I.
Der Antragsteller ist senegalesischer Staatsangehöriger. Nach einem sechs- bis achtmonatigen Aufenthalt und Asylantragstellung in Italien reiste der Antragsteller am 26. Februar 2014 unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 14. April 2014 einen Asylantrag beim Bundesamt für ... (nachfolgend: Bundesamt). Dabei nannte er als Geburtsdatum den ... 1990, geboren sei er in ... im Senegal (Bl. 10, 14, 163, 303 der Behördenakte).
Dem Bundeskriminalamt W. lagen Fingerabdrücke vor, die mit denen des Antragstellers identisch waren (Bl. 31 der Behördenakte). Während der Name des Antragstellers mit den Informationen der Ausländerbehörde übereinstimmte, wurde der Antragsteller vom Bundeskriminalamt als am ... 1991 geborener gambischer Staatsangehöriger geführt. Im Rahmen eines Übernahmeersuchens aus Österreich wurde als weiteres Geburtsdatum des Antragstellers (wiederum als senegalesischer Staatsangehöriger) der ... 1991 mitgeteilt (Bl. 96 der Behördenakte).
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 16. Dezember 2015 gab der Antragsteller an, seine Geburtsurkunde sei im Besitz seines inzwischen verstorbenen Vaters im Senegal gewesen; seinen Personalausweis habe er auf der Flucht verloren (Bl. 111 der Behördenakte). Wo sich seine Mutter aufhalte, wisse er nicht, seit über einem Jahr habe er keinen Kontakt mehr zu ihr. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 22. Dezember 2015 als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Bl. 100 ff. der Behördenakte); die hiergegen gerichteten Eilantrags- und Klageverfahren blieben erfolglos (VG Augsburg, B.v. 29.1.2016 – Au 7 S. 16.30014, Bl. 124 ff. der Behördenakte; U.v. 7.3.2016 – Au 7 K 16.30013, Bl. 138 ff. der Behördenakte).
Mit Schreiben vom 25. Februar 2016 wurde der Antragsteller aufgefordert, sich Heimreisedokumente zu beschaffen (Bl. 131 der Behördenakte). Am 2. März 2016 wurde ihm eine Frist bis zum 1. April 2016 gesetzt, um sich zur Beantragung von Heimreisedokumenten zu seiner Auslandsvertretung zu begeben, gleichzeitig wurde ihm eine Duldung erteilt (Bl. 136 der Behördenakte). Der Antragsteller erschien am 9. März 2016 in der senegalesischen Botschaft in Berlin (Bl. 147 der Behördenakte). Nach Vorbringen seines Bevollmächtigten weigerte sich die senegalesische Botschaft jedoch, einen Pass auszustellen, weil Zweifel an der Staatsangehörigkeit des Antragstellers bestünden (Schreiben vom 14.3.2016, Bl. 146 der Behördenakte).
Mit Schreiben vom 28. April 2016 forderte die Ausländerbehörde den Antragsteller auf, unverzüglich Nachweise über seine Identität, beispielsweise über Verwandte und Bekannte in der Heimat, zu beschaffen (Bl. 157 der Behördenakte). Da der Antragsteller bereits eine Geburtsurkunde und einen Personalausweis im Senegal besessen habe, sei es ihm möglich, über Privatpersonen oder senegalesische Behörden Nachweise über seine Identität zu erlangen. Am 3. Mai 2016 belehrte die Ausländerbehörde den Antragsteller nochmals über seine Passpflicht und seine Pflicht zur Vorlage von Passdokumenten sowie über seine Pflicht, an der Identitätsklärung mitzuwirken (Bl. 166 f. der Behördenakte).
Der Bevollmächtigte des Antragsstellers teilte daraufhin mit, dass der Vater seines Mandanten gestorben sei und zu seiner Mutter kein Kontakt mehr bestünde (Bl. 171 f. der Behördenakte). Die Mutter sei wie der Antragsteller geflüchtet; ihren Aufenthaltsort kenne der Antragsteller nicht. Sie habe den Antragsteller seit seiner Flucht ein einziges Mal angerufen, jedoch sei das Gespräch sofort abgebrochen worden und der Antragsteller wisse nicht, wie die Mutter die Telefonnummer des Antragstellers in Erfahrung gebracht habe. Ferner habe der Antragsteller lediglich eine Koranschule besucht, spreche kein Französisch und kenne keine Person oder Behörde, die bei der Beschaffung von Personaldokumenten helfen könne.
Mit Schreiben vom 17. November 2016 wies die Ausländerbehörde daraufhin, dass dem Antragsteller die Kontaktaufnahme mit senegalesischen Behörden zumutbar sei. Insbesondere bestehe auch die Möglichkeit, die Hilfe eines Vertrauensanwalts in Anspruch zu nehmen (Bl. 208 der Behördenakte).
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2016 wurde der Antragsteller durch die nun zuständige Zentrale Ausländerbehörde der Regierung von ... erneut über seine Mitwirkungspflichten zur Identitätsklärung, seine Passbeschaffungs- und Passvorlagepflichten belehrt (Bl. 259 f. der Behördenakte). Am 13. Dezember 2016 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit, dass der Antragsteller einen Vertrauensanwalt im Senegal angeschrieben habe (Bl. 266 f. der Behördenakte). Am 28. Dezember 2016 wurde dem Antragsteller erneut eine Duldung für drei Monate erteilt (Bl. 277 der Behördenakte). Bei einem persönlichen Gespräch am selben Tag gab der Antragsteller an, bisher keine Rückmeldung von dem von ihm angeschriebenen Vertrauensanwalt erhalten zu haben (Bl. 282, 285 der Behördenakte).
Eine erneute Belehrung erfolgte am 27. Januar 2017 im Rahmen eines weiteren Gesprächs zur Identitätsklärung (Bl. 297 ff. der Behördenakte). Am 24. Februar 2017 teilte das Landratsamt ... der zuständigen Ausländerbehörde (Regierung von ...) mit, dass der Antragsteller seit Wochen nicht mehr in seiner Unterkunft gesehen worden sei (Bl. 319 der Behördenakte); der Antragsteller wurde infolgedessen zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben und ab dem 1. Februar 2017 nach unbekannt abgemeldet (Bl. 324, 326 der Behördenakte). Nach Vortrag des Bevollmächtigten des Antragstellers wohnte der Antragsteller jedoch weiterhin in der ihm zugewiesenen Unterkunft und sei für den Bevollmächtigten postalisch erreichbar (Bl. 325 der Behördenakte). Der Antragsteller besuche lediglich ab und zu seine Freundin.
Am 22. März 2017 teilte die Bundespolizei der zuständigen Ausländerbehörde mit, dass der Antragsteller von der französischen Polizei im Zug kontrolliert und anschließend durch die französische Polizei zurückgewiesen worden sei (Bl. 327 der Behördenakte). Die Bundespolizei werde den Antragsteller zurück in die ihm zugewiesene Unterkunft schicken (seit 27.3.2017: Unterkunft in ...).
Mit Bescheid vom 21. April 2017 wurde der Kläger verpflichtet, zum Zwecke der Identifizierung und Passbeschaffung an einer Anhörung durch Vertreter der senegalesischen Botschaft teilzunehmen und mitzuwirken; die zwangsweise Vorführung wurde angedroht (Bl. 338 ff. der Behördenakte). Der Antragsteller gab bei seiner Anhörung am 11. Mai 2017 laut dem Bundespolizeipräsidium an, senegalesischer Staatsangehöriger zu sein, konnte jedoch keine Angaben über den Senegal machen und sprach Englisch mit einem gambischen Akzent (Bl. 348 der Behördenakte). Die senegalesische Delegation vermerkte auf der Interviewbescheinigung, der Antragsteller habe sich als senegalesischer Staatsangehöriger ausgegeben, aber gesagt, dass er nie senegalesische Identitätspapiere besessen habe (Bl. 350 der Behördenakte). Es könne sich auch um einen gambischen Staatsangehörigen handeln, weswegen weitere Ermittlungen nötig seien. Die senegalesischen Behörden baten um eine Zusendung von Fingerabdrücken des Antragstellers im Original; eine zeitnahe Weiterleitung der Fingerabdrücke durch die deutschen Behörden war jedoch nicht möglich, weshalb eine offizielle Bestätigung der Staatsangehörigkeit des Antragstellers von Seiten der senegalesischen Behörden unterblieb (Bl. 380 der Behördenakte).
Am 7. September 2017 bestätigte das Standesamt, dass der Antragsteller und eine 1958 geborene deutsche Staatsangehörige am selben Tag das Standesamt Unterlagen zur Anmeldung der Eheschließung vorgelegt hätten und dass diese Unterlagen nach dem damaligen Kenntnisstand vollständig seien (Bl. 37 der Gerichtsakte). Am 11. September 2017 unterrichtete der Bevollmächtigte des Antragstellers die Ausländerbehörde darüber, dass der Antragsteller eine deutsche Staatsangehörige heiraten wolle und die hierfür erforderlichen Unterlagen beim Standesamt abgegeben worden seien (Bl. 38 der Gerichtsakte).
Der Antragsteller suchte das Standesamt am 14. September 2017 erneut auf; hierbei wurde ein dem Standesamt vorgelegter senegalesischer Reisepass auf Veranlassung der Ausländerbehörde sichergestellt (Bl. 352 der Behördenakte). Der Antragsteller und seine Verlobte gaben an, den Pass habe der Antragsteller in Paris abgeholt, weil nur bestimmte Konsulate in Europa senegalesische Pässe ausstellen würden (Bl. 357 der Behördenakte). Der Reisepass wurde am 25. Juli 2017 auf den Namen „...“ ausgestellt, als Geburtsdatum ist der ... 1992 und als Geburtsort ... eingetragen (Bl. 354 der Behördenakte). Als Adresse wurde „..., ...“ angegeben.
Am 26. September 2017 leitete die Ausländerbehörde Maßnahmen zur Abschiebung des Antragstellers ein (Bl. 365 ff. der Behördenakte); der Abschiebeflug wurde auf den 27. November 2017 festgesetzt (Bl. 387 der Behördenakte).
Mit Schreiben vom 11. Oktober 2017 teilte das Standesamt der Verlobten des Antragstellers mit, dass das Oberlandesgericht ... die Unterlagen zurückgegeben hätte, dem Antrag derzeit jedoch nicht entsprochen werden könne. Zum einen habe der Antragsteller nur eine eidesstattliche Versicherung seiner Mutter zum Familienstand vorgelegt, nicht aber eine eidesstattliche Versicherung des Vaters. Sollte der Vater verstorben sein, so müsse eine Sterbeurkunde mit Übersetzung und Legalisation vorgelegt werden. Zum anderen müsse der Antragsteller die unterschiedlichen Geburtsdaten in seinem deutschen Duldungstitel und seinem Reisepass erklären.
Der Antragsteller erklärte mit einem Schreiben vom 4. November 2017, dass der Pass und die Dokumente aus dem Senegal echt seien und die Angaben in seinem „Asylausweis“ nicht richtig seien, da er zur Zeit seiner Asylantragstellung nicht habe klar denken können (Bl. 402 der Behördenakte).
Am 6. November 2017 bestätigte das Standesamt, dass der Antragsteller die Sterbeurkunde seines Vaters und eine Erklärung über die Schreibweise seines Namens abgegeben habe. Am 23. November 2011 überwies die Verlobte des Antragstellers die für die Eheschließung anfallende Verwaltungsgebühr.
Der Versuch, den Antragsteller am 27. November 2017 in Gewahrsam zu nehmen, scheiterte jedoch, da der Antragsteller in seiner Unterkunft nicht angetroffen wurde (Bl. 398 der Behördenakte). Nach Auskunft der dortigen Außendienstmitarbeiterin halte sich der Antragsteller sowieso so gut wie nie in der ihm zugewiesenen Unterkunft auf. Auch an der Wohnanschrift seiner Lebensgefährtin konnte der Antragsteller nicht angetroffen werden; auf das Läuten der Polizei öffnete niemand.
Die Ausländerbehörde forderte den Antragsteller auf, am 29. November in den Räumlichkeiten der Ausländerbehörde zu erscheinen, dort wurde er verhaftet. Mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 29. November 2017 (Az.: ...) wurde die Sicherungshaft gegen den Antragsteller bis zum 12. Dezember 2017 angeordnet (Bl. 408 ff. der Behördenakte); der Abschiebungsflug ist für den 11. Dezember 2017 geplant. Dabei stellte das Amtsgericht ... fest, dass das Verhalten des Antragstellers keinen anderen Schluss zulasse, als dass der Antragsteller sich seinen Reisepass bewusst habe in Frankreich ausstellen lassen, um zu verhindern, dass die deutschen Ausländerbehörden davon Kenntnis erlangten. Den vorhandenen Reisepass habe er anschließend bewusst unterdrückt und seinen Entziehungswillen manifestiert. Zudem halte sich der Antragsteller nur selten – nachts – bei seiner Lebensgefährtin und überhaupt nicht in der ihm zugewiesenen Unterkunft auf. Der Antragsteller habe die Maßnahmen der Ausländerbehörde durch sein bisheriges Verhalten selbst zu vertreten. Auch in Hinblick auf Art. 6 GG sei die Maßnahme nicht unverhältnismäßig; insbesondere sorge die Lebensgefährtin selbst für ihren Unterhalt und sei nicht auf die Lebenshilfe des Antragstellers angewiesen.
Am 1. Dezember 2017 meldete die Lebensgefährtin des Antragstellers die Eheschließung für den 15. Dezember 2017 an.
Mit Telefax vom 1. Dezember 2017 ließ der Antragsteller beantragen,
Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Einleitung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen den Antragsteller vorerst bis zu dessen Eheschließung beim Standesamt ... zu unterlassen.
Die Ausreise des Antragstellers sei zunächst wegen des fehlenden Reisepasses unmöglich gewesen. Zudem habe der Antragsteller stets in der ihm zugewiesenen Unterkunft gewohnt. Er beabsichtige, mit einer deutschen Staatsangehörigen die Ehe zu schließen. Hierfür habe der Antragsteller am 7. September 2017 beim Standesamt alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt (Bl. 37 der Gerichtsakte). Aus nicht nachvollziehbaren Gründen habe das Oberlandesgericht ... jedoch auch die Sterbeurkunde des Vaters des Antragstellers verlangt, welche vor ca. drei Wochen nachgereicht worden sei. Die Eheschließung sei für den 15. Dezember 2017 geplant. Daher seien aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu unterlassen und dem Antragsteller sei die Eheschließung zu ermöglichen. Das Verhalten des Antragsgegners werde auch nicht dadurch zulässig, dass sich die Eheschließung kurzfristig verzögerte. Wegen der Pflicht zur Vorlage der Sterbeurkunde des Vaters des Antragstellers sei eine Heirat erst ab dem 7. November 2017 möglich gewesen. Da die Verlobte des Antragstellers hiervon jedoch erst Ende November 2017 erfahren habe und als in Vollzeit Berufstätige nicht kurzfristig Urlaub nehmen könne, sei eine Eheschließung vor dem 15. Dezember 2017 nicht möglich.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag nach § 123 VwGO abzulehnen.
Der Antragsteller sei wiederholt auf seine Pflichten zur Passbeschaffung, Passvorlage und Identitätsklärung hingewiesen worden. Gleichwohl habe er den am 25. Juli 2017 ausgestellten Reisepass der Ausländerbehörde nicht vorgelegt. Der Antragsteller habe über seine Identität getäuscht und gegen seine Pflicht zur Passvorlage verstoßen. Indem er den Reisepass in Frankreich beantragt und abgeholt habe, habe der Antragsteller zu vermeiden versucht, dass die deutschen Ausländerbehörden Kenntnis von der Existenz eines Passes erlangen. Der seit Anfang 2016 vollziehbar ausreisepflichtige Antragsteller hätte spätestens im Juli 2017 ausreisen können. Zudem sei die Eheschließung nicht durch die Sicherungshaft verhindert worden. Am 11. Oktober 2017 sei der Antragsteller vom Standesamt zur Beibringung der erforderlichen Unterlagen aufgefordert worden. Nach Auskunft des Standesamts ... sei die Eheschließung ab der Befreiung von der Vorlage der Ledigkeitsbescheinigung durch das Oberlandesgericht ... vom 7. November 2017 ab dem 15. November 2017 (Zugang beim Standesamt) möglich gewesen. Bezeichnenderweise sei der Hochzeitstermin durch die Lebensgefährtin des Antragstellers jedoch erst am 1. Dezember 2017, also nach der Inhaftierung des Antragstellers, auf einen Termin nach der geplanten Abschiebung festgesetzt worden. Des Weiteren wäre eine Eheschließung, wie das Standesamt ... versichert habe, auch in der Haft möglich. Von einer Vereitelung der Eheschließung durch die Ausländerbehörde könne also keine Rede sein.
Über eine verwaltungsgerichtlich vorgeschlagene freiwillige und überwachte Ausreise des Antragstellers in den Senegal zwecks ordnungsgemäßer Erfüllung der Ausreisepflicht, Vermeidung einer Einreisesperre und Durchführung eines Visumsverfahrens zum Ehegattennachzug gelangten die Beteiligten nicht zu einer Einigung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet, weil der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nach § 123 VwGO nicht glaubhaft gemacht hat.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, weil nach bestandskräftigem Abschluss des Asylverfahrens mit der dortigen Abschiebungsandrohung kein Verwaltungsakt mehr vorliegt, dessen aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO angeordnet werden könnte. Somit ist allein das Verfahren nach § 123 VwGO auf vorläufige Duldung statthaft.
2. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
a) Ein Anordnungsgrund liegt vor, weil die für den 11. Dezember geplante Abschiebung unmittelbar bevorsteht und zu einer räumlichen Trennung der Verlobten und möglicherweise zu einer Beeinträchtigung ihrer Eheschließungsfreiheit führen könnte.
b) Es liegt jedoch kein Anordnungsanspruch vor, weil dem Antragsteller kein Duldungsanspruch zur Seite steht.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Vorschrift ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Der Antragsteller ist seit Eintritt der Bestandskraft der asylrechtlichen Entscheidung im März 2016 vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG), er ist seiner Ausreisepflicht jedoch bis heute nicht nachgekommen. Seine Ausreise ist aber jedenfalls seit Ausstellung seines Reisepasses tatsächlich möglich.
Die Abschiebung ist auch in Hinblick auf Art. 6 GG nicht rechtlich unmöglich.
aa) Eine Eheschließung im Bundesgebiet steht derzeit zwar unmittelbar bevor.
Eine Duldung kommt grundsätzlich in Betracht, wenn die Eheschließung unmittelbar bevorsteht und sonst durch eine Abschiebung die aus Art. 6 GG (auch für Ausländer) geschützte Eheschließungsfreiheit (BVerfG, B.v. 4.5.1971 – 1 BvR 636/68 – BVerfGE 31, 58/67 ff.; B.v. 30.11.1982 – 1 BvR 818/81 – BVerfGE 62, 323/329; B.v. 12.5.1987 – 2 BvR 1226/83 – BVerfGE 76, 1/42, stRspr) beeinträchtigt würde. Art. 6 Abs. 1 GG schützt auch das Recht, eine Ehe zu schließen und ist bei Aufenthaltsentscheidungen mit zu würdigen.
Eine Eheschließung im Bundesgebiet steht unmittelbar bevor, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist (ausführlich OVG Hamburg, B.v. 4.4.2007 – 3 Bs 28/07 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 2.11.2016 – 10 CE 16.1965 – juris Rn. 7): Sind die Vorbereitungen in dem Verfahren der Eheschließung bereits so weit vorangeschritten, dass die Anmeldung der Eheschließung vorgenommen wurde, die Verlobten die von dem Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben und bei der Prüfung der Ehefähigkeit von ausländischen Verlobten ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses gestellt wird, so kommt die Annahme einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung in Betracht, wenn dem Standesbeamten im Hinblick auf den gestellten Befreiungsantrag alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2015 – 10 CE 15.2165 – juris Rn. 18; B.v. 28.11.2016 – 10 CE 16.2266 – juris Rn. 11 m.w.N). Für das Vorliegen einer solchen Situation kann es sprechen, wenn der Standesbeamte die Antragsunterlagen an den für die Entscheidung über den Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses zuständigen Präsidenten des Oberlandesgerichts weitergeleitet hat, da dem Standesbeamten die Vorbereitung dieser Entscheidung obliegt und er die hierfür notwendigen Nachweise von den Verlobten anzufordern hat. Umgekehrt ist nicht von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung auszugehen, wenn der Standesbeamte einen Termin zur Eheschließung aus Gründen nicht festsetzen kann, die in die Sphäre der Verlobten fallen (vgl. VGH BW, B.v. 13.11.2001 – 11 S 1848/01 – InfAuslR 2002, 228 ff.). Gleiches gilt, wenn sich im weiteren Verfahrensgang herausstellt, dass eine Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts deshalb nicht ergehen kann, weil es noch an Unterlagen fehlt oder sonst Zweifel oder Unklarheiten bestehen, die in den Zurechnungsbereich der Verlobten fallen; dann ist bis zu dem Zeitpunkt, in dem die für die Entscheidung über den Antrag noch fehlenden Unterlagen nachgereicht bzw. die Zweifel oder Unklarheiten beseitigt worden sind, von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung nicht auszugehen (SächsOVG, B.v. 16.5.2006 – 3 Bs 61/06 – AuAS 2006, 242 f.).
Im vorliegenden Fall steht die Eheschließung erst seit dem 7. November 2017 unmittelbar bevor. Zuvor hatten das Oberlandesgericht ... und auch das Standesamt ... noch die Sterbeurkunde des Vaters des Antragstellers verlangt, weshalb bis dahin noch nicht alle für die Eheschließung notwendigen Unterlagen vorlagen. Die Erklärung des Standesamts vom 7. September 2017 stand unter dem Vorbehalt des „heutigen Kenntnisstandes“ und wurde durch spätere Erklärungen, insbesondere durch das Schreiben vom 11. Oktober 2017, überholt. Des Weiteren hielt das Standesamt, wie es im Schreiben vom 11. Oktober 2017 ausführte, auch die Personalien des Antragstellers (insbesondere in Hinblick auf sein Geburtsdatum) für klärungsbedürftig, so dass eine Eheschließung zuvor wegen eines in die Sphäre des Antragstellers fallenden Umstandes nicht möglich war.
bb) Das Grundrecht auf Eheschließungsfreiheit ist in seinem Schutzbereich zwar eröffnet; es tritt jedoch hier ausnahmsweise gegenüber einwanderungspolitischen Belangen und dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung der Ausreisepflicht des Antragstellers im Rahmen der Schranken- und Verhältnismäßigkeitsprüfung zurück.
Die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren, die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen (BVerfG, B.v. 17.5.2011 – 2 BvR 2625/10 – juris Rn. 13). Der Betroffene braucht es nicht hinzunehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung dieser Gesichtspunkte daran gehindert zu werden, bei seinem im Bundesgebiet lebenden Ehepartner ständigen Aufenthalt zu nehmen. Eingriffe in seine diesbezügliche Freiheit sind nur dann und insoweit zulässig, als sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sind. Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG ist es jedoch grundsätzlich vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen.
Entsprechendes gilt für die Frage, ob die Ausländerbehörde einem sich – wie hier – in Sicherungshaft befindlichen Ausländer die Eheschließung in Deutschland ermöglichen muss oder ihn auf die Einholung eines Visums zur Eheschließung im Wege des Familiennachzugs verweisen kann. In der Regel besteht für die Ausländerbehörde im Lichte des Art. 6 GG zwar die Pflicht, eine unmittelbar bevorstehende Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen nicht durch die vorherige Abschiebung des Ausländers zu vereiteln. Ausnahmsweise ist es dem Ausländer jedoch auch bei einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung zumutbar, die Eheschließung über ein Visumverfahren zum Familiennachzug nachzuholen und ist die Abschiebung des Ausländers trotz bevorstehender Eheschließung verhältnismäßig, wenn er seinen zur Eheschließung reichenden Aufenthalt vorwerfbar durch pflichtwidriges Fehlverhalten tatsächlich erzwungen und eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung erst erforderlich gemacht hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen begonnen wurden, bevor die Eheschließung unmittelbar bevorstand und wenn der Antragsteller die ihm eingeräumte Möglichkeit, noch vor seiner Abschiebung zu heiraten, nicht wahrnimmt.
So liegt der Fall hier.
(1) Die Abschiebung ist auch im Lichte des Art. 6 Abs. 1 GG verhältnismäßig, da die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Ausländerbehörde schon im September 2017 eingeleitet wurden und damit bevor eine Eheschließung unmittelbar bevorstand (ab dem 7.11.2017). Die Eheschließung wurde von der Verlobten des Antragsstellers erst angemeldet, als sich der Antragsteller bereits in Sicherungshaft befand und der Tag der Abschiebung feststand. In einem derartigen Fall liegt keine gezielte Verhinderung der Eheschließung durch die Ausländerbehörde vor.
(2) Dem Antragsteller wäre es zudem durch die Ausländerbehörde in Absprache mit dem zuständigen Standesamt ermöglicht worden, noch in der Haft zu heiraten. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Ausländerbehörde die Eheschließung gezielt vereiteln würde; im Gegenteil hat sich die Ausländerbehörde sogar noch um die Ermöglichung einer Eheschließung bemüht. Die Ablehnung dieses Angebots der Ausländerbehörde und die Festlegung des Hochzeitstermins auf einen Tag nach der Abschiebung sprechen vielmehr dafür, dass der Hochzeitstermin maßgeblich die bevorstehende Abschiebung des Antragstellers verhindern soll. Dass die Verlobte des Antragstellers wegen ihrer Vollzeittätigkeit vor dem 15. Dezember 2017 nicht einmal die für eine standesamtliche Hochzeit benötigte Zeit von ca. einer halben Stunde nebst Anfahrt erübrigen kann, ist trotz einer Vollzeittätigkeit nicht glaubhaft.
(3) Hat der Antragsteller durch Identitätstäuschung, Falschangaben zu vorhandenen Identitätspapieren und durch Nichtvorlage eines in seinem Besitz befindlichen Reisepasses seine Abschiebung gezielt verhindert, bis er schließlich die Eheschließung beim Standesamt beantragen konnte, ist seine Eheschließungsfreiheit weniger schutzwürdig und ihm eine Abschiebung und damit eine zeitweise Verhinderung der Eheschließung in der Bundesrepublik bis zu seiner Wiedereinreise zumutbar.
Der Antragsteller hat im vorliegenden Fall seit seiner Einreise in die Bundesrepublik gegen zahlreiche rechtliche Verpflichtungen verstoßen und so seine Abschiebung verhindert und nun erst erforderlich gemacht:
Der Antragsteller hat in schwerwiegender Weise gegen seine Passpflicht nach § 3 AufenthG verstoßen. Er ist nicht nur ohne Pass und damit unter Verstoß gegen die nach § 3 AufenthG grundsätzlich für alle Ausländer im Bundesgebiet geltende Passpflicht eingereist, sondern er hat sich seit Ablehnung seines Asylantrags über Jahre nicht hinreichend um eine Passbeschaffung bemüht und so seine Abschiebung verhindert. Als zumutbare Mitwirkung an der Beschaffung eines Identitätspapiers gilt, in der den Bestimmungen des deutschen Passrechts, insbesondere den § 6 und § 15 PassG, entsprechenden Weise an der Ausstellung mitzuwirken und die Behandlung eines Antrags durch die Behörden des Herkunftsstaats nach dessen Recht zu dulden, sofern dies nicht zu einer unzumutbaren Härte führt. Zumutbar ist es danach insbesondere, in einem Antrag alle Tatsachen anzugeben, die zur Feststellung der Identität der Person und seiner Eigenschaft als Staatsangehöriger seines Herkunftsstaats notwendig sind und die entsprechenden Nachweise zu erbringen (vgl. BayVGH, B.v. 14.4.2014 – 10 C 12.498 – juris Rn. 8 m.w.N.). Die Zumutbarkeit beurteilt sich darüber hinaus nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BayVGH a.a.O. Rn. 9), wobei der Ausländer an allen Handlungen mitwirken muss, die die Behörden zulässigerweise von ihm verlangen. Die behördlichen Hinweise müssen so gehalten sein, dass für den Ausländer hinreichend erkennbar ist, welche Schritte er zu unternehmen hat; ein bloßer allgemeiner Verweis auf bestehende Mitwirkungspflichten oder die Wiedergabe des Gesetzestextes wird diesen Anforderungen nicht gerecht. In aller Regel ist die Behörde angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und sachlichen Nähe, ihrer Kontakte und Kenntnisse besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die entsprechenden Schritte in die Wege zu leiten. Daher hat in erster Linie die Ausländerbehörde nach Möglichkeiten für die Beseitigung von Hindernissen zu suchen. Der Ausländer ist aber auch gehalten, eigenständig die Initiative zu ergreifen. Eine Grenze bildet dabei die Frage, welche Möglichkeiten ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können. Der Ausländer und die Behörde müssen sich gemeinsam um die Beseitigung von Hindernissen kümmern; ihre Pflichten stehen in einem Verhältnis der Wechselseitigkeit. Keine Seite kann von der anderen verlangen, dass diese allein sich um die Beseitigung bestehender Hindernisse bemüht (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2011 – 19 C 11.1664 – juris Rn. 6).
Im vorliegenden Fall hat die Behörde alles getan, um einen Pass für den Antragsteller ausgestellt zu bekommen. Sie hat den Antragsteller zahlreiche Male, teilweise im Monatsrhythmus, über seine bestehende Passpflicht und seine Pflichten zur Mitwirkung an der Passbeschaffung und an der Identitätsklärung belehrt. Weiter hat sie konkrete Vorgaben gemacht, wie der Antragsteller einen Pass oder zumindest sonstige Identitätspapiere erlangen könnte, beispielsweise über eine Anhörung bei der senegalesischen Botschaft oder einen Vertrauensanwalt. Der Antragsteller ist zwar den konkreten Aufforderungen seitens der Behörde nachgekommen. So hat er beispielsweise die senegalesische Botschaft aufgesucht, an einer Anhörung durch eine senegalesische Delegation teilgenommen und einen Brief an einen Vertrauensanwalt gerichtet. Diese Mitwirkungshandlungen waren jedoch weder ausreichend noch ernsthaft. Vielmehr hat der Antragsteller nur zum Schein mitgewirkt und stets dafür gesorgt, dass seine vorgeblichen Mitwirkungshandlungen nicht zum Erfolg führen würden: So gab der Antragsteller bereits bei Stellung seines Asylantrags ein anderes Geburtsdatum (...1990) und nur die grobe Ortsangabe der Region „...“ als Geburtsort an, obwohl er laut seiner eigenen Angaben und seinem nun vorhandenen Reisepass am ... 1992 in der Stadt ... geboren wurde. Auch die Schreibweise seines Vor- und Nachnamens im Reisepass weicht von derjenigen seiner Aufenthaltsgestattung ab. Damit hat der Antragsteller Falschangaben zu seinen Personalien gemacht, insbesondere in Hinblick auf sein Geburtsdatum, und weitere Angaben wie den konkreten Geburtsort trotz seiner diesbezüglichen Mitteilungspflicht verschwiegen. Die falschen Angaben hat er auch in den folgenden Jahren bis zu seiner heimlichen Passbeschaffung in Frankreich nie korrigiert. Dadurch wurde den deutschen wie auch den senegalesischen Behörden eine Identifizierung des Antragstellers wesentlich erschwert. Ferner hat der Antragsteller auch Falschangaben zu vorhandenen Identitätspapieren gemacht. Gab er im Rahmen seines Asylverfahrens wiederholt an, seine Geburtsurkunde sei bei seinem inzwischen verstorbenen Vater im Senegal geblieben und seinen Personalausweis habe er auf der Flucht verloren, trug er im Rahmen der Anhörung durch eine senegalesische Delegation am 11. Mai 2017 vor, nie Identitätspapiere besessen zu haben. Dadurch vereitelte der Antragsteller die Möglichkeit der senegalesischen Behörden, Nachforschungen über bereits von senegalesischen Behörden ausgestellte und damit ggf. dokumentierte Identitätsnachweise anzustellen und so die Identität des Antragstellers zu klären. Das angebliche Schreiben an einen senegalesischen Vertrauensanwalt – ein Zugangsnachweis fehlt – war weder von der äußeren Form noch von seinem Inhalt her ernsthaft darauf gerichtet, dass ein Vertrauensanwalt sich beim Antragsteller melden würde. Es fehlten im Schreiben beispielsweise nähere Ausführungen zu den vom Anwalt erwarteten konkreten Handlungen, zu einer Vergütungsabrede und zur weiteren Vorgehensweise. Zudem hätte der Antragsteller, wenn er ernsthaft an der Mandatierung eines Anwalts interessiert gewesen wäre, mehr als einen Versuch unternommen, einen Vertrauensanwalt im Senegal zu finden – ggf. auch mit Hilfe seines Bevollmächtigten. Wer durch die Angabe falscher Personalien und Falschaussagen zu bereits vorhandenen Identitätspapieren die Ausstellung eines Passes und damit auch die Abschiebung über längere Zeit verhindert, bis eine Eheschließung unmittelbar bevorsteht, ist in Bezug auf die Eheschließungsfreiheit nicht im gleichem Maße schutzwürdig wie bei pflichtgemäßen Vorverhalten.
(4) Als weiterer, eine Abschiebung trotz bevorstehender Eheschließung rechtfertigender Gesichtspunkt ist zu würdigen, dass der Antragsteller nie einen legalen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte, da der Asylantrag des Antragstellers, der aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde und der Antragsteller daher seit März 2016 ausreisepflichtig war. Der Antragsteller hat zu keinem Zeitpunkt einen Aufenthaltstitel inne gehabt und konnte wegen seines sogar offensichtlich unbegründeten Asylantrags nicht auf eine Bleibeperspektive in der Bundesrepublik vertrauen. Von einer gelungenen Integration in die hiesige Sozial- und Rechtsordnung kann angesichts des ungesicherten Aufenthaltsstatus nicht die Rede sein (BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 10 CE 16.2266 – juris Rn. 13).
(5) Des Weiteren mindert seine Schutzwürdigkeit, dass der Antragsteller offensichtlich in der Lage war, selbstständig und insbesondere ohne Mitwirkung der Ausländerbehörde sich einen Reisepass in Frankreich zu besorgen, dies jedoch erst tat, als eine Eheschließung im Raum stand. Der laut seinem Bevollmächtigten des Französischen nicht mächtige und ungebildete Antragsteller konnte einen Reisepass in Frankreich beantragen und ihn – unter Verstoß gegen seine Aufenthaltsbeschränkung – auch in Paris abholen, sobald er dies wegen der baldigen Eheschließung als für ihn nützlich erachtete. Als es für die Eheschließung notwendig erschien, war es ihm auch möglich, binnen zwei Monaten eine Sterbeurkunde seines Vaters aus seinem Heimatstaat nebst Übersetzung zu beschaffen. Ebenso konnte der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung seiner Mutter über den Familienstand beibringen, obwohl er nach eigenem Vorbringen und nach Vortrag seines Bevollmächtigten seit Jahren keinen Kontakt mehr zur Mutter hatte und ihm ihr Aufenthaltsort unbekannt war. Dieses Verhalten des Antragstellers lässt nur den Schluss zu, dass dem Antragsteller bei Angabe seiner wahren Personalien und entsprechendem Willen die Passbeschaffung nebst Besorgung sonstiger identitätsklärender Dokumente stets möglich war, er jedoch dies über Jahre durch Falschangaben und nicht hinreichende Mitwirkung bewusst vereitelte (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 10 CE 16.2266 – juris Rn. 13).
(6) Ein weiterer, ihn in seiner Eheschließungsfreiheit schutzmindernder Verstoß des Antragstellers ist darin zu sehen, dass er – trotz zahlreicher ausländerbehördlicher Belehrungen – den in Frankreich erhaltenen Pass der zuständigen deutschen Ausländerbehörde nicht unverzüglich und freiwillig vorlegte. Aus der Beantragung und Ausstellung des Reisepasses in Frankreich unter anschließender Nichtvorlage bei den deutschen Behörden und bei Angabe einer falschen deutschen Wohnadresse ist – wie schon das Amtsgericht ... (B.v. 29.10.2017 – ...) feststellte – zu folgern, dass der Antragsteller den Reisepass gerade deswegen im Ausland beantragt hat, damit die deutschen Ausländerbehörden bis zur bevorstehenden Eheschließung des Antragstellers keine Kenntnis von der Existenz eines Reisepasses erhalten. Er hat sich den Reisepass nur deshalb ausstellen lassen, weil er ihn für die Eheschließung benötigte, nicht, um seiner Ausreisepflicht nachzukommen und ihn unverzüglich der Ausländerbehörde vorzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 10 CE 16.2266 – juris Rn. 13). Dass bei korrekter Angabe der Personalien (Geburtsdatum, Geburtsort etc.) nur die senegalesische Vertretung in Frankreich, nicht aber diejenige in Deutschland in der Lage wäre, einen Reisepass auszustellen, wurde weder substantiiert vorgetragen noch ist dies nachvollziehbar. Der Bevollmächtigte des Antragstellers ist sogar mit Schreiben vom 11. September 2017 mit der zuständigen Ausländerbehörde in Kontakt getreten, hat es jedoch auch bei dieser Gelegenheit unterlassen, den Reisepass des Antragstellers vorzulegen. Durch die Nichtvorlage des Reisepasses hat der Antragsteller einen schwerwiegenden, absichtlichen Verstoß gegen die Passvorlagepflicht begangen, um seine Abschiebung zu verhindern.
(7) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Abschiebung im Lichte des Art. 6 GG ist ferner zu würdigen, dass der Antragsteller spätestens seit Erhalt seines Reisepasses im Juli 2017 und damit vor dem unmittelbaren Bevorstehen der Eheschließung nicht nur zur Ausreise verpflichtet, sondern zur Ausreise auch tatsächlich fähig war. Der Antragsteller ist gleichwohl seiner Ausreisepflicht nicht nachgekommen zu einem Zeitpunkt, als er sich noch nicht auf Art. 6 GG berufen konnte. Dass die Eheschließung in der Bundesrepublik am 15. Dezember 2017 wegen der für den 11. Dezember 2017 geplanten Abschiebung nicht möglich sein wird, hat der Antragsteller selbst verschuldet: Er hat die – zuletzt auch vom Gericht aufgezeigte – Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise nicht wahrgenommen. Bei einer freiwilligen Ausreise wäre es dem Antragsteller möglich, umgehend ein Visumverfahren zum Familiennachzug zur Eheschließung zu betreiben, wieder erlaubt in die Bundesrepublik einzureisen und dort seine Verlobte zu heiraten. Dass er einen Eheschließungstermin am 15. Dezember 2017 nicht wahrnehmen kann, beruht ausschließlich am vorausgegangenen rechtswidrigen Verhalten des Antragstellers, das seine Abschiebung zur Durchsetzung seiner Ausreisepflicht erst erforderlich macht.
(8) Darüber hinaus ist die Verlobte des Antragstellers soweit ersichtlich nicht auf Lebenshilfe angewiesen, sondern bestreitet ihren Lebensunterhalt durch eine eigene Erwerbstätigkeit. Ein rechtlich geschütztes Zusammenleben der Verlobten fand bisher ausweislich der Feststellungen des Amtsgerichts ... und der Zuweisung des Antragstellers in eine Gemeinschaftsunterkunft nicht statt; schützenswerte Belange der Verlobten treten auch deswegen in den Hintergrund, da ihr tatsächliches Zusammenleben – dieses unterstellt – stets unter der Belastung durch die vollziehbare Abschiebungsandrohung stattfand. Es handelt sich auch nicht um eine endgültige Trennung des Paares und eine langfristige Verhinderung der Eheschließung, sondern ausschließlich um eine Verzögerung, bis das Visumverfahren nachgeholt wurde.
(9) In einem Fall wie dem vorliegendem ist es dem Antragsteller – wie auch für eine bereits mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratete Person – zuzumuten, das Visumverfahren zum Familiennachzug in Anspruch zu nehmen, da seine Eheschließungsfreiheit hier hinter dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung seiner Ausreisepflicht zurücktritt.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffern 8.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.