Verwaltungsgericht Arnsberg Gerichtsbescheid, 01. Sept. 2016 - 9 K 2666/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand:
2Der Kläger studiert seit 2008 bei der Beklagten im Studiengang „Bachelor of Laws“.
3Am 28. September 2011 schrieb der Kläger im Fach „Internes Rechnungswesen und funktionale Steuerung“ eine Prüfungsklausur, die er ebenso wie den Wiederholungsversuch am 28. März 2012 nicht bestand.
4Unter dem 11. Dezember 2012 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er am 27. November 2012 die Diagnose erhalten habe, dass er unter „der Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität, ADS“ leide. Er beantrage „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ und die Aufhebung bzw. Abänderung der Ergebnisse von Klausuren, die er nicht bestanden habe. Mit weiteren Schreiben vom 13. Dezember 2012 bat er, den Antrag als Rücktritt zu verstehen.
5Den letzten Prüfungsversuch im Fach „Internes Rechnungswesen und funktionale Steuerung“ am 25. September 2013 bestand der Kläger nach dem Notenbescheid vom 25. Oktober 2013 ebenfalls nicht. In Notenbescheid hieß es weiter: „ Sie haben zu diesem Modul alle Wiederholungsversuche ausgeschöpft. Zu diesem Modul können keine weiteren Klausurversuche mehr unternommen werden.“
6Hiergegen legte der Kläger unter dem 18. November 2013 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er sich darauf berief, der Notenbescheid habe nicht berücksichtigt, dass „der Widersprechende wirksam den Rücktritt gegen die nicht bestandenen Klausuren erklärt“ habe, so dass nicht alle Prüfungsversuche ausgeschöpft seien. Im Übrigen berief er sich erneut auf die entdeckte ADS-Erkrankung.
7Mit Bescheid vom 30. Januar 2014 wies das Prüfungsamt der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Beklagten den Widerspruch gegen den Notenbescheid vom 25. Oktober 2013 zurück und führte zur Begründung u. a. aus, dass die ADS-Erkrankung kein Rücktrittsgrund sei. Der Kläger könne mit dieser Begründung nicht wirksam von nicht bestandenen Prüfungen zurücktreten.
8Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 28. Februar 2014 die verwaltungsgerichtliche Klage. Das Verfahren endete unstreitig, nachdem der Beklagte den Bescheid vom 30. Januar 2014 mit Bescheid vom 2. April 2015 wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben hatte.
9Mit Bescheid vom 13. Juli 2015 teilte der Vorsitzende der Prüfungsausschüsse der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Beklagten dem Kläger mit, dass der Prüfungsausschuss beschlossen habe, die Anträge des Klägers auf nachträglichen Rücktritt von Klausuren bzw. Wiederaufnahme des Verfahrens abzuweisen, und verwies zur Begründung auf eine Stellungnahme von Frau B. , die der Prüfungsausschuss sich zu eigen gemacht habe. Die Stellungnahme verwies auf die Rechtsprechung, der zufolge eine ADS/ ADHS-Erkrankung im Erwachsenenalter keine prüfungsrechtliche Relevanz habe, weil es sich um ein Dauerleiden handele, das als persönlichkeitsbedingte Eigenschaft die Leistungsfähigkeit des Prüflings dauerhaft präge und nicht durch den Einsatz von Hilfsmitteln ausgeglichen werden könne. Die Rechtsmittelbelehrung enthielt den Hinweis, dass gegen den Bescheid die Klage vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg erhoben werden könne.
10Mit weiterem Bescheid vom 13. Juli 2015 teilte der Vorsitzende dem Kläger ebenfalls mit, dass auch der Widerspruch gegen den Notenbescheid vom 25. Oktober 2015 aufgrund der Entscheidung des Prüfungsausschusses zurückgewiesen werde. Zur Begründung werde auf die beigefügten Stellungnahmen von Frau B1. vom Prüfungsamt Rechtswissenschaft und von den Prüfern G. , P. und T. verwiesen.
11Gegen den Bescheid vom 13. Juli 2015 hinsichtlich des Rücktritts/ der Wiederaufnahme, der am 20. Juli 2015 bei den Prozessbevollmächtigten des Klägers einging, legte der Kläger unter dem 23. Juli 2015 Widerspruch ein.
12Am 17. August 2015 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 25. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2015 Klage erhoben. Am 19. August 2015 hat der Kläger seine Klage erweitert und auch gegen den Bescheid vom 13. Juli 2015 hinsichtlich der Ablehnung des Rücktritts Klage erhoben. Zur Begründung verweist er erneut auf seine ADS-Erkrankung und meint, dass diese Erkrankung mit Medikamenten und Therapien gut behandelbar sei und Beeinträchtigungen so erheblich gemindert werden könnten. Seit Stellung der Diagnose werde er medikamentös mit Ritalin behandelt und werde seit Frühjahr 2013 durch die Diplom-Psychologin Weiler betreut. Seitdem erlebe er erste Erfolgserlebnisse und sei in der Lage, einem Gedanken zu folgen. Er lerne seit der Diagnose erstmals, richtig zu lernen, und habe seine persönliche Leistung bereits verbessern können.
13Der Kläger beantragt,
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1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Juli 2015 (Ablehnungsbescheid) zu verpflichten, den Rücktritt des Klägers von den Klausuren am 28. September 2011 sowie am 28. März 2012 im Fach „Internes Rechnungswesen und funktionale Steuerung“ zu genehmigen und dem Kläger zwei weitere Wiederholungsprüfungen im Fach „Internes Rechnungswesen und funktionale Steuerung“ zu gewähren,
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2. den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie meint, dass dem Kläger weder Rücktritt von den bezeichneten Modulklausuren noch zwei weitere Wiederholungsprüfungen gewährt werden können , und vertieft zur Begründung im wesentlichen ihre Ansicht, dass eine Aufmerksamkeits-/ Hyperaktivitätsstörung im Erwachsenenalter ein persönlichkeitsbedingtes Dauerleiden sei, das Mitbestandteil des durch die Prüfung zu belegenden Leistungsbildes des Prüflings sei.
21Die Kammer hat mit Beschluss vom 19. Oktober 2014 ‑ 9 L 1161/15 ‑ einen Eilantrag des Klägers zurückgewiesen, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Kläger vorläufig für die Klausur „Internes Rechnungswesen und funktionale Steuerung“ zuzulassen. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die dagegen erhobene Beschwerde des Klägers mit Beschluss vom 3. Dezember 2015 ‑ 14 B 1292/15 ‑ zurückgewiesen.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die Gerichtsakten 9 K 604/14 und 9 L 1161/15 sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (vgl. § 84 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑).
25Die Klage hat keinen Erfolg.
26Der Klageantrag zu 1. ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO jedenfalls unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten zur Genehmigung des Rücktritts von den Klausuren vom 28. September 2011 und vom 28. März 2012 im Fach „Internes Rechnungswesen und funktionale Steuerung“ mit den Folgen, dass der Prüfungsanspruch wieder aufleben würde und der Kläger die beiden Klausuren wiederholen könnte. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2015 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
27Rechtsgrundlage für die Genehmigung des Rücktritts ist sowohl hinsichtlich der Klausur vom 28. September 2011 als auch hinsichtlich der Klausur vom 28. März 2012 § 8 Abs. 2 Satz 4 der Prüfungsordnung für den Studiengang Bachelor of Laws an der Beklagten vom 31. Oktober 2003 in der Fassung der Änderung vom 1. August 2011 (in Kraft ab dem 16. September 201; im folgenden: BPO). Nach dieser Vorschrift entscheidet der Prüfungsausschuss über die Anerkennung der Gründe und teilt seine Entscheidung dem Prüfling schriftlich mit. Werden die Gründe anerkannt, wird gemäß Satz 5 der Vorschrift ein neuer Termin festgesetzt. Die bereits vorliegenden Prüfungsergebnisse sind in diesem Fall gemäß Satz 6 der Vorschrift mitzurechnen. Nach Beginn der Frist von einer Woche vor dem Prüfungstermin müssen die für den Rücktritt oder das Versäumnis geltend gemachten Gründe dem Prüfungsausschuss unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht werden; bei Krankheit des Prüflings kann die Vorlage eines ärztlichen Attestes verlangt werden (§ 8 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 BPO).
28Es muss nicht geklärt werden, ob der Kläger im Zeitpunkt der beiden Prüfungen tatsächlich prüfungsunfähig war, weil die geltend gemachte ADS/ ASHD-Erkrankung das Stadium zur prüfungsrechtlich relevanten Krankheit überschritten hatte.
29Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 3. Dezember 2015 ‑ 14 B 1292/15 ‑.
30Es kann ebenfalls dahinstehen, ob der Kläger den Rücktritt von diesen Klausuren unverzüglich erklärt hat. Er wurde über die Diagnose „ADS-Erkrankung“ am 27. November 2012 unterrichtet. Den Rücktritt von „allen“ Prüfungen erklärte er der Antragsgegnerin gegenüber am 11. bzw. 13. Dezember 2012. Denn jedenfalls litt der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Prüfungen nicht unter einer Gesundheitsstörung, die als prüfungsrechtlich erheblicher Rücktrittsgrund anzuerkennen wäre.
31Krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit liegt vor, wenn die zu prüfende Leistungsfähigkeit des Kandidaten durch eine Gesundheitsstörung erheblich beeinträchtigt oder gemindert ist.
32Vgl. u.a. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 30. August 1977 ‑ VII C 50.76 ‑, juris, Rn. 11; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH BW), Beschluss vom 2. April 2009 – 9 S 502/09 -, juris, Rn. 3.
33Die Annahme einer den Rücktritt rechtfertigenden Prüfungsunfähigkeit scheidet aus, wenn die Beeinträchtigung auf einer in der Person des Prüflings liegenden generellen Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit beruht. Derartige „Dauerleiden“ prägen als persönlichkeitsbedingte Eigenschaften das normale Leistungsbild des Prüflings und können auch bei Berücksichtigung des in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verankerten prüfungsrechtlichen Grundsatzes der Chancengleichheit nicht berücksichtigt werden. Es handelt sich nämlich um eine krankheitsbedingt generelle und damit zur Person des Prüflings gehörende Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit.
34Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 1985 – 7 B 210.85 -, juris, Rn. 6; OVG NRW, Urteil vom 3. November 2005 – 14 A 3101/03 -, juris, Rn. 33.
35Darauf, dass die durch das Dauerleiden bedingte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit im Zeitpunkt der Prüfung für den Prüfling nicht erkennbar war, kommt es nicht an.
36Vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 7
37Das Dauerleiden ist danach ein auf unbestimmte Zeit andauerndes, also ein nicht in absehbarer Zeit heilbares Leiden.
38Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 4. Oktober 2007 ‑ 7 ZB 07.2097 ‑, juris, Rn. 17; Sächsisches OVG, Beschluss vom 19. Dezember 2008 ‑ 4 B 187/07 ‑, juris, Rn. 6.
39Die Frage, ob eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu einer Prüfungsunfähigkeit im Rechtssinne führt, macht daher die Unterscheidung erforderlich, ob es sich um eine aktuelle und zeitweise Beeinträchtigung des Leistungsvermögens handelt oder ob die Leistungsminderung auf ein „Dauerleiden“ zurückgeht, dessen Behebung nicht in absehbarer Zeit erwartet werden kann und das deshalb auch bei der Feststellung der Leistungsfähigkeit des Prüflings berücksichtigt werden muss.
40Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1995 – 6 B 34.95 -, juris, Rn. 7; VGH BW, a. a. O., juris, Rn. 4.
41Maßgeblich für die Beurteilung des Leidens ist dabei sein Charakter im Zeitpunkt der Prüfung.
42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 1983 – 7 B 135.82 -, juris, Rn. 6; Sächsisches OVG, Beschluss vom 19. Dezember 2008 – 4 B 187/07 -, juris, Rn. 6; Verwaltungsgericht (VG) Dresden, Beschluss vom 2. Juli 2008 – 5 L 285/08 -, juris, Rn. 47.
43Bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS),
44das Syndrom wird häufig unzutreffend als „ADS“ abgekürzt, vgl. Stellungnahme zur „Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) - Langfassung - in: http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/ADHSLang.pdf, Anm. (2), Abruf: 31. August 2016; vgl. auch Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 266. Aufl., 2014,
45handelt es sich um eine psychische Störung mit den Leitsymptomen Unaufmerksamkeit, Überaktivität und Impulsivität, die in einem für den Entwicklungsstand des Betroffenen abnormen Ausmaß situationsübergreifend auftritt, vor dem 7. Lebensjahr beginnt, in mindestens zwei Lebensbereichen auftritt und zu deutlichen Funktionsbeeinträchtigungen führt. Häufige komorbide Störungen sind Lernstörungen, motorische Ungeschicklichkeit oder Sozialverhaltensstörung.
46Vgl. Pschyrembel, a. a. O., Stichwort: ADHS.
47Die ADHS ist eine häufige chronische Erkrankung des Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalters. Ihre psychopathologische Kernsymptomatik besteht in allen Lebensaltern aus den Syndromen Aufmerksamkeitsstörung, Impulsivität und Hyperaktivität. Während Impulsivität und Hyperaktivität im Verlauf eine rückläufige Tendenz erkennen lassen oder einem Symptomwandel unterliegen, bleiben die Aufmerksamkeitsstörungen bei Erwachsenen oft unverändert und sind meist mit desorganisiertem Verhalten vergesellschaftet. Bei der ADHS handelt es sich um ein genetisch besonders nachhaltig verankertes Störungsmuster, das mit strukturellen und funktionellen zerebralen Auffälligkeiten und mit Dysfunktionen in zerebralen Transmitterfunktionen einhergeht.
48Vgl. Rösler/Retz, Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Erwachsenenalter, Allgemeine Grundlagen, Epidemiologie, Psychopathologie, Klassifikation, Verlauf, Neurobiologie und soziale Adaptation, in: Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 2006, S. 77. (zit. nach http://econtent.hogrefe.com/doi/abs/10.1024/1661-4747.54.2.77?journalCode=ppp; Abruf: 31. August 2016 ).
49Hiervon ausgehend prägt die ADHS daher als persönlichkeitsbedingte Eigenschaft die Leistungsfähigkeit des Prüflings dauerhaft.
50Vgl. VG Arnsberg, Beschluss vom 19. September 2014 ‑ 9 L 899/14 ‑, juris, Rn. 34, VG Freiburg, Beschluss vom 30. August 2007 ‑ 2 K 1667/07 ‑, juris, Rn. 9.
51Bei Würdigung dieses Krankheitsbildes handelt es sich prüfungsrechtlich bei der Erkrankung des Klägers um ein Dauerleiden, das nicht den nachträglichen Rücktritt von Prüfungen rechtfertigt. Bei der „ADS im Erwachsenenalter“, die beim Kläger diagnostiziert wurde, muss von einem im Zeitpunkt der fraglichen Prüfungen bestehenden Dauerleiden ausgegangen werden, dessen Behebung gemäß den vorgelegten Attesten nicht in absehbarer Zeit erwartet werden kann. Ob ein Dauerleiden oder Prüfungsunfähigkeit im prüfungsrechtlichen Sinne besteht, ist eine Rechtsfrage, die vom Gericht anhand der Befunde der Sachverständigen zu entscheiden ist, nicht hingegen eine allein in die Zuständigkeit des Arztes fallende Frage.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. August 1996 – 6 B 17.96 -, juris,Rn. 6; VG Dresden, Beschluss vom 2. Juli 2008 – a. a. O.
53Die vorgelegten Atteste sprechen dafür, dass die ADS- /ADHS-Erkrankung des Klägers ‑ jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Ablegung der hier streitigen Prüfungsleistungen als Dauerleiden einzustufen war. Es bestand keine Aussicht darauf, dass die Erkrankung in absehbarer Zeit von selbst hätte abklingen können oder heilbar war. Der Facharzt N. verweist in seinem Attest vom 10. Januar 2013 nur darauf, dass „erfahrungsgemäß“ 80 % der Patienten durch die medikamentöse Therapie eine „deutliche Besserung“ bekämen; aus medizinischer Sicht bestehe daher „eine große Möglichkeit“, dass der Kläger sein Studium deutlich besser meistern könne als bisher. Damit beschreibt der Arzt lediglich eine vage Vermutung dahingehend, dass die diagnostizierte Erkrankung des Klägers sich im Falle der medikamentösen Therapie künftig bessern könne. Die Ärztin T1. spricht ebenfalls nur davon, es bestehe „aus medizinischer Sicht … eine große Möglichkeit, dass Herr S. sein Studium jetzt deutlich besser meistern kann als bisher“. Der Charakter der Erkrankung des Klägers als Dauerleiden, dessen „Heilung“ nach ärztlicher Darstellung im Zeitpunkt der hier streitigen Prüfungsleistungen nicht absehbar und daher spekulativ war, wird dadurch nicht in Frage gestellt, sondern gerade betont. Lag aber beim Kläger im Zeitpunkt der hier streitigen Prüfungsleistungen eine dauerhafte krankheitsbedingte Einschränkung der gedanklichen (geistigen) Leistungsfähigkeit in Form eines Dauerleidens vor, die als persönlichkeitsbedingte Eigenschaft seine Leistungsfähigkeit an sich prägt und die sich auf die durch die Prüfung festzustellende Leistungsfähigkeit bezieht, dann war diese Einschränkung Mitbestandteil seines durch die Prüfungen zu belegenden Leistungsbilds. Wenn sich eine solche generelle Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Prüfungsergebnis negativ niederschlägt, führt dies nicht zur Verfälschung des Aussagewerts des Prüfergebnisses,
54VG Arnsberg, a. a. O.; vgl. auch: VG München, Beschluss vom 21. März 2014 - M 21 E 14.1168 ‑, juris, Rn. 34.
55und kann daher auch keinen Anspruch auf Rücktritt von der Prüfung begründen.
56Der Kläger hat nichts Durchgreifendes hiergegen eingewandt. Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass auch mit dem Attest des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie N. vom 11. Dezember 2015 und der Stellungnahme der Psychologischen Psychotherapeutin X. vom 17. März 2016 nicht dargetan ist, dass es sich bei der nach Absolvierung der Prüfungen diagnostizierten Erkrankung des Klägers nicht um ein im Zeitpunkt dieser Klausuren bestehendes Dauerleiden nach den aufgezeigten rechtlichen Maßstäben gehandelt hat. Der Umstand, dass die Erkrankung im Zeitpunkt der fraglichen Prüfungen „unentdeckt“ war, schließt ihren Charakter als Dauerleiden im Sinne einer persönlichkeitsbedingten und damit prüfungsunerheblichen Eigenschaft des Klägers gerade nicht aus. Denn solange es sich nicht um eine Erkrankung handelt, die nach dem Stande der Wissenschaft nicht innerhalb überschaubarer Zeit von selbst abklingen kann, spielt es für ihren Charakter als Leiden mit nicht absehbarer Dauer keine Rolle, ob sie im Zeitpunkt der Prüfung bereits diagnostiziert war oder nicht. Unbeschadet dessen war der Behandlungserfolg der Erkrankung dem Attest des Herrn N. vom 10. Januar 2013 zufolge auch nach ihrer Diagnostizierung noch unsicher. Dies alles unterstreicht den Charakter der Erkrankung als Dauerleiden.
57Auch der Klageantrag zu 2. bleibt erfolglos.
58Er ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO jedenfalls unbegründet. Denn der Notenbescheid vom 25. Oktober 2013 und der Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2015 sind jedenfalls rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die ‑ nach Auslegung des klägerischen Begehren, vgl. § 88 VwGO hier allein angefochtene ‑ Feststellung in dem angefochtenen Notenbescheid, dass alle Wiederholungsversuche ausgeschöpft sind und keine weiteren Klausurversuche mehr unternommen werden können, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
59Gemäß § 13 Abs. 6 Sätze 1 und 2 BPO kann eine nichtbestandene Modulabschlussprüfung zweimal wiederholt werden, wobei die zweite Wiederholungsklausur von zwei Prüfenden zu bewerten ist. Danach steht dem Kläger kein weiterer Prüfungsversuch zu, weil er alle drei Prüfungsversuche in dem streitigen Modul ausgeschöpft und keinen Anspruch auf einen Wiederholungsversuch hat.
60Dem Kläger steht kein Versuch der Wiederholung des ersten und zweiten Prüfungsversuches zu. Die nicht ausreichenden Notenfestsetzungen beider Versuche sind unstreitig bestandskräftig geworden. Der Kläger kann auch von diesen Prüfungen nicht zurücktreten, wie bereits zum Klageantrag zu 1. ausgeführt wurde.
61Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Wiederholung der zweiten Wiederholungsklausur. Denn er hat keinen Rechtsfehler aufgezeigt, der zu einem Wiederholungsanspruch führen könnte.
62Rechtsgrundlage der Notenfestsetzung ist § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 BPO. Danach wird eine Modulabschlussklausur, bei der bis zu 49 Punkte erzielt wurden, mit der Note 5,0 (nicht ausreichend) bewertet. Der Kläger hat in der streitigen Klausur vom 25. September 2013 30 Punkte erzielt. Die Notenfestsetzung, die durch zwei Prüfer erfolgte, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keine ‑ allein einen Wiederholungsversuch rechtfertigenden ‑ Fehler bei der Ermittlung seiner Prüfungsleistung aufgezeigt; inhaltlich hat der Kläger die Prüfungsbewertung nicht angegriffen.
63Der Kläger kann zunächst nicht geltend machen, dass die Klausurteilnahme wegen seiner „ADS“-Erkrankung verfahrensfehlerhaft sei und er diese Klausur deshalb wiederholen dürfe.
64Mängel des Prüfungsverfahrens bleiben in der Regel folgenlos, soweit der zur Mitwirkung an einer fehlerfreien Prüfungsgestaltung verpflichtete Prüfling eine ihm zumutbare und zeitnahe Rüge des Verfahrensfehlers unterlässt. Ein Prüfling, der sich auf die Beendigung einer Prüfung trotz eines von ihm erkannten Verfahrensfehlers ‑ womöglich aus taktischen Erwägungen ‑ einlässt und zunächst die Bewertung abwartet, muss die Folgen dafür in Kauf nehmen und kann diesen Mangel des Prüfungsverfahrens ‑ unabhängig davon, ob er vorliegt oder nicht ‑ später nicht mehr geltend machen.
65Vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl., 2014, Rn. 213 ff., 487.
66Danach kann der Kläger sich nicht mit Erfolg auf eine Erkrankung während der Absolvierung der Prüfungsklausur vom 25. September 2013 berufen. Die ADS /ADHS-Erkrankung war ihm seit dem 27. November 2012 bekannt. Die Teilnahme an dieser Klausur trotz Kenntnis von der Erkrankung schließt die nachmalige Geltendmachung eines Verfahrensfehlers aus und lässt abgesehen davon nur den Schluss zu, dass der Kläger selbst in diesem Zeitpunkt keinen auszugleichenden Nachteil mehr gesehen hat, sondern offenbar glaubte, die Prüfungsleistung wie gefordert erbringen zu können.
67Ein Anspruch auf Wiederholung der zweiten Wiederholungsprüfung besteht auch nicht, weil der Kläger nicht wirksam von der Klausur am 25. September 2013 zurückgetreten ist. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BPO müssen die für den Rücktritt geltend gemachten Gründe dem Prüfungsamt unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht werden. Jedenfalls kommt ein wirksamer Rücktritt des Klägers vom Prüfungsversuch am 25. September 2013 schon mangels unverzüglicher Erklärung des Rücktritts nicht in Betracht. Auch ohne ausdrückliche Normierung ist geltender Grundsatz, dass ein Prüfungsrücktritt unverzüglich zu erklären ist.
68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 14 E 421/12 -, juris, Rn. 6 ff., m. w. N.; Niehues/Fischer/Jeremias, a. a. O., Rn. 282 f..
69Um sich erfolgreich auf Prüfungsunfähigkeit berufen zu können, hat der Prüfling in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob er den Rücktritt erklären will oder nicht, wenn ihm krankheitsbedingte Symptome aufgefallen sind.
70Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 6. August 1996 - 6 B 17.96 -, juris, Rn. 6.
71Es ist Sache des Prüflings, sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungsfähigkeit durch außergewöhnliche Umstände, insbesondere durch Krankheit, erheblich beeinträchtigt ist, und bejahendenfalls daraus unverzüglich die in der jeweiligen Prüfungsordnung vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen, und zwar bei krankheitsbedingter Prüfungsunfähigkeit grundsätzlich vor Beginn der Prüfung. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass an die Unverzüglichkeit der Geltendmachung einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit nach Abschluss der Prüfung ein strenger Maßstab anzulegen ist. Denn nur ein solcher Maßstab kann Missbräuche des Rücktrittsrechts mit dem Ziel der Verbesserung der Prüfungschancen verhindern. Dabei wird es meist als ein besonders starkes Indiz für einen Missbrauch des Rücktrittsrechts zu werten sein, wenn der Prüfling mit der Geltendmachung der Prüfungsunfähigkeit gewartet hat, bis ihm das Scheitern in der Prüfung bekanntgegeben worden war.
72OVG NRW, Beschluss vom 18. September 2013 – 14 B 982/13 – juris, Rn. 6.
73Die Anlegung dieses strengen Maßstabes ist mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar. Zum einen soll verhindert werden, dass der betroffene Prüfling, indem er in Kenntnis der Erkrankung und ihrer Auswirkungen zunächst die Prüfung fortsetzt und das Prüfungsergebnis abwartet, sich eine ihm nicht zustehende weitere Prüfungschance verschafft, was im Verhältnis zu den anderen Prüflingen den Grundsatz der Chancengleichheit verletzen würde. Zum anderen dient die Obliegenheit, den Rücktritt unverzüglich zu erklären, dazu, der Prüfungsbehörde eine eigene, möglichst zeitnahe Überprüfung mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Aufklärung zu ermöglichen, und zwar auch dies zum Zweck der Wahrung der Chancengleichheit mit den anderen Prüflingen.
74Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Dezember 2012 - 14 E 1040/12 -, juris, Rn. 7 f., und vom 7. November 2012 - 14 A 2325/11 -, juris, Rn. 6 ff.
75Danach hat der Kläger einen Rücktritt ‑ unterstellt, dass er ihn ggf. mit dem Widerspruch vom 18. November 2013 sinngemäß erklärt hat ‑ jedenfalls nicht rechtzeitig erklärt, weil er ihn nicht vor bzw. spätestens während der zweiten Wiederholungsprüfung erklärt hat. Soweit der Kläger sich in seiner Widerspruchsbegründung vom 20. Dezember 2013 auf seinen unter dem „11./13.12.2013“ (gemeint offenbar: 11. und 13. Dezember 2012) erklärten „Rücktritt gegen die nicht bestandenen Klausuren“ auch für die zweite Wiederholungsprüfung berufen haben sollte, dringt er damit nicht durch, weil ein für künftige nicht bestandene Prüfungsleistungen pauschal erklärter Rücktritt jedenfalls ins Leere geht.
76Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
77Die Kammer sieht von einer Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO ab, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.
78Ferner hat die Kammer am selben Tage ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter
79beschlossen:
80Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes und in der Höhe der Nr. 36.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit folgend mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auf 15.000,00 EUR festgesetzt, wobei für die Genehmigungen des Rücktritts von zwei Klausuren und die Anfechtung der Note des zweiten Wiederholungsversuches jeweils 5.000,00 EUR anzusetzen waren.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Arnsberg Gerichtsbescheid, 01. Sept. 2016 - 9 K 2666/15
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Arnsberg Gerichtsbescheid, 01. Sept. 2016 - 9 K 2666/15
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Verwaltungsgericht Arnsberg Gerichtsbescheid, 01. Sept. 2016 - 9 K 2666/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,
- 1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a), - 2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist, - 4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt
1
G r ü n d e :
2I.
3Der geborene Antragsteller ist seit dem Wintersemester 2012/2013 Studierender im Bachelorstudiengang „Technisches Management und Marketing“ bei der Antragsgegnerin.
4Am 13. November 2013 stellte er unter Berufung auf § 5 Abs. 3 der Rahmenprüfungsordnung für die Bachelorstudiengänge in der Hochschule I. in der maßgeblichen Fassung (im Folgenden: PO) einen „Antrag auf Erbringung von Prüfungsleistungen in Form von Hausarbeiten“ wegen Behinderung und berief sich zur Begründung auf das Bestehen einer „ADHS im Erwachsenenalter“. Er leide seit seiner frühesten Kindheit an schweren Konzentrationsstörungen, die ihn in Stresssituationen, u. a. auch in Prüfungen, kontrollierten und negativ beeinflussten. Es sei ihm kaum möglich, sein angeeignetes Wissen mit guter Leistung in Form einer Klausur unter hohem Druck zu reproduzieren. Er sei diesbezüglich seit 2009 in psychotherapeutischer Behandlung, habe jedoch seinen Therapieplatz wegen Aufnahme des Studiums aufgeben müssen.
5Ausweislich des Arztbriefs der Fachklinik für Psychosomatik und Verhaltensmedizin N. , C. N1. , vom 12. März 2010 sei eine kontinuierliche Medikation mit Methylphenidat zur Stabilisierung des Leistungsniveaus indiziert. Aus der fachärztlich-psychologischen Stellungnahme der Klinik für Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie KRH, X. , vom 10. März 2011 geht hervor, dass bei dem Antragsteller ADHS im Erwachsenenalter (ICD 10: F 90.0) diagnostiziert worden sei; unter der jetzigen Medikation mit Methylphenidat könne er sich deutlich besser konzentrieren, seine Schulleistung verbessern und seine aggressiven Impulse besser unter Kontrolle behalten.
6Der Prüfungsausschuss beschloss in seiner Sitzung am 9. Dezember 2013 einstimmig, den Antrag des Antragstellers abzulehnen.
7Mit Bescheid vom 11. Dezember 2013 lehnte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses den Antrag des Antragstellers auf Erbringung von Prüfungsleistungen in anderer Form ab und verwies zur Begründung darauf, dass die eingereichten ärztlichen Bescheinigungen keinen Rückschluss auf den aktuellen Stand der Krankheit zuließen.
8Mit Schreiben vom 9. Januar 2014 stellte der Antragsteller erneut einen Antrag auf Erbringung von Prüfungsleistungen in anderer Form im Sinne des § 5 Abs. 3 PO und führte zur Begründung aus: Aufgrund seiner chronischen Krankheit/Störung solle die alternative Prüfungsform vorwiegend in Form der Hausarbeit erbracht werden. Mögliche alternative mündliche Prüfungsleistungen könnten unter bestimmten Voraussetzungen auch in Betracht kommen.
9Ausweislich des Arztbriefs der Klinik N2. vom 27. Dezember 2013 könne eindeutig die Diagnose „ADHS im Erwachsenenalter“ gestellt werden. Die Störung sei auch unter medikamentöser Behandlung chronisch. Im Fall des Antragstellers handele es sich um eine schwer ausgeprägte Symptomatik, die sich in allen wichtigen Lebensbereichen niederschlage und dort zu Funktionsbeeinträchtigungen führe. Die Weiterbehandlung mit Methylphenidat zur fortlaufenden Stabilisierung des kognitiven Leistungsniveaus sei dringend indiziert.
10Mit Bescheid vom 3. Februar 2014 lehnte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses den Antrag des Antragstellers auf Erbringung von Prüfungsleistungen in anderer Form ab und führte zur Begründung aus: Die eingereichten Unterlagen des Antragstellers stellten weder ein Attest noch eine Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung dar. Vielmehr handle es sich um einen Arztbrief. Im Übrigen sei die im Antrag geforderte Erbringung von Prüfungsleistungen in Form von Hausarbeiten mit der Erbringung einer schriftlichen Prüfung nicht zu vergleichen.
11Hiergegen erhob der Kläger unter dem 16. Februar 2014 Widerspruch, den er im Wesentlichen wie folgt begründete: Aufgrund seiner Konzentrationsschwäche sei er weder in der Lage, eine schriftliche Leistung in Form einer Klausur abzugeben, noch, die Kurse in der geforderten Zeit abzuleisten. Er müsse daher folgenden Nachteilsausgleich in Anspruch nehmen:
12- 13
1. Aufhebung der Präsenzpflicht
- 14
2. Umwandlung der Prüfungsform in eine mündliche Prüfung unter bestimmten Voraussetzungen (siehe ärztliches Attest)
- 15
3. Umwandlung der Prüfungsform in eine Hausarbeit mit Abgabegespräch (siehe ärztliches Attest)
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4. Umwandlung der Prüfungsform Gruppenarbeit in Einzelarbeit
- 17
5. Möglichkeit der individuellen Gestaltung seines Stundenplans
Ausweislich des fachärztlichen Attests des Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie X1. vom 24. März 2014 leide der Antragsteller unter einer ausgeprägten Form des ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) im Erwachsenenalter. Die Funktionsbehinderungen bestünden in einer Konzentrationsschwäche, gepaart mit hoher Ablenkbarkeit. Ein typisches Kennzeichen des ADHS sei die große Reizoffenheit, das bedeute für den Patienten, ständig von inneren und äußeren Reizen überflutet werden zu können und dadurch abgelenkt zu sein. Es sei davon auszugehen, dass die Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen dauerhaft sei, daher auch Auswirkungen auf das Studium des Antragstellers hätten, indem er in Klausuren nicht durchgehend und intensiv genug das abgefragte Wissen abrufen könne, selbst wenn er das Wissen erworben haben sollte. Da sich der Antragsteller dem Anforderungsniveau nur begrenzt anpassen könne, müsse die Anforderung den Möglichkeiten des Patienten angepasst werden. Der Antragsteller sei nach eigener Aussage beeinträchtigungsbedingt nicht in der Lage, Prüfungen in Form einer schriftlichen Klausur abzulegen. Eine mögliche Alternative biete die mündliche Prüfungsform. Folgende Faktoren kämen ihm im Prüfungsfall entgegen: Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit, in einem Gespräch unter vier Augen, ohne äußere Ablenkungsfaktoren. Der Prüfer solle mit Blick auf die umständlichen Formulierungen und sprunghaften Gedankengänge des Antragstellers geduldig bleiben können und ihm wieder auf die Spur zu helfen versuchen. Eine andere mögliche Prüfungsform wäre die Hausarbeit mit Abgabegespräch. Die Prüfungsform in Gruppenarbeit stelle für den Antragsteller eine Überforderung dar, da er sich nicht gleichberechtigt einbringen könne und durch sein impulsives und unstetes Verhalten die Gruppendynamik stören werde. Da davon auszugehen sei, dass der Antragsteller das Studium nicht in der Regelstudienzeit absolvieren könne, sei aufgrund seiner eingeschränkten Anpassungsmöglichkeiten eine individuelle Studienplanung zu empfehlen.
19Mit als „Widerspruchsbescheid“ bezeichnetem Bescheid vom 26. Mai 2014 wies der Vorsitzende des Prüfungsausschusses unter Ziffer 1. den Widerspruch des Antragsgegners gegen den Bescheid vom 3. Februar 2014, mit dem der Antrag auf Gewährung der alternativen Prüfungsform der Hausarbeit anstatt der Klausur abgelehnt worden sei, als unbegründet zurück. Unter Ziffer 2. wurde dem Antragsteller – aufgrund des in der Widerspruchsbegründung erstmals gestellten Antrags ‑ als alternative Prüfungsform die mündliche Einzelprüfung anstelle der Prüfungsform Klausur gewährt; die Gewährung sei gültig für die Prüfungszeiträume Sommersemester 2014 bis Wintersemester 2015/2016. Unter Ziffer 3. wurde dem Antragsteller bei den Modulprüfungen, bei denen die Prüfungsleistung auch in Form einer Gemeinschaftsleistung mehrerer Prüflinge erbracht werden könne, das Recht zur Erbringung einer Einzelleistung eingeräumt. Unter Ziffer 4. wurden die Anträge im Übrigen abgelehnt. Zur Begründung führte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses aus: Eine Präsenzpflicht (Antrag zu 1.) gebe es an der Hochschule nicht, der Antrag gehe insoweit ins Leere. Soweit der Antrag dahingehend zu verstehen sei, dass der Antragsteller von den Prüfungsformen Praktikum, Seminar etc., die seine Anwesenheit erforderlich machten, entbunden werden wolle, werde der Antrag abgelehnt. Dem Antrag zu 2. könne nur teilweise stattgegeben werden, weil eine mündliche Prüfung auch immer mit einem Beisitzer durchgeführt werden müsse. Der Antrag zu 3. werde abgelehnt, weil die Prüfungsform Hausarbeit nicht geeignet sei, die Prüfungsform Klausur zu ersetzen. Die Prüfungsform Gruppenarbeit gebe es an der Hochschule nicht. Sofern der Antrag zu 4. dahingehend ausgelegt werde, dass der Antragsteller bei allen Prüfungsformen, in denen die Prüfungsleistungen auch durch eine Gemeinschaftsleistung von mehreren Prüflingen erbracht werden könnten, die Möglichkeit der Erbringung der Prüfung durch Einzelleistung wünsche, werde dem Antrag stattgegeben. Der Antrag zu 5. führe wiederum ins Leere, da es dem Antragsteller unbenommen sei, die Module entsprechend seiner persönlichen Lebensumstände zu belegen.
20Daraufhin hat der Antragsteller vor dem erkennenden Gericht am 5. Juni 2014 Klage (9 K 1612/14) gegen den Bescheid vom 3. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2014 erhoben, die noch anhängig ist.
21Am 13. August 2014 hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und macht ergänzend geltend: Der Antrag sei zulässig und begründet. Es bestehe ein Anordnungsgrund. Die Eilbedürftigkeit habe sich zunächst aus der drohenden Ablehnung der Bewilligung von Ausbildungsförderung ab September 2014 ergeben; die Ausbildungsförderung sei aber inzwischen weiter bewilligt worden. Im Übrigen beträfe die einstweilige Anordnung Prüfungsleistungen, die er bereits im kommenden Wintersemester 2014/2015 zu erbringen habe. Bis zu diesem Zeitpunkt sei mit einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zu rechnen. Der Anordnungsanspruch auf Erbringung der Prüfungsleistungen in Form der Hausarbeit ergebe sich aus § 5 Abs. 3 PO i. V. m. § 2 Abs. 4 Satz 2 HRG, Art. 3 Abs. 3 GG. Er sei aufgrund seiner Erkrankung ADHS nicht in der Lage, Prüfungen in der vorgesehenen Form einer Klausur zu erbringen. Die ADHS beeinträchtige seine Konzentrationsfähigkeit und Daueraufmerksamkeit. Die Prüfungsform Hausarbeit mit Abgabegespräch könne seine Einschränkungen ausgleichen. Die Prüfungsform Klausur zeichne sich durch eine verhältnismäßig kurze Bearbeitungszeit für die gestellten Aufgaben aus. Es bestehe ein hoher Zeitdruck, die Einlegung von Pausen sei regelmäßig nicht möglich. Für ADHS-Kranke sei aufgrund ihrer hohen Ablenkbarkeit und der verminderten Konzentrationsfähigkeit eine sorgfältige Bearbeitung der Aufgaben innerhalb der vorgegebenen Zeit nicht möglich; sie könnten daher im Rahmen der Prüfungsform Klausur ihr tatsächliches Leistungsvermögen nicht wiedergeben. Demgegenüber könne er im Rahmen der Prüfungsform Hausarbeit selbstständig über seine Zeiteinteilung bestimmen. Die Prüfungsform Hausarbeit sei auch gleichwertig mit der Prüfungsform Klausur. Der Nachweis vorhandenen Fachwissens könne sowohl im Rahmen einer Klausur als auch im Rahmen einer Hausarbeit erbracht werden. Auch könne mit dem Abgabegespräch zusätzlich mündlich das Leistungswissen des Prüflings zu dem Inhalt der Hausarbeit abgefragt werden. Hilfsweise komme als alternative Prüfungsform auch die mündliche Prüfung in Betracht, wie auch von der Antragsgegnerin zugestanden werde. Allerdings sei die von der Antragsgegnerin vorgenommene Befristung bis zum Wintersemester 2014/2015 ermessensfehlerhaft und rechtswidrig. Auch habe er einen Anspruch auf Einhaltung bestimmter Modalitäten bei der Durchführung der mündlichen Prüfung. Mündliche Prüfungen ohne entsprechende Vorgaben bewirkten nicht den erwarteten Ausgleich seiner Beeinträchtigungen. Dies habe auch die mündliche Prüfung am 1. Juli 2014 im Modul „Produktion & Monitoring“ gezeigt. Es seien dort schriftliche Ausarbeitungen von ihm verlangt worden, die er zudem in Anwesenheit der Prüfer hätte anfertigen müssen. Dies habe zu einem extremen Druck geführt und seine Konzentrationsfähigkeit behindert. Für den Fall, dass seine Anträge hinsichtlich der Hausarbeit und der mündlichen Prüfung (mit entsprechenden Vorgaben) als alternative Prüfungsformen erfolglos blieben, benötige er bei Klausuren jedenfalls eine Schreibzeitverlängerung von 30 %.
22Der Antragsteller beantragt wörtlich:
23- 24
1. Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig die Ablegung von Prüfungsleistungen in Form der alternativen Prüfungsform Hausarbeit anstelle der Prüfungsform Klausur zu gewähren.
- 25
2. Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Antragsgegnerin hilfsweise verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig die Ablegung von Prüfungsleistungen in Form der alternativen Prüfungsform mündliche Einzelprüfung anstelle der Prüfungsform Klausur auch über den im Bescheid vom 26. Mai 2014 bewilligten Zeitraum zu gewähren und vorläufig bei der Durchführung der mündlichen Prüfungen folgende Vorgaben zu beachten:- bei Notwendigkeit einer Vorbereitung auf die Aufgaben der mündlichen Prüfung wird eine Vorbereitungszeit in einem separaten Einzelraum gewährt;- die mündliche Prüfung wird jeweils von einem Prüfer im Beisein eines Protokollführers/Beisitzers durchgeführt;- der jeweilige Prüfer ist über die Erkrankung des Antragstellers sowie die damit verbundenen Beeinträchtigungen vor Durchführung der mündlichen Prüfung aufzuklären und hat sich auf die persönlichen Voraussetzungen des Antragstellers wie etwa bei der Formulierung der Fragen und der Redegeschwindigkeit einzustellen.
- 26
3. Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Antragsgegnerin hilfsweise verpflichtet, dem Antragsteller bei der Ablegung von Prüfungsleistungen in Form der Klausur vorläufig eine Schreibzeitverlängerung von 30 % zur regulären Bearbeitungszeit zu gewähren und ihm vorläufig die Ablegung der Prüfungsleistung in einem separaten Einzelraum zu ermöglichen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
28die Anträge abzulehnen.
29Sie macht zur Begründung geltend: Der Antragsteller habe in den letzten vier Semestern von – in der Regelstudienzeit zu absolvierenden ‑ 18 Modulen 10 Module bestanden. Ein Anordnungsgrund liege nicht vor. Nach telefonischer Auskunft des Studentenwerks Q sei es ausreichend, wenn bei Nichtvorlage des erforderlichen Leistungsnachweises ärztliche Atteste eingereicht würden, die die Erkrankung des Studenten belegten. Ferner fehle es an einem Anordnungsanspruch. Die Prüfungsformen Klausur und Hausarbeit prüften unterschiedliche Kompetenzen ab. In einer Klausur würden das aktuelle Wissen des Prüflings und die Fähigkeit zur Lösung aktuell gestellter Aufgaben innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums abgefragt. Im Gegensatz dazu werde bei dem Verfassen einer Hausarbeit die Fähigkeit abgefragt, einen komplexeren Sachverhalt unter Zuhilfenahme von Literaturquellen umfassend aufzubereiten und zu lösen. Von einem Absolventen des Bachelorstudiengangs „Technisches Management und Marketing“ würden beide Fähigkeiten im Berufsleben gefordert. Der Antragsteller könne die Fähigkeit zur Lösung aktuell gestellter Fragen allerdings nicht in der Form der Hausarbeit nachweisen, sondern als Alternative nur in einer mündlichen Prüfung. Sie habe dem Antragsteller bereits bewilligt, statt der Prüfungsform Klausur als Alternative die Prüfungsform der mündlichen Prüfung zu absolvieren. Die zeitliche Begrenzung bis zum Ende des Wintersemesters 2015/2016 sei erfolgt, um danach eine erneute Prüfung der Sachlage vornehmen zu können. Es erscheine nicht ausgeschlossen, dass eine bessere medikamentöse und die angesprochene psychotherapeutische Behandlung zu einer Verbesserung der Problematik führen könnten. Im Übrigen stelle sich die Frage, ob es vorliegend um einen echten Nachteilsausgleich gehe oder bei dem Antragsteller eine Beeinträchtigung vorliege, die an der Eignung für den angestrebten Beruf zweifeln lasse. Die vom Antragsteller geforderten zusätzlichen Bedingungen, unter denen eine mündliche Prüfung abgehalten werden solle, sollten ein persönlichkeitsbedingtes Defizit ausgleichen, das der Antragsteller auch bei einer späteren beruflichen Tätigkeit berücksichtigen müsse. Im Übrigen sei die Atmosphäre in der mündlichen Prüfung am 1. Juli 2014 nicht von Zeitdruck geprägt gewesen. Im Gegenteil hätten die Prüfer immer wieder darauf hingewiesen, dass sich der Antragsteller Zeit nehmen könne. Abgesehen davon bestünden Zweifel an der Zulässigkeit der unter Ziffer 2. und 3. gestellten Antrags, weil entsprechende Anträge bei ihr, der Antragsgegnerin, noch nicht gestellt worden seien.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin verwiesen.
31G r ü n d e :
32Die Anträge haben insgesamt keinen Erfolg.
33Der Hauptantrag ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft macht. Ist der Antrag ‑ wie vorliegend – im Ergebnis auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur dann in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
34Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 13. August 1999 - 2 VR 1/99 -, Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 109, 258 = juris Rn. 24; Verwaltungsgericht (VG) Köln, Beschluss vom 28. April 2010 - 6 L 264/10 -, juris Rn. 6; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 16. Aufl. 2009, § 123 Rn. 14.
35Gemessen hieran kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Blick auf den unter Ziffer 1. gestellten Hauptantrag nicht in Betracht. Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ihm steht nach – nur gebotener - summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage kein Anspruch auf (vorläufige) Ablegung von Prüfungsleistungen in Form der alternativen Prüfungsform Hausarbeit anstelle der Prüfungsform Klausur zu.
36Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage (allein) in Betracht kommenden Vorschrift des § 5 Abs. 3 der Rahmenprüfungsordnung für die Bachelorstudiengänge in der Hochschule I. vom 2. Juni 2010 in der hier maßgeblichen Fassung (im Folgenden: RPO) liegen nicht vor. Macht danach die Kandidatin oder der Kandidat durch ein ärztliches Zeugnis glaubhaft, dass sie oder er wegen länger andauernder oder ständiger körperliche Behinderung nicht in der Lage ist, die Prüfung ganz oder teilweise oder in der vorgesehenen Form abzulegen, hat die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses dafür zu sorgen, dass der Kandidatin oder dem Kandidaten innerhalb des Prüfungszeitraums Gelegenheit gegeben wird, so weit wie möglich gleichwertige Prüfungsleistungen in einer anderen Form zu erbringen.
37Dass die Antragsgegnerin die Möglichkeit des Nachteilsausgleichs ausschließlich bei einer körperlichen Behinderung des Prüflings einräumt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn nur in diesem Fall kommen den Grundsatz der Chancengleichheit wahrende Ausgleichsmaßnahmen in Betracht. Bei der Frage, ob ein Nachteilsausgleich zu gewähren ist, ist zu differenzieren zwischen der Beeinträchtigung, eine vorhandene geistige Leistungsfähigkeit technisch umsetzen zu können, und der Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit selbst. Die bloße Beeinträchtigung der Umsetzung der psychischen/geistigen Leistungsfähigkeit (Sehschwäche, gebrochener Arm etc.) ist durch geeignete Erleichterungen der Prüfungsbedingungen, wie z. B. durch technische Hilfsmittel oder Schreibzeitverlängerung ausgleichbar. Hierauf hat der Prüfkandidat einen Anspruch, weil hierüber die Chancengleichheit gegenüber den Mitprüflingen erst hergestellt wird. Handelt es sich hingegen um eine Behinderung der psychischen/geistigen Leistungsfähigkeit, die dauerhaft das Leistungsbild und die Persönlichkeit des Prüflings prägt, so ist diese nicht ausgleichbar. Denn durch die Prüfung soll gerade die geistige Leistungsfähigkeit des Prüfkandidaten festgestellt werden.
38Vgl. Verwaltungsgericht (VG) München, Beschluss vom 21. März 2014 ‑ M 21 E 14.1168 -, Juris; VG Ansbach, Beschluss vom 26. April 2013 ‑ AN 2 E 13.00754 ‑.
39Nach diesen rechtlichen Vorgaben hat der Antragsteller schon deshalb keinen Anspruch auf Ablegung von Prüfungsleistungen in der alternativen Prüfungsform Hausarbeit statt Klausur im Wege des Nachteilsausgleichs, weil bei ihm keine andauernde oder ständige körperliche Behinderung im Sinne des § 5 Abs. 3 RPO, sondern vielmehr ein nicht ausgleichbares Dauerleiden besteht, das dauerhaft sein Leistungsbild und seine Persönlichkeit prägt. Ausweislich der vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen der Klinik für Akutpsychosomatik und Psychotherapie N. vom 27. Dezember 2013 und des Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie X1. vom 24. März 2014 leidet der Antragsteller unter einer (schwer) ausgeprägten Form des ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) im Erwachsenenalter. Eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS/ADS) im Erwachsenenalter erschwert aber nicht nur die rein mechanische Lese- und Schreibtätigkeit als technischen Vorgang, sondern beeinträchtigt die gedankliche Erarbeitung der Klausurlösung selbst. Infolge der dauerhaften Reizüberflutung und der mangelnden Fähigkeit zur Filterung von Informationen hat der Betroffene Schwierigkeiten bei der vollständigen Erfassung der Aufgabenstellung, bei der Entwicklung und Gliederung der Klausurlösung und bei der Fokussierung seiner Aufmerksamkeit auf die Klausur. Es handelt sich um ein Dauerleiden, das als persönlichkeitsbedingte Eigenschaft die Leistungsfähigkeit des Prüflings dauerhaft prägt und nicht durch den Einsatz von Hilfsmitteln (bzw. hier: Gewährung der alternativen Prüfungsform Hausarbeit) ausgeglichen werden kann.
40Vgl. VG Freiburg, Beschluss vom 30. August 2007 ‑ 2 K 1667/07 ‑, Juris.
41Die Annahme des Bestehens eines das Leistungsbild und die Persönlichkeit des Antragstellers prägenden Dauerleidens im vorliegenden Fall wird bestätigt durch die Stellungnahmen der Klinik für Akutpsychosomatik und Psychotherapie N. vom 27. Dezember 2013 und von Herrn X1. vom 24. März 2014.
42In dem Arztbrief der Klinik N. vom 27. Dezember 2013 heißt es u. a.:
43„In Zusammenschau aller aktuellen und früheren Befunde kann eindeutig die Diagnose eines ADHS im Erwachsenenalter gestellt werden. An dieser Stelle soll auf die Chronizität der Störung auch unter medikamentöser Behandlung hingewiesen werden. Es handelt sich im Fall von Herrn um eine vergleichsweise schwer ausgeprägte Symptomatik, die sich in allen wichtigen Lebensbereichen niederschlägt und dort zu Funktionsbehinderungen führt.“
44Herr X1. führt in seiner Stellungnahme vom 24. März 2014 unter anderem aus:
45„(…) ADHS ist eine genetisch determinierte, dauerhafte Störung im Hirnstoffwechsel, mit Beginn im Kindesalter, die auch unter medikamentöser Behandlung einen chronischen Verlauf nimmt.
46(…)Es handelt sich bei Herrn um eine vergleichsweise schwer ausgeprägte Symptomatik, die sich in allen wichtigen Lebensbereichen niederschlägt und dort zu schwerwiegenden Funktionsbehinderungen geführt hat. (…) Die Funktionsbehinderungen bestehen in einer Konzentrationsschwäche, gepaart mit hoher Ablenkbarkeit. Ein typisches Kennzeichen des ADHS ist die große Reizoffenheit, das bedeutet für den Patienten, ständig von inneren und äußeren Reizen überflutet werden zu können und dadurch abgelenkt zu sein.Es ist davon auszugehen, dass diese Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen dauerhaft ist, aber auch Auswirkungen auf sein Studium hat, indem er in Klausuren nicht durchgehend und intensiv genug das abgefragte Wissen abrufen kann, selbst wenn er das Wissen erworben haben sollte. (…).“
47Soweit Herr X1. in seiner an die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers gerichteten E-Mail vom 17. September 2014 darauf verweist, dass ADHS die Grundintelligenz des Betroffenen nicht mindere, wird dies von der Kammer nicht in Frage gestellt. Dieser Umstand ändert aber nichts daran, dass ADHS im Erwachsenenalter – wie dargelegt – zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit des Betroffenen führt.
48Es ist auch davon auszugehen, dass die erheblichen Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes des Antragstellers und dadurch bedingt die Einschränkung der Leistungsfähigkeit trotz ärztlicher Hilfe bzw. des Einsatzes medizinisch-technischer Hilfsmittel dauerhaft ist. Denn ausweislich der ärztlichen Stellungnahme des Herrn X1. vom 24. März 2014 kann die medikamentöse Behandlung die Störung nicht heilen, sondern nur zur Verbesserung der Konzentration und Ausdauer in einem begrenzten Ausmaß beitragen. Auch unter einer adäquaten Medikation verbessere sich zwar die Konzentrationsleistung des Antragstellers, bleibe aber nicht konstant und könne nicht so zielgerichtet und zum gewünschten Zeitpunkt abgerufen werden wie bei einem Gesunden.
49Liegt aber beim Antragsteller eine dauerhafte krankheitsbedingte Einschränkung der gedanklichen (geistigen) Leistungsfähigkeit in Form eines Dauerleidens vor, die als persönlichkeitsbedingte Eigenschaft seine Leistungsfähigkeit an sich prägt und die sich auf die durch die Prüfung festzustellende Leistungsfähigkeit bezieht, dann ist diese Einschränkung Mitbestandteil seines durch die Prüfung zu belegenden Leistungsbilds. Wenn sich eine solche generelle Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Prüfungsergebnis negativ niederschlägt, führt dies nicht zur Verfälschung des Aussagewerts des Prüfergebnisses.
50Vgl. auch: VG München, Beschluss vom 21. März 2014 ‑ M 21 E 14.1168 -, a. a. O.
51Eine Verfälschung des Prüfergebnisses läge hingegen vor, wenn der Antragsteller die Möglichkeit erhielte, als alternative Prüfungsform zur Klausur die Hausarbeit wählen zu können. Der Nachteilsausgleich darf am Maßstab der Chancengleichheit nicht eingesetzt werden, um durch Prüfungsvergünstigungen Leistungsschwächen auszugleichen, die für Art und Umfang der Eignung und Befähigung, die mit dem Leistungsnachweis gerade festgestellt werden sollen, von Bedeutung sind. Prüfungsanforderungen, die eine bestimmte Leistung gerade auch im Rahmen eines vorgegebenen Zeitbudgets mit dem Ziel der Testung des Bestehens bzw. des Umfangs von Eignung und Befähigung abfordern, dürften nicht an die Leistungsfähigkeit des Prüfkandidaten angepasst werden; dann würde eine Prüfung ihren Zweck von vornherein verfehlen.
52Vgl. VG München, Beschluss vom 21. März 2014 ‑ M 21 E 14.1168 -, a. a. O.
53So läge der Fall hier aber, wenn der Antragsteller statt einer Klausur eine Hausarbeit anfertigen dürfte, da die Zielrichtungen der Prüfungen unterschiedlich sind. In einer Klausur wird präsentes Wissen abgefragt und nach Ablauf eines vorgegebenen zeitlichen Rahmens (4 Zeitstunden, vgl. § 5 Abs. 1 a) RPO) die Abgabe einer Lösung erwartet. Eine Hausarbeit hingegen ist die eigenständige (umfassende) Bearbeitung eines vorgegebenen Themas oder Problems, nach wissenschaftlichen Maßstäben vgl. § 5 Abs. 1 f Satz 1) RPO, wobei hierzu insbesondere die Informations- und Materialrecherche, die Strukturierung der Inhalte, das Anfertigen einer Gliederung und die Ausarbeitung eines schriftlichen Manuskripts gemäß der bei wissenschaftlichen Arbeiten üblichen Form zählen (Satz 2). Mit der Möglichkeit, eine Prüfungsleistung in der alternativen Prüfungsform einer Hausarbeit statt einer Klausur erbringen zu können, gelänge es dem Antragsteller, den Prüfungsanforderungen auszuweichen, die aktuelles/präsentes Wissen im Rahmen eines eingeschränkten Zeitbudgets abfragen. Damit würde aber eine Hausarbeit ihren Zweck als Ersatzprüfung für eine Klausur von vornherein verfehlen. Dies gilt auch für eine Hausarbeit mit Abgabegespräch, weil sich dieses ‑ anders als eine mündliche Prüfung – ausschließlich auf die Inhalte der zuvor bearbeiteten Hausarbeit bezöge.
54Darüber hinaus fehlt es auch an der Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsgrunds. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten. Soweit er zunächst geltend gemacht hat, die Eilbedürftigkeit ergebe sich bereits aus der drohenden Ablehnung der Weiterbewilligung von Ausbildungsförderung ab September 2014, hält er dieses Vorbringen nicht mehr aufrecht. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 2. September 2014 hat er mitgeteilt, dass die Bewilligung der Ausbildungsförderung mittlerweile verlängert worden sei. Soweit er sich darauf beruft, dass er im Wintersemester 2014/2015 die nächsten Prüfungen ablegen müsse, ist eine Eilbedürftigkeit zum jetzigen Zeitpunkt schon deshalb nicht zu erkennen, weil die nächsten Prüfungen nach seinem eigenem Vorbringen erst in der Zeit vom 19. Januar 2015 bis 6. Februar 2015 stattfinden.
55Dem Hilfsantrag zu 2. bleibt als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO schon mangels Zulässigkeit der Erfolg versagt. Der Antragsteller verfügt nicht über das erforderliche Rechtsschutzinteresse, weil er den Antrag mit den entsprechenden Vorgaben nicht zuvor (konkret) bei der Antragsgegnerin gestellt hat und weder dargelegt noch sonst ersichtlich ist, dass die Antragsgegnerin über einen solchen Antrag nicht rechtzeitig vor Beginn des Wintersemesters 2014/2015 entschieden hätte. Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass er diesen Antrag bereits mit Schreiben vom 9. April 2014 gestellt habe, ist diesem Vorbringen nicht zu folgen. In seiner Widerspruchsbegründung vom 9. April 2014 hat der Antragsteller im Wesentlichen seine Konzentrationsschwäche geltend gemacht und wegen „näherer Informationen“ auf das beigefügte Attest von Herrn X1. vom 24. März 2014 verwiesen. Ausdrücklich beantragte er u. a. die „Umwandlung der Prüfungsform in eine mündliche Prüfung unter bestimmten Voraussetzungen (siehe ärztliches Attest)“. In dem Attest heißt es hierzu:
56„Um seine Leistung optimal abrufen zu können, kommen ihm folgende Faktoren im Prüfungsfall entgegen: Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit, in einem Gespräch unter vier Augen, ohne äußere Ablenkungsfaktoren. Der Prüfer sollte in Anbetracht umständlicher Formulierungen und sprunghafter Gedankengänge von Herrn geduldig bleiben können und ihm wieder auf die Spur zu helfen versuchen.“
57Mit diesen allgemeinen Ausführungen hat der Antragsteller aber noch keinen konkreten Antrag im Sinne des unter Ziffer 2. gestellten Hilfsantrags gestellt. Abgesehen davon ist der Antrag auch unbegründet. Der Antragsteller hat den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage (allein) in Betracht kommenden Vorschrift des § 5 Abs. 3 RPO liegen mangels einer körperlichen Behinderung des Antragstellers nicht vor. Abgesehen davon stellten die geforderten Vorgaben für den Ablauf einer mündlichen Prüfung mit Blick auf das Dauerleiden des Antragstellers eine vom Grundsatz der Chancengleichheit nicht mehr gedeckte Anpassung der Prüfungsbedingungen an seine auf Dauer (eingeschränkte) Leistungsfähigkeit dar. Im Übrigen zeigt das Protokoll über die – im Übrigen bestandene ‑ mündliche Prüfung am 1. Juli 2014, dass schon in dieser Prüfung immer wieder Hilfestellungen seitens der Prüfer erfolgt sind. Soweit der Antrag zu 2. dahingehend zu verstehen sein sollte, dass jedenfalls die Verlängerung der bereits gewährten Möglichkeit zur Ablegung von Prüfungsleistungen in der alternativen Prüfungsform der mündlichen Prüfung über das Wintersemester 2015/2016 hinaus begehrt wird, fehlt es mangels Eilbedürftigkeit jedenfalls an der Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsgrunds.
58Der unter Ziffer 3. gestellte Hilfsantrag bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Der Antrag ist unzulässig. Der Antragsteller verfügt auch insoweit nicht über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil er sich nicht zuvor mit einem entsprechenden Antrag an die Antragsgegnerin gewandt hat. Auch ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass diese nicht rechtzeitig über den Antrag entschieden hätte.
59Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und berücksichtigt, dass der Antragsteller im Ergebnis eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.
Tenor
Der Antrag des Antragstellers wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.