Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Beklagten, dass er das Recht auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verloren hat, sowie eine damit verbundene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung. Ergänzend begehrt er, ihm sein Daueraufenthaltsrecht zu bescheinigen.
Der im ... 1970 geborene Kläger ist rumänischer Staatsangehöriger. Er steht derzeit wegen einer psychischen Krankheit unter Betreuung (s. Betreuerausweis vom 15.11.2016 – Az: ...; psychiatrisches Gutachten vom 10.10.2016). Ausweislich des vorgelegten Nachweises wurde mit Bescheid des Versorgungsamtes (vom 6.3.2017) ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt; nach der versorgungsärztlichen Beurteilung liegen folgende Gesundheitsstörungen vor: Hauterkrankung (in Heilungsbewährung) sowie Alkoholkrankheit seelische Krankheit.
Der Kläger reiste erstmals am 12. Oktober 2011 nach Deutschland ein und meldete sich zunächst in T. an, am 22. November 2011 zog er nach ... Mit Schreiben vom 23. Januar 2012 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass er für einen längerfristigen Aufenthalt (über 3 Monate) eine Freizügigkeitsbescheinigung benötige und bat um Vorlage eines gültigen Nationalpasses, eines biometrischen Passbildes, eines Arbeitsvertrages und eines Nachweises der Krankenversicherung bzw. eines Nachweises über ausreichende Existenzmittel; eine Äußerung erfolgte hierauf nicht.
Der Kläger war während folgender Zeiten als Arbeitnehmer beschäftigt:
23. Juli bis 23. November 2012 als Sägewerksmitarbeiter im Sägewerk,
10. Juni bis 15. September 2013 als Helfer bei der Baufirma ... GmbH,
17. März bis 17. Juli 2014 als Helfer bei diversen Firmen über die Zeitarbeitsfirma ....
Nach Mitteilung des Jobcenters ... (vom 13.1.2016, Bl. 50 der Behördenakte) befand sich der Kläger seit dem 1. November 2013 im Leistungsbezug nach dem SGB II; er habe während der o.g. Beschäftigungen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erwirkt und sei fast seit Beginn des Leistungsbezugs arbeitsunfähig.
Im Rahmen eines Anhörungsschreibens zu einer möglichen Verlustfeststellung seines Freizügigkeitsrechts mit Schreiben vom 3. März 2016 bat das Landratsamt um Vorlage von Nachweisen über Bewerbungsversuche, eines Krankenversicherungsnachweises und eines gültigen rumänischen Reisepasses oder einer ID-Card. Der Kläger teilte daraufhin mit Schreiben vom 21. März 2016 mit, an beiden Ellenbogen operiert worden zu sein und daher momentan nicht arbeiten zu können. Er werde versuchen, sich so schnell wie möglich um eine neue Arbeit zu bemühen. Momentan besuche er einen Sprachkurs in .... Neben einer Teilnahmebescheinigung des Sprachinstituts ... und einem Entlassungsbericht des Stiftungskrankenhauses ... vom 26. November 2015 legte der Kläger die Kopie einer rumänischen Identitätskarte sowie die Kopie einer Krankenversichertenkarte der ...K bei.
Das Jobcenter teile auf Anfrage der Ausländerbehörde, ob noch Aussicht auf Beschäftigung bestehe, mit Schreiben vom 13. Juni 2016 mit, der Kläger nehme (seit 11.1. bis 8.10.2016) an einem Deutschkurs beim Sprachinstitut ... teil. Während dieser Zeit habe er auf Grund seiner Erkrankung häufige entschuldigte Fehlzeiten gehabt. Die fehlenden Deutschkenntnisse und sein Alkoholproblem seien Vermittlungshemmnisse, welche eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt sehr erschwerten. Auf die ausgehändigten Vermittlungsvorschläge habe er sich größtenteils beworben, Eigenbemühungen könnten forciert werden. Eine dauerhafte Integration sei zum derzeitigen Zeitpunkt eher unwahrscheinlich. Mit Schreiben vom 19. August 2016 teilte das Job-Center mit, dass der Kläger weiterhin den Integrationskurs besuche. Die Leistungen nach dem SGB II seien bis zum 31. Oktober 2016 bewilligt. Der Kläger habe sich bei den Arbeitgebern gemeldet; ein erfolgreicher Abschluss des Integrationskurses wäre für die weitere Arbeitssuche dringend erforderlich.
Mit Telefax vom 8. Oktober 2016 teilte der Betreuer des Klägers mit, dass dieser ein ambulantes Angebot in der psychiatrischen Klinik in ... wahrnehme. Er besuche nun die Tagesklinik. Mit Telefax vom 28. Oktober 2016 teilte der Betreuer die Entlassung des Klägers aus der Tagesklinik mit. Der Kläger wolle einen Kontakt zur Suchtberatung herstellen. Am 14. November 2016 teilte der Betreuer mit, der Kläger nehme derzeit Medikamente, die den Suchtdruck verringerten. Die geplante Dauer der kontinuierlichen Einnahme betrage sechs Monate. Die Medikation habe die zeitweilige Arbeitsunfähigkeit des Klägers zur Folge.
Das Jobcenter teilte mit E-Mail vom 4. Januar 2017 (Bl. 119 f. der Behördenakte) ergänzend mit, dass der Kläger seit dem 7. November 2016 bis zuletzt 3. Januar 2017 regelmäßig Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt habe. Den Sprachkurs habe der Kläger auf Grund der bekannten Suchtproblematik nicht abschließen können. Dieser befinde sich im laufenden Leistungsbezug; auf Vermittlungsvorschläge habe er sich wegen seiner derzeitigen Arbeitsunfähigkeit nicht beworben.
Der Bundeszentralregisterauszug (vom 28.12.2016, Bl. 90 ff. der Behördenakte) weist für den Kläger sechs Eintragungen auf. Die vorletzte Verurteilung erfolgte am 21. September 2015 durch das Amtsgericht ... (...) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten (Bewährungszeit drei Jahre). Dieser lag eine fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr am 31. März 2015 zu Grunde. Die letzte Verurteilung erfolgte am 18. August 2016 durch das Amtsgericht ... (...) wegen einer Nötigung am 3. März 2016 zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 15 EUR.
Mit Bescheid vom 26. Januar 2017 (zugestellt am 1.2.2017) stellte der Beklagte fest, dass der Kläger das Recht auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verloren habe (Nr. 1). Der Kläger wurde aufgefordert, das Bundesgebiet innerhalb eines Monats nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheides zu verlassen (Nr. 2), die Abschiebung nach Rumänien wurde angedroht, falls er seiner Ausreisepflicht nicht fristgerecht nachkomme. Rechtsgrundlage für die Verlustfeststellung sei § 5 Abs. 4 FreizügG/EU. Hiernach könne der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen dieses Rechts innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen seien oder diese nicht vorlägen. Durch die Neufassung des § 5 Abs. 4 FreizügG/EU werde klargestellt, dass eine Verlustfeststellung nicht nur getroffen werden könne, wenn das Freizügigkeitsrecht ursprünglich bestanden habe und später entfallen sei, sondern auch dann, wenn die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU zu keinem Zeitpunkt bestanden hätten (BT-Drs. 18/2581 S. 16). Die in § 5 Abs. 4 FreizügG/EU genannte 5-Jahres-Frist beziehe sich darauf, dass nach Ablauf eines rechtmäßigen fünfjährigen ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet ein Daueraufenthaltsrecht erworben werde. Die Möglichkeit zur Feststellung des Verlustes erlösche mit dem Entstehen eines Daueraufenthaltsrechts. Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU hätten Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Der Formulierung in § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU „unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2“ sei zu entnehmen, dass das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU anknüpfe und nur ein einmal entstandenes Daueraufenthaltsrecht durch einen späteren Wegfall der Voraussetzungen nicht mehr berührt werde (BVerwG, B.v. 13.7.2010 – 1 C 14.09). § 4a FreizügG/EU setze die Vorschriften des Kapitels 4 der Richtlinie 2004/38/EG (sog. Unionsbürgerrichtlinie) um. Nach Art. 16 Abs. 1 RL 2004/38/EG habe jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang im Aufnahmemitgliedsstaat aufgehalten habe, das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Rechtmäßig im Sinne des Unionsrechts sei nur ein Aufenthalt, der im Einklang mit dem in der Unionsbürgerrichtlinie und insbesondere mit den in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie genannten Voraussetzungen stehe. Dass das Daueraufenthaltsrecht einen fünfjährigen, auf Unionsrecht beruhenden rechtmäßigen Aufenthalt voraussetze, folge u.a. aus dem 17. Erwägungsgrund der Unionsbürgerrichtlinie, wonach der Daueraufenthalt den Unionsbürgern zugutekommen soll, die sich gemäß den in der Richtlinie festgelegten Bedingungen fünf Jahre lang ununterbrochen in dem Aufnahmemitgliedsstaat aufgehalten haben (EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-424/10 u.a.). Das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts setze somit unionsrechtlich voraus, dass der Betroffene während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt habe.
Der Kläger erfülle bereits seit etwa zweieinhalb Jahren nicht mehr diese Freizügigkeitsvoraussetzungen. Die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 1a sowie Nr. 2, 3, 4 und 5 FreizügG/EU seien nicht erfüllt. Eine Arbeitnehmertätigkeit könne der Kläger nicht mehr nachweisen, er beziehe nach Mitteilung des Jobcenters (seit 1.11.2013) Leistungen nach dem SGB II, der aktuelle Anspruch betrage 709,00 EUR monatlich zuzüglich Kranken- und Pflegeversicherung. Die Voraussetzungen für das Recht auf Freizügigkeit nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU seien demnach entfallen. Es sei nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu prüfen gewesen, ob die Feststellung des Rechtsverlustes geboten sei. Ein Indiz für das Überwiegen des öffentlichen Interesses gebe der Gesetzgeber anhand der einschlägigen Vorschriften hinsichtlich des Rechts auf Freizügigkeit selbst. Die Bundesrepublik sei ein Sozialstaat; die Sozialstaatlichkeit sei nur aufrecht zu erhalten, wenn die sie stützenden Sozialsysteme vor Überlastung geschützt würden. Ein Zuzug von Hilfsbedürftigen aus dem Ausland in diese Sozialsysteme gefährde neben der reinen Funktionsfähigkeit auch die Akzeptanz der sozialen Sicherungssysteme. Nachdem der Kläger seinen Lebensunterhalt seit mehr als drei Jahren für sich nicht aus eigenen Mitteln bestreiten könne, bestehe die dringende Annahme, dass er für unbestimmte Dauer auf staatliche Fürsorgeleistungen angewiesen wäre. Der Kläger habe ein erhebliches Alkoholproblem, das noch nicht erfolgreich therapiert worden sei und verfüge über keine ausreichenden Deutschkenntnisse, die ihm auf dem Arbeitsmarkt weiterhelfen könnten. Vorsprachen beim Jobcenter könne er lediglich mit einem Dolmetscher bewältigen; bei einem Beratungsgespräch (am 13.1.2016) sei er der Kundenberaterin alkoholisiert entgegengetreten. Dem Kläger sei es zuzumuten, sich in seinem Heimatland oder in einem anderen EU-Staat um Arbeit und Einkommen zu bemühen. Es sei ihm ebenso zumutbar, in seinem Heimatstaat Rumänien Sozialleistungen in dem dort gewährten Rahmen zu beziehen. Die Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit liege daher im öffentlichen Interesse. Demgegenüber verfüge der Kläger nicht über schutzwürdige persönliche, wirtschaftliche oder sonstige Bindungen im Bundesgebiet. Weiterhin könne sich ein Ausländer grundsätzlich auf die Regelung des Art. 8 Abs. 2 EMRK berufen, wenn er faktisch zu einem Inländer geworden sei. Dies treffe jedoch beim Kläger schon auf Grund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer nicht zu. Er werde von den Folgen der Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nicht unverhältnismäßig getroffen. Im Übrigen sei die Integration des Klägers nicht nur wirtschaftlich gescheitert; er sei während seines Aufenthalts im Bundesgebiet wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Auf Grund der raschen Folge strafrechtlicher Verfehlungen dürften insbesondere auf Grund der nicht therapierten Alkoholabhängigkeit auch in Zukunft ähnliche Delikte zu erwarten sein. Nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU sei der Kläger zur Ausreise verpflichtet, die gesetzte Ausreisefrist sei im Hinblick auf die bisherige Aufenthaltsdauer angemessen.
Der Kläger erhob hiergegen am 28. Februar 2017 Klage; nachdem er ursprünglich nur die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides begehrte, beantragte er zuletzt:
Der Bescheid des Beklagten vom 26. Januar 2017 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Bescheinigung über dessen Daueraufenthaltsrecht auszustellen.
Hinsichtlich der Begründung wurde zunächst auf den Akteninhalt verwiesen. Eine weitergehende Begründung ist entgegen der Ankündigung auch nach erfolgter Akteneinsicht nicht erfolgt.
Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
Ausweislich der vorgelegten Behördenakte, teilte das Jobcenter auf Anfrage des Beklagten mit E-Mail vom 14. März 2017 (Bl. 120 der Behördenakte) mit, dass die Leistung ALG II ab 1. März 2017 aufgrund des Verlustes der Freizügigkeit aufgehoben worden sei; zu den beantworteten Fragen hätten sich keine Änderungen ergeben, bis 17. März 2017 habe eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen. Der Beklagte teilte ergänzend mit, das Jobcenter habe mitgeteilt, dass der Kläger nach einem Telefax seines Betreuers seit 18. September 2017 krank bzw. stationär im Bezirkskrankenhaus sei. Eine Rückmeldung sei noch nicht erfolgt; das Jobcenter beabsichtige, dem Kläger in den nächsten Tagen eine Einladung zur Überprüfung der Verfügbarkeit zuzusenden.
Der Betreuer des Klägers reichte Bescheinigungen nach, danach befand sich der Kläger stationär (vom 13. bis zum 18.9.2017) im Bezirkskrankenhaus und anschließend (bis 20.9.2017) in der Klinik in ....
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss vom 25. Oktober 2017 abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg; dies gilt auch für den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger eine Bescheinigung über dessen Daueraufenthaltsrecht auszustellen.
I.
Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere auch hinsichtlich der Verlustfeststellung – als feststellendem Verwaltungsakt – statthaft (vgl. BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22/14 – NVwZ-RR 2015, 910 juris Rn. 12).
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Landratsamtes ... vom 26. Januar 2017 ist rechtmäßig, er leidet an keinem Ermessensfehler und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 113 Abs. 1 Satz 1, 114 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Feststellung des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Insoweit gilt Gleiches wie für andere aufenthaltsrechtliche Entscheidungen, die Grundlage einer Aufenthaltsbeendigung sein können (vgl. BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22/14 – NVwZ-RR 2015, 910; U.v. 3.8.2004 – 1 C 30.02 – BVerwGE 121, 297 für Ausweisungen von Unionsbürgern nach altem Recht).
1. Die in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids gemäß § 5 Abs. 4 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU – FreizügG/EU) erfolgte Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt erweist sich als rechtmäßig. Der Beklagte konnte den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt (§ 2 Abs. 1 FreizügG/EU) nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU feststellen; der Kläger hielt sich im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides noch nicht fünf Jahre ständig rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
a) Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen dieses Rechts innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen sind oder diese nicht vorliegen; § 4a Abs. 6 FreizügG/EU gilt entsprechend (§ 5 Abs. 4 Satz 2 FreizügG/EU). Durch die Neufassung dieser Regelung wurde klargestellt, dass eine Verlustfeststellung nicht nur getroffen werden kann, wenn das Freizügigkeitsrecht ursprünglich bestanden hat und später entfallen ist, sondern auch dann, wenn die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU zu keinem Zeitpunkt bestanden haben (vgl. BT-Drs. 18/2581 S. 16; BayVGH, U.v. 18.7.2017 – 10 B 17.339 – juris Rn. 24). Die vorgenannte Fünfjahresfrist bezieht sich darauf, dass nach Ablauf eines rechtmäßigen fünfjährigen ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet ein Daueraufenthaltsrecht erworben wird. Die Möglichkeit zur Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU erlischt demnach mit dem Entstehen eines Daueraufenthaltsrechts (vgl. BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22/14 – NVwZ-RR 2015, 910 juris Rn. 16).
Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU haben Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Der Formulierung „unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2“ ist zu entnehmen, dass nicht jeder nach nationalem Recht rechtmäßige Aufenthalt hierfür ausreicht, sondern das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU anknüpft und nur ein einmal entstandenes Daueraufenthaltsrecht durch einen späteren Wegfall der Voraussetzungen nicht mehr berührt wird (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22/14 – NVwZ-RR 2015, 910 juris Rn. 16 m.w.N.).
Die Regelung des § 4a FreizügG/EU setzt die Vorschriften des Kapitels IV der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl EU Nr. L 158 S. 77 – sog. Unionsbürgerrichtlinie – im Folgenden: RL 2004/38/EG), um. Nach Art. 16 Abs. 1 RL 2004/38/EG hat jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist rechtmäßig im Sinne des Unionsrechts nur ein Aufenthalt, der im Einklang mit den in der Richtlinie 2004/38/EG und insbesondere mit den in Art. 7 Abs. 1 RL 2004/38/EG aufgeführten Voraussetzungen steht (vgl. EuGH, U.v. 11.11.2014 – C-333/13, Dano – NVwZ 2014, 1648 Rn. 71; U.v. 8.5.2013 – C-529/11, Alarape und Tijani – InfAuslR 2013, 262 Rn. 35; U.v. 6.9.2012 – C-147/11 u.a., Czop u.a. – juris Rn. 35, 38; U.v. 21.12.2011 – 21.12.2011 – C-424/10, C 425/10, Ziolkowski und Szeja – Slg. 2011, I-14035 Rn. 46). Dass das Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU einen fünfjährigen, auf Unionsrecht beruhenden rechtmäßigen Aufenthalt voraussetzt, folgt u.a. aus dem 17. Erwägungsgrund RL 2004/38/EG, wonach der Daueraufenthalt den Unionsbürgern zugutekommen soll, die sich gemäß den in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen fünf Jahre lang ununterbrochen in dem Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – 21.12.2011 – C-424/10, C 425/10 – Slg. 2011, I-14035 Rn. 42; vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22/14 – NVwZ-RR 2015, 910 juris Rn.16).
Eine Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU ist demnach nicht bereits dann ausgeschlossen, wenn ein Unionsbürger sich fünf Jahre ständig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Das Entstehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU setzt vielmehr voraus, dass der Betroffene während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 RL 2004/38/EG erfüllt hat (vgl. BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22/14 – NVwZ-RR 2015, 910 juris Rn. 17; U.v. 31.5.2012 – 10 C 8.12 – Buchholz 402.261 § 4a FreizügG/EU Nr. 3 Leitsatz 1 und Rn. 16). Dies ist im Fall des Klägers nicht der Fall.
b) Der streitgegenständliche Bescheid vom 26. Januar 2017 findet seine Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU. Die Entscheidung des Beklagten ist auch ermessensfehlerfrei, insbesondere ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
aa) Der Beklagte konnte im Zeitpunkt des Bescheidserlasses im Januar 2017 den Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU feststellen, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch kein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU i.V.m. Art. 16 oder Art. 17 RL 2004/38/EG erworben hatte. Abzustellen ist dabei darauf, ob im Zeitpunkt der Verlustfeststellung bereits ein Daueraufenthaltsrecht entstanden war (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2017 – 10 B 17.339 – juris Rn. 26 f.). Nach dem Wirksamwerden des Verlustfeststellungsbescheids – also mit ordnungsgemäßer Bekanntgabe (vgl. Art. 43 BayVwVfG) – kann der Betroffene nicht mehr allein durch den weiteren Aufenthalt und die auf dem Unionsbürgerstatus beruhende Freizügigkeitsvermutung in den Status eines Daueraufenthaltsberechtigten hineinwachsen, weil durch die Verlustfeststellung die Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts endet. Dass für die Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nur die Wirksamkeit der Verlustfeststellung maßgeblich ist, ergibt sich schon aus der Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU; diese Vorschrift (a.F. vom 30.7.2004) sah das Entstehen der Ausreisepflicht erst mit der Unanfechtbarkeit der Feststellungsentscheidung vor. Mit dem ersten Richtlinienumsetzungsgesetz (vom 19.8.2007, BGBl. I S. 1970) wurde das Erfordernis der Unanfechtbarkeit vom Gesetzgeber bewusst gestrichen (BT-Drs. 16/5065, S. 211). Die Ausreisepflicht bleibt bestehen, solange sie nicht erfüllt und die zugrundeliegende Feststellung wirksam ist (vgl. Epe in GK-AufenthG, FreizügG/EU, Stand Juni 2017, § 7 Rn. 7). Mit Bekanntgabe des Bescheides vom 26. Januar 2017 war der Kläger somit ausreisepflichtig und konnte sich nicht mehr auf die auf dem Unionsbürgerstatus beruhende Vermutung, wonach sich ein Unionsbürger rechtmäßig im jeweils anderen Mitgliedstaat aufhält, berufen (vgl. zum Ganzen BayVGH, U.v. 18.7.2017 – 10 B 17.339 – juris Rn. 26 f.).
bb) Der Kläger ist auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bezüglich der Verlustfeststellung nicht (mehr) freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger i.S.v. § 2 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 FreizügG/EU. Der Beklagte ging zutreffend davon aus, dass sich eine Freizügigkeitsberechtigung des Klägers und damit das Recht auf Einreise und Aufenthalt (§ 2 Abs. 1 FreizügG/EU) weder aufgrund einer Arbeitnehmereigenschaft oder zur Arbeitssuche noch aus einem anderen in § 2 Abs. 2 FreizügG/EU aufgeführten Tatbestand ergibt.
(1) Der Kläger ist nicht als Arbeitnehmer i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, Art. 7 Abs. 1 Buchst. a RL 2004/38/EG, Art. 45 Abs. 3 Buchst. c AEUV freizügigkeitsberechtigt. Er war zwar während der vorgenannten Zeiten beschäftigt, zuletzt vom 17. März bis 17. Juli 2014 als Helfer bei diversen Firmen über eine Zeitarbeitsfirma. Nach der Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses jedenfalls im Juli 2014, die grundsätzlich den Verlust der Arbeitnehmereigenschaft bedeutet (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2014 – 10 C 13/2241 – juris Rn. 4; Dienelt in Renner/Berg-mann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, § 2 FreizügG/EU Rn. 57 m.w.N.) bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft des Unionsbürgers gemäß § 2 Abs. 3 FreizügG/EU (s.a. Art. 7 Abs. 3 RL 2004/38/EG) jedoch nur unter den dort genannten Voraussetzungen erhalten.
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 FreizügG/EU bleibt das Recht nach Absatz 1 für Arbeitnehmer u.a. unberührt bei vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit; der Begriff des „Arbeitnehmers“ ist dabei unionsrechtlich auszulegen. Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt (§ 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU). Nach der Rechtsprechung spricht vieles dafür, dass diese Fiktion des Fortbestehens der Arbeitnehmereigenschaft nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU auch dann eintritt, wenn das Arbeitsverhältnis, das die Arbeitnehmereigenschaft des Unionsbürgers begründet hat, nicht mehr besteht (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2017 – 10 B 17.339 – juris Rn. 51 m.w.N.). Die Fortwirkungsregelung führt dazu, dass der Unionsbürger arbeitsuchender Arbeitnehmer ist; der Aufenthalt ist nicht zweckfrei, sondern wird nur deshalb eingeräumt, um eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu erreichen. Der Unionsbürger muss sich daher arbeitslos melden und die erforderlichen Eigenbemühungen anstellen, um eine Arbeitsstelle zu finden. Im Anschluss an die Fortwirkungsdauer schließt sich also nicht erneut der Zeitraum von sechs Monaten zur Arbeitsuche (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU) an, dieser läuft vielmehr parallel; nach sechs Monaten kann der Unionsbürger daher nur dann noch Freizügigkeit beanspruchen, wenn er nachweist, mit begründeter Aussicht auf Erfolg nach Arbeit zu suchen (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2017 – 10 B 17.339 – juris Rn. 59; Dienelt in Renner/ Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, § 2 FreizügG/EU Rn. 105).
Die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU, welche der Umsetzung des Art. 7 Abs. 3 Buchst. a RL 2004/38/EG dient und auf eine nur vorübergehende arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit abstellt, greift nicht. Denn nach Aktenlage ist weder davon auszugehen, noch ist seitens des Klägers dargelegt, dass er seine konkrete Beschäftigung nur vorübergehend krankheits- oder unfallbedingt nicht ausüben konnte (vgl. Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016; § 2 FreizügG/EU Rn. 35; Tewocht in BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, Stand: 01.08.2017 Rn. 46). Zwar merkte das Jobcenter in der Mitteilung vom 13. Januar 2016 an, der Kläger sei fast seit Beginn des Leistungsbezugs (1.11.2013) arbeitsunfähig. Die Tätigkeit bei einer Baufirma endete jedoch bereits zum 15. September 2013, demnach scheidet eine Kausalität der vorgenannten später eintretenden Arbeitsunfähigkeit für die Beendigung dieser Beschäftigung aus. Die Beschäftigung von März bis Juli 2014 erfolgte bei diversen Firmen über eine Zeitarbeitsfirma, das Vorliegen der „Fiktionswirkung“ des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU hat der Kläger nicht nachgewiesen; er hat keine ärztlichen Bescheinigungen oder Ähnliches über eine vorübergehende Erwerbsminderung bzw. Arbeitsunfähigkeit zum 17. Juli 2014 vorgelegt, sondern im Schreiben vom 21. März 2016 lediglich mitgeteilt, wegen einer Operation momentan nicht arbeiten zu können und hierzu den vorgenannten Entlassungsbericht des Krankenhauses (vom 26.11.2015) vorgelegt (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2017 – 10 B 17.339 – juris Rn. 52 f. zur notwendigen Kausalität zwischen einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung und der Aufgabe der Erwerbstätigkeit). Unabhängig davon nahm der Kläger ab Januar 2016 an einem Sprachkurs teil, so dass jedenfalls eine ggf. zunächst bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht mehr fortbestand und nicht zum Erhalt der Erwerbstätigeneigenschaft führte.
Im Fall des Klägers besteht die Erwerbstätigeneigenschaft zum maßgeblichen Zeitpunkt auch nicht nach § 2 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU (s.a. Art. 7 Abs. 3 Buchst. c RL 2004/38/EG) fort. Nach Aktenlage war der Kläger (insgesamt) weniger als ein Jahr beschäftigt; dementsprechend teilte auch das Jobcenter dem Beklagten (am 13.1.2016, Bl. 50 der Behördenakte) mit, der Kläger habe während der vorgenannten Beschäftigungen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erwirkt; denn die Regelanwartschaftszeit stellt darauf ab, dass in der Rahmenfrist (§ 143 SGB III) mindestens zwölf Monate ein Versicherungspflichtverhältnis bestand. Unabhängig davon, dass der Kläger die notwendige Bestätigung der Bundesagentur für Arbeit über die Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit, die auch Art. 7 Abs. 3 Buchst. b bzw. c RL 2004/38/EG fordert, nicht vorgelegt hat, bliebe demnach die Freizügigkeitsberechtigung gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU nur während der Dauer von sechs Monaten unberührt. Selbst wenn also zugunsten des Klägers die Fortwirkungsregelung des § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU Anwendung finden könnte, ergibt sich danach mit Blick auf die bis 17. Juli 2014 erfolgte Tätigkeit jedenfalls ab 18. Januar 2015 kein rechtmäßiger Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet.
(2) Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Kläger als Arbeitssuchender nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU (s.a. Art. 45 Abs. 3 Buchst. c AEUV) freizügigkeitsberechtigt ist. Danach sind Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden, freizügigkeitsberechtigt. Diese Vorschrift wurde zwar erst mit Wirkung zum 2. Dezember 2014 in das Freizügigkeitsgesetz aufgenommen, die Anforderungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU für den Erwerb einer Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitsuchender ergaben sich jedoch auch ohne ausdrückliche Kodifizierung aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, U.v. 26.2.1991 – Antonissen, C-292/89 – Slg. 1991, I-745; BayVGH, U.v. 18.7.2017 – 10 B 17.339 – juris Rn.56). Nach Art. 45 Abs. 3 Buchst. c AEUV beinhaltet die unionsrechtlich gewährleistete Arbeitnehmerfreizügigkeit (auch) das Recht, sich (arbeitslos) in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort aufzuhalten, um eine Beschäftigung als Arbeitnehmer zu suchen (stRspr; vgl. EuGH, U.v. 26.5.1993 – C-171/91, Tsiotras – Rn. 8; U.v. 23.3.2004 – C-138/02, Collins – Slg. 2004, I-2703, juris Rn. 36); Details hinsichtlich des Rechts auf Arbeitssuche regelt die Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl EU Nr. L S. 1). Das Aufenthaltsrecht, das den Arbeitssuchenden danach zusteht, kann jedoch – wie nun in § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU (n.F.) geregelt – zeitlich begrenzt werden. Da das Unionsrecht nicht regelt, wie lange sich Unionsbürger zur Stellensuche in einem Mitgliedstaat aufhalten dürfen, sind die Mitgliedstaaten berechtigt, hierfür einen angemessenen Zeitraum festzulegen (EuGH, U.v. 23.3.2004 – C-138/02, Collins – Slg. 2004, I-2703, juris Rn. 37). Einen dafür bestimmten Zeitraum von sechs Monaten hat der Gerichtshof der Europäischen Union dabei für grundsätzlich ausreichend erachtet (EuGH, U.v. 26.2.1991 – C-292/89, Antonissen – Rn. 21); dem Betroffenen soll ein angemessener Zeitraum eingeräumt werden, um im Aufnahmemitgliedsstaat von Stellenangeboten, die seinen beruflichen Qualifikationen entsprechen, Kenntnis zu nehmen und sich ggf. bewerben zu können. Zudem entspricht es ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass dann, wenn der Betroffene nach Ablauf eines solchen Zeitraums den Nachweis erbringt, dass er weiterhin und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht, er vom Aufnahmemitgliedstaat nicht ausgewiesen werden darf (EuGH, U.v. 23.3.2004 – C-138/02, Collins – Slg. 2004, I-2703, juris Rn. 37 m.w.N); dies ist inzwischen auch in Art. 14 Abs. 4 Buchst. b RL 2004/38/EG festgelegt. Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Freizügigkeitsberechtigung zum Zweck der Arbeitssuche ist jedoch, dass zum einen die ernsthafte Absicht verfolgt wird, eine Erwerbstätigkeit zu suchen und aufzunehmen, und zum anderen auch eine begründete Aussicht auf Erfolg der Arbeitssuche angenommen werden kann. Die ernsthafte Absicht zur Arbeitsaufnahme muss dabei auch objektivierbar nach außen hin zum Ausdruck gebracht werden (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 11.2.2014 – 10 C 13.2241 – juris Rn. 5 m.w.N). Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht erfüllt. Er bezog bereits ab dem 1. November 2013 Leistungen nach dem SGB II und übte jedenfalls ab dem 18. Juli 2014 keine Erwerbstätigkeit mehr aus (s. Mitteilung des Jobcenters vom 13.1.2016, Bl. 50 der Behördenakte). Nachweise dafür, dass er sich nach Ablauf des Sechsmonatszeitraums (ab 18.1.2015) mit begründeter Aussicht auf Erfolg auf Arbeitssuche befand, hat er nicht erbracht.
Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Beklagte demnach zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Freizügigkeitsberechtigung nicht mehr nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU ergibt, insbesondere der Zeitraum von sechs Monaten seit Längerem überschritten ist, sowie für den Kläger nicht die begründete Aussicht auf eine erfolgreiche Arbeitssuche besteht. Der Kläger teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 21. März 2016 lediglich mit, momentan nicht arbeiten zu können, sich aber so schnell wie möglich um eine neue Arbeit zu bemühen. Bemühungen des Klägers, die eine nachhaltige und nachvollziehbare und damit ernsthafte Arbeitssuche belegen, sind damit nicht dargelegt; solche sind auch nicht aus den vorgenannten Schreiben des Jobcenters ersichtlich. Nach dem Schreiben vom 13. Juni 2016 (Bl. 75 der Behördenakte) nahm der Kläger vom 11. Januar bis zum 8. Oktober 2016 an einem Deutschkurs teil und hatte sich auf ausgehändigte Vermittlungsvorschläge größtenteils beworben; die fehlenden Deutschkenntnisse und das Alkoholproblem des Klägers stellten danach Vermittlungshemmnisse dar. Der Beklagte ist demnach zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht alle erforderlichen Maßnahmen – insbesondere regelmäßige und kontinuierliche Bewerbungen um konkrete Arbeitsplatzangebote, ggf. Nachweis erfolgloser Vermittlungsversuche des Jobcenters, Besuche von Unternehmen, Wahrnehmung von Vorstellungsgesprächen etc. – unternommen und nachgewiesen hat, um eine Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt zu finden (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2014 – 10 C 13.2241 – juris Rn. 6 m.w.N; OVG LSA, B.v. 23.6.2016 – 2 O 165/15 – juris; SächsOVG, B.v. 2.2.2016 – 3 B 267/15 – InfAuslR 2016, 173).
Auch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten E-Mail-Bewerbungen (vom 8.1.2018) sowie die Bestätigung über die Wahrnehmung eines Vorstellungsgespräches am 16. Januar 2018 können vorliegend keinen Nachweise dafür erbringen, dass sich der Kläger nach Ablauf des vorgenannten Sechsmonatszeitraums (ab 18.1.2015) mit begründeter Aussicht auf Erfolg auf Arbeitssuche befand. Denn unabhängig von der Frage, ob nach einer mehr als einjährigen erfolglosen Suche noch davon ausgegangen werden kann, dass ein Unionsbürger noch mit begründeter Aussicht auf Erfolg nach Arbeit im Bundesgebiet sucht (vgl. SächsOVG, B.v. 20.8.2012 – 3 B 202/12 – juris Rn. 11; B.v. 7.8.2014 – 3 B 507/13 – NVwZ-RR 2015, 275, juris Rn. 10), besteht vorliegend aufgrund erheblicher Vermittlungshemmnisse objektiv nicht die begründete Aussicht auf Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den Kläger. Die fehlenden Sprachkenntnisse des Klägers (s. Mitteilung des Jobcenters mit E-Mail vom 4.1.2017, wonach der Kläger den Sprachkurs aufgrund der bekannten Suchtproblematik nicht habe abschließen können, Bl. 119 f. der Behördenakte; s.a. vorgelegtes psychiatrisches Gutachten zu den medizinischen Voraussetzungen einer Betreuung vom 10.10.2016, S. 5, II. wonach der Kläger angab, ohne Dolmetscher nichts zu sagen, er könne nur sehr schlecht Deutsch) stellen bereits ein erhebliches Hindernis bei der Arbeitssuche dar; der Kläger selbst nahm im Übrigen den Termin der mündlichen Verhandlung nicht wahr, um dem Gericht ggf. verbesserte Sprachkenntnisse bzw. eine Verständigungsmöglichkeit ohne Dolmetscher darzulegen. Zudem räumte der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung ein, dass die Therapie des Alkoholproblems des Klägers, das bereits der Beklagte im gegenständlichen Bescheid zutreffend als Vermittlungshemmnis erachtete, noch nicht erfolgreich abgeschlossen sei. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die dargelegten Erkrankungen bzw. Beeinträchtigungen (Hauterkrankung, Operation an den Ellenbogen, Bandscheibenvorfall und seelische Krankheit: schizophrene Psychose mit Alkoholmissbrauch nach dem psychiatrischen Gutachten zu den medizinischen Voraussetzungen einer Betreuung vom 10.10.2016) erhebliche Hindernisse darstellen, die einer realistischen Chance auf einen Arbeitsplatz entgegenstehen (vgl. dazu auch Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, § 2 FreizügG/EU Rn. 67; Tewocht in BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, Stand: 01.11.2017 Rn. 29). Der Kläger hat demnach den Nachweis, dass er weiterhin begründete Aussicht hat, eingestellt zu werden, nicht erbracht.
(3) Ein Freizügigkeitsrecht des Klägers ergibt sich auch nicht aus anderen Gründen. Der Kläger übt keine selbständige Erwerbstätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU aus. Der Beklagte hat auch zutreffend dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 3 und 4 FreizügG/EU nicht vorliegen. Freizügigkeitsberechtigt sind danach Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 und 4 FreizügG/EU), sowie Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 und 4 FreizügG/EU). Das Erbringen und Empfangen von Dienstleistungen zeichnen sich durch einen vorübergehenden Charakter aus. Der Kläger ist weder ein selbständig erwerbstätiger Erbringer noch Empfänger von Dienstleistungen, sondern hat vielmehr hier seinen Wohnsitz angemeldet und seinen ständigen Aufenthalt begründet. Der Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts vor Ablauf von fünf Jahren nach § 4a Abs. 2 FreizügG/EU kommt vorliegend ebenfalls nicht in Betracht.
(4) Ein Aufenthaltsrecht als nicht erwerbstätiger Unionsbürger nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 FreizügG/EU kommt nach zutreffender Auffassung des Beklagten nicht in Betracht. Danach müsste der Kläger während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügt haben (vgl. BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22/14 – NVwZ-RR 2015, 910 juris Rn. 21). Bei gesteigertem Bedarf z.B. wegen Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit sind zusätzliche Existenzmittel nachzuweisen, um sicherzustellen, dass die Inanspruchnahme der Sozialhilfe ausgeschlossen wird (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2017 – 19 C 16/1719 – juris Rn. 17; BT-Drs. 15/42, S. 104). Der Kläger, der nach Mitteilung des Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nach wie vor im Leistungsbezug (Arbeitslosengeld II) steht, verfügt vorliegend aber nicht über ausreichende Existenzmittel nach § 4 Satz 1 FreizügG/EU. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b RL 2004/38/EG sind ausreichende Existenzmittel solche, die sicherstellen, dass der Freizügigkeitsberechtigte die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats nicht in Anspruch nehmen muss. Existenzmittel sind alle gesetzlich zulässigen Einkommen und Vermögen in Geld oder Geldeswert und sonstige eigene Mittel, insbesondere Unterhaltsleistungen von Familienangehörigen oder Dritten (vgl. Epe in GK-AufenthG, Stand: 7/2013, § 4 FreizügG/EU, Rn. 20). Die Herkunft der Mittel, die zur Existenzsicherung genutzt werden, ist gleichgültig (vgl. EuGH, U.v. 19.10.2004 – Chen, C-200/02 – InfAuslR 2004, 413). Als grundsätzlich schädlich erweist sich – abgesehen von den in § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG geregelten Ausnahmen – der Bezug von nicht auf einer Beitragsleistung beruhenden öffentlichen Mitteln (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2017 – 19 C 16/1719 – juris Rn. 19). Die vollumfängliche Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen indiziert das Nichtvorhandensein ausreichender Existenzmittel (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2017 a.a.O.; Epe in GK-AufenthG, a.a.O., § 2 FreizügG, Rn. 20, 23).
Zu berücksichtigen ist dabei, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen nicht automatisch einen Verlust des Freizügigkeitsrechts zu begründen vermag. Da auch insoweit mit Blick auf die sich der Verlustfeststellung anschließenden Pflicht, die Bundesrepublik zu verlassen, die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit zu wahren sind, ist vielmehr eine unangemessene Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen erforderlich (vgl. Art. 14 Abs. 1 RL 2004/38/EG; BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22/14 – NVwZ-RR 2015, 910). Zwar kann der Umstand, dass ein nicht erwerbstätiger Unionsbürger zum Bezug von Sozialhilfeleistungen berechtigt ist, einen Anhaltspunkt dafür darstellen, dass er nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt (vgl. EuGH, U.v. 19.9.2013 – C-140/12, Brey – NZS 2014, 20 juris Rn. 63). Insbesondere dem 10. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/38/EG ist jedoch zu entnehmen, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b RL 2004/38/EG genannte Voraussetzung vor allem verhindern soll, dass die hierin genannten Personen die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats unangemessen in Anspruch nehmen (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-424/10 und C-425/10 – juris Rn. 40; U.v. 19.9.2013 a.a.O. Rn. 54). Zur Beurteilung der Frage, ob ein Ausländer Sozialhilfeleistungen in unangemessener Weise in Anspruch nimmt, ist, wie aus dem 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/38/EG hervorgeht, zu prüfen, ob der Betreffende vorübergehende Schwierigkeiten hat, und die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen Umstände des Betreffenden und der ihm gewährte Sozialhilfebetrag zu berücksichtigen. Von einer unangemessenen Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen kann zudem nicht ohne eine umfassende Beurteilung der Frage ausgegangen werden, „welche Belastung dem nationalen Sozialhilfesystem in seiner Gesamtheit aus der Gewährung dieser Leistung nach Maßgabe der individuellen Umstände, die für die Lage des Betroffenen kennzeichnend sind, konkret entstünde“ (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22/14 – NVwZ-RR 2015, 910 juris Rn. 21).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend davon auszugehen, dass der Kläger in unangemessener Weise Sozialleistungen in Anspruch nimmt. Der Beklagte hat im gegenständlichen Bescheid zutreffend ausgeführt, dass der Kläger seit 1. November 2013 ununterbrochen Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nimmt; wenngleich die Leistung zum 1. März 2017 zunächst aufgehoben wurde. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Sozialhilfeleistung unabhängig von etwaigen Beitragszahlungen, wie sie für eine unselbständige Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer typisch wären, gewährt wird. Aufgrund der geringen Beschäftigungszeiten besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld I, das beitragsabhängig gewährt wird. Eine übermäßige Inanspruchnahme kommt – wie hier – also bei beitragsunabhängigen Unterstützungen eher in Betracht als bei beitragsabhängigen, denen eine eigene, durch das Freizügigkeitsrecht privilegierte Erwerbsleistung vorausging. Dass der Kläger keine solche Anwartschaft begründet hat, ist ein weiteres Indiz dafür, dass er Sozialhilfe übermäßig – weil jahrelang ausschließlich beitragsunabhängig – in Anspruch genommen hat. Der Beklagte stellte zudem darauf ab, dass der Kläger fast seit Beginn dieses Leistungsbezugs arbeitsunfähig sei und aufgrund von Alkoholproblemen und mangelnden Deutschkenntnissen massive Schwierigkeiten habe, auf dem Arbeitsmarkt im Bundesgebiet Fuß zu fassen; der Leistungsbezug würde demnach weiter auf unabsehbare Zeit andauern. Zumal Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine Anwartschaft auf eine Rente wegen (dauerhafter) Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung erworben hat, nicht ersichtlich sind; eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit soll aber gerade ein Abgleiten hinreichend erwerbstätiger und danach erwerbsunfähiger Arbeitnehmer in den Sozialhilfebezug verhindern. Der Bezug der Leistung nach dem SGB II wurde zutreffend als ein gewichtiges Indiz dafür gewertet, dass der Kläger nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt.
Denn unter Berücksichtigung der langjährigen, (voll) umfänglichen Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen würde es eine unangemessene Belastung für das nationale Sozialhilfesystem in seiner Gesamtheit bedeuten, wenn es gleichermaßen für sämtliche Unionsbürger in der Lage des Klägers geöffnet und damit faktisch so etwas wie eine „Sozialleistungsfreizügigkeit“ begründet würde (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 16.10.2017 – 19 C 16/1719 – juris Rn. 20; OVG RhPf, B.v. 20.9.2016 – 7 B 10406/16, 7 D 10407/16 – juris). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs soll Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der RL 2004/38/EG nicht erwerbstätige Unionsbürger gerade daran hindern, das System der sozialen Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaats zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Anspruch zu nehmen (vgl. EuGH, U.v. 11.11.2014 – Dano, Rs. C-333/13 – juris, Rn. 76). Die Notwendigkeit, die Finanzen des Aufnahmemitgliedstaats zu schützen, reicht grundsätzlich aus, um die Möglichkeit zu rechtfertigen, zum Zeitpunkt der Gewährung einer Sozialleistung insbesondere an Personen anderer Mitgliedstaaten, die wirtschaftlich nicht aktiv sind, eine Prüfung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts durchzuführen, da diese Gewährung geeignet ist, sich auf das gesamte Niveau der Beihilfe auszuwirken, die dieser Staat gewähren kann (vgl. EuGH, U.v. 14.6.2016 – Kommission/Vereinigtes Königreich, C-308/14 – juris Rn. 80 m.w.N.).
cc) Die demnach im Ermessen des Beklagten stehende Feststellung des Verlustes auf Einreise und Aufenthalt ist auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind Ermessensfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO nicht festzustellen und die Feststellung ist auch verhältnismäßig. Denn die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU führt zur Beendigung des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sowie zur Verlassenspflicht des Unionsbürgers und unterliegt damit dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit (vgl. EUGH, U.v. 20.9.2001 – C-184/99, Grzelczyk – juris Rn. 43 f.; U.v. 17.7.2002 – C-413/99, Baumbast – juris Rn. 91 ff.; U.v. 7.9.2004 – C-456/02, Trojani – juris Rn. 45 ff.).
Die Ausländerbehörde hat bei der Ermessensentscheidung eine umfassende Abwägung unter Einstellung aller für und gegen die Verlustfeststellung sprechenden Umstände sowie unter Einhaltung der gemäß Art. 15 RL 2004/38/EG zu beachtenden Verfahrensgrundsätze der Art. 30 und 31 RL 2004/38/EG vorgenommen; sie hat insbesondere auch die persönlichen Umstände des Klägers, die Dauer des Aufenthalts und der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet (s.a. EuGH, U.v. 15.9.2015 – Alimanovic, C-67/14 – juris Rn. 60) in ihre Erwägungen eingestellt. Zutreffend ist u.a. ausgeführt, dass der Kläger nicht über schutzwürdige persönliche Bindungen im Bundesgebiet verfügt. Denn schutzwürdige persönliche Beziehungen, insbesondere eine von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Ehe oder Familie, hat der alleinstehende Kläger hier nicht. Allein die in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Tatsache, dass der Kläger im Bundesgebiet zwei Schwestern, zu denen er regen Kontakt pflege, in Rumänien aber nur seine Eltern (im Alter von 80 Jahren) habe, fällt hier nicht wesentlich ins Gewicht und führt insoweit zu keiner anderen Beurteilung. Eine gemeinsame Lebensführung bzw. Unterstützung im Erwachsenenalter ist weder dargelegt noch ersichtlich; zumal das Gewicht der familiären Bindungen zu den Schwestern dadurch gemindert wird, dass der Kläger als erwachsener Mann grundsätzlich nicht mehr auf die Fürsorge und Unterstützung der Schwestern angewiesen ist, sondern ein eigenständiges Leben führen kann. Sie sind auch nicht seine Betreuer. Der Beklagte hat bei der Entscheidung auch berücksichtigt, dass die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nicht automatisch einen Verlust des Freizügigkeitsrechts zu begründen vermag; Art. 14 Abs. 3 RL 2004/38/EG wurde demnach hinreichend beachtet.
2. Die Ziffern 2 und 3 des angefochtenen Bescheids sind ebenso wenig zu beanstanden. Die Ausreisepflicht ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU; danach sind Unionsbürger ausreisepflichtig, wenn die Ausländerbehörde – wie vorliegend – festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht. Die hierfür gesetzte Frist ist angemessen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 und 4 FreizügG/EU soll in dem Bescheid die Abschiebung angedroht und eine Ausreisefrist von mindestens einem Monat gesetzt werden. Nachdem das Freizügigkeitsgesetz/EU keine eigenen Regelungen zur Durchsetzung der Ausreise enthält, ist gemäß § 11 Abs. 2 FreizügG/EU das Aufenthaltsgesetz anwendbar. Dem Erlass einer Abschiebungsandrohung unter Bestimmung einer Ausreisefrist stand nach § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG das Vorliegen von Abschiebungsverboten nicht entgegen.
III.
Die Ergänzung des ursprünglichen Klagebegehrens auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides der Beklagten vom 26. Januar 2017 durch die Klage auf Ausstellung einer Bescheinigung über das Daueraufenthaltsrecht stellt eine Klageänderung nach § 91 VwGO dar. Es handelt sich hierbei um eine objektive Klagehäufung (§ 44 VwGO; vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2017 – 10 B 17.339 – juris Rn. 63; VGH BW, U.v. 28.5.2009 – 1 S 1173/08 – juris Rn. 19).
Die nachträgliche Einbeziehung eines weiteren Klagebegehrens in die bereits anhängige Anfechtungsklage ist auch sachdienlich im Sinne von § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO, weil die Frage, ob dem Kläger ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU zusteht, ohnehin inzident im Rahmen der Anfechtungsklage gegen die Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU zu prüfen ist.
Die Klage ist jedoch – unabhängig von der Frage, ob sie als Verpflichtungs- oder allgemeine Leistungsklage statthaft ist (vgl. BVerwG, U.v. 31.5.2012 – 10 C 8/12 – NVwZ-RR 2012, 821; BayVGH, U.v. 18.7.2017 – 10 B 17.339 – juris Rn. 65; Kurzidem in BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, Stand: 01.1.2017 Rn. 21) – nicht begründet. Der Kläger hat nicht das Recht, sich auf Dauer im Bundesgebiet aufzuhalten (s.o. II.1.), so dass er auch keinen Anspruch auf Ausstellung der entsprechenden Bescheinigung nach § 5 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU hat.
IV.
Die Klage war demnach mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.