Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 01. Okt. 2015 - AN 6 K 15.00969
Gericht
Principles
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
AN 6 K 15.00969
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 1. Oktober 2015
6. Kammer
Sachgebiets-Nr.: 0250
Hauptpunkte: Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags, Gesetzgebungskompetenz, Beitrag oder Steuer; Selbstbewohnen eines Wochenendhäuschens
Rechtsquellen:
Leitsätze:
In der Verwaltungsstreitsache
...,
- Kläger -
bevollmächtigt: ... Rechtsanwälte, ...
gegen
B. R. Juristische Direktion,
vertreten durch den Intendanten, R.-platz ..., M.
- Beklagter -
wegen Rundfunk- und Fernsehrechts
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 6. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Deininger, den Richter am Verwaltungsgericht Flechsig, den Richter am Verwaltungsgericht Lehner und durch die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund mündlicher Verhandlung vom 1. Oktober 2015 am 1. Oktober 2015 folgendes Urteil:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt mit seiner Klage vom 18. Juni 2015 die Aufhebung des Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheides vom 3. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2015, mit dem rückständige Rundfunkbeiträge nebst Säumniszuschlag für den Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis 30. September 2013 in Höhe von insgesamt 61,94 Euro festgesetzt wurden.
Der Kläger wurde seit 1. April 1986 als privater Rundfunkteilnehmer unter der Teilnehmernummer ... geführt. Seit dem 1. Januar 2013 wird der Kläger zu zwei Rundfunkbeiträgen herangezogen, zum einen für seine im Rubrum angegebene Wohnung, zum anderen für eine Wohnung in ... (...).
Nachdem der Kläger im 1. Quartal 2013 den doppelten Beitrag für beide Wohnungen beglichen hatte, widersprach er formlos mit Schreiben vom 21. Mai 2013 einer doppelten Beitragsheranziehung für sein „Wochenendhäuschen“ und erklärte sich bereit, einen Beitrag im Hinblick auf die bestehenden rechtlichen Bedenken „unter Vorbehalt zu zahlen“. Er verwies außerdem auf „die allgemein gegen den Rundfunkbeitrag bestehenden rechtlichen Bedenken“.
Mit Schreiben vom 9. August 2013 wies der Beitragsservice darauf hin, dass Lauben und Wochenendhäuschen außerhalb von Kleingartenanlagen als Zweitwohnsitz/Ferienwohnung anzumelden seien. Sollte durch eine kommunale Satzung die Nutzung zu bestimmten Zeiten untersagt sein, könne für diese Zeit eine saisonale Abmeldung beantragt werden. Dafür bat der Beklagte um Rücksendung des beigefügten Formulars sowie einer Kopie der kommunalen Satzung. Eine Reaktion erfolgte zunächst nicht.
Der Beklagte setze mit Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheid vom 3. Januar 2014 für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis 30. September 2013 rückständige Rundfunkbeiträge nebst Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 61,94 Euro fest.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 5. Februar 2014 Widerspruch ein. Mit seiner Widerspruchsbegründung vom 27. Februar 2014 wandte sich der Kläger allgemein gegen eine Beitragsheranziehung aus verfassungsrechtlichen Gründen. Zudem sei es schlicht unverhältnismäßig, dass eine Person, die neben ihrer Hauptwohnung noch ein „Wochenendhäuschen“ besitze, zwei Beiträge zahlen solle.
Der Beklagte setzte mit Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheid vom 1. Februar 2014 für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis 31. Dezember 2013 rückständige Rundfunkbeiträge nebst Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 115,88 Euro fest.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 28. Februar 2014 Widerspruch ein.
Der Beklagte setzte mit Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheid vom 1. September 2014 für die Zeit vom 1. April 2014 bis 30. Juni 2014 rückständige Rundfunkbeiträge nebst Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 115,88 Euro fest.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 30. September 2014 Widerspruch ein.
Der Beklagte setze mit Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheid vom 1. Oktober 2014 für die Zeit vom 1. Juli 2014 bis 30. September 2014 rückständige Rundfunkbeiträge nebst Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 115,88 Euro fest.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 28. Oktober 2014 Widerspruch ein.
Den Widerspruch des Klägers vom 5. Februar 2014 begründete dessen Bevollmächtigter mit Schreiben vom 30. März 2015 im Wesentlichen damit, dass der Rundfunkbeitrag in seiner derzeitigen Ausgestaltung abgabenrechtlich als Steuer zu qualifizieren sei. Der Rundfunkbeitrag sei formell verfassungswidrig.
Der Beklagte wies den Widerspruch vom 5. Februar 2014 mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2015 als unbegründet zurück.
Hiergegen ließ der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 18. Juni 2015 Klage erheben, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach
den Bescheid des Beklagten vom 3. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2015 aufzuheben.
Begründet wurde die Klage im Wesentlichen damit, dass der Beitragsbescheid des Beklagten formell und materiell rechtswidrig sei. Der Rundfunkbeitrag sei in seiner derzeitigen Ausgestaltung abgabenrechtlich als Steuer zu qualifizieren, für deren Erhebung weder für die Länder noch für den Bund eine Kompetenz nach Art. 105 f. GG bestehe, weswegen der Rundfunkbeitrag formell verfassungswidrig sei. Der Rundfunkbeitrag beruhe ferner auf der unwiderleglichen gesetzlichen Vermutung, dass in den von der Abgabe erfassten „Raumeinheiten“ Rundfunkempfang stattfinde, was in mehrfacher Hinsicht eine sachlich nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung ungleicher bzw. eine Ungleichbehandlung gleicher Sachen bewirke und damit gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Ferner habe das Landgericht Tübingen entschieden, dass die formellen Anforderungen an den Beitragsbescheid nicht gegeben seien. Weiter habe der Kläger in ..., keine Wohnung. Er sei dort nicht gemeldet und halte sich auch nur stundenweise zu Gartenarbeiten auf dem Grundstück auf. Übernachtet habe er dort bereits seit mehr als 20 Jahren nicht mehr, weshalb dort auch kein nennenswerter Trinkwasserverbrauch stattfinde, weniger als 1 cbm pro Jahr, wovon der Großteil bei der Gartenbewässerung im Frühjahr verbraucht werde. Er wohne ausschließlich in ... unter der im Rubrum angegebenen Adresse.
Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2015 beantragte der Beklagte
die Klage abzuweisen.
Die streitgegenständlichen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof habe die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags festgestellt, gemäß Art. 29 Bayerisches Verfassungsgerichtshofsgesetz seien alle bayerischen Behörden und Gerichte an diese Entscheidung gebunden. Auch der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.5.2014) habe dies bestätigt. Dass auch Zweitwohnungen der Rundfunkbeitragspflicht unterliegen, habe der Bayerische Verfassungsgerichtshof ebenfalls bejaht. Nachdem der Kläger bereits vor der Umstellung auf den Rundfunkbeitrag mit Geräten in beiden Wohnungen angemeldet gewesen sei, sei auch davon auszugehen, dass es sich bei dem Ferienhäuschen um eine Wohnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV handle. Dass er dort angeblich seit 20 Jahren nicht mehr übernachtet habe, beweise im Umkehrschluss nur, dass das Häuschen grundsätzlich zum Wohnen und Schlafen geeignet sei und früher auch dafür genutzt worden sei, damit seien die Kriterien der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV erfüllt. Zudem belege die Auskunft über den Trinkwasserverbrauch, dass das Häuschen auf einem erschlossenen Gelände liege. Ob der Trinkwasserverbrauch „nennenswert“ sei, sei rechtlich unerheblich. Ferner erklärte der Beklagte, dass das Beitragskonto des Klägers - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - bis zum Abschluss des Eilverfahrens sowie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens mahn- und sollausgesetzt worden sei, d. h. der Kläger habe keine Vollstreckungsmaßnahmen zu befürchten.
Der Kläger ließ zur weiteren Klagebegründung mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 20. Juli 2015 vortragen, dass es sich bei dem Wochenendhäuschen um keine Wohnung im Sinne der insoweit maßgeblichen Vorschriften der Abgabenordnung (AO) handle, die ebenso anzuwenden seien, wie die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu berücksichtigen sei, da es sich beim Rundfunkbeitrag um eine Steuer handle. Danach müsse der Steuerpflichtige die Wohnung auch tatsächlich innehaben und sie nicht nur als vorübergehende Bleibe nutzen. Zwar genüge hierfür, dass die Wohnung z. B. über Jahre hinweg jährlich regelmäßig zweimal zu bestimmten Zeiten über einige Wochen benutzt werde. Wer allerdings eine Wohnung von vornherein in der Absicht nehme, sie nur vorübergehend (weniger als sechs Monate) beizubehalten und zu benutzen, begründe dort gerade keinen Wohnsitz (BFH-Urteil v. 30.08.1989, I R 215/85, BStBl II S. 956), Ziffer 4 AEAO zu § 8 AO. Die bloße Absicht, einen Wohnsitz zu begründen und aufzugeben, bzw. die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehörde entfalte allein keine unmittelbare steuerrechtliche Wirkung. Der Kläger nutze - wie bereits vorgetragen - das Wochenendhäuschen gerade nicht als Wohnung, da er sich dort nur stundenweise zu Gartenarbeiten auf dem Grundstück aufhalte. Übernachtet werde dort bereits seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Selbst wenn es sich beim Rundfunkbeitrag um keine Steuer handeln sollte, sei hier kein Zweitwohnsitz und damit keine doppelte Beitragspflicht des Klägers gegeben. Denn selbst wenn das Häuschen grundsätzlich zum Wohnen geeignet sei, so liege durch das Nutzungsverhalten des Klägers eine Entwidmung vor. Der Kläger habe das Häuschen seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr zum Wohnen genutzt, sondern lediglich für einen stundenweisen Aufenthalt. Durch die jahrzehntelange anderweitige Nutzung sei eine Entwidmung als Wohnsitz eingetreten. Das Häuschen werde ausschließlich stundenweise als Gartenlaube genutzt, so dass hier eine Umwidmung als ausschließliches Gartengrundstück erfolgt sei. Diese Umwidmung lasse die Voraussetzungen einer Einordnung als Zweitwohnsitz entfallen. Jedenfalls seien hier die abgabenrechtlichen Bestimmungen entsprechend anzuwenden, da es keine ausdrückliche Regelung gebe. Denn gerade für den Fall einer Ent- bzw. Umwidmung wie dem vorliegenden enthalte die RBStV keine Regelung, so dass hier eine planwidrige Regelungslücke gegeben sei. In entsprechender Anwendung gelte, dass mangels Absicht einer dauerhaften Wohnungsnutzung, sondern ausschließlicher vorübergehender stundenweiser Nutzung, kein Zweitwohnsitz vorliege. Die bloße Anmeldung entfalte keine unmittelbare Wirkung. Der Kläger wohne ausschließlich in ... Darüber hinaus liege eine willkürliche Ungleichbehandlung verschiedener Sachverhalte und damit ein Verstoß gegen Art. 3 Abs.1 GG vor. Der Beklagte stufe ohne weitere Prüfung und ohne Beachtung der vom Kläger vorgetragenen Tatsachen das Gartenhäuschen des Klägers als Zweitwohnsitz ein. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls habe der Beklagte jedoch zu der Einsicht kommen müssen, dass hier die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Zweitwohnsitzes gerade nicht erfüllt seien. Denn das Häuschen werde seit langem nicht zum Wohnen genutzt. Dass es ursprünglich einmal zum Wohnen geeignet gewesen sein mag, dürfe nach so langer Nichtnutzung wir im vorliegenden Fall nicht zulasten des Klägers ausgelegt werden. Eine tatsächliche Nutzung als Zweitwohnsitz finde gerade nicht statt.
Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schriftsatz vom 24. Juli 2015, die vom Kläger zitierten steuerrechtlichen Bestimmungen und Urteile könnten keine Anwendung finden, da höchstrichterlich entschieden sei, dass der Rundfunkbeitrag keine Steuer sei. Aufwändige Beweisfragen, anhand deren die steuerliche Belastung zu klären sei, sollten im Rundfunkbeitragsrecht gerade keine Rolle spielen, Aufwand, Ertrag und Belastung des Abgabenpflichtigen stünden dann erkennbar in keinem vernünftigen Verhältnis. Alleinentscheidend sei, dass seine Wohnung zum Wohnen oder Schlafen geeignet sei. Das individuelle Nutzungsverhalten oder eine „Entwidmung“ könnten im Beitragsrecht, das anhand objektiv nachprüfbarer Kriterien nach dem Gebot der Lastengleichheit umsetzbar sein müsse, keine Rolle spielen.
Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten wurde das Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes mit Beschluss vom 7. August 2015 - AN 6 S 00968 - eingestellt, wobei dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden, da sein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vom 18. Juni 2015 aller Voraussicht nach ohne Erfolg geblieben wäre.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogene Akte des Bayerischen Rundfunks Bezug genommen. Wegen des Verlaufes der mündlichen Verhandlung im Einzelnen wird auf den Inhalt der Niederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte auch ohne Anwesenheit bzw. Vertretung des ordnungsgemäß und rechtzeitig geladenen Beklagten, der mit Schriftsatz vom 29. September 2015 mitgeteilt hatte, dass kein Vertreter an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde, verhandelt und entschieden werden, da hierauf nach § 102 Abs. 2 VwGO in der Ladung vom 10. September 2015 hingewiesen worden war.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Beitragsfestsetzungsbescheid vom 3. Januar 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2015 ist rechtmäßig, der Kläger wird hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 2 Abs. 1 RBStV hat im privaten Bereich für jede Wohnung der Inhaber einen Rundfunkbeitrag zu entrichten. Inhaber einer Wohnung, also Beitragsschuldner, ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV). Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV) oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 RBStV).
Der Kläger bestreitet die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrages sowie den Umstand, in ... eine beitragspflichtige (Zweit-) Wohnung innezuhaben bzw. sein „Wochenendhäuschen“ zu Wohnzwecken zu nutzen. Ferner beruft sich die Klägerseite auf eine Entscheidung des Landgerichts Tübingen (B. v. 19.5.2014 - 5 T 81/14).
Aufgrund folgender Überlegungen kann diesen Einwendungen der Klägerseite aus rechtlicher Sicht nicht gefolgt werden, der Kläger wurde zu Recht für seine Zweitwohnung in ... für den streitgegenständlichen Zeitraum von 1. Juli 2013 bis 30. September 2013 zu einem Rundfunkbeitrag herangezogen:
I.
Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Gericht schließt sich der Auffassung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs an (BayVerfGH E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. Vf. 24-VII-12
Der Freistaat Bayern hat mit der Zustimmung zu den vom Kläger beanstandeten Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags von seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 70 Abs. 1 GG Gebrauch gemacht, ohne dabei die durch die Finanzverfassung des Grundgesetzes gezogenen Grenzen zu überschreiten (BayVerfGH E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. Vf. 24-VII-12
Entgegen der Ansicht der Klägerseite handelt es sich bei dem Rundfunkbeitrag um keine Steuer, sondern um eine nichtsteuerliche Abgabe, die in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Sie ist sowohl im privaten wie auch im nicht privaten Bereich im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraussetzungslos“ geschuldet, sondern wird als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben (BayVerfGH E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. Vf. 24-VII-12
Entgegen der Ansicht der Klägerseite begegnet es des Weiteren keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die einheitliche Beitragspflicht nicht von der tatsächlichen Nutzung des Rundfunkangebotes abhängt. Auch die Inhaber von Raumeinheiten, in denen sich keine Rundfunkempfangsgeräte befinden, unterliegen der Beitragspflicht.
Indem der Gesetzgeber für jede selbstbewohnte Wohnung (§ 3 Abs. 1 RBStV) deren Inhaber (§ 2 Abs. 2 RBStV) ohne weitere Unterscheidung einen einheitlichen Rundfunkbeitrag auferlegt, verstößt er entgegen der Ansicht der Klägerseite nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 118 Abs. 1 BV (BayVerfGH E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. Vf. 24-VII-12
Der Rundfunkbeitrag ist vom Gesetzgeber so ausgestaltet worden, dass er als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben wird. Die Verpflichtung zur Zahlung des Rundfunkbeitrags besteht damit unabhängig von der tatsächlichen Rundfunknutzung und knüpft an die bestehende Möglichkeit der Nutzung an, ohne dass die für einen Empfang erforderlichen Einrichtungen vorhanden sein müssen. Ob und inwieweit im jeweiligen Haushalt das Rundfunkangebot auch tatsächlich genutzt wird, ist daher für die Beitragspflicht ohne Relevanz. Unter Berücksichtigung statistischer Erhebungen, wonach in Deutschland in 97% aller Wohnungen mindestens ein Fernseher, in 96% mindestens ein Radio und in 77% mindestens ein internetfähiger Computer vorhanden ist, erscheint eine solche Generalisierung zweckmäßig und zulässig, zumal sie im Gegensatz zu dem bis 31. Dezember 2012 geltenden RGebStV nunmehr in die Privatsphäre eingreifende Feststellungen und Nachforschungen überflüssig macht (Urteil der Kammer v. 12.6.2014 - AN 6 K 13.01675 - m. w. N.).
Dass der Kläger nach eigenem Vortrag auf das Programmangebot in seinem „Wochenendhäuschen“ trotz vorhandener Geräte bewusst verzichtet, ist somit für seine Beitragspflicht unerheblich. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwingt den Gesetzgeber nicht dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollen. Auch der allgemeine Gleichheitssatz verlangt nicht, dass dem einzelnen Wohnungsinhaber zur Vermeidung der Beitragspflicht der Nachweis erlaubt wird, in dem durch seine Wohnung erfassten Haushalt werde das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht empfangen. Insbesondere muss der Gesetzgeber nicht an der für die frühere Rundfunkgebühr maßgeblichen Unterscheidung festhalten, ob ein Empfangsgerät bereitgehalten wird oder nicht. Aufgrund der technischen Entwicklung elektronischer Medien im Zuge der Digitalisierung hat das Bereithalten eines Fernsehers oder Radios als Indiz für die Zuordnung eines Vorteils aus dem Rundfunkangebot spürbar an Überzeugungs- und Unterscheidungskraft eingebüßt. Zudem ist es aufgrund der Vielseitigkeit und Mobilität der fast flächendeckend verbreiteten Empfangsgeräte nahezu ausgeschlossen, das Bereithalten solcher Geräte in einem Massenverfahren in praktikabler Weise und ohne unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre verlässlich festzustellen. Deshalb darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die effektive Möglichkeit der Programmnutzung als abzugeltender Vorteil allgemein und geräteunabhängig besteht (BayVerfGH a. a. O. Rn. 112).
Nichts anderes gilt für die vom Kläger für erforderlich gehaltene Differenzierung nach der Anzahl der Personen pro Wohnung. Weder der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch der allgemeine Gleichheitssatz verlangt eine Abstufung der Beitragshöhe nach der Anzahl der Personen, die die Wohnung bewohnen. Die effektive Möglichkeit der Programmnutzung als abzugeltender Vorteil besteht pro Wohnung unabhängig von der Anzahl der Mitbewohner, die diese Möglichkeit tatsächlich nutzen oder hiervon keinen Gebrauch machen wollen. Unabhängig davon wäre die vom Kläger für erforderlich gehaltene Beitragsstaffelung nach Haushaltsgröße mit einem nicht unerheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verbunden, der nach dem Willen des Gesetzgebers aus bereits genannten Gründen mit der Einführung des RBStV bzw. des wohnungsgebundenen Rundfunkbeitrags gerade vermieden werden sollte. Des Weiteren erscheint es zumindest fraglich, ob eine derartige Beitragsstaffelung überhaupt mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar wäre, was an dieser Stelle allerdings als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben kann.
Im Gegensatz zur bis 31. Dezember 2012 geltenden Rechtslage kommt es ab 1. Januar 2013 also nicht mehr darauf an, inwieweit die Möglichkeit des Rundfunkempfangs vom Wohnungsinhaber auch tatsächlich genutzt wird. Im Gegensatz zur früheren Rundfunkgebühr unterscheidet der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag deswegen auch nicht mehr zwischen Hörfunk- und Fernsehnutzung, sondern erhebt einen einheitlichen, das gesamte Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abdeckenden Beitrag. Es bleibt dem Kläger unbenommen, das Rundfunkangebot - wie vorgetragen - hinsichtlich seines „Wochenendhäuschen“ nicht zu nutzen. Zu Recht weist aber die Pressemitteilung der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom 15. Mai 2014 darauf hin, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in besonderem Maße die Grundlagen der Informationsgesellschaft fördert und einen wichtigen Beitrag zur Integration und Teilhabe an demokratischen, kulturellen und wirtschaftlichen Prozessen leistet. Insoweit ist grundsätzlich jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an der Finanzierungsverantwortung zu beteiligen, weil sie einen gleichsam strukturellen Vorteil aus dessen Wirken zieht.
Ferner ist ein Verstoß gegen das Normenklarheitsgebot ebenfalls nicht ersichtlich. Das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende Bestimmtheitsgebot verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Normenklarheit und der Justiziabilität entsprechen. Gesetze müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Die Gerichte müssen in der Lage sein, die Anwendung der betreffenden Rechtsvorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Weder aus dem Rechtsstaatsprinzip noch aus den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Gewaltenteilung ergibt sich ein Verbot für den Gesetzgeber, unbestimmte Rechtsbegriffe, also Begriffe, die bei der Gesetzesanwendung noch der Konkretisierung bedürfen, zu verwenden. Der Gesetzgeber wird allerdings durch das Rechtsstaatsprinzip verpflichtet, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BayVerfGH E. vom 24.2.1988 VerfGHE 41, 17/24 m.w.N). Mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung muss sich eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift gewinnen lassen (BayVerfGH E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. Vf. 24-VII-12
Schließlich sind nach Auffassung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, der sich die Kammer anschließt, die Härten, die mit der typisierenden Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an eine Wohnung einhergehen, für die Betroffenen in ihren finanziellen Auswirkungen in Höhe von im maßgeblichen Zeitraum monatlich 17,98 Euro (§ 8 RFinStV) nicht besonders intensiv, sondern halten sich unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit im Rahmen des Zumutbaren, zumal in § 4 RBStV Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen für den Fall fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vorgesehen sind (BayVerfGH a. a. O. Rn. 109).
Da der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag aus genannten Gründen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, sah die Kammer auch keine Veranlassung, nach Art. 100 Abs. 1 GG das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
II.
Der Kläger ist Inhaber des Anwesens in ... im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV.
Der Kläger bestreitet zwar, in ... eine beitragspflichtige (Zweit-) Wohnung innezuhaben bzw. sein dortiges „Wochenendhäuschen“ zu Wohnzwecken zu nutzen. Auch ist er nach Auskunft der Verwaltungsgemeinschaft ... dort melderechtlich nicht gemeldet (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV).
Aufgrund der Aktenlage und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht jedoch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger sein „Wochenendhäuschen“ als Inhaber selbst bewohnt.
1. Entgegen der Ansicht der Klägerseite kommt es für die Frage der Rundfunkbeitragspflicht nicht auf den Begriff „Wohnung“ im Sinne der Vorschriften der AO bzw. der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, sondern ausschließlich auf die Legaldefinition des § 3 RBStV an, da der Rundfunkbeitrag aus den bereits unter Ziffer I. dargelegten Gründen nicht als Steuer einzustufen ist.
Nach Nr. 1 des § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV genügt bereits die Eignung einer Raumeinheit zum Wohnen oder Schlafen als Voraussetzung für eine „Wohnung“ im Sinne des RBStV. Ausreichend für eine Wohnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 RBStV ist jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist.
Letzteres ist bei dem erschlossenen „Wochenendhäuschen“ des Klägers unstreitig der Fall. Anhaltspunkte dafür, dass das „Wochenendhäuschen“ des Klägers die Voraussetzungen der Ausnahme des § 3 Abs. 1 Satz 3 RBStV, also einer Gartenlaube im Sinne des § 3 Abs. 2 BKleingG erfüllen würde, sind jedenfalls weder von Klägerseite vorgetragen worden, noch hier ersichtlich.
2. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Kläger das „Wochenendhäuschen“ als Inhaber selbst bewohnt i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV.
Die Vorschriften des RBStV enthalten zwar keine Definition des Begriffs „selbst bewohnt“. Zur Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes, der bei der Gesetzesanwendung noch der Konkretisierung bedarf, ist allerdings u. a. auf den Normzweck und den Normzusammenhang abzustellen. Intention des Gesetzgebers für die ab 1. Januar 2013 gültige Rechtslage war es, dass der Rundfunkbeitrag - im Gegensatz zur früheren Regelung, die etwa bei der Frage der tatsächlichen Nutzung auf in der Privatsphäre des Teilnehmers liegende Umstände abstellte - nunmehr typisierend an äußere Umstände anknüpft.
Nach den Feststellungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (Entscheidung v. 15.5.2014 a. a. O. Rn. 115 ff.) stellt es insbesondere keine willkürliche Gleichbehandlung verschiedener Sachverhalte dar, dass die Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 i. V. m. § 3 RBStV an das Innehaben einer Wohnung anknüpft, ohne zwischen Haupt- und Zweitwohnung zu unterscheiden. Nachdem der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag die Beitragspflicht nunmehr generalisierend und typisierend an die Möglichkeit der Rundfunknutzung durch die einer Wohnung zugeordneten Personen ohne Rücksicht auf die Anzahl der Bewohner und die Art oder Dauer des Wohnens anknüpft, ist es folgerichtig, auf eine Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitwohnung zu verzichten (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 a. a. O., Rn. 116).
Da es Ziel des Gesetzgebers war, die für derartige Einzelfallprüfungen noch nach alter Rechtslage erforderlichen Ermittlungen durch den Beitragsservice in der Privatsphäre mit der Neuregelung des RBStV möglichst zu vermeiden und den Verwaltungsvollzug in einem Massenverfahren zu erleichtern sowie gegen Umgehungsmöglichkeiten oder Missbrauch abzusichern (vgl. BayVerfGH, E. v. 15.5.2014 a. a. O., Rn. 116; OVG Lüneburg, B. v. 23.9.2015 - 4 LA 230/15 - juris, Rn. 7), geben die Bestimmungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV bestimmte Personenkreise vor, die als Inhaber im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV zu vermuten sind.
An dieser Stelle kann für den vorliegenden Fall als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, ob bzw. inwieweit diese Vermutungstatbestände im Einzelfall widerlegbar sind, da hier mangels melderechtlichen Eintrags die Vermutung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 RBStV ohnehin nicht greift.
Gleichwohl sind hier folgende gewichtige Indizien dafür gegeben, dass der Kläger das „Wochenendhäuschen“ als Inhaber selbst bewohnt i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV:
1. Der Kläger war für das genannte Anwesen bereits nach alter, bis 31. Dezember 2012 gültiger Rechtslage mit einem Hörfunkgerät und Fernsehgerät gemeldet gewesen, was ebenfalls eine Zweitwohnung vorausgesetzt hatte. Demgegenüber war er für seine im Rubrum genannte (Haupt-) Wohnung damals lediglich mit einem Hörfunkgerät gemeldet.
2. Im Hinblick auf die behauptete Nichtnutzung des Anwesens zu Wohnzwecken liegt ein wenig glaubhaftes „gesteigertes Vorbringen“ des Klägers vor.
Der Kläger hatte zwar bereits mit seinem Schreiben vom 21. Mai 2013 einer doppelten Beitragsheranziehung für sein „Wochenendhäuschen“ formlos „widersprochen“, allerdings nicht mit der Begründung, er nütze es nicht zu Wohnzwecken, sondern zunächst mit der Begründung, dass er neben seiner Wohnung noch ein „Wochenendhäuschen“ besitze, was aber zu keiner stärkeren Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks führe, da er maximal an einem Ort Radio oder Fernsehen nutzen könne. Diese Begründung kann an sich nur dahingehend verstanden werden, dass die Geräte in beiden Wohnungen vorhanden sind und genutzt werden.
Die Widerspruchsbegründung des Klägers vom 27. Februar 2014 wandte sich hauptsächlich allgemein gegen eine Beitragsheranziehung aus verfassungsrechtlichen Gründen. Die „Zweitwohnung“ wurde lediglich insoweit vom Kläger thematisiert, als es schlicht unverhältnismäßig sei, dass eine Person, die neben ihrer Hauptwohnung noch ein „Wochenendhäuschen“ besitze, zwei Beiträge zahlen solle: Auch insoweit wurde das „Selbstbewohnen“ des Wochenendhäuschens als solches (noch) nicht bestritten.
Die Widerspruchsbegründung seiner Bevollmächtigten vom 30. März 2015 wandte sich lediglich generell gegen eine Beitragsheranziehung aus verfassungsrechtlichen Gründen - also dem Grunde nach auch gegen die nicht streitgegenständliche Heranziehung des Klägers im o. g. Zeitraum für die „Erstwohnung“.
Auch die Klagebegründung vom 18. Juni 2015 beanstandete in erster Linie die (behauptete) Unvereinbarkeit des Beitrags mit der Verfassung. Dass der Kläger keine Zweitwohnung habe, wird nur im letzten Absatz auf der vorletzten Seite der 18-seitigen Klageschrift kurz thematisiert.
Zu diesem Punkt wurde somit erstmals im Laufe des Klageverfahrens mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 20. Juli 2015 ausführlicher vorgetragen.
3. Das Grundstück des „Wochenendhäuschens“ ist erschlossen.
4. Das Wochenendhäuschen besitzt zudem unbestritten über einen eigenen Festnetzanschluss.
Ein eigenständiger Telefonanschuss spricht nach der allgemeinen Lebenserfahrung bereits stark für ein „Selbstbewohnen“ des „Wochenendhäuschens“, zumal bei der vom Kläger behaupteten Nutzung ein Telefonanschluss, der im Vergleich zum Rundfunkbeitrag mit zusätzlichen nicht unerheblichen monatlichen Kosten verbunden ist, an sich entbehrlich wäre. Es widerspricht sich, dass der Kläger einerseits nach eigenem Vortrag das Anwesen nur aufsucht, um das Gartengrundstück zu bearbeiten, er aber andererseits weiterhin die - im Vergleich zum Rundfunkbeitrag nicht unerheblichen - laufenden Kosten für einen (zweiten) Festnetzanschluss trägt, zumal ein solcher Festnetzanschluss für reine Gartenarbeiten wohl dem Grunde nach eher entbehrlich sein dürfte. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, kein Handy zu besitzen. Da der Kläger kein Handy besitzt, spricht der Umstand, dass er im „Wochenendhäuschen“ einen (zweiten) Festnetzanschluss beibehält, dafür, dass er auch dort - wie zuhause - großen Wert auf eine telefonische Erreichbarkeit legt, was ein weiterer wesentlicher Hinweis auf ein „Selbstbewohnen“ im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV ist.
5. Das „Gartenhäuschen“ ist laut Internetrecherche über Google-Maps ein eher recht stattliches Haus, in dessen Grundfläche bspw. bequem mehrere PKW Platz finden würden. Des Weiteren verfügt es ersichtlich über einen Schornstein. Es ist nach den Angaben des Klägers unter anderem mit einer Küche und mit Rundfunk- und Fernsehgeräten ausgestattet.
6. Bereits die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumte Nutzung des Gebäudes, sich bei Regen dort unterzustellen, stellt eine nicht unwesentliche Wohnform dar. Die Möglichkeit, sich bei schlechtem Wetter oder gar Unwetter in geschützte Wohnräume zurückziehen zu können, stellt einen wesentlichen Bestandteil des Wohnens dar. Bei einem reinen Gartengrundstück, als das der Kläger sein Anwesen nach eigenem Vortrag nutzt, bestünde diese Möglichkeit der - vom Kläger eingeräumten - Nutzung als geschützter Wohnraum gerade nicht.
Bei einer Gesamtwürdigung all dieser Indizien spricht nach Auffassung der Kammer bereits die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass ein vollständig erschlossenes Anwesen mit einem Haus dieser Grundfläche, das über einen eigenen Festnetzanschluss verfügt, vom Inhaber auch zu Wohnzwecken genutzt wird.
Nach Auffassung der Kammer hängt ein „Selbstbewohnen“ i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV beispielsweise nicht davon ab, dass die Wohnung notwendigerweise auch zum Schlafen genutzt wird. Bereits aus dem Umkehrschluss des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RBStV - „zum Wohnen oder Schlafen geeignet“ - ergibt sich: Auch ohne Übernachten sind Formen des Selbstbewohnens denkbar. Von daher kann der Vortrag des Klägers, er übernachte dort seit 20 Jahren nicht mehr, als wahr unterstellt werden.
Dass ein derartiges Anwesen ausschließlich zu - wie vom Kläger behauptet - Arbeiten am Gartengrundstück genutzt würde, ist somit mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht zu vereinbaren. Unabhängig davon hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, sich bei schlechtem Wetter in die geschützte Wohnräume zurückziehen, was für die Kammer bereits einen wesentlichen Bestandteil des Wohnens darstellt.
Jedenfalls hätte es bei der geschilderten Sachlage eines Nachweises des gegenteiligen, in der persönlichen Sphäre des Klägers anzusiedelnden Umstands bedurft, dass das „Wochenendhäuschen“ von ihm als Inhaber nicht selbst bewohnt wird.
Die - durch nichts belegte - Behauptung des Klägers, sein „Wochenendhäuschen“ nicht zu bewohnen, ist jedoch kein geeigneter Nachweis, um die vorgenannten gewichtigen Indizien entkräften bzw. gar widerlegen zu können, was im vorliegenden Fall zulasten des insoweit nachweispflichtigen Klägers geht.
Für den maßgeblichen Zeitraum hat er auch keine Befreiungen von der Beitragspflicht oder Ermäßigungen nach § 4 RBStV beantragt.
III.
Soweit sich die Klägerseite auf die von ihr zitierte Entscheidung des Landgerichts Tübingen (B. v. 19.5.2014 - 5 T 81/14) beruft, kann dies zu keinem anderen Ergebnis führen (s. Urteile der Kammer v. 17.9.2015 - AN 6 K 15.00614 sowie AN 6 K 15.00619).
Zum einen sind diese zivilgerichtlichen Entscheidungen, jedenfalls was deren das Verwaltungsrecht betreffenden Feststellungen angeht, aus den vom Beklagten angeführten Gründen offensichtlich rechtsfehlerhaft ergangen. Zum anderen sind diese (verwaltungsrechtlichen) Feststellungen eines Zivilgerichts für das Verwaltungsgericht, das über die vorliegende Streitigkeit des öffentlichen Rechts zu entscheiden hat, ohnehin nicht bindend. Schließlich wurde die Entscheidung des Landgerichts Tübingen
IV.
Nach alledem wurde der Kläger mit dem Beitragsbescheid vom 3. Januar 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2015 zu Recht zu Rundfunkbeiträgen für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis 30. September 2013 herangezogen, weshalb die Klage als unbegründet abzuweisen war.
Der Kläger hat als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen (§§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO).
Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war nach §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat:
Für die Entscheidung der Kammer war die unter Punkt II. erörterte Rechtsfrage von maßgeblicher Bedeutung, welche Voraussetzungen an den unbestimmten Rechtsbegriff „selbst bewohnt“ im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV zu stellen sind, insbesondere welche Form des Wohnens hierfür genügt. Diese Rechtsfrage ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt und über den hier zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam, da vergleichbare Konstellationen von behaupteten „nicht selbst bewohnten“ Zweitwohnungen künftig im Rundfunkbeitragsverfahren entscheidungserheblich werden dürften - insbesondere die Rechtsfrage, ob bzw. inwieweit der in Anspruch genommene Beitragsschuldner für welchen Umstand gegebenenfalls die Beweislast zu tragen hat. Demzufolge war die Berufung nach §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München;
Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in
in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Berufungsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 61,94 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1, Abs. 3 GKG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.
(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Ein Kleingarten soll nicht größer als 400 Quadratmeter sein. Die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sollen bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens berücksichtigt werden.
(2) Im Kleingarten ist eine Laube in einfacher Ausführung mit höchstens 24 Quadratmetern Grundfläche einschließlich überdachtem Freisitz zulässig; die §§ 29 bis 36 des Baugesetzbuchs bleiben unberührt. Sie darf nach ihrer Beschaffenheit, insbesondere nach ihrer Ausstattung und Einrichtung, nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für Eigentümergärten.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Ein Kleingarten soll nicht größer als 400 Quadratmeter sein. Die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sollen bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens berücksichtigt werden.
(2) Im Kleingarten ist eine Laube in einfacher Ausführung mit höchstens 24 Quadratmetern Grundfläche einschließlich überdachtem Freisitz zulässig; die §§ 29 bis 36 des Baugesetzbuchs bleiben unberührt. Sie darf nach ihrer Beschaffenheit, insbesondere nach ihrer Ausstattung und Einrichtung, nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für Eigentümergärten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.