Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 24. Okt. 2017 - Au 1 K 17.883

bei uns veröffentlicht am24.10.2017

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen das Verbot, einen in die Tiernahrung für Katzen untergemischten Phosphatbinder in den Verkehr zu bringen, zu verarbeiten oder zu verwenden.

Die Klägerin produziert und vertreibt Nahrungsergänzungsmittel, sogenannte Nutrazeutika. Mit Schreiben vom 8. Februar 2017 informierte sie den Beklagten darüber, dass sie beabsichtige, einen Phosphatbinder mit dem Wirkstoff Eisen-III-Oxyhydroxid als Medizinprodukt für Tiere (hier: Katzen) auf den Markt zu bringen. Es handle sich um ein Pulver, das unter das Katzenfutter gemischt werde und das dazu diene, die Aufnahme des im Futter enthaltenen Phosphors zu reduzieren. Sie teilte weiter mit, dass dieses Produkt ihrer Meinung nach einem gesetzlich ungeregelten Bereich unterliege, weil es weder als Futtermittel noch als Arzneimittel einzustufen sei. Es unterliege daher auch nicht der Futtermittelüberwachung.

Das vom Beklagten daraufhin eingeschaltete Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit kam in einem Gutachten zur Qualifizierung des von der Klägerin benannten Produkts zu dem Ergebnis, dass es sich um einen derzeit nicht zugelassenen Futtermittelzusatzstoff handle. Mit dem Stoff Lanthancarbonat-Oktahydrat sei aktuell ein Phosphatbinder als Futtermittelzusatzstoff in der Funktionsgruppe 4d „sonstige zootechnische Zusatzstoffe“ nach der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung zugelassen. Da Einsatzzweck und Wirkmechanismus dieses bereits zugelassenen Phosphatbinders dem von der Klägerin verwendeten Phosphatbinder Eisen-III-Oxyhydroxid entspreche, sei der von der Klägerin verwendete Stoff im Sinne der Gleichbehandlung ebenfalls als Futtermittelzusatzstoff einzustufen. Eine entsprechende Zulassung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 liege für den Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid nicht vor.

Nach vorheriger Anhörung untersagte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 2. Juni 2017, Eisen-III-Oxyhydroxid als Phosphatbinder für Katzenfutter ohne entsprechende Zulassung als Futtermittelzusatzstoff nach der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 in den Verkehr zu bringen, zu verarbeiten oder zu verwenden (Ziffer 1). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Ziffer 2). Bei Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1 festgelegte Pflicht wurde ein Zwangsgeld in Höhe von je 5.000,- EUR zur Zahlung fällig erklärt (Ziffer 3). Zur Begründung ist ausgeführt, dass nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 niemand einen Futtermittelzusatzstoff in Verkehr bringen, verarbeiten oder verwenden dürfe, sofern nicht eine entsprechende Zulassung nach der genannten Verordnung erteilt worden sei. Bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid handle es sich gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. a) i.V.m. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 um einen Futtermittelzusatzstoff, weil er zumindest eine der in Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 genannten Funktionen erfülle. Er werde bewusst Futtermitteln zugesetzt, um jedenfalls das Wohlbefinden der Tiere positiv zu beeinflussen. Durch den mit dem Zusatzstoff vorgesehenen Verwendungszweck, nämlich die Vorbeugung bzw. Minderung einer chronischen Niereninsuffizienz durch Reduzierung der Phosphoraufnahme, soll die Gesunderhaltung insbesondere von älteren Katzen dadurch gefördert werden, dass die Verdaulichkeit des Futterphosphors gesenkt werde. Der aktuell unter der Kennnummer 4d1 als Phosphatbinder zugelassene Futtermittelzusatzstoff Lanthancarbonat-Oktahydrat mit vergleichbarem Einsatzzweck und Wirkmechanismus gebe einen Hinweis darauf, dass es sich bei Produkten mit dem Ziel der Vorbeugung bzw. Minderung chronischer Niereninsuffizienz um Futtermittelzusatzstoffe handle. Die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff setze nicht voraus, dass der Stoff die Voraussetzungen der Definition eines „Futtermittel“ nach Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erfülle, weil die Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 für das Inverkehrbringen von Futtermittelzusatzstoffen die speziellere Vorschrift sei. Somit sei für die Definition als Futtermittelzusatzstoff auch nicht notwendig, dass der Stoff dazu diene, den Nahrungsbedarf der Tiere zu decken. Da eine entsprechende Zulassung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 für den Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid nicht vorliege, sei es im Hinblick auf einen vorbeugenden und effektiven Verbraucherschutz notwendig, ab sofort zu untersagen, dass dieser Stoff ohne die entsprechende Zulassung in den Verkehr gebracht, verarbeitet oder verwendet wird. Bei der Bemessung des Zwangsgeldes sei das wirtschaftliche Interesse der Klägerin berücksichtigt worden.

Am 9. Juni 2017 erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid Klage und beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 2. Juni 2017 aufzuheben.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Bescheid bereits deswegen rechtswidrig sei, weil er auch die direkte Verfütterung des streitgegenständlichen Produkts, z.B. im Wege des Top-Dressings (d.h. das Produkt wird über das Futter gestreut), verbiete. Es wäre nur zulässig gewesen, das Inverkehrbringen des Produktes im Katzenfutter zu untersagen. Denn die Eigenschaft als Futtermittelzusatzstoff scheide aus, wenn der Stoff zur direkten Verfütterung bestimmt sei, was auch dann der Fall sei, wenn der Stoff als sog. Top-Dressing auf Futtermittel gestreut werde. Die Untersagungsverfügung sei außerdem rechtswidrig, weil es sich bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid nicht um einen Futtermittelzusatzstoff im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 handle. Die Voraussetzungen für eine Untersagung nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 lägen somit nicht vor. Zur Bestimmung des Begriffs Futtermittelzusatzstoff sei neben der Definition in Art. 2 Abs. 2 lit a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 ergänzend Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 i.V.m. Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 heranzuziehen. Um als Futtermittelzusatzstoff gelten zu können, müsse daher das entsprechende Produkt das Merkmal „zur oralen Tierfütterung bestimmt“ erfüllen, was voraussetze, dass durch das Produkt der Nahrungsbedarf des Tieres gedeckt oder die Produktivität von normal gesunden Tieren aufrechterhalten wird. Beide Voraussetzungen würden bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid nicht vorliegen. Denn das Produkt diene gerade nicht dazu, den Nahrungsbedarf zu decken, sondern solle sogar die Zufuhr von Nährstoffen (Phosphataufnahme) vermeiden. Auch das Merkmal „Aufrechterhaltung der Produktivität von normal gesunden Tieren“ sei nicht gegeben, da die Tiere (hier: Katzen) als Heimtiere keine Produktivität entfalten würden und es sich bei der Zielgruppe nicht um gesunde Tiere handle. In der Begriffsbestimmung „Futtermittelzusatzstoff“ in Art. 2 Abs. 2 lit a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 sei außerdem bestimmt, dass ein Futtermittelzusatzstoff insbesondere eine oder mehrere der in Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 genannten Funktionen erfüllen müsse. Die in dieser Vorschrift genannten Wirkungsfelder ließen sich den beiden Zweckbestimmungen im Merkmal „zur oralen Tierfütterung bestimmt“ zuordnen, woraus zu schließen sei, dass auch im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 für die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff die Begriffsbestimmung für Futtermittel in Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Geltung beanspruche. Selbst wenn man zu Unrecht davon ausgehen wollte, dass es für das Vorliegen eines Futtermittelzusatzstoffes nicht auf die Begriffsbestimmung „Futtermittel“ und somit nicht auf das Merkmal „zur oralen Tierfütterung bestimmt“ ankäme, läge bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid kein Futtermittelzusatzstoff vor, da das streitgegenständliche Produkt keiner der derzeit bestehenden Futtermittelzusatzkategorien zuzuordnen sei. Um als Futtermittelzusatzstoff gelten zu können, müsse der Stoff sowohl einer in Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 genannten Funktion als auch einer in Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 aufgeführten Kategorie zugewiesen werden können, andernfalls sei die Anwendung der Futtermittelzusatzstoffverordnung ausgeschlossen. Das sei auch folgerichtig, weil die Zuordnung zu einer Kategorie gemäß Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 zwingender Bestandteil der Zulassung eines Futtermittelzusatzstoffes sei. Der verfahrensgegenständliche Stoff erfülle aber nicht die Voraussetzungen für eine Zuordnung im Sinne von Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003, insbesondere liege kein zootechnischer Zusatzstoff im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 vor. Der Hinweis auf die Einordnung des Vergleichsstoffes Lanthancarbonat-Oktahydrat sei unbehelflich, weil dieser Stoff nicht die Definition eines „zootechnischen Zusatzstoffes“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 erfülle. Es handle sich bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid aber auch nicht um ein Tierarzneimittel, weil es nicht pharmakologisch, sondern physikalisch wirke und daher keine arzneimittelrechtliche Zulassung erlangen könne. Da der streitgegenständliche Phosphatbinder somit weder der Ernährung von normal gesunden Tieren diene noch pharmakologisch wirke, handle es sich um ein Medizinprodukt für Tiere, für das weder im Unionsrecht noch im deutschen Recht spezielle Rechtsvorschriften existierten. Das Produkt würde daher nur den Regelungen des Produktsicherheitsgesetzes unterliegen und sei zulassungsfrei.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Bei dem Stoff „Eisen-III-Oxyhydroxid“ als Phosphatbinder für Katzenfutter handele es sich nach Art. 2 Abs. 2 lit. a) i.V.m. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 um einen Futtermittelzusatzstoff. Da dieser keine Zulassung besitze, sei auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 die Verwendung zu untersagen gewesen. Die Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung stelle eine speziellere Vorschrift zu der Futtermitteldefinition in Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 dar und enthalte eine eigene Definition der Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung. Für Futtermittelzusatzstoffe und Vormischungen gälten die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 und nicht die Begriffsbestimmung „Futtermittel“ nach Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 in Verbindung mit der für Einzel- und Mischfuttermittel gefassten Verordnung (EG) Nr. 767/2009, die als zusätzliches Merkmal für ein Futtermittel vorsehe, dass dieses zur oralen Tierfütterung bestimmt sein müsse. Zielsetzung dieser Futtermitteldefinition sei, auch Zusatzstoff-Hersteller bzw. Händler unter das Futtermittelrecht fassen zu können. Die Definition „zur oralen Tierfütterung bestimmt“, wie sie in der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 definiert sei, gelte gerade nicht für Futtermittelzusatzstoffe. Da der von der Klägerin verwendete Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid in das Futtermittel eingemischt werde, sei es außerdem auch geeignet, den Ernährungsbedarf der Tiere zu decken. Auch andere in der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 aufgelistete Futtermittelzusatzstoffe würden im Einzelnen nicht der Deckung des Nahrungsbedarfes dienen, sondern lediglich mittelbar über die Einmischung in Einzelbzw. Mischfutter. Der streitgegenständliche Phosphatbinder sei geeignet, nach Art. 5 Abs. 3 lit. f) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 das Wohlbefinden der Tiere positiv zu beeinflussen, denn er werde entsprechend dem vorgesehenen Einsatzzweck und dem zugrunde liegenden Wirkmechanismus hierzu bewusst Futtermitteln zugesetzt. Da die tatsächliche Verwendungsform als Phosphatbinder für Katzenfutter einem Futtermittelzusatzstoff entspreche, handle es sich auch nicht um ein nicht reguliertes Medizinprodukt für Tiere. Als Futtermittelzusatzstoff sei eine direkte Verfütterung gerade nicht erlaubt, sondern der Phosphatbinder sei, ebenso wie andere Futtermittelzusatzstoffe, nur in Beimischung zu Futtermitteln oder Wasser zu verfüttern. Entsprechend der vorgelegten Produktbeschreibung könne der Phosphatbinder die gewünschte Wirkung auch nur erreichen, wenn er Futtermitteln beigemischt werde. Da er nur in sehr kleinen Mengen zugesetzt werde, sei er auch zur Direktfütterung nicht geeignet. Ob der Stoff einer Kategorie in Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 zuzuweisen sei, sei unerheblich, da für die Begriffsbestimmung von Futtermittelzusatzstoffen in Art. 2 Abs. 2 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 auf diesen Artikel gerade nicht Bezug genommen werde. Die Zuordnung zu einer Zusatzstoffkategorie sei im Übrigen nicht verfahrensgegenständlich, da diese nicht die Voraussetzungen für eine Untersagungsverfügung, sondern Fragestellungen im Rahmen eines Zulassungsverfahrens betreffe.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

1. Der Beklagte stützt das Verbot, Eisen-III-Oxyhydroxid als Phosphatbinder für Katzenfutter ohne entsprechende Zulassung in den Verkehr zu bringen, zu verarbeiten oder zu verwenden zutreffend auf Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl EG Nr. L 165 S. 1-141) – im Folgenden: VO (EG) Nr. 882/2004 – i.V.m. § 39 Abs. 1 und 2 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung (ABl. EG Nr. L 268 S. 29-43) – im Folgenden: VO (EG) Nr. 1831/2003.

Nach Art. 54 Abs. 1 VO (EG) Nr. 882/2004 trifft die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen, um festgestellte Verstöße zu beseitigen. Wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gilt Art. 54 Abs. 1 VO (EG) Nr. 882/2004 unmittelbar und verdrängt andere nationale Vorschriften. Allerdings ist der Anwendungsbereich des Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 enger als der Anwendungsbereich von § 39 LFGB, da Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 voraussetzt, dass die zuständige Behörde bereits einen Verstoß festgestellt hat. Demgegenüber berechtigt § 39 Abs. 2 LFGB die zuständigen Behörden dazu, notwendige Anordnungen und Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts auf einen Verstoß als auch zur Verhütung künftiger Verstöße zu treffen (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Bd. 2 (Stand Juli 2016), § 39 LFGB Rn. 10; BayVGH, U.v. 9.7.2015 – 20 BV 14.1490 – juris Rn. 42). Welche der beiden im streitgegenständlichen Bescheid genannten Rechtsgrundlagen maßgeblich ist, kann allerdings offen bleiben, weil Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 und § 39 LFGB eine identische Zielrichtung haben und hinsichtlich des Befugnisrahmens und der Rechtsfolgen gleich sind. Beide Rechtsgrundlagen stellen generalklauselartige Befugnisnormen dar, welche bei Eröffnung des jeweiligen Anwendungsbereiches der Norm und der Zugrundelegung des streitgegenständlichen Sachverhaltes die getroffenen Anordnungen decken können. Angesichts der Ankündigung der Klägerin, das Produkt – zukünftig – auf den Markt bringen zu wollen, spricht einiges dafür, dass insoweit die streitgegenständliche Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 LFGB zu stützen ist.

2. Nach Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 bzw. § 39 Abs. 1 und 2 LFGB treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie können insbesondere das Herstellen, Behandeln oder In den Verkehr bringen von Erzeugnissen verbieten (Art. 54 Abs. 2 VO (EG) Nr. 882/2004 bzw. § 39 Abs. 2 Nr. 3 LFBG).

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 darf niemand einen Futtermittelzusatzstoff in Verkehr bringen, verarbeiten oder verwenden, sofern nicht eine entsprechende Zulassung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 erteilt und die in der Verordnung festgelegten Bedingungen für die Verwendung sowie die Kennzeichnungsvorschriften erfüllt sind. Die Klägerin beabsichtigt, den Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid als Phosphatbinder für Katzenfutter auf den Markt zu bringen. Bei diesem Stoff – für den derzeit unstreitig keine Zulassung nach der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 vorliegt – handelt es sich um einen Futtermittelzusatzstoff, so dass die Voraussetzungen für die streitgegenständliche Untersagungsverfügung vorliegen.

a) Bei dem Phosphatbinder Eisen-III-Oxyhydroxid handelt es sich um einen Futtermittelzusatzstoff im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003.

Nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 sind „Futtermittelzusatzstoffe“ Stoffe, Mikroorganismen oder Zubereitungen, die keine Futtermittel-Ausgangserzeugnisse oder Vormischungen sind und bewusst Futtermitteln oder Wasser zugesetzt werden, um insbesondere eine oder mehrere der in Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1831/2003 genannten Funktionen zu erfüllen.

aa) Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass es sich bei dem Stoff Eisen-III-Oxyhydroxid nicht um einen Futtermittelausgangsstoff handelt. Bei dem von der Klägerin zur Markteinführung vorgesehenen Phosphatbinder handelt es sich um ein weißes Pulver, das in Katzenfutter eingerührt oder über das Katzenfutter gestreut wird. Er wird somit bewusst einem (anderen) Futtermittel zugesetzt und von der Katze gemeinsam mit dem Futtermittel gefressen. Nach Aussage der Klägerin beeinflusst Eisen-III-Oxyhydroxid den Verdauungsvorgang im Darm mit der Folge, dass das im Katzenfutter vorhandene Phosphat vom Tier nicht aufgenommen, sondern ausgeschieden wird.

Auf Grund dieser Wirkungsweise erfüllt es auch eine der in Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1831/2003 unter a) bis g) alternativ aufgeführten Funktionen. Einschlägig ist vorliegend Art. 5 Abs. 3 lit. f) VO (EG) Nr. 1831/2003 (Positive Beeinflussung der Tierproduktion, der Leistung oder des Wohlbefindens der Tiere, insbesondere durch Einwirkung auf die Magen- und Darmflora oder die Verdaulichkeit der Futtermittel). Da nach eigenen Angaben der Klägerin durch die Beigabe des Phosphatbinders die Verdaulichkeit des Futter-Phosphors gesenkt, die Belastung auf das Ausscheideorgan Niere reduziert und somit die Entwicklung einer klinischen Niereninsuffizienz verzögert wird bzw. deren Symptome abgeschwächt werden, beeinflusst das streitgegenständliche Produkt das Wohlbefinden der Tiere.

bb) Zwischen den Beteiligten ist jedoch streitig, ob für die Anwendbarkeit der Verordnung auf das streitgegenständliche Produkt Voraussetzung ist, dass zusätzlich zu den in Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 aufgeführten Begriffsmerkmalen eines Futtermittelzusatzstoffes auch die Begriffsmerkmale eines Futtermittels im Sinne von Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl EG Nr. L 31 S. 1-24) – im Folgenden: VO (EG) Nr. 178/2002 erfüllt sein müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Art. 2 VO (EG) Nr. 1831/2003 enthält die für die Anwendung dieser Verordnung maßgeblichen Begriffsbestimmungen. In Abs. 1 dieses Artikels ist bestimmt, dass für „Futtermittel“ die Begriffsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gelten. In Abs. 2 des Artikels sind weitere Begriffe, u.a. der Begriff „Futtermittelzusatzstoff“ näher definiert. Die Klägerin zieht aus der Regelung in Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1831/2003 den Schluss, dass die Einordnung eines Stoffes als „Futtermittelzusatzstoff“ voraussetzt, dass dieser Stoff neben den in Art. 2 Abs. 2 lit a) VO (EG) Nr. 1831/2003 genannten Voraussetzungen zusätzlich auch die Begriffsbestimmungen und Voraussetzungen für die Qualifizierung als „Futtermittel“ im Sinne von der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erfüllen muss, d.h. auch das Merkmal „zur oralen Tierfütterung bestimmt“ nach Art. 3 Nr. 4 VO (EG) Nr. 178/2002 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 lit. b) VO (EG) Nr. 767/2009 vorliegen muss. Dieses Merkmal sei nach der letztgenannten Vorschrift nur gegeben, wenn der Stoff auch den Nahrungsbedarf der Tiere deckt oder die Produktivität von normal gesunden Tieren aufrechterhält. Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden.

Gegen diese Auffassung spricht schon der eindeutige Wortlaut in Art. 2 VO (EG) Nr. 1831/2003, der in seinem Absatz 1 für die Begriffsbestimmung eines „Futtermittels“ auf die Definition in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist und in Absatz 2 lit. a) für den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 eine eigenständige Begriffsbestimmung „Futtermittelzusatzstoff“ enthält. Diese Begriffsbestimmung nimmt in keiner Weise Bezug auf die in Abs. 1 enthaltene Definition. Gleiches gilt auch für die übrigen in Art. 2 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1831/2003 unter b) bis n) aufgeführten Begriffsbestimmungen, die jeweils eigenständige Definitionen ohne Rückgriff auf Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1831/2003 enthalten.

Auch der Verordnungszweck spricht gegen die Auffassung der Klägerin. Nach Art. 1 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1831/2003 ist Zweck der Verordnung die Einführung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Zulassung und Verwendung von Futtermittelzusatzstoffen, um ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit des Menschen, der Tiere und der Umwelt im Zusammenhang mit Futtermittelzusatzstoffen zu schaffen. Es handelt sich somit bei dieser Verordnung um eine spezielle Regelung für das In-Verkehr-Bringen von Futtermittelzusatzstoffen. Welche Stoffe dem Zulassungsverfahren dieser Verordnung unterliegen, ist in Art. 2 dieser Verordnung geregelt. Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 enthält somit für den Anwendungsbereich dieser Verordnung eine spezielle Definition von „Futtermittelzusatzstoffen“, die gerade nicht voraussetzt, dass es sich um ein Futtermittel im Sinne von Art. 3 Nr. 4 VO (EG) Nr. 178/2002 handelt. Entscheidend und ausreichend ist, dass es sich um Stoffe, Mikroorganismen oder Zubereitungen handelt, die einem Futtermittel (im Sinne von Art. 3 Nr. 4 VO (EG) Nr. 178/2002) zugesetzt werden. Diese eigenständige Futtermittelzusatzstoffdefinition in Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 setzt somit gerade nicht voraus, dass der Stoff dem Nahrungsbedarf der Tiere dient.

Nach Art. 2 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 ist lediglich zusätzlich darauf abzustellen, ob der Zusatzstoff eine der in Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1831/2003 genannten Funktionen erfüllt. Wie der Aufzählung in Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1831/2003 zu entnehmen ist, kann ein Futtermittelzusatzstoff verschiedene Funktionen erfüllen. So liegt ein Futtermittelzusatzstoff z.B. vor, wenn die Beschaffenheit des Futtermittels (a) oder der tierischen Erzeugnisse (b) oder die Farbe von Zierfischen und Ziervögeln positiv beeinflusst wird (c). Gerade aus der letztgenannten Funktion wird deutlich, dass es für die Qualifizierung als Futtermittelzusatzstoff nicht darauf ankommen kann, dass dieser zusätzlich auch die Begriffsbestimmungen des Futtermittels („den Nahrungsbedarf der Tiere deckt oder die Produktivität von normal gesunden Tieren aufrechterhält“) erfüllt. Auch die unter Art. 5 Abs. 3 lit. d) VO (EG) Nr. 1831/2003 aufgelistete Funktion „den Ernährungsbedarf der Tiere decken“ ergibt nur einen Sinn, wenn dieses Kriterium nicht bereits bei der Einordnung als Futtermittelzusatzstoff vorliegen muss. Aus dieser Auflistung, die im Übrigen nicht abschließend ist, ist der Schluss zu ziehen, dass ein Futtermittelzusatzstoff auch dem Ernährungsbedarf der Tiere dienen kann, dies aber nicht Voraussetzung für die Definition dieses Begriffs ist.

cc) Für die Einordnung als Futtermittelzusatzstoff ist auch nicht Voraussetzung, dass zusätzlich eine der in Art. 6 VO (EG) Nr. 1831/2003 aufgeführten Kategorien erfüllt wird. Zum einen verweist Art. 2 Abs. 2 lit a) VO (EG) Nr. 1831/2003 für die Begriffsbestimmung „Futtermittelzusatzstoff“ nicht auf Art. 6 VO (EG) Nr. 1831/2003, zum anderen betrifft diese Vorschrift das Zulassungsverfahren selbst. In Art. 7 VO (EG) Nr. 1831/2003 ist das Zulassungsverfahren geregelt und bestimmt, dass ein Antrag auf Zulassung an die Kommission der Europäischen Union zu richten ist und bei der Antragstellung neben weiteren Angaben auch ein Vorschlag für die Zuordnung des Futtermittelzusatzstoffes zu einer in Art. 6 VO (EG) Nr. 1831/2003 genannten Kategorie zu machen ist. Diese Kategorien dienen daher der Einordnung von (zugelassenen) Futtermittelzusatzstoffen; sie sind nicht Voraussetzung für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei dem entsprechenden Stoff überhaupt um einen Futtermittelzusatzstoff handelt. Wenn die Klägerin vorträgt, dass der von ihr verwendete Stoff keiner der Kategorien zuzuordnen sei, so ist diese Frage Gegenstand des Zulassungsverfahrens. Sollte die Zulassungsbehörde zu dem Ergebnis kommen, dass der streitgegenständliche Phosphatbinder keiner der in Art. 6 VO (EG) Nr. 1831/2003 genannten Kategorien zuzuordnen ist, kann sie eine weitere Kategorie festlegen (Art. 6 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1831/2003).

dd) Da somit nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1831/2003 für die Klassifizierung des streitgegenständlichen Stoffes als Futtermittelzusatzstoff nicht zusätzlich Voraussetzung ist, dass dieser Stoff die Begriffsbestimmung als „Futtermittel“ im Sinne von Art. 3 Nr. 4 VO (EG) Nr. 178/2002 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 b VO (EG) Nr. 767/2009 erfüllt, kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob dieser Stoff „zur oralen Tierfütterung“ eingesetzt wird bzw. dazu dient, den Nahrungsbedarf oder die Produktivität von normal gesunden Tieren aufrechtzuerhalten.

b) Da für den Phosphatbinder Eisen-III-Oxyhydroxid die notwendige Zulassung als Futtermittelzusatzstoff gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 nicht vorliegt, sind die Voraussetzungen nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 1831/2003 für die streitgegenständliche Untersagungsverfügung gegeben. Denn das In-Verkehr-Bringen, Verarbeiten oder Verwenden des streitgegenständlichen Futtermittelzusatzstoffes setzt ein Zulassungsverfahren voraus, in dem überprüft wird, ob durch die Verwendung des Stoffes u.a. die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere gewährleistet ist. Die Untersagung, den Phosphatbinder Eisen-III-Oxyhydroxid ohne entsprechende Zulassung als Futtermittelzusatzstoff nach der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 in den Verkehr zu bringen, zu verarbeiten oder zu verwenden, ist daher rechtmäßig.

3. Die Zwangsgeldandrohung wurde zutreffend auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG gestützt. Auch hinsichtlich der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes bestehen keine rechtlichen Bedenken.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB

Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB | § 39 Maßnahmen der für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden


(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sin

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 24. Okt. 2017 - Au 1 K 17.883 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 24. Okt. 2017 - Au 1 K 17.883 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 09. Juli 2015 - 20 BV 14.1490

bei uns veröffentlicht am 09.07.2015

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München 20 BV 14.1490 Im Namen des Volkes Urteil vom 9. Juli 2015 (VG Augsburg, Entscheidung vom 13. Mai 2014, Az.: Au 1 K 13.869) 20. Senat Sachgebietsschlüssel:

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München

20 BV 14.1490

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 9. Juli 2015

(VG Augsburg, Entscheidung vom 13. Mai 2014, Az.: Au 1 K 13.869)

20. Senat

Sachgebietsschlüssel: 542

Hauptpunkte: Verdacht der Tuberkulose in einem milcherzeugenden Rinderbestand - Tötungsanordnung, Bestandssperre, Aussetzung der amtlichen Anerkennung als tuberkulosefreier Bestand, Milchreglementierungen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...,

gegen

Freistaat Bayern,

vertreten durch Landesanwaltschaft Bayern, Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

- Beklagter -

wegen Maßnahmen nach dem Tierseuchengesetz;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Mai 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 20. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Schaudig, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Reinthaler, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Kraheberger aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9. Juli 2015 am 9. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Mai 2014 wird geändert. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes Oberallgäu vom 16. Mai 2013 in Nummer II rechtswidrig und in Nummer V Ziffer 1 nichtig war. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat 11/15, der Beklagte 4/15 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Das Landratsamt Oberallgäu verpflichtete mit bestandskräftiger Allgemeinverfügung vom 30. Oktober 2012 alle Halter von Rindern, ihre über sechs Monate alten Rinder ab November 2012 nach näherer Anweisung auf Tuberkulose untersuchen zu lassen.

Im Betrieb des Klägers untersuchte das Veterinäramt am 13. und 16. Mai 2013 mit Tuberkulose-Simultantest 52 Rinder (70 im Bestandsregister, 54 für die Untersuchung ausgewählt). Bei einem trächtigen Rind trat eine zweifelhafte Reaktion ein.

Mit Bescheid vom 16. Mai 2013 (zugestellt 17.5.2013) ordnete das Landratsamt gegenüber dem Kläger sinngemäß an:

I.

Beim getesteten Rind wird der Verdacht auf Tuberkulose im Sinn des § 1 Nr. 2 Buchst. a RindTbV amtlich festgestellt.

II.

Das getestete Rind ist zu töten.

III.

Sämtliche Rinder des Bestandes unterliegen der Sperre und dürfen nur mit Genehmigung des Landratsamtes aus dem Bestand entfernt werden.

IV.

Die amtliche Anerkennung des Rinderbestandes des Klägers als tuberkulosefreier Bestand wird ausgesetzt.

V.

Die Milch des unter Tbc-Verdacht geratenen Tieres ist unschädlich zu beseitigen (Nr. 1); die Milch des Bestandes darf nur mit Genehmigung des Landratsamtes in Verkehr gebracht oder zur Erzeugung von Lebensmitteln verwendet werden (Nr. 2.1), die Rohmilch der negativ getesteten Tiere darf nur an einen bestimmten Verarbeitungsbetrieb unter der Maßgabe abgegeben werden, dass diese Milch einem bestimmten Wärmebehandlungsverfahren unterzogen wird (Nr. 2.2).

Der anschließende an Organen des bereits am 22. Mai 2013 getöteten Tieres vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit durchgeführte PCR-Test führte nach der Mitteilung vom 28. Mai 2013 an das Veterinäramt ebenfalls zu einem zweifelhaften Befund.

Gegen den Bescheid vom 16. Mai 2013 erhob der Kläger am 17. Juni 2013 Klage. Im gerichtlichen Verfahren teilte der Beklagte mit, dass mit Bescheid vom 22. Juli 2013 die Sperre aufgehoben und der Status der Tuberkulosefreiheit gemäß § 18 Satz 2 RindTbV (wieder) anerkannt worden sei. Der Kläger habe mittlerweile die Voraussetzungen für eine Aufhebung aller Reglementierungen durch die vorgeschriebene Nachuntersuchung geschaffen. Diese sei mit durchgehend negativen Testresultaten verlaufen.

Daraufhin berief sich der Kläger auf sein Fortsetzungsfeststellungsinteresse und beantragte:

I.

Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 nichtig ist.

II.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 rechtswidrig war.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht waren sich die Beteiligtenvertreter darüber einig, dass hinsichtlich des getöteten Tieres der abschließende kulturelle Test einen negativen Befund ergeben habe.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung.

Mit Urteil vom 13. Mai 2014 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Sowohl Hauptantrag als auch Hilfsantrag seien zulässig, jedoch unbegründet. Zur Begründung der Abweisung des Nichtigkeitsantrags bezog sich das Verwaltungsgericht teilweise auf sein Urteil vom 10. Juli 2013 im Verfahren Au 1 K 13.266, in dem auch der Bevollmächtigte des Klägers für die dortige Klagepartei aufgetreten sei. Die im Bescheid vom 16. Mai 2013 getroffenen Anordnungen hätten sich unstreitig sämtlich erledigt, jedenfalls spätestens mit Erlass des Bescheides vom 22. Juli 2013. Eine Wiederholungsgefahr als ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit könne unterstellt werden. Jedenfalls sei die Feststellungsklage unbegründet, weil der Bescheid vom 16. Mai 2013 rechtmäßig gewesen sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt habe. Der vom Beklagten verwendete Simultantest zur Untersuchung von Rindern auf Tuberkulose sei geeignet, zum Nachweis des Verdachts der Erkrankung des Tieres eingesetzt zu werden. Die Erkrankung mit dem Erreger M. caprae stelle auch eine Tuberkulose des Rindes dar. Aufgrund des zweifelhaften Ergebnisses eines getesteten Rindes sei auch rechtlich der Verdacht der Tuberkulose vorgelegen, weswegen das betroffene Tier zu töten gewesen sei (§ 1 Nr. 2 lit. a, § 4 Nr. 1 lit. a RindTbV). Deswegen seien auch Befugnisse zur Bestandssperre eröffnet gewesen. Zwar habe es für die in Nr. IV des Bescheides geregelte Aussetzung der amtlichen Anerkennung als Tbc-freier Bestand in der ab 15. März 2013 geltenden Fassung der Rindertuberkulose-Verordnung keine Rechtsgrundlage gegeben, sondern erst mit der Neufassung vom 12. Juli 2013 (§ 13 RindTbV). Damit bestehe kein rechtliches Interesse an der Feststellung einer Rechtswidrigkeit mehr, weil auch im Falle eines erneuten Erlasses einer gleichen Regelung (nach dem entsprechenden Ergebnis eines Simultantests) eine ausreichende Rechtsgrundlage vorhanden sei. Die in Nr. V des Bescheides geregelten Gebote zur Beseitigung von Milch bzw. zu deren Abgabe seien ebenfalls zu Recht ergangen. Auch wenn das getestete Tier noch keine Milch gegeben habe, liege keine Rechtsverletzung des Klägers vor. Das Milchabgabeverbot finde im Übrigen seine Rechtsgrundlage auch in den Regelungen des § 39 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB).

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Kläger unter Wiederholung seines Vorbringens in erster Instanz unter anderem vor, er könne nicht nachvollziehen, aus welchen Gründen das Verwaltungsgericht die Nichtigkeit des streitgegenständlichen Bescheides in Nummern II bis V verneine. Die Bezugnahme auf ein anderes Urteil sei unverständlich und nicht als Begründungsersatz geeignet. Ein positives Testergebnis im Simultantest lasse lediglich einen Verdacht zu. Ein solches positives Ergebnis sei hier aber nicht vorgelegen, nur ein zweifelhaftes. Das Ergebnis des PCR-Testes sei fraglich gewesen, das Ergebnis der bakteriellen Kultur habe weder den Erreger M. caprae noch den Erreger M. bovis nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe weder weitere Amtsermittlungen betrieben, noch auf Antrag des Klägers Beweis erhoben. Die verwendeten Tuberkulosetests seien nicht geeignet, weil für den Erreger M. caprae nicht vorgesehen. Ein einheitlicher Simultantest sei nicht verfügbar, eine Kombination der in dessen Rahmen verwendeten Tierarzneimittel nicht möglich. Zur Aberkennung des Tbc-Freiheitsstatus sei die Kommission, und nicht das Landratsamt, zuständig. Weil der Nachweis zum Erreger M. bovis nicht vorgelegen sei, habe der Betrieb des Klägers seinen Status als „Tbc-frei“ nicht verlieren können und seien die Voraussetzungen für eine Milchsperre nicht gegeben gewesen. Weil der Beklagte weitere Untersuchungen auf Tuberkulose mittels Simultantest plane, auch im Bestand des Klägers, liege eine konkrete Wiederholungsgefahr vor. Sie sei auch nicht ausgeschlossen, weil das Tierseuchengesetz durch das Tiergesundheitsgesetz ersetzt worden sei. Die Untersuchung nach beiden Gesetzen sei identisch. Außerdem sei das Verfahren auszusetzen und seien dem Europäischen Gerichtshof verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Schließlich gehe einschlägiges Europarecht als spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) vor. Selbst wenn § 39 LFGB anwendbar wäre, habe eine Ermessensausübung nicht stattgefunden. Außerdem sei der Bestand des Klägers nicht mit einer sterilen Kanüle untersucht worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und

festzustellen, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 nichtig ist,

hilfsweise

festzustellen, dass dieser Bescheid rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt unter anderem vor, fraglich sei bereits die Zulässigkeit der Klage, die jedenfalls unbegründet sei. Auch der Erreger M. caprae verursache Rindertuberkulose. M. bovis und M. caprae stimmten genetisch zu 99,9% überein. Die Richtlinie 64/432/EWG beschreibe die gleichzeitige Applikation von Rinder- und Geflügeltuberkulin, ohne festzulegen, dass beide Tuberkuline vom gleichen Hersteller stammen oder als einheitlicher Test angeboten werden müssten. Aus den Gebrauchsinformationen der Hersteller ergäben sich keine Bedenken gegen die Verwendung der Tuberkuline in Simultantests. Die Ergebnisse des durchgeführten Tuberkulintests seien hinreichend verlässlich gewesen. Beim getöteten Rind des Klägers handele es sich um einen Fall, in dem sich der Verdacht nicht bestätigt habe. Die amtliche Feststellung des Verdachts erweise sich als rechtmäßig. Die angeordnete Bestandssperre finde ihre Rechtsgrundlage in der Rindertuberkuloseverordnung. Ermessensausübung sei nicht erforderlich gewesen, eine solche bezüglich weiterer Maßnahmen lediglich eingeräumt gewesen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe auch im Zeitpunkt des Bescheidserlasses eine hinreichende Rechtsgrundlage bestanden, die Aussetzung der amtlichen Anerkennung des Rinderbestandes als tuberkulosefrei zu verfügen, wie sich aus einschlägigem Europarecht ergebe. Das Landratsamt sei die zum Vollzug der tierseuchenrechtlichen Frage zuständige Behörde gewesen. Außerdem habe die Aussetzung der amtlichen Anerkennung des Rinderbestandes als tuberkulosefrei auf Unionsrecht gestützt werden können. Die Milchreglementierung habe keine echte Milchsperre bedeutet. Milch habe weiterhin unter bestimmten Voraussetzungen abgegeben werden dürfen. Die Regelung habe ihre Stütze in § 39 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 3 LFGB oder in einschlägigem Europarecht gefunden. Die vom Kläger aufgeworfenen Vorlagefragen stellten sich so nicht oder seien eindeutig zu beantworten.

In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger u. a. an, das zweifelhaft getestete Rind hätte abgetrennt untergebracht werden können anstatt gekeult zu werden. Die Beklagtenseite führte u. a. aus, die Tötungsanordnung sei eine von drei Alternativen gewesen, die angesichts des zweifelhaften Ergebnisses nur in Betracht gekommen sei. Eine Quarantäne sei aus räumlichen Gründen nicht möglich gewesen, Alternative c sei in Bayern seinerzeit nicht zur Verfügung gestanden. Das getötete Rind sei trächtig gewesen und habe als Jungrind noch keine Milch geben können. Bei Nr. V Ziff. 1 des Bescheides vom 16. Mai 2013 habe es sich um einen standardisierten Textbaustein gehandelt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg und führt unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils punktuell zur Stattgabe der Klage. Diese ist sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag soweit begründet, als der Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2013 in Nr. V Ziff. 1 nichtig und in seiner Nr. II rechtswidrig gewesen war, im Übrigen unbegründet.

Der Hauptantrag ist zulässig.

Der Kläger hat nach § 43 Abs. 1 2. Alternative VwGO vorrangig eine Nichtigkeitsfeststellungsklage erhoben, die gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage nicht subsidiär ist (§ 43 Abs. 2 VwGO). Eine solche Klage erlaubt nur die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rn. 28). Der so angegriffene Bescheid vom 16. Mai 2013 enthält in seinen Nr. I bis V verschiedene Regelungen, mithin ein Bündel von Verwaltungsakten, deren Nichtigkeit - jedenfalls in Nr. II bis V (so die Berufungsbegründung) - der Kläger behauptet. Das von § 43 Abs. 1 2. Alternative VwGO geforderte berechtigte Interesse ist durch den Streit um die Nichtigkeit der mit dem streitgegenständlichen Bescheid erlassenen Verwaltungsakte indiziert (vgl. BVerwG, U. v. 21.11.1986, BVerwG 8 C 127.84, NVwZ 1987, 330; Eyermann a. a. O., § 43 Rn. 38). Der Kläger ist auch entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. Eyermann a. a. O., § 43 Rn. 26a und 38a m. w. N.) als Adressat von ihn als Inhaber eines milcherzeugenden Rinderbestandes (ehemals) betreffenden belastenden Regelungen klagebefugt. Eine rechtskräftige Entscheidung erfüllt streitschlichtende Funktion.

Zu Nr. V Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheides liegt der besondere Nichtigkeitsgrund nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG vor. Der Bescheid gibt dem Kläger insoweit auf, die Milch des unter Nr. I aufgeführten Tieres, bei welchem der Verdacht auf Tuberkulose amtlich festgestellt wurde, unschädlich zu beseitigen. Er verlangt damit im Zeitpunkt seines Erlasses eine objektiv unmögliche Leistung. Niemand konnte die Milch unschädlich beseitigen, weil das Rind mit der Nr. DE 09 453 313 12, geboren 19. Januar 2011, als (trächtiges) Jungrind noch gar keine Milch geben konnte, was auch der sachverständige Behördenbedienstete in der mündlichen Verhandlung einräumte. Zudem wurde es am 22. Mai 2013 gekeult. Diese nichtige Regelung der Milchbeseitigung war unwirksam (Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG).

Im Übrigen ist der Hauptantrag unbegründet. Keine der weiteren Regelungen in Nr. I bis IV und in Nr. V Ziff. 2.1 und 2.2 des streitgegenständlichen Bescheides erfüllt die Nichtigkeitstatbestände des Art. 44 Abs. 1 und Abs. 2 BayVwVfG. Sie stellen Einzelfallregelungen auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts dar, ohne besonders schwerwiegende offenkundige Fehler, und verlangen weder objektiv unmögliche Leistungen noch strafbare Handlungen. Das hat das Verwaltungsgericht dem Kläger bereits verdeutlicht. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Verwaltungsgericht konnte in seiner Entscheidung zur weiteren Begründung auch auf das von ihm erlassene Urteil vom 10. Juli 2013 Au 1 K 13.266 verweisen, weil dieses den Verfahrensbeteiligten über deren Vertreter bekannt war (vgl. BVerwG, B. v. 30.11.1995, BVerwG 4 B 248.95, Buchholz 310 § 138 Nr. 6 VwGO - Nr. 30; siehe auch BayVGH, B. v. 20.4.2015, 20 ZB 15.106; Eyermann a. a. O. § 108 Rn. 7).

Der Hilfsantrag ist zulässig, soweit der Kläger gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides in den Nrn. I, II, III, IV und V Ziff. 2.1 und 2.2 beantragt. Die darin getroffenen Anordnungen haben sich spätestens mit Erlass des Bescheides vom 22. Juli 2013 erledigt, in Nr. II mit der Tötung des unter Tuberkuloseverdacht geratenen Rindes. Die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage war ohne Durchführung eines Vorverfahrens statthaft (vgl. Art. 15 AGVwGO) und ist vor Ablauf der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) beim Verwaltungsgericht eingegangen. Die Gefahr der Wiederholung, dass der Beklagte in vergleichbarer Art und Weise nochmals solche Anordnungen gegenüber dem Kläger erlässt, kann nicht ausgeschlossen werden (vgl. die Allgemeinverfügung des Landratsamtes Oberallgäu vom 30.10.2012, ferner §§ 1, 4, 6 RindTbV in der Fassung der 2. Änderungsverordnung vom 12. Juli 2013 BGBl I S. 2442, § 45 Abs. 2 TierGesG, § 39 LFGB, siehe auch die speziellen Vorschriften des sogenannten Hygienepakets der Gemeinschaft - dazu später -). Nach Einlassung der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung ist weiterhin denkbar, dass hinsichtlich der möglichen Anordnungen gemäß § 4 Satz 1 RindTbV wieder kein Auswahlermessen vorgenommen wird. Damit besteht die belegbare Erwartung, dass die Behörde in naher Zukunft auf eine gleichartige Sach- und Rechtslage mit gleichartigen Erwägungen gegenüber dem Kläger negative Entscheidungen treffen wird (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.1993, BVerwG 6 C 7.93). Jedenfalls kann - im Einklang mit dem Verwaltungsgericht - diese Wiederholungsgefahr hier unterstellt werden.

Die Klage ist im Hilfsantrag, soweit sie sich gegen Nr. I des angefochtenen Bescheides vom 16. Mai 2015 richtet, unbegründet. Denn der vom Beklagten vorgeschriebene und durchgeführte Simultantest zur Untersuchung von Rindern auf Tuberkulose ist nicht ungeeignet, zum Nachweis des Verdachts der Erkrankung eines Tieres eingesetzt zu werden. Insoweit wird auf die Darlegungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 130 b Satz 2 VwGO) und ergänzend im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren festgehalten, dass auch die Erkrankung mit dem Erreger M. caprae eine Tuberkulose des Rindes darstellt, weil M. caprae eine Unterart (Subspezies) von M. bovis ist. Das belegen auch die vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen des Friedrich-Loeffler-Institutes. Als selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums forscht dieses Institut u. a. auf dem Gebiet der Tierseuchen, des Tierschutzes und der Tierhaltung, und berät die Bundesregierung, aber auch die zuständigen Behörden im Hinblick auf Maßnahmen zur Erkennung von Tierseuchen und deren Bekämpfung, zur Vorbeugung vor und der Verhinderung der Verschleppung von Tierseuchen sowie auf die Beurteilung der Gefahren im Falle des Verdachts oder des Ausbruchs einer Tierseuche (vgl. im Einzelnen § 27 TierGesG, sowie vormals § 4 TierSG). Als insoweit sachverständige Bundesoberbehörde weist das Institut darauf hin, dass M. bovis und das sehr nah verwandte M. caprae das weiteste Wirtsspektrum unter den Erregern des M. tuberculosis-Komplexes haben, und dass in Bayern bislang ausschließlich das Myobacterium (M.) caprae nachgewiesen wurde. Auch die Tuberkulose, die Ziegen befällt, kann als Rindertuberkulose bezeichnet werden, M. bovis und M. caprae stimmen genetisch zu 99 Prozent überein, weshalb sich das aus M. bovis hergestellte Tuberkulin uneingeschränkt für Untersuchungen eignet, bei denen der Erreger M. caprae zu erwarten ist. Ein Beweis besteht darin, dass aufgrund des Untersuchungsprogrammes „Rindertuberkulose in den Landkreisen der Alpenkette“ durchgeführte Tuberkulintests mit M. bovis hergestelltem Tuberkulin mit positivem Ergebnis durch bakteriologischen Nachweis von M. caprae bestätigt wurden (vgl. die den Beteiligtenvertretern bekannten Beschlüsse des Senats vom 13.4.2015, 20 CS 15.610, 20 CS 15.627, 20 CS 15.628, 20 CS 15.641, 20 CS 15.642, vom 29. 4.2015 20 CS 15.750, 20 CS 15.770, 20 CS 15. 771 sowie 20 CS 15.773). Auch aus Gebrauchsinformationen der Hersteller ergeben sich keine Bedenken gegen die Anwendung der Tuberkuline im Simultantest. So wird nur die Mischung mit anderen Tierarzneimitteln vor der Injektion verboten, nicht aber auch, das betreffende Geflügeltuberkulin zusammen mit Rindertuberkulin eines anderen Herstellers im Simultantest anzuwenden. Das hat die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des Beklagten in ihrer Berufungserwiderung vom 22. September 2014 ausführlich und überzeugend dargestellt (vgl. dort die S. 6 bis 8). Auf diese Ausführungen nimmt der Senat ebenso Bezug (vgl. BVerwG, B. v. 30.11.1995, a. a. O.) wie auf die Darlegungen zur Rechtsgrundlage für den Simultantest (vgl. dort S. 5/6). § 1 Satz 1 Nr. 1c, Nr. 2 a RindTbV (sowohl in der Fassung vom 16.3.2013 bis 20./21.7.2013 als auch in der danach geltenden Fassung) in Verbindung mit Anhang B 2.2.1 der Richtlinie 64/432/EWG in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 bestimmt als Simultantest die gleichzeitige Applikation von Rinder- und Geflügeltuberkulin, ohne festzulegen, dass beide Tuberkuline vom gleichen Hersteller stammen oder als „einheitlicher Test“ angeboten werden müssen. Nach Anhang B Nr. 2.2.4 Satz 1 der Richtlinie 64/432/EWG in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 werden „Tuberkulinproben…durchgeführt durch Einspritzen von Tuberkulin(en) in die Nackenhaut“. In den folgenden Sätzen wird die Lage der Injektionsstelle näher beschrieben. In Anhang B Nr. 2.2.5.1 zur vorgenannten Richtlinie wird die Vorgehensweise bei der Injektion näher beschrieben. In all diesen Regelungen findet sich aber kein Hinweis darauf, dass es sich um einen „einheitlichen Test“ im Sinne der Vorstellung des Klägers (wohl im Sinne eines Fertigarzneimittels nach § 4 Abs. 1 AMG) handeln müsste.

Darauf, ob jedes Tier des Rinderbestandes des Klägers seinerzeit hätte mit einer sterilen Kanüle untersucht werden müssen (vgl. jetzt Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 zur Änderung von Anhang B der Richtlinie 64/32/EWG in der Fassung der Berichtigung vom 14. November 2014 - hier Nr. 2.2.5.1 -) oder ob im Rahmen der Tuberkulinisierung der Einsatz einer sterilen Kanüle zu Beginn der Bestandsuntersuchung und bei Auftreten bestimmter Umstände wie Schäden an der Kanülenspitze oder Treffen eines Blutgefäßes genügt hätte (vgl. die Äußerung des Friedrich-Loeffler-Instituts vom 26.3.2013, Anhang zur Berufungserwiderung des Beklagten), kommt es nicht mehr entscheidend an. Denn der Kläger hat die Ergebnisse der Untersuchung und Nachuntersuchung der Rinder seines Bestandes nicht in Frage gestellt, soweit diese - bis auf das getötete Rind - ausschließlich negative Befunde erbracht hatten. Darüber, dass das getötete Rind, bestätigt durch die nach § 4 Satz 1 Nr. 1 a RindTbV geforderten und durchgeführten Nachuntersuchungen, ebenfalls abschließend negativ getestet worden war, waren sich die Beteiligten bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht einig. Für das getötete, normativ unter Verdacht gestellte Rind erhält der Kläger als Tierhalter eine Entschädigung durch die Tierseuchenkasse. Im Übrigen sieht auch die Rindertuberkuloseverordnung die Möglichkeit, dass weitere Tests (der Organe eines unter Verdacht stehenden und mittlerweile getöteten Tieres) ergeben können, dass sich der Verdacht auf Tuberkulose (vgl. § 1 Nr. 2 a RindTbV) nicht bestätigt. In einem solchen Fall sind angeordnete Schutzmaßnahmen aufzuheben (§ 9 Abs. 1 RindTbV). Dem ist der Beklagte mit seinem Bescheid vom 22. Juli 2015 nachgekommen.

Vor diesem Hintergrund erweist sich der Ausspruch in Nr. I des streitgegenständlichen Bescheides vom 16. Mai 2013, bei dem (mittlerweile getöteten) Rind werde der Verdacht auf Tuberkulose des Rindes amtlich festgestellt, als gerechtfertigt und rechtmäßig. Rechtsgrundlage ist hier § 1 Nr. 2 a RindTbV, seinerzeit in der seit 16. März 2013 geltenden Fassung. Eine zweifelhafte Reaktion im Sinn des Nr. 2.2.5.3.2 Buchst. b des Anhanges B der Richtlinie 64/432/EWG genügt hierfür. Die Verordnung (EG) 1226/2002 vom 8. Juli 2002 änderte diesen Anhang B; sie gilt gemäß Art. 288 Abs. 2 Satz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - (i. d. F. der Bekanntmachung vom 9.5.2008 ABl Nr. C 115 Seite 47) allgemein, ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (vgl. Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV und insoweit gleichlautend Art. 2 Abs. 2 dieser Verordnung).

Der Hilfsantrag ist aber begründet, soweit in Nr. II des Bescheides vom 16. Mai 2013 die Tötung des unter Tuberkuloseverdacht geratenen Rindes angeordnet wurde. Grundsätzlich war das Landratsamt berechtigt, von den Befugnissen des § 4 RindTbV Gebrauch zu machen. Aber weder den Gründen dieses Bescheides noch den Angaben der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung kann entnommen werden, dass der Beklagte insoweit über sein Entschließungsermessen hinaus von dem ihm eingeräumten Auswahlermessen ausgegangen ist. Zur Begründung wird im streitgegenständlichen Bescheid nur angeführt, die Anordnung der Tötung des betroffenen Tieres sei zum Schutz gegen die Seuchengefahr, hier - zur Verhütung der Verbreitung der Tuberkulose - erforderlich, ohne auf die konkret angeordnete Maßnahme einzugehen. § 4 Satz 1 RindTbV in der Gültigkeit vom 16. März 2013 räumt den Behörden aber verschiedene Möglichkeiten ein, auf das Ergebnis einer zweifelhaften Tuberkulinprobe bei einem Rind zu reagieren, nämlich das betroffene Rind a) zu töten, pathologisch-anatomisch zu untersuchen und die Organe mit pathologisch-anatomischen Veränderungen, die auf Tuberkulose hindeuten, in jedem Fall aber den Retropharyngeal-Lymphknoten sowie Teile der Lunge, des Darmes, der Leber, der Milz, der Niere und die jeweils diesen Organen zugehörigen Lymphknoten zu entnehmen, mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik molekularbiologisch auf Tuberkulose zu untersuchen und für mögliche weitergehende Untersuchungen aufzubewahren, oder b) mittels Tuberkulinprobe frühestens sechs Wochen nach Abschluss der vorangegangenen Tuberkulinprobe erneut zu untersuchen oder c) mittels Interferon-Gamma-Freisetzungstest zu untersuchen… .

Dabei stehen die Alternativen zu a) bis c) in keinem Rangverhältnis, auch wird (mittlerweile) in den Ausführungshinweisen zur Rindertuberkuloseverordnung vom 11. Juni 2014 (abgedruckt in Geißler/Stein/Bätza, Tierseuchenrecht in Deutschland und Europa, unter B-92) ein solches nicht vorgegeben. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und angesichts der örtlichen Verhältnisse hätten aber Überlegungen angestellt werden müssen, ob nicht eine Nachuntersuchung des verdächtigen Tieres eine geeignete und weniger einschneidende Maßnahme gewesen wäre, zumal der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, seinerzeit über einen Stall verfügt zu haben, in dem das betroffene Tier hätte abgesondert gehalten werden können. Auch die Einlassung der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung, aufgrund der Gesamtsituation im Landkreis Oberallgäu sei es als das Sicherste und Beste erschienen, die Tötung des Tieres anzuordnen, lässt darauf schließen, dass ein Auswahlermessen überhaupt nicht in Betracht gezogen wurde und damit Ermessensausfall vorgelegen war. Dies führt angesichts der Umstände des Einzelfalles zur Rechtswidrigkeit der Tötungsanordnung und zur Rechtsverletzung des Klägers (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der betreffende Verwaltungsakt hätte deshalb aufgehoben werden müssen, wenn er sich nicht erledigt hätte.

Die unter Nr. III angeordnete Schutzmaßnahme ist dagegen rechtmäßig und beruht auf § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 RindTbV. Bei Verdacht auf Tuberkulose sind Rinder des Bestandes im Stall oder mit Genehmigung der zuständigen Behörde auf der Weide abzusondern (Buchst. a des § 6 Abs. 1 Nr. 1 RindTbV) und dürfen nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde aus dem Gehöft oder dem sonstigen Standort entfernt werden (Buchst. b des § 6 Abs. 1 Nr. 1 RindTbV). Diese im Bescheid angeordneten Maßnahmen, gegen die keine rechtlichen Bedenken bestehen, konnten auch durch die begünstigten Bescheide vom 16. Mai und 4. Juni 2013 modifiziert werden, welche dem Kläger gestatteten, seine Rinder aus seinem wegen Tuberkuloseverdacht gesperrten Betrieb auf die in beigefügten Lageplänen gekennzeichneten Weideflächen zu verbringen.

Auch die in Nr. IV ausgesprochene Aussetzung der amtlichen Anerkennung des klägerischen Rinderbestandes als tuberkulosefreier Bestand ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Für sie bestand bereits im Zeitpunkt ihres Erlasses eine ausreichende Rechtsgrundlage, nämlich Anhang B Nr. 2.2.5.3.3 Buchst. c der Richtlinie 64/432/EWG. Wie bereits ausgeführt, hat der Anhang B wegen seiner Änderung durch die Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 die Qualität einer Verordnung, die in allen ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt (vgl. Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV, siehe auch Art. 2 Abs. 2 dieser Änderungsverordnung). Nr. 2.2.5.3.3 Buchst. c bestimmt insoweit, dass der Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Bestandes ausgesetzt und Tiere aus diesem Bestand gesperrt werden können, bis der Gesundheitsstatus von Tieren mit zweifelhafter Reaktion im Simultantest geklärt ist. Diese unmittelbar geltende Bestimmung, angeführt auch in der Begründung des streitgegenständlichen Bescheides, wurde nunmehr in § 13 der seit 20./21. Juli 2013 wirksamen Rindertuberkuloseverordnung aufgenommen. Zur Regelung einer solchen tierseuchenrechtlichen Frage, wie sie Gegenstand der Richtlinie 64/432/EWG einschließlich deren Anhang B ist, war gemäß § 2 TierSG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Vollzug des Tierseuchenrechts in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung zum Vollzug des Tierseuchenrechts vom 23. Februar 2012 (GVBl S. 56) das Landratsamt die zuständige Behörde. Eine Zuständigkeit der „Kommission“, wie vom Kläger gefordert, scheidet aus. Die Richtlinie 64/432/EWG unterscheidet zwischen amtlich anerkannten tuberkulosefreien Rinderbeständen (Art. 2 Abs. 2 Buchst. d) und amtlich anerkannten tuberkulosefreien Mitgliedstaaten (Art. 2 Abs. 2 Buchst. e). Über den Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Mitgliedstaates befindet nach Anhang A Teil I Nr. 4 i. V. m. Art. 17 dieser Richtlinie die Kommission, über den Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Tierbestandes dagegen nach Anhang A Teil I Nr. 1 bis 3 B die zuständige Behörde. Diese zu bestimmen bleibt den Mitgliedstaaten überlassen.

Die Milchreglementierung in Nr. V Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage ist Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 i. V. m. Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a und b Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (sogenannte Basisverordnung) und Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Anhang III, Abschn. IX, Kap. I, Nr. 2, Buchst. b, Unterbuchst. i und Nr. 3, Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 853/2004.

Nach Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmung über Tiergesundheit und Tierschutz trifft die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen, um festgestellte Verstöße zu beseitigen. Wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gilt Art. 54 Abs. 1 dieser Verordnung unmittelbar und verdrängt andere nationale Vorschriften. § 39 Abs. 2 LFGB ist insoweit obsolet (so auch VGH BW, U. v. 16.6.2014 - 9 S 1273/13, VBl BW 2015, 63; zum Vorrang vor § 5 Abs. 1 Gaststättengesetz siehe auch BayVGH, B. v. 20.4.2015 - 20 ZB 15.106). Nach Art. 54 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung kann dazu die Einschränkung oder Untersagung des in Verkehrsbringen und der Einfuhr oder Ausfuhr von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach Art. 2 Satz 2 Nr. 10 vorgenannter Verordnung ist „Verstoß“ die Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz. Der Kläger ist gemäß Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Lebensmittelunternehmer im Sinn des Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Gemäß Art. 3 Abs. 1 letztgenannter Verordnung müssen Lebensmittelunternehmer die einschlägigen Vorschriften der Anhänge II und III erfüllen. Gemäß Anhang III, Abschn. IX, Kap. I müssen Lebensmittelunternehmer, die Rohmilch erzeugen oder gegebenenfalls sammeln, sicherstellen, dass die Vorschriften dieses Kapitels eingehalten werden. Was Tuberkulose anbelangt, muss Rohmilch von Kühen oder Büffelkühen stammen, die einem im Sinn der Richtlinie 64/432/EWG amtlich anerkannten tuberkulosefreien Bestand angehören (Kap. I, Nr. 2, Buchst. b, Unterbuchst. i). Rohmilch von Tieren, welche die Anforderungen der Nr. 2 nicht erfüllen, darf jedoch in folgenden Fällen mit Genehmigung der zuständigen Behörde verwendet werden, wenn es sich um Kühe oder Büffelkühe handelt, die mit einem negativen Ergebnis auf Tuberkulose oder Brucellose getestet wurden und keine Anzeichen dieser Krankheit zeigen, sofern die Milch so wärmebehandelt wurde, dass der Phosphatasetest negativ ausfällt (Kap. I, Nr. 3 a). Ansonsten darf Rohmilch von Tieren, die die Anforderungen der Nr. 1 bis 3 nicht erfüllen, nicht zum menschlichen Verzehr verwendet werden (Kap. I, Nr. 4).

So lagen die Dinge hier. Die Anerkennung des klägerischen Bestandes als tuberkulosefrei war ausgesetzt, so dass die Rohmilch nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde, hier des Landratsamtes Oberallgäu (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 GDVG, Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG) verwendet werden durfte. Die im streitgegenständlichen Bescheid unter Nr. V Ziff. 2.2 ausgesprochene Genehmigung der Abgabe der Milch nach einem bestimmten Wärmebehandlungsverfahren entsprach Anhang III, Abschn. IX, Kap. I, Nr. 3 a zur Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Die Benennung eines zur Übernahme der behandelten Rohmilch bereiten weiterverarbeitenden Betriebs in Nr. V Ziff. 2.2 Satz 2 der genehmigenden Verfügung begünstigte den Kläger, weil sie ihm die Suche nach einem geeigneten und übernahmebereiten Betrieb ersparte.

Mit der nunmehrigen Bezeichnung der einschlägigen Rechtsgrundlagen (anstatt § 39 LFGB, wie das Verwaltungsgericht meinte) wird die angefochtene Regelung in Nr. V Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides nicht verändert. Ein Entschließungsermessen besteht gemäß Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 zur Frage des Einschreitens ohnehin nicht, für ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahme ist angesichts des klaren Wortlautes der einschlägigen Bestimmungen in Anhang III Abschn. IX Kap. I der vorgenannten Verordnung nichts ersichtlich. Im Übrigen hat sich die Begründung des angefochtenen Bescheides, wenn auch kurz, und mit einem Schreibfehler behaftet (Verordnung (EG) Nr. 852/2004 statt 853/2004), auf die einschlägigen Vorschriften dieses Anhanges III Abschn. IX Kapitel I bezogen. Ob ein Verwaltungsakt rechtmäßig ist (oder wie hier war), entscheidet der Senat gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Er muss bei seiner Beurteilung von sich aus alle ihm bekannten Tatsachen und Rechtsgrundlagen berücksichtigen, gleichgültig, ob sie von den Beteiligten vorgetragen worden sind (vgl. Eyermann, VwGO, a. a. O., § 113 Rn. 22). Insoweit sind auch die teils unmittelbar geltenden und verdrängenden Bestimmungen des Unionsrechts - hier auch des Hygienerechts - heranzuziehen.

Schließlich bedurfte es keiner Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu den vom Kläger als vorlagebedürftig aufgeworfenen Fragen nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV -, weil das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG vom 10.10.1997 NVwZ-RR 1998, 752/754; vom 14.12.1992 NVwZ 1993, 770; vom 15.1.1992 BVerwG 3 B 2/92; vom 20.3.1986 BVerwG 3 B 3/86; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41). Durch die Entscheidung des Senats, von einer solchen Vorlage abzusehen, wird Verfahrensrecht nicht verletzt (BVerwG vom 10.10.1997 a. a. O.).

Abgesehen davon bestand kein Anlass, das Verfahren auszusetzen und die vom Kläger zu einer Vorabentscheidung gestellten Fragen dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Denn die vom Kläger aufgeworfenen Vorlagefragen stellen sich so nicht oder sind eindeutig zu beantworten. Auf die Ausführungen des Beklagten in seiner Berufungserwiderung vom 22. September 2014 - dort Seiten 17 bis 19 - wird Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 2, § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG).

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.