Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Feb. 2017 - Au 3 K 16.31049

published on 22/02/2017 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Feb. 2017 - Au 3 K 16.31049
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Nach ihren Angaben sind die Kläger, eine fünfköpfige Familie, afghanische Staatsangehörige mit paschtunischer Volkszugehörigkeit aus Jangal Bashi in der Provinz Kunduz und am ... 1970, ... 1977, ... 2001, ... 2005 und ... 2007 geboren. Sie und der volljährige Sohn M. meldeten sich am * 2015 in München als Asylbewerber und stellten am 21. September 2015 Asylanträge.

Der volljährige Sohn H. der Kläger zu 1. und 2. und Bruder der Kläger zu 3. bis 5. sowie seine Ehefrau meldeten sich am ... 2015 in München als Asylbewerber und stellten am 7. Juli 2016 Asylanträge. Sie seien zusammen mit den Klägern ausgereist und dann in der Türkei getrennt worden. Gegen den ihre Asylanträge ablehnenden Bescheid des Bundesamts vom 28. November 2016 haben sie unter dem Az. Au 1 K 16.32754 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde. Dagegen wurde dem Sohn M. mit Bescheid des Bundesamts vom 13. Juli 2016 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, weil aufgrund des ermittelten Sachverhalts davon auszugehen sei, dass seine Furcht begründet sei.

Bei seiner Anhörung am 24. Juni 2016 trug der Kläger zu 1. vor, sie hätten ein Grundstück gehabt und Reis, Weizen und Mais angebaut. Sie hätten noch einen Gemüsegarten und Kühe, Schafe und Ziegen gehabt. Sie hätten in Afghanistan gut gelebt. In letzter Zeit seien immer Taliban im Dorf gewesen. Sie seien vor den Taliban geflohen. Diese hätten in der Moschee im Dorf ihr Lager eingerichtet. Jeden Tag sei eine Familie aus dem Dorf verpflichtet gewesen, ihnen Essen zu bringen. Zwei Mal hätten ihn die Taliban bedroht. Sie hätten gesagt, er müsse seine Söhne schicken, sonst würden sie ihn umbringen. Er habe Narben am Kopf durch die Tritte und Schläge von den Taliban, die ihn gefragt hätten, wo seine Söhne seien bzw. wo er seine Söhne versteckt habe. Die Taliban hätten viele umgebracht. Seine Eltern seien mit seinem 15 Jahre alten Bruder und seiner 8 Jahre alten Schwester nach Kunduz zum Einkaufen unterwegs gewesen. Alle seien bei einem Bombenanschlag in Kunduz getötet worden. Nachdem seine Eltern gestorben seien, hätten sie beschlossen, das Land zu verlassen. Die Taliban durchsuchten die Häuser, wo die Jugendlichen seien. Jeden Tag seien sie Bombenangriffen und Raketen ausgesetzt gewesen. Wegen der Taliban habe er sein Grundstück und sein Vieh für einen günstigen Preis verkauft. Er und seine Frau seien Analphabeten und wollten für ihre Kinder eine bessere Zukunft. Die Taliban hätten seine Schwiegereltern bzw. deren Haus mit Raketen beschossen. Dabei seien fünf Personen ums Leben gekommen. Sie hätten alles verkauft und hätten vielleicht eine Zeit lang in Mazar-e-Sharif überlebt. Man wisse allerdings nie wie lange.

Die Klägerin zu 2. trug bei ihrer Anhörung vor, sie hätten gut gelebt. Dann seien die Taliban in das Dorf gekommen und hätten sie unterdrückt. Die Taliban hätten ihre Söhne mitnehmen wollen. Sie hätten auch ihre Eltern und ihre Schwiegereltern umgebracht. Ihre Eltern seien schon vor 15 Jahren gestorben, die Eltern ihres Mannes erst kürzlich. Es seien nur alte Menschen im Dorf geblieben. Sie sei krank gewesen und ihr Mann habe sie immer auf seinem Rücken getragen. Sie sei drei Wochen im Krankenhaus gewesen, habe aber keine Unterlagen erhalten und wisse nicht, was sie gehabt habe. Jetzt sei sie wieder gesund. Ihr Sohn H. sei später nachgereist, weil sie durch das Sinken des Schiffes getrennt worden seien.

Mit Bescheid vom 29. Juni 2016 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, Asylanerkennung und subsidiären Schutz ab, verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG und drohte den Klägern die Abschiebung nach Afghanistan oder in einen anderen Staat an, in den sie einreisen dürften oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei. Zudem wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Das Vorbringen der Kläger zu 1. und 2. sie würden von den Taliban bedroht, sei auffallend unsubstantiiert und vage. Die Kläger stammten aus der Provinz Kunduz und somit aus einem Gebiet, in dem von einer hohen Bedrohungslage auszugehen sei, doch seien individuelle gefahrenerhöhende Umstände weder aus ihrem Sachvortrag noch aus den Erkenntnissen des Bundesamts erkennbar. Darüber hinaus könnten sie auf einen internen Schutz in einem anderen Teil Afghanistans verwiesen werden. Anzeichen dafür, dass die humanitären Bedingungen bei einer Rückkehr nach Afghanistan als derart schlecht zu bewerten seien, dass sie den Schweregrad einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 3 EMRK aufweisen würden, gebe es nicht. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger zu 1. als gesunder Mann auch ohne nennenswertes Vermögen oder abgeschlossene Berufsausbildung bei einer Rückkehr in der Lage sei, durch Gelegenheitsarbeiten etwa in Kabul wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und damit sich und seiner Familie zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Des Weiteren könnten die Kläger im Rahmen des Familienzusammenhalts auf Hilfe der Schwester des Klägers zu 1. sowie des Onkels und der Schwester der Klägerin zu 2., die noch in Afghanistan lebten, zurückgreifen.

Am 14. Juli 2016 erhoben die Kläger Klage. Sie beantragen,

den Bescheid des Bundesamts vom 29. Juni 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutz zu gewähren, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Klage wurde mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 11. November 2016 begründet. Die Kläger hätten in ihrer Anhörung glaubhaft erklärt, dass sie ihre Heimat wegen der Taliban verlassen hätten, weil diese die Bevölkerung gezwungen hätten, sie mit Nahrungsmitteln und Kindern als Soldaten zu versorgen. So wie beide Elternteile in der Anhörung mit Tränen reagiert hätten, sei auch davon auszugehen, dass die Eltern des Klägers zu 1. tatsächlich durch die Taliban gestorben seien, so dass eine Rückkehr in das Heimatdorf nicht möglich sein werde. Die Region Kunduz sei in der Hand der Taliban. Offensichtlich sei Mazar-e-Sharif keine sichere Fluchtalternative, nachdem das als hoch gesichert geltende deutsche Generalkonsulat von den Taliban angegriffen worden sei und es dabei mehrere Tote gegeben habe. Da der Kläger zu 1. bereits mehrere Verletzungen durch die Taliban erlitten habe, sei davon auszugehen, dass die Familie vorverfolgt ausgereist sei. Kabul sei für die Familie keine inländische Fluchtalternative, weil sie nicht in der Lage sein werde, sich eine ausreichende und menschenwürdige Existenz aufzubauen. Der Kläger zu 1. sehe bereits vorgealtert aus und werde daher Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben. Die Familie werde in der Masse der Flüchtlinge untergehen, die Konkurrenz der anderen Tagelöhner und Einheimischen werde zu groß sein. Somit sei davon auszugehen, dass zumindest Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG vorlägen, weil die Familie ein menschenunwürdiges Elend im Sinn des Art. 3 EMRK in Afghanistan erwarten würde; es sei davon auszugehen, dass sie nicht in der Lage wäre, ihre elementaren Bedürfnisse wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft zu befriedigen.

Ergänzend wird auf den Akteneinhalt, insbesondere das Protokoll über die Anhörung der Kläger zu 1. und 2. beim Bundesamt und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisgrundlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinn von § 3 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG und für die Zuerkennung subsidiären Schutzes im Sinn von § 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG liegen nicht vor. Die Kläger halten sich weder aus begründeter Furcht vor politischer Verfolgung außerhalb Afghanistans auf noch haben sie stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihnen nach einer Rückkehr in Afghanistan ein ernsthafter Schaden droht. Ihr diesbezügliches Vorbringen ist nicht glaubhaft.

Es ist bereits nicht glaubhaft, dass die Kläger in Afghanistan in dem Dorf Jangal Bashi gelebt haben. Abgesehen davon, dass nach einer Information aus dem Internet (http: …trip-suggest.com/afghanistan/kunduz/jangal-bashi) Jangal Bashi eine Stadt ist, haben die Kläger zu 1. und 2. zur Entfernung zwischen Jangal Bashi und der Provinzhauptstadt Kunduz offensichtlich unrichtige Angaben gemacht. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Straße nach Kunduz größtenteils nicht asphaltiert ist, ist eine Fahrdauer mit dem Auto von einer Stunde und 15 Minuten oder sogar einer Stunde und 30 Minuten für die etwa 10 km lange Strecke völlig unrealistisch. Zudem liegt Jangal Bashi nicht im Distrikt Khanabad, sondern im Distrikt Aliabad. In diesem Zusammenhang misst das Gericht der „Offiziellen Erklärung über die Eheschließung“ des ältesten Sohnes H. besondere Bedeutung zu, die am 22. November 2016 aufgrund der Aussagen von drei persönlich erschienenen Trauzeugen im Generalkonsulat der Islamischen Republik Afghanistan in München angefertigt und ausgestellt wurde (vgl. Bl. 10 f. der VG-Akte Au 1 K 16.32754). Daraus ergibt sich nicht nur, dass der Sohn H. am 31. Mai 2013 in Kunduz geheiratet hat, sondern auch, dass er und seine Ehefrau ebenso wie die als Leumundszeugen aufgeführten Kläger zu 1. und 2., also seine Eltern, ihren Hauptwohnsitz in Kunduz hatten. Bereits bei der Asylantragstellung am 7. Juli 2016 hatte H. Kunduz als seinen Geburtsort angegeben.

Die fehlende Glaubwürdigkeit der Kläger zu 1. und 2. zeigt sich auch daran, dass sie die Umstände des Todes der Eltern des Klägers zu 1. in wesentlichen Punkten unterschiedlich geschildert haben. Beim Bundesamt hat der Kläger zu 1. noch vorgetragen, seine Eltern seien bei einem Bombenanschlag in Kunduz getötet worden. Der Sohn H. trug bei seiner Anhörung insoweit übereinstimmend vor, als seine Großeltern zum Einkaufen in Kunduz gewesen seien, seien sie bei einem Selbstmordanschlag durch die Explosion getötet worden. Dagegen behauptete der Kläger zu 1. vor Gericht, seine Eltern seien in Kunduz bei Kämpfen zwischen der Regierungsseite und den Taliban erschossen worden. Die Klägerin zu 2. bestätigte bei ihrer Anhörung, dass ihre Schwiegereltern in Kunduz erschossen worden seien. Des Weiteren hat der Kläger zu 1. in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, seine Eltern seien etwa drei Monate vor seiner Ausreise umgebracht worden. Nach den Angaben zum Ausreisezeitpunkt („zwei Monate waren wir unterwegs“) müssten die Eltern etwa im Februar 2015 ums Leben gekommen sein. Dies steht nicht nur in einem klaren Widerspruch zur Äußerung der Klägerin zu 2., sie hätten ihr Heimatland zweieinhalb bis drei Jahre nach dem Tod der Schwiegereltern verlassen, sondern auch zu ihrer modifizierten Aussage. Wären die Schwiegereltern „Von heute ab vor ca. drei Jahren“ gestorben, wäre dies bereits im Februar 2014 gewesen. Zudem hat der Sohn H. bei seiner Anhörung durch das Bundesamt am 7. Oktober 2016 ausgesagt, dies sei „Jetzt, vor ca. 3 Jahren“ geschehen, so dass sich der Vorfall bereits im Herbst 2013 ereignet hätte.

Entsprechendes gilt für die angeblichen Umstände des Todes der Schwiegereltern des Klägers zu 1. bzw. Eltern der Klägerin zu 2.. Beim Bundesamt hat der Kläger zu 1. geäußert, die Taliban hätten seine Schwiegereltern bzw. deren Haus mit Raketen beschossen und bei dem Beschuss seien diese und drei weitere Personen ums Leben gekommen. Der Sohn H. sagte beim Bundesamt aus, seine Großeltern mütterlicherseits, ein Onkel und eine Tante seien ums Leben gekommen, als eine Rakete ihr Haus getroffen habe. Dagegen behauptete der Kläger zu 1. vor Gericht, seine Schwiegereltern und drei weitere Angehörige seien von Banditen erschossen worden, weil sie kein Geld mehr gehabt hätten, nachdem andere Banditen ihnen dieses abgenommen gehabt hätten. Die Klägerin zu 2. hatte im August 2015 im Klinikum Augsburg noch geäußert, sie habe ein traumatisches Erlebnis gehabt, da ihre Familie bei einem Bombenanschlag umgekommen sei (vgl. Arztbrief der 3. Medizinischen Klinik des Klinikums Augsburg vom 4.8./19.8.2015).

Die angeblichen Bemühungen der Taliban um eine Zwangsrekrutierung der beiden älteren Söhne oder sogar des Klägers zu 1. sind schon deshalb nicht glaubhaft, weil nicht nachvollziehbar ist, wie sie sich den Zwangsrekrutierungsver-suchen über einen längeren Zeitraum hinweg hätten entziehen können. Zwangsrekrutierungen durch die Taliban sind ohnehin sehr unwahrscheinlich (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Afghanistan vom 19.10.2016, II. 1.6 Militärdienst S. 12).

Da die Kläger nicht in einem Dorf, sondern in der Stadt Kunduz gelebt haben, ist es auch nicht glaubhaft, dass sie Analphabeten sind. Sie haben nicht ansatzweise plausibel erklären können, wie sie in der Lage gewesen sind, die Schleusungs-kosten in Höhe von 45.000 US-Dollar aufzubringen. Sie haben sich nicht nur unter Aliasnamen als Asylbewerber gemeldet, sondern offenkundig auch unrichtige Geburtsdaten angegeben. So passen die Angaben zum Heiratsalter nicht zu den angeblichen Geburtsdaten der Kläger zu 1. und 2. sowie des Sohnes H.. Zudem hat das Gericht aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger zu 4. kein Kind im Alter von etwa elfeinhalb Jahren ist, sondern ein mindestens 16-jähriger Jugendlicher. Aufgrund des angegebenen Altersunterschieds zum Kläger zu 5. von ca. eineinhalb Jahren drängt sich deshalb der Schluss auf, dass es sich auch bei dem Kläger zu 5. um einen Jugendlichen handelt. Die Kläger haben nie Personaldokumente vorgelegt, obwohl die Kläger zu 1. und 2. offenbar jeweils im Besitz eines afghanischen Personalausweises sind (vgl. die „Offizielle Erklärung über die Eheschließung“ des Sohnes H. vom 22.11.2016, wo auf S. 2 die Personalausweis-Nummern der Kläger zu 1. und zu 2. genannt werden). Nach den gesamten Umständen ist davon auszugehen, dass die Kläger zu 1. und zu 2. auch Nachweise über das Alter ihrer Kinder den deutschen Behörden und Gerichten vorenthalten.

2. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf die Feststellung, dass bei ihnen ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegt. Ihnen droht in Kabul, Mazar-e-Sharif oder in einem anderen relativ sicheren Landesteil nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinn von Art. 3 EMRK aufgrund allgemeiner Gewalt oder schlechter humanitärer Bedingungen (vgl. VGH BW, U.v. 24.7.2013 - A 11 S 727/13 - juris; U.v. 26.2.2014 - A 11 S 2519/12 - juris; zur Zumutbarkeit der Rückkehr afghanischer Familien vgl. auch OVG NRW, B.v. 5.9.2016 - 13 A 1697/16.A - juris).

a) Aus Art. 3 EMRK folgt, dass die Abschiebung eines Ausländers in einen Staat unzulässig ist, in dem ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr droht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden. Die Bestimmung zielt ebenso wie die gesamte Europäische Menschenrechtskonvention hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Ihre grundlegende Bedeutung macht nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aber eine gewisse Flexibilität erforderlich, um in sehr ungewöhnlichen Fällen eine Abschiebung zu verhindern. In ganz außergewöhnlichen Fällen können daher auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ sind (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12/22 f. Rn. 25). Dies gilt jedenfalls insoweit, als die schlechten humanitären Bedingungen nicht nur oder überwiegend auf Aktionen von Konfliktparteien, sondern überwiegend auf Armut oder Naturereignisse zurückzuführen sind (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 a.a.O.). Für die Beurteilung, ob ganz außergewöhnliche Umstände vorliegen, die nicht in die unmittelbare Verantwortung des Abschiebungszielstaats fallen und die dem abschiebenden Staat nach Art. 3 EMRK eine Abschiebung verbieten, ist grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen und zunächst zu prüfen, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 a.a.O. S. 23 Rn. 26).

b) Die allgemeinen Lebensbedingungen in Afghanistan sind zumindest nicht in allen Landesteilen so ernst/schlecht, dass die Abschiebung einer fünfköpfigen Familie wie die der Kläger, die keine individuellen gefahrerhöhenden Umstände aufweisen, eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde. Die Sicherheitslage und damit auch die wirtschaftliche Situation in Afghanistan weisen starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Es gibt Regionen, z.B. in den Provinzen Kabul, Balkh, Herat, Bamiyan und Panjshir, die im Vergleich mit anderen Landesteilen relativ sicher sind und wirtschaftlich moderat prosperieren (vgl. Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 6.11.2015, Stand November 2015 - Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015 - Zusammenfassung S. 4). Dass jedenfalls die drei Provinzen Kabul, Bamiyan und Panjshir relativ sicher sind, hat auch der afghanische Minister für Flüchtlinge und Repatriierung Balkhi bestätigt, obwohl dieser im Gegensatz zur offiziellen Linie der afghanischen Regierung der Rückführung afghanischer Flüchtlinge aus den EU-Ländern grundsätzlich ablehnend gegenübersteht (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 1. Situation für Rückkehrer und allgemeine wirtschaftliche Rahmenbedingungen S. 24). Daran ändert auch der Anschlag zweier Selbstmordattentäter nichts, die sich am 23. Juli 2016 inmitten eines Demonstrationszugs der Hazara auf einem zentralen Platz in Kabul in die Luft sprengten und mindestens 80 Menschen töteten und 230 Menschen verletzten (vgl. www.tagesschau.de-/ausland/kabul-explosion-105.html). Die Demonstration richtete sich gegen die geplante Trassenführung einer Hochspannungsleitung. Bei dem Anschlag, zu dem sich der sog. Islamische Staat bekannte und von dem sich die Taliban distanzierten, handelt es sich um ein singuläres Ereignis, das die allgemeine Sicherheitslage nicht wesentlich verändert hat. Dies gilt auch für den Anschlag auf das deutsche Generalkonsulat in Mazar-e-Sharif, bei dem es im November 2016 sechs Tote und mehr als 120 Verletzte gegeben hat. Zwar ist die Gesamtzahl der zivilen Opfer bei Kämpfen und Angriffen in Afghanistan im Jahr 2016 gegenüber 2015 um 3% gestiegen. Fast 3.500 Todesopfer und mehr als 7.900 Verletzte wurden dokumentiert. Damit steigt die Zahl der Verletzten seit dem Jahr 2014 kontinuierlich (2014: 6.849; 2015: 7.457), während die Zahl der Toten kontinuierlich sinkt (2014: 3.699; 2015: 3.545). Das Risiko, in Kabul, Mazar-e-Sharif oder einem anderen relativ sicheren Landesteil durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, bleibt jedoch weiterhin weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. zur erforderlichen Verfolgungsdichte BVerwG, U.v. 21.4.2009 - 10 C 11.08 - NVwZ 2009, 1237; BayVGH, B.v. 25.1.2017 - 13a ZB 16.30374 - Rn. 9). Andernfalls wäre nicht verständlich, dass im Jahr 2016 etwa 3.300 afghanische Staatsangehörige freiwillig aus Deutschland in ihr Heimatland zurückgekehrt sind und aus Pakistan und dem Iran sogar über eine Million.

Wie das Beispiel der rund 100.000 pakistanischen Paschtunen zeigt, die wegen der Kämpfe mit der pakistanischen Armee allein im Juni 2014 laut UNHCR aus dem pakistanischen Nord-Waziristan nach Afghanistan gekommen sind und oft direkt von paschtunischen Familien in den afghanischen Nachbarprovinzen Paktika und Khost aufgenommen worden sind, gibt es in Afghanistan über den eigenen Familienverband hinaus eine große Solidarität und Hilfsbereitschaft innerhalb des eigenen Stammesverbandes bzw. der eigenen Volksgruppe (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, III. 5. Lage ausländischer Flüchtlinge S. 22). Dementsprechend erachtet der UNHCR eine interne Schutzalternative dann als zumutbar, wenn die (erweiterte) Familie oder die ethnische Gemeinschaft der Person willens und in der Lage sind, diese in der Praxis tatsächlich zu unterstützen (vgl. UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.4.2016, 3. f.).

c) Trotz kontinuierlicher Fortschritte, die z.B. zu einem Anstieg der Lebenserwartung bei Geburt um 22 Jahre und einem deutlichen Rückgang der Mütter- und Kindersterblichkeit über das letzte Jahrzehnt geführt haben, belegte Afghanistan im Jahr 2015 nur Platz 171 von 188 im Human Development Index der Vereinten Nationen (im Jahr 2011 Platz 172). Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Gerade der Norden - eigentlich die „Kornkammer“ des Landes - ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Die aus chronischer Unterentwicklung und Konflikten resultierenden Folgeerscheinungen haben im Süden und Osten Afghanistans dazu geführt, dass dort ca. 1 Mio. oder fast ein Drittel aller Kinder als akut unterernährt gelten (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 1.1 Grundversorgung S. 24). Der Anteil der Menschen, die unterhalb der nationalen Armutsgrenze leben, beträgt im landesweiten Durchschnitt rund 36 Prozent. Die Arbeitslosenquote stieg im Oktober 2015 auf 40 Prozent (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 1. Rückkehrfragen S. 23).

Die medizinische Versorgung leidet trotz erkennbarer und erheblicher Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärzten und Ärztinnen sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 stand 10.000 Einwohnern Afghanistans statistisch gesehen eine medizinisch qualifizierte Person gegenüber. Durch die gute ärztliche Versorgung im „French Medical Institute“ und dem Deutschen Diagnostischen Zentrum in Kabul können allerdings Patienten einschließlich Kinder auch mit komplizierteren Krankheiten in Kabul behandelt werden (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 1.2 Medizinische Versorgung S. 24 f.).

Das rapide Bevölkerungswachstum stellt eine weitere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar. Zwischen 2012 und 2015 wird das Bevölkerungswachstum auf rund 2,4 Prozent pro Jahr geschätzt, was in etwa einer Verdoppelung der Bevölkerung innerhalb einer Generation gleichkommt. Die Möglichkeiten des afghanischen Staates, die Grundbedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu befriedigen und ein Mindestmaß an sozialen Dienstleistungen, etwa im Bildungsbereich, zur Verfügung zu stellen, geraten dadurch zusätzlich unter Druck (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 1. Situation für Rückkehrer und allgemeine wirtschaftliche Rahmenbedingungen S. 23 f.).

Allerdings gibt es traditionell ein eklatantes Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten. Während es in ländlichen Gebieten vielerorts etwa an grundlegender Infrastruktur für Energie, Trinkwasser und Transport fehlt, ist die Situation in der Hauptstadt Kabul und in den Provinzhauptstädten erheblich besser (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 1. Situation für Rückkehrer und allgemeine wirtschaftliche Rahmenbedingungen S. 23). Gleiches gilt für die medizinische Versorgung. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 1.2 Medizinische Versorgung S. 25).

Bei der prognostischen Einschätzung der Zumutbarkeit der Rückkehr afghanischer Asylbewerber in ihr Herkunftsland ist zu berücksichtigen, dass afghanische Asylbewerber mit oder ohne Familie vor ihrer Ausreise nicht zu dem Teil der Bevölkerung gehört haben, der unterhalb der Armutsgrenze lebt, weil sich diese Bevölkerungsgruppe eine Schleusung nach Europa nicht leisten kann. Vielmehr handelt es sich in der Regel um junge, verhältnismäßig gut ausgebildete und moderat wohlhabende Personen (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, Zusammenfassung S. 6), die schon aus diesem Grund bei einer Rückkehr jedenfalls gegenüber denjenigen im Vorteil sein dürften, die seit jeher unterhalb der Armutsgrenze leben und deren Kinder oft von Unterernährung akut bedroht sind. Obwohl Norwegen auch afghanische Familien mit minderjährigen Kindern abschiebt, sind diesbezüglich offenbar keine Bezugsfälle bekannt, in denen diesen Familien die Reintegration in Afghanistan nicht gelungen wäre (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 2.3.2015, Stand Oktober 2014, IV 2.1 Freiwillige Rückkehr und Rückführungen anderer EU-Staaten S. 24; Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 2.1 S. 26). Auch wurde die norwegische Abschiebungspraxis offenbar nie vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beanstandet. Zudem wurde anlässlich der letzten Geberkonferenz Anfang Oktober 2016, bei der die internationale Gemeinschaft Afghanistan für die kommenden vier Jahre Finanzhilfen in Höhe von 15,2 Milliarden Dollar (umgerechnet ca. 13,6 Milliarden Euro) zugesagt hat, ein Rückübernahmeabkommen zwischen der Europäischen Union und Afghanistan geschlossen (vgl. www.faz.net/aktuell/politik/aus-land/geber-konferenz-afghanis-tan-erhaelt-15-mrd-dollar-finanzhilfen-14468268. html). Da auch Familien mit minderjährigen Kindern von diesem Rückübernahmeabkommen erfasst werden, lässt dies den Schluss zu, dass es allgemeiner Konsens unter den EU-Staaten (und Afghanistan) ist, dass auch diesem Personenkreis bei Wahrung der Familieneinheit die Rückkehr nach Afghanistan zumutbar ist (vgl. Joint Way Forward on migration issues between Afghanistan and the EU, Part I. Nr. 4. Satz 1). Um die Reintegration zu erleichtern, entwickelt und finanziert die EU Hilfsprogramme, wobei besondere Beachtung den Bedürfnissen von Frauen, Kindern und anderen schutzbedürftigen Gruppen gegeben werden soll (vgl. Joint Way Forward on migration issues between Afghanistan and the EU, Part IV. Nr. 3).

d) Für eine reale, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehende Chance afghanischer Familien, nach einer Rückkehr eine ausreichende Existenzgrundlage für alle Familienmitglieder zu finden, sprechen vor allem die Start- und Reintegrationshilfen, die sie erhalten können. Für eine fünfköpfige Familie wie diejenige der Kläger beträgt die Starthilfe nach dem von Bund und Ländern finanzierten GARP-Programm insgesamt 2.500 EUR (500 EUR pro Rückkehrer ab 12 Jahre). Hinzu kommen die kumulativ zur Verfügung stehenden Reintegrationsleistungen nach dem Europäischen Reintegrationsprogramm „ERIN“. Diese umfassen als Maßnahmen zur Wiedereingliederung folgende individuellen Reintegrationshilfen:

̶  Ankunftsservice:

– Abholung/Empfang am Ankunftsort (z.B. Flughafen)

– Kurzfristige Unterkunft am Ankunftsort (bis zu 2 Nächte)

– Dringende medizinische Versorgung (Notfallversorgung)

̶  Unterstützung in sozialen, medizinischen und rechtlichen Angelegenheiten

̶  Unterstützung bei Wohnungssuche/Wohnraumbeschaffung (ggf. Mietzuschuss)

̶  Beratung bei der Suche und Vermittlung von Arbeitsstellen

̶  Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen

̶  Unterstützung bei Existenzgründungen

̶  Sonstige individuelle Hilfsangebote zum Aufbau einer eigenen Existenz

Die Unterstützung, die vor allem den Abbau anfänglicher Hürden nach einer Rückkehr sowie die dauerhafte Reintegration zum Ziel hat, wird über eine vor Ort tätige Partnerorganisation (Service Provider) weitgehend als Sachleistung gewährt. Diese erstellt mit dem Rückkehrer einen individuellen Rückkehr- und Reintegrationsplan. Die maximale Förderhöhe beträgt bei freiwilligen Rückkehrern bis zu 1.300 EUR oder 2.000 EUR bei Existenzgründung (Höchstbetrag), bei rückgeführten Personen bis zu 700 EUR. Bei freiwilliger Rückkehr im Familienverbund wird für den Ehegatten eine Förderung im Wert bis zu 500 EUR und für jedes minderjährige Kind zusätzlich bis zu 100 EUR gewährt; der Maximalbetrag für die Familie beträgt bis zu 2.300 EUR. Auch wenn auf diese Leistungen ein Rechtsanspruch nicht besteht, kann davon ausgegangen werden, dass die Kläger als fünfköpfige Familie Reintegrationshilfen im Gesamtwert bis zu 4.600 EUR in Anspruch nehmen können. Gerade vor dem Hintergrund, dass professionelle Hilfe bei der Arbeitsplatz- und Wohnungssuche gewährt wird, erscheint dies ausreichend für die Prognose, dass es den Klägern jedenfalls bis zum Ablauf der Zeitspanne, während der ihr Lebensunterhalt durch die Reintegrationshilfen gesichert ist, gelingt, sich zumindest mit Gelegenheitsarbeiten einschließlich Heimarbeit eine ausreichende Existenzgrundlage zu schaffen. Dabei ist mit zu berücksichtigen, dass die Familie im Notfall voraussichtlich aus dem Kreis der in Afghanistan im Allgemeinen und in Kabul im Besonderen tätigen internationalen Hilfsorganisationen langfristig die notwendige Unterstützung bekommen würde.

Wenn der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Urteil vom 21. November 2014 (a.a.O. Rn. 29) ausführt, die Unterstützungsleistungen würden nur einen vorübergehenden Ausgleich schaffen, seien aber nicht geeignet, auf Dauer eine menschenwürdige Existenz zu gewährleisten, orientiert er sich nicht an dem allgemein anerkannten, auch dem Kindeswohl in dem gebotenen Maße Rechnung tragenden Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, B.v. 18.7.2001 - 1 B 71.01 - juris m.w.N.). Demnach genügt es, dass die Reintegrationshilfen, die seit der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs durch das Europäische Reintegrationsprogramm „ERIN“ erheblich ausgeweitet und erheblich effektiver gestaltet wurden, der rückkehrenden Familie eine reale Chance geben, ebenso wie ein großer Teil der bereits ortsansässigen Familien zumindest mit Gelegenheitsarbeiten eine ausreichende Existenzgrundlage zu finden. Die Reintegrationshilfen sollen die Nachteile ausgleichen, die Rückkehrer in der Phase des Neustarts vorübergehend gegenüber der ortsansässigen Bevölkerung haben, sie aber nicht auf Dauer besser stellen. Dauerhafte Hilfen wären im Hinblick auf die für eine gelungene Reintegration erforderliche Eigeninitiative kontraproduktiv. Auch bei § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG reicht es nicht aus, dass sich die Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit irgendwann verwirklichen kann. Vielmehr ist für die Bejahung eines Abschiebungsverbots erforderlich, dass alsbald mit ihrer Realisierung zu rechnen ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.7.1999 - 9 C 2.99 - juris). Abgesehen davon zählt der UNCHR in seinen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 Kinder nicht generell zu den besonders schutzbedürftigen Personengruppen, sondern nur Kinder mit bestimmten Profilen oder in spezifischen Umständen oder Kinder im Kontext der (Zwangs-)Rekrutierung von Minderjährigen. (vgl. 3. b. Nr. 3, 10). Im Vergleich mit den zigtausenden Rückkehrerfamilien aus den Nachbarstaaten Pakistan und Iran haben die aus Deutschland zurückkehrenden Familien ohnehin einen großen Startvorteil.

Die Kläger können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die genannten Reintegrationshilfen ganz oder teilweise nur für „freiwillige“ Rückkehrer gewährt werden, also (teilweise) nicht bei einer zwangsweisen Rückführung (Abschiebung). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte können schlechte humanitäre Verhältnisse ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK nur begründen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ sind. Davon kann aber keine Rede sein, wenn der Betroffene seine individuelle Lage dadurch entscheidend verbessern kann, dass er seiner Ausreiseverpflichtung von sich aus nachkommt und es nicht auf eine Abschiebung ankommen lässt. Zudem kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Asylbewerber, der durch eigenes zumutbares Verhalten - wie insbesondere durch freiwillige Rückkehr - im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, vom Bundesamt nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbots verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1997 - 9 C 38.96 - juris; VGH BW, U.v. 26.2.2014 - A 11 S 2519/12 - juris S. 40; a.A. VG Augsburg, U.v. 16.6.2011 - Au 6 K 11.30153 - juris Rn. 22). Abgesehen davon gibt die Internationale Organisation für Migration (IOM), die Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 2.1 Freiwillige Rückkehr und Rückführungen anderer EU-Staaten S. 26).

e) Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg auf individuelle gefahrerhöhende Umstände berufen. Dies gilt auch für die Klägerin zu 2.. Dem Arztbrief vom 4.8./19.8.2015 kann entnommen werden, dass sie vor ca. 15 Jahren in Afghanistan an TBC erkrankt und dort behandelt worden ist. Der Verdacht auf eine erneute TBC-Erkrankung bestätigte sich jedoch nicht. Allerdings wurde eine pneumonische Infiltration durch drei verschiedene Erreger festgestellt und medikamentös behandelt. Nach einem zweiwöchigen stationären Aufenthalt wurde die Klägerin zu 2. in gutem Allgemeinzustand in die ambulante Behandlung entlassen, so dass sie jedenfalls bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 24. Juni 2016 vollständig genesen war („Jetzt bin ich wieder gesund“). Anhaltspunkte für eine Herzkrankheit ergeben sich aus den ärztlichen Feststellungen in dem Arztbrief vom 4.8./19.8.2015 nicht, obwohl die Klägerin damals geäußert hatte, sie leide seit ca. 10 Jahren unter Herzrasen und Angstzuständen, weil ihre Familie bei einem Bombenanschlag umgekommen sei. Dies ist jedoch, wie unter 1. dargelegt, nicht glaubhaft.

Der Kurzbrief der 4. Medizinischen Klinik des Klinikums * vom 27. Januar 2017 enthält lediglich die Diagnose „Hyperventilation i.R. psychischer Belastungssituation“. Vor dem Hintergrund, dass die Kläger an diesem Tag die Ladung zur mündlichen Verhandlung bekommen haben und die Klägerin zu 2. dies so verstanden hat, dass eine Abschiebung in das Heimatland erfolgen solle, ist das Gericht überzeugt, dass die Klägerin zu 2. einen Asthmaanfall simuliert hat, um „eine Bescheinigung dafür zu erhalten“, dass sie für eine Abschiebung zu krank sei. Das ärztliche Attest der praktischen Ärztin Dr. med. * vom 27. Januar 2017 ist unter diesen Umständen ebenso als Gefälligkeitsattest zu werten wie das für die Klägerin zu 3. am 20. Dezember 2016 ausgestellte Attest der gleichen Ärztin.

f) Der vorliegende Fall einer Familie aus Eltern und drei Jugendlichen (s.o. 1.) unterscheidet sich dadurch wesentlich von demjenigen, der dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. November 2014, Az. 13a B 14.30284, zugrunde lag, dass sämtliche Familienmitglieder erwerbsfähig sind und in erheblichem Umfang zum Lebensunterhalt der Familie beitragen können. Hinzu kommt, dass die Kläger nach einer Rückkehr in ihr Herkunftsland mit Unterstützung durch die dort lebenden Verwandten (Schwester des Klägers zu 1., Onkel und Schwester der Klägerin zu 2.) und den in Deutschland aufenthaltsberechtigten volljährigen Sohn M. rechnen können.

3. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Wie sich aus den Ausführungen unter 2. ergibt, besteht für sie in Afghanistan jedenfalls landesweit keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To
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published on 25/01/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhobe
published on 21/11/2014 00:00

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. April 2014 wird abgeändert und die Beklagte unter Abänderung von Nummer 3 und Aufhebung von Nummer 4 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 5. Septe
published on 05/09/2016 00:00

Tenor Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 15. Juni 2016 wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Der Antrag
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published on 29/03/2017 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherh
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.