Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 09. Sept. 2014 - 1 K 13.1276

published on 09/09/2014 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 09. Sept. 2014 - 1 K 13.1276
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Tenor

I.

Der Bescheid des Beklagten vom 12. August 2013 wird aufgehoben.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein slowakischer Staatsangehöriger, begehrt die Aufhebung einer Anordnung der Polizei, mit der bei ihm gefundenes Bargeld nach staatsanwaltlicher Beschlagnahme und Einzahlung in die Landesjustizkasse sichergestellt wurde.

Bei einer Personenkontrolle am 17. April 2012 im Zug zwischen ... und ... wurden bei ihm 176.650,-- EUR Bargeld aufgefunden. Wegen des Verdachts des illegalen Erwerbs des Geldes leitete die Staatsanwaltschaft ... ein Ermittlungsverfahren wegen eines besonders schweren Falles des Diebstahls ein und ordnete gemäß § 111 b StPO die Beschlagnahme des Bargeldes an. Das Bargeld wurde bei der Landesjustizkasse einbezahlt. Die Beschlagnahme endete mit Verfügung vom 9. September 2013. Das Ermittlungsverfahren wurde hinsichtlich des Tatvorwurfs des Diebstahls gemäß § 170 Abs. 2 StPO am 18. Oktober 2013 eingestellt.

Bei der Personenkontrolle gab der Kläger zur Herkunft des Geldbetrags an, dass er diesen innerhalb von etwa drei Wochen in einem privaten chinesischen Spielcasino in ... gewonnen habe. Bei einer weiteren Vernehmung im Juni 2012 sagte er aus, dass er zwischen 1997 und 2007 für etwa zehn Jahre auf dem „Schwulenstrich“ in Frankreich, Holland und Italien gearbeitet habe. Er habe dann seit März 2011 in ... gelebt und dort im Monat ca. 4.500,-- EUR durch Werbung für Lokale verdient. Zuletzt sei er in ... gewesen, wo er für einen Slowaken Immobilien verkauft habe. Für diese Tätigkeit habe er monatlich etwa 3.000,-- EUR erhalten. Von dem beschlagnahmten Geld habe er etwa 100.000,-- EUR gespart gehabt, etwa 80.000,-- EUR hätten ihm Freunde geliehen. Er habe in Frankreich einen LKW zum Betrieb eines Fuhrunternehmens kaufen wollen, das Geld dazu habe er bereits seit etwa zwei Jahren. Da er noch keinen LKW-Führerschein habe, wolle er diesen noch machen.

Im Laufe der Ermittlungen wurde bekannt, dass der Kläger im April 2010 von einer hessischen Ausländerbehörde aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden ist.

Weiter wurde wegen Straftaten vom Oktober 2011 gegen den Kläger durch die Staatsanwaltschaft ... ermittelt. Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 23. Oktober 2012 wurde er in diesem Verfahren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in drei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit einem vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der versuchten gefährlichen Körperverletzung in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort verurteilt. Während des gerichtlichen Verfahrens wurde der Kläger sachverständig zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit für die begangenen Taten untersucht. Dem Gutachter gegenüber äußerte er zur Herkunft des im April 2012 bei ihm aufgefundenen Bargelds, dass er den Geldbetrag bei seinem Großvater aus der Schublade entwendet habe und mit diesem in Frankreich einen Lkw habe kaufen und damit einen Betrieb habe gründen wollen. Da der Geldbetrag nicht ausgereicht habe, sei er auf dem Rückweg in die Slowakei gewesen, um seinen Großvater den Geldbetrag zurückzugeben.

Da der Kläger die oben genannte Straßenverkehrsgefährdung mit einem gestohlenen KfZ begangen hat und das Fahrzeug dabei beschädigt worden war, hat die Haftplicht- und Kaskoversicherung des Fahrzeughalters einen dinglichen Arrest gegen das Vermögen des Klägers in Höhe von etwa 10.000,-- EUR erwirkt. Dieser wurde der Staatsanwaltschaft ... als Drittschuldnerin zugestellt. Der Beklagte stimmte mit Schreiben vom 10. Dezember 2013 der Auskehr von ca. 10.000,-- EUR an die Versicherung zu. Mit Bescheid vom 16. Januar 2014 wurde die Herausgabe des Geldes an die Versicherung angeordnet.

Dem Kläger wurde in der Haft eine Anhörung vom 13. August 2013 zur beabsichtigten Sicherstellung des beschlagnahmten Geldes in Höhe von 176.650,-- EUR gemäß Art. 25 PAG ausgehändigt.

Gleichzeitig mit dieser Anhörung wurde dem Bevollmächtigten des Klägers der streitgegenständliche Bescheid vom 12. August 2013 übermittelt. Darin ordnete der Beklagte die Sicherstellung und die öffentliche Verwahrung der beschlagnahmten Gelder im Falle der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft gemäß Art. 25 Nr. 1 und Nr. 2 PAG (Ziffer I) sowie den sofortigen Vollzug für den Fall der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft (Ziffer III) an. Ferner erklärte der Beklagte, die Sicherstellung beinhalte ein Veräußerungs- und Verfügungsverbot (Ziffer II).

Die Anordnung der Sicherstellung beruhe zunächst auf Art. 25 Nr. 1 PAG. Die in dieser Vorschrift vorausgesetzte gegenwärtige Gefahr ergebe sich daraus, dass aufgrund der an den Geldscheinen festgestellten Kokainspuren davon auszugehen sei, dass das Geld durch Eigentums- oder Drogenstraftaten erlangt worden sei. Auch wenn konkrete Tatumstände derzeit nicht bekannt seien, bestehe aufgrund der unterschiedlichen Angaben zur Herkunft des Geldes aber der dringende Verdacht, dass der hohe Geldbetrag nicht legal erworben worden sei. Insbesondere sei es aus kriminalistischer Sicht nicht auszuschließen, dass der Kläger als Kurier im Drogenmilieu tätig sei und das Bargeld für Zwecke des Drogenhandels transportiert habe. Weiter finde die Sicherstellung ihre Rechtsgrundlage in Art. 25 Nr. 2 PAG. Die Polizei könne das Bargeld sicherstellen, um den Eigentümer vor Verlust des Geldes zu schützen. Dem stehe die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB nicht entgegen, da diese aufgrund der erheblichen Widersprüche in den Angaben des Klägers zur Herkunft des Geldes als widerlegt anzusehen sei. Ohne die sofortige Vollziehung bestehe die Gefahr, dass das Geld unmittelbar nach der Freigabe durch die Staatsanwaltschaft an unbekannte Dritte weitergeleitet werde und damit der endgültige Verlust nicht verhindert werden könne.

Der Kläger ließ dagegen am 23. August 2013 Klage erheben.

Die Polizei gehe zu Unrecht davon aus, dass der Kläger wegen Betäubungsmitteldelikten in Erscheinung getreten sei. Das auf dem Bargeld durch einen Schnelltest festgestellte Kokain sei regelmäßig damit zu erklären, dass aufgrund der vielfachen Nutzer von Geldscheinen auf diesen regelmäßig Nachweise von Drogenspuren zu finden seien. Auch die von der Polizei weiter genannten Verurteilungen würden keinen Nachweis dafür erbringen, dass der Geldbetrag aus Eigentumsdelikten stamme. Es lägen keine belastbaren Erkenntnisse zur Herkunft des Geldes aus Straftaten vor. Vor dem Bescheiderlass habe auch eine Anhörung des Klägers nicht stattgefunden. Es sei auch nicht erkennbar, welche gegenwärtige Gefahr durch die Beschlagnahme des Geldes abgewehrt werden solle und dass das Geld aus Drogengeschäften stamme oder in Drogengeschäfte investiert werden solle. Eine gegenwärtige Gefahr, die eine Beschlagnahme nach Art. 25 Nr. 1 PAG rechtfertigen könnte, ergebe sich daraus nicht. Auch Art. 25 Nr. 2 PAG trage die angeordnete Beschlagnahme nicht. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein „rechtmäßiger“ Inhaber des Geldes vor Verlust oder Beschädigung zu schützen wäre. Zudem gelte insoweit die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB zugunsten des Klägers. Er sei Besitzer des Geldes gewesen, eine andere Zuordnung sei unter keinem Gesichtspunkt plausibel gemacht. Damit streite zu seinen Gunsten die Eigentumsvermutung, der Beklagte bleibe Nachweise zur Widerlegung dieser Vermutung schuldig. Zwischen der Beschlagnahme des Geldes und dem Bescheiderlass seien über eineinhalb Jahre vergangen. Konkrete Straftaten seien seit diesem Zeitpunkt nicht ermittelbar gewesen. Die weitere Sicherstellung des Geldes verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 14 GG, ihm werde sein Geld zu Unrecht vorenthalten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Polizeipräsidium ... vom 12. August 2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 16. September 2013 umfassend ausgeführt, dass im Sinne des Art. 25 Nr. 1 PAG eine gegenwärtige Gefahr vorliege. Für die Herkunft des sichergestellten Bargeldbetrages aus dem Drogenhandel ergäben sich ausreichende Verdachtsmomente wegen der Höhe des Geldbetrages, seiner Stückelung und der nicht plausibel erklärten Herkunft der Mittel. Auch sei nicht hinreichend sicher auszuschließen, dass der Kläger nach Herausgabe des Bargeldes dieses zur erneuten Begehung von Straftaten einsetze. Der Kläger habe die Herkunft des Geldes nicht nachvollziehbar erklären können. In seinen Vernehmungen sei es zu erheblichen Widersprüchen hinsichtlich seiner früheren Aufenthalte in der Bundesrepublik Deutschland und in Frankreich sowie zur Herkunft der Geldmittel gekommen. Auch würden mehrere Ermittlungsverfahren wegen Eigentumsdelikten gegen den Kläger geführt. Es stehe für den Beklagten fest, dass der Kläger das Geld wieder in den illegalen Kreislauf einführen würde.

Nach Art. 25 Nr. 2 PAG sei die Sicherstellung auch zulässig, um das Bargeld für einen noch zu ermittelnden Eigentümer zu sichern. Dem stehe die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB nicht entgegen. Vielmehr sei der Kläger aufgrund der fehlenden Nachvollziehbarkeit der Herkunft des Geldbetrages insoweit in der Darlegungslast, auf welcher Grundlage er mit dem Besitz des Geldes das Eigentum daran erworben habe. Der Polizei sei die Verpflichtung zu einem vollen Gegenbeweis nur innerhalb vernünftiger Grenzen zumutbar. Aufgrund der Umstände des Einzelfalls wäre jedoch auch nicht ansatzweise erkennbar, woher der Kläger den Geldbetrag erlangt haben wolle. Auch wenn im Zeitpunkt der Sicherstellung der tatsächliche Eigentümer des Geldes noch unbekannt sei, könne die Sicherstellung angeordnet werden. Solange die wahren Eigentumsverhältnisse unklar seien, scheide eine Herausgabe des Geldes aus. Trotz entsprechender Ermittlungen lägen bis heute keine konkreten Erkenntnisse vor, woher der Geldbetrag stamme. Das Geld stamme sicher nicht aus den vom Kläger begangenen Einbrüchen und Diebstählen. Es lägen auch weder hinsichtlich des ursprünglich Berechtigten noch hinsichtlich des potentiellen Empfängers Erkenntnisse vor. Bis heute habe sich auch kein weiterer Berechtigter gemeldet.

Der Zeitraum zwischen der Beschlagnahme und der angefochtenen Verfügung erkläre sich daraus, dass das Geld vorher durch die Staatsanwaltschaft im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens beschlagnahmt gewesen sei. Ein polizeiliches Einschreiten sei deshalb zunächst nicht unmittelbar geboten gewesen. Auch der dingliche Arrest zugunsten der Versicherung für einen Teilbetrag des beschlagnahmten Geldes schließe die weitere Sicherstellung nicht aus. Eine analoge Anwendung des Art. 25 PAG für Buchgeld sei in der Rechtsprechung bereits überzeugend bejaht worden.

Am 9. September 2014 fand mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die hierbei gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen, ebenso auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten sowie der Gerichtsakte.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Anordnung des Beklagten vom 12. August 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid war deshalb aufzuheben.

1.Gegenstand der Klage ist die Anordnung einer Sicherstellung von Buchgeld für den Fall der Aufhebung der staatsanwaltlichen Beschlagnahme in der Ziffer I. und die Anordnung eines Veräußerungsverbotes in der Ziffer II. des Bescheides vom 12. August 2013.

2.Die Sicherstellung in der Ziffer I. des Bescheids vom 12. August 2013 ist formell rechtmäßig, aber materiell rechtswidrig.

a)Der Beklagte stützt die Sicherstellungsanordnung zunächst auf Art. 25 Nr. 1 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei Polizeiaufgabengesetz - PAG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990, GVBl S. 397, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 27.7.2009 GVBl S.380). Nach dieser Vorschrift kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Die Voraussetzungen von Art. 25 Nr. 1 PAG liegen nicht vor, weshalb die Sicherstellungsanordnung hierauf nicht gestützt werden kann.

aa) Es fehlt bereits ein taugliches Sicherstellungsobjekt, da eine „Sache“ im hier maßgeblichen Sinn nicht vorliegt.

„Sachen“ sind alle körperlichen Gegenstände i. S.d § 90 BGB (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Auflage 2007, F Rn. 737). Auch Bargeld ist eine Sache und danach tauglicher Gegenstand einer Sicherstellung nach Art. 25 PAG (vgl. Oberverwaltungsgericht Lüneburg, U.v. 7.3.2013 - 11 LB 438/10 - juris Rn. 30). Vorliegend hat der Beklagte aber nicht Bargeld, sondern Buchgeld sichergestellt. Das aufgefundene Bargeld wurde zunächst durch die Staatsanwaltschaft ... nach § 111 b StPO beschlagnahmt und dann auf ein Konto bei der Landesjustizkasse einbezahlt. Die polizeiliche Sicherstellung durch Bescheid vom 12. August 2013 erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem das Bargeld nicht mehr vorhanden war. Objekt der polizeilichen Sicherstellung war somit Buchgeld, das aus einer Forderung bzw. aus einem Guthaben besteht, welches bargeldlos transferiert wird. Eine Forderung gehört grundsätzlich nicht zu den sicherstellungsfähigen Gegenständen (vgl. Oberverwaltungsgericht Lüneburg, a. a. O).

Die Kammer folgt der Auffassung nicht, welche eine analoge Anwendung des Art. 25 Nr. 1 PAG auf Forderungen bejaht (vgl. Oberverwaltungsgericht Lüneburg, U.v. 7.3.2013 - 11 LB 438/10 - juris Rn. 31 ff.). Diese vertritt, dass Art. 26 Nds. SOG (entspricht Art. 25 PAG) analog auf das unkörperliche Buchgeld anwendbar sei, wenn - wie hier - zunächst durch strafprozessuale bzw. zollamtliche Sicherstellungsmaßnahmen Bargeld vereinnahmt und zur weiteren Verwahrung auf ein Konto eingezahlt wurde. Sei es beabsichtigt, den Geldbetrag gefahrenabwehrrechtlich sicherzustellen, bedürfe es vorher nicht der Umwandlung des Buchgeldes in Bargeld. Das Geld bleibe tauglicher Gegenstand einer Sicherstellung nach Art. 26 Nds. SOG (vgl. Oberverwaltungsgericht Lüneburg, a. a. O.).

Vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips - Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes - nach Art. 20 Abs. 3 GG bestehen erhebliche Bedenken, ob die strengen Voraussetzungen einer Analogie vorliegen.

Eine Analogie setzt voraus, dass der Anwendungsbereich der Norm wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig ist. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.1978 - 6 C 46.78 - juris Rn. 19).

aaa) Für die Sicherstellung von Forderungen besteht vorliegend eine Regelungslücke. Art. 25 PAG bezieht sich ausdrücklich auf Sachen. Eine Regelung für die Sicherstellung von Buchgeld sieht das PAG nicht vor. Die Strafprozessordnung regelt in §§ 111 b, 111 c Abs. 3 StPO die Sicherstellung bzw. Beschlagnahme von Forderungen explizit. Die Zivilprozessordnung sieht in §§ 829 ff ZPO sowie §§ 916 ff ZPO und § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO die Pfändung von Bankguthaben vor. Die Möglichkeit, dass das Buchgeld wieder in Bargeld umgewandelt werden kann und dadurch ein taugliches Sicherstellungsobjekt vorliegt, ändert nichts daran, dass eine ausdrückliche Regelung für die Sicherstellung von Forderungen im Bayerischen PAG fehlt (vgl. Söller, Polizeirechtliche Sicherstellung eines Bargeldbetrages, DVBl 9, 2011, S. 599).

bbb) Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg ist diese Regelungslücke nicht planwidrig. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg geht davon aus, dass der Gesetzgeber die Sicherstellung von Buchgeld bei der hier gegebenen Fallkonstellation zugelassen hätte. Nach der Zielsetzung dieser gesetzlichen Bestimmung bestehe ein zwingendes Bedürfnis, auch in den Fällen, in denen durch die Strafverfolgungsbehörden sichergestelltes Bargeld auf ein Verwahrkonto eingezahlt und der Gefahrenabwehrbehörde anschließend lediglich Buchgeld zur weiteren Verwendung zur Verfügung gestellt werde, diesen unkörperlichen Gegenstand wie eine Sache zu behandeln. In Bezug auf den Zweck der Sicherstellung, einer Person die tatsächliche Verfügungsgewalt über den sicherzustellenden Gegenstand zu entziehen, mache es keinen Unterschied, ob es sich hierbei um Bargeld oder Buchgeld handle. Es bestehe ein praktisches Bedürfnis, Bargeld auf ein durch entsprechende Sicherheitsvorkehrungen schwer zugängliches Verwahrkonto einzuzahlen (vgl. Oberverwaltungsgericht Lüneburg, U.v. 7.3.2013 - 11 LB 438/10 - juris Rn. 32).

Diese praktischen Erwägungen können eine Planwidrigkeit nicht begründen. Vielmehr stimmt die Kammer mit Meinungen in der Literatur (vgl. Söller, Polizeirechtliche Sicherstellung eines Bargeldbetrages, DVBl 9, 2011, S. 598 ff) überein, dass Art. 25 PAG planvoll auf körperliche Gegenstände beschränkt ist und der Gesetzgeber die Sicherstellung von Buchgeld bewusst nicht in Art. 25 PAG geregelt hat.

Die Strafprozessordnung sieht in §§ 111 b, 111 c Abs. 3 StPO die Beschlagnahme von Forderungen vor. Dabei verlangt § 111 b Abs. 1 StPO Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen für den Verfall oder die Einziehung nach §§ 73, 74 StGB vorliegen. Dadurch sollen der Verfall und die Einziehung für den Fall der gerichtlichen Anordnung gesichert werden. Grundvoraussetzung für Verfall und Einziehung ist aber unter anderem, dass eine rechtswidrige Tat (§ 73 StGB) bzw. eine vorsätzliche Straftat (§ 74 StGB) begangen worden ist, d. h. diese muss zur Überzeugung des Gerichts feststehen. §§ 829 ff und §§ 916 ff ZPO regeln die Pfändung von Forderungen. Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung ist ein Titel i. S. d. §§ 704, 794 ZPO. Gerade diese erhöhten Anforderungen bestehen im Polizeirecht nicht, weil es dort auf die Effektivität der Gefahrenabwehr ankommt und der Polizei deshalb bewusst ein größerer Prognosespielraum eingeräumt wird. Die Sicherstellung von Forderungen ist dem Bereich der Gefahrenabwehr wesensfremd. Die strengeren Voraussetzungen in der StPO, dem StGB und der ZPO zeigen, dass der Gesetzgeber im Polizeirecht planvoll von einer Regelung abgesehen hat und den Gerichten die Entscheidung über den Entzug von Vermögen zuerkennt.

Das Polizeirecht ist ein Schutzrecht, oberste Zielsetzung ist die Effektivität der Gefahrenabwehr. Eine Gewinnabschöpfung ist der Gefahrenabwehr wesensfremd. Wenn der berechtige Inhaber des Geldes tatsächlich nicht ermittelt werden kann, fällt das Geld dem Fiskus zu. Inkriminierte Gelder einzuziehen ist aber abschließend in §§ 73 ff StGB unter strengen Voraussetzungen geregelt. Wird das Strafverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, dann kann das Geld nicht mehr nach §§ 73 ff StGB eingezogen werden. Würde man Art. 25 PAG analog anwenden, dann würde im Ergebnis das Geld ohne Beteiligung eines Richters eingezogen werden. Dies spricht auch dafür, dass der Gesetzgeber bewusst auf eine Regelung im PAG verzichtet hat. Nachvollziehbares Ziel der Polizei ist es, mit der Sicherstellung von Forderungen zu erreichen, dass das Geld dauerhaft einem kriminellen Geldkreislauf entzogen wird und für diesen nicht mehr zur Verfügung steht. Dies hat der Gesetzgeber in den §§ 73 ff StGB mit strengeren Anforderungen vorgesehen.

Gegen die Planwidrigkeit spricht auch, dass Art. 25 PAG der Gefahrenabwehr und §§ 111 b ff. StPO der Strafverfolgung dient. Würde man eine analoge Anwendung des Art. 25 PAG auf Forderungen bejahen, dann bestünde die Gefahr, dass die Grenze zwischen repressivem und präventivem Handeln der Polizei verwischt. Für die Strafverfolgung hat aber der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht gemäß Art. 72 Abs. 1 i. V. m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.

Wegen der Möglichkeit, das Buchgeld wieder in Bargeld umzuwandeln und dieses dann ggf. sicherzustellen, besteht auch kein Bedürfnis für eine Analogie. Allein praktische Erwägungen können eine Planwidrigkeit in Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG nicht begründen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft u. a. Drogen, Waffen und sogar Autos verwahren kann, erscheint es der Kammer wenig überzeugend, dass nicht auch eine Tüte mit Geldscheinen verwahrt werden kann. Insbesondere bestehen in den staatsanwaltlichen Asservatenkammern schon von Grund auf hohe Sicherheitsvorkehrungen, die auch für die Lagerung von Geld ausreichen dürften.

ccc) Jedenfalls fehlt es aber an einer vergleichbaren Interessenlage. Die Sicherstellung von Bargeld und die Sicherstellung von Buchgeld sind nicht vergleichbar.

Die Sicherstellung von Sachen ist bei Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr erlaubt. Sinn und Zweck des Art. 25 PAG ist es, gefährliche Gegenstände vorübergehend in Verwahrung zu nehmen. Von Sachen kann diese Gefahr ausgehen, wenn sie dessen Besitzer unmittelbar verwenden kann, um einen Schaden für die Rechtsgüter der öffentlichen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung herbeizuführen. Für Bargeld kann diese Gefahr angenommen werden, wenn dieses Geld mit hoher Wahrscheinlichkeit aus illegalen Geschäften stammt und diesen wieder zugeführt werden soll, um weitere Straftaten zu ermöglichen. Illegale Geschäfte werden in den Geschäftsfeldern der organisierten Kriminalität überwiegend mit Bargeld durchgeführt.

Anders verhält es sich aber bei Bankguthaben. Hier ist der Zwischenschritt der Auszahlung notwendig, um das Geld wieder in illegale Geschäfte einfließen zu lassen. Deshalb fehlt bei der Sicherstellung von Forderungen die besondere Schadensnähe zwangsläufig (vgl. Söller, Polizeirechtliche Sicherstellung eines Bargeldbetrages, DVBl 9, 2011, S. 598 ff). Es bleibt unklar, ob das Geld auf dem Konto verbleibt, weil sich der Betroffene von der Polizei beobachtet fühlt oder ob es abgehoben und ausgegeben wird oder ob es in kriminelle Kreise fließt. Der Aufwand, einen hohen Geldbetrag unbemerkt abzuheben, ist größer und es besteht eine erhöhte Gefahr für den Betroffenen, bei illegalen Geschäften entdeckt zu werden. Dies hat zur Folge, dass die Interessenlage zwischen Bargeld und Buchgeld nicht vergleichbar ist, weil der Gefahrengrad für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Buchgeld geringer ist (vgl. Söllner in Anmerkung zum Urteil des Oberverwaltungsgericht Lüneburg vom 7.3.2013, DVBl 2013, 598). Allein praktische Erwägungen rechtfertigen es nicht, Bargeld und Buchgeld als vergleichbar anzusehen.

bb) Vorliegend kommt eine Sicherstellung auch deshalb nicht in Betracht, weil eine gegenwärtige Gefahr i. S. d. Art. 25 Nr. 1 PAG nicht vorliegt.

aaa) Eine Gefahr ist gegeben, wenn in bestimmten Lebenssachverhalten eine konkrete Gefährdung der polizeilichen Schutzgüter zukünftig zu erwarten ist, aber eben gerade noch nicht vorliegt (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Kommentar zum Bayerischen Polizeiaufgabengesetz und Polizeiorganisationsgesetz, 3. Auflage 2011, Art. 11 PAG Rn. 46).

Die Kammer geht davon aus, dass eine abstrakte Gefahr zum Zeitpunkt der polizeilichen Sicherstellung vorlag. Ob sogar eine konkrete Gefahr bejaht werden könnte, kann vorliegend offen bleiben. Die Kammer stimmt mit dem Beklagten insoweit überein, dass das Geld wohl aus illegalen Geschäften stammt und der Kläger sehr wahrscheinlich nur Überbringer des Geldes war. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger die Herkunft des hohen Bargeldbetrags von 176.650,-- EUR nicht plausibel erklären kann und hierzu widersprüchliche Angaben macht. Keine der genannten Erklärungen zur Herkunft des Geldes kann die Kammer überzeugen. Insbesondere lässt aber die Tatsache, dass die Erklärungen stark voneinander abweichen und widersprüchlich sind, erhebliche Zweifel daran aufkommen, ob das Geld dem Kläger zusteht bzw. ob er es auf legalem Wege erworben hat. Die Behauptung des Klägers, er habe das Geld innerhalb von drei Wochen in einem privaten chinesischen Spielcasino in ... gewonnen und das Geld sei für die Hüftoperation seiner Schwester bestimmt, ist deshalb nicht überzeugend, weil der Kläger die Höhe des Geldes, die er mit sich führte, nicht beziffern konnte. Die weitere Behauptung, er habe das Geld auf dem „Schwulenstrich“ über einen Zeitraum von zehn Jahren erworben, ist angesichts der Höhe des Betrages nicht plausibel. Wegen seines bisherigen Lebenslaufes und seiner Angaben, er hätte u. a. für seinen Lebensunterhalt gebettelt, ist die Erklärung, er habe 2011 in ... monatlich 4.500,-- EUR durch Werbung für Lokale verdient, nicht realistisch. Dass er nun Immobilien in ... verkauft haben will, erscheint der Kammer auch als wenig glaubwürdig. Dass er 100.000,-- EUR gespart und sich 80.000,-- EUR von Freunden geliehen hat, um einen Lkw zu kaufen, ist angesichts seines bisherigen Lebenslaufes, seines monatlichen Einkommens und seiner Angaben im Ermittlungsverfahren vor dem Amtsgericht ... sehr fraglich.

Vor dem Hintergrund, dass der Kläger mehrfach wegen Diebstahls und Raubes vorbestraft ist und er bisher seinen Lebensunterhalt mit Betteln und Kleinkriminalität bestritten hat, liegt der Schluss nahe, dass das Geld aus illegalen Geschäften stammt und er nur der Bote des Geldes war. Dies begründet jedenfalls eine abstrakte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.

bbb) Eine gegenwärtige Gefahr ist jedoch zu verneinen. Eine gegenwärtige Gefahr liegt vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Eine Störung, die bereits eingetreten ist und in ihrer Wirkung noch andauert, ist demnach stets eine gegenwärtige Gefahr. Entscheidend für das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr ist, dass der Kausalverlauf in Gang gesetzt ist, der aus dem gefahrlosen Zustand eine Gefahr werden lässt und dass der Eintritt dieses Ereignisses absehbar ist (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Kommentar zum Bayerischen Polizeiaufgabengesetz und Polizeiorganisationsgesetz, 3. Auflage 2011, Art. 11 PAG Rn. 47). Die Gefahr kann in der Sache selbst liegen oder durch ihre mögliche Verwendung entstehen (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Kommentar zum Bayerischen Polizeiaufgabengesetz und Polizeiorganisationsgesetz, 3. Auflage 2011, Art. 25 PAG Rn. 11). Vom Bargeld als solchem kann keine Gefahr ausgehen, die gegenwärtige Gefahr kann sich nur aus der Verwendungsabsicht des Besitzers ergeben (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Kommentar zum Bayerischen Polizeiaufgabengesetz und Polizeiorganisationsgesetz, 3. Auflage 2011, Art. 25 PAG Rn. 52). Dies gilt erst Recht für Buchgeld.

Es kann dahingestellt bleiben, ob zum Zeitpunkt des Auffindens des Bargeldes im Zug im April 2012 aufgrund der gegebenen Anhaltspunkte eine solche gegenwärtige Gefahr hätte bejaht werden können. Maßgebend im Rahmen des Art. 25 Nr. 1 PAG ist aber nicht dieser Zeitpunkt, sondern der Zeitpunkt der polizeilichen Sicherstellung. Diese erfolgte unter der Bedingung der Aufhebung der staatsanwaltlichen Beschlagnahme, d. h. zu einem noch ungewissen, offenen Zeitpunkt. Zu diesem Zeitpunkt fehlt es nach Überzeugung der Kammer an der Gegenwärtigkeit der Gefahr.

Die Anordnung einer Sicherstellung unter einer Bedingung spricht schon denknotwendig gegen das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr. Die Polizei ordnet die Sicherstellung für einen Zeitpunkt an, der in der Zukunft liegt und dessen zeitlicher Eintritt ungewiss ist. Zu einem offenen Zeitpunkt kann aber keine gegenwärtige Gefahr vorliegen.

Verglichen mit einer Sicherstellung von Drogen für den Fall der Aufhebung der staatsanwaltlichen Beschlagnahme ergibt sich, dass dort in jedem Moment des Eintritts der Bedingung der Sicherstellung eine Straftat erfüllt ist. Sobald die Drogen wieder in die Hände des Betroffenen gelangen, besteht eine gegenwärtige Gefahr. Bei der Sicherstellung von Buchgeld ist dies anders. Es tritt gerade nicht zu jedem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung eine gegenwärtige Gefahr ein. Denn es ist unklar, wie der Kläger mit dem Geld verfahren wird. Es kann nicht prognostiziert werden, ob der Kläger das Geld auf dem Konto belässt und abwartet, weil er sich durch die Polizei beobachtet fühlt oder ob er es abhebt. Für den Fall, dass er das Geld abhebt, ist ungewiss, ob er es für Straftaten verwendet oder ob er es z. B. für Luxusgüter ausgibt. In all den möglichen Varianten liegt aber gerade keine gegenwärtige Gefahr vor. Der Unterschied liegt darin, dass Buchgeld nicht per se gefährlich ist, sondern erst eine Verwendungsabsicht zu Straftaten hinzukommen muss, um eine Gefahr annehmen zu können. Darüber hinaus bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die Gefahr gegenwärtig ist. Daran fehlt es hier. Der Beklagte geht in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass der Kläger das Geld „ wann auch immer“ wieder in den kriminellen Geldkreislauf zuführen werde. Diese bloße Möglichkeit zu einem nicht näher zu bestimmenden Zeitpunkt kann nach Überzeugung der Kammer keine gegenwärtige Gefahr begründen.

Es gibt auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, welche Straftat hier unmittelbar bevorstehen soll. Die Ansicht des Beklagten basiert auf Vermutungen und Spekulationen, die nicht durch konkrete, nachvollziehbare Tatsachen untermauert werden kann. Bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu gerade nicht aus (vgl. VG München, U.v. 14.8.2013 - M 7 K 13.672 - juris Rn. 20).

Selbst wenn man als wahr unterstellt, dass der Kläger gerade auf dem Weg zu einem illegalen Geschäft war bzw. das Geld aus einem illegalen Geschäft stammte und einem unbekannten Dritten überbracht werden sollte, dann ist jedenfalls dieses konkrete illegale Geschäft durch die staatsanwaltliche Beschlagnahme geplatzt. Die zum Zeitpunkt der Kontrolle eventuell bestehende gegenwärtige Gefahr besteht zum Zeitpunkt der polizeilichen Sicherstellung nicht mehr. Der Kausalverlauf wurde durch die staatsanwaltliche Beschlagnahme und Einzahlung in die Landesjustizkasse unterbrochen. Es ist zum Zeitpunkt der Sicherstellung, d. h. zum Zeitpunkt des Bedingungseintritts unklar, wie der Kläger mit dem Geld weiter verfahren wird. Bei allen denkbaren Varianten ist die Gefahr jedenfalls nicht mehr gegenwärtig, weil der Kausalverlauf unterbrochen wurde. Der Kläger müsste einen neuen Vorsatz bilden, um eine gegenwärtige Gefahr annehmen zu können. Durch Zeitablauf besteht eine mögliche Gefahr jedenfalls zum Zeitpunkt des Bedingungseintritts der polizeilichen Sicherstellung im September 2013 nicht mehr.

Gegen das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr spricht auch, dass die Sicherstellungen nach StPO und PAG nebeneinander bestehen. Nach h. M. entscheidet der Zweck, der im Augenblick der Sicherstellung im Vordergrund steht. Art. 25 PAG gibt die Befugnis zur Gefahrenabwehr. § 94 StPO und §§ 111 b ff. StPO dienen der Strafverfolgung. Da der Gesetzgeber im Rahmen des Art. 25 PAG die Sache für so gefährlich erachtet, ist für die Polizei die Gefahrenabwehr entscheidend. Wichtiger ist daher die verhütende Sicherstellung. Ihre Anordnung eilt, während Zeit besteht zu entscheiden, ob die Sache als Beweismittel gebraucht wird bzw. dem Verfall oder der Einziehung unterliegt (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Kommentar zum Bayerischen Polizeiaufgabengesetz und Polizeiorganisationsgesetz, 3. Auflage 2011, Art. 25 PAG Rn. 1 f.). Die Tatsache, dass vorliegend zunächst eine staatsanwaltliche Sicherstellung und erst nachgelagert eine polizeiliche Sicherstellung erfolgt ist, legt den Schluss nahe, dass es nicht eilig war und vom Buchgeld keine gegenwärtige Gefahr ausging. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Beklagte selbst erklärt hat, dass der Zeitraum der Beschlagnahme und der angefochtenen Verfügung sich daraus ergebe, dass das Geld vorher durch die Staatsanwaltschaft im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beschlagnahmt worden sei. Ein polizeiliches Einschreiten sei zunächst nicht unmittelbar geboten gewesen (Blatt 199 d. Akte im Verfahren Au 1 S 13.1306).

Zwar mag es sein, dass in der Rechtsprechung vertreten wird, dass bei der Beurteilung der gegenwärtigen Gefahr bei Bargeld auch die Schwere des drohenden Schadens und die Intensität des Eingriffs berücksichtigt werden sollen. Je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden sei, umso geringer seien deshalb die Anforderungen, die an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden können. Bei gefährlichen und schwer zu bekämpfenden Straftaten wie dem Rauschgifthandel seien deshalb die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeitsprognose nicht zu hoch anzusetzen. Für die Herkunft eines sichergestellten Bargeldbetrages aus dem Drogenhandel könnten folgende Gesichtspunkte sprechen: hoher Geldbetrag, Versteckhalten oder zumindest Aufbewahrung an einem ungewöhnlichen Ort, szenetypische Stückelung der Geldscheine, nicht plausibel erklärte Herkunft der Mittel, Verdachtsmomente aus der organisierten Kriminalität, einschlägige strafrechtliche Ermittlungsverfahren bzw. Verurteilungen. Nur wenn anhand dieser Indizien davon auszugehen sei, dass das Geld offensichtlich aus Drogengeschäften stamme, komme diesem Umstand bei der Prüfung der gegenwärtigen Gefahr ein erhebliches Gewicht zu. Dann entspreche es kriminalistischer Erfahrung, dass das aus Drogengeschäften gewonnene Geld in der Regel zumindest teilweise wieder in die Beschaffung von Betäubungsmitteln investiert werde (vgl. Oberverwaltungsgericht Lüneburg, U.v. 7.3.2013 - 11 LB 438/10 - juris Rn. 36 ff.; VG München, U.v. 14.8.2013 - M 7 K 13.672 - juris Rn. 21; VG Würzburg, U.v. 8.5.2014 - W 5 K 13.340 - juris Rn. 28).

Selbst wenn man diese geringeren Anforderungen zugrunde legt, sind sie vorliegend nicht gegeben. Es bestehen keine hinreichend konkreten Verdachtsmomente, dass das Geld aus der organisierten Kriminalität stammt. Dem Kläger sind keine Beziehungen zur organisierten Kriminalität nachgewiesen worden. Der Kläger ist mehrfach wegen Diebstahl, Raub und Körperverletzung vorbestraft. Der Kläger ist aber nicht einschlägig wegen Drogendelikten vorbestraft, es wurde in den letzten Jahren gegen ihn auch nicht in diese Richtung ermittelt. Er wurde lediglich 2003 und 2012 in den polizeilichen Dateien als Betäubungsmittel-Konsument vermerkt. Zuletzt wurde 1994 wegen des Verstoßes gegen das BtMG (Cannabis) gegen ihn ermittelt (Blatt 299 d. Akte). Drogen wurden bei ihm nicht aufgefunden. Zwar wurden Kokainspuren am Bargeld festgestellt. Der Drugwipe Test ergibt aber keinen sicheren Aufschluss darüber, dass das Geld aus Drogengeschäften des Klägers stammt. Dieser Test weist Fehlerquoten auf und kann nicht den vollen Beweis eines Drogenkontakts erbringen (vgl. Oberverwaltungsgericht Lüneburg, U.v. 2.7.2009 - 11 LC 4/08 - juris Rn. 49). Die Kammer ist überzeugt davon, dass aufgrund der Häufigkeit des Kokainkonsums an sehr vielen Geldscheinen in Deutschland Kokainspuren zu finden sind, obwohl die Besitzer tatsächlich nicht mit Drogen in Verbindung gebracht werden können. Deshalb stellen die Kokainspuren vorliegend nur ein sehr schwaches Indiz dar. Der Kläger hat das Bargeld auch nicht an einem ungewöhnlichen Ort versteckt. Die Kammer ist auch nicht davon überzeugt, dass aufgrund der Stückelung des Geldes davon ausgegangen werden kann, das Geld stamme aus Rauschgiftgeschäften. Zwar wurden überwiegend 50-Euro-Scheine gefunden, es fehlen aber 20- und 10-Euro-Scheine, die für Drogengeschäfte typisch sind. Auch darf nicht verkannt werden, dass einige 500-, 200- und 100-Euro-Scheine aufgefunden wurden. Dies alles rechtfertigt es nicht, davon auszugehen, dass das Geld offensichtlich aus Drogengeschäften stammt. Weil schon diese Indizien der Rechtsprechung nicht vorliegen, entspricht es auch nicht kriminalistischer Erfahrung, dass das Geld wieder in die Beschaffung von Betäubungsmitteln fließt. Dies alles führt nicht dazu, dass die Anforderungen an die Gefahrenprognose reduziert werden können. Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger das Geld im Falle der Auszahlung erneut einer illegalen Verwendung zuführen wird. Das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr kann nicht durch Spekulationen und Vermutungen begründet werden.

cc) Im Zeitpunkt der polizeilichen Sicherstellung fehlt es auch an der finalen Verknüpfung „um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren“. Wie oben dargelegt besteht kein Zusammenhang zwischen der Sicherstellung und einem Gefahrsachverhalt. Die Sicherstellung erfolgte nicht, um eine Gefahr zu bekämpfen.

b) Auch auf Art. 25 Nr. 2 PAG kann die Sicherstellung nicht gestützt werden. Nach Art. 25 Nr. 2 PAG kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

aa) Es fehlt am tauglichen Sicherstellungsobjekt. Objekt der polizeilichen Sicherstellung ist vorliegend keine Sache, sondern Buchgeld. Die Kammer lehnt i. R. d. Art. 25 Nr. 2 PAG erst Recht eine analoge Anwendung auf Forderungen ab. Die Regelungslücke ist nicht planwidrig, jedenfalls aber fehlt es an der vergleichbaren Interessenlage (siehe oben).

bb) Die Polizei müsste dem Wortlaut nach einen Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt schützen.

Gegenstand des Eigentums können nach BGB nur einzelne bewegliche und unbewegliche Sachen bzw. Tiere i. S. v. §§ 90, 90 a BGB sein, nicht aber unkörperliche Gegenstände (vgl. Palandt, 73. Auflage 2014, § 903 Rn. 2). Es gibt keinen Eigentümer von Buchgeld, da dies eine Forderung bzw. ein Guthaben darstellt. Zivilrechtlich besteht kein Eigentum an einer Forderung. Der Forderungsinhaber hat nur einen schuldrechtlichen Auszahlungsanspruch.

Es kann auch keinen rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt i. S. d. Art. 25 Nr. 2 PAG geben. Einen rechtmäßigen Eigenbesitzer (§ 872 BGB), mittelbaren Besitzer (§ 854 BGB) oder Besitzdiener (§ 855 BGB) gibt es bei Forderungen nicht.

Die Kammer lehnt eine analoge Anwendung des Art. 25 Nr. 2 PAG zum Schutze von Forderungsinhabern ab.

Art. 25 Nr. 2 PAG will den Eigentümer vor Verlust oder Beschädigung schützen. Auch der Eigentümer an den bestimmten Geldscheinen kann vor Verlust geschützt werden. Etwas anderes gilt aber für Buchgeld. Dort kann allenfalls gesichert werden, dass ein möglicher Forderungsinhaber seine Forderung vollstrecken kann. Die Vermögensmasse, in die möglicherweise vollstreckt werden kann, soll erhalten werden. Dieser Schutz ist mit dem Schutz des Eigentümers einer Sache, die droht beschädigt zu werden oder verloren zu gehen, nicht vergleichbar. Denn es ist nicht Sinn und Zweck der polizeilichen Gefahrenabwehr, sicherzustellen, dass Forderungsinhaber ihre Forderungen durchsetzen können. Dies ist Aufgabe der Gerichte. Eine andere Auffassung würde Art. 2 Abs. 2 PAG zuwiderlaufen und im Übrigen auch die Polizei überlasten. Die Polizei ist im Rahmen des PAG auf die Gefahrenabwehr beschränkt.

Gegen eine Analogie spricht auch, dass die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB nicht bei Forderungen passt. Auch dieser müsste analog angewendet werden. Der Wortlaut des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB „Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache“ ist so eindeutig, dass diese Vermutung nicht analog auf Forderungen angewendet werden kann. Sinn und Zweck des § 1006 BGB ist es, die Behauptungs- und Beweislast des Besitzers zu seinen Gunsten zu erleichtern. Der Besitzer braucht nur den gegenwärtigen bzw. früheren unmittelbaren oder mittelbaren Besitz darzulegen und zu beweisen (vgl. Palandt, 73. Auflage 2014, § 1006 Rn. 1). Dieser Sinn und Zweck ist nicht auf Forderungsinhaber übertragbar.

Deshalb bedarf es vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob die Vermutung des § 1006 BGB widerlegt ist. Jedenfalls aber ist die Widerlegung der Vermutung des § 1006 BGB in den Fällen, in denen es um Banknoten geht, schwerer möglich, als dies bei anderen beweglichen Sachen der Fall ist (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.14 - 10 CS14.47). D. h. selbst wenn es hier um sichergestellte Banknoten ginge, wäre die Widerlegung der Vermutung des § 1006 BGB fraglich. Zwar gibt es durchaus Umstände und Ungereimtheiten im Vortrag des Klägers, die geeignet sind, Zweifel am Eigentum bzw. berechtigten Besitz des Klägers zu begründen. Letztlich genügen aber ein bloßer Verdacht oder nicht vollständig auszuräumende Bedenken, Unklarheiten oder Ungereimtheiten gerade bei Geldbeträgen regelmäßig nicht, die Vermutung des § 1006 BGB zu widerlegen (vgl. BayVGH, U.v. 1.12.2011 - 10 B 11.480 - juris Rn. 33). Dies gilt erst Recht bei Buchgeld.

cc) Art. 25 Nr. 2 PAG ist ein spezieller Anwendungsfall der Gefahrenabwehr zum Schutz privater Rechte. Da die Sicherstellung in diesem Fall ausschließlich zugunsten des Berechtigten erfolgt, ist es zudem erforderlich, dass der Zweck der Maßnahme auch tatsächlich in dessen Interesse liegt. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einer Sicherstellung zum Schutz privater Rechte ist deshalb der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Berechtigten, mit anderen Worten das Vorliegen der Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 677 BGB (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Auflage 2007, F Rn. 755 f.). Bisher hat sich kein Berechtigter gemeldet. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser ermittelt werden kann.

Zum Schutz privater Rechte Dritter müssen auch die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 2 PAG vorliegen. Das Tätigwerden der Polizei ist immer subsidiär gegenüber möglichen eigenen Schutzmaßnahmen des Privaten (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Kommentar zum Bayerischen Polizeiaufgabengesetz und Polizeiorganisationsgesetz, 3. Auflage 2011, Art. 25 PAG Rn. 21; BayVGH, U.v. 1.12.2011 - 10 B 11.480 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 6.2.2014 - 10 CS 14.47 - Rn. 17).

Nach Art. 2 Abs. 2 PAG obliegt der Polizei der Schutz privater Rechte nach diesem Gesetz nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben erweist sich die Sicherstellungsanordnung als nicht rechtmäßig. Eine analoge Anwendung auf Forderungen würde dazu führen, dass die Polizei die Durchsetzung eines zivilrechtlichen Zahlungsanspruchs eines unbekannten Dritten schützt. Der schuldrechtliche Anspruch besteht aber unabhängig von der polizeilichen Sicherstellung. Jeder, der gegen den Kläger einen Anspruch hat, kann diesen gerichtlich durchsetzen, sowohl durch eine Klage als auch durch die Anordnung eines dinglichen Arrests. Dies zu schützen, ist aber nicht die Aufgabe der Polizei, die Anforderungen des Art. 2 Abs. 2 PAG sind nicht erfüllt. Jeder Betroffene kann (wie die Versicherung auch) gerichtlichen Schutz rechtzeitig durch das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz erlangen. Dass die Polizei selbst nicht von einer Aufgabeneröffnung ausgeht, zeigt der Vergleich mit beispielsweise einem Forderungsbetrug gemäß § 263 StGB: hier stellt die Polizei das Vermögen des vermeintlichen Betrügers nicht sicher, um die Forderung des Betrogenen zu schützen. Dies ist Aufgabe der Zivilgerichte.

Zwar wird die Sicherstellung nicht dadurch berührt, dass im Zeitpunkt ihrer Anordnung der Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber, zu dessen Schutz die Maßnahme erfolgt, noch unbekannt ist. Es genügt, dass eine spätere Ermittlung des Eigentümers der sichergestellten Sache nicht auszuschließen ist. Ob dies auch dann noch gilt, wenn schon im Zeitpunkt der Sicherstellung nicht mehr damit gerechnet werden kann, den wahren Berechtigten zu ermitteln, erscheint bei einem Eingriff, der private Rechte Dritter sichern will, zumindest zweifelhaft (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.14 - 10 CS 14.47 - Rn. 17; BayVGH, B.v. 17.3.10 - 10 C 09.3011 - juris Rn.15). Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben erweist sich die Anordnung vom 12. August 2013 als nicht rechtmäßig.

Hier spricht einiges dafür, dass schon zum Zeitpunkt der polizeilichen Sicherstellung nicht mehr damit gerechnet werden konnte, den wahren Berechtigten in absehbarer Zeit zu ermitteln. Die Kammer ist weiter davon überzeugt, dass auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein potentieller Berechtigter nicht mehr geschützt werden kann.

Unterstellt man, dass der Kläger Sachen gestohlen und diese verkauft hat, dann haben die möglicherweise Bestohlenen lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz, sie sind aber nicht Eigentümer an dem Buchgeld. Die Polizei hat seit April 2012 ohne Erfolg ermittelt. Bisher hat sich kein Eigentümer gemeldet. Unstreitig steht nach der mündlichen Verhandlung fest, dass das Geld sicher nicht aus den bekannten Diebstählen des Klägers stammt. Unterstellt man, dass das Geld aus illegalen Geschäften bzw. aus Drogengeschäften stammt und einem unbekannten Dritten aus dem kriminellen Umfeld überbracht werden sollte, dann ist es jedenfalls nicht Aufgabe der Polizei, das Geld für diesen Dritten zu schützen. Dieser wird sich auch nie bei der Polizei melden. Selbst im Falle einer analogen Anwendung ist es außerdem höchst zweifelhaft, ob überhaupt Forderungen gegen den Kläger bestehen, die geschützt werden müssten. Denn das getätigte illegale Geschäft ist sittenwidrig nach § 134 BGB. Ein Anspruch auf Rückforderung ist nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil beide Seiten gegen Gesetze verstoßen haben. Die Polizei ist jedenfalls nicht dafür zuständig, zivilrechtlich nicht geschützte Rechtspositionen zu schützen.

dd) Die Sicherstellung erfolgte hier auch nicht, um vor Verlust oder Beschädigung zu schützen. Verlust ist das Abhandenkommen der Einwirkungsmöglichkeit. Unter Beschädigung ist nicht nur die Substanzbeeinträchtigung, sondern jeder Wertminderung zu verstehen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Eigentümer oder rechtmäßige Inhaber der tatsächlichen Gewalt die Sache verliert (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Kommentar zum Bayerischen Polizeiaufgabengesetz und Polizeiorganisationsgesetz, 3. Auflage 2011, Art. 25 PAG Rn. 22). Rein begrifflich kann man eine Forderung nicht beschädigen. Nur wenn man eine Analogie bejaht, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Polizei hier präventiv tätig wird, um die Vollstreckung von Forderungen zu sichern. Denn nur das kann dann in analoger Anwendung mit dem Schutz vor Verlust gemeint sein. Dies ist aber nicht Aufgabe der Polizei. Deren Aufgabe ist die Gefahrenabwehr, nicht der Schutz des Vermögens.

Der Beklagte hat auch in der mündlichen Verhandlung seine Meinung bekräftigt, unbekannte Dritte müssten weiterhin geschützt werden, weshalb die Voraussetzungen des Art. 25 Nr. 2 PAG vorlägen. Hiermit nicht vereinbar ist es jedoch, dass Herkunftshinweise des Geldes nicht vorliegen und in näherer Zukunft nicht zu erwarten sind (Blatt 53 der Akte). Der Beklagte erklärte in der mündlichen Verhandlung, je länger die Zeit vergehe, desto unwahrscheinlicher werde es, einen möglichen Berechtigten zu ermitteln. Der Beklagte setzt sich vor allem dadurch in Widerspruch, dass er der Auszahlung von ca. 10.000,-- EUR an die Versicherung zugestimmt hat. Würde es dem Beklagten tatsächlich darum gehen, unbekannte Dritte vor Verlust oder Beschädigung zu schützen, dann hätte er dieser Auszahlung nicht zustimmen dürfen. Denn dadurch schmälert sich das Vermögen, auf das mögliche Forderungsinhaber zugreifen könnten. Dieses Verhalten zeigt, dass es dem Beklagten vordergründig nicht darum geht, potentielle Dritte zu schützen. Tatsächlich möchte der Beklagte verhindern, dass das Geld in den kriminellen Umlauf fließt. Die Kammer kann dieses Interesse nachvollziehen, dies ist aber mit dem Instrument des Art. 25 Nr. 2 PAG nicht zu erreichen. Es ist ggf. Aufgabe des Gesetzgebers, hier tätig zu werden und der Polizei eine rechtliche Grundlage an die Hand zu geben.

3. Das Veräußerungsverbot in Ziffer II. des Bescheides vom 12. August 2013 war ebenso aufzuheben. Der Wortlaut in Ziffer II. „die Sicherstellung beinhaltet gleichzeitig ein Veräußerungsverbot“ führt dazu, dass durch die Aufhebung der Sicherstellung in Ziffer I., die Grundlage für Ziffer II. wegfällt. Der Wortlaut “beinhaltet“ zeigt auch, dass ein Veräußerungsverbot tatsächlich nicht angeordnet wurde. Deshalb kann hier dahinstehen, ob ein solches rechtmäßig wäre. Jedenfalls wurde das Veräußerungsverbot nicht begründet und diesbezüglich wurde auch kein Ermessen ausgeübt. Somit ist das Veräußerungsverbot jedenfalls ermessensfehlerhaft.

4. Der Kläger wird durch den rechtswidrigen Bescheid in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.

5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.

6.Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist, über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgeht und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf (vgl. Happ in Eyermann, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Auflage 2010, § 124 Rn. 36 ff.). Es besteht ein Bedürfnis, höchstrichterlich zu klären, ob Art. 25 Nr. 1 und Nr. 2 PAG auf Forderungen analog anwendbar sind. Es muss geklärt werden, ob die Polizei nachgelagert das von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmte Bargeld, das zwischenzeitlich in die Landesjustizkasse einbezahlt wurde, nach Art. 25 PAG sicherstellen kann und inwieweit unbekannte Dritte vor Verlust ihrer möglichen Forderung durch die Polizei geschützt werden können.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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published on 06/02/2014 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Unter Abänderung der Nr. III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Dezember 2013
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Annotations

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Vollziehung des Arrestes in bewegliches Vermögen wird durch Pfändung bewirkt. Die Pfändung erfolgt nach denselben Grundsätzen wie jede andere Pfändung und begründet ein Pfandrecht mit den im § 804 bestimmten Wirkungen. Für die Pfändung einer Forderung ist das Arrestgericht als Vollstreckungsgericht zuständig.

(2) Gepfändetes Geld und ein im Verteilungsverfahren auf den Gläubiger fallender Betrag des Erlöses werden hinterlegt.

(3) Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag anordnen, dass eine bewegliche körperliche Sache, wenn sie der Gefahr einer beträchtlichen Wertverringerung ausgesetzt ist oder wenn ihre Aufbewahrung unverhältnismäßige Kosten verursachen würde, versteigert und der Erlös hinterlegt werde.

(4) Die Vollziehung des Arrestes in ein nicht eingetragenes Seeschiff ist unzulässig, wenn sich das Schiff auf der Reise befindet und nicht in einem Hafen liegt.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

Die Zwangsvollstreckung findet statt aus Endurteilen, die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind.

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)
4.
aus Vollstreckungsbescheiden;
4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.

(2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Führerscheine, die der Einziehung unterliegen.

(4) Die Herausgabe beweglicher Sachen richtet sich nach den §§ 111n und 111o.

(1) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß eine Straftat nach § 89a oder § 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs oder nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches, eine der in dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten oder eine Straftat nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, so können auf öffentlichen Straßen und Plätzen und an anderen öffentlich zugänglichen Orten Kontrollstellen eingerichtet werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Maßnahme zur Ergreifung des Täters oder zur Sicherstellung von Beweismitteln führen kann, die der Aufklärung der Straftat dienen können. An einer Kontrollstelle ist jedermann verpflichtet, seine Identität feststellen und sich sowie mitgeführte Sachen durchsuchen zu lassen.

(2) Die Anordnung, eine Kontrollstelle einzurichten, trifft der Richter; die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) sind hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(3) Für die Durchsuchung und die Feststellung der Identität nach Absatz 1 gelten § 106 Abs. 2 Satz 1, § 107 Satz 2 erster Halbsatz, die §§ 108, 109, 110 Abs. 1 und 2 sowie die §§ 163b und 163c entsprechend.

Wer eine Sache als ihm gehörend besitzt, ist Eigenbesitzer.

(1) Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.

(2) Die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers genügt zum Erwerb, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache auszuüben.

Übt jemand die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat, so ist nur der andere Besitzer.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.