Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 18. Mai 2015 - B 3 K 14.50075

published on 18/05/2015 00:00
Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 18. Mai 2015 - B 3 K 14.50075
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Gericht

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Tenor

1. Der Bescheid des … wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger, Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina, wenden sich gegen einen Bescheid des ... mit dem ihre Asylanträge als unzulässig abgelehnt wurden und die Abschiebung nach Luxemburg angeordnet wurde.

Die Kläger reisten am 23.04.2014 von Luxemburg kommend in das Bundesgebiet ein und stellten am 07.05.2014 Asylanträge. Sie gaben an, bereits in Luxemburg, wo sie sich vom 10.02.2014 bis 23.04.2014 aufhielten, Asylanträge gestellt zu haben. Ihre Asylanträge seien in Luxemburg bereits das zweite Mal abgelehnt worden, weshalb sie sich entschieden hätten nach Deutschland zu reisen.

Eine EURODAC-Abfrage durch das ... ergab einen Treffer der Kategorie 1 für Luxemburg. Am 09.07.2014 stellte das ... ein Übernahmeersuchen, dem von den luxemburgischen Behörden am 11.07.2014 mit Hinweis auf die Bestimmung des Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin-III-VO entsprochen wurde.

Mit Bescheid des … wurde festgestellt, dass die Asylanträge unzulässig sind. Die Abschiebung nach Luxemburg wurde angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Asylanträge seien gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Luxemburg aufgrund der bereits dort gestellten Asylanträge gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin-III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die ... veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Zustellung des Bescheids erfolgte ausweislich der Postzustellungsurkunde am 26.09.2014.

Am 07.10.2014 erhob der Kläger zu 1. für die Kläger zur Niederschrift bei der Rechtsantragsstelle des Verwaltungsgerichts Bayreuth Klage gegen den Bescheid vom 24.09.2014 und beantragte,

1. Der Bescheid des ... wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, ein Asylverfahren durchzuführen und die Kläger als asylberechtigt anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Weiterhin, das Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde vorgebracht, dass sich die Klägerin zu 2. seit dem 06.10.2014 im Bezirkskrankenhaus ... befinde und in der 30. Schwangerschaftswoche sei. Aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes solle von einer Abschiebung abgesehen werden.

Der gleichzeitig gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Az.: B 3 S. 14.50074) wurde mit Beschluss des Gerichts vom 09.10.2014 abgelehnt, weil er verfristet gestellt wurde.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 13.10.2014,

die Klage abzuweisen.

Eine Überstellung der Kläger nach Luxemburg erfolgte bislang nicht.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 15.04.2015 wurde bei der Beklagten angefragt, ob der streitgegenständliche Bescheid wegen Ablaufs der Überstellungsfrist aufgehoben wird.

Mit Schriftsatz vom 21.04.2015 entgegnete die Beklagte, dass im Hinblick auf den vorliegenden EURODAC 1-Treffer eine Aufhebung des Bescheids (zumindest in der Ziffer 1) nicht in Betracht komme, aufgrund geltender dienstlicher Regelungen.

Mit Schriftsatz vom 22.04.2015 teilte das ... mit, dass die Überstellungsfrist nach Luxemburg abgelaufen ist.

Die Beklagtenseite hat mit Schreiben vom 04.05.2015, die Klägerseite mit Schreiben vom 06.05.2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Mit Beschluss der Kammer vom 11.05.2015 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Verfahrens Az.: B 3 S. 14.50074 und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat teilweise Erfolg.

I.

1. Die Klage ist hinsichtlich des in Ziffer 1 gestellten Aufhebungsantrags als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO gegen den auf §§ 34a, 27a AsylVfG gestützten Bescheid zulässig. Der Anfechtungsantrag gegen die Feststellung der Unzulässigkeit der Asylanträge ist statthaft und ausreichend zur Erlangung des von den Klägern erstrebten Rechtsschutzziels, der erneuten Aufnahme des Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13 aB 13.30295 -; B.v. 23.1.2015 - 13 aZB 14.50071 -; B.v. 2.2.2015 - 13 aZB 14.50068 - alle juris). Vor diesem Hintergrund ist auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Anfechtungsklage gegeben, da eine Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids zu einer Sachprüfung der Asylanträge und damit zu einer Verbesserung der Rechtsstellung der Kläger führen würde.

2. Hinsichtlich des in Ziffer 2 gestellten Verpflichtungsantrags - der unter Berücksichtigung der gesetzlichen Neuerungen im Asylverfahren zum 01.12.2013 - auf Durchführung des Asylverfahrens und auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. hilfsweise des subsidiären Schutzstatus als gestellt gilt, ist die Klage hingegen unzulässig (vgl. z.B. VG Regensburg, U.v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 17, 29 m.w.N.). In der vorliegenden besonderen Fallkonstellation besteht keine Pflicht des Verwaltungsgerichts zum „Durchentscheiden“ (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2015 - 13 aZB 14.50071 - juris). Wäre das Gericht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen, ginge den Klägern eine Tatsacheninstanz verloren, die nach § 24 AsylVfG mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2015 -13 aZB 14.50071 -; BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13 aB 13.30295 - juris). Zudem würde das Gericht nicht die Entscheidung einer vorrangig mit sachlichen Prüfung befassten Fachbehörde kontrollieren, sondern sich anstelle der Exekutive erstmalig selbst mit dem Antrag in der Sache befassen, was auch unter Gewaltenteilungsgesichtspunkten nicht unproblematisch erscheint. Daher ist der Verpflichtungsantrag, ohne dass es eines weiteren richterlichen Hinweises bedurfte, als unzulässig abzuweisen.

II.

Soweit die Klage zulässig ist, hat sie auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid des Bundesamtes vom 24.09.2014 erweist sich in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten.

1. Der streitgegenständliche Bescheid ist mit dem - zwischen den Beteiligten unstreitigen -Ablauf der Überstellungsfrist rechtswidrig geworden und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Bescheid ist im maßgeblichen Zeitpunkt der hiesigen Entscheidung rechtswidrig, weil inzwischen nicht mehr Luxemburg, sondern die Beklagte für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig ist. Die nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO maßgebliche Überstellungsfrist ist unstreitig abgelaufen. Hiervon geht auch das Bundesamt in seinem Schreiben vom 22.04.2015 aus. Die Kläger sind innerhalb dieser Frist nicht nach Luxemburg überstellt worden. Dies hat zur Folge, dass die Zuständigkeit auf die Beklagte übergegangen ist. Damit ist der Ausspruch in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides rechtswidrig geworden. Nachdem die Asylanträge nicht mehr unzulässig sind, besteht auch für eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kein Raum mehr, so dass der Ausspruch in Ziffer 2 des Bescheids ebenfalls rechtswidrig geworden ist (vgl. z.B. VG Regensburg, U.v. 14.11.2014 - RN 5 K14.30304 - und VG Oldenburg, U.v. 7.7.2014 -3 A 416/14 - beide juris).

Der rechtswidrig (gewordene) Bescheid verletzt die Kläger auch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zwar handelt es sich bei den Dublinregularien um objektive Zuständigkeitsvorschriften, die grundsätzlich keine subjektiven Rechte der Asylantragsteller begründen. Diese haben grundsätzlich kein subjektives Recht auf Durchführung des Asylverfahrens in einem bestimmten oder in dem für sie zuständigen Staat (vgl. VGH BW, B.v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13). Die Kläger sind jedoch durch die Aufrechterhaltung der rechtswidrig gewordenen Regelung unter Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids in ihrem subjektiven Recht auf ordnungsgemäße Prüfung ihres Asylbegehrens in der zuständig gewordenen ... verletzt (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO, Art. 16 a Abs. 1 GG). Dieses Recht ist verletzt, wenn sich die Beklagte auch nach Ablauf der Überstellungsfrist weiter auf die zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses bestehende Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedsstaats beruft. Für die Rechtsverletzung kommt es nicht darauf an, ob der Fristablauf für die Kläger nunmehr ein subjektives Recht auf Durchführung des Asylverfahrens in Deutschland begründet. Durch den Fristablauf wird das Verfahren gleichsam in den Zustand zurückversetzt, in dem es sich bei Antragstellung in Deutschland befunden hat. Damit lebt die Pflicht der Beklagten zur Behandlung des Asylantrags wieder auf. Im Anschluss daran muss die Beklagte prüfen, ob es sich um einen Erst- oder um einen Zweitantrag handelt (vgl. VG Regensburg, U.v. 14.11.2014 -RN 5 K 14.30340 -; VG Würzburg, U.v. 27.11.2014 - W 3 K 13.30553 - beide juris). Es geht im Ergebnis nicht um eine unionsrechtlich determinierte Zuständigkeitsbestimmung, der die subjektive Komponente fehlt, sondern um die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens im innerstaatlichen Bereich (vgl. VG Hannover, U.v. 22.4.2014 - 1 A 9674/14 - juris). 2.)

Die Beklagte hat sich zum weiteren Verlauf des Verfahrens der Kläger nicht geäußert und lediglich darauf berufen, dass aufgrund geltender dienstlicher Regelungen eine Aufhebung des Bescheides nicht möglich sei. Insoweit wird nur am Rande darauf hingewiesen, dass eine Umdeutung des „Dublin-Bescheides“ vom 24.09.2014 in eine ablehnende Sachentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG nicht in Betracht kommt. Dies ist zwischenzeitlich obergerichtlich geklärt (BayVGH, B.v. 23.1.2015 - 13aZB 14.50071 -; BayVGH, B.v. 2.2.2015 - 13a ZB 14.50068 -; VGH Baden-Württemberg, B.v. 19.01.2015 -A 11 S 2508/14 - alle juris).

Da die Kläger teils obsiegt und teils unterlegen sind, waren die Kosten gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu teilen. Eine hälftige Teilung erscheint angesichts der Bedeutung des Aufhebungsbegehrens einerseits und des Verpflichtungsbegehrens andererseits angemessen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.