Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 08. Mai 2015 - Au 7 K 14.30546

published on 08/05/2015 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 08. Mai 2015 - Au 7 K 14.30546
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Gericht

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der am ... 1968 geborene Kläger ist nigerianischer Staatsangehöriger vom Volk der Ibo, christlicher Religionszugehörigkeit (Pfingstbewegung).

Er reiste am 20. Juni 2012 auf dem Luftweg, von ... kommend über den Flughafen ... in Deutschland ein und meldete sich am 27. Juli 2012 in ... als Asylsuchender. Am 17. August 2012 stellte der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag.

Im Rahmen seiner Anhörung durch das Bundesamt am 10. September 2012, an der auch Frau ... von ... teilnahm, gab der Kläger u. a. an, er habe seinen Reisepass in ... verloren. In diesem Reisepass habe er ein deutsches Visum gehabt. Der Kläger übergab eine (auszugsweise) Kopie seines Reisepasses (Bl. 34 der Bundesamtsakte/BA). Seine letzte offizielle Adresse in Nigeria habe gelautet: Nr. ... Street, ... (... State). Seine Ehefrau und seine vier Kinder lebten noch unter dieser Adresse. Außerdem lebten in Nigeria noch seine Eltern, drei Brüder und sechs Schwestern.

Er habe in Nigeria zwei Berufe gehabt. Er sei medizinischer Laborant gewesen und habe die Berufung, Pastor zu sein.

Er sei das zweite Mal in Deutschland. Das erste Mal sei er am 17. April 2012 in Deutschland eingereist und am 30. April 2012 wieder ausgereist. Dann sei er am 20. Juni 2012 nochmals nach Deutschland eingereist. Er sei von ... im Direktflug nach ... und am gleichen Tag nach ... weitergeflogen. Hierzu legte der Kläger seine Flugtickets (Bl. 32 BA) vor.

Er sei in Nigeria Mitglied der PDP gewesen. In seiner Mission als Pastor habe er in einer Bewegung gearbeitet, die versucht habe, Drogenabhängige wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Ihre hierzu veranstalteten Meetings seien reichlich besucht worden. Einige Politiker des Nordens hätten versucht, die Veranstaltungen für parteipolitische Werbungen - für den Präsidentschaftskandidaten Buhari von der CPC - zu nutzen. Er habe sich gegen diese Anwerbungen der CPC gewehrt. Mit den nigerianischen Behörden, mit der Polizei, dem Militär oder der Justiz, habe er keine Probleme gehabt.

Wegen seiner Veranstaltungen sei er von bewaffneten Leuten verfolgt worden. Seine Veranstaltungen hätten immer von 17 Uhr bis 18:30 Uhr stattgefunden. Im Einzelnen schilderte der Kläger dann folgende fünf Vorfälle:

Am 4. März 2011 sei er zum ersten Mal angegriffen worden. Zwei Personen von der Bewegung „Arewa Youths Consultative Forum“ hätten gefordert, dass er seine Veranstaltung beende. Sie begründeten dies mit der Behinderung ihres Wahlkampfes und weil er in seinen Veranstaltungen auch Nicht-Christen mit Lebensmitteln versorgt habe. Daraus hätten sie den Vorwurf konstruiert, dass er Moslems zum Christentum bewegen würde. Er habe sich nicht einschüchtern lassen und weitergemacht.

Nach den Wahlen vom 16. April 2011 sei er am 22. April 2011 auf dem Heimweg an der Bushaltestelle „...“ von bewaffneten Personen, die eine von ihm verlegte Broschüre dabei gehabt hätten, angegriffen worden. Zuerst hätten sie ihn erschießen wollen, aber dann hätten sie ihm etwas Wertvolles weggenommen. Die Angreifer hätten ebenfalls eine seiner Broschüren mit sich geführt und sein darauf befindliches Foto mit ihm abgeglichen.

Am 23. Mai 2011 sei er an einer Bar vorbeigekommen und ein junger Mann hätte ihn gefragt, ob er der Pastor sei. Dieser Mann habe auch eine seiner Broschüren, auf der sich ein Foto von ihm befunden habe, dabeigehabt. Der junge Mann habe sich dann als professioneller Mörder vorgestellt und habe die Adresse des Klägers genannt. Dabei habe er gesagt, er werde ihn überall finden. Der Mann habe ihn aufgefordert, seine Veranstaltungen zu beenden, andernfalls würde er ihn überall finden und töten.

Am 3. Juni 2011 habe er die Firma ... zwecks Reklamation seiner Stromrechnung aufgesucht. Man habe ihm gesagt, er solle nach unten gehen und bestimmte Papiere kopieren. Als er dies getan habe, seien Schüsse gefallen. Der Mann neben ihm sei am Bein angeschossen worden. Die Täter, die mit einem Motorrad geflüchtet seien, hätten auch eine seiner Broschüren in der Hand gehabt.

Am 28. Februar 2012 habe er einkaufen wollen. Auf offener Straße seien ihm bewaffnete Personen entgegengekommen, die auch wieder eine seiner Broschüren in der Hand hielten. Er sei geflüchtet, die Personen hätten ihn verfolgt. Die Flucht sei ihm letztendlich aber doch gelungen. Spätestens hier sei ihm klar gewesen, dass sein Leben akut in Gefahr sei und er sein Heimatland verlassen müsse. Sein Gesundheitszustand sei durch die Überfälle so schlecht geworden, dass er an akutem Bluthochdruck leide. Hierzu übergab der Kläger den ärztlichen Bericht der der kardiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. ..., ..., vom 30. August 2012 (Bl. 33 BA). An die nigerianischen Sicherheitsbehörden habe er sich wegen dieser Überfälle nicht gewandt, da ihm gesagt worden sei, es würde seinen Tod bedeuten, wenn er diese einschalte. Ausschlaggebend für seine Flucht sei der Überfall vom 28. Februar 2012 gewesen. Er habe dann bis zum Sommer 2012 organisatorische und finanzielle Fragen klären müssen. Dann sei seine Flucht am 19./20. Juni 2012, wie geschildert, erfolgt. Müsste er nach Nigeria zurückkehren, dann würden die Anschläge sich wiederholen und sein Leben wäre in Gefahr.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 6. Oktober 2014 wurde der Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt (Nr. 1), ebenso der Antrag auf Asylanerkennung (Nr. 2). Der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Nr. 3). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde dem Kläger die Abschiebung nach Nigeria oder in jeden anderen Staat angedroht, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Nr. 5).

Der Bescheid wurde mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 an den Kläger versandt.

Am 14. Oktober 2014 erhob der Kläger zur Niederschrift vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg und beantragte:

I.Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. Oktober 2014 wird aufgehoben.

II.Die Bundesrepublik Deutschland wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen. Des Weiteren festzustellen, dass bei dem Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen. Des Weiteren ist festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 21. Oktober 2014 die Behördenakte vor, äußerte sich aber nicht zur Sache.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2014 zeigte der Bevollmächtigte des Klägers dessen Vertretung an und beantragte Akteneinsicht, die ihm mit gerichtlichem Schreiben vom 29. Oktober 2014 durch Übersendung der Bundesamtsakte gewährt wurde.

Mit Schreiben vom 3. November 2014 teilte die Landeskirchliche Gemeinschaft und EC-Jugendarbeit ... u. a. mit, dass der Kläger am Gemeindeleben der Kirche teilnehme. Um neben praktischer Unterstützung die Solidarität mit dem Kläger zu unterstreichen, werde die beiliegende Unterschriftenliste (193 Unterschriften) vorgelegt. Zur Unterstützung des Klägers werde bestätigt, dass er als christlicher nigerianischer Evangelist und Pastor tätig gewesen sei. Durch seine Verkündungstätigkeit, Radio und TV-Auftritte, Presseberichte sowie durch die Verbreitung der von ihm selbst verfassten christlichen Schriften - mit seinem Bild - sei er im ganzen Land und darüber hinaus als Christ bekannt. Seine Abschiebung nach Nigeria bringe ihn deshalb in Lebensgefahr. Der muslimische Übersetzer habe bei der Anhörung wohl die entscheidenden Gründe für einen positiven Bescheid nicht erkannt oder nur verkürzt weitergeben wollen. Bei der Verlesung, die der Kläger nur beschränkt verstanden habe, und der anschließenden Unterzeichnung des Gesprächsprotokolls habe der Kläger dies nicht erkennen können. Der Kläger habe während der Zeit seiner Tätigkeit seine Familie im Hintergrund gehalten und versuche derzeit, sie an einem unbekannten Ort versteckt zu halten. In einer Zeit, in der der überwiegende Teil der Asylbewerber muslimischen Hintergrund habe, dabei vielfach auch aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa komme, sollte es einer christlich geprägten Rechtsprechung ein signifikantes Anliegen sein, dass sie insbesondere den aus religiösen Gründen verfolgten Menschen eine Zufluchtsstätte biete.

Der Klägerbevollmächtigte beantragte mit Schreiben vom 5. November 2014 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Mit Beschluss vom 31. März 2015 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 76 Abs. 1 AsylVfG).

Zur Begründung der Klage führte der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 22. April 2015 u. a. aus, der Kläger sei nicht Mitglied, sondern Anhänger und Sympathisant der Partei PDP gewesen. Der Kläger habe bei seinen Predigten und seiner Missionsarbeit auch - neben seinen religiösen Schriften und Bibeln - kostenlose, von Kirchenmitgliedern und Unterstützern gespendete Lebensmittel an die Zuhörer verteilt bzw. verteilen lassen. Offensichtlich sei es gerade dieser Aspekt der missionarischen und religiösen Aktivitäten des Klägers gewesen, der seine muslimischen Gegenspieler besonders verärgert habe, weil sie selbst in Nigeria durch Wohlfahrtsaktivitäten sowohl Nichtmuslime anzusprechen als auch praktizierende Muslime in ihrer religiösen Ausrichtung zu bestärken versuchten. Der Kläger sei als christlicher Prediger nicht nur in ..., sondern auch mit teilweise mehrtägigen Kampagnen auch in anderen Teilen Nigerias aktiv gewesen. Entgegen den Ausführungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid sei es naheliegend, wenn Personen, die den Kläger bedrohen wollen oder sollen, mit einem Bild des Klägers in dem Stadtteil unterwegs sind, in dem er wohnt und hauptsächlich als Prediger aktiv ist. Man könne auch davon ausgehen, dass das Ziel dieser Personen hauptsächlich darin bestanden habe, die missionarischen Aktivitäten des Klägers gegenüber Andersgläubigen (insbesondere Moslems) zu behindern bzw. zu unterbinden. Dazu sei es nicht zwingend erforderlich, den Kläger zu erschießen. Das Ziel, was schließlich auch erreicht worden sei, nämlich die Beendigung der Aktivitäten des Klägers habe insofern mit einem weitaus geringeren Risiko erreicht werden können, als es bei einer Ermordung des Klägers der Fall gewesen wäre. Dass der Kläger sich persönlich bedroht gesehen habe, sei nachvollziehbar, weil er in einem Fall auch beraubt worden sei und in einem anderen Fall auch Schüsse abgegeben worden seien, durch die ein neben ihm Stehender verletzt worden sei. Unter Umständen sei dieser Vorfall nur eine in ... nicht seltene anderweitige kriminelle Aktion gewesen, die mit dem Kläger selbst nichts zu tun gehabt habe. Nach dem Vorfall vom 28. Februar 2012 habe sich der Kläger dazu entschlossen, auch zur Sicherheit seiner Familienmitglieder, die Wohnung zu wechseln. Deshalb habe er, als er nach seinem ersten Aufenthalt in Deutschland nach Nigeria zurückkehrte, seine Familie, in der Hoffnung, nicht unmittelbar gefährdet zu sein, aufsuchen können. Grund der Rückkehr sei eine schwere Erkrankung seines einjährigen Sohnes ... gewesen, der aufgrund fehlender finanzieller Mittel von nigerianischen Ärzten nicht behandelt worden sei. Der Kläger sei in Nigeria aufgrund seiner Beziehungen in der Lage gewesen, die finanziellen Mittel für die Behandlung seines Sohnes bei Bekannten zu beschaffen. Seine frühere Tätigkeit als medizinischer Laborant habe geholfen, die entsprechenden Medikamente zu besorgen. Nachdem es dem Sohn des Klägers besser gegangen sei, hätten Freunde und Familienmitglieder den Kläger eindringlich aufgefordert, Nigeria zu seiner Sicherheit erneut zu verlassen, da weiterhin nach ihm gesucht werde. Daher habe sich der Kläger erneut ein Visum besorgt und sei nach Deutschland gegangen, um hier einen Asylantrag zu stellen. Diesem Schreiben waren zwei nigerianische Zeitungen mit Artikeln über den Kläger, verschiedene Fotos zu Aktivitäten des Klägers in Nigeria und sechs Kopien (Vorder-/Rückseite) seiner Broschüren beigelegt.

Mit Beschluss vom 23. April 2015 wurde der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Inder mündlichen Verhandlung am 6. Mai 2015 wurde der Kläger informatorisch angehört. Der Klägerbevollmächtigte beantragte:

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. Oktober 2014 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und ihn als Asylberechtigten anzuerkennen,

hilfsweise:

Dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,

weiter hilfsweise:

Die Beklagte zu verpflichten, beim Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten auf den gesamten Inhalt der Gerichts- und Behördenakte sowie auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2015 und auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisgrundlagen Bezug genommen.

Gründe

Die nach § 76 Abs. 1 AsylVfG zuständige Einzelrichterin konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. § 77 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz/AsylVfG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG und auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Grundgesetz (GG) ( nachfolgend: 1.). Es ist ihm weder der subsidiäre Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen (nachfolgend: 2.), noch liegen in seiner Person nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vor (nachfolgend: 3.).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG und für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsyVfG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylVfG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylVfG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylVfG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylVfG).

Bei der Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine "qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - NVwZ 2013, 936/940;VG München, U. v. 28.1.2015 - M 12 K 14.30579 - juris, Rn. 23). Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bedroht werden. Dadurch wird der Antragsteller, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden (VG München, U. v. 30.1.2015 - M 23 K 11.30180 - juris, Rn. 24). Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-)Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus (VG Köln, U. v. 26.2.2014 - 23 K 5187/11.A - juris, Rn. 26).

Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. dazu VGH BW, U. v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U. v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Begehren des Klägers nicht zum Erfolg. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger vor seiner Ausreise aus Nigeria oder im Falle einer Rückkehr nach Nigeria landesweit von politischer Verfolgung betroffen war bzw. bedroht sein würde.

Unabhängig von der Frage, ob die behauptete Verfolgung durch fundamentalistische /radikale Moslems, also durch nichtstaatliche Akteure, im Hinblick auf § 3d und § 3e AsylVfG überhaupt als „politische“ Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG oder Art. 16a GG zu werten ist, geht das Gericht nach der ausführlichen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass er sein Heimatland unverfolgt verlassen hat. Es hält das Vorbringen des Klägers zu seinem Verfolgungsschicksal für unglaubhaft.

Diese Überzeugung des Gerichts folgt daraus, dass der Kläger in beiden Anhörungen, nämlich beim Bundesamt einerseits sowie in der mündlichen Verhandlung andererseits, in wesentlichen Punkten unterschiedliche Angaben gemacht hat und insbesondere sein Vorbringen erheblich gesteigert hat. Zudem stellt sich seine Ausreise aus Nigeria nicht als Flucht vor unmittelbar drohender Verfolgung dar, sondern als längerfristig und gut geplante Ausreise.

Beim Bundesamt hat der Kläger angegeben, der Überfall auf ihn am 28. Februar 2012 sei ausschlaggebend dafür gewesen, seine Flucht aus Nigeria vorzubereiten (vgl. Bundesamtsprotokoll, S. 6, 2. Absatz). Zu diesem Überfall trug der Kläger vor, als er einen Einkauf tätigen wollte, seien ihm auf offener Straße bewaffnete Personen entgegengekommen, die eine seiner Broschüren in der Hand hielten. Er sei geflohen, die Personen hätten ihn verfolgt, letztendlich sei ihm die Flucht aber gelungen (vgl. Bundesamtsprotokoll, S. 5, Vortrag nach der Pause). In der mündlichen Verhandlung konnte sich der Kläger an diesen angeblichen Überfall zunächst nicht einmal mehr erinnern, sondern gab an, er sei im Februar 2012 umgezogen und in diesem Zeitraum bzw. kurz davor habe es keinen Angriff von Moslems auf ihn gegeben. Der letzte Angriff auf ihn habe im Oktober 2011 stattgefunden (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 8, letzter Absatz). Erst nach diesem Vortrag kam dem Kläger wohl wieder in Erinnerung, dass er beim Bundesamt hierzu andere Angaben gemacht hatte. Augenscheinlich um die Erinnerungslücke zu kaschieren, gab er nunmehr an, dass es am 28. Februar 2012 doch einen Vorfall gegeben habe, aber kein ernsthafter Angriff vorgelegen habe, nichts besonders Gefährliches passiert sei (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 9, 1. Absatz). Im Widerspruch hierzu hatte er aber beim Bundesamt den Überfall vom 28. Februar 2012 als so gravierend bzw. gefährlich bezeichnet, dass er Anlass gewesen sei, sein Heimatland zu verlassen - „Spätestens hier war mir klar, dass ich mein Heimatland verlassen muss und mein Leben akut in Gefahr war.“ (vgl. Bundesamtsprotokoll, S. 5).

Dass ein Vorfall am 28. Februar 2012 nicht stattgefunden hat, sondern im Hinblick auf die Zeitpunkte der Reisen nach Deutschland (April 2012 und Juni 2012) lediglich aus asyltaktischen Gründen behauptet bzw. erfunden wurde, ergibt sich auch daraus, dass der Kläger im gerichtlichen Verfahren vortragen ließ, der Vorfall vom 28. Februar 2012 sei der Anlass gewesen, die Wohnung zu wechseln (vgl. Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 22.4.2015, S. 3, Punkt 4.: „Nach dem Vorfall vom 28. Februar 2012 hat sich der Kläger entschlossen, zur Sicherheit, insbesondere auch zur Sicherheit des Lebens seiner Familienmitglieder, die Wohnung zu wechseln.“). Dieser Zusammenhang zwischen einem Vorfall vom 28. Februar 2012 und einem anschließenden Umzug war dem Kläger in der mündlichen Verhandlung aber augenscheinlich auch nicht mehr erinnerlich. Denn zu Beginn seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung hatte er angegeben, er sei bereits Anfang Februar 2012 umgezogen (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 3, 1. Absatz: „Bis ca. Februar 2012 haben meine Familie und ich unter der Adresse: ... Street, ... Estate, ... Road, ..., gelebt. Dann sind wir Anfang Februar 2012 an die Adresse umgezogen, die ich beim Bundesamt genannt habe, nämlich nach Nr. ... ... Street, ....“).

Bei einer Bedrohung des eigenen Lebens, die den Kläger dazu veranlasst haben soll, auch zur Sicherheit seiner Familienmitglieder, nicht nur seine Wohnung zu wechseln, sondern auch das Verlassen seines Heimatlandes vorzubereiten, ist aber zu erwarten, dass ein solches Geschehen - anders als alltägliche Situationen - nachhaltig im Gedächtnis bleibt und detailgetreu wiedergegeben wird.

Zum Umzug des Klägers bleibt anzumerken, dass beide Adressen in ... liegen und nicht weit voneinander entfernt sind. Die bis Februar 2012 innegehabte Adresse lag im Gebiet ..., welches ca. 5 km westlich des Stadtteils ... liegt. Die danach bezogene Adresse befindet sich in ..., einem lokalen Verwaltungsgebiet von .... Hätte der Kläger tatsächlich Lebensgefahr für sich (und seine Familie) befürchtet, dann wäre zu erwarten gewesen, dass er sich wesentlich weiter vom Gefahrenort entfernt, z. B. in das Gebiet der Stadt ..., in den ca. 400 km entfernten Bundesstaat ... umzieht, in dem er geboren wurde und wo auch ein Teil seiner Verwandtschaft lebt.

Die widersprüchlichen Angaben sowohl zum angeblichen Vorfall vom 28. Februar 2012 als auch zum Zeitpunkt bzw. Anlass des Umzugs zeigen damit nicht nur, dass diese Angaben nicht der Wahrheit entsprechen. Sie zeigen vielmehr auch, dass bereits die erste Reise des Klägers nach Deutschland - im April 2012 - in keinem nahen zeitlichen Zusammenhang mit einem tatsächlichen Verfolgungsgeschehen stand. Denn auf ihn zielende Angriffe in einem noch als nah zu bezeichnenden zeitlichen Zusammenhang mit der Ausreise am 17. April 2012 bzw. 19. Juni 2012 hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger hierzu angegeben, er habe seine verfolgungsauslösende Tätigkeit bei den ... im Oktober 2011 eingestellt (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 7), und der letzte Angriff von Moslems auf ihn habe im Oktober 2011 (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 8, letzter Absatz), also ca. ein halbes Jahr vor der (ersten) Reise nach Deutschland, stattgefunden. Eine ernsthafte Verfolgungs- oder Bedrohungssituation im Oktober 2011 erscheint aber schon deswegen als unglaubhaft, da der der Kläger ein derartiges Geschehen („Angriff in unserer Kirche“, vgl. Sitzungsprotokoll, S. 8, letzter Absatz) erstmals in der mündlichen Verhandlung behauptet hat. Beim Bundesamt hat der Kläger dagegen - außer dem als unglaubhaft zu bewertenden Vorfall vom 28. Februar 2012 - nur Ereignisse benannt, die sich am 4. März 2011, 22. April 2011, 23. Mai 2011 und 3. Juni 2011 - also lange vor der Ausreise im April 2012 - zugetragen haben sollen. Selbst in der Klagebegründung vom 22. April 2015 hat der Kläger einen Angriff auf ihn bzw. auf seine Gemeinde oder Kirche, der sich im Oktober 2011 ereignet haben soll, nicht vortragen lassen.

Die Angaben des Klägers beim Bundesamt, selbst wenn sie als wahr unterstellt werden, drängen vielmehr den Eindruck auf, dass Angriffe im Jahr 2011 zum einen Folge der in Nigeria herrschenden alltäglichen Gewalt und Kriminalität und nicht Folge der Aktivitäten des Klägers als Prediger/Pastor waren, was sich insbesondere aus den Schilderungen des Klägers zu den Vorfällen vom 22. April 2011(bewaffnete Personen hätten ihn zuerst erschießen wollen, ihm dann aber etwas Wertvolles weggenommen) und 3. Juni 2011 (Schüsse beim Besuch einer Firma, die einen Umstehenden im Bein trafen) ergibt (vgl. Bundesamtsprotokoll, S. 5). Zum anderen zeigt die Schilderung des Klägers zum Vorfall vom 23. Mai 2011 - Bedrohung durch angeblichen professionellen Mörder -, selbst wenn dieser als wahr unterstellt wird, dass der Kläger lediglich eingeschüchtert, aber nicht ernsthaft verletzt oder gar getötet werden sollte. Nach eigenen Angaben hat der Kläger nämlich seine Aktivitäten bei den ... nach dem Vorfall vom 23. Mai 2011 trotzdem bis Oktober 2011 fortgeführt und hat - wiederum nach eigenen Angaben - erst Anfang Februar 2012 die dem professionellen Mörder bekannte Adresse gewechselt, ohne dass bis dahin ein weiterer Angriff auf ihn stattgefunden hätte. Damit hätte eine Bedrohung des Klägers zuletzt am 23. Mai 2011 stattgefunden. Eine asylrelevante Verfolgung/Bedrohung des Klägers im zeitlichen Zusammenhang mit den ca. ein Jahr später erfolgten Ausreisen im April 2012 oder Juni 2012 ist damit nicht erkennbar.

Dass der Kläger Nigeria nicht aufgrund einer asylrelevanten Verfolgung verlassen hat, ergibt sich auch aus Folgendem:

Erstmals in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger vorgetragen, dass ein Mitglied der ... namens ... zum christlichen Glauben übergetreten sei. Nachdem ... ab Oktober 2011 die Arbeit des Klägers bei den ... fortgeführt habe, sei er am 2. Dezember 2011 umgebracht worden (vgl. Bundesamtsprotokoll, S. 7).

Erstmals in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auch vorgetragen, ein zu den ... gehörender junger Mann namens ... sei aufgrund der Aktivitäten des Klägers zum christlichen Glauben übergetreten. ... habe aber gute Kontakte zu den Moslems gehabt, die geglaubt hätten, er gehöre zu ihnen. ... habe ihn immer darüber informiert, in welcher Weise die Moslems, die Verbindungen zu Boko Haram gehabt hätten, gegen ihn vorgehen wollten. ... habe ihm auch gesagt, dass die Moslems, auch nachdem er seine Aktivitäten/Meetings bei den ... im Oktober 2011 eingestellt habe, immer noch nach ihm suchen würden. Er habe ... extra ein Guthaben auf dessen Handy finanziert, damit dieser ihn zu jeder Zeit anrufen und über geplante Angriffe informieren könne (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 8, 9).

Diese Angaben können nur als frei erfunden bewertet werden. Insoweit drängt sich der Eindruck geradezu auf, dass der Kläger mit diesen vollkommen neuen Angaben in der mündlichen Verhandlung, die zudem eine erhebliche Steigerung seines bisherigen Vorbringens darstellen, lediglich auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes reagieren bzw. die erkannten „Schwachstellen“ seines bisherigen Vorbringens nachträglich korrigieren wollte. Hätten sich diese Ereignisse tatsächlich zugetragen, dann wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger so einschneidende Vorkommnisse - Ermordung seines Nachfolgers, Vorhandensein eines Informanten unter den radikalen Moslems -, wenn sie denn wahr wären, bereits beim Bundesamt geschildert hätte. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger beim Bundesamt keine Gelegenheit zu diesem Vortrag gehabt hätte oder der Dolmetscher den Vortrag des Klägers nicht korrekt wiedergegeben hätte, wie im Schreiben der Landeskirchlichen Gemeinschaft vom 3. November 2014 behauptet wurde, sind nicht erkennbar. Vielmehr ist festzustellen, dass der Kläger bei der Anhörung von einer Vertrauensperson, Frau ... von ..., begleitet wurde und die Anhörung in der Sprache Englisch stattfand, die der Kläger ausweislich der mündlichen Verhandlung gut beherrscht. Dass der Kläger unter diesen Umständen wesentliche Punkte seiner Verfolgungsgeschichte nicht hätte vortragen können oder solche Punkte aufgrund eines Dolmetscherverschuldens nicht ins Bundesamtsprotokoll übernommen worden wären bzw. solches nicht bemerkt worden wäre, erscheint ausgeschlossen.

Auch die Tatsache, dass der Kläger nach seiner ersten (legalen) Einreise nach Deutschland am 17. April 2012 am 30. April 2012 wieder nach Nigeria zurückkehrte, zeigt deutlich, dass er selbst eine asylrelevante Verfolgung in seinem Heimatland nicht befürchtete, sondern eine Migration nach Deutschland mit den Mitteln des Asylrechts sorgfältig vorbereitet und geplant hat.

In der Klagebegründung vom 22. April 2015 (S. 3) ließ der Kläger als Grund für seine Rückkehr vortragen, sein jüngstes Kind sei schwer erkrankt und er habe sich in Nigeria um die Bezahlung der Krankenhausbehandlung kümmern müssen. In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger als weiteren Grund an, er habe sich deswegen entschlossen, nach Nigeria zurückzukehren, weil er sich, nachdem seine Frau mit dem erkrankten Kind ins Krankenhaus gegangen sei, um seine allein in der Wohnung zurückgebliebenen drei weiteren Kinder habe kümmern müssen (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 4/5). Diese Erklärungsversuche überzeugen nicht.

Den behaupteten Rückehranlass, die erforderlichen finanziellen Mittel für die Krankenhausbehandlung in Nigeria beschaffen zu müssen, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung durch seine eigenen Angaben widerlegt. Er führte nämlich aus, dass er von Deutschland aus mit mehreren Gemeindemitgliedern telefoniert und erreicht habe, dass Gemeindemitglieder das für die Behandlung seines Kindes erforderliche Geld im Krankenhaus hinterlegt haben (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 5, 2. Absatz).

Völlig lebensfremd ist die Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass er zur Betreuung seiner drei weiteren Kinder nach Nigeria habe zurückkehren müssen (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 4).Die Behauptung, dass es weder dem Kläger (durch telefonische Kontakte) noch seiner Ehefrau möglich gewesen sein soll, rasch eine zuverlässige Betreuung seiner drei weiteren Kinder zu organisieren, sondern dass hierfür - vier Tage nachdem der Kläger am 26. April 2012 von der Erkrankung erfahren habe - der Rückflug des Klägers erforderlich gewesen sein soll, kann angesichts der vom Kläger selbst dargestellten guten Kontakte zu seinen Gemeindemitgliedern und angesichts des langjährigen Aufenthalts des Klägers und seiner Ehefrau im Großraum ... nur als absurd und (schlecht) erfunden gewertet werden.

Damit drängt es sich geradezu auf, dass der Kläger am 30. April 2012 (nur) deswegen nochmals nach Nigeria zurückgekehrt ist, um letzte Vorbereitungen für seine beabsichtigte Migration nach Deutschland zu treffen.

Der Kläger muss bei einer Rückkehr in sein Heimatland auch nicht deswegen Verfolgungshandlungen befürchten, weil er im Bundesgebiet einen Asylantrag gestellt hat. Die Asylantragstellung ist nach der derzeitigen politischen Lage als solche kein Grund, der seinerseits politische Verfolgung nach sich zieht (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte zu Nigeria vom 28. November 2014, 28. August 2013, vom 6. Mai 2012 und 7. März 2011, jeweils Ziffer IV.2.).

Der Kläger hat damit auch keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne von Art. 16a GG. Auch insoweit wäre nämlich die Feststellung der beachtlichen Gefahr einer politischen Verfolgung notwendig.

2. Der hilfsweise beantragte (unionsrechtliche) subsidiäre Abschiebungsschutz nach § 4 AsylVfG (zuvor § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG a. F.) bleibt ohne Erfolg.

Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist - wie bereits oben dargelegt - der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Eine konkrete Gefahr, dass die Kläger im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG in Nigeria Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen werden könnte, ist nicht erkennbar. Der Kläger wird in Nigeria auch nicht wegen einer Straftat gesucht, die mit der Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe verbunden ist (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG). Schließlich ist der Kläger im Falle seiner Rückkehr nicht der erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG). Dies kann auch nicht im Hinblick auf die religiös motivierten Auseinandersetzungen in Nigeria angenommen werden. Die immer wieder aufkommenden, gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen christlichen und muslimischen Gruppen bzw. die Angriffe und Auseinandersetzung mit der Gruppierung Boko Haram sind überwiegend regional begrenzt und weisen nicht die Merkmale eines innerstaatlichen Konflikts i. S. der Vorschrift und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auf (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -; U. v. 27.4.2010 - 10 C 4/09 -; U. v. 24.6.2008 - 10 C 43/09 - jeweils juris). Das Ausmaß dieser Konflikte ist in Intensität und Dauerhaftigkeit nicht mit Bürgerkriegsauseinandersetzungen oder Guerillakämpfen, die in Nigeria nicht festzustellen sind, vergleichbar (vgl. dazu: Auswärtiges Amt, Lageberichte zu Nigeria vom 28. November 2014, 28. August 2013, vom 6. Mai 2012 und 7. März 2011, jeweils Ziffer II.3.).

3. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist nicht gegeben. Es sind insbesondere nach dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass ihm in Nigeria eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. von Art. 3 EMRK durch den Staat oder eine staatsähnliche Organisation landesweit droht.

Auch die Voraussetzungen eines (zielstaatsbezogenen) Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vermag das Gericht nicht festzustellen. Danach soll von der Abschiebung in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

Dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria, entgegen seinem Vortrag, von Seiten radikaler Moslems keine asylerheblichen Gefahren für Leib und Leben drohen, wurde bereits unter 1. ausführlich dargelegt.

Auch die Erkrankung des Klägers an einer arteriellen Hypertonie rechtfertigt nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Medikamente zur Behandlung dieser Erkrankung sind in Nigeria in Apotheken erhältlich. In Großstädten existiert eine medizinische Grundversorgung, allerdings in der Regel weit unter europäischem Standard. Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zu Nigeria vom 28. November 2014, IV., 1.3 und 1.4).

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 6. Oktober 2014 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Nach allem war die Klage abzuweisen.

4. Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung nach Nigeria gemäß § 34 AsylVfG i. V. m. § 59 AufenthG ist ebenfalls rechtmäßig, weil der Kläger nicht als Asylberechtigter anerkannt, ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt worden ist, ihm kein subsidiärer Schutz gewährt wird, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen und er keinen - asylunabhängigen - Aufenthaltstitel besitzt. Die Ausreisefrist von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens ergibt sich aus § 38 Abs. 1 AsylVfG.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 83b Abs. 1 AsylVfG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 28/01/2015 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitslei
published on 30/01/2015 00:00

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 10. Februar 2011 wird in den Nrn. 3 und 4 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger subsidiären Schutz (§ 4 Abs. 1 AsylVfG) zuzuerkennen.
published on 26/02/2014 00:00

Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 07.09.2011 wird in Nr. 3 insoweit aufgehoben, als festgestellt wurde, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 3 AufenthG a.F. (§ 60 Abs. 2 S. 1 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 1,
published on 17/11/2011 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm im Irak drohender Gefahren.
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published on 13/05/2016 00:00

Tenor I. Die Klagen werden abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig voll
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.