Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 22. Juli 2015 - Au 5 S 15.884

published on 22/07/2015 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 22. Juli 2015 - Au 5 S 15.884
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Aufwendungen selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau einer Kommissionierhalle (Textilversand) auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... jeweils der Gemarkung ... (...).

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des nördlich an das Grundstück Flur Nr. ... der Gemarkung ... unmittelbar angrenzenden unbebauten Grundstücks Flur Nr. ... der Gemarkung ... Ursprünglich stand das betreffende Grundstück im Eigentum des am 23. Februar 2015 verstorbenen Ehemannes der Antragstellerin. Die Antragstellerin hat dieses Grundeigentum kraft Rechtsnachfolge erworben.

Das weitere Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (3.500 qm) stand ursprünglich ebenfalls im Eigentum des Ehemannes der Antragstellerin. Der zwischenzeitlich verstorbene Ehemann der Antragstellerin hat das betreffende Grundstück am 27. Juli 2006 an die Stadt ... veräußert. Die Stadt ... hat das Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... mit Kaufvertrag vom 20. März 2015 an die Beigeladene veräußert. Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2015 hat die Antragstellerin beim Landgericht ... - Zivilkammer - eine Klage auf Rückabwicklung des 2006 von ihrem Ehemann mit der Stadt ... geschlossenen notariellen Kaufvertrages anhängig gemacht.

Die betreffenden Grundstücke befinden sich sämtlich innerhalb des Geltungsbereichs des qualifizierten Bebauungsplanes der Stadt ... vom 22. Juli 1981 (Datum der Genehmigung durch das Landratsamt ...) „...“, der in § 5 der textlichen Festsetzungen eine Maximalhöhe baulicher Anlagen von 10 m bestimmt. § 5 der textlichen Festsetzungen sieht für den Fall einer betriebstechnisch bedingten Notwendigkeit einer größeren Höhe und einer nicht gegebenen Beeinträchtigung des Ortsbildes die Erteilung einer Ausnahme vor.

Mit Formblatt vom 31. März 2015 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung zum Neubau einer Kommissionierhalle für den Textilversand auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... der Gemarkung ... Ebenfalls beantragt wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes in Bezug auf die Höhe des geplanten Bauvorhabens im Umfang von 18,92 m bzw. 20,4 m (Lichtkuppel).

In der beigefügten Betriebsbeschreibung ist ausgeführt, dass es sich um einen Neubau (Textilversandhaus) für ca. 10 Personen handle. Als Betriebszeiten seien die Zeiten zwischen 6.00 Uhr und 16.30 Uhr im Normalbetrieb und 5.00 Uhr bis 21.00 Uhr in den Monaten Januar und Februar vorgesehen. Die Lieferzeiten seien für den Zeitraum zwischen 8.00 Uhr und 16.30 Uhr vorgesehen. Es werde mit fünf Lkw-Lieferungen pro Tag gerechnet. Der Neubau löse keinen Besucherverkehr aus.

Am 16. April 2015 hat die Stadt ... das gemeindliche Einvernehmen zum Bauvorhaben als laufende Angelegenheit der Verwaltung erteilt.

Mit Bescheid des Landratsamtes ... vom 22. Mai 2015 wurde der Beigeladenen die Baugenehmigung zum Neubau einer Kommissionierhalle auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... der Gemarkung ... nach Maßgabe der am 22. Mai 2015 geprüften und revidierten Bauvorlagen unter Festsetzung von Bedingungen und Auflagen und unter Hinweisen genehmigt. In Ziffer 2. des Bescheides wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ hinsichtlich des Überbaus der Baugrenzen erteilt. In Ziffer 3. des Bescheides wurde eine Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ hinsichtlich der maximalen Höhe zugelassen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorhaben, bei dem es sich um einen Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Bayerische Bauordnung (BayBO) handle, nach Art. 55 BayBO genehmigungspflichtig sei. Es widerspreche nicht öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen seien, so dass die Baugenehmigung erteilt werden könne (Art. 68 Abs. 2 BayBO).

Auf den weiteren Inhalt des Baugenehmigungsbescheides des Landratsamtes ... vom 22. Mai 2015 wird ergänzend verwiesen.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 22. Juni 2015 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben mit dem Antrag, die Baugenehmigung vom 22. Mai 2015 aufzuheben (Az. Au 5 K 15.881). Über diese Klage ist noch nicht entschieden worden.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 22. Juni 2015 hat die Antragstellerin im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 22. Mai 2015 anzuordnen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen vorgetragen, dass die Antragstellerin Alleinerbin nach dem Eigentümer ... der ursprünglichen Fl.Nr. ... der Gemarkung ... sei. Die Ausnahme hinsichtlich der Festsetzungen des Bebauungsplanes zur Höhe des Bauvorhabens beeinträchtige die Antragstellerin in ihren Rechten als Nachbarin. Der Bau sei zivilrechtlich unzulässig. Der Bau solle auf einem Grundstück erfolgen, zu dessen Rückgabe die Stadt ... verpflichtet sei. Da damit feststehe, dass der Bau auf zukünftig fremdem Grund erfolgen solle, sei der Bescheid aufzuheben. Die Verlegung des ... an die Grundstücksgrenze des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... verletze die Antragstellerin in ihren Nachbarrechten. Es seien Überschwemmungen/Durchfeuchtungen ihres angrenzenden Eigentums zu befürchten.

Auf den weiteren Inhalt des Klage- und Antragsschriftsatzes vom 22. Juni 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Gegen die der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Gestattung zur Verlegung des ... ist beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg eine weitere Klage anhängig (Az. Au 3 K 15.1003).

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. Juni 2015 wurde die Bauherrin zum Verfahren notwendig beigeladen. Eine Äußerung der Beigeladenen ist im Verfahren nicht erfolgt.

Das Landratsamt ... ist für den Antragsgegner dem Antrag mit Schriftsatz vom 14. Juli 2015 entgegengetreten und beantragt,

den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Der Antrag sei zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Erteilung einer Ausnahme sei im Bebauungsplan „...“ ausdrücklich vorgesehen. Inwieweit eine Beeinträchtigung der Rechte des Nachbarn vorliege, sei weder ausgeführt, noch begründet. Nachdem die erforderlichen Abstandsflächen eingehalten würden, sei - eine Rechtswidrigkeit unterstellt - auch nicht ersichtlich, wie eine solche den Nachbarn in seinen Rechten verletzen sollte. Die Baugenehmigung ergehe unbeschadet der privaten Rechte Dritter. Nachdem die Baugenehmigung grundstücks- und nicht eigentümerbezogen erteilt werde, sei die Frage des Eigentums zu vernachlässigen. Ob und wie der Bauherr von seiner Genehmigung Gebrauch machen könne, sei nicht Gegenstand der Baugenehmigung. Die Verlegung des ... sei bereits nicht Gegenstand der Baugenehmigung.

Auf den weiteren Inhalt des Antragserwiderungsschriftsatzes vom 14. Juli 2015 wird ergänzend verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ der Stadt ... sowie vom Antragsgegner vorgelegten Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80 a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 22. Juni 2015 (Az. Au 5 K 15.881), gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Antragsgegners vom 22. Mai 2015. Mangels aufschiebender Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung (§ 212 a Abs. 1 BauGB i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) kann das Gericht der Hauptsache nach § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage aufgrund einer eigenen Ermessensentscheidung ganz oder teilweise anordnen. Hierzu hat das Gericht eine Interessensabwägung vorzunehmen. Insoweit stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn und das Interesse des Bauherrn, von der Baugenehmigung sofort Gebrauch zu machen, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Deshalb ist bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs abzustellen. Dies gilt ungeachtet des durch die Bestimmung in § 212 a BauGB veränderten Ansatzes der gerichtlichen Prüfung (vgl. BayVGH, B. v. 21.12.2001 - 15 ZS 01.2570 - BayVBl. 2003, 48 ff.). Fällt die Erfolgsprognose zugunsten des Nachbarn aus, erweist sich also nach summarischer Prüfung die angefochtene Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (BayVGH, B. v. 12.4.1991 - 1 CS 91.439 - BayVBl. 1991, 720 ff.). Erscheint der Nachbarrechtsbehelf dagegen als offensichtlich aussichtslos, ist der Rechtsschutzantrag abzulehnen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, findet eine reine Interessenabwägung statt (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 152 ff.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage nicht durchdringen, weil die Baugenehmigung vom 22. Mai 2015 nach der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmenden vorläufigen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften verletzt, die - zumindest auch - dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Es bestehen keine hinreichend gewichtigen Zweifel an der nachbarrechtlichen Unbedenklichkeit der erteilten Baugenehmigung, die es trotz der gesetzlichen Regelung in § 212 a Abs. 1 BauGB rechtfertigen könnten, die Umsetzung der Baugenehmigung zu hindern.

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu. Er kann eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Drittschutz vermittelt (vgl. BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Ein derartiger Fall ist bei summarischer Überprüfung von Sach- und Rechtslage vorliegend nicht gegeben.

1. Soweit die Antragstellerin darauf verweisen lässt, dass das streitgegenständliche Bauvorhaben auch auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... errichtet werden soll, für welches ihr gegenüber der Stadt ... ein zivilrechtlicher Rückübertragungsanspruch zustehe, ist dieser Umstand nicht geeignet, einen Erfolg des Antrages zu begründen. Dem im Verfahren vorgelegten und sich in den Akten befindlichen (Behördenakte Bl. 33 bis 39) notariellen Kaufvertrag vom 27. Juli 2006 ist bereits nicht zu entnehmen, dass ein die Weiterveräußerung des Grundstücks einschränkender Verwendungszweck bzw. eine Rückübertragungsverpflichtung der Stadt ... enthalten wäre. Letztlich bedarf dies jedoch keiner vertiefenden Betrachtung.

Ob eine angefochtene Baugenehmigung den Nachbarn in seinen Rechten verletzt, beurteilt sich nämlich grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung. Nur nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn sind zu berücksichtigen. Änderungen zu seinen Lasten haben außer Betracht zu bleiben (BVerwG, B. v. 8.11.2010 - 4 B 43/10 - BauR 2011, 499 f.). Sowohl zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung (22. Mai 2015) als auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist nach wie vor die Beigeladene aufgrund des am 20. März 2015 mit der Stadt ... geschlossenen notariellen Kaufvertrages über sämtliche Baugrundstücke Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... Etwaige zukünftige Veränderungen bezüglich des Eigentums der betroffenen Baugrundstücke haben nach den dargestellten Grundsätzen unberücksichtigt zu bleiben. Hieran vermag auch die mit Schriftsatz vom 9. Juni 2015 beim Landgericht ... - Zivilkammer - anhängig gemachte Klage nichts zu ändern. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 4 BayBO unbeschadet der privaten Rechte Dritter ergeht. Auf diesen Umstand wurde in der streitgegenständlichen Baugenehmigung unter Ziffer 1.8 ausdrücklich hingewiesen.

2. Auch eine sonstige Verletzung nachbarlicher Rechte der Antragstellerin in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin im Eigentum des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ..., welches an das Baugrundstück Fl.Nr. ... unmittelbar angrenzt und die Nachbareigenschaft der Antragstellerin begründet, vermag die Kammer nicht zu erkennen.

Zwar hat das Landratsamt ... in seinem Genehmigungsbescheid vom 22. Mai 2015 bei der Erteilung der Ausnahme im Hinblick auf die Höhe der verfahrensgegenständlichen Kommissionierhalle keine nach § 31 Abs. 1 BauGB erforderliche Ermessensentscheidung getroffen. Allein die fehlende behördliche Ermessensentscheidung führt allerdings nicht zu einer Rechtsverletzung der Antragstellerin (vgl. BayVGH, U. v. 16.1.2014 - 9 B 10.2528 - BayVBl. 2014, 602 ff.). Eine Verletzung nachbarlicher Rechte käme hier nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen der ausnahmsweisen Zulässigkeit des Vorhabens nicht gegeben wären (vgl. BayVGH, U. v. 16.1.2014 - a. a. O.; B. v. 30.4.2008 - 15 ZB 07.2914 - juris Rn. 10; VG Augsburg, U. v. 29.11.2012 - Au 5 K 11.1606 - juris).

Wann eine Ausnahme von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes in Betracht kommt, richtet sich nach § 31 Abs. 1 BauGB. Danach können von den Festsetzungen des Bebauungsplanes solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

Hinsichtlich des Nachbarschutzes im Rahmen des § 31 Abs. 1 BauGB ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden oder von nicht drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplanes befreit wird. Rechte der Nachbarn können durch eine Ausnahme zunächst dann verletzt werden, wenn eine nach dem Bebauungsplan nicht zulässige Ausnahme von einer nachbarschützenden Festsetzung erteilt wird. Grundsätzlich muss jeder Eigentümer eines Grundstücks im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes nämlich damit rechnen, dass auf einem benachbarten Grundstück ein Bauvorhaben verwirklicht werden kann, das nach dem Bebauungsplan als Ausnahme zulässig ist. Die durch den Bebauungsplan begründete Sozialpflichtigkeit und Situationsgebundenheit des Grundstücks hat somit zur Folge, dass nicht nur die im Bebauungsplan vorgesehene Regelbebauung, sondern auch die im Bebauungsplan zugelassenen Ausnahmen hingenommen werden müssen. Die Ausnahme von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung des Bebauungsplanes kann Rechte der Nachbarn nur im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme verletzen (vgl. zum Ganzen Dürr in Brügelmann, Baugesetzbuch, Band 2, Stand: Oktober 2014, § 31 Rn. 24 m. w. N.).

Die vom Antragsgegner im streitgegenständlichen Bescheid vom 22. Mai 2015 zugelassene Ausnahme von der Höhe des Bauvorhabens auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 BauGB betrifft das Maß der baulichen Nutzung. Gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 4, § 18 BauNVO kann das Maß der baulichen Nutzung u. a. bestimmt werden durch die Festsetzung der zulässigen Höhe baulicher Anlagen. Grundsätzlich kommt dem Maß der baulichen Nutzung, sei es im Geltungsbereich von Bebauungsplänen oder im Rahmen von § 34 Abs. 1, 2 BauGB, keine nachbarschützende Funktion zu (vgl. grundlegend BVerwG, B. v. 23.6.1995 - 4 B 52/95 - NVwZ 1996, 170 f.). Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung im Bebauungsplan werden grundsätzlich ausschließlich im öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Fortentwicklung der städtebaulichen Ordnung erlassen und sind nicht (auch) dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt (Dirnberger in Simon/Busse, Stand: Oktober 2014, Art. 66 Rn. 356). Vorliegend ist den maßgeblichen textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ der Stadt ... in § 5 zu entnehmen, dass bauliche Anlagen im Bereich des Industriegebiets eine Höhe von 10 m nicht übersteigen dürfen. Der Bebauungsplan sieht in Satz 2 des § 5 jedoch eine Ausnahme für Fälle vor, in denen eine betriebstechnische Notwendigkeit für eine größere Höhe der baulichen Anlage besteht und das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird. Die in den textlichen Festsetzungen ausdrücklich vorgesehene Ausnahme, mit der die im Plangebiet gelegenen Grundstücke im Sinne eines Austauschverhältnisses jeweils wechselseitig begünstigt und belastet werden, sieht insoweit explizit eine planerische Durchbrechung der vorgesehenen Regelbebauung vor, die auch vom betroffenen Nachbarn hinzunehmen ist.

Eine Unzumutbarkeit, die eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zugunsten der Antragstellerin begründen könnte, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Inwieweit die mit der verfahrensgegenständlichen Baugenehmigung der Beigeladenen gestattete Überschreitung der grundsätzlichen Maximalhöhe baulicher Anlagen von 10 m im betreffenden Industriegebiet für die Antragstellerin unzumutbare Folgen haben könnte, wird auch von der Antragstellerin in deren Antrags- bzw. Klagebegründung nicht ansatzweise aufgezeigt. Eine solche Unzumutbarkeit drängt sich für das Gericht auch nicht auf, zumal das betroffene Grundstück mit der Fl.Nr. ... der Gemarkung ... derzeit unbebaut ist. Überdies hält das Bauvorhaben nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung der genehmigten Planunterlagen zum Grundstück der Antragstellerin hin die nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen ein.

Hält ein Bauvorhaben den bauordnungsrechtlich für eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung erforderlichen Abstand zu den Nachbargrundstücken ein, ist regelmäßig insoweit darüber hinaus für das Gebot der Rücksichtnahme grundsätzlich kein Raum mehr. In Bezug auf eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung ist das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme vom Landesgesetzgeber in den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften konkretisiert worden (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91 - BVerwGE 94, 151 ff.), die im streitgegenständlichen Verfahren auch seitens der Bauaufsichtsbehörde geprüft worden sind, da ein Sonderbau (Art. 2 Abs. 4 BayBO) der Beigeladenen zur Genehmigung stand.

Hinsichtlich der im streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheid ebenfalls erteilten Befreiung des Bauvorhabens wegen der Überschreitung der Baugrenzen im Bebauungsplan „...“ (Ziffer 2. des Bescheids) auf der Grundlage von § 31 Abs. 2 BauGB, § 23 Abs. 1 BauNVO fehlt jeglicher Vortrag einer nachbarlichen Beeinträchtigung der Antragstellerin.

Soweit diese auf eine Grundstücksbeeinträchtigung in Gestalt von Vernässungen und Durchfeuchtungen als Folge der notwendig werdenden Verlegung des ... verweisen lässt, ist die wasserrechtliche Beurteilung der Verlegung dieses Gewässers bereits nicht Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung. Eine Verletzung von Nachbarrechten durch die angefochtene Baugenehmigung kommt aber nur insoweit in Betracht, als die gerügte Rechtsverletzung auch Gegenstand des Prüfprogramms im Baugenehmigungsverfahren war (vgl. BayVGH, B. v. 10.10.2013 - 15 ZB 11.1480 - juris Rn. 9). Da die Verlegung des ... einer gesonderten wasserrechtlichen Erlaubnis bedarf, liegt auch kein Fall von Art. 60 Satz 1 Nr. 3 BayBO vor, wonach die Bauaufsichtsbehörde bei Sonderbauten auch andere öffentlich-rechtliche Anforderungen prüft, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird. Da mithin die verfahrensgegenständliche Baugenehmigung keine Aussage zur wasserrechtlichen Zulässigkeit der Verlegung des Grabens enthält, geht der entsprechende Vortrag der Antragstellerin im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Baugenehmigung ins Leere. Die Frage, ob die Antragstellerin durch die der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Gestattung zur Verlegung des ... in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist, bleibt dem anhängigen wasserrechtlichen Klageverfahren vorbehalten (Az. Au 3 K 15.1003).

Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung kommt das Gericht daher zu dem Ergebnis, dass dem Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung ihrer Baugenehmigung der Vorrang vor dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin einzuräumen ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Klage der Antragstellerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ohne Erfolg bleiben wird. Zum anderen spricht hierfür die gesetzliche Wertung in § 212 a Abs. 1 BauGB, mit der der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hat, dass er den Interessen des jeweiligen Bauherrn als Genehmigungsinhaber grundsätzlich ein besonderes Gewicht beimisst.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als im Verfahren unterlegen hat die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da die Beigeladene sich ohne eigene Antragstellung keinem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlich entstandenen Aufwendungen selbst zu tragen hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der in der Hauptsache gebotene Streitwert in Höhe von 7.500,- EUR war im Rahmen des Verfahrens vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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published on 16/01/2014 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Beigeladene hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. IV. Die Revision wird nicht
published on 08/11/2010 00:00

Gründe I. 1 Die Beklagte hat dem Beigeladenen am 6. März 2007 eine Baugenehmigung mit d
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published on 11/12/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. III. Der Streitwert wird auf Euro 7.500,- festgesetz
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Wird im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung dargestellt, genügt die Angabe der Geschossflächenzahl, der Baumassenzahl oder der Höhe baulicher Anlagen.

(2) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung bestimmt werden durch Festsetzung

1.
der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
der Geschossflächenzahl oder der Größe der Geschossfläche, der Baumassenzahl oder der Baumasse,
3.
der Zahl der Vollgeschosse,
4.
der Höhe baulicher Anlagen.

(3) Bei Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan ist festzusetzen

1.
stets die Grundflächenzahl oder die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
die Zahl der Vollgeschosse oder die Höhe baulicher Anlagen, wenn ohne ihre Festsetzung öffentliche Belange, insbesondere das Orts- und Landschaftsbild, beeinträchtigt werden können.

(4) Bei Festsetzung des Höchstmaßes für die Geschossflächenzahl oder die Größe der Geschossfläche, für die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen im Bebauungsplan kann zugleich ein Mindestmaß festgesetzt werden. Die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen können auch als zwingend festgesetzt werden.

(5) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung für Teile des Baugebiets, für einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile und für Teile baulicher Anlagen unterschiedlich festgesetzt werden; die Festsetzungen können oberhalb und unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden.

(6) Im Bebauungsplan können nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung vorgesehen werden.

(1) Bei Festsetzung der Höhe baulicher Anlagen sind die erforderlichen Bezugspunkte zu bestimmen.

(2) Ist die Höhe baulicher Anlagen als zwingend festgesetzt (§ 16 Absatz 4 Satz 2), können geringfügige Abweichungen zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.