Rn. 11 und vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 = Buchholz 237.4 § 76 HmbBG Nr. 3).

23

Sofern, wie hier, das einschlägige Fachrecht keine abweichenden Regelungen enthält, können allerdings nach den auch im Verwaltungsprozess anwendbaren Vorschriften des § 291 Satz 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Rechtshängigkeitszinsen verlangt werden. Hinsichtlich des Anspruchs auf finanzielle Abgeltung des nicht genommenen Mindestjahresurlaubs sind auch die Voraussetzungen für die Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen erfüllt (Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 47). Diese Geldschuld ist in der Weise konkretisiert, dass ihr Umfang rechnerisch unzweifelhaft ermittelt werden kann.

Tenor

I.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 15. Juli 2015 - M 21 K 13.4989 - wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Der Kläger steht als Polizeiobermeister im Dienst der Beklagten und ist in der Bundespolizeiabteilung D. am Dienstort R. beschäftigt. Mit Schreiben vom 27. November 2007 war der Kläger zum 1. Dezember 2007 aufgrund eines gegen ihn laufenden Disziplinarverfahrens gemäß § 38 Abs. 1 BDG vorläufig des Dienstes enthoben worden. Mit Beschluss vom 20. April 2011 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Dienstenthebung auf Antrag des Klägers nach § 63 BDG ausgesetzt. Nach Einstellung des Disziplinarverfahrens und entsprechender Aufforderung hat der Kläger seinen Dienst zum 16. Mai 2011 wieder angetreten.

Am 15. Oktober 2012 ging bei der Beklagten der Antrag des Klägers ein, ihm für die Jahre 2008, 2009 und 2010 insgesamt 90 Tage Erholungsurlaub zu gewähren oder den Anspruch finanziell auszugleichen. Mit Bescheid vom 13. Mai 2013 lehnte die Direktion Bundesbereitschaftspolizei den Antrag ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2013 zurück.

Das Verwaltungsgericht hat die daraufhin vom Kläger erhobene Klage für unbegründet erachtet und mit dem angegriffenen Urteil abgewiesen. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger kein Anspruch auf Übertragung des Erholungsurlaubs für die Jahre 2008 bis 2010 zustehe. Es sei schon fraglich, ob ein derartiger Anspruch entstanden sei, weil der Kläger während dieses Zeitraums vorläufig seines Dienstes enthoben gewesen sei und demzufolge keine Pflicht gehabt habe, seinen Dienst auszuüben. Jedenfalls sei ein etwaiger Urlaubsanspruch gemäß § 7 Satz 1 EUrlV mit Ablauf eines Übertragungszeitraums von zwölf Monaten nach dem Ende des Entstehungszeitraums nach nationalem Recht verfallen. Eine Ausnahme nach § 5 Abs. 6 Satz 3 EUrlV bestehe nur für den Fall, dass der Beamte wegen Dienstunfähigkeit nicht in der Lage gewesen sei, seinen Urlaub bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums geltend zu machen. Dienstunfähigkeit habe in der Person des Klägers zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Selbst wenn man die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts zur Abgeltung des unionsrechtlich gewährleisteten, krankheitsbedingt bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht genommenen Mindesturlaubs auf den vorliegenden Fall übertrage, ergebe sich, dass der Urlaubsanspruch für das Jahr 2008 nach einer maximal 18-monatigen Verfallsfrist am 30. Juni 2010, derjenige für das Jahr 2009 am 30. Juni 2011 und der Anspruch für das Jahr 2010 am 30. Juni 2012 jeweils verfallen sei, während der Kläger erst mit Schreiben vom 8. Oktober 2012 die Übertragung des ihm zustehenden Erholungsurlaubs beantragt habe. Es bestehe auch kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung für die Jahre 2008 bis 2010.

Die mit dem Zulassungsantrag gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Einwendungen bleiben ohne Erfolg und bedürfen keiner weiteren Klärung in einem Berufungsverfahren.

a) Dem Kläger stand für die Jahre 2008 bis 2010 kein Anspruch auf Erholungsurlaub nach § 89 Abs.1 Satz 1, 2 BBG i. V. m. § 5 EUrlV zu, wie bereits das Verwaltungsgericht erwogen hat (UA S. 4). Er war nämlich nach der Einleitung eines Disziplinarverfahrens vom 1. Dezember 2007 bis zum 20. April 2011 gemäß § 38 Abs. 1 BDG vorläufig des Dienstes enthoben. Im Fall einer vom Dienstherrn ausgesprochenen vorläufigen Dienstenthebung ist der Beamte rechtlich daran gehindert, Dienst zu leisten. Hierdurch werden das Recht und die Pflicht des Beamten, die mit seinem Amt im konkretfunktionellen Sinn verbundenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen, aufgehoben (BVerwG, U. v. 18.4.1991 -2 C 11.90 - juris Rn.15). Der Beamte verliert die Befugnis, sein Amt wahrzunehmen und ist nicht zur Dienstleistung verpflichtet. Damit kommt schon begrifflich ein Fernbleiben vom Dienst und eine Genehmigung zum Fernbleiben in Form von Urlaub (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 1 BBG) nicht in Betracht (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, § 89 Rn. 2). Erholungsurlaub wird einem Beamten gewährt, damit er im eigenen Interesse wie im Interesse des Dienstherrn seine Gesundheit auffrischt zur Erhaltung seiner Leistungsfähigkeit (BVerwG, RiA 68, 133). Sinn und Zweck des einem Beamten zustehenden Anspruchs auf Erholungsurlaub ist es, dass er normalerweise über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen können muss, damit ein wirksamer Schutz seiner Sicherheit und seiner Gesundheit sichergestellt ist. Mit dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wird bezweckt, es dem Dienst leistenden Beamten zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen gewissen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (EuGH, U. v. 20.1.2009 - C-350/06 und C-520/06, C-350/06 - juris Rn. 23, 25; Weber/Banse, Das Urlaubsrecht des öffentlichen Dienstes, § 5 Rn. 14). Bei einem vorläufig des Dienstes enthobenen Beamten fehlt es an der sachlichen Berechtigung für die Gewährung von Erholungsurlaub. Es ist nicht möglich, einen Beamten, der infolge der vorläufigen Suspendierung vom Dienst freigestellt worden ist, für dieselbe Zeit nach der Erholungsurlaubsverordnung zu beurlauben. Das ergibt sich aus dem Begriff des Urlaubs als einer Freistellung von der Verpflichtung zur Dienstleistung. Soweit ein Beamter von der Verpflichtung zur Dienstleistung bereits vollständig freigestellt ist, besteht für eine weitere Freistellung von der gleichen Verpflichtung weder Bedarf noch Raum (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.1996 - 2 C 8.95 - juris Rn. 14; Weber/Banse, a. a. O., § 5 Rn. 15). Ein solcher Beamter bedarf keiner Erholung vom Dienst durch die Gewährung von Erholungsurlaub, weil er rechtlich gehindert ist, Dienst zu leisten.

b) Selbst wenn man dem Kläger trotz seiner vorläufigen Enthebung vom Dienst einen Anspruch auf Erholungsurlaub zugestehen wollte, wäre dieser verfallen, wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat. Entgegen der Auffassung des Klägers finden die Vorschriften über den Verfall des Urlaubs nach § 7 der Erholungsurlaubsverordnung (EUrlV) in der jeweiligen Fassung auf einen vorläufig des Dienstes enthobenen Beamten Anwendung, soweit nicht bereits das Entstehen des Anspruchs auf Erholungsurlaub (siehe unter a) verneint wird.

Nach § 7 Satz 1 EUrlV in der Fassung vom 13. August 2008 (gültig ab 1.9.2008 bis 28.11.2014) sollte der Urlaub grundsätzlich im Urlaubsjahr abgewickelt werden. Urlaub, der nicht innerhalb von zwölf Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres genommen worden ist, verfiel (§ 7 Satz 2 EUrlV). Daraus folgt, dass ein etwaiger Erholungsurlaub des Klägers aus dem Jahr 2008 mit Ablauf des 31. Dezember 2009, aus dem Jahr 2009 mit Ablauf des 31. Dezember 2010 und für das Jahr 2010 mit Ablauf des 31. Dezember 2011 jeweils verfallen ist.

c) Die Vorschrift des § 5 Abs. 6 Satz 3 EUrlV (in der Fassung vom 21. Juli 2009) findet im Fall des Klägers keine entsprechende Anwendung, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat. Die Regelung galt nur für Fälle der vorübergehenden Dienstunfähigkeit, die beim Kläger nicht vorlag. Abgesehen davon tritt auch im Fall einer Dienstunfähigkeit nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ein Verfall des Urlaubsanspruchs spätestens 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein, wenn es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen gibt. Dies beruht auf der Erwägung, dass der Zweck des Urlaubsanspruchs bei Ablauf dieser Frist nicht mehr erreicht werden kann (EuGH, U. v. 22.11.2011 - C-214/10 - juris Rn. 41; BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 2 C 10.12 - juris Rn. 22; BayVGH, B. v. 13.9.2013 - 6 ZB 13.699 - juris Rn. 8). Selbst bei Anwendung dieser längeren Verfallsfristen auf den Fall des Klägers wären dessen Urlaubsansprüche für das Jahr 2008 am 30. Juni 2010, für das Jahr 2009 am 30. Juni 2011 und für das Jahr 2010 am 30. Juni 2012 jeweils verfallen.

d) Der Kläger hat nicht aus dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung einen Anspruch auf nachträgliche Gewährung oder Übertragung des nicht genommenen Erholungsurlaubs der Jahre 2008 bis 2010. Ein Anspruch auf Folgenbeseitigung ist gegeben, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, der noch andauert (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 28 m. N. d. Rspr.). Im vorliegenden Fall stellt die Nichtgewährung von Erholungsurlaub für die Jahre 2008 bis 2010 bereits keinen rechtswidrigen Zustand dar. Vielmehr stand dem Kläger aus den unter 1.a) genannten Gründen kein Anspruch auf Erholungsurlaub zu; jedenfalls ist ein etwaiger Anspruch verfallen (s. 1.b).

Im Übrigen unterstellt der Kläger dabei, dass seine vorläufige Enthebung vom Dienst von vornherein rechtswidrig gewesen und er so zu stellen sei, als ob diese nicht verfügt worden wäre. Hierfür gibt es jedoch insbesondere mit Blick auf die Verurteilung des Klägers vom 10. September 2007 durch das Amtsgericht München zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung keine greifbaren Anhaltspunkte (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG), auch wenn das Landgericht München I am 27. Februar 2009 das Urteil des Amtsgerichts München aufgehoben und die Gesamtfreiheitsstrafe wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung auf 9 Monate herabgesetzt hat. Dieses Urteil ist nach Verwerfung der Revision des Klägers durch das Oberlandesgericht München erst seit dem 1. April 2010 rechtskräftig (vgl. BayVGH, B. v. 20.4.2011 - 16b DS 10.1120 - juris Rn. 5).

e) Wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat, findet § 76 Abs. 1 BDG keine Anwendung. Diese Vorschrift ist nur einschlägig, wenn in einem Wiederaufnahmeverfahren das angefochtene Urteil zugunsten des Beamten aufgehoben wird; in diesem Fall erhält der Beamte von dem Eintritt der Rechtskraft des aufgehobenen Urteils an die Rechtsstellung, die er erhalten hätte, wenn das aufgehobene Urteil der Entscheidung entsprochen hätte, die im Wiederaufnahmeverfahren ergangen ist. Hier fehlt es bereits an einem Wiederaufnahmeverfahren.

Auch eine analoge Anwendung des § 76 Abs. 1 BDG oder eine „Berücksichtigung des Rechtsgedankens dieser Vorschrift im Rahmen des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs“ kommt entgegen der Rechtsansicht des Klägers nicht in Betracht. Fälle der Aussetzung einer vorläufigen Dienstenthebung nach § 63 Abs. 2 BDG unterfallen nicht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 76 Abs. 1 BDG. Es fehlt sowohl an einer Regelungslücke im Sinn einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes als auch an einer vergleichbaren Sach- und Interessenlage (vgl. BVerwG, U. v. 6.11.2014 - 5 C 7.14 - juris Rn. 11).

f) Da dem Kläger aus den oben genannten Gründen schon kein Anspruch auf Erholungsurlaub für die Jahre 2008 bis 2010 zusteht, dieser aber jedenfalls bereits verfallen ist, kommt auch nicht der hilfsweise beantragte „Geldersatzanspruch“ als Surrogat in Betracht.

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

a) Der Kläger wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, ob die Verfallfrist gemäß § 7 EUrlV auf den Urlaubsanspruch eines vorläufig des Dienstes enthobenen Beamten (§ 38 BDG) für die Zeit seiner Suspendierung anzuwenden ist. Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich ohne weiteres wie unter 1. ausgeführt beantworten lässt und durch die bisherige Rechtsprechung zu einzelnen Aspekten als geklärt gelten kann (vgl. BVerwG, B. v. 14.4.2003 - 3 B 167.02 - juris).

b) Die weiter aufgeworfene Frage, ob der Urlaubsanspruch eines vorläufig des Dienstes enthobenen Beamten nach Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung im Rahmen eines Folgenbeseitigungsanspruchs nachträglich noch zu gewähren bzw. zu übertragen ist, ist aus den unter 1. genannten Gründen ebenfalls nicht klärungsbedürftig.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tatbestand

1

Die auf ihren Antrag hin aus dem Beamtenverhältnis entlassene Klägerin beansprucht die finanzielle Abgeltung ihres krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs.

2

Von Anfang Januar 2009 bis Ende März 2012 stand die Klägerin als Regierungsrätin zur Anstellung (BesGr A 13 BBesO) im Dienst der Beklagten. In diesem Zeitraum war die Klägerin in der Personalverwaltung des Bundesnachrichtendienstes (BND) tätig. Bei der Klägerin ist ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt.

3

Von Anfang März 2011 bis Ende März 2012 war die Klägerin dienstunfähig krankgeschrieben. Mit Ablauf des 31. März 2012 wurde sie auf ihren Antrag hin aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Im Jahr 2011 nahm sie sieben Urlaubstage in Anspruch, im Jahr 2012 hatte die Klägerin keinen Urlaub.

4

Im Juli 2012 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Abgeltung ihres nicht in Anspruch genommenen Urlaubs unter Einschluss des Schwerbehindertenzusatzurlaubs.

5

Im August 2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung aus: Der vom EuGH angenommene Abgeltungsanspruch setze die Beendigung des Dienstverhältnisses durch Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Regelaltersgrenze oder die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit voraus. In diesen Fällen sei der Urlaubsanspruch zu sichern, weil der Beamte diesen wegen des Ruhestands nicht mehr habe realisieren können. Diese Schutzfunktion sei aber in den Fällen nicht geboten, in denen der Beamte seinen nicht verbrauchten Urlaub auf eigenes Betreiben hin nicht mehr antreten könne. Die Beendigung des Dienstverhältnisses durch Entlassung auf eigenen Antrag stelle den typischen Fall einer solchen Maßnahme dar. Ohne den Entlassungsantrag hätte die Klägerin ihren Jahresurlaub in natura nehmen können.

6

Am 9. September 2013 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend vorträgt: Nach der Rechtsprechung des EuGH zum Abgeltungsanspruch sei es unerheblich, aus welchem Grund das Beschäftigungsverhältnis beendet worden sei. Auch der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte sei vom Dienstherrn abzugelten.

7

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4 651,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. April 2012 zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Hintergrund des Anspruchs auf Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs sei, dass dem Beschäftigten nicht jeder Genuss des Urlaubsanspruchs verwehrt bleiben solle. Im Gegensatz zu dem vom EuGH entschiedenen Fall sei der Klägerin die Inanspruchnahme ihres Urlaubs nicht unmöglich gewesen. Denn die Klägerin sei auf eigenen Wunsch aus dem Dienst ausgeschieden. Hätte die Klägerin nicht ihre Entlassung beantragt, hätte sie noch die Möglichkeit gehabt, den ihr zustehenden Jahresurlaub in Anspruch zu nehmen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die dem Senat vorliegende Verwaltungs- und Personalakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

11

Die Klage, für die der Senat nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO erst- und letztinstanzlich zuständig ist, ist überwiegend begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin zur Abgeltung des in den Jahren 2011 und 2012 nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs 3 466,26 € zu zahlen. In Bezug auf den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 125 SGB IX ist die Klage mangels einer Anspruchsgrundlage unbegründet.

12

1. Rechtsgrundlage des Anspruchs der Klägerin auf Abgeltung des von ihr krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenen Mindestjahresurlaubs ist Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl EU Nr. L 299 S. 9; im Folgenden: RL 2003/88/EG).

13

Nach der für die nationalen Gerichte verbindlichen Auslegung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG durch den EuGH haben auch Beamte aufgrund dieser nach Ablauf der Umsetzungsfrist unmittelbar anwendbaren Bestimmung grundsätzlich einen Anspruch auf Abgeltung des von ihnen nicht in Anspruch genommenen Mindestjahresurlaubs von vier Wochen (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 - Rs. C- 337/10, Neidel - ABl EU 2012, Nr. C 174 S. 4 = NVwZ 2012, 688; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - BVerwG 2 C 10.12 - NVwZ 2013, 1295 Rn. 10 ff.). Eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der RL 2003/88/EG nach Maßgabe ihres Art. 1 Abs. 3 liegt angesichts der Tätigkeit der Klägerin in der Personalverwaltung des BND nicht vor (Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20).

14

Die Beendigung des Beamtenverhältnisses der Klägerin durch ihre antragsgemäße Entlassung nach § 33 BBG ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Nach der Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sämtliche Umstände, die die rechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis, d.h. insbesondere die Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers sowie die Entgeltpflicht des Arbeitgebers, beenden, so dass der Arbeitnehmer keinen bezahlten Jahresurlaub mehr nehmen kann (EuGH, Urteile vom 20. Januar 2009 - Rs. C- 350/06 und C- 520/06, Schultz-Hoff - Slg. 2009, I-179 Rn. 56 und vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 29; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 12). Da es danach für den Begriff der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nicht darauf ankommt, auf wessen Veranlassung das Dienstverhältnis beendet worden ist oder in wessen Verantwortungsbereich der jeweilige Beendigungsgrund fällt, erfüllen sämtliche Beendigungsgründe der § 30 BBG und § 21 BeamtStG dieses Merkmal der Anspruchsgrundlage.

15

Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft, von dem nicht abgewichen werden darf und den die zuständigen nationalen Stellen nur in den in der maßgeblichen Richtlinie selbst ausdrücklich gezogenen Grenzen umsetzen dürfen. Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bezweckt es, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (EuGH, Urteile vom 20. Januar 2009 a.a.O. Rn. 22 f. und 54 und vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 28 jeweils m.w.N.). Der Anspruch auf Jahresurlaub und der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts sind zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs. Durch das Erfordernis der Zahlung des Urlaubsentgelts soll der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (EuGH, Urteile vom 16. März 2006 - Rs. C- 131/04 und C-257/04, Robinson-Steele - Slg. 2006, I-2531 Rn. 58 und vom 20. Januar 2009 a.a.O. Rn. 60). Wird das Arbeitsverhältnis beendet, ist es dem Arbeitnehmer nicht mehr möglich, tatsächlich bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Um zu verhindern, dass dem Arbeitnehmer wegen dieser Unmöglichkeit jeder Genuss des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub, selbst in finanzieller Form, verwehrt wird, sieht Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG vor, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf eine finanzielle Vergütung hat (EuGH, Urteile vom 20. Januar 2009 a.a.O. Rn. 56 und vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 29).

16

Der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Frage, ob auch die antragsgemäße Entlassung einer Beamtin nach § 33 BBG als eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG anzusehen ist, bedarf es nach den Vorgaben des EuGH (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C- 283/81, Cilfit - Slg. 1982, 3417, 3426 Rn. 16, stRspr) nicht. Ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH zu dem aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG abgeleiteten Abgeltungsanspruch ist die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Beantwortung der Frage bleibt.

17

Weder aus dem Unionsrecht noch aus den innerstaatlichen beamtenrechtlichen Vorschriften ergab sich für die bis zu ihrer Entlassung durchgehend dienstunfähig erkrankte Klägerin die Obliegenheit, ihren Entlassungsantrag nach § 33 BBG so weit hinauszuschieben, dass sie ihren Mindesturlaub im Sinne von Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG noch während ihres aktiven Dienstes nehmen konnte. Es bleibt bei der gesetzlichen Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 BBG, wonach die Entlassung jederzeit verlangt werden kann.

18

Der unionsrechtliche Abgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ist aber auf den Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG beschränkt. Die Arbeitszeitrichtlinie stellt lediglich Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf und überlässt es den Mitgliedstaaten, den Beamten weitergehende Ansprüche auf Urlaub und dessen Abgeltung einzuräumen (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 35 f.). Für den Anspruch auf Abgeltung des nicht genommenen Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bietet das innerstaatliche Recht für Beamte keine Grundlage. § 7 Abs. 4 BUrlG, der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Grundlage auch für die Abgeltung dieses Urlaubs ist (BAG, Urteil vom 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - BAGE 134, 1 Rn. 73 und 85), ist auf Beamte nicht anwendbar (Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 8).

19

2. Für das Jahr 2011 standen der Klägerin bei einem Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG und einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage zu. In diesem Jahr hat die Klägerin sieben Tage Urlaub genommen, so dass für dieses Jahr noch 13 Tage abzugelten sind. Für das Kalenderjahr 2012, in dem die Klägerin keinen Erholungsurlaub genommen hat, errechnet sich wegen der Entlassung der Klägerin aus dem Dienst mit Ablauf des 31. März 2012 ein anteiliger Urlaubsanspruch von fünf Tagen.

20

Bei der Berechnung des Betrags, der dem Beamten für jeden nicht genommenen Urlaubstag als Abgeltung zusteht, ist auf die Besoldung abzustellen, die der Beamte in den letzten drei Monaten vor der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses erhalten hat. Der Beschäftigte soll das Arbeitsentgelt erhalten, das er bekommen hätte, wenn er den Urlaub während seiner aktiven Dienstzeit genommen hätte (Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

21

Aus den Bruttobezügen der Klägerin in den Monaten Januar bis März 2012 in Höhe von 12 517,25 € errechnet sich bei 13 Wochen sowie einer regelmäßigen Arbeitszeit von fünf Tagen pro Woche ein gerundeter Tagessatz von 192,57 €. Bei 18 auszugleichenden Tagen ergibt sich ein Betrag von 3 466,26 €.

22

Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen hat die Klägerin nicht. Denn einen allgemeinen Grundsatz, der zur Zahlung von Verzugszinsen im öffentlichen Recht verpflichtet, gibt es nicht (Urteile vom 15. März 1989 - BVerwG 7 C 42.87 - BVerwGE 81, 312 <317 f.> = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 7 S. 6 f., vom 18. Mai 1994 - BVerwG 11 A 1.92 - BVerwGE 96, 45 <59> = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 11 S. 12, vom 24. Januar 2007 - BVerwG 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 20, vom 28. Juni 2011 - BVerwG 2 C 40.10 - USK 2011, 147 Rn. 11 und vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 = Buchholz 237.4 § 76 HmbBG Nr. 3).

23

Sofern, wie hier, das einschlägige Fachrecht keine abweichenden Regelungen enthält, können allerdings nach den auch im Verwaltungsprozess anwendbaren Vorschriften des § 291 Satz 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Rechtshängigkeitszinsen verlangt werden. Hinsichtlich des Anspruchs auf finanzielle Abgeltung des nicht genommenen Mindestjahresurlaubs sind auch die Voraussetzungen für die Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen erfüllt (Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 47). Diese Geldschuld ist in der Weise konkretisiert, dass ihr Umfang rechnerisch unzweifelhaft ermittelt werden kann.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 2.008,57 € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Feststellung, dass dem Kläger, der als Beamter in BesGr A 11 im Liegenschaftsamt der Beklagten tätig ist, aus 2011 noch elf Tage angesparter Erholungsurlaub zustehen, zu Recht abgewiesen, weil der diesbezügliche Urlaubsanspruch nach § 11 Satz 3 UrlV mit Ablauf des 31. Dezember 2014 verfallen ist.

1.1 Nach § 11 Satz 1 UrlV kann nicht eingebrachter, dem Beamten nach § 3 UrlV zustehender Erholungsurlaub auf Antrag angespart werden, wenn die dienstlichen Belange es zulassen. Die Ansparung ist nur zulässig für den 15 Urlaubstage übersteigenden Teil des Erholungsurlaubs eines Kalenderjahres (§ 11 Satz 2 UrlV). Ein nach § 11 Satz 1 UrlV angesparter Erholungsurlaub ist spätestens bis zum Ablauf des dritten Jahres, das auf das Urlaubsjahr folgt, einzubringen (§ 11 Satz 3 UrlV).

Der Kläger hat mit Korrekturblatt vom 13. November 2014 die Gewährung des von ihm angesparten Erholungsurlaubs aus 2011 in Höhe von 15 Tagen für den Zeitraum vom 22. Dezember 2014 bis zum 19. Januar 2015 beantragt. Davon hat er bis 31. Dezember 2014 jedoch lediglich vier Tage eingebracht, so dass die übrigen elf nicht eingebrachten Urlaubstage aus 2011 nach § 11 Satz 3 UrlV verfallen sind. Diese Rechtsfolge ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 11 Satz 3 UrlV, aber aus dem erkennbaren Sinn und Zweck der Norm, wonach angesparter Erholungsurlaub spätestens drei Jahre nach Ende des Urlaubsjahres einzubringen ist, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist, um seinen Zweck als Erholungszeit noch erfüllen zu können. Deshalb verfällt angesparter Urlaub, wenn er bis dahin nicht eingebracht wird, unabhängig davon, ob der Beamte dies zu vertreten hat.

Der Sinn und Zweck der Gewährung von Erholungsurlaub liegt darin, dem Beamten in jedem Kalenderjahr (= Urlaubsjahr, § 2 Abs. 1 UrlV) Gelegenheit zur Erholung, d. h. zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung seiner Gesundheit und Arbeitskraft, zu geben (BVerwG, U. v. 10.2.1977 - II C 43.74 - juris Rn. 27). Der Urlaub soll möglichst im laufenden Kalenderjahr voll eingebracht werden (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UrlV). Urlaub, der nicht bis zum 30. April des folgendes Jahres angetreten ist und nicht nach § 11 UrlV angespart wird, verfällt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UrlV), sofern die Übertragungsfrist nicht nach § 10 Abs. 1 Satz 3 bzw. 4 UrlV verlängert wird. Der Urlaubsanspruch kann grundsätzlich nicht unbeschränkt auf künftige Jahre übertragen werden. Er verfällt, wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres nicht genommen werden kann, da dann der Urlaub seinen Zweck als Erholungszeit typischerweise nicht mehr erreichen kann (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 2 C 10.12 - juris Rn. 20). Ein Übertragungszeitraum von 15 Monaten ist zulässig (BVerwG a. a. O. Rn. 21); bei Fehlen einer anderweitigen Regelung verfällt der Urlaub 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres (BVerwG a. a. O. Rn. 22). Da nach Ablauf von drei Jahren dem Erholungszweck noch weniger Rechnung getragen werden kann, als nach 15 bzw. 18 Monaten, ist es deshalb nicht zu beanstanden, wenn gemäß § 11 Satz 3 UrlV die (teilweise) Ansparung von Erholungsurlaub bis zu drei Jahren zulässig ist und der Erholungsurlaub danach verfällt. Nach dem Sinn und Zweck der Gewährung von Erholungsurlaub verfallen (Rest-) Urlaubsansprüche mit Ablauf des Zeitraums, bis zu dem Erholungsurlaub maximal übertragen werden kann, ausnahmslos und auch ohne Rücksicht auf die Gründe, aus denen der (Rest-) Urlaub nicht rechtzeitig eingebracht werden konnte (BVerwG, B. v. 27.10.1982 - 2 B 95.81 - juris Rn. 3).

1.2 Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils.

1.2.1 Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Verwaltungsgericht die UrlV nicht unrichtig ausgelegt. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei § 11 Satz 3 UrlV um eine abschließende Sonderregelung handelt, die die (entsprechende) Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV auf nach § 11 UrlV angesparten Erholungsurlaub ausschließt. Die Frist zur Einbringung ist deshalb nicht bis 31. März 2016 zu verlängern, obwohl der Kläger vom 11. bis 26. Februar, 6. bis 23. Mai und 15. August bis 19. Dezember 2014 dienstunfähig erkrankt war.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV ist die Frist des § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlV bis längstens 31. März des übernächsten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres zu verlängern, wenn die Einbringung des Urlaubs aufgrund Dienstunfähigkeit nicht möglich ist. § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV bezieht sich ersichtlich nur auf den regulären Erholungsurlaub aus dem laufenden Urlaubsjahr i. S. d. § 10 Abs. 1 Satz 1 UrlV. Dies ergibt sich aus § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlV, wonach Urlaub, der nicht bis zum 30. April des folgenden Jahres angetreten ist und nicht nach § 11 UrlV angespart wird, verfällt. Die folgenden Sätze 3 und 4 betreffen demgemäß allein die Frist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlV („Diese Frist kann angemessen verlängert werden…“ bzw. „Sie ist … zu verlängern …“).

§ 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV ist auch nicht entsprechend auf nach § 11 UrlV angesparten Urlaub anwendbar. Der Verordnungsgeber hat zwar aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Verfall des Urlaubsanspruchs (U. v. 22.11.2011 - Rs. C-214/10 - juris Rn. 44; U. v. 3.5.2012 - Rs. C-337/10 - juris Rn. 43) durch Verordnung zur Änderung der Urlaubsverordnung vom 24. Juni 2014 (GVBl S. 234) § 10 Abs. 1 Satz 4 (neu) in die UrlV eingefügt und § 11 UrlV geändert, ohne jedoch zugleich die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV in § 11 UrlV zu wiederholen bzw. darin auf § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV Bezug zu nehmen. Der Umstand, dass er den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV in § 11 UrlV nicht nochmals anführt bzw. auf diese Norm verweist, zeigt eindeutig, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers das Ende des dritten Jahres nach dem Urlaubsjahr der letztmögliche Zeitpunkt sein soll, bis zu dem der angesparte Urlaub eingebracht werden kann und muss. Für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke in § 11 UrlV ist wegen des erkennbar entgegenstehenden Willens des Verordnungsgebers von vornherein kein Raum.

Wenn der Kläger demgegenüber meint, die Einbringungsfrist nach § 11 Satz 3 UrlV sei entsprechend § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV bis31. März 2016 zu verlängern, weil § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlV ausdrücklich auf § 11 UrlV Bezug nehme, wird durch die negative Bezugnahme („Urlaub, der … nicht nach § 11 UrlV angespart wird“) klargestellt, dass § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV nicht auf nach § 11 UrlV angesparten Urlaub anwendbar ist. Soweit er anführt, dass § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV entsprechend anzuwenden sei, weil er elf Tage angesparten Urlaub aus 2011 vor dem 31. Dezember 2014 wegen Dienstunfähigkeit nicht habe einbringen können, ist dies weder vom Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV noch vom Willen des Verordnungsgebers gedeckt. Würde man im Rahmen des § 11 UrlV § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV entsprechend anwenden, würde dies dem Zweck der zeitnahen Gewährung von Erholungsurlaub offensichtlich zuwiderlaufen. Auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 45 BeamtStG) gebietet es nicht, dienstunfähig erkrankte Beamte, die aufgrund von Dienstunfähigkeit nicht in der Lage sind, den Urlaub bis zum Ablauf der in § 11 Satz 3 UrlV bezeichneten Frist einzubringen, vor jedem unverschuldeten Rechtsverlust zu bewahren (BVerwG, U. v. 10.2.1977 a. a. O. Rn. 30; B. v. 27.10.1982 a. a. O. Rn. 3), zumal da der Urlaub bis zu 36 anstatt nur 15 Monate übertragen werden kann. Selbst wenn man § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV aber im klägerischen Sinne interpretieren wollte, hat er nicht dargelegt, dass er - wie von § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV vorausgesetzt - die elf Urlaubstage aus 2011 wegen Dienstunfähigkeit nicht auch vor dem 31. Dezember 2014 nehmen konnte, da er 2014 nicht durchgehend dienstunfähig erkrankt war.

1.2.2 Entgegen der Meinung des Klägers hat das Verwaltungsgericht auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Verfall des unionsrechtlichen Urlaubsanspruchs aus Art. 7 RL 2003/88/EG (EuGH, U. v. 22.11.2011 - Rs. C-214/10 - juris Rn. 40 ff.) nicht verkannt. Danach ist es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn einzelstaatliche Vorschriften einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten vorsehen, nach dessen Ablauf der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt. Deshalb ist erst recht nichts gegen einen - wie vorliegend - Übertragungszeitraum von 36 Monaten zu erinnern. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht darauf abgestellt, dass der Urlaubsanspruch des Klägers aufgrund des FMS vom 3. Juni 2012 (Az. 21-P 1120.028-19022/12) einfach nach 15 bzw. 18 Monaten erlischt. Es ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass der Urlaubsanspruch gemäß § 11 Satz 3 UrlV nach längstens drei Jahren verfällt, was deutlich über den vom Europäischen Gerichtshof gebilligten Grenzen liegt.

1.2.3 Entgegen der Ansicht des Klägers wurde die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) auch nicht dadurch verletzt, dass er von der Beklagten 2014 nicht rechtzeitig darauf hingewiesen wurde, dass sein Urlaubsanspruch trotz wiederholter Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 31. Dezember 2014 endgültig verfallen werde. Eine Belehrung über die sich aus § 11 Satz 3 UrlV ergebende Rechtsfolge war schon deshalb nicht erforderlich, weil der Kläger bereits mit Genehmigung seines Antrags auf Ansparung von Erholungsurlaub aus 2011 vom 20. März 2012 im Mai 2012 von der Beklagten darüber belehrt wurde, dass der Urlaub bis spätestens 31. Dezember 2014 einzubringen ist (vgl. Vermerk der Beklagten vom 15. Mai 2012). Es musste ihm deshalb bewusst sein, dass er die 15 Urlaubstage wie von ihm beantragt ab 22. Dezember 2014 nicht mehr bis zum 31. Dezember 2014 würde einbringen können. Bei evtl. Unklarheiten wegen seiner Dienstunfähigkeit hätte er ggf. rechtzeitig bei der Beklagten nachfragen müssen, um noch eine frühere bzw. andere Einbringung des Urlaubs zu erreichen. Die Beklagte war deshalb auch nicht verpflichtet, den Kläger nach Eingang seines Urlaubsantrags vom 13. November 2014 unverzüglich darüber zu informieren, dass er den Urlaub vor dem 22. Dezember 2014 antreten müsse, da er sonst verfallen werde. Darüber hinaus hat der Kläger auch nicht dargelegt, wie er den Urlaub bei entsprechender Information seitens der Beklagten noch rechtzeitig bis 31. Dezember 2014 hätte nehmen sollen, da er vom 15. August bis 19. Dezember 2014 dienstunfähig erkrankt war. Im Übrigen gebietet die Fürsorgepflicht nach dem unter 1.2.1 Ausgeführten nicht, dienstunfähig erkrankte Beamte, die aufgrund von Dienstunfähigkeit nicht in der Lage sind, den Urlaub bis zum Ablauf der in § 11 Satz 3 UrlV bezeichneten Frist einzubringen, vor jedem unverschuldeten Rechtsverlust zu bewahren (BVerwG, U. v. 10.2.1977 a. a. O. Rn. 30; B. v. 27.10.1982 a. a. O. Rn. 3).

In der Entgegennahme des Urlaubsantrags des Klägers durch die Beklagte liegt auch keine stillschweigende Genehmigung des beantragten Urlaubs entgegen der klaren Verordnungslage, auf die der Kläger hätte vertrauen können. Die Beklagte hatte angesichts von weiteren 60 Resturlaubstagen des Klägers aus 2012 bis 2014 auch keine Veranlassung, den beantragten Urlaub ab dem 2. Januar 2015 nicht zu gewähren. Es ist deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte ab dem 2. Januar 2015 bis zur Krankmeldung des Klägers ab 15. Januar 2015 diesem Urlaub bzw. Gleitzeit gewährt hat. Dabei ist unschädlich, dass der Kläger erst durch das Telefonat mit der Leiterin des Liegenschaftsamts der Beklagten darüber informiert wurde, dass der Resturlaub 2011 mit Ablauf des 31. Dezember 2014 verfallen ist.

2. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend macht, hat er diesen Zulassungsgrund schon nicht in einer den Vorgaben des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt.

Im Übrigen ist, soweit der Kläger für entscheidungs- und klärungsbedürftig hält, ob die zum privatrechtlichen Arbeitsrecht ergangene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 22. November 2011 (Rs. C-214/10 - juris Rn. 40 ff.) „1:1“ auf das öffentlich-rechtliche Beamtenrecht übertragen werden kann, diese Frage in der Rechtsprechung geklärt (BVerfG, NB. v. 15.5.2014 - 2 BvR 324/14 - juris Rn. 12). Danach folgt aus Art. 7 RL 2003/88/EG kein Recht auf ein unbegrenztes Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub (EuGH, U. v. 22.11.2011 a. a. O. Rn. 30); vielmehr ist ein in Rechtsvorschriften der Einzelstaaten vorgesehenes Erlöschen des Urlaubsanspruchs nach 15 Monaten unionsrechtlich nicht zu beanstanden (EuGH a. a. O. Rn. 43 f.). Diese Grundsätze gelten auch für Beamte (EuGH, U. v. 3.5.2012 - Rs. C-337/10 - juris Rn. 39). Das Bundesverwaltungsgericht hat aus dieser Rechtsprechung des Gerichtshofs gefolgert, dass eine Regelung, wonach der Urlaubs-anspruch 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt, zulässig ist (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 2 C 10.12 - juris Rn. 21), und dass der Urlaubsanspruch bei Fehlen einer anderweitigen Regelung 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt (BVerwG a. a. O. Rn. 22). Demgemäß ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Urlaubsanspruch vorliegend gemäß § 11 Satz 3 UrlV nach drei Jahren verfällt. Dass die Einbringungsfrist nochmals analog § 10 Abs. 1 Satz 4 UrlV um weitere 15 Monate zu verlängern wäre, lässt sich mit der o.g. Rechtsprechung eindeutig verneinen.

3. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG (wie Vorinstanz).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Mai 2012 - 3 Sa 230/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Abgeltung von 15 Tagen gesetzlichen Urlaub aus dem Jahr 2011 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 1.846,00 Euro brutto.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten, einer Universitätsklinik, seit dem 1. August 2002 als Krankenschwester beschäftigt. Auf Antrag der Klägerin gewährte die Beklagte ihr gemäß § 28 des Tarifvertrags für die Charité - Universitätsmedizin Berlin vom 1. Januar 2007 (TV-Charité) Sonderurlaub unter Fortfall des Entgelts vom 1. Januar 2011 zunächst bis zum 30. Juni 2011 und später bis zum 30. September 2011. Nach dieser Tarifvorschrift war es möglich, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgelts Sonderurlaub zu erhalten.

3

In § 26 Abs. 2 Buchst. c TV-Charité war geregelt:

        

„Ruht das Arbeitsverhältnis, so vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel.“

4

Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Kündigung der Klägerin mit Ablauf des 30. September 2011. Mit Schreiben vom 16. November 2011 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos auf, ihr 15 Tage gesetzlichen Urlaub aus dem Jahr 2011 abzugelten.

5

Mit ihrer am 7. Dezember 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, auch während des Sonderurlaubs seien Urlaubsansprüche entstanden. Diese habe die Beklagte nicht kürzen dürfen.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag iHv. 1.846,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, im ruhenden Arbeitsverhältnis seien keine Urlaubsansprüche entstanden. Jedenfalls sei sie befugt, diese wegen des Sonderurlaubs zu kürzen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils und behauptet nunmehr, der Sonderurlaub der Klägerin habe am 30. Juni 2011 geendet. Diese habe zwar eine Verlängerung beantragt, die ihr jedoch nicht gewährt worden sei. Die Klägerin sei in der Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 2011 eigenmächtig vom Dienst ferngeblieben. Im Übrigen sei die Klägerin während des Sonderurlaubs für einen anderen Arbeitgeber tätig gewesen und habe von diesem bezahlten Urlaub bzw. Urlaubsabgeltung erhalten.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Klägerin steht gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung iHv. 1.846,00 Euro brutto nebst Zinsen zu.

10

I. Auch wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien während des Sonderurlaubs gemäß § 28 TV-Charité ruhte(vgl. zum Begriff des Ruhens: BAG 10. Mai 1989 - 6 AZR 660/87 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 62, 35), entstand der gesetzliche Urlaubsanspruch der Klägerin am 1. Januar 2011. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die mit der Ruhensvereinbarung bewirkte Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis das Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nicht hinderte.

11

1. Für das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Der Urlaubsanspruch nach den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG steht nicht unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht hat(BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 8 mwN zur st. Rspr., BAGE 142, 371). Der Senat hat bereits entschieden, dass auch dann Urlaubsansprüche entstehen, wenn das Arbeitsverhältnis ruht und das Ruhen des Arbeitsverhältnisses darauf zurückzuführen ist, dass der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen seine Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht erfüllen kann (BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 13 ff., aaO).

12

2. Nichts anderes gilt, wenn die Arbeitsvertragsparteien das Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen eines vom Arbeitnehmer beantragten Sonderurlaubs vereinbaren.

13

a) Weder enthält § 1 BUrlG, nach dem jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub hat, eine Ausnahmeregelung für den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses, noch nimmt § 2 Satz 1 BUrlG Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis kraft Abrede der Arbeitsvertragsparteien oder aufgrund tariflicher Anordnung ruht, vom Geltungsbereich des Bundesurlaubsgesetzes aus(vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 16, BAGE 142, 371). § 5 BUrlG sieht keine Quotelung des Urlaubsanspruchs für Zeiten eines Kalenderjahres vor, in denen das Arbeitsverhältnis ruht. Auch in § 17 BEEG und § 4 ArbPlSchG ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass im ruhenden Arbeitsverhältnis Urlaubsansprüche entstehen. Dies zeigen die in diesen Vorschriften geregelten Kürzungsbefugnisse des Arbeitgebers (vgl. für die Elternzeit: BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10  - Rn. 24, BAGE 138, 58; aA Powietzka/Christ NZA 2013, 18, 21 f.). Nur ein entstandener Urlaubsanspruch kann gekürzt werden (so schon BAG 30. Juli 1986 - 8 AZR 475/84  - zu I 3 der Gründe, BAGE 52, 305).

14

b) Die Ansicht der Revision, ein ruhendes Arbeitsverhältnis stehe einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit einer Arbeitspflicht an „null Tagen“ in der Woche gleich, sodass nach der bei Teilzeitbeschäftigungen üblichen Umrechnungsformel der Urlaubsanspruch „null Tage“ betrage, ist unzutreffend (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 17, BAGE 142, 371; Höpfner Anm. AP BUrlG § 7 Nr. 61, zu I 2 b). Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien das Ruhen des Arbeitsverhältnisses und damit die Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis, begründen sie kein Teilzeitarbeitsverhältnis iSv. § 2 Abs. 1 TzBfG. Der Arbeitnehmer ist in einem solchen Fall nicht mit einer Wochenarbeitszeit beschäftigt, die kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Im ruhenden Arbeitsverhältnis wird der Arbeitnehmer gar nicht beschäftigt. Ebenso wie beim bezahlten Erholungsurlaub ist der Arbeitnehmer für die Zeit des Sonderurlaubs von seiner Arbeitspflicht befreit. Im Unterschied zum Erholungsurlaub entfällt in aller Regel der Vergütungsanspruch. Eine Befreiung von der Arbeitspflicht setzt begrifflich voraus, dass die Arbeitspflicht „an sich“ fortbesteht. Sie muss vom Arbeitnehmer allerdings wegen der Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht erfüllt werden. Würde eine Sonderurlaubsabrede als Vereinbarung einer Arbeitszeit „Null“ verstanden, würde die Arbeitspflicht aufgehoben. Das ist etwas anderes, als die Freistellung von einer grundsätzlich weiter bestehenden vertraglichen Arbeitspflicht (BAG 1. Oktober 2002 - 9 AZR 278/02 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 103, 54; vgl. zur Elternzeit auch: BAG 19. April 2005 - 9 AZR 233/04 - zu II 3 b hh der Gründe, BAGE 114, 206).

15

c) Der Umstand, dass das Ruhen des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Antrags der Klägerin vereinbart wurde, gebietet keine andere Beurteilung (vgl. Boecken/Jacobsen ZTR 2011, 267, 270 f.; aA Picker ZTR 2009, 230, 237; diff. Höpfner Anm. AP BUrlG § 7 Nr. 61, zu II). Sowohl der Umfang des Mindesturlaubsanspruchs als auch die Definition des Geltungsbereichs des Bundesurlaubsgesetzes sind gemäß § 13 Abs. 1 BUrlG der Disposition der Arbeitsvertragsparteien entzogen(vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 16, BAGE 142, 371). Angesichts der im Arbeitsverhältnis typischerweise bestehenden strukturellen Ungleichgewichtslage bestünde ansonsten die Gefahr, dass der Arbeitnehmer letztlich „unfreiwillig“ auf seine Urlaubsansprüche verzichten könnte (vgl. zur Einwilligung in die Datenverarbeitung: HK-ArbR/Hilbrans 3. Aufl. § 4a BDSG Rn. 3; WHW/Wächter A VI Rn. 126, jeweils mwN).

16

d) Art. 12 GG gebietet keine einschränkende Auslegung der §§ 1, 2, 3 Abs. 1 BUrlG in den Fällen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses bei unbezahltem Sonderurlaub(aA Plüm NZA 2013, 11, 17). Der Arbeitgeber ist gesetzlich nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer unbezahlten Sonderurlaub zu gewähren. Auch § 28 TV-Charité stellt nur eine „Kann-Regelung“ dar(vgl. zu § 50 BAT: BAG 12. Januar 1989 - 8 AZR 251/88 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 60, 362). Gibt der Arbeitgeber dem Antrag des Arbeitnehmers auf Sonderurlaub statt, erfolgt dies regelmäßig nach Abwägung der wechselseitigen Interessen. Er muss den Arbeitnehmer im fraglichen Zeitraum entbehren können und sich zugleich bewusst sein, dass im ruhenden Arbeitsverhältnis Nebenpflichten weiter bestehen. Vor den Folgen einer solchen unternehmerischen Entscheidung schützt Art. 12 GG den Unternehmer nicht.

17

II. Der am 1. Januar 2011 entstandene Jahresurlaub der Klägerin war nicht für jeden vollen Monat des Sonderurlaubs um ein Zwölftel zu mindern.

18

1. Da nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG in Tarifverträgen nicht von den §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 BUrlG abgewichen werden kann, hat sich trotz des Ruhens des Arbeitsverhältnisses der Parteien von Januar bis September 2011 der gesetzliche Urlaubsanspruch der Klägerin für das Jahr 2011 nicht gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. c TV-Charité vermindert (vgl. zur inhaltsgleichen Regelung in § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD: BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 16, BAGE 142, 371). Die in dieser Tarifvorschrift geregelte Verminderung des gesetzlichen Urlaubs lässt § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht zu, sodass die Bestimmung insoweit unwirksam ist.

19

2. Die Beklagte konnte den am 1. Januar 2011 entstandenen Jahresurlaub der Klägerin trotz des Sonderurlaubs nicht in entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 1 BEEG und § 4 Abs. 1 ArbPlSchG kürzen. Die in diesen Normen vorgesehenen Kürzungsmöglichkeiten sind nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens und damit nicht auf alle Fälle des Ruhens des Arbeitsverhältnisses analog anwendbar (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 19, BAGE 142, 371). Einem derartigen Verständnis steht entgegen, dass der Gesetzgeber in dem am 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Pflegezeitgesetz nicht die Möglichkeit der Kürzung des Urlaubs vorgesehen hat, obwohl während der Pflegezeit die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis ruhen. Es lässt sich auch nicht aus der Zusammenschau der Regelungen des § 17 BEEG, des § 4 ArbPlSchG und des § 4 PflegeZG der Rechtssatz entwickeln, dass nur bis zu sechsmonatige Arbeitsunterbrechungen den Urlaubsanspruch nicht berühren, längere hingegen schon(aA Hanau/Veit Das neue Recht der Arbeitszeitkonten S. 34). Dies folgt schon daraus, dass Elternzeit kürzer als sechs Monate in Anspruch genommen werden kann und auch genommen wird (im Jahr 2012 nahmen zB 18 % der Bezieher nur bis zu zwei Monate Elterngeld in Anspruch, vgl. Elterngeldstatistik unter www.destatis.de ).

20

3. Das Unionsrecht zwingt nicht zu einer Verringerung des Urlaubsanspruchs wegen des Ruhens eines Arbeitsverhältnisses. Zwar geht der Gerichtshof der Europäischen Union bei Arbeitnehmern, in deren Arbeitsverhältnis die gegenseitigen (Haupt-)Leistungspflichten aufgrund von Kurzarbeit suspendiert bzw. aufgehoben sind, davon aus, dass deren Situation faktisch der Situation von Teilzeitbeschäftigten vergleichbar sei (EuGH 8. November 2012 - C-229/11 und C-230/11 - [Heimann und Toltschin] Rn. 32). Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) legt er so aus, dass sie nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten, nach denen der Anspruch eines Kurzarbeiters auf bezahlten Jahresurlaub pro rata temporis berechnet werde, nicht entgegenstehen. Daraus folgt jedoch nicht, dass es unionsrechtlich geboten ist, den Jahresurlaub nach deutschem Urlaubsrecht bei einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses zu kürzen (Bayreuther DB 2012, 2748, 2749; Plüm NZA 2013, 11, 17; Powietzka/Christ NZA 2013, 18, 21). Vielmehr enthält die Arbeitszeitrichtlinie nach ihrem Art. 1 Abs. 1 nur Mindestvorschriften(EuGH 3. Mai 2012 - C-337/10 - [Neidel] Rn. 35). Das Recht der Mitgliedstaaten, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen, bleibt nach Art. 15 der Arbeitszeitrichtlinie ausdrücklich unberührt. Zwar darf die Anwendung einer solchen Bestimmung in einer Richtlinie nach der jüngeren Rechtsprechung des EuGH nicht dazu führen, dass der Wesensgehalt des Rechts des Arbeitgebers auf unternehmerische Freiheit beeinträchtigt wird (vgl. zu Art. 8 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen: EuGH 18. Juli 2013 - C-426/11 - [Alemo-Herron ua.] Rn. 36). Durch das Entstehen von Urlaubsansprüchen ohne Erbringung einer Arbeitsleistung im Bezugszeitraum wird der Wesensgehalt der unternehmerischen Freiheit jedoch nicht beeinträchtigt. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des EuGH. Die Arbeitszeitrichtlinie ist danach so auszulegen, dass sie es den Mitgliedstaaten verwehrt, den allen Arbeitnehmern eingeräumten Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub dadurch einseitig einzuschränken, dass sie eine Voraussetzung für diesen Anspruch aufstellen, die bewirkt, dass bestimmte Arbeitnehmer von diesem Anspruch ausgeschlossen sind (EuGH 26. Juni 2001 - C-173/99 - [BECTU] Rn. 52, Slg. 2001, I-4881). Nach dieser Rechtsprechung steht es den Mitgliedstaaten zwar frei, in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Voraussetzungen für die Ausübung und die Umsetzung dieses Anspruchs festzulegen, sie dürfen dabei aber die Entstehung dieses Anspruchs selbst nicht von irgendeiner Voraussetzung abhängig machen (EuGH 24. Januar 2012 - C-282/10 - [Dominguez] Rn. 18 mwN). Vor diesem Hintergrund ist es unionsrechtlich unbedenklich, wenn das nationale deutsche Recht auch im Falle des Ruhens des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines vereinbarten unbezahlten Urlaubs das Entstehen von Urlaubsansprüchen vorsieht.

21

III. Der Urlaubsanspruch der Klägerin aus dem Jahr 2011 ist nicht durch Erfüllung ganz oder teilweise erloschen.

22

1. Unstreitig hat die Beklagte der Klägerin im Jahr 2011 keinen bezahlten Erholungsurlaub gewährt. Dies war der Beklagten aufgrund des bereits gewährten Sonderurlaubs auch nicht möglich (vgl. BAG 18. März 2014 - 9 AZR 669/12 - Rn. 16).

23

2. Es kann dahinstehen, ob sich die Beklagte auf die Urlaubsgewährung durch einen anderen Arbeitgeber in einem anderen Arbeitsverhältnis hätte berufen können (vgl. zur Anrechnung von gewährtem Urlaub im Doppelarbeitsverhältnis nach Kündigung: BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 487/10 - BAGE 141, 27). Das Landesarbeitsgericht hat in seinen für den Senat gemäß § 559 ZPO bindenden Feststellungen weder das Bestehen eines anderen Arbeitsverhältnisses noch eine Urlaubsgewährung festgestellt. Soweit die Beklagte erstmals in ihrer Revisionsbegründungsschrift geltend macht, die Klägerin sei in der Zeit ab 1. Januar 2011 für einen anderen Arbeitgeber als Arbeitnehmerin tätig gewesen und habe von diesem Urlaub bzw. Urlaubsabgeltung erhalten, kann dieser Vortrag ungeachtet des Fehlens entsprechender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch deshalb nicht berücksichtigt werden, weil die Beklagte keine hinreichend konkreten Angaben zu diesem Arbeitsverhältnis und zu dem von ihr behaupteten Erholungsurlaub der Klägerin bzw. der von ihr behaupteten Urlaubsabgeltung gemacht hat (vgl. zu Doppelarbeitsverhältnissen, bei denen der Arbeitnehmer die Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen erfüllen kann: BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 487/10 - Rn. 19, aaO).

24

IV. Die Beklagte hat 15 Tage gesetzlichen Urlaub mit 1.846,00 Euro brutto abzugelten. Zwar bleiben bei der Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG Verdienstkürzungen aufgrund von Arbeitsversäumnis, die im Berechnungszeitraum des § 11 Abs. 1 Satz 1 eingetreten sind, nur dann für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht, wenn sie unverschuldet waren. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts befand sich die Klägerin auch im Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. September 2011 im Sonderurlaub. Unbezahlter Sonderurlaub stellt eine unverschuldete Arbeitsversäumnis iSd. § 11 Abs. 1 Satz 3 BUrlG dar(HWK/Schinz 6. Aufl. § 11 BUrlG Rn. 49). Soweit die Beklagte erstmals in der Revisionsinstanz geltend macht, die von der Klägerin beantragte Verlängerung des Sonderurlaubs über den 30. Juni 2011 hinaus sei von der Beklagten abgelehnt worden, die Klägerin sei mithin ab dem 1. Juli 2011 unentschuldigt von der Arbeit ferngeblieben, ist dieser neue Tatsachenvortrag nach § 559 ZPO unbeachtlich.

25

1. Die Beklagte hat keinen zulässigen und begründeten Revisionsangriff iSd. § 559 Abs. 2 ZPO gegen die Feststellung des Landesarbeitsgerichts erhoben, dass die Parteien ein weiteres Ruhen des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. September 2011 vereinbarten. Insbesondere macht die Revision nicht geltend, dass bereits in den Vorinstanzen vorgetragen worden sei, der Sonderurlaub habe nur bis zum 30. Juni 2011 angedauert. Tatsächlich hat die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung vom 23. März 2012 erklärt: „Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum Ausscheiden am 30.09.2011 aufgrund des von der Klägerin begehrten Sonderurlaubs ruhte …“

26

2. Der neue Tatsachenvortrag der Beklagten ist auch nicht ausnahmsweise zu berücksichtigen, weil er zwischen den Parteien unstreitig ist (vgl. zu dieser Ausnahme: BAG 28. Januar 2010 -  2 AZR 985/08  - Rn. 14 mwN, BAGE 133, 149). Die Klägerin hat in ihrer Revisionserwiderung vom 23. Oktober 2012 ausdrücklich bestritten, dass sie in dem Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. September 2011 eigenmächtig vom Dienst ferngeblieben sei.

27

V. Der Zinsanspruch beruht auf § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich aufgrund der Zahlungsaufforderung der Klägerin vom 16. November 2011 ab dem 1. Dezember 2011 mit der Leistung in Verzug.

28

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

        

   Brühler   

        

  Krasshöfer    

        

   Klose   

      

        

        

   Anthonisen  

        

  C. Neumann-Redlin  

                 

Tatbestand

1

Der Kläger erstrebt eine finanzielle Abgeltung von krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenem Urlaub.

2

Der 1953 geborene Kläger stand zuletzt als Polizeihauptkommissar im Dienst des beklagten Landes. Er war ab Anfang Juli 2007 ununterbrochen erkrankt. Mit Wirkung vom 1. August 2008 hat ihn der Beklagte wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

3

Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers ab, ihm eine Vergütung für insgesamt 62 Urlaubstage zu zahlen, die er in den Jahren 2007 und 2008 wegen seiner Erkrankung nicht hatte antreten können. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben.

4

In dem Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts heißt es: Der Kläger habe keinen Urlaubsabgeltungsanspruch nach Bundes- oder Landesrecht. Auch Unionsrecht begründe für Beamte in Deutschland einen solchen Anspruch nicht, denn Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG sei bei der nach Art. 15 RL 2003/88/EG gebotenen Vergleichsbetrachtung des Unionsrechts und des Beamtenrechts unanwendbar: Beamte seien im Krankheitsfall erheblich besser abgesichert als andere Beschäftigte, weil sie die vollen Dienstbezüge zeitlich unbegrenzt erhielten und das Beamtenverhältnis nicht wegen Krankheit beendet werden könne.

5

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. März 2010 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. Juli 2009 sowie den Bescheid des Polizeipräsidiums ... vom 13. Juni 2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm für insgesamt 62 krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommene Urlaubstage der Jahre 2007 und 2008 eine finanzielle Abgeltung in Höhe der durchschnittlichen Besoldung der letzten drei Monate vor seinem Eintritt in den Ruhestand zu gewähren.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Abweisung der Klage stellt sich aus anderen Gründen zum Teil als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

8

1. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass dem Kläger aus nationalem Recht kein Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht. Es gibt für Beamte keine normativen Regelungen, die einen solchen Anspruch begründen. Das gilt auch für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Zu Unrecht beruft sich der Kläger insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar angenommen, dass der Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ebenso wie der gesetzliche Mindesturlaub aus den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist, wenn der Zusatzurlaub nicht gewährt werden kann, weil der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt war (Urteil vom 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - BAGE 134, 1 ff.; vgl. auch Urteil vom 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - NZA 2012, 514 ff.). Diese Rechtsprechung kann aber nicht auf Beamte übertragen werden. Das vom Bundesarbeitsgericht herangezogene Bundesurlaubsgesetz, das in § 7 Abs. 4 eine Urlaubsabgeltung vorsieht, ist auf Beamte nicht anwendbar; deren Ansprüche auf Urlaub und Besoldung richten sich nach den jeweiligen beamtenrechtlichen Gesetzen und Verordnungen, die bislang einen Urlaubsabgeltungsanspruch gerade nicht vorsehen.

9

2. Dem Kläger steht aber nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: RL 2003/88/EG) ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung seines unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs von vier Wochen Erholungsurlaub zu. Einen darüber hinausgehenden Anspruch aus Unionsrecht auf Abgeltung von sich aus nationalem Recht ergebenden weiteren Erholungsurlaubstagen, von sog. Arbeitszeitverkürzungstagen und des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hat er hingegen nicht.

10

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Abgeltung von bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt nicht genommenem Urlaub hergeleitet und auch Voraussetzungen, Umfang und Grenzen dieses Anspruchs bestimmt. Diese Auslegung des Unionsrechts ist für die nationalen Gerichte und damit auch für das Bundesverwaltungsgericht bindend (Art. 267 Abs. 1 Buchst. a AEUV).

11

a) Es ist in der Rechtsprechung des EuGH seit langem geklärt, dass auch Beamte Arbeitnehmer im Sinne der RL 2003/88/EG sind. Das gilt grundsätzlich auch für Polizisten, die insoweit mit Feuerwehrleuten vergleichbar sind, für die der EuGH mehrfach ausgesprochen hat, dass sie der Arbeitszeitrichtlinie unterfallen (EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04 - Slg. 2005, I-7111 Rn. 57 ff.; Urteil vom 3. Mai 2012 - Rs. C-337/10, Neidel - ABl EU 2012, Nr. C 174 S. 4 = NVwZ 2012, 688 Rn. 22). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (vgl. etwa Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 20 ff. ) und hat auch für Polizisten bereits darauf hingewiesen, dass Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG, auf den Art. 1 Abs. 3 RL 2003/88/EG zur Bestimmung ihres Anwendungsbereichs Bezug nimmt, nach der Rechtsprechung des EuGH eng auszulegen ist und nicht etwa Streitkräfte, Feuerwehr oder Polizei generell, sondern nur für bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben wie etwa bei Natur- oder Technologiekatastrophen und schweren Unglücksfällen von der Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie ausnimmt (Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20).

12

b) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand (vgl. § 21 Nr. 4 Beamtenstatusgesetz, § 30 Nr. 4 BBG) eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Dem Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.) ist zu entnehmen, dass der EuGH der konkreten nationalstaatlichen Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses keine Bedeutung beimisst, sondern für allein maßgeblich hält, dass mit der krankheitsbedingten Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses keine Dienstleistungspflicht und deshalb auch keine Urlaubsmöglichkeit mehr besteht. Deshalb ist es unionsrechtlich ohne Bedeutung, dass sich nach deutschem Beamtenrecht an das (aktive) Beamtenverhältnis ein Ruhestandsbeamtenverhältnis anschließt.

13

c) Entgegen der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts hindert Art. 15 RL 2003/88/EG die Anwendung von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bei deutschen Beamten nicht.

14

Nach Art. 15 RL 2003/88/EG bleibt u.a. das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Der EuGH hat bereits zu der insoweit wortgleichen Vorgängerrichtlinie RL 93/104/EG entschieden, dass unabhängig von günstigeren nationalstaatlichen Regelungen die praktische Wirksamkeit der durch die Arbeitszeitrichtlinie verliehenen Rechte in vollem Umfang gewährleistet werden müsse, was notwendig die Verpflichtung impliziere, die Einhaltung jeder der in dieser Richtlinie aufgestellten Mindestvorschriften zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - Rs. C-14/04, Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 53).

15

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 15 RL 2003/88/EG somit eine Meistbegünstigungsklausel, die nur den Einzelvergleich, nicht aber die vom Berufungsgericht angestellte strukturelle Gesamtbetrachtung zulässt. Er schließt damit eine Anwendung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nur dann aus, wenn die mitgliedstaatlichen Regelungen über die Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Erholungsurlaubs bei Beendigung der Berufstätigkeit über den von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gewährleisteten Mindeststandard hinausgehen. Das ist aber bei deutschen Beamten nicht der Fall, weil sie gerade - wovon auch das Oberverwaltungsgericht ausgeht - nach nationalem Recht mangels entsprechender gesetzlicher Regelung keinen Urlaubsabgeltungsanspruch haben, also auch dann nicht, wenn sie Erholungsurlaub krankheitsbedingt nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand nehmen können. Auf die vom Berufungsgericht herangezogenen, für die Beamten günstigeren Regelungen im Falle der zur dauernden Dienstunfähigkeit führenden Krankheit im Vergleich zu den Regelungen für andere Beschäftigte in Deutschland kommt es deshalb nicht an.

16

Bestätigt wird dies durch das Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.). Der EuGH hat den Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ausdrücklich auf Beamte erstreckt, obwohl das Vorlagegericht die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts ausführlich dargestellt hatte.

17

d) Der Urlaubsabgeltungsanspruch besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Beschäftigte im Urlaubsjahr teilweise arbeits- bzw. dienstfähig war, in dieser Zeit den Urlaub aber nicht oder nicht vollständig genommen hat. Das gilt sowohl für das Jahr, in dem die längerfristige Dienstunfähigkeit beginnt, als auch für das Jahr oder für die Jahre, in dem oder in denen der Betreffende vorübergehend wieder dienstfähig war. In beiden Fällen kann der Beschäftigte krankheitsbedingt und damit unabhängig von seinem Willensentschluss den ihm zustehenden (Mindest)Urlaub nach Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen. Aus der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88 EG gibt es keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung dieser Bestimmung.

18

e) Der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ist allerdings auf die sich aus Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG ergebenden vier Wochen Erholungsurlaub im Jahr beschränkt. Der EuGH hat im Urteil vom 3. Mai 2012 (a.a.O. Rn. 35 ff.) hervorgehoben, dass die Arbeitszeitrichtlinie sich auf die Aufstellung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz beschränkt; es sei Sache der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob sie den Beamten weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub gewähren sowie ob und unter welchen Voraussetzungen sie eine finanzielle Vergütung für den Fall vorsehen, dass einem in den Ruhestand tretenden Beamten diese zusätzlichen Ansprüche krankheitsbedingt nicht haben zugute kommen können. Deshalb sind Urlaubstage, die über den nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG unionsrechtlich gewährleisten Mindesturlaub hinausgehen, nicht vom Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erfasst.

19

Das gilt auch für sog. Arbeitszeitverkürzungstage, die der Sache nach zusätzliche Erholungsurlaubstage sind, und für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Auch eine Privilegierung für Urlaub nach nationalem Recht, wonach einem Beschäftigten bei einem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst etwa im Laufe der zweiten Jahreshälfte der Jahresurlaub ungeschmälert zusteht, schlägt nicht auf die unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche nach Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG durch. Dies folgt aus dem Charakter dieser Ansprüche als Mindeststandard und findet außerdem einen normativen Anhaltspunkt in Art. 4 Abs. 1 und Art. 11 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub. Danach ist der Urlaubsanspruch "im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit während dieses Jahres" gegeben; nach dem sechsten Erwägungsgrund der RL 2003/88/EG hat diese Richtlinie den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeit Rechnung getragen.

20

f) Der Urlaubsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG verfällt, wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres nicht genommen wird. Wenn der Übertragungszeitraum eine gewisse zeitliche Grenze überschreitet, kann der Urlaub seinen Zweck als Erholungszeit typischerweise nicht mehr erreichen (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - Rs. C-214/10, KHS - NJW 2012, 290 Rn. 33). Mit dem Verfall des Urlaubsanspruchs ist die Entstehung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs ausgeschlossen.

21

Ein Verfall des Urlaubsanspruchs mit Auswirkungen auf den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch tritt zum einen dann ein, wenn nationalstaatlich ein hinreichend langer Übertragungszeitraum geregelt ist und dieser abgelaufen ist. Hinreichend lang ist nach der Rechtsprechung des EuGH ein Übertragungszeitraum, wenn er deutlich länger als das Urlaubsjahr, also deutlich länger als ein Jahr ist; ein Übertragungszeitraum muss den Beschäftigten, die während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeits- bzw. dienstunfähig sind, ermöglichen, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfristig gestaffelt und geplant sowie verfügbar sein können, und er muss die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten (EuGH, Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41). Einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten hat der EuGH gebilligt (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 40 ff.).

22

Gibt es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen, dann tritt auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH ein Verfall des Urlaubsanspruches 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein. Der EuGH leitet aus dem Umstand, dass die RL 2003/88/EG nach ihrem sechsten Erwägungsgrund den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung Rechnung getragen hat, her, dass bei der Berechnung des Übertragungszeitraums der Zweck des Anspruchs auf Jahresurlaub, wie er sich aus Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub ergibt, berücksichtigt werden muss. Nach Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens ist der ununterbrochene Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens ein Jahr und der übrige Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens 18 Monate nach Ablauf des Jahres, für das der Urlaubsanspruch erworben wurde, zu gewähren und zu nehmen. Diese Vorschrift beruht nach der Rechtsprechung des EuGH auf der Erwägung, dass der Zweck der Urlaubsansprüche bei Ablauf der dort vorgesehenen Fristen nicht mehr vollständig erreicht werden kann (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41 f.). Das rechtfertigt die Annahme, dass der Urlaubsanspruch 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt.

23

g) Bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche aus Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG kommt es nach dem Zweck dieser Norm nur darauf an, ob und wie viel Urlaub der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder um alten, also aus dem vorangegangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub gehandelt hat.

24

h) Bei der Berechnung des Betrags, der dem Beamten für jeden nicht genommenen Urlaubstag als Urlaubsabgeltung zusteht, ist auf die Besoldung abzustellen, die der Beamte in den letzten drei Monaten vor Eintritt in den Ruhestand erhalten hat.

25

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Anknüpfungspunkt für die Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG das gewöhnliche Arbeitsentgelt. Dies ist bei Beamten die Besoldung (vgl. § 1 Abs. 2 BBesG; EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - Rs. C-350/06 und 520/06, Schultz-Hoff - Slg. 2009, I-179 Rn. 61). Der Beschäftigte soll also dasjenige bekommen, was er bekommen hätte, wenn er den Urlaub während seiner aktiven Dienstzeit genommen hätte. Das ist im Falle eines Beamten die Besoldung, die während des Urlaubs weitergezahlt worden wäre. Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 RL 2003/88/EG ist angesichts der Rechtsprechung des EuGH unerheblich, dass die Besoldung Alimentationscharakter hat und daher während der Krankheit zeitlich unbegrenzt weitergezahlt wird.

26

Im Hinblick darauf, dass die finanzielle Abgeltung nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erst nach der "Beendigung des Arbeitsverhältnisses" gezahlt werden darf und der während der Krankheit aufgelaufene, nicht verjährte Mindestjahresurlaub im Fall der Gesundung noch hätte genommen werden dürfen, die finanzielle Abgeltung des Urlaubs mithin erst am Ende der aktiven Dienstzeit eintritt, ist auf die Besoldung vor dem Eintritt in den Ruhestand abzustellen. Dabei erscheint es sachgerecht, auf die letzten drei Monate vor dem Eintritt in den Ruhestand als hinreichend langen Referenzzeitraum (vgl. auch EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-155/10, Williams - ABl EU 2011 Nr. C 319, 7 Rn. 21 ff.), abzustellen, um die Auswirkungen zufälliger Schwankungen der Besoldung zu verringern.

27

i) Ein Antragserfordernis für den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG besteht nicht. Ein Antragserfordernis wäre mit dem Effektivitätsgrundsatz des Unionsrechts nicht vereinbar. Das hat der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167) für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit entschieden (Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 25 ). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.

28

j) Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren, § 195 BGB, die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 BGB.

29

Der EuGH hat mehrfach ausgesprochen, dass die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, soweit gemeinschaftsrechtliche Regelungen nicht vorhanden sind. Allerdings dürfen die Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei nur innerstaatliches Recht betreffenden Verfahren (Äquivalenzgrundsatz) und sie dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). Zum Effektivitätsgrundsatz hat der EuGH entschieden, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. EuGH, Urteile vom 17. November 1998 - Rs. C-228/96, Aprile - Slg. 1998, I-7164 Rn. 19 und vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6348 Rn. 35, jeweils m.w.N.). Auch der Senat bejaht die Möglichkeit der Verjährung bei sich aus Unionsrecht ergebenden Ansprüchen und hat beispielsweise für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren angenommen (Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 41 f.). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.

30

k) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann der Einzelne unter bestimmten Voraussetzungen und mit bestimmten Maßgaben unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend machen.

31

Richtlinien bedürfen zwar grundsätzlich der Umsetzung durch den dafür zuständigen nationalen Gesetzgeber, um innerstaatliche Verbindlichkeit für den Bürger zu erlangen. Für den Fall der nicht fristgerechten oder unvollständigen Umsetzung einer Richtlinie durch den Mitgliedstaat hat nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH der Einzelne das Recht, sich vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat trotz entgegenstehendem nationalen Recht auf durch die Richtlinie auferlegte Verpflichtungen zu berufen, wenn diese klar und unbedingt sind und zu ihrer Anwendung keines Ausführungsakts mehr bedürfen (stRspr; EuGH, Urteile vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-397/01, Pfeiffer - Slg. 2004, I-08835 Rn. 103 m.w.N. und vom 24. Januar 2012 - Rs. C-282/10, Dominguez - ABl EU 2012, Nr. C 73, 2 Rn. 33; BVerfG, Beschluss vom 8. April 1987 - 2 BvR 687/85 - BVerfGE 75, 223 <239 ff.>). Bei einer nicht fristgerechten Umsetzung einer Richtlinie sind Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen (stRspr; vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 19).

32

Diese Voraussetzungen hat der EuGH für Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bejaht. Nach der bindenden Rechtsprechung des EuGH räumt diese Norm allen Beschäftigten, d.h. auch Beamten unter den dargelegten Voraussetzungen Urlaubsabgeltungsansprüche ein, die die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht verankern müssen. Solange sie diese Umsetzungspflicht nicht erfüllen, stellt Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG die unmittelbare Anspruchsgrundlage dar.

33

3. In Anwendung dieser Grundsätze gilt für den Kläger Folgendes:

34

Für das Jahr 2007 standen dem Kläger bei einem Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG und einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage zu. In diesem Jahr hat der Kläger sieben Urlaubstage und den sog. Arbeitszeitverkürzungstag nach der Arbeitszeitverordnung RP genommen. Eine Freistellung nach der Arbeitszeitverordnung steht funktional einem Urlaubstag nach der Urlaubsverordnung (UrlVO RP) gleich. Deshalb ist sie im Rahmen des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG wie ein Urlaubstag zu behandeln. Damit hat der Kläger acht Urlaubstage genommen und standen ihm für 2007 noch 12 Tage Mindesturlaub zu.

35

Für das Jahr 2008 standen dem Kläger 20 Mindesturlaubstage zu. In diesem Jahr ist er aber zum Ende des Monats Juli in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Deshalb stand ihm der unionsrechtliche Mindesturlaub nur anteilig, d.h. für 11 2/3 Urlaubstage zu; die Privilegierung des § 9 Satz 3 UrlVO RP, wonach der Jahresurlaub voll gewährt wird, wenn der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in der zweiten Jahreshälfte in den Ruhestand versetzt wird, erstreckt sich nicht auf den unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 RL 2003/88/EG. Der Bruchteil eines Urlaubstages ist in die Urlaubsentgeltberechnung einzubeziehen. Die Heranziehung einer nationalstaatlichen Regelung, wonach ein bei der Urlaubsberechnung verbleibender Teil eines Tages als Guthaben auf die Arbeitszeit angerechnet wird (vgl. § 8 Abs. 6 UrlVO RP), kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil Urlaubsabgeltung voraussetzt, dass der Beamte nicht mehr im Dienst ist, so dass mangels Arbeitspflicht auch eine Anrechnung auf ein Arbeitszeitguthaben nicht möglich ist.

36

Insgesamt steht dem Kläger deshalb ein Urlaubsabgeltungsanspruch für 23 2/3 Tage zu, der auf der Basis der Besoldung der letzten drei Monate vor Eintritt in den Ruhestand zu berechnen ist.

37

Im Hinblick auf den Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren weist der Senat darauf hin, dass eine Anrechnung der Urlaubsabgeltung bei den Versorgungsbezügen nach den Regelungen des Vorteilsausgleichs, § 53 BeamtVG, nicht in Betracht kommt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Das Beamtenverhältnis endet durch

1.
Entlassung,
2.
Verlust der Beamtenrechte,
3.
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach den Disziplinargesetzen oder
4.
Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand.

Tatbestand

1

Der Kläger erstrebt eine finanzielle Abgeltung von krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenem Urlaub.

2

Der 1953 geborene Kläger stand zuletzt als Polizeihauptkommissar im Dienst des beklagten Landes. Er war ab Anfang Juli 2007 ununterbrochen erkrankt. Mit Wirkung vom 1. August 2008 hat ihn der Beklagte wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

3

Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers ab, ihm eine Vergütung für insgesamt 62 Urlaubstage zu zahlen, die er in den Jahren 2007 und 2008 wegen seiner Erkrankung nicht hatte antreten können. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben.

4

In dem Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts heißt es: Der Kläger habe keinen Urlaubsabgeltungsanspruch nach Bundes- oder Landesrecht. Auch Unionsrecht begründe für Beamte in Deutschland einen solchen Anspruch nicht, denn Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG sei bei der nach Art. 15 RL 2003/88/EG gebotenen Vergleichsbetrachtung des Unionsrechts und des Beamtenrechts unanwendbar: Beamte seien im Krankheitsfall erheblich besser abgesichert als andere Beschäftigte, weil sie die vollen Dienstbezüge zeitlich unbegrenzt erhielten und das Beamtenverhältnis nicht wegen Krankheit beendet werden könne.

5

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. März 2010 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. Juli 2009 sowie den Bescheid des Polizeipräsidiums ... vom 13. Juni 2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm für insgesamt 62 krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommene Urlaubstage der Jahre 2007 und 2008 eine finanzielle Abgeltung in Höhe der durchschnittlichen Besoldung der letzten drei Monate vor seinem Eintritt in den Ruhestand zu gewähren.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Abweisung der Klage stellt sich aus anderen Gründen zum Teil als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

8

1. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass dem Kläger aus nationalem Recht kein Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht. Es gibt für Beamte keine normativen Regelungen, die einen solchen Anspruch begründen. Das gilt auch für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Zu Unrecht beruft sich der Kläger insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar angenommen, dass der Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ebenso wie der gesetzliche Mindesturlaub aus den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist, wenn der Zusatzurlaub nicht gewährt werden kann, weil der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt war (Urteil vom 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - BAGE 134, 1 ff.; vgl. auch Urteil vom 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - NZA 2012, 514 ff.). Diese Rechtsprechung kann aber nicht auf Beamte übertragen werden. Das vom Bundesarbeitsgericht herangezogene Bundesurlaubsgesetz, das in § 7 Abs. 4 eine Urlaubsabgeltung vorsieht, ist auf Beamte nicht anwendbar; deren Ansprüche auf Urlaub und Besoldung richten sich nach den jeweiligen beamtenrechtlichen Gesetzen und Verordnungen, die bislang einen Urlaubsabgeltungsanspruch gerade nicht vorsehen.

9

2. Dem Kläger steht aber nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: RL 2003/88/EG) ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung seines unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs von vier Wochen Erholungsurlaub zu. Einen darüber hinausgehenden Anspruch aus Unionsrecht auf Abgeltung von sich aus nationalem Recht ergebenden weiteren Erholungsurlaubstagen, von sog. Arbeitszeitverkürzungstagen und des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hat er hingegen nicht.

10

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Abgeltung von bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt nicht genommenem Urlaub hergeleitet und auch Voraussetzungen, Umfang und Grenzen dieses Anspruchs bestimmt. Diese Auslegung des Unionsrechts ist für die nationalen Gerichte und damit auch für das Bundesverwaltungsgericht bindend (Art. 267 Abs. 1 Buchst. a AEUV).

11

a) Es ist in der Rechtsprechung des EuGH seit langem geklärt, dass auch Beamte Arbeitnehmer im Sinne der RL 2003/88/EG sind. Das gilt grundsätzlich auch für Polizisten, die insoweit mit Feuerwehrleuten vergleichbar sind, für die der EuGH mehrfach ausgesprochen hat, dass sie der Arbeitszeitrichtlinie unterfallen (EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04 - Slg. 2005, I-7111 Rn. 57 ff.; Urteil vom 3. Mai 2012 - Rs. C-337/10, Neidel - ABl EU 2012, Nr. C 174 S. 4 = NVwZ 2012, 688 Rn. 22). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (vgl. etwa Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 20 ff. ) und hat auch für Polizisten bereits darauf hingewiesen, dass Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG, auf den Art. 1 Abs. 3 RL 2003/88/EG zur Bestimmung ihres Anwendungsbereichs Bezug nimmt, nach der Rechtsprechung des EuGH eng auszulegen ist und nicht etwa Streitkräfte, Feuerwehr oder Polizei generell, sondern nur für bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben wie etwa bei Natur- oder Technologiekatastrophen und schweren Unglücksfällen von der Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie ausnimmt (Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20).

12

b) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand (vgl. § 21 Nr. 4 Beamtenstatusgesetz, § 30 Nr. 4 BBG) eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Dem Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.) ist zu entnehmen, dass der EuGH der konkreten nationalstaatlichen Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses keine Bedeutung beimisst, sondern für allein maßgeblich hält, dass mit der krankheitsbedingten Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses keine Dienstleistungspflicht und deshalb auch keine Urlaubsmöglichkeit mehr besteht. Deshalb ist es unionsrechtlich ohne Bedeutung, dass sich nach deutschem Beamtenrecht an das (aktive) Beamtenverhältnis ein Ruhestandsbeamtenverhältnis anschließt.

13

c) Entgegen der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts hindert Art. 15 RL 2003/88/EG die Anwendung von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bei deutschen Beamten nicht.

14

Nach Art. 15 RL 2003/88/EG bleibt u.a. das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Der EuGH hat bereits zu der insoweit wortgleichen Vorgängerrichtlinie RL 93/104/EG entschieden, dass unabhängig von günstigeren nationalstaatlichen Regelungen die praktische Wirksamkeit der durch die Arbeitszeitrichtlinie verliehenen Rechte in vollem Umfang gewährleistet werden müsse, was notwendig die Verpflichtung impliziere, die Einhaltung jeder der in dieser Richtlinie aufgestellten Mindestvorschriften zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - Rs. C-14/04, Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 53).

15

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 15 RL 2003/88/EG somit eine Meistbegünstigungsklausel, die nur den Einzelvergleich, nicht aber die vom Berufungsgericht angestellte strukturelle Gesamtbetrachtung zulässt. Er schließt damit eine Anwendung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nur dann aus, wenn die mitgliedstaatlichen Regelungen über die Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Erholungsurlaubs bei Beendigung der Berufstätigkeit über den von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gewährleisteten Mindeststandard hinausgehen. Das ist aber bei deutschen Beamten nicht der Fall, weil sie gerade - wovon auch das Oberverwaltungsgericht ausgeht - nach nationalem Recht mangels entsprechender gesetzlicher Regelung keinen Urlaubsabgeltungsanspruch haben, also auch dann nicht, wenn sie Erholungsurlaub krankheitsbedingt nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand nehmen können. Auf die vom Berufungsgericht herangezogenen, für die Beamten günstigeren Regelungen im Falle der zur dauernden Dienstunfähigkeit führenden Krankheit im Vergleich zu den Regelungen für andere Beschäftigte in Deutschland kommt es deshalb nicht an.

16

Bestätigt wird dies durch das Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.). Der EuGH hat den Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ausdrücklich auf Beamte erstreckt, obwohl das Vorlagegericht die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts ausführlich dargestellt hatte.

17

d) Der Urlaubsabgeltungsanspruch besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Beschäftigte im Urlaubsjahr teilweise arbeits- bzw. dienstfähig war, in dieser Zeit den Urlaub aber nicht oder nicht vollständig genommen hat. Das gilt sowohl für das Jahr, in dem die längerfristige Dienstunfähigkeit beginnt, als auch für das Jahr oder für die Jahre, in dem oder in denen der Betreffende vorübergehend wieder dienstfähig war. In beiden Fällen kann der Beschäftigte krankheitsbedingt und damit unabhängig von seinem Willensentschluss den ihm zustehenden (Mindest)Urlaub nach Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen. Aus der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88 EG gibt es keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung dieser Bestimmung.

18

e) Der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ist allerdings auf die sich aus Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG ergebenden vier Wochen Erholungsurlaub im Jahr beschränkt. Der EuGH hat im Urteil vom 3. Mai 2012 (a.a.O. Rn. 35 ff.) hervorgehoben, dass die Arbeitszeitrichtlinie sich auf die Aufstellung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz beschränkt; es sei Sache der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob sie den Beamten weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub gewähren sowie ob und unter welchen Voraussetzungen sie eine finanzielle Vergütung für den Fall vorsehen, dass einem in den Ruhestand tretenden Beamten diese zusätzlichen Ansprüche krankheitsbedingt nicht haben zugute kommen können. Deshalb sind Urlaubstage, die über den nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG unionsrechtlich gewährleisten Mindesturlaub hinausgehen, nicht vom Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erfasst.

19

Das gilt auch für sog. Arbeitszeitverkürzungstage, die der Sache nach zusätzliche Erholungsurlaubstage sind, und für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Auch eine Privilegierung für Urlaub nach nationalem Recht, wonach einem Beschäftigten bei einem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst etwa im Laufe der zweiten Jahreshälfte der Jahresurlaub ungeschmälert zusteht, schlägt nicht auf die unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche nach Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG durch. Dies folgt aus dem Charakter dieser Ansprüche als Mindeststandard und findet außerdem einen normativen Anhaltspunkt in Art. 4 Abs. 1 und Art. 11 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub. Danach ist der Urlaubsanspruch "im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit während dieses Jahres" gegeben; nach dem sechsten Erwägungsgrund der RL 2003/88/EG hat diese Richtlinie den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeit Rechnung getragen.

20

f) Der Urlaubsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG verfällt, wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres nicht genommen wird. Wenn der Übertragungszeitraum eine gewisse zeitliche Grenze überschreitet, kann der Urlaub seinen Zweck als Erholungszeit typischerweise nicht mehr erreichen (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - Rs. C-214/10, KHS - NJW 2012, 290 Rn. 33). Mit dem Verfall des Urlaubsanspruchs ist die Entstehung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs ausgeschlossen.

21

Ein Verfall des Urlaubsanspruchs mit Auswirkungen auf den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch tritt zum einen dann ein, wenn nationalstaatlich ein hinreichend langer Übertragungszeitraum geregelt ist und dieser abgelaufen ist. Hinreichend lang ist nach der Rechtsprechung des EuGH ein Übertragungszeitraum, wenn er deutlich länger als das Urlaubsjahr, also deutlich länger als ein Jahr ist; ein Übertragungszeitraum muss den Beschäftigten, die während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeits- bzw. dienstunfähig sind, ermöglichen, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfristig gestaffelt und geplant sowie verfügbar sein können, und er muss die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten (EuGH, Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41). Einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten hat der EuGH gebilligt (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 40 ff.).

22

Gibt es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen, dann tritt auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH ein Verfall des Urlaubsanspruches 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein. Der EuGH leitet aus dem Umstand, dass die RL 2003/88/EG nach ihrem sechsten Erwägungsgrund den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung Rechnung getragen hat, her, dass bei der Berechnung des Übertragungszeitraums der Zweck des Anspruchs auf Jahresurlaub, wie er sich aus Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub ergibt, berücksichtigt werden muss. Nach Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens ist der ununterbrochene Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens ein Jahr und der übrige Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens 18 Monate nach Ablauf des Jahres, für das der Urlaubsanspruch erworben wurde, zu gewähren und zu nehmen. Diese Vorschrift beruht nach der Rechtsprechung des EuGH auf der Erwägung, dass der Zweck der Urlaubsansprüche bei Ablauf der dort vorgesehenen Fristen nicht mehr vollständig erreicht werden kann (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41 f.). Das rechtfertigt die Annahme, dass der Urlaubsanspruch 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt.

23

g) Bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche aus Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG kommt es nach dem Zweck dieser Norm nur darauf an, ob und wie viel Urlaub der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder um alten, also aus dem vorangegangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub gehandelt hat.

24

h) Bei der Berechnung des Betrags, der dem Beamten für jeden nicht genommenen Urlaubstag als Urlaubsabgeltung zusteht, ist auf die Besoldung abzustellen, die der Beamte in den letzten drei Monaten vor Eintritt in den Ruhestand erhalten hat.

25

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Anknüpfungspunkt für die Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG das gewöhnliche Arbeitsentgelt. Dies ist bei Beamten die Besoldung (vgl. § 1 Abs. 2 BBesG; EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - Rs. C-350/06 und 520/06, Schultz-Hoff - Slg. 2009, I-179 Rn. 61). Der Beschäftigte soll also dasjenige bekommen, was er bekommen hätte, wenn er den Urlaub während seiner aktiven Dienstzeit genommen hätte. Das ist im Falle eines Beamten die Besoldung, die während des Urlaubs weitergezahlt worden wäre. Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 RL 2003/88/EG ist angesichts der Rechtsprechung des EuGH unerheblich, dass die Besoldung Alimentationscharakter hat und daher während der Krankheit zeitlich unbegrenzt weitergezahlt wird.

26

Im Hinblick darauf, dass die finanzielle Abgeltung nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erst nach der "Beendigung des Arbeitsverhältnisses" gezahlt werden darf und der während der Krankheit aufgelaufene, nicht verjährte Mindestjahresurlaub im Fall der Gesundung noch hätte genommen werden dürfen, die finanzielle Abgeltung des Urlaubs mithin erst am Ende der aktiven Dienstzeit eintritt, ist auf die Besoldung vor dem Eintritt in den Ruhestand abzustellen. Dabei erscheint es sachgerecht, auf die letzten drei Monate vor dem Eintritt in den Ruhestand als hinreichend langen Referenzzeitraum (vgl. auch EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-155/10, Williams - ABl EU 2011 Nr. C 319, 7 Rn. 21 ff.), abzustellen, um die Auswirkungen zufälliger Schwankungen der Besoldung zu verringern.

27

i) Ein Antragserfordernis für den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG besteht nicht. Ein Antragserfordernis wäre mit dem Effektivitätsgrundsatz des Unionsrechts nicht vereinbar. Das hat der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167) für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit entschieden (Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 25 ). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.

28

j) Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren, § 195 BGB, die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 BGB.

29

Der EuGH hat mehrfach ausgesprochen, dass die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, soweit gemeinschaftsrechtliche Regelungen nicht vorhanden sind. Allerdings dürfen die Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei nur innerstaatliches Recht betreffenden Verfahren (Äquivalenzgrundsatz) und sie dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). Zum Effektivitätsgrundsatz hat der EuGH entschieden, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. EuGH, Urteile vom 17. November 1998 - Rs. C-228/96, Aprile - Slg. 1998, I-7164 Rn. 19 und vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6348 Rn. 35, jeweils m.w.N.). Auch der Senat bejaht die Möglichkeit der Verjährung bei sich aus Unionsrecht ergebenden Ansprüchen und hat beispielsweise für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren angenommen (Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 41 f.). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.

30

k) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann der Einzelne unter bestimmten Voraussetzungen und mit bestimmten Maßgaben unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend machen.

31

Richtlinien bedürfen zwar grundsätzlich der Umsetzung durch den dafür zuständigen nationalen Gesetzgeber, um innerstaatliche Verbindlichkeit für den Bürger zu erlangen. Für den Fall der nicht fristgerechten oder unvollständigen Umsetzung einer Richtlinie durch den Mitgliedstaat hat nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH der Einzelne das Recht, sich vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat trotz entgegenstehendem nationalen Recht auf durch die Richtlinie auferlegte Verpflichtungen zu berufen, wenn diese klar und unbedingt sind und zu ihrer Anwendung keines Ausführungsakts mehr bedürfen (stRspr; EuGH, Urteile vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-397/01, Pfeiffer - Slg. 2004, I-08835 Rn. 103 m.w.N. und vom 24. Januar 2012 - Rs. C-282/10, Dominguez - ABl EU 2012, Nr. C 73, 2 Rn. 33; BVerfG, Beschluss vom 8. April 1987 - 2 BvR 687/85 - BVerfGE 75, 223 <239 ff.>). Bei einer nicht fristgerechten Umsetzung einer Richtlinie sind Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen (stRspr; vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 19).

32

Diese Voraussetzungen hat der EuGH für Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bejaht. Nach der bindenden Rechtsprechung des EuGH räumt diese Norm allen Beschäftigten, d.h. auch Beamten unter den dargelegten Voraussetzungen Urlaubsabgeltungsansprüche ein, die die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht verankern müssen. Solange sie diese Umsetzungspflicht nicht erfüllen, stellt Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG die unmittelbare Anspruchsgrundlage dar.

33

3. In Anwendung dieser Grundsätze gilt für den Kläger Folgendes:

34

Für das Jahr 2007 standen dem Kläger bei einem Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG und einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage zu. In diesem Jahr hat der Kläger sieben Urlaubstage und den sog. Arbeitszeitverkürzungstag nach der Arbeitszeitverordnung RP genommen. Eine Freistellung nach der Arbeitszeitverordnung steht funktional einem Urlaubstag nach der Urlaubsverordnung (UrlVO RP) gleich. Deshalb ist sie im Rahmen des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG wie ein Urlaubstag zu behandeln. Damit hat der Kläger acht Urlaubstage genommen und standen ihm für 2007 noch 12 Tage Mindesturlaub zu.

35

Für das Jahr 2008 standen dem Kläger 20 Mindesturlaubstage zu. In diesem Jahr ist er aber zum Ende des Monats Juli in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Deshalb stand ihm der unionsrechtliche Mindesturlaub nur anteilig, d.h. für 11 2/3 Urlaubstage zu; die Privilegierung des § 9 Satz 3 UrlVO RP, wonach der Jahresurlaub voll gewährt wird, wenn der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in der zweiten Jahreshälfte in den Ruhestand versetzt wird, erstreckt sich nicht auf den unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 RL 2003/88/EG. Der Bruchteil eines Urlaubstages ist in die Urlaubsentgeltberechnung einzubeziehen. Die Heranziehung einer nationalstaatlichen Regelung, wonach ein bei der Urlaubsberechnung verbleibender Teil eines Tages als Guthaben auf die Arbeitszeit angerechnet wird (vgl. § 8 Abs. 6 UrlVO RP), kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil Urlaubsabgeltung voraussetzt, dass der Beamte nicht mehr im Dienst ist, so dass mangels Arbeitspflicht auch eine Anrechnung auf ein Arbeitszeitguthaben nicht möglich ist.

36

Insgesamt steht dem Kläger deshalb ein Urlaubsabgeltungsanspruch für 23 2/3 Tage zu, der auf der Basis der Besoldung der letzten drei Monate vor Eintritt in den Ruhestand zu berechnen ist.

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Im Hinblick auf den Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren weist der Senat darauf hin, dass eine Anrechnung der Urlaubsabgeltung bei den Versorgungsbezügen nach den Regelungen des Vorteilsausgleichs, § 53 BeamtVG, nicht in Betracht kommt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.