Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 13. Okt. 2016 - AN 5 K 15.01985

published on 13/10/2016 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 13. Okt. 2016 - AN 5 K 15.01985
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Gericht

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist Halterin eines Hovawarts (männlich und blond) namens „…“. In ihrem Haushalt lebt außerdem der weibliche, schwarzmarkene Hovawart der verstorbenen Mutter der Klägerin namens „…“.

Am 24. April 2015 ereignete sich auf einem Feldweg am … in Richtung … ein Beißvorfall. Der Geschädigte erstattete am 25. April 2015 bei der Polizeiinspektion … Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung. Er trug vor, dass er am 24. April 2015 gegen 14:00 Uhr am … auf einem Feldweg mit dem Fahrrad unterwegs gewesen sei. Er sei auf die Klägerin getroffen, die mit zwei nicht angeleinten Hunden unterwegs war. Die Hunde seien aus einer Entfernung von circa 100 Meter auf ihn zugerannt. Die Klägerin habe gerufen, er möge stehen bleiben. Der Geschädigte sei auch stehen geblieben, dennoch rannten die Hunde zu ihm. Einer der beiden Hunde, vermutlich ein Golden Retriever, habe ihn einfach in den linken Oberschenkel gebissen, wodurch er eine blutende Bisswunde davongetragen habe. Die Klägerin habe sich bis auf eine Entfernung von circa 10 Meter Distanz zu ihm genähert, ihre Hunde zu sich gerufen und angeleint.

Mit Schreiben vom 26. Juni 2015 hörte die Beklagte daraufhin die Klägerin im Hinblick auf die mögliche Anordnung eines Leinen- und/oder Maulkorbzwanges für ihre Hunde an.

Mit Schreiben vom 27. Juli 2015 nahm der Bevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten zum Vorfall am 24. April 2015 Stellung.

Die Klägerin sei am 24. April 2015 mit beiden Hunden unterwegs gewesen. Als der Geschädigte, Herr …, aus relativ kurzer Entfernung, circa 20 bis 30 Meter, aus dem Wald mit hoher Geschwindigkeit angefahren kam, sei sie gerade im Begriff gewesen ihre zwei Hunde anzuleinen. Die Klägerin habe den Geschädigten aufgefordert stehen zu bleiben, was er nicht unmittelbar getan habe. Erst als einer der Hunde auf den Geschädigten zugegangen sei und laut gebellt habe, habe dieser angehalten. Daraufhin sei es zu dem Vorfall gekommen, bei dem einer der Hunde der Klägerin den Radfahrer gezwickt habe.

Mit Schreiben vom 8. September 2015 hörte die Beklagte die von der Klägerin benannte Zeugin, Frau …, an. Frau … äußerte sich mit Schreiben vom 11. September 2015 und erklärte, die Klägerin sei am 24. April 2015 mit ihr und den Hunden gemeinsam am … in Richtung … spazieren gegangen, als sich der Geschädigte auf einem Fahrrad näherte. Die Hunde, die nicht angeleint waren, seien erschrocken und einer der Hunde der Klägerin sei bellend auf den Geschädigten zugelaufen. Die Klägerin habe den Radfahrer aufgefordert stehen zu bleiben. Der Hund habe nicht gebissen, sondern in der Aufregung gezwickt, eine Bisswunde habe sie nicht gesehen.

Am 21. September 2015 erließ die Beklagte der Klägerin gegenüber einen am 25. September 2015 zugestellten Bescheid mit folgenden Regelungen:

„Ziff: 1 Die Klägerin wird verpflichtet, ihre beiden Hunde außerhalb ihres befriedeten Besitztums nur noch an einer reißfesten Leine mit schlupfsicherem Halsband oder alternativ fest anliegendem Brustgeschirr zu führen. Die Leine darf dabei eine Länge von maximal 2 Meter innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und maximal 3 Meter außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nicht überschreiten. Alternativ ist ein Freilauf außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile mit angelegtem und schlupfsicherem Maulkorb zulässig.“

Unter Ziff. 2 ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung der Ziff. 1 des Bescheides an. Unter Ziff. 3 wurde für den Fall eines Verstoßes gegen die Ziff. 1 ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR für fällig erklärt.

Auf den Inhalt und die Begründung des Bescheids vom 21. September 2015 insgesamt wird Bezug genommen.

Am 23. Oktober 2015 erhob die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach und beantragte,

den Bescheid der Beklagten vom 21. September 2015 aufzuheben.

Zur Begründung trug der Bevollmächtigte vor, der Sachverhalt sei im Bescheid völlig unzureichend und nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend wiedergegeben. Die Rechtsanwendungen und Ermessensentscheidung seien fehlerhaft.

Mit Schriftsatz vom 10 November 2015 erwiderte die Beklagte auf die Klage und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt die Beklagte aus, der Bescheid stütze sich auf Art. 18 Abs. 1 und 2 LStVG. Die Klägerin sei am 24. April 2015 nicht in der Lage gewesen, ihre Hunde beim Herannahen des Fahrradfahrers zurückzurufen. Nicht nachvollziehbar sei insbesondere auch, dass die Klägerin den Geschädigten zum Stehenbleiben angehalten und nicht ihre Hunde zurückgerufen habe.

Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2016 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin weiterhin,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 27. Juli 2015 gegen die für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen der Beklagten in dem Bescheid vom 21. September 2015 teilweise wiederherzustellen.

Der Prozessbevollmächtigte trug ergänzend vor, dass der Verlauf am Ort des Geschehens am 24. April 2015 in dem Bescheid nicht richtig wiedergegeben sei. Die Klägerin sei an dem 24. April 2015 zwar mit zwei Hunden spazieren gegangen, sie sei aber nur Halterin eines Hundes, eines männlichen blonden Hovawarts und nicht eines Golden Retrievers. Halterin des schwarzen Hovawarts sei ursprünglich ihre zwischenzeitlich verstorbene Mutter gewesen, die unter der gleichen Adresse lebte. Nach dem Tod der Mutter sei der Ehemann der Klägerin Halter des Hundes geworden. Im Übrigen seien nicht beide Hunde auf den Radfahrer zugelaufen, ein gemeinsamer Angriff habe nicht stattgefunden. Der Bescheid sei unbestimmt und enthalte schwerwiegende Fehler, er sei deshalb nichtig. Aus dem Bescheid gehe nicht hervor, auf welche Hunde sich die Regelungen beziehen sollen. Auch sei die Klägerin nicht ausreichend angehört worden. Aus dem Anhörungsschreiben ergebe sich nicht, dass Regelungen bezüglich zweier Hunde getroffen werden sollen. Im Übrigen sei der Bescheid ermessensfehlerhaft. Der zweite Hund der Klägerin sei sitzengeblieben, während der andere Hund auf den Radfahrer zugerannt sei. Dies spreche für das ruhige Wesen des zweiten Hundes. Jedenfalls sei die Klägerin nicht Halterin eines zweiten Hundes und könne insofern auch nicht verpflichtet werden.

Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin sei bereits im Anhörungsverfahren mit dem Vorwurf konfrontiert worden, Halterin von zwei Hunden zu seien. Die irrtümlich Annahme und somit die fehlerhafte Bezeichnung des Hundes der Klägerin in dem streitgegenständlichen Bescheid als Golden Retriever und nicht als Hovawart resultiere aus den Angaben des Geschädigten bei der Polizeiinspektion … Dieser gab an, von dem Golden Retriever der Klägerin gebissen worden zu sein. Es ergebe sich aber aus dem streitgegenständlichen Bescheid insgesamt zweifelsfrei, dass sich die Anordnungen auf die zwei Hunde beziehen, die die Kläger am 25. April 2015 ausführte. Der Geschädigte habe auch ausgesagt, dass zwei Hunde auf ihn zugelaufen seien. Die von der Klägerin benannte Zeugin habe keine Aussage über das Verhalten des zweiten Hundes gemacht. Die Klägerin selbst habe vorgetragen, dass sich die Hunde bedroht fühlten, einer der Hunde tiertypisches Schutzverhalten zeigte und sie schließlich die Hunde zurückgerufen habe. Auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung sei daher davon auszugehen, dass die Hunde typisches Rudelverhalten zeigten und dass auch der zweite Hund mitgerannt sei. Nur ein Hund habe gebissen.

Des Weiteren stellten große, freilaufende Hunde nach der ständigen Rechtsprechung des BayVGH generell schon eine abstrakte Gefahr dar, wobei vorliegend die Rudelhaltung die Gefahrenlage weiter verstärkt habe. Der Bescheid sei insofern auch nicht hinsichtlich des zweiten Hundes ermessensfehlerhaft. Jedenfalls sei die Klägerin als Zustandsstörerin im sicherheitsrechtlichen Sinn anzusehen, auch wenn sie nicht Halterin im zivilrechtlichen Sinne sein sollte. Die Klägerin sei Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über beide Hunde gewesen.

Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2016 trug der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ergänzend vor, dass die Beklagte hinsichtlich der Identität der Hunde nicht ausreichend ermittelt und hinsichtlich der Störerauswahl kein Ermessen ausgeübt habe. Der Bescheid sei nicht vollstreckbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte einschließlich der Sitzungsniederschrift sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist insgesamt rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Beklagte hat gegenüber der Klägerin in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 21. September 2015 zu Recht Anordnungen bezüglich der Haltung ihrer Hunde getroffen.

Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass die Anordnungen in Ziff. 1 des Bescheids vom 21. September 2015 auf Art. 18 Abs. 2 LStVG gestützt werden können. Danach können die Gemeinden zum Schutz von Leben, Gesundheit, Eigentum oder öffentlicher Reinlichkeit Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden treffen.

Nicht zu beanstanden ist zunächst, dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 21. September 2015 die Klägerin in Anspruch nimmt. Maßnahmen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG sind nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten. Adressat einer Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG kann somit neben dem Halter jeder sein, in dessen Obhut das Tier so überlassen wird, dass der Halter damit die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit verliert (VG Ansbach, B.v. 1.6.2005 - AN 5 S. 05.01353 - juris Rn. 11; Schenk in: Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: 35. Lfg. Sept. 2014, Art. 18, Rn. 87). Unstreitig ist, dass die Klägerin Halterin des blonden Hovawarts ist. Auch wenn im vorliegenden Fall nach dem Sachvortrag der Klägerin Halter des schwarzen Hovawarts „…“ der Ehemann der Klägerin ist, so konnten die Anordnungen zur Haltung dennoch wirksam gegenüber der Klägerin verfügt werden. Auf das Eigentum am Hund kommt es dabei nicht an. Nach Art. 18 Abs. 2 LStVG kann auch derjenige in Anspruch genommen werden, der als Inhaber der tatsächlichen Gewalt über den Hund auftritt (VG Ansbach, B. v. 1.6.2005 - AN 5 S. 05.01353 - juris Rn. 11). Dies ist bei der Klägerin der Fall, da sie auch den schwarzen Hund regelmäßig alleine ausführt und sich auch anderen gegenüber als Halterin geriert. Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin die tatsächliche Gewalt auch über den schwarzen Hovawart „…“ derart übernommen, dass sie als Adressatin von Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG herangezogen werden kann.

Tatbestandlich setzt Art. 18 Abs. 2 LStVG voraus, dass eine konkrete Gefahr, also eine Sachlage, bei der die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit der abzuwehrende Schaden eintritt, vorliegt. Dabei sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer der möglicherweise eintretende Schaden und je ranghöher das bedrohte Rechtsgut ist. Das sicherheitsrechtliche Einschreiten zur Gefahrenabwehr setzt demnach nicht voraus, dass bereits ein schädigendes Ereignis, bei dem Gesundheit oder Eigentum anderer Personen geschädigt wurde, stattgefunden hat. Zu Beißzwischenfällen muss es vor Erlass einer Anordnung nicht notwendigerweise gekommen sein, es genügt vielmehr schon, wenn sich ein Hund gefahrdrohend gezeigt hat, ohne dass der Halter hiergegen eingeschritten wäre (BayVGH, B. v. 11.11.2003, 24 CS 03.2796, juris Rn. 8). Ist es hingegen bereits zu Zwischenfällen gekommen, sind sicherheitsrechtliche Anordnungen zur Abwehr der realisierten Gefahr in der Regel nicht nur zulässig, sondern vielmehr geboten. Im Übrigen bejaht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine konkrete Gefahr bei freilaufenden großen und kräftigen Hunden auch dann, wenn es noch nicht zu Beißvorfällen gekommen ist (BayVGH, U.v. 9.11.2010 - 10 BV 06.3053 - juris Rn. 25; B.v. 14.7.2011 -10 ZB 10.1825 - juris Rn. 17). Von einem größeren Hund geht demnach eine konkrete Gefahr bereits dann aus, wenn er ein hundetypisches freundliches und verspieltes Verhalten zeigt.

Nach diesen Maßstäben geht von den Hunden „… “ und „…“ eine konkrete Gefahr im Sinne des Art. 18 Abs. 2 LStVG aus.

Die beiden Hovawarts der Klägerin sind schon als große Hunde im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des BayVGH anzusehen. Darüber hinaus ergibt sich die konkrete Gefahr hier aus dem in den Verwaltungsakten dokumentierten Vorfall vom 24. April 2015, welcher durch die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2016 bestätigt worden ist. Der Zeuge … hat detailliert und glaubhaft, in Übereinstimmung mit den Angaben vor der Polizeiinspektion … am 25.04.2015, ausgesagt, dass er der Klägerin am 24.04.2015 auf einem Waldweg in Richtung Erlangen begegnet sei, als diese mit ihren zwei großen unangelein-ten Hunden spazieren ging. Nach den Schilderungen des Zeugen sind ihm die beiden Hunde bellend aus ca. 100 Metern Entfernung entgegengerannt, als er sich mit dem Fahrrad näherte. Er ist zwar stehengeblieben und hat das Fahrrad schützend vor sich gehalten, doch der blonde Hund, vermutlich ein Golden Retriever, hat ihn in den linken Oberschenkel gebissen. Das von dem Zeugen vorgelegte ärztliche Attest der … Kliniken vom 24.04.2015, wonach der Zeuge sich wegen eines Hundebisses in den linken Oberschenkel in ambulanter Behandlung befand, belegt diese Angaben. Der Vorfall wird von der Klägerseite auch im Wesentlichen eingeräumt. Die Klägerin trägt lediglich vor, dass sie den Radfahrer erst in ca. 20 Metern Entfernung bemerkt habe und dass der schwarze Hovawart nicht mitgerannt, sondern in ihrer unmittelbaren Nähe geblieben sei. Auf Vorhalt dieses Vortrags in der mündlichen Verhandlung hat der Zeuge … erklärt, er könne sich sehr gut an die Situation erinnern, da er überlegt habe, was er tue, wenn er von beiden Seiten von einem Hund angegriffen wird. Die von der Klägerin benannte Zeugin … hat in ihrer von Gedächtnislücken geprägten Aussage den Beißvorfall im Wesentlichen bestätigt, zu dem Verhalten des schwarzen Hovawarts „…“ konnte sie keine konkreten Angaben machen. Aufgrund der plausiblen und glaubwürdigen Aussage des Zeugen …, insbesondere der detaillierten Wiedergabe seiner Gedanken in der konkreten Angriffssituation, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass beide Hunde der Klägerin dem Radfahrer bellend entgegengerannt sind und der blonde Hovawart „…“ diesen in den linken Oberschenkel gebissen hat. Nach alldem besteht kein Zweifel daran, dass die Beklagte auf Grundlage des Vorfalls vom 21. September 2015 das Bestehen einer konkreten Gefahr für die von Art. 18 Abs. 2 LStVG geschützten Rechtsgüter Gesundheit und Eigentum annehmen durfte.

Ist mit der von den Hunden ausgehenden konkreten Gefahr der Tatbestand des Art. 18 Abs. 2 LStVG erfüllt, steht es im Ermessen der Beklagten, Anordnungen für den Einzelfall zu treffen. Dieses Ermessen hat die Beklagte hinsichtlich der Auswahl der von ihr angeordneten Maßnah men zur Abwehr der von den Hunden der Klägerin ausgehenden Gefahren in rechtlich nicht zu beanstandender Weise und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach Art. 8 LStVG ausgeübt.

Nicht zu beanstanden ist die Entscheidung der Beklagten, den Leinenzwang auf beide klägerische Hunde zu erstrecken. Denn die Gefahrenlage besteht unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einem Beißvorfall gekommen ist, gerade auch darin, dass die großen Hunde frei gelaufen und bellend auf den Radfahrer zugerannt sind. Ein Hovawart ist ein großer und kräftiger Hund, der durchaus Respekt einflößt und allein durch sein Auftreten das Wohlbefinden von Personen, die ihm in der Öffentlichkeit begegnen und die sich durch ihn (wenn auch nur subjektiv) bedroht und gefährdet fühlen, beeinträchtigen kann (vgl. BayVGH, U.v. 9.11.2010 - 10 BV 06.3053 - juris Rn. 25; B.v. 14.7.2011 - 10 ZB 10.1825 - juris Rn. 17). Darüber hinaus erhöht das Rudelverhalten der zwei aneinander gewöhnten Hunde der Klägerin deutlich das Gefahrenpotential, das nur von einem der Hunde einzeln ausgehen würde (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2015 - 10 CS 14.2820 - juris Rn. 6). Das freie Umherlaufen mehrerer Hunde ist besonders geeignet, bei Passanten verstärkt Ängste hervorzurufen.

Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin widerspricht die unter Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Regelung nicht dem Bestimmtheitsgebot nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Nach dieser Vorschrift muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss, aus der Verfügung selbst zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1990 - 4 C 41/87 - juris Rn. 29). Maßgeblich ist insofern die am objektiven Empfängerhorizont orientierte Auslegung der behördlichen Anordnung. Zwar wurde im Tenor des streitgegenständlichen Bescheides weder Rasse noch Name der Hunde genannt und in den Gründen aufgrund der Angaben des Zeugen … bei Anzeigeerstattung vor der Polizeiinspektion … der blonde Hovawart „…“ als Golden Ret-riever bezeichnet. Trotz der irrtümlichen Falschbezeichnung der Rasse ist nach Auffassung des Gerichts für die Klägerin jedoch aus dem Tenor und den Gründen des Bescheides eindeutig und zweifelsfrei erkennbar, dass sich die an sie gerichteten Anordnungen der Beklagten auf die zwei in ihrem Haushalt lebenden Hunde der Rasse Hovawart beziehen. Auch ist die Ziff. 1 durchaus geeignet, Grundlage für Maßnahmen zu ihrer zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Die Anordnungen sind folglich hinreichend bestimmt.

Der angeordnete Leinenzwang ist auch geeignet und erforderlich, sicherzustellen, dass der Hundehalter jederzeit die Möglichkeit des Einwirkens auf die Hunde hat und diese unter seiner ständigen Kontrolle stehen. Da diese Einwirkungsmöglichkeit bei Freilauf entfällt, stellt in diesem Fall der alternativ angeordnete Maulkorbzwang ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel zur Gefahrenabwehr dar.

Die angeordneten Maßnahmen verstoßen auch nicht gegen das Übermaßverbot. Es sind keine weniger einschneidenden Maßnahmen ersichtlich, die zum Schutz der durch die Hunde der Klägerin gefährdeten Rechtsgüter gleichermaßen geeignet wären. Im Hinblick auf den hohen Rang der gefährdeten Rechtsgüter stellt der Leinenzwang nur eine geringe Belastung der Klägerin dar. Es handelt sich mithin um Maßnahmen, die ein verantwortungsbewusster Hundehalter von sich allein ergriffen hätte, um von seinem Hund ausgehende Gefahren abzuwenden.

Dem in der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2016 bedingt gestellten Antrag des Klägerbevollmächtigten, Beweis durch Sachverständigengutachten zu erheben über Wesen und Erziehungsstand des zweiten Hundes der Klägerin namens „…“ war nicht zu folgen, da es schon an der Entscheidungserheblichkeit fehlt. Auf das Ergebnis eines entsprechenden Gutachtens kommt es nicht an, da das von „…“ bei dem Vorfall vom 21. September 2015 gezeigte Verhalten bei Freilauf entsprechend der oben zitierten Rechtsprechung des BayVGH schon für die Annahme einer konkreten Gefahr im Sinne des Art. 18 Abs. 2 LStVG genügt.

Im Übrigen folgt das Gericht den zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Bescheid vom 21. September 2015 und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Auch die in Ziff. 3 des streitgegenständlichen Bescheides erfolgte, kraft Gesetzes (Art. 21a VwZVG) sofort vollziehbare Androhung eines Zwangsgeldes bei Nichtbeachtung der sofort vollziehbaren Anordnungen der Ziff. 1 des Bescheides ist nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen der Art. 19 Abs. 1 Nr. 3, Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Art. 36 VwZVG sind eingehal ten, die Höhe des jeweils angedrohten Zwangsgeldes liegt mit 500 Euro im unteren Bereich des gesetzlich vorgegebenen Rahmens des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr
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published on 12/02/2015 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe
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Annotations

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.