Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 19. Jan. 2017 - Au 5 K 16.32053

published on 19/01/2017 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 19. Jan. 2017 - Au 5 K 16.32053
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Gericht

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes in der Bundesrepublik Deutschland.

Bei den Klägern handelt es sich sämtlich um afghanische Staatsangehörige, die in ... ... (Afghanistan) geboren sind. Die Kläger sind Volkszugehörige der Hazara mit schiitischem Glauben.

Ihren Angaben zufolge reisten die Kläger am 14. Dezember 2015 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie unter dem 29. Juni 2016 Asylerstantrag stellten.

Bei ihrer persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt für ... (im Folgenden: Bundesamt) am 14. September 2016 führten die Kläger zu 1 und 2 unter anderem aus, dass die Kläger zu 1 in Afghanistan gearbeitet habe. Als sein Vater gestorben sei, habe er dessen Grundstück und Vieh verkauft. Er habe vom erlösten Geld einen Lkw erworben. Damit seien Sachen transportiert worden. Sein Bruder habe den Lkw gefahren, weil er selbst Herzprobleme habe. Sein Bruder sei von den Taliban entführt worden. Er wisse nicht, wo er derzeit sei. Sein Bruder sei jung gewesen, etwa 25 Jahre alt. Im Ort, in dem die Familie vor ihrer Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland gelebt habe (...), habe es in letzter Zeit viele Taliban gegeben. Sie hätten das Vieh der Leute weggenommen, Land in Besitz genommen und die Ernte zerstört. Sie seien als Nomaden gekommen. Sie töteten auch Leute. Die Familie sei gezwungen gewesen, das Dorf zu verlassen. Die Taliban (Nomaden) kämen lediglich im Sommer; wenn es kalt sei, seien sie wieder fort. Sie plünderten regelmäßig das Dorf und entführten die Ernte. Deshalb sei die Familie nach ... geflohen. Zwei Jahre hätte die Familie sich in ... aufgehalten. Der Kläger zu 1 sei krank gewesen, daher habe er in ... nicht arbeiten können. Durch einen Cousin habe er schließlich eine Arbeit vermittelt bekommen. Er habe Getränke ausgeliefert (Fanta, Cola und alkoholische Getränke). Sein Teilhaber und sein Bruder seien wegen des verkauften Alkohols verhaftet worden. Es habe auch einen Lagerplatz für die Getränke gegeben. Bei der Kontrolle dieses Lagers seien Alkohol und abgelaufene Getränke gefunden worden. Sein Teilhaber und sein Bruder seien verhaftet worden. Er sei vom Telefon seines Bruders aus angerufen worden. Ihm sei gesagt worden, dass sein Teilhaber einen Unfall verursacht habe und er zum Krankenhaus kommen solle. Bei der Ankunft am Krankenhaus sei er von zwei Leuten angehalten worden, die ihm Handschellen angelegt hätten und ihn auf die Wache gebracht hätten. Die Taliban hätten das Dorf, in dem die Familie gelebt hat, mehrfach angegriffen. Beim ersten Angriff habe es viele Tote auf Seiten der Taliban gegeben. Beim nächsten Angriff seien die Taliban mit Raketen ausgerüstet gekommen. Die Dorfbewohner seien ins Gebirge geflüchtet. Die Taliban hätten nun mit moderner Ausrüstung angegriffen. Der „Krieg“ habe ca. zwei bis drei Tage gedauert. Der Kläger zu 1 habe daraufhin von einem Nachbarn einen Esel geliehen und sei dann mit seiner Frau und seinen drei Kindern in ein anderes Dorf gegangen. In ... sei er nach seiner Verhaftung zwei Tage im Gefängnis verblieben. Gegen Geldzahlung sei er wieder freigekommen. Der Wache habe er ca. 60.000 Afghani gegeben. Nach der Verhaftung habe er die Arbeit aufgegeben und sei drei Monate lang zu Hause geblieben. Der erste Angriff der Taliban auf das Dorf habe vor ca. sieben Jahren stattgefunden. Der zweite Angriff habe sich vor ca. drei Jahren ereignet. Die Taliban hätten das Dorf aber jedes Jahr attackiert. Die Familie sei trotzdem im Ort geblieben. Der Vorfall mit seinem Bruder habe sich vor drei Jahren (2013) ereignet. Außer den Taliban habe die Familie keine Feinde. Es würden immer wieder Volkszugehörige der Hazara entführt. An die Polizei habe er sich wegen der Vorfälle nicht gewandt. Die Polizei habe selber Angst vor den Taliban. Deshalb sei im Dorf ein Bezirksrat gegründet worden. Dieser habe einem finanziell geholfen, sich gegen die Taliban zu verteidigen. In ... sei er von der Polizei verhaftet worden. Persönlich sei er zu keinem Zeitpunkt von den Taliban angegriffen oder bedroht worden. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan könne er nicht mehr im Dorf ... leben. Diese müsse er jeden Sommer verlassen. Dazu sei er aber krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage. Auch in der Provinz Bamyian sei er nicht sicher. Dort könne ihn die Regierung verraten und die Taliban aufspüren. Er könne sich nicht die ganze Zeit zu Hause verstecken. Mit der Polizei bzw. Behörden habe es außer seiner Verhaftung in ... keine Vorfälle gegeben. Für den weiteren Inhalt der Anhörung die Kläger zu 1 und 2 wird auf die hierüber gefertigten Niederschriften des Bundesamtes Bezug genommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 23. September 2016 wurde für die Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) festgestellt. Im Übrigen wurden die Anträge die Kläger auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. Asylanerkennung (Ziff. 1 und 2 des Bescheides) abgelehnt. Ziff. 3 des Bescheides bestimmt, dass den Klägern auch der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt werde.

In den Gründen ist u. a. ausgeführt, dass die Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Falle die Kläger nicht vorliegen. Ein Ausländer sei Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehörigkeit er besitze. Die Kläger seien keine Flüchtlinge im Sinne dieser Definition. Die begründete Furcht müsse sich auf Handlungen beziehen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend seien, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellten. Dass der Kläger zu 1 in ... inhaftiert worden sei, stehe in keinem Zusammenhang mit der vorgetragenen Verfolgung durch die Taliban. Soweit die Kläger vortragen, dass mehrere Männer sie aufsuchen wollten und sie auf einer Liste der Taliban stünden, führe dies nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Sachvortrag die Kläger sei zwar glaubhaft, jedoch entspreche der vorgetragene Asylgrund keinem der in § 3 Asylgesetz (AsylG) aufgeführten Anknüpfungsmerkmale für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Ein Ausländer erhalte subsidiären Schutz, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht habe, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden drohe. Als ernsthafter Schaden gelte dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Dies sei im vorliegenden Fall sämtlich nicht gegeben. Ein tatsächlicher Anlass für die Einreise die Kläger ist nicht ersichtlich und der Wunsch die Kläger, in Deutschland leben zu wollen sei auf rein persönliche Motive zurückzuführen. Die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sei damit abzulehnen gewesen. Allerdings läge im Fall die Kläger ein Abschiebungsverbot vor. Die Kläger hätten drei Kinder unter 14 Jahren. Deren Versorgung sei in Afghanistan momentan nicht sicher zu stellen. Im Weiteren sei die Klägerin zu 2 schwanger.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides vom Bundesamt vom 23. September 2016 wird ergänzend verwiesen.

Die Kläger haben gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2016 Klage erhoben und beantragen:

1. Der Bescheid des Bundesamts für ... vom 23. September 2016 mit dem Gz: ... wird in seinen Ziffn. 1 und 3 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, für die Kläger zu 1 bis 5 das Vorliegen der jeweiligen Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;

hilfsweise,

diesen jeweils den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.

Der angegangene Bescheid sei in seinen Ziffern 1 und 3 rechtswidrig und verletze die Klägerin ihren subjektiven Rechten. Inhaltlich werde Bezug genommen auf den Sachvortrag des Klägers zu 1 anlässlich seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt. Der Kläger zu 1 leide an erheblichen gesundheitlichen Beschwerden. Mit dieser Problematik setze sich der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes nicht auseinander. Die Kläger zu 1 sei faktisch dauerhaft nicht arbeitsfähig und könne den Lebensunterhalt für sich und seine Familie ohne ärztliche Behandlung in Afghanistan nicht sicherstellen. Zudem lasse der Bescheid außer Acht, dass die Klägerin zu 4 an der Erbkrankheit Trisomie 21 leide und ebenfalls adäquater medizinischer Behandlung und Förderung bedürfe. Die augenblickliche Lage in Afghanistan rechtfertige nicht nur die Feststellung eines Abschiebeverbotes, sondern auch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zugunsten die Kläger. Die derzeitige Lage in Afghanistan sei als unübersichtlich zu beurteilen, wobei festzuhalten sei, dass derzeit etwa 2/3 des Landes im Grunde von den Taliban kontrolliert würden. Die afghanische Regierung habe es bislang trotz internationaler Unterstützung nicht geschafft, geordnete und hinreichend sichere Lebensverhältnisse für die Bevölkerung herzustellen. Die Polizeibehörden seien überfordert und es komme regelmäßig zu Übergriffen durch Taliban und deren Anhänger auf die Zivilbevölkerung. Rückkehrende Flüchtlinge würden von den Taliban mit „Hochverrätern“ an ihrer Sache gleichgestellt, bedroht, verfolgt und höchstwahrscheinlich auch getötet. Auf die aktuelle politische und tatsächliche Entwicklung der Machtverhältnisse in Afghanistan werde verwiesen.

Auf den weiteren Vortrag im Klageschriftsatz vom 6. Oktober 2016 wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 3. November 2016 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Mit weiterem Gerichtsbeschluss vom 3. November 2016 wurde den Klägern unter Rechtsanwaltsbeiordnung Prozesskostenhilfe bewilligt.

Am 19. Januar 2017 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Verlauf der Sitzung, in der die Kläger informatorisch angehört wurden, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakten verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte im vorliegenden Fall über die Klage die Kläger entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet.

Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Es ist ihnen auch nicht der subsidiäre Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 23. September 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Es wird insoweit in vollem Umfang auf die Gründe des angefochtenen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen im Fall die Kläger nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 - Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3 c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3 c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3 c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3 e Abs. 1 AsylG).

Die Tatsache, dass der Ausländer bereits verfolgt oder von Verfolgung unmittelbar bedroht war, ist dabei ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, wenn nicht stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass er neuerlich von derartiger Verfolgung bedroht ist. Hat der Asylbewerber seine Heimat jedoch unverfolgt verlassen, kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm aufgrund von Nachfluchttatbeständen eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dabei ist es Sache des Ausländers, die Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Dabei genügt für diesen Tatsachenvortrag aufgrund der typischerweise schwierigen Beweislage in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.

Gemessen an diesen Maßstäben konnten die Kläger nicht glaubhaft machen, dass ihnen bei einer Rückkehr nach Afghanistan Verfolgungshandlungen im Sinne der §§ 3 und 3 a AsylG drohen.

Zum einen fehlt es bezüglich der Zugehörigkeit der Kläger zur Volksgruppe der Hazara an der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen kritischen Verfolgungsdichte (vgl. BayVGH, U.v. 3.7.2012 - 13A B 11.30064 - juris Rn. 20 ff.; U.v. 1.2.2013 - 13A B 12.30045 - juris Rn. 18). Eine Verfolgung allein wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara haben die Kläger nicht zu befürchten. Volkszugehörige der Hazara unterliegen in Afghanistan zwar noch einer gewissen Diskriminierung, sind aber weder in ganz Afghanistan noch in der Heimatprovinz der Kläger einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden, gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung durch die Taliban oder anderen nichtstaatlichen Akteuren ausgesetzt (BayVGH, B.v. 1.12.2015 - 13A ZB 15.30224 - juris Rn. 4). Gemäß der aktuellen Auskunftslage, insbesondere des Lageberichts des Auswärtigen Amtes hat sich die Lage für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara grundsätzlich verbessert (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016, S. 9).

Eine asylrelevante Vorverfolgung ergibt sich aus dem Vortrag die Kläger zu 1 und 2 im Verfahren vor dem Bundesamt bzw. in der mündlichen Verhandlung vor Gericht nicht. Das Vorbringen der Kläger knüpft bereits nicht an ein asylrelevantes Merkmal im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG an. Im Übrigen haben die Kläger keine individuelle Verfolgung geltend gemacht. Der Vortrag beschränkt sich in wesentlichen Teilen auf die allgemeine Situation der Hazara in ihrem Heimatdorf und die Tatsache, dass es bei Angriffen von Paschtunen bzw. Taliban bereits mehrere Tote gegeben habe. Der Kläger zu 1 beschreibt die allgemeine Situation des stetig anwachsenden Drucks auf die Bevölkerungsgruppe der Hazara. Dem Vortrag der Kläger lassen sich aber keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass ihnen aufgrund des Vorliegens eines der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Merkmale flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlungen bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohen. Jedenfalls lässt sich eine solche mit der erforderlichen Gefahrendichte nicht für den Gesamtstaat Afghanistan feststellen. Dass die Taliban den Aufenthalt des Klägers auch in der Anonymität Millionenstadt Kabul ausfindig gemacht haben, erscheint dem Gericht nicht glaubwürdig. Zumal die Tätigkeit des Klägers zu 1 im Rat seines Dorfes nicht als so herausgehoben erscheint, dass eine Verfolgung durch die Taliban bzw. Paschtunen auch nach Verlassen des Dorfes im Jahr 2013 naheliegend wäre. Auch die spätere Verhaftung des Klägers in Kabul hat nichts mit der Tätigkeit des Klägers in seinem Heimatdorf zu tun hat, sondern knüpft vielmehr an den Verkauf von alkoholischen Getränken an. Selbst wenn dem Vorbringen des Klägers zu 1 eine an seine Religion anknüpfende Vorverfolgung entnehmen würde, bleibt festzuhalten, dass die geschilderten Ereignisse sämtlich aus dem Jahr 2013 stammen, so dass die Kläger im Jahr 2015 jedenfalls unverfolgt ausgereist sind.

Zudem wären die Kläger selbst bei einem Vorliegen von individuellen Verfolgungshandlungen auf eine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 3 e AsylG zu verweisen. Das Gericht ist der Überzeugung, dass die Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan jedenfalls in Kabul oder einer anderen größeren Stadt in Afghanistan keiner Verfolgung ausgesetzt sind. Grundsätzlich ist Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage als Fluchtalternative geeignet. Das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (BayVGH, B.v. 19.6.2013 - 13A ZB 12.30386 - juris). Es ist davon auszugehen, dass die Kläger in Kabul in der Anonymität der Stadt Schutz suchen können. Den Klägern ist es auch zumutbar, sich in Kabul niederzulassen, zumal sie dort bereits längere Zeit vor ihrer endgültigen Ausreise gelebt haben. Nach der Gesetzesbegründung zu § 3 e AsylG kann von einem Ausländer nur dann vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in dem verfolgungsfreien Landesteil aufhält, wenn er am Zufluchtsort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfindet, d. h. dort das Existenzminimum gewährleistet ist. Im Falle fehlender Existenzgrundlage ist eine interne Schutzmöglichkeit nicht gegeben. Für die Frage, ob die Kläger vor Verfolgung sicher sind und eine ausreichende Lebensgrundlage besteht, kommt es danach auf die allgemeinen Gegebenheiten im Zufluchtsgebiet und die persönlichen Umstände des Klägers an (BT-Drs. 16/5065 S. 185; vgl. auch BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 10 C 11/07 - BVerwGE 131, 186). Es ist im vorliegenden Fall jedoch davon auszugehen, dass die Kläger zumindest mit Gelegenheitsarbeiten ihren Lebensunterhalt in Kabul sicherstellen können. Zudem ist das Gericht der Überzeugung, dass die Kläger auch in der Provinz Bamiyan keiner Verfolgung ausgesetzt wären.

2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG. Die Kläger haben nicht glaubhaft machen können, dass ihnen bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 AsylG droht.

Es ist nach Überzeugung des Gerichts nicht zu erwarten, dass den Klägern bei einer Rückkehr nach Afghanistan die Verhängung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 AsylG) drohen könnte.

Die Kläger haben aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, wonach von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen ist, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor, weil den Klägern bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der dortigen Situation keine erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt landesweit drohen. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen zur Sicherheitslage in Afghanistan (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016 S. 4) erreicht der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt in Kabul und den angrenzenden Provinzen kein solches Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (s. hierzu auch BayVGH, B.v. 17.8.2016 - 13A ZB 16.30090 - juris; BayVGH, B.v. 23.9.2013 - 13A ZB 13.30252 - juris). Individuelle, gefahrerhöhende Umstände über die Zugehörigkeit zur Bevölkerungsgruppe der Hazara hinaus, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren im Rahmen eines bewaffneten innerstaatlichen Konflikts in der Person der Kläger führen, haben diese nicht vorgetragen.

3. Demzufolge war die Klage die Kläger mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen haben die Kläger die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylG.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 05/05/2017 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger ist nach seinen Ang
published on 06/04/2017 00:00

Tenor 1. Die Bescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 16.06.2016 werden in Ziffer 4 insoweit aufgehoben, als dort festgestellt wird, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG nicht vorliegt, sowie in Ziffer 5 insoweit a
published on 16/02/2017 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
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Annotations

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.