Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2016 - AN 9 K 14.01832

published on 27/01/2016 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2016 - AN 9 K 14.01832
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Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

AN 9 K 14.01832

Im Namen des Volkes

Urteil

27. Januar 2016

9 Kammer

Sachgebiets-Nr.: 920

Hauptpunkte: Nachbarklage gegen Wohnhausanbau, Abweichung von Abstandsfächenvorschriften und Brandwand, Wechselseitige Verstöße gegen Abstandsflächenvorschriften, Treu und Glauben

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

1. ...

2. ...

3. ...

- Kläger -

zu 1 bis 3: in Erbengemeinschaft ...

zu 1 bis 3 bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

gegen

Freistaat Bayern

vertreten durch: Landratsamt ...

- Beklagter -

beigeladen:

1. ...

2. ...

zu 1 und 2 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

wegen Baurechts

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 9. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Walk die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Wendelin den Richter Wust und durch den ehrenamtlichen Richter ... die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. Januar 2016 am 27. Januar 2016 folgendes

Urteil:

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

3. Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Kläger zu 1) bis 3) wenden sich als Erbengemeinschaft gegen eine den Beigeladenen mit Bescheid des Beklagten vom 13. März 2008, in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 24. Mai 2012, erteilte bauaufsichtliche Genehmigung zu einem Wohnhausanbau.

Die Kläger zu 1) bis 3) sind in Erbengemeinschaft Eigentümer der Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... (...straße ... und ...) der Gemarkung .... Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... (...straße ...) der Gemarkung .... Die klägerischen Grundstücke sind mit zwei Doppelhäusern bebaut, die sich auf dem Grundstück Fl.Nr. ... ohne Einhaltung eines Grenzabstandes bei einer Gebäudehöhe von ca. 6 m und auf dem Grundstück Fl.Nr. ... unter Einhaltung eines Grenzabstandes von 1,85 m bei einer Gebäudehöhe von ca. 4 m entlang der nordöstlichen Grenze des Vorhabensgrundstücks auf einer Länge von insgesamt 10 m (Fl.Nr. ...: 3 m; Fl.Nr. ...: 7 m) erstrecken. Auf dem klägerischen Grundstück ... befindet sich ein Nebengebäude, dessen Dach ca. 2 m über die südliche Grundstücksgrenze in das Grundstück der Beigeladenen Fl.Nr. ... Gemarkung ... hineinragt. Auf dem dem Vorhabensgrundstück südwestlich benachbarten Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... erstreckt sich auf der gesamten Grundstückslänge von 14 m eine Grenzbebauung.

Sämtliche Grundstücke befinden sich in innerstädtischer Lage im räumlichen Geltungsbereich des (Sanierungs-) Bebauungsplans ... „Nördliche Altstadt“ der Stadt ... aus dem Jahr 1994, der für den maßgeblichen Bereich ein allgemeines Wohngebiet (WA) vorsieht. Der streitgegenständliche Wohnhausanbau liegt innerhalb der vom Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen. Im Textteil des Bebauungsplans heißt es unter:

„D. Textliche Festsetzungen:

In Ergänzung zu der Planzeichnung wird folgendes festgesetzt: (…)

1.4.5 Bezüglich der Einhaltung von „Abstandsflächen“ nach Art. 6 BayBO wird festgesetzt, dass gemäß Art. 7 Abs. 1 BayBO vor Außenwänden von Gebäuden auch Abstandsflächen geringerer Tiefe, als nach Art. 6 gefordert, liegen dürfen“.

Bereits mit Bescheid vom einen 20. Juli 1995 hatte der Beklagte die bauaufsichtliche Genehmigung zum streitgegenständlichen Wohnhausanbau erteilt. Nach Widerspruch des Rechtsvorgängers der Kläger gegen das Bauvorhaben hatte der damalige Bauherr Herr ... eine Tekturplanung eingereicht, wonach die ursprünglich geplante geschlossene Dachumwehrung auf dem Wohnhausanbau durch ein filigranes, durchsichtiges Geländer ersetzt wurde. Dieser Tekturantrag war mit Bescheid vom 30. Dezember 1997 bauaufsichtlich genehmigt worden. Aufgrund dieses Tekturbescheides hatte der Rechtsvorgänger der Kläger mit Schreiben vom 17. März 1998 seinen Widerspruch für erledigt erklärt.

Auf Antrag der Beigeladenen vom 27. November 2001 wurde die Baugenehmigung mit Bescheid vom 11. Januar 2002 bis zum 30. Dezember 2003 verlängert. Anlässlich einer Baukontrolle am 16. Oktober 2006 wurde festgestellt, dass trotz zwischenzeitlichen Ablaufs der Geltungsdauer der Baugenehmigung mit dem Wohnhausanbau begonnen worden war. Daraufhin stellten die Beigeladenen am 15. Juli 2007 erneut Antrag auf Erteilung der bauaufsichtlichen Genehmigung zur Errichtung eines Wohnhausanbaus.

Mit Bescheid vom 13. März 2008 erteilte der Beklagte den Beigeladenen die bauaufsichtliche Genehmigung zu dem streitgegenständlichen Wohnhausanbau, hierbei wurde eine Abweichung von den Abstandsflächen zugelassen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zulassung einer Abweichung von baurechtlichen Vorschriften gemäß Art. 70 BayBO lägen vor. Die Nichtzulassung der Abweichung würde im vorliegenden Fall zu einer unbilligen Härte für die Bauherrn führen. Die Abweichung sei unter Berücksichtigung der Anforderungen an das Bauvorhaben und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Unter Auflagen Nr. 7 heißt es, gegenüber der Grundstücksgrenze werde ein geringerer Gebäudeabstand als 2,5 m eingehalten. Die Abschlusswand sei daher nach Art. 31 BayBO als Brandwand auszubilden. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften des vorbeugenden Brandschutzes ausschließlich in der Verantwortung des Bauherrn und seines Entwurfsverfassers liege.

Nach den mit Genehmigungsvermerk des Beklagten versehenen Bauvorlagen beträgt der Abstand des streitgegenständlichen Wohnhausanbaus der Beigeladenen (Wandhöhe 3,74 m) zur Grenze zum Grundstück Fl.Nr. ... 0,85 m auf einer Länge von 2,3 m. Nach dem vom Beklagten genehmigten Plan wird ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad auch beim nächstgelegenen Fenster (Küchenfenster) im Wohngebäude auf Grundstück Fl.Nr. ... gewährleistet.

Der Versuch der Zustellung des Bescheids vom 13. März 2008 an den Rechtsvorgänger der Kläger scheiterte. Die Klägerin zu 2) hat am 8. Oktober 2010 auf dem Grundstück der Beigeladenen Bautätigkeit bemerkt und sich mit Schreiben vom 12. Oktober 2010 an den Beklagten gewandt. Der streitgegenständliche Bescheid wurde der Klägerin zu 1) am 19. Oktober 2010 bekanntgegeben.

Die am 9. November 2010 erhobene Klage der Kläger zu 1) bis 3) wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. März 2011 ab (AN 9 K 10.02288). Zur Begründung führte die Kammer aus, eine Rechtsverletzung zulasten der Kläger ergebe sich insbesondere nicht aus der vom Beklagten zugelassenen Abweichung von den Anforderungen an die Abstandsflächen. Gemäß Art. 70 Abs. 1 BayBO a. F. könne die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen nach der Bayerischen Bauordnung zulassen, wenn diese ohne Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar seien. Auch der einschlägige Bebauungsplan lasse Abstandsflächenunterschreitungen bzw. die Nichtanwendung von Art. 6 Abs. 4 BayBO a. F.(d. h. BayBO in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) zu (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO a. F.). Das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 70 Abs. 1 BayBO a. F., der die Entscheidung über die Zulassung von Abweichungen in das Ermessen der Bauaufsichtsbehörde stelle, habe der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid ohne Rechtsfehler bejaht und seine Erwägungen im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens in nachvollziehbarer Weise ergänzt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO). Auch der vom Gericht durchgeführte Ortsaugenschein bestätige dieses Ergebnis. Der Beklagte habe zu Recht auf die zulasten der Beigeladenen bestehende Atypik der Bebauungssituation auf dem Grundstück der Beigeladenen hingewiesen. Das Grundstück sei - außer zur Straßenseite hin - nahezu rundum von grenzständiger bzw. äußerst grenznaher Bebauung umgeben und insoweit gleichsam „eingemauert“. Zu der sich hieraus ergebenden außergewöhnlichen Belastung des Grundstücks der Beigeladenen trage vor allem auch die Bebauungssituation auf den klägerischen Grundstücken ganz maßgeblich bei. So halte das Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. ... lediglich einen Grenzabstand von 1,85 m zum Grundstück der Beigeladenen ein. Das Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. ... - mit zwei Vollgeschossen - sei sogar unmittelbar an die Grenze gebaut und ein Garagengebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ... sei ebenfalls unmittelbar grenzständig und weise darüber hinaus im Bereich des Beigeladenengrundstücks einen Dachüberstand von ca. 2 m auf. Schon aus einer derartigen baulichen Situation, die von der eigentlichen Nichteinhaltung von Abstandsflächen geprägt sei, könne sich eine Einschränkung bzw. ein Ausschluss des nachbarlichen Abwehrrechts ergeben. Demgegenüber halte das Wohnhaus auf dem Grundstück der Beigeladenen - ohne den streitgegenständlichen Anbau - einen Grenzabstand zum klägerischen Grundstück Fl.Nr. ... von immerhin 2,25 m ein. Der streitgegenständliche Anbau selbst sei jedenfalls nicht unmittelbar grenzständig (Abstand 0,85 m) und erstrecke sich nach Osten hin (in Richtung der klägerischen Wohngebäude) auch (nur) auf eine begrenzte Länge von 4,5 m bei einer Höhe von 3,74 m. Zugleich sei nach den Bauvorlagen zugunsten des Wohngebäudes auf dem klägerischen Grundstück Fl.Nr. ... ein Lichteinfallswinkel zu den dort gelegenen Fenstern von 45 Grad - und damit auch eine hinreichende Belichtung - sichergestellt. Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände sei gegen die seitens des Beklagten gewährte Abweichung von Rechts wegen nichts zu erinnern.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Februar 2012 wurde die Berufung der Klägerin zu 2) zugelassen, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zur Begründung wurde ausgeführt, das Landratsamt habe mit Bescheid vom 13. März 2008 eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen, ohne das dafür erforderliche Ermessen auszuüben. Da kein Ermessen ausgeübt worden sei, hätten die Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren auch nicht gemäß § 114 Satz 2 VwGO nachgeholt werden können. Deshalb sei die Erteilung der Abweichung rechtswidrig, was die Klägerin zu 2) in ihren Rechten verletze. Die Festsetzung im einschlägigen Bebauungsplan unter D 1.4.5 der textlichen Festsetzungen rechtfertige die Verringerung der Abstandsfläche nicht, weil entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan, die die Bestimmung der verkürzten Abstandsfläche für das Baugrundstück ermöglichen würden (z. B. Baugrenzen) fehlten.

Am 24. Mai 2012 erließ der Beklagte einen Ergänzungsbescheid zur bauaufsichtlichen Genehmigung vom 13. März 2008 mit folgendem Inhalt:

„1. a) Für das Bauvorhaben werden Abweichungen von den Abstandsflächenbestimmungen des Art. 6 BayBO 1998 (Art. 6 BayBO 2008) nach Maßgabe der mit Bescheid vom 13. März 2008 genehmigten Bauvorlagen zugelassen. Diese Abweichungen beziehen sich auf die südlichen und östlichen Außenwände des Wohnhausanbaus auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung .... Damit werden die auf dem Baugrundstück erforderlichen Abstandsflächentiefen von 1 H (…) bezüglich des benachbarten Grundstücks Fl.Nr. ..., Gemarkung ... an der Südseite und die Abstandsflächentiefen ½ H bzw. mindestens 3 m bezüglich der benachbarten Grundstücke Fl.Nrn. ... und ..., Gemarkung ..., an der Ostseite unterschritten. An der Südseite des Wohnhausanbaus ist von einer Wandhöhe von maximal 3,80 m auszugehen. Die tatsächliche Abstandsflächentiefe hat hier lediglich eine Tiefe von 1,90 m an ungünstigster Stelle. An der Ostseite des Wohnhausanbaus ist ebenfalls von einer Wandhöhe von maximal 3,80 m auszugehen.

Der geplante Grenzabstand des Anbaus beträgt bezüglich des Nachbargrundstücks Fl.Nr. ..., Gem. ..., auf einer Länge von 2,30 m lediglich 0,85 m. Der Abstand zum Grundstück Fl.Nr. ..., (…) beträgt auf einer Länge von 2 m an ungünstigster Stelle lediglich 2,60 m. Bestandteil des Wohnhausanbaus ist ein durchsichtiges filigranes Stabgeländer mit einer durchgängigen Gesamthöhe von 0,90 m. Dieses Geländer dient als Absturzsicherung für eine Terrassennutzung oberhalb des Anbaus ohne abstandsflächenrechtliche Relevanz.

b) Für das Bauvorhaben wird eine Abweichung von den Brandschutzbestimmungen des Art. 31 Abs. 2 BayBO 1998 (Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO 2008) zugelassen. Die betroffene südliche Abschlusswand hält zur südlichen Grundstücksgrenze zu Fl.Nr. ...,…, an ungünstigsterStelle einen Abstand von 1,90 m ein. Bis zu einem Abstand von 2,50 m ist hier eine Brandwand zu errichten. In diesem Bereich ist eine Fensterfläche von 2,90 m x 1,40 m = 4,06 m² als Festverglasung mit einer Feuerwiderstandsdauer von F 90 geplant.“

Zur Begründung führte der Beklagte folgendes aus: Die Zulassung der Abweichungen von den Abstandsflächenbestimmungen sowie den Brandschutzbestimmungen erfolge nach pflichtgemäßem Ermessen. Das Bauvorhaben entspreche den Festsetzungen des Bebauungsplanes. Wenn auch die Festsetzung unter Abschnitt D Nr. 1.4.5 zur Verringerung der Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO mangels konkreter Festsetzungen zu dem Baugrundstück nicht anwendbar erscheine, so sei dies dennoch ein Indiz dafür, dass in dem betroffenen Altstadtquartier verkürzte Abstandsflächen städtebaulich vertretbar seien. Die meist geringfügige Unterschreitung der Mindestabstandsflächentiefe von 3 m erscheine unter Würdigung der nachbarlichen Belange vertretbar. Dabei sei davon auszugehen, dass auf dem Baugrundstück eine äußerst beengte bauliche Situation herrsche und dieses Grundstück an drei Seiten durch Gebäude und Gebäudeteile auf den Nachbargrundstücken eingemauert sei. Daraus ergebe sich eine außergewöhnliche Belastung der Bauherrn. Es handele sich um einen atypischen Fall mit baulichen Gegebenheiten, die zur Vermeidung von besonderen Härten für die Eigentümer des Baugrundstücks Abweichungen von den Regelanforderungen des öffentlichen Baurechts rechtfertigten. Der geplante Wohnhausanbau sei mit einem Abstand von 0,85 m nicht unmittelbar grenzständig und erstrecke sich nach Osten hin zu dem Nachbargrundstück Fl.Nr. ... nur auf eine begrenzte Länge von ca. 2,30 m und eine Höhe von maximal 3,80 m. Zum Nachbargrundstück Fl.Nr. ... betrage der Abstand zur östlichen Grenze 3,60 m und zur südlichen Grenze 1,90 m an ungünstigster Stelle. Die Baumaßnahme sei unter Berücksichtigung des baulichen Bestandes des Einfamilienhauses sehr maßvoll und solle lediglich dazu dienen, das bestehende Einfamilienhaus einem Mindestmaß den heutigen Wohnansprüchen anzupassen. Demgegenüber hielten die Wohnhäuser auf den Nachbargrundstücken Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... (...straße ... und ...) zum Grundstück der Bauherrn keinen Abstand ein und erfüllten auch ihrerseits nicht die Brandschutzanforderungen. Der genehmigte eingeschossige Wohnhausanbau stehe einer grenzständigen, teilweise zweigeschossigen Bebauung auf dem Grundstück Fl.Nr. ... gegenüber. Zu den bestandsgeschützten Fensteröffnungen an den Nachbargebäuden werde durch den genehmigten Bauumfang auch an der ungünstigsten Stelle ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad eingehalten. Das oberhalb des Wohnhausanbaus für eine Terrassennutzung vorgesehene Geländer mit einer Höhe von 0,90 m sei als durchsichtiges filigranes Stabgeländer auszubilden. Von diesem Bauteil gehe keine Wirkung wie von einem Gebäude aus, der Lichteinfallswinkel werde nicht beeinträchtigt, eine abstandsflächenrechtliche Bedeutung sei nicht gegeben.

Die Gebäudeabschlusswand an der Südseite des Wohnhausanbaus habe als Brandwand mit einer Festverglasung in F 90 zugelassen werden können, da an dieser Stelle den Brandschutzanforderungen auch in Bezug auf die Bebauung auf dem Nachbargrundstück Fl.Nr. ... genüge getan sei. Der erdgeschossige Wohnhausanbau diene hier lediglich als Eingangsüberdachung mit geringer Brandlast und sei auch keiner gravierenden Brandlast auf der Umgebungsbebauung ausgesetzt. Die betroffenen Grundstücksnachbarn würden an dieser Stelle nicht in geschützten Rechten verletzt.

Nachdem die Hauptbeteiligten im Berufungsverfahren den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten, stellte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 4. Juli 2012 (14 B 12.287) das Verfahren hinsichtlich der Klägerin zu 2) ein und erklärte, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. März 2011 wirkungslos geworden sei.

Am 22. Juni 2012 ließen die Kläger beim Verwaltungsgericht Ansbach erneut Klage erheben. Zur Begründung wird u. a. ausgeführt, dass in den Ermessenserwägungen des Beklagten im Ergänzungsbescheid kein einziger Gesichtspunkt enthalten sei, welcher die Belange der Kläger zum Gegenstand habe. Der Beklagte lasse hierbei die Situation bzw. die Auswirkungen für die Kläger völlig außer Acht. Es sei zu berücksichtigen, dass sich auf dem Grundstück ...straße ... ein Wohngebäude befinde und auf der Westseite - mithin an der zum Grundstück der Bauherrn hingewandten Hausseite - Fenster vorhanden seien. Hierbei handele es sich im Erdgeschoss um ein Badezimmerfenster und ein Treppenhausfenster. Außerdem seien in dem Gebäude auf dem Anwesen ...straße ... ebenfalls Fenster an der Gebäudewestseite vorhanden, insoweit handele es sich um ein Küchenfenster sowie das Fenster des Esszimmers. Während der Grenzabstand des letztgenannten Wohnhauses auf dem Grundstück Fl.Nr. ... 1,85 m zum Grundstück der Bauherrn betrage, sei der streitgegenständliche Anbau an der Ostseite des Hauses der Bauherrn lediglich 0,85 m vom klägerischen Grundstück entfernt. Dieser Anbau erstrecke sich auf eine Länge von 4,50 m und eine Höhe von 3,74 m zuzüglich 0,90 m Terrassengeländer, mithin 4,64 m. Demnach sei zwischen den beiden Gebäuden lediglich 2,60 m Distanz. Der Lichteinfall sei durch die Bebauung auf dem Grundstück der Bauherrn insbesondere im Küchen- und Esszimmerbereich des klägerischen Grundstücks sehr stark beeinträchtigt. Dies werde durch die räumliche Situation der Bebauung des Grundstücks der Bauherrn zusätzlich verschärft. Es werde bestritten, dass ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad, aber vor allem keine erhebliche Beeinträchtigung des Lichteinfalls, vorliege. Aus den Planunterlagen der Bauherrn sei zudem nicht ersichtlich, dass eine Wandisolierung bereits berücksichtigt sei. Da aktuelle Bauvorschriften eine Wärmedämmung von Wänden und Decken verlangen würden, sei zu befürchten, dass die Bebauung weitere 15 bis 20 cm näher an das Grundstück der Kläger heranrücke. Auch die Isolierung des Flachdaches dürfte zu einer Erhöhung um ca. 25 cm führen. Diese Umstände hätten wiederum erhebliche Auswirkungen auf den Lichteinfall. Seitens des Beklagten sei im Ergänzungsbescheid auch die Entstehungsgeschichte der Bebauungen auf den betroffenen Grundstücken vollkommen außer Acht gelassen worden. Hier sei zunächst zu betonen, dass das Gebäude auf dem klägerischen Anwesen seit 1870 in seinen Grundmauern unverändert stehe. Die Bauherrschaft habe erst in den 80er Jahren das Anwesen ...straße ... (Einfamilienhaus mit Garten) von der Stadt ... erworben. Unmittelbar nach dem Erwerb habe die Bauherrschaft einen Anbau an dem bestehenden Einfamilienhaus errichtet. Dabei sei die ursprüngliche Gebäudegrundfläche um ca. 45 Prozent ausgedehnt worden. Dies habe dazu geführt, dass die heute unzumutbar beengte Bausituation geschaffen worden sei. Diese sei ursprünglich nicht gegeben gewesen. Durch die nunmehr geplante weitere Vergrößerung des Gebäudes werde die ohnehin schon beengte Bebauungssituation erheblich verschärft. Dies stehe in eklatantem Widerspruch zu den Ausführungen des Beklagten im Ergänzungsbescheid, in dem von einer „sehr maßvollen Baumaßnahme“ die Rede sei. Der Ansicht, dass das bestehende Einfamilienhaus einem Mindestmaß von heutigen Wohnansprüchen anzupassen sei, sei ebenfalls zu widersprechen. Es könne wohl nicht in Abrede gestellt werden, dass das Einfamilienhaus bereits über ein Bad verfüge.

Der verfahrensgegenständliche Ergänzungsbescheid stelle zwar den Versuch dar, die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bemängelte fehlende Ermessensausübung nachzuholen. Im Ergänzungsbescheid habe aber wiederum kein Ermessensgebrauch stattgefunden, da keinerlei Argumente dargelegt worden seien, die für die Klägerseite sprächen. Zweifellos aber liege ein Ermessensfehlgebrauch dar. Die geplante Baumaßnahme stelle eine unzumutbare Härte für die Kläger dar. Die Bauherrschaft habe in den 80er Jahren das Grundstück in Kenntnis der baulichen Situation erworben. Im Anschluss hieran sei das Gebäude um nahezu 45 Prozent in seiner Grundfläche vergrößert worden. Eine weitere Vergrößerung sei wegen des „Zumauerungseffekts“ und des erheblich eingeschränkten Lichteinfalls nicht mehr hinzunehmen. Dem klaren Hinweis des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in seinem Beschluss vom 6. Februar 2012 folgend ergebe sich aus dem einschlägigen Bebauungsplan der Stadt ... auch kein Indiz dafür, dass verkürzte Abstandsflächen vorliegend städtebaulich vertretbar seien. Auch die im Ergänzungsbescheid zugelassene Abweichung von den Brandschutzbestimmungen werde klägerseits als rechtswidrig erachtet. Im Übrigen fehle in den Plänen eine nach den aktuellen Bauvorschriften erforderliche Wärmedämmung von Wänden und Decken. Es sei zu befürchten, dass die geplante Bebauung somit noch weitere 20 bis 25 cm näher an das Grundstück der Kläger heranrückt. Auch die Isolierung des Flachdachs dürfte zu einer Erhöhung um 25 cm führen. Zudem bestehe nach Auskunft eines beigezogenen Architekten wegen des im Plan nicht ersichtlichen Unterzuges Einsturzgefahr.

Außerdem sei auszuführen, dass dem Beklagten zwischenzeitlich eine Tekturplanung der Beigeladenen vorliege, wonach der bereits errichtete Rohbau abgerissen werden solle. Es sei mit dem verfahrensgegenständlichen Ergänzungsbescheid ein Bauvorhaben genehmigt, dessen Verwirklichung durch die Bauherrschaft so nicht mehr gewünscht werde. Die Genehmigung entspreche folglich aktuell überhaupt nicht mehr dem, was seitens der Beigeladenen beantragt worden sei. Diese Inkongruenz zwischen Baugenehmigung und dem Bauantrag führe folglich bereits zu einer Rechtswidrigkeit des verfahrensgegenständlichen Bescheids.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom 13. März 2008 in Gestalt des Ergänzungsbescheids des Landratsamtes ... vom 24. Mai 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, der von den Klägern reklamierte Bestandsschutz ihrer angeblich seit 1870 bestehenden Anwesen werde durch die Baumaßnahme auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht eingeschränkt bzw. in Frage gestellt. Die tatsächlich gegebene beengte Bausituation könne nicht allein den Beigeladenen angelastet werden. Diese sei selbst an drei Grundstückseiten von baulichen Anlagen umgeben, die die vorgeschriebenen Grenzabstände nicht einhielten. Eine echte Südseite der Anwesen der Kläger werde nicht verbaut. Die ungünstige Grenzbausituation der zusammengebauten Wohnhäuser, Hausnummern ... und ..., könne den Beigeladenen ebenfalls nicht angelastet werden. Entgegen der Ausführungen in der Klagebegründung seien die insgesamt bescheidenen Wohnansprüche der Beigeladenen unter Berücksichtigung einer alters- bzw. auch behindertengerechten Raumaufteilung und Raumgröße als maßvoll zu bezeichnen. Die angesprochene mögliche Wärmedämmung von Wänden und Decken sei nicht Gegenstand des Bauantrags und der Prüfung durch die Untere Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren. Der vom Klägervertreter für notwendig erachtete Unterzug in der Baukonstruktion des Anbaus sei eine Frage der Standsicherheit, die in vereinfachten Baugenehmigungsverfahren durch die Untere Bauaufsichtsbehörde nicht zu prüfen gewesen sei. Behauptete Einsturzgefahr könne aus der genehmigten Planung nicht abgelesen werden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vornahme eines Ortsaugenscheins am 23. Oktober 2013. In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2013 erklärten sich die Beigeladenen bereit, eine alternative Planung zu prüfen, sofern sich die Kläger mit einer Erweiterung nach Süden unter Abweichung von den einzuhaltenden Abstandsflächen einverstanden erklären.

Mit Schriftsatz vom 21. November 2014 weist die Klägerseite darauf hin, dass seitens der Beigeladenen nur drei Skizzen vorgelegt worden seien, die eine Erweiterung nach Süden und Osten zum Gegenstand hätten und zudem die Errichtung einer Terrasse vorsähen.

Der Beklagte teilt mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2014 mit, dass die vorgelegte Planung nicht den Vereinbarungen in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2013 entsprächen. Die Kläger als Rechtsnachfolger von Herrn... seien ihrerseits einer vertraglichen Verpflichtung zur Beseitigung des Nebengebäudes nicht nachgekommen, sondern hätten vielmehr einen Bauantrag auf Genehmigung des Nebengebäudes eingereicht. Das Bauvorhaben, zu dem die Stadt ... ihr Einvernehmen erteilt habe, habe mangels Zustimmung der Beigeladenen unter Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften nicht genehmigt werden können.

Die Beigeladenen bestreiten, einen alternativen Anbau nach Osten verwirklichen zu wollen. Die Klägerseite sei mit den alternativen Planungen nicht einverstanden gewesen, da sie von den Beigeladenen die Unterschrift für ihr eigenes Nebengebäude und weitere Baumaßnahmen wollten, mit denen die Beigeladenen schon aus Platzgründen nicht einverstanden sein könnten.

Die Beigeladenen weisen mit Schreiben vom 29. Mai 2015 ergänzend auf den rechtswidrig erfolgten Überbau bei der Garage und die dringende Notwendigkeit, für die schwerbehinderte Mutter des Beigeladenen einen Baderaum zu schaffen, hin.

In der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2016 erklärt der Beigeladenenvertreter, dass eine Nutzung des Daches des streitgegenständlichen Wohnhausanbaus als Dachterrasse ausgeschlossen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte nebst den beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie für das Ergebnis des Augenscheins vom 23. Oktober 2013 und die mündlichen Verhandlungen auf die Niederschriften sowie die dabei gefertigten Lichtbilder verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Im vorliegenden Klageverfahren wenden sich die Kläger in Erbengemeinschaft als Eigentümer zweier Grundstücke gegen die den Beigeladenen im Wege des Ergänzungsbescheides vom 14. Mai 2012 erteilte Baugenehmigung unter Zulassung bauordnungsrechtlicher Abweichungen von Abstandsflächenvorschriften und Brandschutzbestimmungen. Das Rechtsschutzbegehren ist für die beiden Nachbargrundstücke gesondert zu betrachten und daher gemäß § 88 VwGO als zwei nachbarliche Anfechtungsklagen auszulegen.

Streitgegenstand der vorliegenden Verfahren ist die Baugenehmigung vom 13. März 2008 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 24. Mai 2012. Trotz des eigenständigen Regelungsgehalts einer bauordnungsrechtlichen Abweichung stellt diese auch dann, wenn sie nach Erlass der Baugenehmigung in einem gesonderten Bescheid erteilt wird, um einem möglicherweise nachträglich erkannten Mangel der Baugenehmigung abzuhelfen, einen Teil der Baugenehmigung dar. Durch die nachträglich erteilte Abweichung wird die ursprüngliche Baugenehmigung inhaltlich geändert (vgl. BVerwG v. 17.2.1971 Nr. IV C 2.68, NJW 1971, 1147 zu § 31 Abs. 2 BBauG; Simon/Busse/Dhom BayBO Art. 63 Rn. 58-61, beckonline).

Die Klagen sind zulässig, jedoch nicht begründet.

I.

Der Zulässigkeit der Klagen steht die materielle Rechtskraft eines bereits ergangenen Urteils nach § 121 VwGO nicht entgegen.

§ 121 VwGO verhindert, dass ein Streitgegenstand, über den rechtskräftig entschieden wurde, in einem weiteren gerichtlichen Verfahren zwischen denselben Beteiligten einer erneuten Sachprüfung zugeführt werden kann. Die materielle Rechtskraft schließt somit eine Neuverhandlung und Entscheidung über denselben Streitgegenstand aus (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 121 Rn. 10). Ergeht jedoch in derselben Angelegenheit ein neuer Verwaltungsakt, der insoweit als konstituierendes Element des Streitgegenstandes der Anfechtungsklage anzusehen ist, ist von einem geänderten Streitgegenstand auszugehen, so dass die materielle Rechtskraft des vorangegangenen Urteils der Zulässigkeit einer erneuten Klage nicht entgegensteht und dessen präjudizielle Wirkung als Frage der Begründetheit gegebenenfalls zu berücksichtigen ist (vgl. (vgl. Schoch/Schneider/Bier/Clausing VwGO § 121 Rn. 21-23, beckonline).

Ob gegenüber den Klägern als Erbengemeinschaft bereits ein rechtskräftiges Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. März 2011 (AN 9 K 10.02288) besteht, das das identische Bauvorhaben zum Gegenstand hatte, kann dahingestellt bleiben. Denn mit Erlass des vorliegend angefochtenen Ergänzungsbescheides vom 24. Mai 2012 wurden die Rechtsschutzmöglichkeiten jedenfalls erneut eröffnet.

Für die Anfechtung der mit Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 erteilten Baugenehmigung sind die Kläger zu 1) bis 3) als Erbengemeinschaft (vgl. §§ 2032 ff. BGB) aktiv prozessführungsbefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO.

II.

Die für die Nachbargrundstücke Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... zulässig erhobenen Anfechtungsklagen sind jedoch nicht begründet.

Die Kläger werden durch den den Beigeladenen erteilten Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 nicht in ihren Rechten verletzt, so dass ihnen kein Anspruch auf Aufhebung dieser Baugenehmigung zusteht (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Dahinstehen kann, ob der Annahme einer Rechtsverletzung bereits die Rechtskraft der Feststellungen des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. März 2011 entgegensteht, da im Ergebnis die angefochtene Baugenehmigung vom 13. März 2008 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 24. Mai 2012 keine nachbarschützenden Rechte verletzt.

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die im Genehmigungsverfahren zu prüfen und gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind, weil dieser in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise in einem schutzwürdigen Recht betroffen ist (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 - 4 C 5/87 - BVerwGE 89, 69). Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind ( BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris m. w. N.).

Mangels einschlägiger Übergangsvorschriften beurteilt sich das Vorhaben nach den zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung mithin zum Zeitpunkt des Ergänzungsbescheides vom 24. Mai 2012 gültigen Rechtsvorschriften. Hat sich während des Verfahrens das anzuwendende Recht geändert, so ist das Vorhaben nach Maßgabe des neuen Rechts zu beurteilen, soweit nicht Überleitungsvorschriften die Weitergeltung des alten Rechts ausdrücklich anordnen (vgl. Simon/Busse/Decker BayBO Art. 84 Rn. 3-9, beckonline).

Im vorliegenden Fall wurde ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchgeführt. In dessen Rahmen sind neben den bauplanungsrechtlichen Vorschriften die Anforderungen des Abstandsflächenrechts nur zu prüfen, soweit Abweichungen nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO beantragt wurden (vgl. BayVGH, U.v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 -, Rn. 33, juris).

Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO i. d. F. der Bekanntmachung vom 14. August 2007 (GVBl 2007, 588) kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind.

Bei der Zulassung einer Abweichung von einer dem Nachbarschutz dienenden Vorschrift des Bauordnungsrechts kann der Nachbar nicht nur eine ausreichende Berücksichtigung seiner Interessen beanspuchen, sondern ist er auch dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Abweichung aus einem anderen Grunde objektiv rechtswidrig ist (BayVGH, B.v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 17). Die Auffassung, wonach bei der Abweichung/Befreiung von nachbarschützendem Recht - hier: von Art. 6 BayBO - jeder Verstoß zur Rechtsverletzung des betroffenen Nachbarn führen soll, ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes teleologisch zu reduzieren (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 17). Als Maßgabe für die Überprüfung reicht aus, dass die Abweichung von der Einhaltung nachbarschützender abstandsflächenrechtlicher Bestimmungen die Rechte des betroffenen Nachbarn auch und schon, andererseits aber nur dann verletzt, wenn im Einzelfall die spezifischen objektiven Voraussetzungen für die Annahme eines atypischen Sonderfalls fehlen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015, a. a. O.).

Die mit Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 erteilten Abweichungen von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften (vgl. nachfolgend 1.) und der Einhaltung von Brandschutzbestimmungen (vgl. nachfolgend 2.) verletzen die Kläger nicht in nachbarschützenden Rechten.

1. Bezüglich des Nachbargrundstückes Fl.Nr. ... Gemarkung ... kann offen bleiben, ob die erteilten Abweichungen von den einzuhaltenden Abstandsflächen für den streitgegenständlichen Wohnhausanbau der Beigeladenen rechtmäßig sind, da sich die Kläger wegen eigener, etwa gleichgewichtiger Verstöße gegen Abstandsflächenvorschriften nach Treu und Glauben nicht auf eine Verletzung nachbarschützender Rechte berufen können (vgl. nachfolgend 1.1). Doch auch als Eigentümer in Erbengemeinschaft des Grundstückes Fl.Nr. ... Gemarkung ... werden die Kläger durch die mit Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 erteilte Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften in östlicher Richtung des Bauvorhabens nicht in nachbarschützenden Rechten verletzt (vgl. nachfolgend 1.2.)

1.1 Die Kläger können sich als Eigentümer in Erbengemeinschaft des Grundstücks Fl.Nr. ... Gemarkung ... aufgrund eigener gleichgewichtiger Abstandsflächenverstöße nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die Verletzung abstandsflächenrechtlicher Bestimmungen berufen.

Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann sich ein Nachbar gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, gefahrenrechtlich als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris mit Verweis auf VGH BW vom 29.9.2010 - 3 S 1752/10 - juris). Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist dabei keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen. Der Vorwurf treuwidrigen Verhaltens entfällt dabei nicht dadurch, dass das Gebäude des sich wehrenden Nachbarn in Einklang mit dem damals geltenden Baurecht errichtet worden ist; maßgeblich ist allein, dass er mit seinem Gebäude den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhält (vgl. VG München, B. v. 2.1.2014 - M 8 SN 13.5141 - juris Rn. 43 mit Verweis auf BerlOVG v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris; OVG NRW v. 24.4.2001 - 10 A 1402/98 - juris; NdsOVG v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris).

Das Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. ... mit zwei Vollgeschossen ist sowohl an der östlichen als auch an der südlichen Grenze zum Vorhabensgrundstück grenzständig errichtet. Darüber hinaus weist ein ebenfalls grenzständiges Nebengebäude an der Südseite des Vorhabensgrundstücks einen Überbau in Form eines Dachüberstandes von 2 m Tiefe auf. Demgegenüber wahrt der streitgegenständliche Wohnhausanbau mit einer Wandhöhe von 3,74 m gegenüber dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... in östlicher Richtung einen Grenzabstand von 2,6 m und in südlicher Richtung an der ungünstigsten Stelle einen Grenzabstand von 1,95 m. Die Abstandsflächenverstöße der Kläger sind insoweit als gravierender zu erachten als die Nichteinhaltung der Abstandsflächen durch das Vorhaben der Beigeladenen. Darauf, dass das klägerische Gebäude in seinen Grundmauern seit 1870 unverändert bestehe, kommt es für die Beurteilung der Nichteinhaltung von Abstandsflächen nicht an. In Bezug auf das Nachbargrundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... entstehen durch die erteilte Abweichung auch keine schlechthin untragbaren, gefahrenrechtlich als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnisse. Die Kläger können sich insoweit nach Treu und Glauben nicht auf eine Verletzung der nachbarschützenden Abstandsflächenvorschriften berufen.

1.2 Die erteilte Abweichung verletzt auch die Kläger als Eigentümer in Erbengemeinschaft des Grundstückes Fl.Nr. ... Gemarkung ... nicht in ihren Rechten.

Die Vorschriften des Abstandsflächenrechts dienen in ihrer Gesamtheit dem Schutz der Nachbarn (BayVGH, U.v. 14.10.1985 - 14 B 85 A.1224, BayVBl. 1986, 143, 145 - juris nur LS 3).

Das streitgegenständliche Bauvorhaben (Wohnhausanbau) der Beigeladenen hält die gemäß Art. 6 Abs. 5 S. 1 BayBO grundsätzlich erforderlichen Abstandsflächen nicht ein.

Art. 6 Abs. 5 S. 3 BayBO regelt den Vorrang für Gebäudeabstände, die sich aus städtebaulichen Satzungen (oder örtlichen Bauvorschriften) ergeben. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB können aus städtebaulichen Gründen abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen festgesetzt werden. Die unter D. 1.4.5 in den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes „Sanierungsgebiet ... Nördliche Altstadt“ der Stadt ... vom 1. Dezember 1994 gemäß Art. 7 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 6 BayBO a. F. getroffene Regelung sieht vor, dass bezüglich der Einhaltung von Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO vor Außenwänden von Gebäuden auch Abstandsflächen geringerer Tiefe, als nach Art. 6 BayBO gefordert, liegen dürfen. Wenngleich städtebaulich motivierte Bebauungsplanfestsetzungen dem bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrecht vorgehen (vgl. Molodovsky/Famers/Kraus in: Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand 10/2015, Art. 6 Rn. 10), lässt sich vorliegend den Festsetzungen des Bebauungsplanes „Sanierungsgebiet ... Nördliche Altstadt“ der Stadt ... vom 1. Dezember 1994 aus den textlichen Festsetzungen unter D. 1.4.5 keine eindeutige Bestimmung der einzuhaltenden Abstandsflächen entnehmen. Die im Plan bemaßte Baugrenze markiert insoweit nur die überbaubare Grundstücksfläche. Mangels der Bestimmung einer geringeren Abstandsfläche im Bebauungsplan finden Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO trotz der Festsetzung unter D. 1.4.5 im Bebauungsplan somit Anwendung.

Da jede Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO zur Folge hat, dass die Ziele des Abstandsflächenrechts nur unvollkommen verwirklicht werden, setzt die Zulassung einer Abweichung Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Lüftung (sowie eine Verringerung der freien Flächen des Baugrundstücks) im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen. Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (BayVGH, B.v. 13.2.2002 - 2 CS 01.1506 - juris Rn. 16; B.v. 15.9.2015 - 2 CS 15.1792 - juris Rn. 4). Diese kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben (BayVGH, B.v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 16; B.v. 22.9.2006 - 25 ZB 01.1004 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris Rn. 4). Von Bedeutung ist bei der Beurteilung des Vorliegens der erforderlichen Atypik insbesondere, ob eine sinnvolle Ausnutzung des Baugrundstücks unter Beachtung der Anforderungen des Art. 6 Abs. 5 BayBO unmöglich oder unzumutbar ist (BayVGH, B.v. 30.8.2011 - 15 CS 11.1640 - juris Rn. 16). In dicht bebauten innerstädtischen Bereichen kann eine atypische Situation vorliegen, wenn jedwede bauliche Veränderung der historischen Bausubstanz geeignet ist, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23).

Allerdings ist die erforderliche Atypik in Bezug auf die Einhaltung der Abstandsflächen des Art. 6 Abs. 5 BayBO nicht stets allein schon deshalb gegeben, weil das Vorhaben Außenwände eines Altbestands einbezieht, der die Abstandsflächenvorschriften nicht einhält (BayVGH, B. v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris Rn. 8). Das Vorhandensein eines Altbestandes stellt lediglich eine objektive Gegebenheit dar, die bei Hinzutreten weiterer objektiver Umstände - z. B. Anforderungen der Stadtgestaltung - im Einzelfall eine atypische Sondersituation begründen kann. Die Atypik muss sich aus einer grundstücksbezogenen Zwangslage, aus einer besonderen städtebaulichen Situation ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris Rn. 3). Nicht ausschlaggebend sind insoweit subjektive Verhältnisse wie die persönliche Lage, die wirtschaftlichen Verhältnisse oder Bedürfnisse des Bauherrn wie beispielsweise gesundheitliche Anforderungen (vgl. Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung Kommentar, Stand 10/2015, Art. 63 Rn. 32). Jedoch kann sich die zu fordernde atypische Situation auch aus städteplanerischen Erwägungen im Form eines „städtebaulichen Konzepts” (vgl. BayVGH, B.v. 21.2.2001 - 2 CS 00.3283 - juris Rn. 18) oder aus bauplanungsrechtlichen Festsetzungen ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2007 - 25 CS 07.940 - juris Rn. 12).

Nach diesen Maßstäben ist vorliegend aufgrund der äußerst beengten städtebaulichen Situation und der damit einhergehenden grundstücksbezogenen Zwangslage, der wechselseitigen Verstöße gegen die Abstandsflächenbestimmungen und der städteplanerischen Erwägungen, die in den textlichen Festsetzungen D. 1.4.5 des Bebauungsplanes der Stadt ... von 1994 ihren Niederschlag gefunden haben, vom Vorliegen einer grundstücksbezogenen, atypischen Situation auszugehen.

Das nachbarliche Austauschverhältnis ist vorliegend durch die beiderseitig dichte Bebauung geprägt. Die Eigentümer der im Quartier befindlichen Grundstücke haben unter Verzicht auf die Einhaltung von Gebäudeabständen eine enge Wechselbeziehung geschaffen, die jeden Grundeigentümer zugleich begünstigt und belastet (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 -, Rn. 20, juris).

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die klägerischen Gebäude auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und Fl.Nr....der Gemarkung ... als Doppelhäuser eine bauliche Einheit bilden (vgl. BayVGH, B. v. 5.1.2016 - 1 ZB 15.606 - juris Rn. 8), die an das Vorhabensgrundstück in östlicher Richtung wie ein massiver „Riegel“ angrenzen.

Die gesamte städtebauliche Situation ist von wechselseitigen Verstößen gegen Abstandsflächenvorschriften geprägt. So wahrt das Doppelhaus der Kläger auf dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... mit einer Traufhöhe von ca. 4 m auf einer Länge von ca. 7 m ebenfalls nur einen Grenzabstand von 1,85 m. Demgegenüber hält das streitgegenständliche Vorhaben mit einer Gebäudehöhe von 3,74 m gegenüber dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... auf einer Länge von 2,3 m nur einen Grenzabstand von 0,85 m, im Übrigen auf einer Länge von 7,5 m zumindest einen Grenzabstand von 2,25 m ein.

Für das Vorhabensgrundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... ist von einer grundstücksbezogenen Zwangslage auszugehen. Unter Berücksichtigung der Nachbarbebauung durch Doppelhäuser, der nachbarlichen Abstandsflächenverstöße in südlicher Richtung durch das Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... und der grenzständigen nachbarlichen Bebauung des Grundstücks Fl.Nr. ...Gemarkung ... entlang der gesamten Länge des Vorhabensgrundstückes von 14 m in westlicher Richtung ist das Grundstück der Beigeladenen Fl.Nr. ... Gemarkung ... gleichsam „eingemauert“. Eine sinnvolle Ausnutzung des Vorhabensgrundstücks bzw. Anpassung des Bestandes an zeitgemäße Wohnbedürfnisse erscheint unter Beachtung der Anforderungen des Art. 6 Abs. 5 BayBO insoweit kaum möglich und zumutbar (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2011 - 15 CS 11.1640 - juris Rn. 16).

Die städtebauliche Situation weist somit wechselseitig äußerst beengte Bebauungsverhältnisse auf. Bei der vorgefundenen städtebaulichen Situation hat insoweit außer Betracht zu bleiben, welche Abstandsverstöße zeitlich vorgingen oder ob die nachbarliche Bebauung Bestandsschutz genießt (vgl. OVG Berlin, U.v. 11.2.2003, a. a. O.). Jedwede bauliche Veränderung der historischen Bausubstanz, auch eine nur geringfügige bzw. maßvolle bauliche Erweiterung würde mit Verstößen gegen Abstandsflächenbestimmungen einhergehen (vgl. VG Ansbach, B. v. 26.6.2014 - AN 9 S 14.00658 - juris Rn. 79).

Wenngleich die persönlichen Verhältnisse und gesundheitlichen Bedürfnisse der Bauherren nicht geeignet sind, eine grundstücksbezogene Atypik zu begründen, dient der streitgegenständliche, eingeschossige Wohnhausanbau auch ungeachtet der persönlichen Situation der Beigeladenen der Anpassung des Bestandsgebäudes an zeitgemäße Wohnbedürfnisse.

Diese durch die historische Bausubstanz geprägte städtebauliche Situation hat in den planerischen Festsetzungen des Bebauungsplans der Stadt ... von 1994 ihren Niederschlag gefunden, indem unter den textlichen Festsetzungen D. 1.4.5 „Abstandsflächen geringerer Tiefe” zugelassen werden. Wenngleich die Festsetzung mangels eindeutiger Bestimmung der einzuhaltenden Abstandsflächentiefe nicht von der Geltung des Art. 6 Abs. 4, 5 BayBO dispensiert, so ist das darin zum Ausdruck kommende städtebauliche Konzept im Rahmen der Abweichung zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2007 - 25 CS 07.940 - juris Rn. 12).

Der Beklagte hat somit zu Recht das Vorliegen einer atypischen Sondersituation angenommen.

Liegt die erforderliche Atypik vor, ist weitere Voraussetzung die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung nachbarlicher Interessen. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz - wie bei dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme - eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn (BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 17). Ob eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden kann, beurteilt sich dabei nicht allein danach, wie stark die Interessen des betroffenen Nachbarn beeinträchtigt werden. Es ist stets auch zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 20).

Eine fehlerfreie Ermessensbetätigung bei der Abweichungsentscheidung erfordert eine am Zweck der Befugnis orientierte Entscheidung und die Beachtung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens (Art. 40 BayVwVfG, § 114 VwGO). Bei der im Rahmen der Erteilung einer Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO von der Bauaufsichtsbehörde zu treffenden Ermessensentscheidung handelt es sich um ein tatbestandlich intendiertes Ermessen. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben, so ist die Abweichung in der Regel zuzulassen, es sei denn, es lägen ausnahmsweise dem entgegenstehende besondere Umstände vor (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: 1.2.2015, Art. 63 Rn. 12 m. w. N.). Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung ist aber eine vollständige Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen (vgl. Jäde a. a. O., Art. 63 Rn. 18; Molodovsky a. a. O., Art. 63 Rn. 41). Bei Abweichungen von den Abstandsflächenanforderungen muss sich die Bauaufsichtsbehörde auch ein Gesamtbild der von dem Vorhaben in Anspruch genommenen Abweichungen gemacht haben (vgl. BayVGH, U.v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 -, Rn. 38, juris). Die Bauaufsichtsbehörde hat im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung in Bezug auf eine konkret beantragte Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften nur in den Blick zu nehmen, welche sonstigen Abweichungen von den Anforderungen des Abstandsflächenrechts in Richtung auf das betreffende Nachbargrundstück außerdem beantragt und erteilt wurden (BayVGH, U.v. 29.10.2015, a. a. O., Rn. 39, juris).

Gemessen daran begegnet die Ermessensentscheidung des Beklagten keinen rechtlichen Bedenken. Unter Berücksichtigung, dass es sich um ein tatbestandlich intendiertes Ermessen handelt, hat die Behörde sich vorliegend ein Gesamtbild der von dem Vorhaben in Anspruch genommenen Abweichungen gemacht und die nachbarlichen Belange der Kläger hinreichend berücksichtigt.

Insoweit war vorliegend zu berücksichtigen, dass das Wohngebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... durch den geplanten Wohnhausanbau insbesondere am Küchenfenster eine deutliche Beeinträchtigung der Belichtung durch den Grenzabstand von 0,85 m bei einem Abstand der Gebäude zueinander von 2,7 m erfährt. Der Tatsache, dass es sich bei dem klägerischen Wohnhaus um einen historischen Bestandsbau handelt, ist im Rahmen der Abwägung der nachbarlichen Interessen gegenüber den Interessen der Bauherren indes kein höheres Gewicht beizumessen (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 ZB 12.671 - juris Rn. 10).

Bei dem streitgegenständlichen, eingeschossigen Vorhaben handelt es sich um einen maßvollen Anbau zur Realisierung zeitgemäßer Wohnbedürfnisse. Durch die als Doppelhaus zusammengebauten Wohnhäuser auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ...Gemarkung ... wird die Belichtungssituation auf dem Vorhabensgrundstück der Beigeladenen ebenfalls in besonderem Maße eingeschränkt.

Bei einem Abstand der Gebäude zueinander von 2,7 m und unter Berücksichtigung der Wandhöhe von 3,74 m wird durch das Vorhaben an dem Küchenfenster des klägerischen Wohngebäudes ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad gewahrt, so dass eine ausreichende Belichtung und gesunde Wohnverhältnisse weiterhin gewährleistet sind.

Selbst bei Vorliegen einer atypischen Situation ist in der Rechtsprechung im Hinblick auf die Belichtungssituation anerkannt, dass nur die Einhaltung eines Lichteinfallswinkels von 45 Grad in Höhe der Fensterbrüstung von Fenstern von Aufenthaltsräumen grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicherstellt (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayBO 1974). Dieser Grundsatz gilt zwar nicht ausnahmslos, und kann insbesondere in speziellen Situationen, in denen sich die Belichtungsverhältnisse nicht verschlechtern und der bisherige Bestand der historischen Genehmigungssituation geschuldet ist, der Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen ausnahmsweise nicht entgegenstehen (vgl. BayVGH, B. v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris Rn. 7; B.v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris).

Nach den genehmigten Bauvorlagen wird der Lichteinfallswinkel von 45 Grad vorliegend auch an dem durch den Wohnhausanbau am meisten verschatteten Küchenfenster gewahrt. Dies gilt umso mehr, als die Beigeladenen auf eine Nutzung des Anbaus als Dachterrasse verzichtet haben, und ein Geländer allenfalls auf die bisherige Gebäudekante zurückversetzt wird. Damit löst das Bauvorhaben keine gesundheitsgefährdenden Beeinträchtigungen beim Wohnhaus der Kläger aus, noch führt es dort zu ungesunden Wohnverhältnissen (vgl. VG Ansbach, U.v. 20.4.2010 - AN 3 K 10.00147, AN 3 K AN 3 K 10.00186, AN 3 K AN 3 K 10.00187 -, Rn. 32, juris).

Unter Berücksichtigung der Ausbildung als Brandschutzwand stehen auch die als öffentlicher Belang zu berücksichtigenden Brandschutzbestimmungen der Erteilung der Abweichung von den einzuhaltenden Abstandsflächen nicht entgegen.

Diese Gesamtumstände hat der Beklagte in seiner Ermessensentscheidung vom 24. Mai 2012 hinreichend gewürdigt. Die von der Behörde vorgenommene Überprüfung der Gewährleistung eines Lichteinfallswinkels von 45 Grad impliziert die Berücksichtigung der von dem Vorhaben ausgehenden Verschattungswirkung. Ermessensfehler, wie die von Klägerseite vorgetragene unzureichende Berücksichtigung der nachbarlichen Belange, sind insoweit nicht ersichtlich.

In Würdigung der Gesamtumstände sind die seitens des Beklagten erteilten Abweichungen von den Abstandsflächenbestimmungen daher nicht zu beanstanden.

2. Auch die mit Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 erteilte Abweichung von der Einhaltung der Brandschutzbestimmung des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO können die Kläger nicht mit Erfolg beanstanden.

Die Erteilung einer Abweichung von brandschutzrechtlichen Bestimmungen bedeutet nicht die umfängliche Prüfung brandschutzrechtlicher Anforderungen nach Art. 68 Abs. 1 S. 1 HS. 2 BayBO. Das bauordnungsrechtliche Erfordernis der Ausbildung von Brandwänden nach Art. 28 Abs. 2 BayBO dient auch dem Nachbarschutz (vgl. BayVGH v. 14.11.1973 - BayVBl 1974, 193).

Da die Wohngebäude der Kläger auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... der Gemarkung ... jedoch ebenfalls die Mindestabstände, unter denen Gebäudeabschlusswände als Brandwände auszugestalten sind, nicht einhalten und deren Abschlusswände nicht als Brandwände ausgestaltet sind, können sich die Kläger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die Einhaltung der brandschutzrechtlichen Bestimmung Art. 28 BayBO berufen.

Die im Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 erteilten und angefochtenen Abweichungen erweisen sich somit als rechtmäßig.

Nach alledem waren die Klagen der Kläger als Erbengemeinschaft und Eigentümer der Grundstücke Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... der Gemarkung ... mangels Verletzung nachbarschützender Rechte vollumfänglich abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen einen Sachantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es billigem Ermessen, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO. Das Urteil ist somit im Kostenausspruch gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen,

wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 27/01/2016 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach AN 9 K 14.01832 Im Namen des Volkes Urteil 27. Januar 2016 9 Kammer Sachgebiets-Nr.: 920 Hauptpunkte: Nachbarklage gegen Wohnhausanbau, Abweichung von Abstands
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Annotations

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.