Die Klägerin begehrt mit ihren Klagen die Feststellung, dass die drei von ihr unter der Adresse „... betriebenen Spielhallen bis zum 30. Juni 2017 als mit den §§ 24 und 25 GlüStV vereinbar gelten.
Die Klägerin betreibt im Stadtgebiet der Beklagten unter der Adresse ... die Spielhallen ..., ... und ....
Dafür mietete sie im Juli 2011 für eine Laufzeit von 10 Jahren eine Bushalle an. Der Mietzins beträgt monatlich 7.416,08 EUR.
Mit Bescheid vom 06. Oktober 2011 wurde der Klägerin die Nutzungsänderung zur Errichtung eines Spielhallenkomplexes mit vier Spielhallen durch das Bauamt der Beklagten genehmigt. Daraufhin begannen die Aus- und Umbauarbeiten.
Am 19. Oktober 2011, eingegangen bei der Beklagten am 20. Oktober 2011, stellte die Klägerin Anträge auf Erteilung von vier Erlaubnissen nach § 33 i Abs. 1 GewO. Die für die Bearbeitung erforderlichen Pläne wurden auf Anforderung der Beklagten am 31. Oktober 2011 nachgereicht.
Mit Schreiben vom 4. Januar 2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der voraussichtlich am 1. Juli 2012 geltende Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag besondere Regelungen für Spielhallen enthalte. Die Vereinbarung der beantragten Erlaubnis mit den glücksspielrechtlichen Anforderungen sei nicht geprüft worden. Es sei deshalb möglich, dass zum 1. Juli 2013 der Betrieb von Mehrfachspielhallen nicht mehr zulässig sei.
Nachdem die Bauausführung abweichend von der Baugenehmigung erfolgte (3 statt 4 Spielhallen), wurde am 28. Juni 2012 der Tekturplan durch das Bauamt der Beklagten genehmigt. Aufgrund der geänderten Bauausführung und Genehmigung der Tekturplanung wurden der Klägerin am 28. Juni 2012 Spielhallenerlaubnisse für drei Spielhallen erteilt.
Mit Schreiben vom 06. März 2013 beantragte die Klägerin, die Fortführung der drei Spielhallen befristet über den 30. Juni 2013 hinaus zu gestatten. Hilfsweise wurde ein Antrag auf Erteilung einer glückspielrechtlichen Erlaubnis ab dem 01. Juli 2013 gestellt. Die Klägerin begründete ihre Anträge mit dem hohen Betrag, den das Unternehmen in den Spielhallenkomplex investiert habe. Die baurechtliche Genehmigung sei bereits am 6. Oktober 2011 für den Bau des Komplexes erteilt worden. Bei der Stichtagsregelung im Glücksspielstaatsvertrag sei das Datum der Baugenehmigung sowie das Datum der Antragstellung für die gewerberechtliche Erlaubnis zu berücksichtigen. Zur Vermeidung unbilliger Härten für Spielhallen, die der einjährigen Übergangsregelung unterfallen, sei es erforderlich, dass die Ausnahmeregelungen, welche bei Spielhallen gelten, die der fünfjährigen Übergangsregelung unterliegen, auch auf diese Anwendung finden. Außerdem sei die rückwirkende Frist zum 28. Oktober 2011 unwirksam, da es solche nachteiligen, rückwirkenden Regelungen bisher in dieser Form noch nie gegeben habe.
Mit Schreiben vom 08. Mai 2013 stimmte die Beklagte einem weiteren Betrieb von drei Spielhallen nicht zu. Es könne den Anträgen aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nicht stattgegeben werden. Ferner sei der Klägerin freigestellt mitzuteilen, welche der drei Spielhallen sie künftig weiterbetreiben wolle, damit die erforderliche Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV in Verbindung mit Art. 9 AGGlüStV erteilt werden könne.
Mit Schreiben vom 16. Mai 2013 konkretisierte die Klägerin ihren Antrag auf Erlaubniserteilung dahingehend, dass die Erlaubnis für die Spielhalle mit der Bezeichnung ... Erlaubnis vom 28.6.2012) erteilt werden solle. In Bezug auf die anderen beiden Spielhallen erwarte die Klägerin rechtsmittelfähige Ablehnungsbescheide. In einem Gespräch bei der Beklagten am 5. Juni 2013 wiederholten die Bevollmächtigten der Klägerin ihren Antrag und betonten die Gründe, die im Antragsschreiben vorgebracht wurden.
Die Unterlagen für die Erteilung der Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 AGGlüStV für die Spielhalle... liegen der Beklagten vor. Die Erlaubnis wurde bislang noch nicht erteilt, da das Sozialkonzept laut Auskunft der Klägerin bei der Landesstelle für Glücksspielsucht in Bayern eingereicht wurde, aber eine Anerkennung bisher noch ausstehe.
Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie beantragt in der mündlichen Verhandlung,
festzustellen, dass die Spielhallen ... der Klägerin ... in ... bis zum 30.6.2017 als mit den §§ 24 und 25 GlüStV vereinbar gelten.
Die Klägerin meint, die Erlaubnisse nach § 33 i GewO der Klägerin seien jedenfalls bis zum 30. Juni 2017 zum Fortbetrieb ihrer Spielhallen ausreichend, ohne dass sie hierfür zusätzliche glücksspielrechtliche Erlaubnisse benötige. Dies folge unmittelbar aus der Rechtswidrigkeit des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV. Diese Regelung entwerte die unbefristeten Erlaubnisse der Klägerin nach § 33 i GewO mit Ablauf des 30. Juni 2013 und mache ihr in Kombination mit den erlaubnisbezogenen Abstandsregelungen des Art. 9 Abs. 2 und 3 AGGlüStV eine weitere Ausübung ihrer bislang erlaubten beruflichen Betätigung unmöglich. Hierin liege nicht nur ein unzulässiger Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit, sondern auch in ihr grundrechtlich geschütztes Eigentum in Form einer verfassungswidrigen Legalenteignung. Der Eingriff in den Bestand der unbefristet erteilten Spielhallenerlaubnisse stelle sich als gezielte Entziehung konkreter subjektiver Eigentumspositionen dar. Ein Vermögensübergang zugunsten des Staates oder der Allgemeinheit sei nicht erforderlich. Diese Enteignung sei verfassungswidrig, da das Enteignungsgesetz keine angemessene Entschädigung vorsehe. Jedenfalls seien die Vorschriften wegen unangemessen kurzer Übergangsfristen verfassungswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmungen. Angemessen sei eine Übergangsfrist nur dann, wenn sie wenigstens so lang bemessen ist, dass das Eigentum entweder durch Veräußerung oder durch Abnutzung innerhalb der Frist typischerweise verwertet werden könne. Unangemessen sei sie dagegen, wenn sie so kurz bemessen ist, dass eine Verwertung durch Veräußerung oder Amortisation in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht erwartet werden könne. Im Branchendurchschnitt erfolge ein Rückfluss der investierten Mittel in 10-15 Jahren, sodass eine Amortisation des von der Klägerin eingesetzten Kapitals in der Kürze der Zeit ausgeschlossen sei. Aus § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV werde deutlich, dass der Gesetzgeber eine Übergangsfrist von mindestens fünf Jahren für erforderlich halte. Außerdem könne sich die Klägerin auf schutzwürdiges Vertrauen berufen. Die mit der Neuregelung verfolgten Ziele der Verhinderung und Bekämpfung pathologischen Spielverhaltens seien nicht geeignet, die Beeinträchtigung des betätigten und verfassungsrechtlich geschützten Vertrauens zu rechtfertigen. Das Vertrauen der Klägerin in die geltenden Regelungen sei nicht eingeschränkt. Es entspräche ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass das Vertrauen in eine bestehende Regelung regelmäßig erst im Moment eines abweichenden Parlamentsbeschlusses zerstört werde. Die Einbringung eines Gesetzesentwurfs durch ein initiativberechtigtes Organ, wie es die Ministerpräsidentenkonferenz eines sei, könne das Vertrauen in den zukünftigen Bestand einer Rechtslage in Frage stellen, ohne dieses jedoch zwangsläufig zu entkräften. Entscheidend sei die parlamentarische Zustimmung zum Staatsvertrag, weil die Legislative die Gesetze erlasse. Außerdem sei der Zeitpunkt der gewerblichen Erlaubniserteilung als Maßstab untauglich. Die Dauer des Erlaubnisverfahrens und der Zeitpunkt der Erlaubniserteilung seien von den Betroffenen nicht zu beeinflussen. Taugliches Abgrenzungskriterium könne daher nur die Anmietung des Objekts oder der Tag der Antragstellung sein. Nur dadurch könne der Erwerb von Vorratserlaubnissen in Kenntnis der beabsichtigten Änderung der Rechtslage verhindert werden.
§ 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV entwerte die unbefristeten Erlaubnisse der Klägerin nach § 33 i GewO mit Ablauf des 30. Juni 2013, womit ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG verbunden sei.
Außerdem sei Art. 3 Abs. 1 GG durch § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV verletzt, da es für die Ungleichbehandlung der Spielhallen, für die nach dem 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis erteilt wurde, gegenüber den Spielhallen, für die die gewerberechtliche Erlaubnis bereits vor dem 28. Oktober 2011 erteilt wurde, keinen sachlichen Grund gebe. Der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 28. Oktober 2011 sei insoweit ein unzutreffender Differenzierungsmaßstab.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren trug sie vor, dass die Möglichkeit der Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen des § 24 GlüStV gem. § 29 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV nur für Spielhallen eröffnet sei, für die vor dem 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis gem. § 33 i GewO erteilt worden sei. Maßgeblich sei hier aufgrund des klaren Gesetzeswortlauts von § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV das Datum der erteilten Erlaubnis, nicht hingegen die Stellung des Antrags oder die Erteilung der baurechtlichen Genehmigung. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus dem AGGlüStV, da der Freistaat Bayern von seiner durch § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV eröffneten Möglichkeit, weitere Befreiungstatbestände zu schaffen oder diese auszudehnen, keinen Gebrauch gemacht habe. Weitere Ausführungsbestimmungen seien Sache des jeweiligen Bundeslandes.
Mit Beschluss vom 19. August 2013 (AN 4 E 13.01180 u.a.) hat das Verwaltungsgericht Ansbach im einstweiligen Rechtsschutzverfahren einen Antrag auf Feststellung, dass die Spielhallen der Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens einstweilen als mit den §§ 24 und 25 GlüStV vereinbar gelten, abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 30. September 2013 zurückgewiesen (10 CE 13.1802).
Wegen der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2014 wird auf die Sitzungsniederschrift und wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf die Gerichtsakte und auf die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Die zulässigen Feststellungsklagen sind unbegründet. Die unter der Adresse ... im Stadtgebiet der Beklagten betriebenen Spielhallen der Klägerin sind nicht mit den §§ 24 und 25 GlüStV vereinbar.
a)
Die Regelungen in §§ 24 ff. GlüStV über Spielhallen finden grundsätzlich ab Inkrafttreten des GlüStV Anwendung (§ 29 Abs. 4 Satz 1 GlüStV). Ausnahmen ergeben sich lediglich aus § 29 Abs. 4 Sätze 2 f. GlüStV. Sie enthalten Übergangsregelungen für die bereits vor dem Inkrafttreten des GlüStV gewerberechtlich erlaubten Spielhallen. Danach gelten Spielhallen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des GlüStV bestehen und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33 i GewO erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des GlüStV endet, bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten des GlüStV als mit §§ 24 und 25 vereinbar. Spielhallen, für die die gewerberechtlichen Erlaubnisse zwischen dem 28. Oktober 2011 und dem 1. Juli 2012 erteilt worden sind, gelten bis zum 30. Juni 2013 als mit §§ 24 und 25 vereinbar. Vorliegend wurden der Klägerin die Erlaubnisse nach § 33 i GewO am 28. Juni 2012 erteilt. Daraus folgt, dass diese Spielhallen, bei unterstellter Verfassungsmäßigkeit der genannten Regelungen, unter die Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV fallen. Folglich bedarf die Klägerin für den Betrieb jeder Spielhalle ab dem 1. Juli 2013 einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV. Zwischen Spielhallen ist jedoch gemäß § 25 Abs. 1 GlüStV, Art. 9 Abs. 3 AGGlüStV ein Mindestabstand einzuhalten (Verbot von Mehrfachkonzessionen), sodass die drei glückspielrechtlichen Erlaubnisse gleichzeitig, bei unterstellter Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften, nicht erteilt werden können. Daher hätten die Anträge nur dann Erfolg, wenn die betreffenden glücksspielrechtlichen Normen den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügen würden. Dies ist vorliegend nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht der Fall.
b)
Das in § 25 Abs. 1 GlüStV festgelegte Verbot von Mehrfachkonzessionen mit dem darin enthaltenen Vorgaben über den Mindestabstand von 250 m zwischen Spielhallen (Art. 9 Abs. 3 AGGlüStV) ist nicht verfassungswidrig. Es wurden jedoch diesbezüglich keine Tatsachen vorgetragen, die eine Verfassungswidrigkeit der Norm begründen. Der bayerische Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 28. Juni 2013 (Vf. 10-VII-12, Vf. 11 VII-12, Vf. 12-VI-12, Vf. 14-VII-12, Vf. 19-VII-12 – juris) insbesondere festgestellt, dass die Regelungen über den Mindestabstand mit der bayerischen Verfassung vereinbar sind. Das Gericht schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Es wird weder ein Verstoß gegen das Grundgesetz noch die bayerische Verfassung erkennbar.
c)
Eine Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung in § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) in Form des Rückwirkungsverbots besteht nicht, da es sich bei der Übergangsregelung in § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV um eine Regelung mit unechter Rückwirkung handelt (aa)) und die Grenzen der Zulässigkeit nicht überschritten sind (bb)).
aa)
Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Die sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergebenden Grenzen der Zulässigkeit sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfG, B.v. 15.10.1996 - 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 - BVerfGE 95, 64 ff.). Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Sie ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfG, E.v. 31.05.1960 - 2 BvL 4/59 - BVerfGE 11, 139; stRspr). Auch in diesem Fall tritt ausnahmsweise das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, aber in besonderen Fällen zurück (vgl. BVerfG, E.v. 19.12.1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261).
Vorliegend handelt es sich jedoch um Vorschriften mit unechter Rückwirkung. Die angegriffenen Normen knüpfen neue Rechtsfolgen an in der Vergangenheit vor deren Inkrafttreten verwirklichte Tatbestände für die Zukunft. Auch für bereits bestehende Spielhallen greift grundsätzlich das neue Erfordernis einer Erlaubnis nach Glücksspielrecht, wobei das Abstandsgebot und das Verbot mehrerer Spielhallen in einem baulichen Verbund einzuhalten sind. Damit wird nicht in bereits abgeschlossene Tatbestände eingegriffen. Es werden an bereits ins Werk gesetzte Sachverhalte neue rechtliche Anforderungen gestellt. Die Regelungen haben damit keinen verfassungsrechtlich besonders engen und strengen Anforderungen unterworfenen echten Rückwirkungsgehalt (BayVerfGH, E.v. 28.6.2013, Vf. 10-VII-12, Vf. 11 VII-12, Vf. 12-VI-12, Vf. 14-VII-12, Vf. 19-VII-12 – juris).
bb)
Die Grenzen der Zulässigkeit sind nicht überschritten.
Die allgemeine Erwartung des Bürgers, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt. Es würde die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage den dem Gemeinwohl verpflichteten demokratischen Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht jedoch nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl. BVerfG, B.v. 14.1.2010 - 1 BvR 1627/09 - NVwZ 2010, 771).
Der eingeschränkte Vertrauensschutz für die Spielhallen, denen erst nach dem 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis erteilt wurde, ist geeignet, die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags zu erreichen. Durch die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags soll das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht verhindert und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung geschaffen werden. Dies soll insbesondere durch den in § 25 Abs. 1 GlüStV, Art. 9 Abs. 3 AGGlüStV vorgesehenen Mindestabstand von 250 m erreicht werden. Ein milderes Mittel als die schrittweise Rückführung der Zahl der Spielhallen, um die Anforderungen an den Mindestabstand zu erfüllen, ist nicht ersichtlich. Die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen die Bestandsinteressen der Betroffenen. Mit der beabsichtigten Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV) verfolgt der Gesetzgeber ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel (BayVerfGH, E.v. 28.6.2013, Vf. 10-VII-12, Vf. 11 VII-12, Vf. 12-VI-12, Vf. 14-VII-12, Vf. 19-VII-12 – juris), das selbst objektive Berufswahlbeschränkungen rechtfertigen könnte (BVerfG, U.v. 28.3.2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276)
Außerdem kann sich die Klägerin nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen, da die angedachten Änderungen vor dem festgelegten Stichtag öffentlich diskutiert wurden. Bereits die Entwürfe des Änderungsstaatsvertrags stießen in der Öffentlichkeit auf ein breites Medienecho. So ist der Entwurf des GlüÄndStV vom 3. Dezember 2010, beispielsweise durch Veröffentlichung eines Computer Clubs am 11. April 2011, im Internet zu finden (abrufbar unter: http://chriszim.com/2011/gluecksspielstaatsvertrag-entwurf-geleaked). Darin heißt es in § 32 Abs. 2 Satz 2: „Erlaubnisse nach § 33 i GewO, die nach (dem Zustimmungsbeschluss der MPK zum Staatsvertrag) erteilt worden sind und den Beschränkungen des § 25 Abs. 2 nicht entsprechen, werden ein Jahr nach Inkrafttreten des Staatsvertrages unwirksam“. Spielhallen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Staatsvertrages bestehen und erlaubt sind, gelten für die Dauer von bis zu fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes als erlaubt (§ 32 Abs. 3 Satz 1 des GlüÄndStV-Entwurfs vom 03.12.2010). Diese Normen stimmen inhaltsgleich mit den Regelungen in § 29 Abs. 4 GlüÄndStV überein. Der im Entwurf vom 3. Dezember 2010 festgehaltene Stichtag, der Zustimmungsbeschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) zum Staatsvertrag, wurde im GlüÄndStV beibehalten, da sich dort in § 29 Abs. 4 Sätze 3 und 4 der 28. Oktober 2011 als Stichtag findet. Dieser Zustimmungsbeschluss wurde am 28. Oktober 2011 gefasst. In der Medien-Information der MPK vom 28. Oktober 2011 heißt es dazu, dass der „Entwurf (…) auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Lübeck verabschiedet wurde“. Auf die Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15. Dezember 2011 ist daher nicht abzustellen, da im Änderungsentwurf vom 3. Dezember 2010 und daher frühzeitig der Tag des Zustimmungsbeschlusses der MPK zum Staatsvertrag als Stichtag festgelegt wurde.
Darüber hinaus gab die AWI Automaten-Wirtschaftsverbände-Info GmbH in einer Stellungnahme vom 2. Mai 2011 unter dem Titel „Novelle des Glücksspielstaatsvertrags gefährdet Existenz von 6.000 Unternehmen und 70.000 Arbeitsplätzen“ (abrufbar unter: http://www.presseportal.de/pm/42934/2036221/novelle-des-gluecksspielstaatsvertrags-gefaehr-det-existenz-von-6-000-unternehmen-und-70-000) bekannt, dass im aktuellen Entwurf des GlüÄndStV vom 14. April die Bundesländer vorsehen, dass die Gewerbeerlaubnis, die nach dem 6. April 2011 erteilt worden sei, nach einem Jahr erlischt. Dass im GlüÄndStV dann der Stichtag vom 06. April 2011 auf den 28. Oktober 2011 geändert worden ist, weil der Zustimmungsbeschluss der MPK erst am 28. Oktober 2011 erfolgte, war für die Gewerbetreibenden nur vorteilhaft.
Die AWI Automaten-Wirtschaftsverbände-Info GmbH ist die gemeinsame Servicegesellschaft insbesondere für Kommunikation, PR und Beratungsleistungen u.a. für den Verband der Deutschen Automatenindustrie e.V. (abrufbar unter: http://www.awi-info.de/). Die Klägerin ist Mitglied im Verband der Deutschen Automatenindustrie e.V. (abrufbar unter: http://www3.novomatic.com/de/extra_games/extra_games_entertainment_gmbh/key_facts).
Daraus wird ersichtlich, dass Entwürfe des Glücksspieländerungsstaatsvertrags schon lange vor der Zustimmung der Ministerpräsidentenkonferenz öffentlich zugänglich waren und diskutiert wurden. Die betroffenen Kreise waren frühzeitig über die glückspielrechtlichen Entwicklungen im Bereich der Spielhallen informiert. Dadurch war ihr Vertrauen in die bestehende Rechtslage nicht mehr geschützt. Auch die Einführung des Mindestabstands war im Entwurf des GlüÄndStV vom 3. Dezember 2010 (§ 25 Abs. 2) und im Entwurf vom 28. Oktober 2010 (§ 25 Abs. 1) vorgesehen, sodass auch diese Regelung voraussehbar war. Geht die Klägerin trotzdem mietvertragliche Verpflichtungen ein und tätigt Investitionen, so geschieht dies auf eigenes Risiko.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, dass es sich bei den genannten Informationsquellen um nichtamtliche handelte. Denn bei begünstigenden Übergangsvorschriften, wie vorliegend, muss der Gesetzgeber keineswegs zwingend an einen Zeitpunkt anknüpfen, zu dem das Vertrauen der Betroffenen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage bereits aufgrund der Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Landtag als zweifelsfrei erschüttert zu gelten hat. Vielmehr steht es im Ermessen des Gesetzgebers, ob es erforderlich ist, im Interesse einer Vermeidung von Mitnahmeeffekten eine Übergangsnorm zu schaffen, die schon auf einen vorherigen Zeitpunkt abhebt, weil schon ab diesem Zeitpunkt mit dem Eintreten unerwünschter Mitnahmeeffekte zu rechnen ist (OVG Saarland, B.v. 10.2.2014 - 1 B 476/13 – juris; OVG Lüneburg, B.v. 7.1.2014 - 7 ME 90/13 - juris).
Daraus folgt zudem, dass das Vertrauen in eine bestehende Regelung vorliegend nicht erst im Moment eines abweichenden Parlamentsbeschlusses zerstört wird. Anders wurde dies nur bei Entscheidungen über steuerrechtliche Fälle gesehen, die neben einer tatbestandlichen Rückanknüpfung zugleich rückwirkende Änderungen von Rechtsfolgen mit sich brachten (BVerfG, B.v. 14.5.1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200). Rückwirkende Änderungen des Steuerrechts für einen noch laufenden Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum sind als Fälle unechter Rückwirkung nicht grundsätzlich unzulässig, stehen den Fällen echter Rückwirkung allerdings nahe und unterliegen daher besonderen Anforderungen unter den Gesichtspunkten von Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit (BVerfG, B.v. 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 – juris). Diese Fälle unterscheiden sich jedoch von dem vorliegenden, da sich durch die Regelungen im GlüStV, insbesondere die zusätzliche glücksspielrechtliche Erlaubnispflicht und das Mindestabstandsgebot, die Rechtslage erst ab dem 01. Juli 2012 änderte und sich damals auf die zukünftige Rechtslage bezog.
Im Übrigen kann die Klägerin ohne die Übergangs- bzw. Stichtagsregelung ihre Spielhallen nicht uneingeschränkt weiter auf der Basis der ihr erteilten gewerberechtlichen Erlaubnis betreiben. Ohne die Übergangsregelungen in § 29 Abs. 4 Sätze 2 und 3 GlüStV bestünde das Erfordernis des § 24 Abs. 1 GlüStV gemäß § 29 Abs. 4 Satz 1 GlüStV uneingeschränkt, so dass der Betrieb einer Spielhalle einer glückspielrechtlichen Erlaubnis bedarf. Darüber hinaus würde auch das Verbot von Mehrfachkonzessionen aus § 25 Abs. 1 GlüStV, Art. 9 Abs. 3 AGGlüStV und der Ausschluss der Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einen baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht (§ 25 Abs. 2, Art. 9 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV) gemäß § 29 Abs. 4 Satz 1 GlüStV uneingeschränkt gelten.
d)
Die Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung in § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV wegen Verstoßes gegen Art. 14 GG ist nicht ersichtlich.
Ob die Regelung des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV das Eigentumsgrundrecht der Klägerin verkürzt, kann dahinstehen. Jedenfalls wäre der Eingriff keine verfassungswidrige Legalenteignung. Mit der Enteignung greift der Staat auf das Eigentum des Einzelnen gezielt zu. Sie ist darauf gerichtet, konkrete, durch das Eigentumsgrundrecht geschützte Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben vollständig oder teilweise zu entziehen (BVerfG, B.v. 10.05.1977 - 1 BvR 514/68, 1 BvR 323/69 - BVerfGE 45, 297, B.v. 12.06.1979 - 1 BvL 19/76 - BVerfGE 52, 1). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt entschieden, dass der Gesetzgeber bei der Neuordnung eines Rechtsgebietes nicht vor der Alternative steht, die alten Rechtspositionen zu konservieren oder gegen Entschädigung zu entziehen. Aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgewährleistung kann nämlich nicht hergeleitet werden, dass eine vom Eigentumsrecht umfasste, vom Berechtigten ausgeübte Befugnis nach ihrem Entstehen für alle Zukunft uneingeschränkt erhalten bleiben müsse oder nur im Wege der Enteignung wieder genommen werden dürfte. Vielmehr kann der Gesetzgeber im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch eine angemessene und zumutbare Überleitungsregelung individuelle Rechtspositionen umgestalten, wenn Gründe des Gemeinwohls vorliegen, die den Vorrang vor dem berechtigten - durch die Bestandsgarantie gesicherten - Vertrauen auf den Fortbestand eines wohl erworbenen Rechts verdienen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 24.02.2010, 1 BvR 27/09 – juris). Vorliegend hat der Gesetzgeber durch die Überleitungsregelungen des § 29 Abs. 4 GlüStV das Glückspielrecht in angemessener Weise umgestaltet. Er greift mit den Vorschriften im Glückspielstaatsvertrag und im Ausführungsgesetz, die das Abstandsgebot, das Verbot von Spielhallen in einem baulichen Verbund sowie Übergangsregelungen zum Gegenstand haben, nicht auf das Eigentum der Spielhallenbetreiber zu, sondern stellt Inhalts- und Schrankenbestimmungen für die Nutzung des Eigentums auf (BayVerfGH, E.v. 28.6.2013, Vf. 10-VII-12, Vf. 11 VII-12, Vf. 12-VI-12, Vf. 14-VII-12, Vf. 19-VII-12 – juris).
Daher stellen eventuelle Eingriffe durch die Regelungen in § 29 Abs. 4 GlüStV Inhalts- und Schrankenbestimmungen dar. Diese wären jedoch nicht verfassungswidrig, da die einjährige Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV (aa)) und die Festlegung des Stichtags auf den 28. Oktober 2011 verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind (bb)). Darüber hinaus ist auch der Zeitpunkt der Erlaubniserteilung ein tauglicher Abgrenzungsmaßstab (cc)).
aa)
Die einjährige Übergangsfrist in § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Greift der Gesetzgeber in durch Art. 14 GG geschützte subjektive Rechte ein, muss er beachten, dass eine Rechtsänderung, auch wenn sie an sich zulässig ist, nicht abrupt die Substanz einer zur existentiellen Sicherung des Berechtigten getroffenen Entscheidung verändern oder gar zerstören darf (BVerfG, B.v. 01.07.1981 -- 1 BvR 874/77, 1 BvR 322/78, 1 BvR 324/78, 1 BvR 472/78, 1 BvR 543/78, 1 BvR 694/78, 1 BvR 752/78, 1 BvR 753/78, 1 BvR 754/78, 1 BvL 33/80, 1 BvL 10/81, 1 BvL 11/81 – BVerfGE 58, 81 ff.).
Zwar muss der Gesetzgeber die Umgestaltung oder Beseitigung eines Rechts nicht durchweg mit einer Entschädigungs- oder Übergangsregelung abmildern. Die völlige, übergangs- und ersatzlose Beseitigung einer Rechtsposition kann jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen (vgl. BVerfG, B.v 9.1.1991 – 1 BvR 929/89 – BVerfGE 83, 201 ff.). Soweit der Zwang zur sofortigen Aufgabe einer gewerblichen Tätigkeit für die Betroffenen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unzumutbar wäre, muss der Gesetzgeber eine Übergangsregelung treffen. Wie sie zu gestalten ist, muss seiner Entscheidung überlassen bleiben (BVerfG, E.v. 15.2.1967 – 1 BvR 569/62 – BVerfGE 21, 173 ff.). Er kann seine Entscheidung von Zeitdauer, Ausmaß und wirtschaftlicher Bedeutung der bisherigen beruflichen Betätigung abhängig machen (BVerfG, B.v. 28.11.1984 – 1 BvL 13/81 – BVerfGE 68, 272 ff.). Der Gesetzgeber hat dabei einen relativ breiten Abwägungsspielraum, ob und in welchem Umfang er solche Übergangsregelungen einräumt (BVerfG, U.v. 08.02.1977 - 1 BvR 79/70, 1 BvR 278/70, 1 BvR 282/70 - BVerfGE 43, 242). Wie sie zu gestalten ist, muss seiner Entscheidung überlassen bleiben (BVerfG, E.v. 15.2.1967 - 1 BvR 569/62 – BVerfGE 21, 173 ff.). Zwischen der sofortigen, übergangslosen Inkraftsetzung des neuen Rechts und dem ungeschmälerten Fortbestand begründeter subjektiver Rechtspositionen sind vielfache Abstufungen denkbar. Der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (BVerfG, U.v. 08.02.1977 - 1 BvR 79/70, 1 BvR 278/70, 1 BvR 282/70 - BVerfGE 43, 242). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Gesetzgeber hat in § 29 Abs. 4 Sätze 2 und 3 GlüStV eine Abstufung getroffen, wobei die einjährige Übergangsfrist deshalb festgelegt worden ist, weil vermieden werden sollte, dass sich Gewerbetreibende Vorratserlaubnisse erteilen lassen, um so lange wie möglich die zusätzlichen Erlaubnisvoraussetzungen des GlüStV zu umgehen. Auch nach Ablauf der Übergangsfristen werden die bestehenden Möglichkeiten zur Nutzung der Spielhallen nicht beseitigt, sondern nur eingeschränkt. Zum einen können dann Befreiungs- und Ausnahmetatbestände in Betracht kommen. Zum anderen ist eine wirtschaftliche Verwertung der bestehenden Spielhallen, gegebenenfalls nach einer Nutzungsänderung, weiterhin möglich. Angesichts des überragend wichtigen Gemeinschaftsguts, das der Gesetzgeber mit der Bekämpfung der Spielsucht verfolgt, muss es ihm möglich sein, das von ihm vertretene Schutzkonzept innerhalb eines vertretbaren Zeitraums in die Tat umzusetzen (BayVerfGH, E.v. 28.6.2013, Vf. 10-VII-12, Vf. 11 VII-12, Vf. 12-VI-12, Vf. 14-VII-12, Vf. 19-VII-12 – juris).
bb)
Die Festlegung des Stichtags auf den 28. Oktober 2011 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Grundsätzlich ist voranzustellen, dass jeder Stichtag gewisse Härten mit sich bringt. Dies ist nicht zu vermeiden (BVerfG, U.v. 17.12.1953 - 1 BvR 147/52 - BVerfGE 3, 58).
Die nähere Prüfung der beanstandeten Vorschrift an den Verfassungsnormen hat davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber für die Regelung des Übergangs von einer älteren zu einer neueren, den Zielen der Verfassung und den rechtspolitischen Vorstellungen der Gegenwart besser entsprechenden Regelung notwendig ein gewisser Spielraum einzuräumen ist. Dies gilt besonders, wenn - wie hier - ein ganzes Rechtsgebiet einer Neuordnung unterzogen wird. Da es in solchen Fällen unmöglich ist, die unter dem alten Recht entstandenen Rechtsverhältnisse vollständig dem neuen Recht zu unterstellen, und der Grundsatz der Rechtssicherheit klare schematische Entscheidungen über die zeitliche Abgrenzung zwischen dem alten und dem neuen Recht verlangt, ist es unvermeidlich, dass sich in der Rechtsstellung der Betroffenen, je nachdem, ob sie dem alten oder dem neuen Recht zu entnehmen ist, Unterschiede ergeben, die dem Ideal der Rechtsgleichheit widersprechen. Insbesondere kann die der Rechtssicherheit dienende Einführung von Stichtagen zu unter Umständen erheblichen Härten führen, wenn die tatsächliche Situation derjenigen Personen, die durch Erfüllung der Stichtagsvoraussetzung gerade noch in den Genuss der Neuregelung kommen, sich nur geringfügig von der Lage derjenigen unterscheidet, bei denen diese Voraussetzung fehlt. Solche allgemeinen Friktionen und Härten in Einzelfällen führen jedoch nicht zur Verfassungswidrigkeit einer im Ganzen der Verfassung entsprechenden Neuregelung; denn in aller Regel lassen sich den Verfassungsnormen keine sicheren Anhaltspunkte für die Einzelheiten der zeitlichen Geltung des neuen Rechts entnehmen, und die Gerichte würden die Grenzen ihrer Prüfungsbefugnis überschreiten, wenn sie die vom Gesetzgeber gewählte Übergangsregelung durch eine nach ihrer Ansicht bessere ersetzten (vgl. BVerfG, B.v. 08.12.1976 - 1 BvR 810/70, 1 BvR 57/73, 1 BvR 147/76 - BVerfGE 44, 1).
Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtagsvorschriften und anderen Übergangsvorschriften muss sich daher darauf beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und die gefundene Lösung sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, E.v. 27.06.1961 - 1 BvL 17/58, 1 BvL 20/58 - BVerfGE 13, 31; BVerfG, E.v. 27.10.1970 - 1 BvR 51/68, 1 BvR 587/68, 1 BvR 759/58, 1 BvR 693/70 - BVerfGE 29, 283). Ein Verstoß hiergegen ist nicht gegeben.
Der Gesetzgeber hat den ihm zukommenden Spielraum zur Festlegung eines Stichtags in sachgerechter Weise genutzt. Ihm war bewusst, dass durch die Neuordnung der für Spielhallen geltenden Rechtslage aufgrund des GlüÄndStV Übergangsregelungen erforderlich werden, um die Einschnitte für die bestehenden Spielhallen abzumildern. Der Zustimmungsbeschluss der MPK vom 28. Oktober 2011 stellt einen Stichtag dar, der als Anknüpfungspunkt für die Berechnung der Übergangsregelungen in sachgerechter Weise geeignet ist. Er ist ein einschneidendes Ereignis im Rahmen des Prozesses des Glücksspieländerungsstaatsvertrages. Bereits lange vor dem Zustimmungsbeschluss wurde über den Glücksspieländerungsstaatsvertrag diskutiert und verschiedene Entwürfe gefertigt.
Die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hat der Gesetzgeber hinreichend gewürdigt. Einerseits besteht bei der Festlegung eines Stichtags grundsätzlich die Problematik des Vertrauensschutzes für bereits bestehende Spielhallen, die auf die bisher bestehende Rechtslage vertrauen. Andererseits verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, Vorratserlaubnisse in Kenntnis der beabsichtigten Änderung der Rechtslage zu verhindern (LT-Drs. 16/11995 Begr. S. 32). Der Gesetzgeber geht berechtigterweise davon aus, dass durch den Zustimmungsbeschluss der MPK die zukünftige Rechtslage sicher abzusehen war, sodass Spielhallen, für die nach diesem Stichtag die gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden ist, der kürzeren Übergangsregelung unterfallen sollen. Dies erscheint nach Auffassung des Gerichts nicht fehlerhaft. Dass ein von den Ministerpräsidenten der Länder beschlossener Entwurf eines Staatsvertrags mit dem vereinbarten Inhalt umgesetzt wird, ist wahrscheinlicher als dass der Inhalt eines Gesetzentwurfs bei seiner ersten Lesung bis zum Gesetzesbeschluss unverändert bleibt (VG Freiburg, B.v. 25.4.2013 - 5 K 212/13 - Juris). Der Inhalt des abzuschließenden Staatsvertrags steht letztlich bereits mit dem Beschluss der Ministerkonferenz, dass der Vertrag mit dem beschlossenen Inhalt unterschrieben werden soll, fest (BayVGH, B.v. 30.9.2013 – 10 CE 13.1802 – juris).
Der Stichtag 28. Oktober 2011 ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt und erscheint nicht als willkürlich. Aus den in der Öffentlichkeit diskutierten Entwürfen des GlüÄndStV waren die zukünftigen Entwicklungen hinsichtlich der glücksspielrechtlichen Regelungen in Bezug auf Spielhallen in den informierten Kreisen schon lange vor dem Zustimmungsbeschluss der MPK bekannt. So ist beispielsweise § 32 Abs. 2 des Entwurfs vom 03. Dezember 2010 zu entnehmen, dass der Zustimmungsbeschluss der MPK zum Staatsvertrag als Stichtag festgelegt werden sollte. Daher ist der Zustimmungsbeschluss der MPK als einschneidendes Ereignis im Rahmen des Verfahrens über den Glücksspieländerungsstaatsvertrag anzusehen. Die Differenzierung in § 29 Abs. 4 Sätze 2 und 3 GlüStV ist sachgerecht, weil nach der Beschlussfassung der Ministerpräsidenten in den informierten Kreisen mit dem Inkrafttreten des Staatsvertrags zu rechnen war; der Gesetzgeber hat sein Ermessen nicht überschritten, wenn er Mitnahmeeffekte für den Übergangszeitraum vermeiden wollte. Die striktere Regelung für nach dem 28. Oktober 2011 genehmigte Spielhallen, genügt trotz ihrer nicht zu vernachlässigenden Schärfe den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil die tatbestandliche Einbeziehung abgeschlossener Vorgänge in eine neue gesetzliche Regelung dann umso weniger schwer wiegt, wenn die von der Norm Betroffenen konkret mit der Gesetzesänderung rechnen mussten (BayVerfGH, E.v. 28.6.2013, Vf. 10-VII-12, Vf. 11 VII-12, Vf. 12-VI-12, Vf. 14-VII-12, Vf. 19-VII-12 – juris).
cc)
Dass die Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 GlüStV nicht an die Anmietung des Objekts oder den Tag der Antragstellung, sondern an den Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gem. § 33 i GewO anknüpft, ist nicht zu beanstanden. Denn die Entscheidung über den Anknüpfungspunkt trifft der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens. Diese ist vorliegend nicht zu beanstanden. Denn erst zum Zeitpunkt der Erteilung der gewerberechtlichen Erlaubnis kann die zuständige Behörde abschließend über den gestellten Antrag in sachlicher und persönlicher Hinsicht entscheiden. Im Übrigen spricht auch die Gesetzesbegründung zu § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüÄndStV für den Zeitpunkt der Erteilung der gewerberechtlichen Erlaubnis nach § 33 i GewO als maßgeblichen Stichtag, da darin nicht auf Vorratsanträge, sondern auf Vorratserlaubnisse abgestellt wird (BayVGH, B.v. 30.9.2013 – 10 CE 13.1802 – juris). Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot ist daher nicht anzunehmen.
e)
Die Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelungen des GlüStV wegen Verstoßes gegen Art. 12 GG ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Die angegriffenen Bestimmungen zur glücksspielrechtlichen Erlaubnispflicht, zum Abstandsgebot und zum Verbot von Spielhallenkomplexen sind Berufsausübungsregelungen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat insoweit zum Eingriff in die Berufsfreiheit ausgeführt, dass angesichts des hohen Suchtpotentials gerade der in Spielhallen leicht verfügbaren Geldspielautomaten und der mit der Spielsucht verbundenen schwerwiegenden Folgen den angegriffenen Regelungen ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel zu Grunde liegt, das sogar objektive Berufswahlbeschränkungen rechtfertigen könnte (BayVerfGH, E.v. 28.6.2013, Vf. 10-VII-12, Vf. 11 VII-12, Vf. 12-VI-12, Vf. 14-VII-12, Vf. 19-VII-12 – juris). Dieser Rechtsauffassung schließt sich das Gericht an.
f)
Eine Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelungen des GlüStV wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
Der Gleichheitssatz ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, B.v. 7.10.1980 - 1 BvL 50/79, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79 - BVerfGE 55, 72 ff.). Zwar besteht wohl eine Ungleichbehandlung der Spielhallen, wenn sie vor bzw. nach dem 28. Oktober 2011 gewerberechtlich erlaubt wurden. Jedoch liegt, entgegen der Auffassung der Klägerin, ein sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen den Spielhallen, für die vor dem 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33 i GewO erteilt worden ist, und denen, die die Erlaubnis erst nach diesem Zeitpunkt erhalten haben, vor. Nach diesem Zeitpunkt war der Entwurf des GlüÄndStV bereits in den Medien, insbesondere durch die Verbreitung des Entwurfs auf diversen Internetportalen. Daher war nach der Beschlussfassung der Ministerpräsidenten in den informierten Kreisen mit dem Inkrafttreten des Staatsvertrags zu rechnen (BayVerfGH, E.v. 28.6.2013, Vf. 10-VII-12, Vf. 11 VII-12, Vf. 12-VI-12, Vf. 14-VII-12, Vf. 19-VII-12 – juris).
g)
Auch europarechtliche Bedenken gegen die Übergangsregelungen und den Stichtag bestehen nicht. Der Landesgesetzgeber hat mit der glücksspielrechtlichen Erlaubnispflicht, dem Abstandsgebot und dem Verbot von Spielhallen in einem baulichen Verbund einen Regelungsrahmen für das Betreiben von Spielhallen geschaffen, der auf objektiven, unionsrechtlich nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht. Die Mitgliedstaaten haben bei der Bekämpfung der Spielsucht einen weiten Gestaltungsspielraum. Dass dabei Spielbanken und Spielhallen unterschiedlichen Regelungen unterworfen werden, ändert nichts daran, dass der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums Bestimmungen gewählt hat, die ein insgesamt kohärentes Konzept der Spielsuchtbekämpfung verfolgen. Denn der Gesetzgeber muss die Erlaubnisvoraussetzungen nicht identisch regeln, sondern vielmehr ein kohärentes Regelungskonzept anbieten, das auf den jeweiligen Charakter des Spielangebots in Spielbanken und Spielhallen zugeschnitten ist (BayVerfGH, E.v. 28.6.2013, Vf. 10-VII-12, Vf. 11 VII-12, Vf. 12-VI-12, Vf. 14-VII-12, Vf. 19-VII-12 – juris).
h)
Ein Eingriff in die Gesetzgebungskompetenz liegt nach Ansicht des Gerichts ebenfalls nicht vor. Durch das Erfordernis einer glückspielrechtlichen Erlaubnis wird nicht in das Institut einer gewerberechtlichen Erlaubnis nach § 33 i GewO eingegriffen, da eine solche weiterhin erforderlich ist. Es ist nunmehr notwendig, dass der Spielhallenbetreiber neben einer gewerberechtlichen auch eine glückspielrechtliche Erlaubnis besitzt.
h)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
i)
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.
Beschluss
Der Streitwert wird bis zur Verbindung auf jeweils 20.000,00 EUR, nach der Verbindung auf 60.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).