Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 02. Juni 2014 - 7 K 13.30235

published on 02/06/2014 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 02. Juni 2014 - 7 K 13.30235
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Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin subsidiären Schutz gemäß § 4 Asylverfahrensgesetz zuzuerkennen.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die 1985 geborene Klägerin ist nach eigenen Angaben somalische Staatsangehörige vom Clan der Habar Gedir, Unterclan Sacad, islamischer Religionszugehörigkeit.

Sie stellte am 13. Juli 2010 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag.

Am ... 2010 wurde in ... der Sohn der Klägerin ... geboren.

Eine Anhörung zu den Gründen für ihre Flucht zu und ihrem Reiseweg erfolgte nicht. Nachdem die erkennungsdienstliche Behandlung zunächst erfolglos blieb (die Fingerabdrücke waren nicht verwertbar), stellte das Bundesamt mit Bescheid vom 14. Oktober 2010 fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gelte und das Asylverfahren eingestellt sei, sowie dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 Aufenthaltsgesetz nicht vorlägen und drohte der Klägerin die Abschiebung in ihren Herkunftsstaat an. Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg (VG Augsburg, U. v. 12.9.2011 - Au 3 K 10.30620; BayVGH, B. v. 9.2.2012 - 20 ZB 11.30381).

Nachdem eine weitere erkennungsdienstliche Behandlung EURODAC-Treffer für Sch. und I. ergeben hatte, wurde zunächst am 22. Dezember 2011ein Wiederaufnahmegesuch an Sch. gestellt (Bl. 146 bis 149 der Bundesamtsakte/BA), das die schwedischen Behörden am 29. Dezember 2011 mit der Begründung ablehnten, I. habe am 6. Januar 2010 ein Rücküberstellungsgesuch akzeptiert und die Rücküberstellungsfrist laufe bis 6. Juli 2011 (Bl. 150/151 BA). Am 13. Januar 2012 bat das Bundesamt daraufhin I. um Übernahme des Asylverfahrens (Bl. 156 bis 159 BA). Die italienischen Behörden akzeptierten am 19. Januar 2012 unter Hinweis auf Art. 16 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 die Überstellung der Klägerin nach I. (Bl. 163 bis 165 BA).

Am 27. Juni 2012 fertigte das Bundesamt den Entwurf eines - in der Folgezeit nicht zugestellten - Bescheids, in dem festgestellt wurde, dass der Asylantrag der Klägerin unzulässig ist und die Abschiebung nach I. angeordnet wurde. Dem von der Klägerin gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem Ziel, die Abschiebung nach I. vorläufig zu untersagen, wurde mit (mittlerweile rechtskräftigem) Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 17. Juli 2012 (Az.: Au 3 E 12.30208) stattgegeben. Das Bundesamt teilte den italienischen Behörden unter Hinweis auf diesen Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg mit Schreiben vom 31. Juli 2012 mit, dass die Überstellung der Klägerin derzeit nicht möglich sei (Bl. 257 BA).

Am 10. Mai 2013 fand beim Bundesamt eine „informatorische Anhörung zum Zweitantrag (§ 71 a Abs. 1 AsylVfG)“ statt. Die Klägerin gab dabei u. a. an, sie habe nie ein somalisches Personaldokument besessen. Bis zu ihrer Ausreise aus S. im Dezember 2008 habe sie sich in ... aufgehalten. Sie sei vor ihrer Ausreise aus S. geschieden worden. Sie habe drei Kinder. Zwei ihrer Kinder lebten noch bei ihrer Mutter in S.. Ihr Sohn ... sei am 1. November 2010 in ... geboren. Ein Bruder lebe noch in S., zwei Brüder lebten in Großbritannien. In S. habe sie zusammen mit einer Freundin eine kleine Tankstelle betrieben. Von A. S. seien sie öfter bedroht worden, sie sollten Ungläubigen, gemeint war das Militär der Regierung, kein Benzin verkaufen. Im November 2008 sei ihre Freundin an der Tankstelle erschossen worden. Daraufhin habe sie S. verlassen und sei über Äthiopien, Sudan und Libyen nach I. gereist, wo sie sechs Monate geblieben sei. Sie habe in I. einen Asylantrag gestellt und einen humanitären Status zuerkannt bekommen. Sie habe auch einen grünen Pass erhalten. Weil sie in I. keine Wohnung und nichts zu essen gehabt habe, sei sie nach Sch. weitergereist. In Sch. sei sie acht Monate geblieben und sei dann mit dem Zug nach Deutschland gefahren. Den Vater ihres (in ... geborenen) Sohnes habe sie in Sch. kennengelernt und dort nach muslimischem Glauben geheiratet. Da er sie geschlagen habe, habe sie sich von ihm getrennt und ziehe das Kind allein auf.

Die Liaisonbeamtin des Bundesamtes beim italienischen Innenministerium teilte am 1. Juli 2013 mit, dass die Klägerin nach illegaler Einreise am 31. März 2009 den subsidiären Schutz, gültig bis 16. Juni 2012, erhalten habe (Bl. 293 BA).

Mit Bescheid vom 2. Juli 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab. Eine Abschiebungsanordnung oder -androhung enthält der Bescheid nicht.

Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass es sich um einen Zweitantrag nach § 71 a AsylVfG handle. Von einem Übergang der Zuständigkeit auf Deutschland sei im Hinblick auf die Verfahrensdauer und den vorliegenden Sachverhalt nunmehr auszugehen. Wiederaufgreifensgründe für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG lägen nicht vor. Von der Prüfung europarechtlicher Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG könne abgesehen werden, da die Klägerin aufgrund ihres Asylverfahrens in I. einen entsprechenden europarechtlichen subsidiären Schutzstatus offensichtlich bereits besitze. Soweit eine darauf basierende Aufenthaltserlaubnis abgelaufen sein sollte, bestehe nach Art. 24 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie ein Anspruch auf Verlängerung bzw. Neuerteilung des italienischen Aufenthaltstitels. Die Verpflichtung zu einer erneuten Feststellung europarechtlicher Abschiebungsverbote im Falle der Nichtdurchführung eines weiteren Asylverfahrens lasse sich § 71 a AsylVfG nicht entnehmen. Die Entscheidung über Aberkennung, Beendigung oder Verlängerung des Schutzstatus treffe der Staat, dem die Schutzverpflichtung obliege. Die Weiterreise in einen anderen Mitgliedstaat und ein dortiges erneutes Asylbegehren seien keine Tatbestände, die nach der Qualifikationsrichtlinie oder einer anderen europarechtlichen Vorschrift Einfluss auf den Fortbestand der durch den Erstaufnahmestaat anerkannten Schutzpflichten hätte. Die Prüfung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Herkunftslandes sei aufgrund der Nachrangigkeit gegenüber einem bestehenden europarechtlichen Abschiebungsschutz entbehrlich.

Dieser Bescheid wurde laut Aktenvermerk am 9. Juli 2013 als Einschreiben zur Post gegeben.

Am 22. Juli 2013 ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben und beantragen:

I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2013 wird aufgehoben.

II.

Die Bundesrepublik Deutschland wird verpflichtet,

festzustellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich S. vorliegen,

hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.

Gleichzeitig wurde beantragt, der Klägerin Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihr die Unterzeichnerin beizuordnen.

Das Bundesamt übersandte mit Schreiben vom 8. August und 9. August 2013 die Bundesamtsakten und teilte mit weiterem Schreiben vom 26. August 2013 mit, dass dem Sohn der Klägerin ... (geb. am ... 2010 in ...) mit Bescheid vom 23. August 2013 ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gewährt worden sei.

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2013 legte die Klägerbevollmächtigte das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 4. Februar 2013 (Az.: RO 7 K 12.30272) vor.

Die Klägerbevollmächtigte verzichtete mit Schreiben vom 7. Mai 2014 auf mündliche Verhandlung. Gleichzeitig wurde der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgenommen. Die Klage wurde insoweit zurückgenommen, soweit beantragt worden war, die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. des § 3 AsylVfG bei der Klägerin hinsichtlich S.s vorliegen.

Mit richterlichem Schreiben vom 7. Mai 2014 wurde das Bundesamt um Mitteilung gebeten, ob auf mündliche Verhandlung verzichtet werde.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. Mai 2014 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 76 Abs. 1 AsylVfG).

Mit Beschluss vom 21. Mai 2014 wurde von der Verwaltungsstreitsache der Verfahrensteil betreffend die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens mit der Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG (bis 1.12.2013: § 60 Abs. 1 AufenthG a. F.) zuzuerkennen, abgetrennt, unter dem Aktenzeichen Au 7 K 14.30357 fortgeführt und aufgrund der entsprechenden Klagerücknahme eingestellt.

Das Bundesamt erklärte mit Schreiben vom 21. Mai 2014 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Unter Verweis auf das beigelegte Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Mai 2014 an das Bundesamt im Verfahren mit dem Aktenzeichen 10 C 7.13 wurde darauf hingewiesen, auch das Bundesverwaltungsgericht sei der Auffassung, dass ein unbedingter Anspruch auf eine Sachentscheidung zum unionsrechtlichen subsidiären Schutz und hilfsweise über nationalen Abschiebungsschutz nicht bestehe. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde u. a. ausgeführt, der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da der Klägerin in I. bereits subsidiärer Schutz zugesprochen worden sei. An diese Entscheidung sei Deutschland gemäß Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU gebunden. Aus dem Umstand, dass die Klägerin ihren Aufenthaltstitel für I. habe verstreichen lassen, ergebe sich ebenfalls kein Rechtsanspruch auf erneute Prüfung der Voraussetzungen des jetzigen § 4 AsylVfG. Denn die Klägerin habe einen Anspruch auf Verlängerung ihres Aufenthaltstitels für I.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, ist gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt dieser Entscheidung abzustellen. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist damit das Asylverfahrensgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S.1798) und das Aufenthaltsgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 BGBl. I S.162), beide zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I S.3474).

Nachdem das Verpflichtungsbegehren auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zurückgenommen wurde, ist das noch anhängige Klagebegehren entsprechend der aktuellen Rechtslage sachgerecht dahingehend auszulegen (§ 88 VwGO), dass die Klägerin nunmehr die Verpflichtung der Beklagten begehrt, festzustellen, dass sie bezüglich S. subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 4 AsylVfG (n. F.) ist, hilfsweise festzustellen, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG (n. F.) vorliegen.

Die in diesem Sinn ausgelegte Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Feststellung, dass sie bezüglich ihres Herkunftslandes S. gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 AsylVfG subsidiär Schutzberechtigte ist.

1. Das Bundesamt ist seiner Feststellungsverpflichtung zu § 60 Abs. 2 AufenthG (n. F.) i. V. m. § 4 Abs. 1 AsylVfG (n. F.), hilfsweise zu den nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (n. F.), nicht deshalb enthoben, weil der Klägerin in I. bereits subsidiärer Schutz gewährt wurde.

a) Dem Anspruch der Klägerin auf Feststellung subsidiären Schutzes, hilfsweise nationaler Abschiebungsverbote, in Deutschland steht die unionsrechtliche Zuständigkeitsregelung für die Prüfung von Asylanträgen nach der Dublin-Verordnung nicht entgegen. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-VO), da die Klägerin ihren Asylantrag schon im Juli 2010 gestellt hat (s. Art. 49 der Verordnung (EU) 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin-III-VO).

Der Entscheidung über die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz (§ 60 Abs. 5, 7 AufenthG n. F.) stehen die unionsrechtlichen Regelungen des Dublin-Verfahrens schon deshalb nicht entgegen, da sich diese nur auf die Gewährung internationalen Schutzes beziehen, nicht hingegen auf zusätzliche nationale Abschiebungsverbote (BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6/13 -, juris).

Der Zuständigkeit Deutschlands für die Prüfung des Begehrens auf Gewährung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz können die Regelungen der Dublin-II-VO zum einen schon deshalb nicht entgegenstehen, weil sich diese Verordnung nur auf das Verfahren der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bezieht (vgl. die Definition des „Asylantrags“ in Art. 2 Buchst. c Dublin II-VO). Zum anderen ist Deutschland aufgrund des Ablaufs der Überstellungsfrist (Art. 20 Abs. 1 Buchst. d, Abs. 2 Dublin II-VO) auch für das Asylverfahren der Klägerin zuständig geworden. Der Bescheid vom 27 Juni 2012 verblieb im „Entwurfsstadium“ und wurde nicht zugestellt. Die Beklagte hat nach dem (rechtskräftigen) Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 17. Juli 2012 (Au 3 E 12.30208) das Überstellungsverfahren nicht weiter betrieben; einen weiteren Bescheid bzw. eine weitere Abschiebungsanordnung im Hinblick auf eine Rückführung nach I. hat das Bundesamt gegenüber der Klägerin nicht erlassen (vgl. Art. 16 Abs. 1 Buchst. d Dublin-II-VO). Vielmehr hat die Beklagte mit dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom 2. Juli 2013 zum Ausdruck gebracht, für das Asylverfahren der Klägerin zuständig geworden zu sein. Denn die Behandlung des Asylantrags der Klägerin vom Juli 2010 als Zweitantrag nach § 71a AsylVfG setzt voraus, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist (s. § 71a Abs. 1 AsylVfG); dementsprechend hat das Bundesamt in diesem Bescheid auch im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 71a AsylVfG festgestellt, dass von einem Übergang der Zuständigkeit „im Hinblick auf Verfahrensdauer und vorliegenden Sachverhalt nunmehr auszugehen“ ist.

b) Der Klägerin fehlt auch nicht das Sachbescheidungsinteresse für die vom Bundesamt begehrte Feststellung des subsidiären Schutzes. Auch wenn ihr in I. ein entsprechender Schutzstatus bereits zuerkannt worden war, so steht jedenfalls unstreitig fest, dass der ihr damals erteilte Aufenthaltstitel mittlerweile seit bald zwei Jahren (seit 16.6.2012) abgelaufen ist. Da Deutschland für das Asylverfahren der Klägerin zuständig ist, ist keine Rechtsgrundlage dafür ersichtlich, dass die italienischen Behörden jetzt noch verpflichtet wären, der Klägerin durch Verlängerung ihres Aufenthaltstitels (Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU) weiterhin internationalen Schutz - zu dem nach der nunmehr geltenden Richtlinie 2011/95/EU auch der subsidiäre Schutzstatus gehört - zu gewähren. Zudem ist auch keine Rechtsgrundlage dafür ersichtlich, nach der I. dazu verpflichtet wäre, einer Rückübernahme der Klägerin zuzustimmen, nachdem die Zuständigkeit I. für das Asylverfahren der Klägerin durch den Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Dublin-II-VO bzw. durch das von der Beklagten in eigener Zuständigkeit behandelte Asylverfahren der Klägerin beendet wurde.

Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Februar 2014 (Az. 10 C 6/13 - juris, Rn.16) darauf hinweist, dass einem Asylbewerber das Sachbescheidungsinteresse für eine Entscheidung über die Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n. F.) und für die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz in Deutschland fehlen kann, wenn ihm ein anderer Mitgliedstaat bereits die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat, so trifft dies - siehe obige Ausführungen - jedenfalls nicht auf den vorliegenden Fall zu, in dem der italienische Aufenthaltstitel der Klägerin bereits abgelaufen ist und auch die Zuständigkeit I. für die (weitere oder nochmalige) Gewährung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG (n. F.) beendet wurde bzw. nicht mehr besteht.

Auch wurde die Klägerin in I. (unstreitig) nicht als Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S.559, 560) anerkannt, so dass dem streitgegenständlichen Begehren auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz (§ 4 Abs. 1 AsylVfG n. F.) auch nicht das Sachbescheidungsinteresse wegen der Vorrangigkeit eines, auch von Deutschland anzuerkennenden, Flüchtlingsstatus (§ 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG n. F.) fehlt.

Soweit das Verwaltungsgerichts Berlin in seinem Beschluss vom 3. Februar 2014 (Az. 33 L 562.13 A, juris) den Eilantrag gegen einen auf § 71a AsylVfG gestützten (vergleichbaren) Bescheid abgelehnt hat, wurde dem Antragsteller des dortigen Verfahrens - im Gegensatz zur Klägerin in diesem Verfahren - von der Republik Polen ein subsidiärer Schutzstatus „bis in die Gegenwart hinein gewährt“ und er hatte einen (bis Mai 2015) gültigen Aufenthaltstitel für die Republik Polen, so dass seiner Abschiebung bzw. Wiedereinreise nach Polen nichts im Wege steht und die im dortigen Verfahren zu prüfende Abschiebungsandrohung (auch) von daher als rechtmäßig angesehen wurde.

c) Die Verpflichtung der Beklagten zu einer Feststellung im streitgegenständlichen Bescheid vom 2. Juli 2013, ob unionsrechtlicher subsidiärer Schutz (damals: § 60 Abs. 2, 3 und Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F.) gewährt wird, ergab sich nach der bis zum 1. Dezember 2013 geltenden Rechtslage aus § 71a Abs. 2 i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG (a. F.) sowie aus dem Umstand, dass - anders als für den Bereich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (dort über § 60 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 6 AufenthG a. F.) - eine gesetzliche Erstreckung einer außerhalb des Bundesgebiets erfolgten Anerkennung und darauf gründend ein Wegfall der Verpflichtung zur Feststellung durch das Bundesamt für den Bereich des subsidiären Schutzstatus nicht vorgesehen war (VG Ansbach, U. v. 10.12.2013 - AN 2 K 13.30272 -, juris, m.w.N).

Daran hat sich im Ergebnis auch unter der neuen Rechtslage nichts geändert.

§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG (n. F.) - „Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend“ - enthält die grundsätzliche Feststellungsverpflichtung des Bundesamtes, die - gemäß der Bezugnahme auf § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG (n. F.) - nur in den Fällen von Absatz 1 Satz 2 entfällt. Dies bedeutet aber, dass eine Gewährung von subsidiärem Schutz im Ausland nicht zu einem Wegfall der Feststellungsverpflichtung der Beklagten führt. Denn in Satz 2 ist lediglich die außerhalb des Bundesgebietes erfolgte Anerkennung als ausländischer Flüchtling nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und nicht die Zuerkennung subsidiären Schutzes aufgeführt. Eine entsprechende Anwendung insoweit auch bezüglich des subsidiären Schutzstatus enthält das Gesetz nicht. Solches lässt sich im Übrigen auch nicht der Gesetzesbegründung entnehmen. Vielmehr wurde die Vorschrift des § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im Zuge der letzten Änderung des Aufenthaltsgesetzes sogar geändert und dabei die Tatbestandsvoraussetzungen zu Klarstellung einschränkend formuliert (BT-Drs. 17/13063, S.16). § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG soll nach der Gesetzesbegründung lediglich klarstellen, dass es sich bei Anträgen auf subsidiären Schutz um Asylanträge handelt, über die das Bundesamt zu entscheiden hat (vgl. BT-Drucksache 17/13063, S. 16/17). Im Zeitpunkt der Gesetzesänderung war auch der Aufenthalt einer Vielzahl von Personen im Bundesgebiet mit bereits in anderen Mitgliedstaaten gewährtem Schutzstatus bekannt (insbesondere von aus I. und Malta eingereisten Somaliern). Es kann daher auch nicht von einem bloßen Redaktionsversehen ausgegangen werden, zumal im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens andere redaktionelle Änderungen erfolgt sind (vgl. BT-Drucksache 17/13556). Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass der sich aus § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nicht nur ergebende Ausschluss eines weiteren Verfahrens, sondern die sich auch zugunsten von Ausländern ergebende Folge der Übernahme des im Ausland festgestellten Flüchtlingsstatus für den Fall des subsidiären Schutzes nicht gewollt war und insoweit eine eigenständige Prüfung durch deutsche Behörden erfolgen soll (vgl. VG Regensburg, U. v. 31.3.2014 - RN 7 K 13.30434 -, juris; U. v. 31.3.2014 - RO 7 K 13.30510 -, juris; VG Ansbach, U. v. 10.12.2013 - AN 2 K 13.30272 -, juris); die gegenteilige Auffassung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 8. Januar 2014 (Az.: Au 7 S 13.30495) wird ausdrücklich aufgegeben.

Damit bleibt die Beklagte weiterhin schon von daher feststellungsverpflichtet. Die Entscheidung des Bundesamtes ist auch mit Blick auf § 6 AsylVfG (n. F.) zwingend erforderlich, weil ansonsten keine Verbindlichkeit u. a. für die Ausländerbehörden hinsichtlich des subsidiären Schutzstatus der Klägerin bestünde.

d) Nicht geteilt wird die im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführte Auffassung des Bundesamtes, dass bei Statusinhabern europarechtlich eine erneute Sachprüfung nur nach Maßgabe des Art. 19 QualRL (Qualifikationsrichtlinie - RL 2004/83/EG) bzw. Art. 19 der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehen sei. Diese Vorschriften können zwanglos statt als Regelung der Zuständigkeit für einen Widerruf als Regelung der Beweislast bei Widerruf des Schutzstatus ausgelegt werden. Darüber hinaus greift Art. 19 QualRL bzw. Art. 19 der Richtlinie 2011/95/EU hier deshalb nicht durch, weil es hier nicht um eine „abweichende“ Entscheidung der Beklagten zu einer ehemals italienischen Statusentscheidung geht, sondern die Klägerin eine gleichgerichtete positive Entscheidung begehrt.

Der Befund, dass die Beklagte im Fall der Klägerin einen eigenen Ausspruch zu § 60 Abs. 2 AufenthG zu treffen hat, wird im Übrigen dadurch gestützt, dass auch nur die Möglichkeit - und schon gar nicht die Verpflichtung -, ein Begehren nach subsidiärem Schutz als unzulässig zu betrachten, wenn ein anderer Mitgliedsstaat bereits internationalen Schutz gewährt hat, europarechtlich erst mit der am 19. Juli 2013 in Kraft getretenen Richtlinie 2013/32/EU (siehe deren Art. 33) eingeführt worden ist und das deutsche Änderungsgesetz vom 28. August 2013 diese Richtlinie nicht im Blick hatte, sondern lediglich der Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU diente.

Dass das Bundesamt im Falle der Klägerin, unter Berufung auf einen bereits in I. zuerkannten subsidiären Schutzstatus, nicht die Unzulässigkeit des Verpflichtungsbegehrens geltend machen kann, zeigt zudem der Erwägungsgrund 43 der Richtlinie 2013/32/EU, in dem es u. a. heißt, „Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere nicht verpflichtet sein, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wenn der erste Asylstaat dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat oder ihm anderweitig ausreichenden Schutz gewährt und die Rückübernahme des Antragstellers in diesen Staat gewährleistet ist.“ Gerade die Rückübernahme der Klägerin durch I. ist hier nicht gewährleistet, wie bereits unter b) ausgeführt wurde.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass es für die Annahme des Bundesamtes, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Feststellung des subsidiären Schutzes in Deutschland nicht mehr zu, weil ihr ehemals in I. ein entsprechender Schutzstatus bereits gewährt worden sei, keine Rechtsgrundlage gibt.

2. Der begehrte Verpflichtungsausspruch ist schließlich deswegen begründet, weil sich die Klägerin hinsichtlich ihres Heimatstaates S. auf eine ernsthafte individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit als Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts berufen kann (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG n. F.).

Das erkennende Gericht schließt sich den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Regensburg in seinem Urteil vom 31. März 2014 (Az.: RN 7 K 13.30434, juris Rn. 38 ff.) an, das insoweit folgendes ausführt:

„Wie auch im aktuellsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12.6.2013 beschrieben wird, haben die seit spätestens 1991 fehlende effektive Staatsgewalt und die faktische Machtausübung bewaffneter extremistischer, in Fundamentalopposition zur ehemaligen Übergangsregierung sowie zur neuen Bundesregierung stehenden Gruppen in weiten Teilen S.s für die allgemeine Menschenrechtslage desaströse Folgen. Grundlegende Menschenrechte wie das Recht auf Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit würden regelmäßig verletzt. Die entsprechenden Detailbeschreibungen sind in den vorliegenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes seit 2006 ungeachtet der Unterschiede in der Beschreibung der politischen Lage im Wesentlichen unverändert. Ebenso steht seit Jahren fest, dass die Verhältnisse in S-land und P-land zwar besser sind, diese aufgrund des somalischen Clansystems aber keine erreichbare innerstaatliche Fluchtalternative darstellen. Entsprechend dieser Ausgangslage entsprach es - wie aus hier anhängig gewesenen Verfahren somalischer Staatsangehöriger bekannt ist - spätestens seit ca. 2007 der Praxis der Beklagten bei glaubhafter Herkunft aus Süd- und Zentralsomalia generell zumindest Abschiebungsschutz wegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts oder drohender Menschenrechtsverletzungen zu gewähren. Eine quantitative Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos (vgl. BVerwG, Urteile vom 27.4.2010, Az. 10 C 4.09 und vom 17.11.2011, Az. 10 C 13.10) erfolgte insoweit nicht. Sie war auch nicht möglich, weil es keine Staatsgewalt und deshalb auch keine Erfassung von Verletzungs- und Todesopfern bewaffneter Konflikte oder Straftaten gab und auch der Zugang von internationalen Hilfsorganisationen, Pressevertretern und anderen Personen, die insoweit Zahlenmaterial hätten liefern können, stark eingeschränkt bis unmöglich war. Bestätigt wurde die Entscheidungspraxis des Bundesamts durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 28.6.2011 (Nr. 8319/07 Sufi u. Elmi), in der ebenfalls die ernsthafte Gefahr einer Verletzung von Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) für Jedermann in Mogadishu und das Fehlen einer innerstaatlichen Fluchtalternative angenommen wurde.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Situation in Süd- und Zentralsomalia maßgeblich geändert hat. Zwar hat der EGMR in einer Entscheidung vom 5.9.2013 (Nr. 886/11) im Fall eines somalischen Staatsangehörigen, dessen Abschiebung nach Somaliland angedroht worden war und bei dem die Weiterschiebung nach Mogadishu nicht auszuschließen war, unter Auswertung aktueller Erkenntnisquellen entschieden, dass sich die Situation so verbessert habe, dass nicht mehr angenommen werden könne, es bestehe für Jedermann in Mogadishu das ernsthafte Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gemäß Art. 3 EMRK. Schon in einer „Dissenting Opinion“ zur Entscheidung vom 5.9.2013 wurde aber ausgeführt, dass der EGMR seine eigenen Vorgaben in der Entscheidung vom 28.6.2011 nicht ausreichend berücksichtigt habe. Insbesondere sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass die Einschätzung des Rückgangs ziviler Opfer nicht auf belastbaren Zahlen beruhe, es sei die Zahl der Rückkehrer vor dem Hintergrund der weiterhin extrem hohen Zahl der Vertriebenen überbewertet und die fehlende gesicherte Lebensgrundlage für Rückkehrer missachtet worden sowie die Unberechenbarkeit der Situation nach zwanzig Jahren Bürgerkrieg nicht hinreichend berücksichtigt worden. Zudem wird in der Entscheidung vom 5.9.2013 betont, dass ebenso wie in der am 28.6.2011 getroffenen Entscheidung die jeweilige Situation im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend sei (vgl. insbesondere Rn. 79 der Entscheidung vom 5.9.2013). Die vom EGMR angenommene positive Entwicklung in Mogadishu hat sich weder bestätigt noch fortgesetzt. Zwar hat die A. S. nicht wieder offiziell die Macht in Mogadishu übernommen, aktuelle Zeitungsberichte belegen aber, dass regelmäßig Sprengstoffattentate mit Tötung und Verletzung von Zivilpersonen stattfinden (vgl. z. B. Spiegel Online vom 19.10.2013: Anschlag auf Restaurant; vom 8.11.2013: Anschlag auf Hotel; vom 1.1.2014: Anschlag auf Hotel; vom 13.2.2014: Anschlag auf Flughafen; vom 21.2.2014: Anschlag auf Präsidentenpalast), ohne dass eingeschätzt werden kann, mit welcher Vollständigkeit entsprechende Vorfälle international bekannt werden. Nachdem in der Entscheidung des EGMR noch angenommen wurde, dass es am internationalen Flughafen Mogadishu keine Anschläge gebe (vgl. Rn. 37) hat ein solcher am 13.2.2014 mit mindestens sieben Toten stattgefunden (vgl. Spiegel Online vom 13.2.2014). Es kann daher nur der Schluss gezogen werden, dass sich die Methoden des innerstaatlichen Konflikts innerhalb von Mogadishu und anderer „befreiter“ Städte geändert haben, nicht aber, dass er beendet ist. Auch im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12.6.2012 wird ausgeführt, dass in S. Bürgerkrieg herrscht, obwohl sich die Lage im Süden und Westen und einigen Städten in Süd-S. „etwas beruhigt habe“. Bei der deutschen Bundeswehr wurde die Gefahrenlage in S. im März 2014 auf der höchsten Stufe als „erheblich“ eingeschätzt (vgl. Spiegel Online vom 4.3.2014). Aktuelle Berichte über die Situation von Binnenvertriebenen (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 25.10.2013 und Amnesty-Länderinformationen vom 16.11.2013) ergeben, dass es in den IDP-Camps keine gesicherte Lebensgrundlage gibt; vor diesem Hintergrund kann die Rückkehr von Personen nach Mogadishu nicht als Indiz oder gar Beleg dafür gesehen werden, dass eine ernsthafte Bedrohung jedes Einzelnen in Mogadishu nicht mehr gegeben sei. Die vorliegenden Erkenntnisquellen zur aktuellen Lage lassen keine Einschätzung zu, in welchem Umfang es trotz des Endes offener bewaffneter Konflikte zu Vorfällen kommt, die nur zu Verletzung von Einzelpersonen führen; die erhebliche Bedrohung der Unversehrtheit von Zivilpersonen ist im Rahmen des hier zu prüfenden § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG aber beachtlich. Fest steht, dass die A. S. in einigen Landesteilen weiterhin die Macht hat und in Mogadishu trotz des Verlustes der Herrschaft noch präsent ist. Berichtet wird, dass jeder, der öffentlich eine negative Haltung gegenüber der A. S. zeigt, in Gefahr ist (vgl. Landinfo, Oslo/Danish Immigration Service, Security and protection in Mogadishu and South-Central S., Mai 2013, nachfolgend abgekürzt mit Landinfo, Mai 2013). Besonders gefährdet seien auch Personen, die von der Al-Shabab verdächtigt werden, Spione der Regierung zu sein (vgl. Landinfo Mai 2013; amnesty Jahresbericht 2013). Umgekehrt wird auch beschrieben, dass es zu Übergriffen der Regierungskräfte auf Personen kommt, die verdächtigt werden, der A. S. anzugehören, insbesondere nach Anschlägen der A. S. (vgl. Landinfo, Mai 2013; Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12.6.2013). Keine sicheren Rückschlüsse lassen die vorliegenden Erkenntnisquellen zu, in welchem Umfang es auch in den „befreiten“ Städten noch zu der von der Mehrheit der männlichen Asylbewerber geschilderten Zwangsrekrutierung durch die A. S. kommt bzw. zu der von weiblichen Asylbewerberinnen geschilderten Durchsetzung extrem islamistischer Vorstellungen zum Auftreten von Frauen, jeweils unter Androhung und Ausübung körperlicher Gewalt. Solche Handlungen sind als Machtinstrument einer Bürgerkriegspartei Ausfluss des außerhalb der „befreiten“ Städte immer noch stattfindenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Die verfügbaren Erkenntnisquellen lassen allenfalls Schätzungen bezüglich der Todesopfer zu, nicht aber zu sonstigen Gewaltopfern. Eine quantitative Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. oben) ist daher weiterhin nicht möglich.

Zusätzlich zu dieser generellen Einschätzung der Lage in S., kann sich die Klägerin auf Art. 4 Abs. 4 QualRL berufen. Auch wenn ihre Angaben zu den konkreten Ausreisegründen nicht glaubhaft sind, gibt es keine Anhaltspunkte, dass sie S. - nach den EURODAC-Treffern wohl im Jahr 2008 - aus anderen Gründen als wegen der instabilen Verhältnisse verlassen hat. - Diese Ausführungen gelten entsprechend für die Klägerin des vorliegenden Verfahrens, die S. nach eigenen Angaben im Dezember 2008 verlassen hat (erste Registrierung in I. am 31.3.2009) - Es müssen daher stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung bedroht wird. Nach einem zwanzig Jahre dauernden Bürgerkrieg, mit ständig wechselnden Fronten und häufigem Wechsel der Machtverhältnisse in einzelnen Gebieten ist dies nicht schon deshalb der Fall, weil derzeit die A. S. die Macht in Mogadishu so weit verloren hat, dass keine offenen bewaffneten Konflikte mehr stattfinden. Es gibt keine belastbaren Zahlen, in welchem Umfang andere Aktivitäten der A. S. bzw. anderer regierungsfeindlicher Gruppierungen sowie willkürliche Akte der auf der Seite der Regierung stehenden Einheiten weiterhin Todes- und Verletzungsopfer in der Zivilbevölkerung fordern. Die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen beschreiben im Ergebnis lediglich, dass die Regierung Siege über die A. S. in Mogadishu und anderen Städten errungen hat, nicht dagegen, dass es ihr bereits gelungen wäre, dort ein funktionierendes Polizei- und Justizsystem aufzubauen, das die Bevölkerung effektiv schützen kann. Die insoweit getroffene Einschätzung wird im Übrigen durch eine erst nach der mündlichen Verhandlung hier bekannt gewordene Stellungnahme des UNHCR („International Protection Considerations with Regard to people fleeing Southern and Central S., Januar 2014) bestätigt, die auf der Grundlage einer Auswertung der Situation bis 24.12.2013 ebenfalls von einem weiterhin gegebenen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt mit erheblichen Opfern in der Zivilbevölkerung ausgeht.

Dass sich die Situation in Süd- und Zentralsomalia nicht grundlegend geändert hat und weiterhin dramatisch ist, nimmt im Übrigen offenbar auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge selbst an. Von diesem wird zwar einerseits in gerichtlichen Verfahren einzelner Kläger (z. B. im Verfahren beim Az. 10 C 6/13 oder in einzelnen hier anhängig gewordenen Verfahren) die Auffassung vertreten, dass die erforderliche Gefahrendichte für ein Schadensrisiko aller am Ort Aufhältigen nicht mehr gegeben sei. Andererseits wurden aber gleichzeitig im Zeitraum seit 2012 bis heute in erheblichem Umfang bei somalischen Staatsangehörigen neben Flüchtlingsanerkennungen weiterhin Abschiebungshindernisse festgestellt. Ausweislich der vom Bundesamt herausgegebenen Statistik erfolgten im Jahr 2012 in 278 Fällen Flüchtlingsanerkennungen, in 230 Fällen wurden Abschiebungsverbote festgestellt (in Relation zu 38 Ablehnungen). Im Jahr 2013 erfolgten in 452 Fällen Asyl- oder Flüchtlingsanerkennungen, in 268 Fällen wurden Abschiebungsverbote festgestellt (in Relation zu 274 Ablehnungen). Im Zeitraum vom 1.1.2014 bis 28.2.2014 wurden in 73 Fällen Asyl- oder Flüchtlingsanerkennungen ausgesprochen, in 27 Fällen erfolgte die Gewährung von subsidiärem Schutz, in 19 Fällen die Feststellung von Abschiebungsverboten (in Relation zu 32 Ablehnungen). Aufgrund der Zahlen kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle stattgebenden Entscheidungen auf vorangegangenen entsprechenden gerichtlichen Verurteilungen beruht haben oder dass es sich um Einzelfallentscheidungen gehandelt haben kann.“

Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die gegen eine Herkunft der Klägerin aus S. bzw. ... sprechen. Auch die Beklagte geht offenkundig davon aus, dass die Klägerin aus S./... stammt. Ihre Angaben bei der Anhörung beim Bundesamt zeigen Ortskenntnisse, die Angaben zu ihrem Clan Sachkenntnisse.

Ausschlussgründe bezüglich der Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 2 AsylVfG (n. F.) werden von der Beklagten nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.

Nach allem war der Klage stattzugeben.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung
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published on 31/03/2014 00:00

Tenor I. Der Bescheid der Beklagten vom 19.6.2013 wird in Ziff. 2 Sätze 1 bis 3 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger subsidiären Schutz gemäß § 4 Asylverfahrensgesetz zuzuerkennen. II. Die Beklagte tr
published on 13/02/2014 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt nach rechtskräftiger Einstellung seines Asylverfahrens gemäß §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) die Zuerkennung von unionsrechtlichem subsid
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Annotations

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.