Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, welcher hinsichtlich eines baufälligen Baudenkmals eine Abhängung mit Netzen sowie die Errichtung einer Absperrvorrichtung anordnet.
Auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ... (postalische Adresse:, Gemeinde, OT ...) befindet sich ein im Kern auf das 18. Jahrhundert zurück gehendes, im 19. Jahrhundert erweitertes Bauernhaus. Es besteht aus einem Wohnteil sowie einem Wirtschaftsteil und ist in der Denkmalliste eingetragen.
Bei einem Ortstermin am 16. Februar 2016 wurde von einem Vertreter des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege sowie dem Kreisbaumeister des Landkreises ... festgestellt, dass das wohl mehr als 20 Jahre leerstehende Gebäude vor allem im Wirtschaftsteil akute Schäden zeige, die vor allem auf eine undichte Dachhaut zurückgingen. Nachdem der Bau Teil eine Insolvenzmasse sei, sei mit einer Instandsetzung durch den Verwalter nicht zu rechnen. Vorgeschlagen werde daher, einen Verkauf des Gebäudes in die Wege zu leiten.
Mit Schreiben vom 13. April 2017 teilte Herr ... dem Landratsamt ... mit, am 12. April 2017 sei festgestellt worden, dass ein Teil des hinteren Daches in das Gebäude gestürzt sei. Das Gebäude sei nach Aussage eines Bausachverständigen akut einsturzgefährdet und dürfe nicht mehr betreten werden. Der Verwalter könne dafür keine Haftung mehr übernehmen. Um verbindliche Aussage werde gebeten, wie aus Sicht der Denkmalbehörde verfahren werden solle. In dem Schreiben war Herr .... als Absender, als Eigentümer die „...“ und als „Verwalter“ Herr ... angegeben.
Mit Schreiben vom 29. August 2017 an die Landrätin des Landkreises ... wies Herr ... – erneut als „Verwalter“ der „...“ - darauf hin, dass er auf sein Schreiben vom 13. April 2017 bisher keine Reaktion erhalten habe.
Mit Schreiben vom 28. September 2017 teilte das Landratsamt ... Herrn ... mit, dass mit dem Abbruch des Wirtschaftsteils aus denkmalfachlicher Sicht Einverständnis bestehe. Den Wohnteil halte das Landesamt für Denkmalpflege grundsätzlich für sanierbar. Wolle Herr ... diesen Gebäudeteil dennoch beseitigen, müsse ein entsprechender denkmalrechtlicher Abbruchantrag gestellt und diesem eine Wirtschaftlichkeitsberechnung beigefügt werden.
Ferner bat das Landratsamt Herrn ... in dem Schreiben um Beantwortung der Frage, wer Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... sei. Im Grundbuch sei die Firma ... als Eigentümerin eingetragen. Laut Handelsregisterauszug sei deren persönlich haftende Gesellschafterin die ... in .... Weiter enthalte der Handelsregisterauszug den Hinweis, dass durch Beschluss des Amtsgericht ... vom 30. April 2002 über das Vermögen der Gesellschaft – wohl die ... – das Insolvenzverfahren eröffnet worden und die Gesellschaft zwischenzeitlich aufgelöst sei.
Mit E-Mail vom 10. Oktober 2017 teilte der erste Bürgermeister der Gemeinde ... dem Landratsamt mit, dass durch herabstützende Teile Personen, Tiere oder Fahrzeuge, die in der Nähe abgestellt seien, verletzt bzw. beschädigt werden könnten. Das Grundstück sei frei zugänglich und damit gerade für Kinder oder Jugendliche ein Anziehungspunkt. Hier müsse dringend etwas getan werden, am besten ein Abriss noch vor dem Winter.
Am 23. Oktober 2017 führte das Landratsamt ... einen Ortstermin durch. Gemäß dem darüber gefertigten Vermerk sei der Wirtschaftsteil eingebrochen und nicht mehr zu retten. Das Wohngebäude sei unbeschadet von diesem Einbruch. Zunächst müsse der Verfügungsberechtigte ermittelt werden. Die ... sei insolvent bzw. bereits aufgelöst. Unbestätigten Angaben zufolge sei Herr ... sen. nun als Insolvenzverwalter eingesetzt. Als Sofortmaßnahme werde die Errichtung eines Bauzauns zum Schutz des einsturzgefährdeten Bereichs gefordert. Desweiteren sei auf der Giebelseite zur Straße hin ein Netz im Bereich des Obergeschosses und des Dachgeschosses anzubringen, um das Herabfallen von Putzelementen zu verhindern.
In einem Aktenvermerk des Landratsamts ... vom 7. November 2017 zur „Ermittlung der aktuell verfügungsberechtigten Person des Grundstücks Fl.Nr. ... Gemarkung ... für die anstehende Sicherungsmaßnahme“ wurde festgehalten: Das Insolvenzgericht Kempten sei kontaktiert worden, um den Insolvenzverwalter ausfindig zu machen. Dieser habe sodann mitgeteilt, dass er für das Anwesen nicht zuständig sei, da das Anwesen aus der Insolvenz freigegeben worden sei. Die „Auflösung der Gesellschaft“ sei die Änderung des Gesellschaftszwecks zur Liquidation. Erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens werde die Gesellschaft gelöscht werden. Somit sei nach Auskunft des Insolvenzverwalters die ... verfügungsberechtigt.
Ferner habe eine telefonische Anfrage beim Amtsgericht - Registergericht - ergeben, dass die persönlich haftende Gesellschafterin der, die ... Bauverwaltungs GmbH, seit 2012 gelöscht sei. Dies sei jedoch im Register noch nicht entsprechend vermerkt. Die Klärung des aktuell persönlich haftenden Gesellschafters müsse noch erfolgen, die Dauer sei ungewiss.
Der Insolvenzverwalter habe Herrn ... als Verfügungsberechtigten angegeben.
Mit Bescheid 7. November 2017 erließ das Landratsamt ... folgende Anordnung:
1. Der Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... wird verpflichtet, zur Sicherung vor herabfallenden Putzteilen eine Abhängung mit Netzen der kompletten westlichen Giebelfläche des Wohnhauses innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Bescheids anzubringen. Die Befestigung des Netzes/der Netze hat in denkmalschonender Weise zu erfolgen; die denkmalrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 DSchG wird hierfür erteilt.
2. Der Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... wird verpflichtet, eine geeignete Absperrvorrichtung gemäß beiliegendem Lageplan vom 7.11.2017 auf der Nord-Ost- und Süd-West-Seite des Wirtschaftsteils innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Bescheids zu errichten, so dass das Gebäude nicht mehr betreten werden kann und der einsturzgefährdete Bereich am Anwesen abgesperrt wird.
Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 des Bescheids wurde angeordnet.
Im Adressfeld des Bescheids war angegeben:
...
...
...
...
In den Bescheidgründen wurde unter anderem ausgeführt: Bei einer Baukontrolle durch Mitarbeiter des Landratsamts am 20. Oktober 2017 sei festgestellt worden, dass sich der Wirtschaftsteil in einem baulich sehr schlechten Zustand befinde und das Dach flächenweise stark eingefallen sei. Die noch vorhandenen Dach- und Seitenwandelemente seien akut einsturzgefährdet; durch das Fehlen einer vollständigen Bedachung gelange bei Niederschlag Wasser in das Gebäudeinnere und könne die noch vorhandenen Elemente beschädigen. Äußerst bedenklich erscheine derzeit der bauliche Zustand, so dass der Wirtschaftsteil aufgrund der Einsturzgefahr nicht betreten werden dürfe. Es bestehe die Gefahr, dass weiterhin Teile des Daches auf privaten und öffentlichen Grund fielen und bei einem etwaigen (Teil-) Einsturz des Gebäudes Gefahr für Leib und Leben bestehe. Der Wohnteil des Gebäudes hingegen sei vom eingestürzten Dach nicht betroffen. Jedoch platzten auf der Giebelseite im Norden (große) Putzelemente ab und stürzten zu Boden. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zur Kreisstraße bestehe die Gefahr, dass diese Putzelemente auf die öffentliche Straße fielen; daher bestehe auch eine Gefahr für Leib und Leben von Verkehrsteilnehmern und Passanten.
Die Anordnungen nach Ziffer 1 und 2 des Bescheidtenors beruhten auf Art. 54 Abs. 4 BayBO. Art. 54 Abs. 4 BayBO ermächtigte insbesondere dazu, erforderliche Sicherungsmaßnahmen aus Sicherheitsgründen anzuordnen. Das Landratsamt gehe davon aus, dass eine konkrete erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit von Personen bestehe, die sich im betreffenden Gebäudeteil, in dessen Nähe und darüber hinaus auf den benachbarten Grundstücken, insbesondere auf der nördlich vorbeiführenden Kreisstraße, aufhielten. Ein längeres Zuwarten sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nicht mehr verantwortbar, da derartige Schäden ohne jede Vorankündigung eintreten könnten. Die angeordneten Maßnahmen seien notwendig und führten zu keinem über den Zweck hinausgehenden Eingriff.
Von einer Anhörung habe nach Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG abgesehen werden können.
Die Verpflichtungen zur sofortigen Durchführung der Sicherheitsmaßnahmen nach Ziffer 1 und 2 des Bescheids seien an Herrn ... (sen.) als Zustandsstörer zu richten.
Am 6. Dezember 2017 ließ die Klägerin, „vertreten durch Herrn ... (sen.)“ Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit dem Antrag,
den Bescheid vom 7. November 2017 aufzuheben.
Ferner ließ Herr ... (sen.) gegen den Bescheid vom 7. November 2017 Klage erheben (Au 4 K 17.1874).
Zur Begründung beider Klagen wurde mit Schriftsatz vom 7. Februar 2018 ausgeführt: Der Bescheid richte sich zu Unrecht gegen Herrn ... Dieser sei zu keinem Zeitpunkt Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks gewesen; er habe auch keine Verfügungsgewalt über das Grundstück. Auch die ... sei nicht richtiger Adressat der Verfügung. Ursprünglich sei diese Klägerin Eigentümerin des Grundstücks gewesen. Mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 30. April 2002 sei über das Vermögen der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zum Insolvenzverwalter sei Rechtsanwalt, München, bestellt worden. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehe das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1 InsO). Die Klägerin habe ihre Verfügungsgewalt über das streitgegenständliche Grundstück damit verloren. Der Insolvenzverwalter habe mit Schreiben vom 17. Mai 2006 eine Reihe von Grundstücken, die im Eigentum der Insolvenzschuldnerin standen, aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben. Allerdings befinde sich das streitgegenständliche Grundstück nicht darunter. Das Landratsamt habe seinen Bescheid daher gegen den Insolvenzverwalter richten müssen.
Zudem sei die Insolvenzschuldnerin bereits aufgelöst. Hiervon sei das Landratsamt in seinem Schreiben vom 28. September 2017 selbst ausgegangen. Damit sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Landratsamt den Bescheid gleichwohl an die Klägerin richte.
Der Bescheid sei auch rechtswidrig, weil keine Anhörung der Betroffenen erfolgt sei. Das Landratsamt habe eine konkrete erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit von Personen zwar behauptet, jedoch keinen Nachweis diesbezüglich geführt.
Zudem sei Ziffer 2 des Bescheids unbestimmt. Was unter einer „geeigneten Absperrvorrichtung“ zu verstehen sei, gehe aus dem Bescheid nicht hervor. Der Lageplan äußere sich lediglich dazu, wo die Absperrvorrichtung anzubringen sei.
Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 21. März 2018,
die Klage abzuweisen.
Das gegenständliche Grundstück sei vom Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 23. November 2009 aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben worden. Folglich sei die Firma ... verfügungsberechtigt und somit der richtige Adressat des Bescheids. Herr ... habe mit Schreiben vom 7. Dezember 2009 den Erhalt der Insolvenzfreigabe quittiert.
Die persönlich haftende Gesellschafterin der ... sei die ... -GmbH, die bereits im Jahr 2012 gelöscht worden sei, so dass derzeit keine persönlich haftende Gesellschafterin der ... existiere.
Ferner trete Herr ... in den an das Landratsamt gerichteten Schreiben als Verwalter der über das Grundstück verfügungsberechtigten ... auf.
Eine Verletzung der Anhörungspflicht nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG liege nicht vor, da eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit von Personen aufgrund drohenden Herabfallens von Putzelementen bestehe, Art. 28 Abs. 2 Nr. BayVwVfG. Im Übrigen werde auch auf die Ausführungen im Bescheid verwiesen.
Die Anordnung der Sicherungsmaßnahme unter Ziffer 2 des Bescheids sei ausreichend bestimmt. Die geeignete Absperrvorrichtung werde mittels dem Bescheid beigefügten Lageplan dahingehend konkretisiert, das neben der zeichnerischen Lage der Absperrung der Zusatz „Bauzaun“ angebracht sei.
Mit Schriftsatz vom 6. April 2018 ließ die Klägerseite erwidern. Dem Kläger ... (sen.) sei nicht mehr geläufig gewesen, dass das hier streitbefangene Grundstück an die ... GmbH & Co. KG freigegeben worden sei. Eine Nachfrage beim Insolvenzgericht sei zunächst nicht erfolgreich gewesen, weil dort die Akten momentan nicht vorhanden seien. Der Kläger ... (sen.) habe mit notarieller Urkunde sein Geschäftsführeramt der ... -GmbH am 6. April 2018 mit sofortiger Wirkung aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt. Die GmbH & Co. KG selbst verfüge über kein Vermögen, das verwertbar wäre. Das streitgegenständliche Anwesen sei mit hohen denkmalschutzrechtlichen Auflagen belegt und könne daher nicht abgerissen werden. Eine Sanierung sei so teuer, dass sich hierfür auch kein Kaufinteressent finde.
Am 11. April 2018 fand die mündliche Verhandlung statt, in der die schriftsätzlich angekündigten Anträge gestellt wurden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten Bezug genommen.
Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid des Landratsamts ... vom 7. November 2017 rechtmäßig ist und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Bescheid ist formell rechtmäßig ergangen. Eine Anhörung der Klägerin gem. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG war gem. Abs. 2 Nr. 1 der Norm entbehrlich; eine sofortige Entscheidung erschien angesichts des Zustands des Gebäudes auf Fl.Nr., Gemarkung, wegen Gefahr in Verzug, jedenfalls aber im öffentlichen Interesse notwendig. Unstreitig waren bei Bescheiderlass bereits Teile des Wirtschaftsteils des landwirtschaftlichen Anwesens eingestürzt. Der Kläger ... (sen.) hat das Landratsamt selbst mit Schreiben vom 13. April 2017 (Bl. 5 denkmalfachlicher Akt) darauf aufmerksam gemacht, dass das Gebäude nach Aussage eines Bausachverständigen akut einsturzgefährdet sei und nicht mehr betreten werden dürfe; diese Aussage bezieht sich offenbar – nachdem keine weitere Differenzierung erfolgte – auf das Gesamtgebäude, d.h. Wohn- und Wirtschaftsteil. Hinsichtlich des von Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids erfassten Herabfallens von Putzteilen ergibt sich aus den vom Landratsamt bei einem Ortstermin am 20. Oktober 2017 gefertigten Fotos (Bl. 5 ff. Behördenakt) augenscheinlich, dass bereits großflächige Putzteile aus der Giebelwand herausgebrochen waren und dass es der Gesamtzustand des Gebäudes erwarten ließ, dass derartiges jederzeit wieder passieren kann. Auch aus einem Vergleich mit dem im Denkmalatlas vorhandenen Foto (Bl. 3 Behördenakt) ergibt sich eine klare Verschlechterung des Zustands der fraglichen Fassade. Mit einem weiteren Einsturz des Gebäudes oder einem weiteren Herabfallen von Bauteilen musste, zumal mit Blick auf mögliche Herbstbzw. Winterstürme und Schneelasten, bei Bescheiderlass weiterhin gerechnet werden. Hinzu tritt, dass das Gebäude im Ortskern von ... sowie direkt an einer Kreisstraße gelegen ist, so dass sich regelmäßig Personen in der unmittelbaren Nähe des Gebäudes aufhalten. Da es sich bei den hier in Rede stehenden Rechtsgütern Leben und Gesundheit um hochwertige Rechtsgüter handelt, zu deren Schutz der Staat gemäß Art. 2 Abs. 2 GG auch verfassungsrechtlich verpflichtet ist, sind an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2016 – 9 CS 16.191 – juris Rn. 13).
Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte bereits wenige Wochen vor Bescheiderlass (28.9.2017) auf Anfrage des Herrn ... als „Verwalter“ an diesen ein Schreiben gerichtet hat, in dem sowohl der Zustand des Gebäudes als auch die Frage der Verfügungsbefugnis / Eigentümerstellung sowie die gesellschaftsrechtliche Situation der Klägerin thematisiert worden waren. Eine Reaktion auf dieses Schreiben erfolgte nicht. Auch hatte Herr ... selbst das Landratsamt, wie ausgeführt, bereits mit Schreiben vom 13. April 2017 auf die Einsturzgefährdung hingewiesen. Die mit dem streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Anordnungen für Sicherungsmaßnahmen konnten daher nicht überraschend sein; es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, was klägerseits bei einer Anhörung zusätzlich zu dem bereits erfolgten Schriftwechsel geltend gemacht worden wäre.
Im Übrigen wäre ein Anhörungsmangel zwischenzeitlich im Laufe des gerichtlichen Verfahrens gem. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG geheilt worden. Die Klägerin hatte Gelegenheit, ihre Einwände gegen den streitgegenständlichen Bescheid vorzutragen; der Beklagte ist hierauf in der Klageerwiderung eingegangen.
Der Bescheid vom 7. November 2017 ist auch materiell rechtmäßig. Dabei kann offen bleiben, ob auf Art. 54 Abs. 4 BayBO (Anforderungen an bestandsgeschützte Gebäude) zurückgegriffen werden musste. Die mit dem Bescheid getroffenen Anordnungen provisorischer Sicherungsmaßnahmen (insbesondere Absperrungen) bei einer – wie hier gegebenen – Gefahr für Personen durch herabstürzende Bauteile bzw. die Anordnungen von Maßnahmen zur Gewährleistung der – hier gefährdeten – Verkehrssicherheit können auch auf die allgemeine Befugnisnorm des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO gestützt werden (vgl. Beispiele bei Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 52 m.N. aus der Rechtsprechung). Ein etwa nötiger Austausch der Rechtsgrundlage ist möglich; die Begründung für die bescheidmäßig getroffenen Regelungen würde nicht in ihrem Wesen geändert (vgl. etwa BayVGH, B.v. 5.3.2018 – 8 ZB 16.993 – juris Rn. 10 m.w.N.), denn Anlass (Baufälligkeit eines Gebäudes führt zu Gefahren für Leib und Leben von Personen sowie einer Gefahr für die Verkehrssicherheit) und Ziel der Maßnahmen (Beseitigung dieser Gefahren) wären identisch.
Im Übrigen lagen auch die Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO vor. Eine konkrete, erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit folgt, wie ausgeführt, aus dem Zustand des Gebäudes und dem jederzeit möglichen Eintritt einer weiteren Verschlechterung, einschließlich des Herabfallens von Bauteilen.
Der angefochtene Bescheid ist auch im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ausreichend bestimmt. Selbst ohne den Lageplan, auf den Ziffer 2 des Bescheids verweist, kann die Klägerin als Betroffene der Formulierung „geeignete Absperrvorrichtung“ in Verbindung mit der Beschreibung des damit verfolgten Ziels („...so dass das Gebäude nicht mehr betreten werden kann und der einsturzgefährdete Bereich im Anwesen abgesperrt wird“) klar entnehmen, was von ihr verlangt wird, zumal es sich bei der Klägerin offenbar selbst um ein Bauunternehmen handelt bzw. gehandelt hat. Die Offenheit der Formulierung („geeignet“) kommt der Klägerin sogar zu Gute, da damit – so lange das Bescheidziel erreicht wird – eine gewisse Flexibilität einhergeht.
Der Bescheid richtet sich auch zu Recht gegen die Klägerin (... GmbH & Co. KG). Diese ist ausweislich des in den Behördenakten befindlichen Grundbuchauszugs und der Auskunft des zuständigen Grundbuchamts Eigentümerin des in Rede stehenden Grundstücks (vgl. Art. 9 Abs. 2 Satz 2 LStVG, der als allgemeine Bestimmung über die sicherheitsrechtliche Verantwortlichkeit heranzuziehen ist; vgl. Decker, in: Simon/Busse, BayBO, Art. 76 Rn. 152; Dirnberger, a.a.O., Art. 54 Rn. 110). Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen im Jahre 2002 (vgl. Handelsregisterauszug, Bl. 29 Behördenakt) änderte sich an der Eigentümerstellung der Klägerin nichts. Zwar wurde die Kläger hierdurch gem. § 161 Abs. 2 i.V.m. § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB kraft Gesetzes aufgelöst. Die durch diese Vorschriften angeordnete Auflösung der KG bedeutet aber nicht deren Ende, sondern nur ihren Übergang aus der dem Gesellschaftszweck gewidmeten, werbenden Tätigkeit in die Abwicklung (Zweckänderung). Die Klägerin besteht also bis zu ihrer – hier noch nicht vorliegenden – Beendigung weiter (vgl. Baumbach/Hopt/Roth, HGB, § 131 Rn. 2).
Die Anordnungen mussten sich auch nicht wegen § 80 Abs. 1 InsO gegen den Insolvenzverwalter richten. Der Insolvenzverwalter kann Gegenstände, die zur Insolvenzmasse gehören, kraft der ihm nach § 80 Abs. 1 InsO zustehenden Verfügungsmacht freigeben (Uhlenbruck/Mock, InsO, § 80 Rn. 30). Dies ist hier hinsichtlich des fraglichen Grundstücks mit Schreiben des Insolvenzverwalters vom 23. November 2009 (vgl. Anlage zur Klageerwiderung) geschehen. Unerheblich ist insoweit, ob die Freigabe an die Klägerin (so Schriftsatz der Klägerseite vom 6.4.2018) oder Herrn ... (so Adressierung des Schreibens des Insolvenzverwalters vom 23.11.2009) erfolgte. Entscheidend für eine Verantwortlichkeit der Klägerin ist, dass sie – wie klägerseits selbst vorgetragen wird – weiterhin Eigentümerin des Grundstücks bzw. Anwesens ist und auf Grund der Freigabe keine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters besteht.
Unschädlich für eine Verantwortlichkeit der Klägerin ist schließlich, dass nach den Gründen des angefochtenen Bescheids (Nr. 7; vgl. auch Nr. 4) die Verpflichtungen zur Durchführung der Sicherheitsmaßnahmen an Herrn ... als Zustandsstörer zu richten waren. Diese Formulierung betrifft die Inanspruchnahme von Herrn ... als Zustandsverantwortlichen gem. Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG (Inhaber der tatsächlichen Gewalt, vgl. Urteil im Verfahren Au 4 K 17.1874). An der Verantwortlichkeit der Klägerin als Eigentümerin gem. Art. 9 Abs. 2 Satz 2 LStVG ändert sich hierdurch nichts.
Der streitgegenständliche Bescheid ist auch hinsichtlich der Inanspruchnahme der Klägerin als Verantwortliche und auch sonst ermessensgerecht. Innerhalb der durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Gleichbehandlungsgebot gezogenen Grenzen darf sich die Behörde bei der Störerauswahl sehr weitgehend von Zweckmäßigkeitsüberlegungen leiten lassen und die Anordnungen gegen denjenigen richten, bei dem sie voraussichtlich am wirkungsvollsten sein werden (vgl. Schwarzer/König, BayBO, Art. 54 Rn. 27). Vor dem Hintergrund, dass Art. 9 Abs. 2 Satz 2 LStVG ausdrücklich eine Verantwortlichkeit des Eigentümers normiert und die Klägerin unstreitig nach wie vor Eigentümerin des betroffenen Grundstücks ist, ist ihre Inanspruchnahme nicht zu beanstanden. Zwar befindet sich die Klägerin schon seit 2002 im Insolvenzverfahren; jedoch konnte der Beklagte davon ausgehen, dass mit Herrn ... (sen.) in Bezug auf das streitgegenständliche Grundstück noch ein Vertreter bzw. Beauftragter vorhanden war, hat dieser sich doch wiederholt gegenüber dem Beklagten als „Verwalter“ bezeichnet (Schreiben vom 4.4.2017, vom 13.4.2017 und vom 29.8.2017; Bl. 2, Bl. 5, Bl. 34 denkmalfachlicher Akt); ferner hat Herr ... (sen.) ein an die Klägerin, „z. Hd. Herrn ...“ adressiertes Schreiben der ... Lebensversicherung AG vorgelegt (Bl. 4 denkmalfachlicher Akt). Nicht zuletzt wurde die vorliegende Klage von der Klägerin „vertreten durch Herrn ... (sen.)“ erhoben (Klageschriftsatz vom 6.12.2017) und hat sich herausgestellt, dass klägerseits selbst davon ausgegangen wurde, bis zur Niederlegung am 6. April 2018 ein Geschäftsführer der Komplementärin der GmbH & Co. KG und damit gesetzlicher Vertreter der Klägerin (§§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 1 HGB, § 35 Abs. 1 GmbHG) vorhanden war.
Angesichts des Zustands des Gebäudes und der – wie ausgeführt – darauf zurückzuführenden konkreten Gefahr, dass Leib und Leben von Menschen sowie die Verkehrssicherheit verletzt werden könnten, erweisen sich die geforderten Maßnahmen auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten als ermessensgerecht. Dass mildere Mittel als die geforderten vorläufigen Sicherungsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr in Betracht kämen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Frage einer wirtschaftlichen Erhaltungsfähigkeit des Gebäudes ist – erst – zu prüfen, sollte ein Antrag auf Erteilung einer Beseitigungserlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 DSchG gestellt werden; hierbei ist u.a. eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorzulegen (vgl. näher BayVGH, U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – juris).
Rechtliche Bedenken hinsichtlich der u.a. auf Art. 36, 31 BayVwZVG gestützten Androhung von Zwangsgeldern (Ziff. 3 des Bescheids) bestehen ebenfalls nicht.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.