Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 18. Juli 2016 - AN 13b D 15.02473

bei uns veröffentlicht am18.07.2016

Tenor

1. Der Beklagte wird in das Amt eines Polizeimeisters (BesGr. A 7) zurückgestuft.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Mit der vorliegenden Disziplinarklage erstrebt der Kläger die Zurückstufung des Beklagten.

I.

Der am ... 1982 geborene Beklagte steht als Polizeihauptmeister (Beförderung zum ...2011) im Dienste des Beklagten. Er war seit dem ... 2006 bis zum Ausspruch des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte am 8. November 2012 bei der Polizeiinspektion ... im Einsatzzug tätig. Nach Aufhebung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte mit Wirkung vom ... 2015 wurde er von der Polizeiinspektion ... zum Kriminalfachdezernat ..., ... in ... abgeordnet.

Der Beklagte ist ledig.

Nach Erwerb der mittleren Reife durch Abschluss der 10. Klasse des ...Gymnasiums ... im Juli 2000 trat der Beklagte im ... 2003 in den Dienst der Bayerischen Polizei ein. Sein dienstlicher Werdegang beim Freistaat Bayern stellt sich wie folgt dar:

... 2003: Ernennung zum Polizeimeisteranwärter unter gleichzeitiger Berufung

in das Beamtenverhältnis auf Widerruf

... 2004: Ernennung zum Polizeiobermeister unter gleichzeitiger Berufung in das

Beamtenverhältnis auf Probe

... 2005: Zeugnis über das Bestehen der Anstellungsprüfung für den mittleren

Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote ... („gut“, Platzziffer

... von 727 erfolgreichen Beamten)

... 2005: Ernennung zum Polizeimeister

... 2007: Ernennung zum Polizeiobermeister

... 2009: Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

... 2011: Ernennung zum Polizeihauptmeister

Mit Schreiben vom ... 2009 erhielt der Beklagte eine Leistungsprämie in Höhe von 200,00 EUR wegen seiner Beteiligung bei einer Fahndungsmaßnahme nach einem flüchtigen Täter, der versucht hatte, ein Fahrzeug zu entwenden. Mit Schreiben vom ... 2009 wurde dem Beklagten eine Leistungsprämie in Höhe von 250,00 EUR gewährt, da er zusammen mit Kollegen einen mit scharfer Waffe geplanten Selbstmord verhinderte.

In seiner letzten periodischen Beurteilung im Jahr 2011 erhielt der Beklagte - wie bereits bei der Beurteilung 2008 - das Gesamtprädikat von 10 Punkten zugesprochen. Die periodische Beurteilung 2014 wurde aufgrund des laufenden Disziplinarverfahrens zurückgestellt.

Der Beklagte ist vor dem hier relevanten Ereignis weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.

II.

Der Beklagte wurde mit Urteil des Amtsgerichts ... - Schöffengericht vom 6. November 2013, Az.: ..., wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt gemäß §§ 340 Abs. 1, 3, 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4, 25 Abs. 2, 53, 56 ff. StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Ein weiterer Polizeibeamter wurde in dem genannten Strafverfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung im Amt und gefährlicher Körperverletzung im Amt in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Vollstreckung wurde bei beiden Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt.

Mit Urteil des Landgerichts ... vom 27. Juni 2014, Az.: ... wurde die Berufung des Beklagten und der Staatsanwaltschaft als unbegründet verworfen.

Das Urteil gegen den Mitangeklagten R. wurde dahingehend abgeändert, dass dieser der gefährlichen Körperverletzung im Amt in zwei Fällen schuldig ist. Im Übrigen wurde der Angeklagte R. freigesprochen. Das gegen den Angeklagten R. verhängte Strafmaß wurde bestätigt.

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ... vom 27. Juni 2014 wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts ..., Az.: ... vom 27. November 2014 als unbegründet verworfen.

Das Urteil des Landgerichts ... vom 27. Juni 2014 enthält zu den Tathandlungen beider Angeklagter folgende Feststellungen:

„Am Nachmittag des ...2012 fand im Stadion in ... das Fußballspiel der 1. Bundesliga zwischen dem ... und dem ... statt. Im Rahmen dieses Spiels war auch der Einsatzzug der Polizeiinspektion ..., welchem beide Angeklagte angehörten, eingesetzt. Während des Spiels selbst blieb es relativ ruhig. Nach Ende des Spiels gegen 17:20 Uhr begab sich der Angeklagte R. zu seinem im Vorfeld des ... abgestellten Polizeifahrzeug, legte seine Dienstmütze dort ab und wartete auf seine Kollegen, da der Einsatz bald beendet sein würde.

Alsbald erhielt er aber über Funk einen Notruf, dass im Bereich ..., ...Straße und ...Straße sich mehrere Dutzend gewaltbereite Fans des ..., sogenannte ..., versammelt hätten, wodurch die Gefahr bestünde, dass zwei ... Fans, welche bereits zum Zwecke der Identitätsfeststellungen angehalten worden waren, von diesen befreit werden könnten.

Um einer drohenden Eskalationsgefahr entgegenzuwirken bildeten zehn bis zwölf Beamte des Einsatzzuges der Polizeiinspektion ..., bis auf den Angeklagten R. hatten alle ihre baseballcup-ähnliche Dienstmütze aufgesetzt, mit PHM’in ... als Gruppenführerin, eine sogenannte Polizeikette, um die Beamten, welche beide oben genannten Personen zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam genommen hatten, zu schützen. Aufgrund dieser Abschirmung steigerte sich nunmehr die Stimmung der genannten ...-Fans. Es ertönten Rufe wie „scheiß Bullen... für das SEK hat es nicht gereicht ... jetzt hauen wir den Bullen auf die Fresse...“.

a)

Unmittelbar in diesem Zusammenhang, kurz vor 17:41 Uhr, trat der Nebenkläger ..., ein von diesen gewählter Sprecher der Fans des ..., unmittelbar an die Polizeikette heran, wobei er zunächst auf den Angeklagten R. einredete; sein Ziel war hierbei, eine weitere Eskalation zwischen den gewaltbereiten ...-Fans und den eingesetzten Polizeikräften zu verhindern. Tatsächlich gelang es ..., durch Heben seiner Hände und entsprechende Handzeichen, gewaltbereite Fans zunächst zur Einhaltung einer räumlichen Distanz von einigen Metern gegenüber der genannten Polizeikette zu bewegen. Sodann forderte die links versetzt hinter der Polizeikette befindliche Gruppenführerin ... zunächst ... mit den Worten „gehen Sie bitte weg nach dahinten“ auf, sich nunmehr ebenfalls von der Polizeikette zu entfernen. ..., der der Polizeikette, unmittelbar in der Nähe des Angeklagten R., zu diesem Zeitpunkt den Rücken zugekehrt hatte, blieb jedoch unmittelbar vor dem Angeklagten R. stehen. Als dieser daraufhin mit den Worten „geh heim, Du Kind“ ... ebenfalls zum Weggehen aufforderte, wobei der Angeklagte R. einen sogenannten Einsatzstock in seiner rechten Hand hielt, entgegnete ... zunächst: „Hallo wir sind doch hier um zu deeskalieren!“ Als er sich hierbei - aus Sicht des Angeklagten R. - halb zu ihm umgewandt hatte, schob der Angeklagte R. den ... zunächst von sich weg, indem er mit dem Einsatzstock gegen dessen linken Oberarm-/Schulter-bereich drückte. ..., welcher durch dieses Verhalten des Angeklagten R. überrascht war, drückte, worauf er seine andere Hand in seiner Hosentasche gelassen hatte, mit einem anderen Arm in einer Reflexbewegung den Einsatzstock des Angeklagten R. zur Seite. Hierbei ist nicht auszuschließen, dass der von ... zur Seite gedrückte Einsatzstock den Angeklagten R. leicht im Gesichtsbereich traf. Während des gesamten Vorganges steckte die rechte Hand des ... in der rechten Außentasche der von ihm getragenen Jacke, während seine linke Hand - mit Ausnahme der vorstehend geschilderten Reflexbewegung - sich außerhalb der Jacke in Höhe des Hosenbundes am Körper befand.

Unmittelbar im Anschluss an die geschilderte Reflexbewegung von ... schlug der Angeklagte R., ohne dass aus seiner Sicht oder auch nur aufgrund der objektiven Gegebenheiten ein rechtfertigender Grund hierfür bestanden hätte, mit seinem Einsatzstock einmal bewusst und gewollt gegen den linken Schläfen-/Schulterbereich des noch halb von ihm abgewandten Nebenklägers ... Dieser empfand hierdurch leichte Schmerzen und reagierte mit einer abwehrenden Bewegung seines linken Arms in Richtung des Kopfes des Angeklagten R., zog den Arm aber unverzüglich, ohne dass er den Angeklagten R. traf, in die ursprüngliche Ausgangsposition in Höhe des Hosenbundes am Körper zurück. Darauf wich der Angeklagte R. zunächst einige Zentimeter zurück, positionierte den Einsatzstock in Höhe seines Oberkörpers quer über seiner Brust und schlug sodann mit der Faust, in welche er den Einsatzstock umfasst hielt, ohne rechtfertigenden Grund gezielt einmal mit voller Wucht frontal in dessen Gesicht.

... erlitt durch das geschilderte Vorgehen, wie vom Angeklagten R. auch gewollt, Schmerzen im linken Kieferbereich und an der rechten Schulter, welche insbesondere im Gesichtsbereich einige Tage andauernden. Die Beweglichkeit seiner Schulter war jedenfalls einige Tage lang aufgrund dieses Vorfalles eingeschränkt.

Bereits aufgrund des ersten, oben geschilderten Schlages durch den Angeklagten R. hatte sich die Gruppe gewaltbereiter Fußballfans, welche bis zu diesem Zeitpunkt zunächst eine Distanz von ca. vier bis fünf Metern zur von Polizeibeamten gebildeten Einsatzkette eingehalten hatte, in einer Weise über das nunmehrige Geschehen erregt, dass ca. 30 bis 40 Personen in Form einer ungeordneten Meute nunmehr in Richtung der Polizeikette drängten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte R. mit seiner linken Hand das von ihm mitgeführte Einsatz-Pfefferspray ergriffen und sprühte dieses in Richtung der herannahenden Menge, wobei auch, was er bei seinem Vorgehen zumindest billigend in Kauf nahm, der keine Aggressionen zeigende ... im Gesicht vom, vom Angeklagten versprühten, Pfefferspray erfasst wurde. ... brannten sofort die Augen, er taumelte blind mehrere Meter zurück und stürzte sodann.

b)

Während des nunmehr großflächigen Einsatzes von Pfefferspray durch mehrere Polizeibeamte im Bereich der gesamten Länge der genannten Polizeikette näherte sich nunmehr eine männliche Person, deren Personalien nicht mehr festgestellt werden konnten, welche eine dunkle Jacke trug und eine Kapuze über den Kopf gezogen hatte, dem direkt rechts neben dem Angeklagten R. befindlichen Angeklagten ... (dem Beklagten im vorliegenden Verfahren), wobei diese Person eine Wurfbewegung vollführte und zugunsten der beiden Angeklagten davon ausgegangen wird, dass diese unbekannte Person einen kleineren Gegenstand in Richtung der Polizeibeamten warf.

Unmittelbar nach dem geschilderten Wurf wandte sich die unbekannt gebliebene männliche Person, erkennbar unter dem Eindruck eines Pfeffersprayeinsatzes, aus Sicht dieser Person nach rechts ab, so dass sie beiden Angeklagten jeweils den Rücken zukehrte. Obwohl der Angeklagte ... erkannte, dass von dieser Person keinerlei Gefahr für die eingesetzten Polizeibeamten mehr ausging, begab er sich einige Schritte nach vorne in Richtung des Unbekannten und schlug diesem mit seinem in der rechten Hand gehaltenen, polizeilichen Einsatzstock bewusst und gewollt mit voller Wucht in den Rückenbereich. Während der Unbekannte sich nunmehr in gebückter Haltung und mit erhobener Hand, welche bedeutete, dass von ihm nunmehr keinerlei Angriffe mehr zu befürchten seien, in der Nähe eines dort stehenden kleinen Baumes befand, hatte der Angeklagte R. den Schlag des Angeklagten ... in den Rückenbereich dieses Unbekannten bemerkt, begab sich daraufhin zu diesem mit seiner fast kauernden Körperhaltung und schlug dem Unbekannten ebenfalls einmal mit voller Wucht gezielt in den Rückenbereich. Hierbei hatte der Angeklagte R. erkannt, dass von dem Unbekannten keinerlei Bedrohung mehr für die eingesetzten Polizeibeamten ausging. Während der Angeklagte R. nunmehr wieder den übrigen Fußballfans nacheilte, schlug der Angeklagte ..., welcher in unmittelbarer Nähe zu dem Unbekannten stehen geblieben war, aufgrund desselben Tatentschlusses noch zweimal gezielt und mit voller Wucht mit seinem Einsatzstock gegen den Rückenbereich dieses Unbekannten, welcher immer noch sich in kauernder Abwehrhaltung befand. Der Angeklagte ... hatte auch bei diesen weiteren Schlägen erkannt, dass für sein Vorgehen keinerlei rechtfertigender Grund bestand. Erst durch das Eingreifen seines Kollegen ..., welcher ihn aufforderte, doch damit aufzuhören, ihn hierbei an der Schulter fasste, ließ der Angeklagte ... von weiteren Schlägen gegen den Unbekannten ab.

Aufgrund des Vorgehens beider Angeklagter erlitt der Unbekannte jeweils jedenfalls nicht unerhebliche Schmerzen an den von den Schlagstöcken getroffenen Körperstellen.“

Der Beklagte ließ sich zu dem gegen ihn erhobenen Tatvorwurf im Berufungsverfahren dahingehend ein, dass er seinen Schlagstock lediglich deshalb gegen den Unbekannten eingesetzt habe, weil dieser zum einen Anstalten gemacht habe, weitere Würfe gegen die eingesetzten Polizeibeamten zu vollführen, zum anderen, als dieser bereits gekniet habe, aber immer noch die Faust geballt habe, er sich daher in einer Notwehrsituation gesehen habe.

III.

Das Polizeipräsidium Mittelfranken leitete mit Schreiben vom 8. November 2012 disziplinarrechtliche Ermittlungen gegen den Beklagten ein. Dieser stehe im Verdacht, im Rahmen des Polizeieinsatzes am ... 2012 mehrere Schläge mit dem Schlagstock ohne rechtfertigenden Grund gegen eine Person - insbesondere in deren Rückenbereich - ausgeführt zu haben, als sich diese bereits gebückt und die Hände vor das Gesicht gehalten habe. Das Disziplinarverfahren wurde gemäß Art. 24 Abs. 3 BayDG bis zum Abschluss des in der gleichen Sache gegen den Beklagten geführten strafrechtlichen Verfahrens ausgesetzt.

Der Beklagte wurde darauf hingewiesen, dass es ihm frei stehe, sich in der Sache zu äußern. Er könne sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistandes bedienen.

Mit Bescheid vom 8. November 2012 wurde dem Beklagten mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte verboten (§ 39 BeamtStG).

Nach rechtskräftigem Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens wurde das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte zum ... 2015 aufgehoben. Das Disziplinarverfahren wurde mit Schreiben vom 2. Februar 2015 gemäß Art. 24 Abs. 2 BayDG fortgesetzt. Unter Wiedergabe des Sachverhalts aus dem Urteil des Landgerichts ... vom 27. Juni 2014 wurde dem Beklagten Gelegenheit gegeben, sich gemäß Art. 22 Abs. 1 BayDG zu dem ihm vorgeworfenen Sachverhalt zu äußern. Zugleich wurde der Beklagte gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 3 BayDG belehrt.

Mit Schreiben vom 24. März 2015 zeigten sich die Bevollmächtigten des Beklagten an und trugen vor, für die disziplinarrechtliche Entscheidung sei zu berücksichtigen, dass zuvor durch die Einsatzleitung der Einsatz von Zwangsmitteln angeordnet worden sei. Von mehreren Beamten sei Pfefferspray eingesetzt worden. Hätte - wie nicht - der Beklagte in diesem Zusammenhang Pfefferspray anstatt des Schlagstockes eingesetzt, so wäre dies strafrechtlich folgenlos geblieben, da grundsätzlich eine Befugnis zum Einsatz von polizeilicher Gewalt vorgelegen habe.

Der vom Beklagten ausgeübte Einsatz des Schlagstocks habe diesbezüglich die Reichweite seiner Befugnisse überschritten.

Zu berücksichtigen sei, dass die von dem Beklagten begangene Körperverletzung in einer ganz besonderen Situation erfolgt sei. Der Beklagte habe sich nicht in einer für ihn sicheren und beschützten Situation befunden. Wie sich aus den Aussagen aller an diesem Einsatz beteiligten Beamten entnehmen lasse, hätten die sich in der Polizeikette befindlichen Beamten unter massivem Druck gestanden. Es sei durch die polizeilichen Zeugen beschrieben worden, dass eine Atmosphäre der Unterlegenheit und Angst bestanden habe, da die Situation jederzeit zu kippen gedroht habe. Es seien insbesondere seitens der sogenannten Fußballfans Rufe laut geworden wie: „Jetzt hauen wir den Bullen auf die Fresse“. Der Beklagte habe in dieser Situation, als er die vermummte Person gesehen habe, die einen Gegenstand nach ihm bzw. seinen Kollegen geworfen habe, im Bruchteil einer Sekunde einen Entscheidung treffen müssen. Er - der bislang vom Einsatz entsprechender Mittel Abstand genommen gehabt habe - habe sich zum Schlagstockeinsatz entschieden. In einer anderen Situation hätte der Beklagte diese Entscheidung so nicht getroffen.

Die strafrechtliche Konsequenz, die der Beklagte zu tragen habe, sei eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten. Der Schlagstockeinsatz sei vom Gericht als gefährliche Körperverletzung gewürdigt worden. Die Mindeststrafe der gefährlichen Körperverletzung betrage sechs Monate. Aus der Tatsache, dass die Mindeststrafe nur unerheblich überschritten worden sei, werde dokumentiert, dass das Gericht den Strafunwert der von dem Beklagten begangenen Tat als am unteren Rand angesehen habe. Es sei deshalb weder von einem besonders schweren oder von einem schweren Dienstvergehen auszugehen. Es handele sich um ein Augenblicksversagen, das aufgrund des massiven äußeren Drucks entstanden sei.

Das Vertrauen des Dienstherrn sei durch die Tat nicht besonders beeinträchtigt. Die Fehlentscheidung, die der Beklagte getroffen habe, sei aus der Situation heraus zu erklären. Der vermeintlich Verletzte habe sich bis zum heutigen Tag nicht gemeldet. Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche seien weder an den Dienstherrn noch an den Beamten gerichtet worden.

Das Bild, das der Beklagte in der Öffentlichkeit abgegeben habe, sei differenziert zu betrachten. Wenn ein Polizeibeamter einen gefesselten Menschen auf der Polizeiwache schlage, so stelle dieses einen gravierenden Verstoß dar, eine Überreaktion in einer unübersichtlichen oder gefahrträchtigen Lage sei damit nicht zu vergleichen. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Reaktionen von weiten Teilen der Bevölkerung - wie sie beispielsweise in Leserbriefen geäußert worden seien - für das Verhalten des Beklagten besonderes Verständnis gezeigt habe.

Insbesondere sei das Verhalten des Beklagten nicht mit dem des mitangeklagten Beamten zu vergleichen.

Das bisherige dienstliche Verhalten des Beklagten sei einwandfrei gewesen. Die von ihm erzielten dienstlichen Bewertungen seien gut bis sehr gut gewesen. Das Verhalten vor Gericht entspreche dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. November 2012 - 21356/13, ZBR 2013, 135. Als Angeklagter habe sich der Beklagte auf ausdrücklichen Rat seines Verteidigers nicht zur Sache eingelassen. Er habe bei Gericht und in der Öffentlichkeit insoweit kein negatives Bild abgegeben.

Der Beklagte sei seit dem 8. November 2012 vom Dienst freigestellt gewesen. Die lange Dauer des Verfahrens mit der einhergehenden wirtschaftlichen Benachteiligung durch die Kürzung der Dienstbezüge sei mit zu berücksichtigen.

Es werde angeregt, in Anwendung des Art. 35 Abs. 1 Satz 1 BayDG den bereits disziplinarisch hinreichend gemaßregelten Beklagten lediglich mit einem Verweis zu belegen.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2015 bat das Polizeipräsidium Mittelfranken die Disziplinarbehörde beim Polizeipräsidium München um Übernahme des Verfahrens mit dem Ziel der Zurückstufung des Beklagten.

Die Disziplinarbehörde bestätigte die Übernahme des Verfahrens mit Schreiben vom 9. Juli 2015.

Mit Schreiben der Disziplinarbehörde vom 22. Juli 2015 wurde dem Beklagten gemäß Art. 32 Satz 1 BayDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gegeben.

In dem Anhörungsschreiben wird unter anderem ausgeführt, in einer Gesamtschau erscheine die Dienstpflichtverletzung des Beklagten trotz der äußeren Umstände, der zahlenmäßigen Unterlegenheit der Polizeibeamten und dem Bedrohungsszenario als schwere Dienstpflichtverletzung, die lediglich angesichts mildernder Umstände mit einer Zurückstufung geahndet werden könne.

Aufgrund der zugunsten des Beklagten sprechenden Umstände, seiner bisherigen einwandfreien Dienstverrichtung und dem positiven Persönlichkeitsbild erscheine die Tat als einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat. Nach einer Abwägung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Gesichtspunkte erscheine eine Zurückstufung als erforderlich, aber auch als ausreichende Sanktion.

In dem erwähnten Persönlichkeitsbild für den Beklagten, das vom Leiter der Polizeiinspektion ... am 4. Mai 2015 erstellt wurde, ist Folgendes ausgeführt:

„Herr ... wurde im März 2003 bei der Bayerischen Polizei eingestellt. Seinen Anstellungslehrgang für die 2. QE absolvierte er als ... von 738 Teilnehmern.

Seit dem ... 2006 war er Angehöriger der PI ...; Einsatzzug ... Hier wurde er als Streifenbeamter, Einweisungsbeamter und bei Bedarf als Gruppenführer eingesetzt.

Der Beamte war gegenüber anderen Personen und Bürgern aufgeschlossen und freundlich. Sein Auftreten und Erscheinungsbild war immer vorbildlich. Gegenüber den Kollegen verhielt er sich sehr hilfsbereit und kameradschaftlich, der Umgang mit seinen Vorgesetzten war immer offen, ehrlich und loyal. Gerne hat er zu ungünstigen Zeiten, oftmals auch an Wochenenden, den Dienst für andere Kollegen übernommen.

Sein Einschreiten und seine polizeilichen Maßnahmen waren immer korrekt und führten zu keinem Beschwerdeverhalten.

Ihn zeichneten sein Fleiß und seine beispielhafte Einstellung zum Dienst aus. Sein Ziel war nicht die 3. QE (ausdrücklicher Wunsch seinerseits), sondern ein Verbleib im Einsatzzug, dass ihm immer Freude bereitete, im geschlossenen Einsatz Verwendung zu finden.

Seinen einzuweisenden Beamten stand er jederzeit mit Rat und Tat zur Seite, auch in diesem Tätigkeitsfeld fiel er durch seinen positiven Umgang mit anderen Menschen auf.

Seine schriftlichen Arbeiten erledigte er auffallend schnell, selbstsicher und fehlerfrei. Der Umgang mit dem PC und technischem Gerät (PeSi) ist als einwandfrei bzw. mustergültig zu beschreiben.

Weiterhin zeichneten ihn eine schnelle geistige Beweglichkeit und Auffassungsgabe sowie seine beispielhafte Motivation und sein positiver Fortbildungswille aus. Er arbeitete sich gerne in neue Tätigkeitsfelder ein und beherrschte diese bereits nach kurzer Zeit.

Bei der polizeilichen Sachbearbeitung zeigte er keine Schwerpunktbildung sondern war äußerst breit und vielseitig aufgestellt.

Weitere erwähnenswerte Charaktereigenschaften waren seine absolute Zuverlässigkeit und sein Verantwortungsbewusstsein.“

Mit Schreiben vom 27. August 2015 teilten die Bevollmächtigten des Beklagten mit, dass mit der beabsichtigen Disziplinarmaßnahme Einverständnis bestehe. Die Beteiligung des Personalrats wurde nicht beantragt.

IV.

Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach vom 8. Dezember 2015, erhob der Kläger Disziplinarklage mit dem Antrag,

den Beklagten zurückzustufen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beklagte habe mit seinem Verhalten ein äußerst schwerwiegendes Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, indem er schuldhaft gegen seine Pflicht verstoßen habe, sich innerhalb des Dienstes seinen Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), sowie gegen die Pflicht, rechtmäßig zu handeln und die Gesetze zu beachten (Art. 20 Abs. 3 GG, § 36 BeamtStG).

Unter Berücksichtigung des Umfangs der Pflichtverletzung, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit sowie unter Würdigung des Persönlichkeitsbildes und des bisherigen dienstlichen Verhaltens des Beklagten sei seine Zurückstufung geboten. Eine Entfernung sei angesichts der äußeren Umstände ausnahmsweise nicht erforderlich, eine Maßnahme unterhalb der Zurückstufung aufgrund der Schwere einer gefährlichen Körperverletzung im Amt nicht angemessen.

Ein Dienstvergehen mit der Folge möglicher disziplinarrechtlicher Maßnahmen liege grundsätzlich dann vor, wenn ein Beamter schuldhaft die ihm obliegende Pflichten verletzt (§ 47 Abs.1 Satz 1 BeamtStG).

Der Beklagte sei im Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt worden. Ausweislich der tatsächlichen Feststellungen im Strafverfahren seien weder Rechtfertigungs- noch Entschuldigungsgründe ersichtlich.

Durch die Verwirklichung einer gefährlichen Körperverletzung im Amt habe der Beklagte gegen die Pflicht, sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten, verstoßen (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Die genannte Norm bilde die Grundsatznorm für das Verhalten der Beamten. Ihr liege der Gedanke zugrunde, dass ein Beamter nur dann seine Aufgaben vollwertig erfüllen könne, wenn ihm vom Dienstherrn und der Öffentlichkeit die erforderliche Achtung und das notwendige Vertrauen entgegengebracht werden, was wiederum wesentlich durch das persönliche Verhalten des Beamten beeinflusst werde. Die Achtung betreffe das Ansehen, das der Beamte in der Öffentlichkeit, bei einzelnen Mitbürgern, aber auch im Kreis der Kollegen genieße. Das Vertrauen beziehe sich auf das Verhalten eines Menschen, es betreffe die Einschätzung, dass sich der Beamte so verhalte, wie es von ihm (in positivem Sinn) erwartet werde. Die Achtung und das Vertrauen, welches die einzelnen Beamten genössen, bildeten eine wesentliche Grundlage für die Achtung und das Vertrauen, das der Verwaltung insgesamt entgegengebracht werde, und seien für das Ansehen der Verwaltung und damit auch des Staats von grundlegender Bedeutung.

Die Verhaltensanforderungen hingen dabei von der dienstlichen Stellung und dem dienstlichen Aufgabenbereich ab.

Kernaufgabe eines Polizeivollzugsbeamten sei die Überwachung der Wahrung der Gesetze und die Verfolgung von Verstößen. Der Dienstherr wie die Öffentlichkeit müssten darauf vertrauen dürfen, dass sich Vollzugsbeamte nicht selbst auf die Seite des Unrechts stellten. Der Dienstherr und die Öffentlichkeit dürften zu Recht erwarten, dass gerade Polizeivollzugsbeamte das Verbot befolgten, andere körperlich zu misshandeln oder an der Gesundheit zu schädigen.

Bei einem Polizeivollzugsbeamten litten die Wertschätzung und das Ansehen daher beträchtlich, wenn er in Ausübung seines Amtes ein Köperverletzungsdelikt begeht. Der Polizeivollzugsbeamte missbrauche die zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse und erschüttere nicht nur das vom Dienstherrn in ihn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit, sondern beeinträchtige auch in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei insgesamt.

Durch die Verwirklichung einer Körperverletzung im Amt (§ 340 i. V. m. §§ 223, 224 StGB) habe der Beklagte zudem gegen seine Pflicht verstoßen, sich rechtmäßig zu verhalten und die Gesetze zu wahren (Art. 20 Abs. 3 GG, § 36 BeamtStG).

Das geschilderte Geschehen stelle ein Dienstvergehen dar, für das die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung die angemessene, aber auch ausreichende Reaktion darstelle. Das Dienstvergehen wiege schwer. Es lägen jedoch mildernde Umstände vor, die die Schwere des Dienstvergehens herabsetzten und das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht als endgültig zerstört erschienen ließen.

Wie schon der Strafrahmen der gefährlichen Körperverletzung im Amt indiziere (§ 340 Abs. 1, 3 i. V. m. §§ 223, 224 Abs. 1 StGB sähen im Regelstrafmaß eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor), wiege die Dienstpflichtverletzung des Beklagten schwer. Das disziplinarrechtliche Gewicht der gefährlichen Körperverletzung könne dennoch von unterschiedlichem Gewicht sein. Neben der Schwere der Verletzung komme auch der dienstlichen Stellung des Beamten gegenüber dem Verletzten sowie vor allem den Umständen, die zur Ausschreitung geführt hätten, disziplinarrechtliche Bedeutung zu.

Vorliegend sei erschwerend zu berücksichtigen, dass die Gewalt gegenüber einer Person ausgeübt worden sei, von der zum Zeitpunkt der Verletzungshandlungen des Beklagten keinerlei Gefahr ausgegangen sei. Dies werde vor allem aus dem Umstand ersichtlich, dass der Beklagte den Unbekannten von hinten auf den Rücken geschlagen habe. Auch habe der Beklagte einige Schritte auf den Unbekannten zugehen müssen, um überhaupt in Reichweite zu sein. Im Anschluss an den ersten Schlag habe sich der Unbekannte darüber hinaus in eine gebückte Haltung zurückgezogen und eine Hand gehoben, welche bedeutet habe, dass keinerlei Angriffe mehr zu befürchten seien. Dennoch habe der Beklagte - nachdem zwischenzeitlich auch der Beamte R. nochmals auf den Unbekannten eingeschlagen gehabt habe - noch zweimal auf den Unbekannten eingeschlagen, der sich weiterhin in kauernder Abwehrhaltung befunden habe.

Die ständige Rechtsprechung gehe davon aus, dass ein Polizeivollzugsbeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine oder mehrere vorsätzliche Körperverletzungen begehe, in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr verstoße und den Kernbereich seiner Dienstpflichten verletze. Er missbrauche damit die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse, erschüttere das in ihn vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit und beeinträchtige in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei als staatliche Institution, weil der Achtungsverlust des Beamten auf die Polizei insgesamt ausstrahle (BayVGH, U. v. 5.3.2008 - 16a D 07.1368 m. w. N. - juris Rn. 25).

Daraus folge, dass bei rechtswidrigen und schuldhaften Körperverletzungen im Amt an Personen, denen gegenüber der Beamte Amtshandlungen vorzunehmen habe, im Regelfall eine der nur im förmlichen Disziplinarverfahren statthaften Disziplinarmaßnahmen geboten sei. In schwerwiegenden Fällen, vor allem bei Übergriffen auf sich in (polizeilichem) Gewahrsam befindlichen Personen sei angesichts der Tatsache, dass aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine staatliche Schutzpflicht abzuleiten sei, die körperliche Integrität jeder Person in staatlichem Gewahrsam zu wahren und schützen (BVerfG, B. v. 19.2.2008 - BvR 1807/07), im Regelfall die Dienstentfernung erforderlich (BayVGH, U. v. 5.3.2008, a. a. O.).

Der Grundsatz, wonach bei der Gewaltanwendung gegenüber sich in Gewahrsam befindlichen Personen im Regelfall eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erforderlich sei (vgl. BayVGH, U. v. 26.5.1982 - 16 B 82 A.620), finde vorliegend zwar keine unmittelbare Anwendung. Denn der Unbekannte habe sich nicht im Gewahrsam des Beklagten befunden.

Allerdings seien die Grundsätze in abgeschwächter Form auf den vorliegenden Fall übertragbar, bei dem eine Körperverletzung im Amt gegenüber einem erkennbar Wehrlosen begangen werde. Denn zum einen sei auch die Strafbarkeit der Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB) ein Ausdruck der staatlichen Pflicht zum Schutz und zur Wahrung der körperlichen Integrität jeder Person (BVerfG, B. v. vom 19.2.2008, a. a. O.). Zum anderen sei ein erkennbar Wehrloser, der sich in kauernder Abwehrhaltung befinde, der staatlichen Gewalt funktionell vergleichbar ausgeliefert wie eine Person, die sich im staatlichen Gewahrsam befinde. Denn der Beamte trete dem Gegenüber in beiden Fällen gleichermaßen mit staatlichen Gewaltbefugnissen gegenüber. In beiden Fällen sei das Gegenüber unterlegen und der Situation ausgeliefert.

Erschwerend sei des Weiteren zu berücksichtigen, dass der Beklagte dreimal zugeschlagen habe. Zudem sei es nach dem ersten Schlag zu einer kurzen zeitlichen Zäsur gekommen, in der der Beklagte sein Handeln hätte überdenken können.

Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte nach den strafgerichtlichen Feststellungen „gezielt und mit voller Wucht“ mit dem Einsatzstock zugeschlagen habe. Insoweit sei auch die gerichtliche Feststellung, dass eine „erhebliche Überschreitung der polizeilichen Befugnisse vorliegt“ zulasten des Beklagten zu berücksichtigen, auch wenn die Feststellung im Rahmen der Strafzumessung des Berufungsurteils getroffen worden sei.

Es lägen jedoch auch Milderungsgründe vor, die die Schwere der Dienstpflichtverletzung herabsetzten. Neben den tatsächlichen Feststellungen entfalteten dabei auch die Feststellungen, die im Strafverfahren im Rahmen der Strafzumessung getroffen wurden, im Rahmen der Bemessung der Disziplinarmaßnahme Bedeutung. Denn die Disziplinarmaßnahme richte sich in erster Linie nach der Schwere des Dienstvergehens, für die die verhängte Sanktion als Orientierungsrahmen gelte (Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Art. 25 Rn. 12a).

So sei zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass das Verhalten durch die äußeren Umstände maßgeblich beeinflusst gewesen sei. Die Stimmung sei nach den Feststellungen im Strafverfahren aufgeheizt gewesen, die Beamten der Polizei zahlenmäßig unterlegen gewesen. Zehn bis zwölf Beamte hätten eine Polizeikette gebildet und etwa 30 bis 40 Fans gegenübergestanden. Diese seien gewaltbereit gewesen. Es sei zu Zwischenrufen wie „jetzt hauen wir den Bullen so richtig auf die Fresse“ und „scheiß Bullen“ gekommen. Überdies hätten sich die Fans unmittelbar vor dem Vorfall auf die Polizeikette zubewegt. Auch wenn der Beklagte weder im Strafprozess noch im bisherigen Verlauf des Disziplinarverfahrens dazu Stellung genommen habe, sei zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass die Provokation durch die Fans ein maßgeblicher Beweggrund für die Reaktion des Beklagten gewesen sei. Vor allem das Bedrohungsszenario, das die Fans bereits durch ihre zahlenmäßige Überlegenheit und das Nichteinhalten eines hinreichenden Abstands zur Polizeikette aufgebaut hätten, sowie die verbalen Provokationen und Beleidigungen seitens der Fans ließen das Verhalten als weniger schwerwiegend erscheinen.

Das Dienstvergehen wiege auch deswegen weniger schwer, weil zugunsten des Angeklagten davon auszugehen sei, dass das spätere Opfer einen kleinen Gegenstand in Richtung der Polizeikette geworfen habe. Dies bedeute eine zusätzliche Provokation, wenn nicht gar einen Angriff. Auch wenn der Angriff mangels Gegenwärtigkeit das gezeigte Verhalten nicht gerechtfertigt oder zumindest entschuldigt erscheinen lasse, auch nicht im Wege des Notwehrexzesses oder der Putativnotwehr, sei das Vorverhalten des späteren Opfers mildernd zu berücksichtigen. Denn grundsätzlich seien Provokationen und Beleidigungen, die dem Dienstvergehen unmittelbar vorausgehen, im Disziplinarverfahren mildernd zu berücksichtigen (BayVGH, Urteil vom 5.3.2008 - 16a D 07.1368, juris Rn. 30).

Schließlich werde die Schwere der Dienstpflichtverletzung erheblich dadurch gemildert, dass zugunsten des Beklagten davon auszugehen sei, dass das unbekannte Opfer lediglich kurz andauernde Schmerzen empfunden habe.

Zudem sei das gesamte Geschehen auf einen kurzen Zeitraum begrenzt. Dies gehe auch aus dem Umstand hervor, dass das Verhalten strafrechtlich als einheitliches Geschehen gewertet worden sei, dass auf einem einheitlichem Tatentschluss beruht habe.

In einer Gesamtschau zeige sich die Berücksichtigungsfähigkeit der mildernden Umstände auch an der im Strafverfahren ausgesprochenen Strafe von acht Monaten. Diese liege nur wenig über der Mindeststrafe von sechs Monaten. Auch liege die Freiheitsstrafe von acht Monaten nicht in unmittelbarer Nähe zur Jahresgrenze des § 24 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG, die Kraft Gesetzes zu einem Verlust der Beamtenrechte führe.

Das Persönlichkeitsbild des Beamten und seine bisherigen dienstlichen Leistungen sprächen zu seinen Gunsten. Dieser sei zuvor weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.

Im Hinblick auf den Vorwurf sei festzuhalten, dass der Beklagte den äußeren Geschehensablauf eingeräumt habe.

Zudem zeigten die bisherigen dienstlichen Beurteilungen, bei denen der Beklagte 2008 und 2011 jeweils 10 Punkte erreicht habe, dass der Beklagte gute Leistungen erbringe. Im Jahr 2009 habe er zwei Leistungsprämien für sein dienstliches Verhalten erhalten.

Bestätigt werde dieser positive Eindruck durch das Persönlichkeitsbild, das Polizeihauptkommissar ... am 4. Mai 2015 erstellt habe. Aus diesem Persönlichkeitsbild sei hervorzuheben, dass das Einschreiten und die ergriffenen Maßnahmen immer als korrekt beschrieben würden. Auch das vom Beklagten gezeichnete Charakterbild, das von „absoluter Zuverlässigkeit“ und „Verantwortungsbewusstsein“ geprägt sei, falle im Rahmen der Abwägung positiv ins Gewicht.

Das in den Beklagten gesetzte dienstliche Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit sei beschädigt, aber nicht endgültig erschüttert.

Zwar führe der Vorfall zu einem erheblichen Achtungs- und Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Dies werde mitunter an der negativen medialen Berichterstattung im Rahmen des Strafverfahrens sichtbar. Schlagzeilen wie „Prügelnde Polizisten“ (... vom ...) seien zu lesen gewesen oder „Polizisten wegen Prügelattacke auf Fans verurteilt“ (... vom ...), „Nach ...spiel: Polizisten verprügeln Fansprecher. Täter erhielten Bewährung“ (... vom ...), „Prügelnde Polizisten wollen in Berufung gehen“ (... vom...), „Polizisten für Prügelattacke verurteilt“ (... vom ...) und „Zwei prügelnde Polizisten verurteilt“ (... vom ...). Diese Presseberichte führten zumindest zu einer Gefährdung des unabdingbaren Vertrauens in die Arbeit der Bayerischen Polizei.

Jedoch sei aufgrund der geschilderten äußeren Umstände, die keine alltägliche Situation darstellten, nicht davon auszugehen, dass das Vertrauen endgültig zerstört worden sei. Denn durch die vorangegangene Provokation sei eine kurzschlussartige Reaktion, wie der Beklagte sie an den Tag gelegt habe, zwar nicht zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Jedoch sei sie nicht derart unverständlich, dass dem Dienstherrn und der Öffentlichkeit jegliches Vertrauen verlustig ginge. Dies zeige sich an den Presseberichten, die kein einseitig negatives Bild von der Polizei zeichneten. Vielmehr sei dort auch die Gewaltbereitschaft der Gegenseite nachgezeichnet und somit eine gewisse „Nachvollziehbarkeit“ geschaffen worden: „Die Filme werden immer wieder gezeigt, denn auch in Zeitlupe wollen die Juristen genau betrachten, ob die Angeklagten die dünne Linie zwischen noch angemessener und exzessiver Gewalt überschritten haben. Wer diese Szenen sieht, kann kaum daran zweifeln, dass hier gewaltbereite Fans auftraten, die ihren Frust über ein unentschiedenes Heimspiel an Polizisten abreagieren wollten. Rufe wie „Jetzt hauen wir den Bullen auf die Fresse“ sind zu hören (... vom ...). Oder nach dem Strafurteil in der 2. Instanz: „Eine widerwärtige Drohkulisse. Einige Polizisten schildern im Zeugenstand, dass sie Angst hatten und nicht wussten, ob sie unverletzt nach Hause kommen würden“ (... vom ...).

In einer Gesamtschau erscheine das Verhalten des Beklagten als persönlichkeitsfremde Augenblickstat. Voraussetzung der Annahme einer einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblickstat sei, dass eine spontane, ohne hinreichende Überlegung quasi kurzschlussartige Handlung vorliege (VG München, Urteil vom 14.7.2014 - M 19 DK 14.1201, juris Rn. 64). Im Vergleich zum bisherigen dienstlichen Verhalten des Beklagten sei zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass er aufgrund des Bedrohungsszenarios und durch den Wurf eines Gegenstandes in seine Richtung, der zumindest provozierend, wenn nicht gar angesichts der sonstigen äußeren Umstände bedrohlich gewirkt habe, überzogen reagiert habe. Dieses einmalige Handeln stehe in Widerspruch zum bisherigen dienstlichen Verhalten und lasse das Handeln als einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat erscheinen.

Nach Abwägung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände erachte die Disziplinarbehörde daher in Abstimmung mit dem Polizeipräsidium Mittelfranken eine Zurückstufung als erforderliche, aber auch angemessene Disziplinarmaßnahme, da eine spürbare Pflichtenmahnung angesichts der Schwere des Dienstvergehens erforderlich, das Vertrauen in den Beamten aber nicht zerstört sei, wie sich auch an der weiteren Dienstverrichtung beim ..., ... seit dem ... 2015 zeige.

Die Bevollmächtigten des Beklagten erwiderten mit Schriftsatz vom 9. März 2016, der in der Disziplinarklage geschilderte Sachverhalt sei in groben Zügen richtig dargestellt. Es lägen jedoch einige Ungenauigkeiten vor, die auch im Hinblick auf das Verhalten des Beklagten zu Recht gerückt werden müssten.

Der Einsatzzug, dem der Beklagte angehört habe, habe nach beendeter Tätigkeit den Nachhauseweg antreten wollen. Zwischenzeitlich habe sich jedoch im Bereich des ... eine Gruppe von ca. 50 überwiegend vermummten Personen zusammengerottet um eine Gefangenenbefreiung durchzuführen.

Der Einsatzzug sei per Notruf zurückbeordert worden. Es sie die Situation entstanden, dass ca. zehn Beamte einer 50-köpfigen Gruppe gewaltbereiter Menschen gegenübergestanden habe. Zu dieser Gruppe habe sich zum einen Rechtsanwalt ... gesellt, der sich als mandatsloser Interessenverwalter der Fans geriert habe, des Weiteren ein „Fansprecher“ der keinerlei offizielle Vereinsfunktion innegehabt habe. Beide Personen seien von den jeweiligen Beamten aufgefordert worden, sich von der Polizeikette zu entfernen. Sie seien den jeweiligen Aufforderungen nicht nachgekommen. Als Reaktion sei Rechtsanwalt ... von einer Beamtin mittels Pfefferspray behandelt worden. Der neben dem Beklagten stehende Beamte habe dem „Fansprecher“ unter anderem mit der Faust ins Gesicht geschlagen.

Die Vorgehensweise dieser Beamten habe zur Folge gehabt, dass die „Fangruppe“ noch mehr in Aufruhr geraten sei. Einer aus dieser Gruppe habe einen kleinen harten Gegenstand auf den Beklagten geworfen. Unmittelbar nach dem Wurf habe der Beklagte spontan und als direkte Reaktion hierauf mit seinem Einsatzstock auf den Angreifer eingeschlagen. Die Schläge hätten den Angreifer zwar auf den Rücken getroffen, seien jedoch nicht wie geschildert von hinten ausgeübt worden, sondern von vorne, auf den sich wegduckenden Angreifer.

Falsch sei die Feststellung des Landgerichts, dass die „Fangruppe“ aufgrund des Pfefferspray-einsatzes zurückgewichen sei. Der Gegenstandswerfer habe sich von dem Pfeffersprayeinsatz unbeeindruckt gezeigt, insbesondere deshalb, da der Beklagte selbst kein Pfefferspray versprüht habe.

Es sei alles andere als erkennbar gewesen, dass von diesem keine Gefahr mehr ausgehen würde. Der vermeintlich Geschädigte habe mit einer Hand seine Kapuze vors Gesicht gehalten, um sich vor Erkennung zu schützen. Die andere Hand sei zu einer Faust geballt und in Abwehrhaltung erhoben worden. Es lasse sich nicht mehr feststellen, ob sich in der Faust noch weitere Gegenstände befunden hätten. Der „Angreifer“ sei von einem anderen Fan sodann zurückgezogen worden.

Es lasse sich nicht feststellen, ob der Angreifer durch den Gebrauch des Einsatzstockes tatsächlich Schmerzen erlitten habe. Es sei nicht bekannt, ob der Angreifer unter seiner Kleidung möglicherweise Protektoren getragen habe. Interessanterweise habe sich diese Person bis zum heutigen Tage auch nicht gemeldet. Zum Beweis für die Darlegungen werde die Einsichtnahme des Polizeivideos beantragt.

Die Klägerseite gehe rechtsirrig davon aus, dass Art. 25 Abs. 1 BayDG zur Anwendung komme. Die Norm finde nur Anwendung, wenn der Beamte aufgrund eines rechtskräftigen Urteils durch den Strafvollzug schuldhaft vom Dienst ferngeblieben sei. Der Beklagte sei zwar vorläufig vom Dienst suspendiert worden, dieses sei jedoch nicht in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestimmt worden.

Demnach seien die getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht bindend. Das Gericht könne demnach eigene Sachverhaltsfeststellungen treffen.

Der berufliche Werdegang des Beklagten sei als einwandfrei und vorbildlich zu bezeichnen.

Die Verurteilung des Beklagten zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten liege auch nur knapp über der gesetzlichen Mindeststrafe von sechs Monaten.

Vorliegend habe sich der Beklagte zudem in einer Sondersituation befunden, in der eine zahlenmäßig unterlegene Anzahl von Polizeibeamten einer mengenmäßig und weit überlegenen Anzahl von gewaltbereiten aggressiven Menschen gegenübergestanden habe. Objektiv habe niemand voraussagen können, wie sich die Situation weiter entwickeln werde. Aus den in dem strafgerichtlichen Verfahren getätigten Aussagen der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten sei klar erkenntlich, dass diese noch nie eine so dramatische Situation erlebt und diese als äußerst bedrohlich und beängstigend empfunden hätten.

Dies könne POM ... als Zeuge bestätigen.

Weiterhin sei festzustellen, dass der Schlagstockeinsatz des Beklagten zumindest den Teilerfolg gehabt habe, dass die Fangruppe zurückgewichen sei und von der geplanten Befreiungsaktion Abstand genommen habe.

In der Öffentlichkeit, in Leserbriefen und Diskussionsforen sei die strafrechtliche Verurteilung des Beklagten mit Unverständnis kommentiert worden. Der sich hieraus ergebende Tenor habe sinngemäß dahingehend gelautet, ob sich Polizeibeamte als Prügelknaben für Gewaltfans hernehmen lassen müssten.

Der Gegenstandswerfer sei kein erkennbar Wehrloser gewesen. Wie oben angemerkt lasse sich nicht feststellen, ob in seiner Faust sich noch andere Wurfgegenstände befunden hätten.

Das Fehlverhalten des Beklagten sei als sogenanntes Augenblicksversagen zu bezeichnen. Die Zeitspanne der durchgeführten Schläge habe keine Zäsurwirkung gehabt. Das Verhalten des Beklagten in dieser Situation sei für die Allgemeinheit nachvollziehbar.

Völlig außer Acht geblieben sei auch noch die Tatsache, dass von den „Fußballfans“ ebenfalls Straftaten begangen worden seien.

Die mit der Disziplinarklage beantragte Sanktion sei als das Maximum des zulässigen zu bezeichnen. Nach diesseitiger Auffassung wären sogar Sanktionen gemäß Art. 7 bis 9 BayDG angemessen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten sowie die beigezogenen Akten des gegen den Beklagten geführten Strafverfahrens Bezug genommen.

Gründe

Das von dem Beklagten begangene Dienstvergehen führt in Anwendung des Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayDG zur Zurückstufung des Beklagten in das Amt eines Polizeimeisters (BesGr. A 7).

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Die Kammer legt der disziplinarrechtlichen Würdigung die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils des Landgerichts ... vom 27. Juni 2014 - ..., zugrunde, mit welchem der Beklagte wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt gemäß §§ 340 Abs. 1, 3, 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4, 25 Abs. 2, 53, 56 ff. StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden ist. Die Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Die strafgerichtlichen Feststellungen sind gemäß Art. 55 BayDG i. V. m. Art. 25 Abs. 1 BayDG für das Disziplinarklageverfahren bindend. Wie sich durch Augenscheineinnahme des von dem Vorfall am ...2012 gefertigten Polizeivideos in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, enthält das Strafurteil keine offenkundig unrichtigen Feststellungen im Sinne des Art. 55 BayDG.

Nach den Feststellungen im strafgerichtlichen Urteil schlug der Beklagte am ... 2014 nach dem Heimspiel des ... gegen den ... (...) einer nicht mehr zu ermittelnden Person vorsätzlich dreimal schuldhaft und ohne rechtfertigenden Grund mit dem Einsatzstock in den Rückenbereich. Wegen der Einzelheiten des festgestellten Sachverhalts wird auf die wörtliche Wiedergabe der Feststellungen aus dem Strafurteil im Tatbestand unter Ziffer II. verwiesen.

III.

Der Beklagte hat durch die vom ihm begangene gefährliche Körperverletzung gegen seine Pflicht, die Gesetze zu beachten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) sowie sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen und damit ein innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen.

Die Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils im Disziplinarverfahren umfasst auch die Feststellung, dass der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft gehandelt hat (BVerwG, B. v. 25.2.2016 - 2 B 1/15, juris).

Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die erforderliche Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßen Ermessen, insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, U. v. 10.12.2015 - 2 C 6/14, juris; U. v. 29.10.2013 - 1 D 1.12, BVerwGE 148, 192). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, B. v. 8.12.2004 - 2 BvR 52/02, BVerfGK 4, 243). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252).

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 BayDG). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, U. v. 23.1.1973 - 1 D 25.72, BVerwGE 46, 64; U. v. 25.7.2013 - 2 C 63.11, BVerwGE 147, 229; U. v. 27.2.2014 - 2 C 1.13, BVerwGE 149, 117; U. v. 10.12.2015 - 2 C 6/14, juris). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Höhe der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, U. v. 18.6.2015 - 2 C 9.14, NVwZ 2015, 1680). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, B. v. 14.6.2000 - 2 BvR 993/94, ZBR 2001, 208; B. v. 8.12.2004 - 2 BvR 52/0, BVerfGK 4, 243).

Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z. B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z. B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252).

Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5.10, Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22, und 2 C 13.10, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25; U. v. 18.6.2015 - 2 C 9.14, NVwZ 2015, 1680). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayDG am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht bisher in bestimmten Fallkonstellationen, z. B. bei Zugriffsdelikten, maßgeblich auf andere Kriterien, wie z. B. die Schadenshöhe abgestellt hat, hält das Bundesverwaltungsgericht an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest (U. v. 10.12.2015 - 2 C 6/14, juris).

Der Beklagte ist wegen des ihm im Disziplinarverfahren zur Last gelegten Tatvorwurfs wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Die im Falle des Beklagten zur Anwendung gekommenen Strafnormen der §§ 340 Abs. 1, 3, 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 sehen einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.

Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es sogar bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Im Falle des Beklagten ist weiter zu berücksichtigen, dass ein Polizeivollzugsbeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begeht, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliegt, in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr verstößt und den Kernbereich seiner Dienstpflichten verletzt. Denn er missbraucht die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse, erschüttert das in ihn vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit und beeinträchtigt in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen, sie genießen in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Das zur Ausübung dieser Ämter erforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Straftaten begehen (BVerwG, U. v. 18.6.2015 - 2 C 9/14, juris Rn. 22).

Körperverletzungsdelikte von Polizeibeamten haben deshalb ganz erhebliches Gewicht und werfen - jedenfalls bei Versagen im Amt - regelmäßig die Frage auf, ob der Beamte für den Polizeivollzugsdienst noch tragbar ist. Ein Polizeibeamter hat unter anderem die Aufgabe, Gefahren abzuwehren, die Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen bedrohen. Begeht ein mit solchen Aufgaben und Befugnissen betrauter Beamter in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung, ohne dass diese durch Notwehr oder Putativnotwehr gerechtfertigt ist, so handelt er in grober Weise seinem gesetzlichen Auftrag zuwider. Der Achtungsverlust, den ein Polizeibeamter erleidet, der sich in Ausübung seines Amtes einer vorsätzlichen Körperverletzung schuldig macht, strahlt auf die Polizei insgesamt aus. Die Allgemeinheit kann und darf mit Recht erwarten, dass das allgemeine strafgesetzliche Verbot, Andere körperlich zu verletzen, gerade von Polizeibeamten befolgt wird, zu deren Kernpflichten es gehört, die Einhaltung dieses Verbots zu überwachen und Verstöße hiergegen zu unterbinden und zu verfolgen. Das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) besitzt einen besonders hohen Rang (vgl. zum Ganzen: BayVGH, U. v. 5.3.2008 - 16a D 07.1368, juris).

Wie bereits ausgeführt ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme gemäß Art. 14 Abs. 1 BayDG nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252; U. v. 18.6.2015 - 2 C 9.14, NVwZ 2015, 1680). Bei der Ausübung des den Gerichten nach Art. 14 Abs. 1 BayDG eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind, ist jede Schematisierung zu vermeiden (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252 und U. v. 18.6.2015 - 2 C 9.14, NVwZ 2015).

In Hinblick auf die oben dargestellte aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommen statusberührende Disziplinarmaßnahmen auch bei Polizeibeamten deshalb nur bei besonders schwerwiegenden Verfehlungen in Betracht (vgl. Sächsisches OVG, B. v. 11.1.2016 - 6 B 357/15.D, juris Rn. 12), wobei nach neuerer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der disziplinarrechtlichen Ahndung indiziell auch an die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion angeknüpft werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 18.6.2015 - 2 C 9/14, BVerwGE 152, 228, Rn. 38 f., m. w. N.).

Hiervon ausgehend ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass das Fehlverhalten des Beklagten zwar schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG wiegt, der Beklagte - insbesondere unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit jedoch noch nicht endgültig verloren hat und eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis vorliegend weder als angemessen (verhältnismäßig) noch als erforderlich anzusehen ist. Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist vorliegend wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens nicht geboten.

Zulasten des Beklagten spricht zunächst, dass er dreimal mit dem Einsatzstock vorsätzlich und ohne rechtfertigenden Grund auf den Rücken einer anderen Person geschlagen hat, von der zum Zeitpunkt der Anwendung des Einsatzstockes keine Gefahr mehr ausgegangen ist, und der Beklagte nach den Feststellungen des Landgerichts ... vom ... von seinem Kollegen ... von weiteren Schlägen abgehalten werden musste.

Andererseits bestehen erhebliche Entlastungsgründe, die zugunsten des Beklagten sprechen.

Die Körperverletzung erfolgte nicht gegenüber einer Person im polizeilichen Gewahrsam (vgl. hierzu: BayVGH, U. v. 5.3.2008 - 16a D 07.1368), sondern in einer außergewöhnlichen, sich weiter eskalierenden Situation, in welcher sich der Beklagte während des Einsatzes beim Heimspiel des ... gegen den ... am ... 2012 befunden hat.

Wie sich den nachfolgend nochmals zusammengefasst wiedergegeben strafgerichtlichen Feststellungen entnehmen lässt wurde der Beklagte mit anderen Beamten in den Bereich ..., ...Straße und ...Straße beordert, wo sich mehrere Dutzend gewaltbereite Fans des ..., sogenannte ..., versammelt hatten. Es wurde seitens der Polizei die Gefahr gesehen, dass zwei ... Fans, welche bereits zum Zwecke der Identitätsfeststellungen angehalten worden waren, von diesen befreit werden könnten.

Um einer drohenden Eskalationsgefahr entgegenzuwirken, bildeten zehn bis zwölf Beamte des Einsatzzuges der Polizeiinspektion ..., unter Ihnen der Beklagte, eine Polizeikette, um die Beamten, welche beide oben genannten Personen zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam genommen hatten, zu schützen. Aufgrund dieser Abschirmung steigerte sich nunmehr die Stimmung der genannten ...-Fans. Es ertönten Rufe wie „scheiß Bullen... für das SEK hat es nicht gereicht ... jetzt hauen wir den Bullen auf die Fresse...“.

In dieser Situation kam es durch den Polizeibeamten R., der im oben bezeichneten Strafverfahren als Mitangeklagter zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist, zu einem massiven Übergriff auf den Geschädigten ... Bereits aufgrund des ersten Schlages durch den Beamten R. hatte sich die Gruppe gewaltbereiter Fußballfans, welche bis zu diesem Zeitpunkt zunächst eine Distanz von ca. vier bis fünf Metern zur von Polizeibeamten gebildeten Einsatzkette eingehalten hatte, in einer Weise über das nunmehrige Geschehen erregt, dass ca. 30 bis 40 Personen in Form einer ungeordneten Meute nunmehr in Richtung der Polizeikette drängten, was nachfolgend zu einem großflächigen Einsatzes von Pfefferspray durch mehrere Polizeibeamte im Bereich der gesamten Länge der genannten Polizeikette führte. Es näherte sich nunmehr eine männliche Person, deren Personalien nicht mehr festgestellt werden konnten, welche eine dunkle Jacke trug und eine Kapuze über den Kopf gezogen hatte, dem direkt rechts neben dem Beamten R. befindlichen Beklagten, wobei diese Person eine Wurfbewegung vollführte. Die Strafkammer ging zugunsten des Beklagten und seinem Kollegen R. davon aus, dass diese unbekannte Person einen kleineren Gegenstand in Richtung der Polizeibeamten warf.

Unmittelbar nach dem geschilderten Wurf wandte sich die unbekannt gebliebene männliche Person, erkennbar unter dem Eindruck eines Pfeffersprayeinsatzes, aus Sicht dieser Person nach rechts ab, so dass sie dem Beklagten und dem Beamten R. jeweils den Rücken zukehrte. Obwohl der Beklagte nach den Feststellungen der Strafkammer erkannte, dass von dieser Person keinerlei Gefahr für die eingesetzten Polizeibeamten mehr ausging, begab er sich einige Schritte nach vorne in Richtung des Unbekannten und schlug diesem mit seinem in der rechten Hand gehaltenen, polizeilichen Einsatzstock bewusst und gewollt mit voller Wucht in den Rückenbereich. Während der Unbekannte sich nunmehr in gebückter Haltung und mit erhobener Hand, welche bedeutete, dass von ihm nunmehr keinerlei Angriffe mehr zu befürchten seien, in der Nähe eines dort stehenden kleinen Baumes befand, hatte der Beamte R. den Schlag des Beklagten in den Rückenbereich dieses Unbekannten bemerkt, begab sich daraufhin zu diesem mit seiner fast kauernden Körperhaltung und schlug dem Unbekannten ebenfalls einmal mit voller Wucht gezielt in den Rückenbereich. Während der Beamte R. nunmehr wieder den übrigen Fußballfans nacheilte, schlug der Beklagte, welcher in unmittelbarer Nähe zu dem Unbekannten stehen geblieben war, noch zweimal gezielt und mit voller Wucht mit seinem Einsatzstock gegen den Rückenbereich dieses Unbekannten, welcher immer noch sich in kauernder Abwehrhaltung befand.

Die Kammer geht auf Basis der strafgerichtlichen Feststellungen zugunsten des Beklagten davon aus, dass er sich in einer für ihn bisher einmaligen, außergewöhnlichen Einsatz- und Stresssituation befunden hat. Die Stimmung war bereits zu Beginn des hier relevanten Einsatzes aufgeheizt, da die Gefahr bestand, dass sog. ... zur Identitätsfeststellung festgehaltene Personen befreien würden. Es ist für die Kammer deshalb nachvollziehbar, dass sich der Beklagte - wie auch andere Beamte - nach der durch das völlig überzogene Vorgehen des Beamten R. gegen den geschädigten Wagner ausgelösten weiteren Eskalation der Situation, die zu einem Vordringen einer Gruppe von 30 bis 40 gewaltbereiten ... gegenüber den Polizeibeamten führte, massiv bedroht gefühlt und situationsbedingt - möglicherweise auch angespornt durch das Fehlverhalten seines Kollegen R. - überreagiert hat und sich zur Verwendung des Einsatzstockes hat hinreißen lassen. Zugunsten des Beklagten ist auch zu berücksichtigen, dass der Unbekannte zuvor einen Gegenstand in Richtung des Beklagten geworfen hat und nicht auszuschließen ist, dass der Beklagte, wie von seinem Bevollmächtigten vorgetragen, mit der Möglichkeit rechnete, es könnte zu einem weiteren Wurf durch den Unbekannten kommen.

Weiter ist zugunsten des Beklagten zu würdigen, dass es vor seinem Fehlverhalten zu groben Beleidigungen und bedrohlichen Gesten durch Mitglieder der ... gegenüber den eingesetzten Beamten gekommen ist (BayVGH, U. v. 26.5.1982, VGH n. F. 36, 47; U. v. 5.3.2008 - 16a D 07.1368).

Unter besonderer Berücksichtigung des positiven Persönlichkeitsbildes des Beklagten und seiner vor und nach dem Vorfall tadellosen Dienstführung geht die Kammer deshalb davon aus, dass es sich bei dem Vorfall vom ... 2012 um ein einmaliges, nicht der Persönlichkeit des Beklagten entsprechendes, also persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten gehandelt hat.

Das Fehlverhalten des Beklagten hat im Hinblick auf die bezeichneten Besonderheiten des Einzelfalls nicht zu einer Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums geführt, die bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen wäre (vgl. BVerwG, U. v. 29.05.2008 - 2 C 59/07, juris). In der Presse wurde ausführlich über den Polizeieinsatz am ... 2014 und die Situation, in der sich die Einsatzkräfte befunden hatten, berichtet. So schilderten die ... beispielhaft in ihrer Ausgabe vom 27. Juni 2014 die damals von den eingesetzten Beamten empfundene Drohkulisse und ihre Angst, ob sie unverletzt nach Hause kommen würden. Auch in der Öffentlichkeit waren deshalb die besonderen Umstände des Einsatzes bekannt und machen die Handlungsweise des Beklagten auch in der Öffentlichkeit in gewisser Weise nachvollziehbar.

Schließlich ist zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass sich das verhängte Strafmaß von acht Monaten nur wenig oberhalb der gesetzlichen Mindeststrafe für gefährliche Körperverletzung im Amt von sechs Monaten bewegt.

Weitere anerkannte oder sonstige (vgl. BVerwG, B. v. 2.3.2012 - 2 B 8/11) Milderungsgründe von beachtlichem Gewicht liegen nicht vor.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldfähigkeit des Beklagten zum Tatzeitpunkt erheblich im Sinne des § 21 StGB gemindert war. Dies wird vom Beklagten auch selbst nicht behauptet. Im strafgerichtlichen Verfahren wurden ebenfalls keine dahingehenden Feststellungen getroffen.

In der Gesamtbewertung der den Beklagten be- und entlastenden Umstände ist unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beklagten deshalb zwar eine deutliche Pflichtenmahnung in Form der Herabstufung des Beklagten in das Eingangsamt als geboten, aber auch als ausreichend anzusehen. Diese Disziplinarmaßnahme ist schuldangemessen und im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens verhältnismäßig.

Für eine Entscheidung nach Art. 10 Abs. 3 Satz 2 BayDG zugunsten des Beklagten bestand kein Anlass.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 18. Juli 2016 - AN 13b D 15.02473

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 18. Juli 2016 - AN 13b D 15.02473

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 18. Juli 2016 - AN 13b D 15.02473 zitiert 17 §§.

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Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 13 Bemessung der Disziplinarmaßnahme


(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

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(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 24 Verlust der Beamtenrechte


(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts 1. wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder2. wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vor

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(1) Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung. (2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg gelt

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 39 Verbot der Führung der Dienstgeschäfte


Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sons

Strafgesetzbuch - StGB | § 340 Körperverletzung im Amt


(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die

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Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung.

(2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Vorgesetzte oder den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. Die Bestätigung hat auf Verlangen schriftlich zu erfolgen.

(3) Wird von den Beamtinnen oder Beamten die sofortige Ausführung der Anordnung verlangt, weil Gefahr im Verzug besteht und die Entscheidung der oder des höheren Vorgesetzten nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann, gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend. Die Anordnung ist durch die anordnende oder den anordnenden Vorgesetzten schriftlich zu bestätigen, wenn die Beamtin oder der Beamte dies unverzüglich nach Ausführung der Anordnung verlangt.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung.

(2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Vorgesetzte oder den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. Die Bestätigung hat auf Verlangen schriftlich zu erfolgen.

(3) Wird von den Beamtinnen oder Beamten die sofortige Ausführung der Anordnung verlangt, weil Gefahr im Verzug besteht und die Entscheidung der oder des höheren Vorgesetzten nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann, gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend. Die Anordnung ist durch die anordnende oder den anordnenden Vorgesetzten schriftlich zu bestätigen, wenn die Beamtin oder der Beamte dies unverzüglich nach Ausführung der Anordnung verlangt.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 224 bis 229 gelten für Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

2

Die 1972 geborene Beklagte stand zuletzt als Amtsmeisterin (Besoldungsgruppe A 4) im Dienst des klagenden Landes. Seit 1993 war sie immer wieder länger erkrankt. 2005 wurde bei ihr Multiple Sklerose diagnostiziert. Seit August 2009 war sie dauerhaft dienstunfähig erkrankt und wurde mit Ablauf des Monats April 2010 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

3

Im Juli 2010 wurde die Beklagte durch rechtskräftig gewordenes amtsgerichtliches Urteil wegen Betruges in neun Fällen, davon in zwei Fällen im Versuch, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hatte die Beklagte von August 2006 bis Juni 2008 in neun Fällen zum Teil mehrere Rezepte - jeweils mit einem Bestätigungsvermerk einer Apothekerin - für ein Medikament, das ihr von verschiedenen Ärzten verordnet worden war, ihrer Beihilfestelle und ihrer Krankenversicherung zur Erstattung vorgelegt, obwohl sie jeweils das Medikament nicht erhalten und den Kaufpreis nicht gezahlt hatte. Die Beihilfestelle forderte von der Beklagten den Betrag von 6 668 € zurück und schloss mit ihr eine Ratenzahlungsvereinbarung ab. Eine entsprechende Ratenzahlungsvereinbarung besteht mit der Krankenversicherung.

4

Auf die Disziplinarklage des Klägers hat das Verwaltungsgericht der Beklagten das Ruhegehalt aberkannt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat die amtsgerichtlichen Feststellungen als bindend zugrunde gelegt, zumal die Beklagte die ihr vorgeworfenen Tathandlungen - zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - ausdrücklich eingeräumt habe. Auch hinsichtlich des Vorsatzes und der Schuld seien die Feststellungen des Strafgerichts bindend. Bei der Maßnahmebemessung sei angesichts der Schwere des Dienstvergehens unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die Aberkennung des Ruhegehalts erforderlich. Die Schwere des Dienstvergehens ergebe sich hier aus der Höhe des Gesamtschadens sowie Anzahl und Dauer der betrügerischen Handlungen. Hinreichend gewichtige Milderungsgründe gebe es nicht. Es habe weder eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat noch eine schockartig ausgelöste psychische Ausnahmesituation noch eine unverschuldet entstandene, ausweglose wirtschaftliche Notlage noch eine negative Lebensphase vorgelegen. Es fehle auch an greifbaren Anhaltspunkten für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit im Zeitraum der Tatbegehung.

5

Die mit der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

6

1. Soweit die Beschwerde geltend macht, das Berufungsurteil treffe keine hinreichenden Feststellungen zur Schuld der Beklagten, ziehe sich auf die Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils zurück, treffe lediglich ergänzend abstrakte Feststellungen und stelle - unzureichende und nicht überzeugende - Plausibilitätsüberlegungen an, ist damit ein Verfahrensfehler nicht aufgezeigt.

7

Nach § 41 Disziplinargesetz des Landes Berlin (DiszG Be) vom 29. Juni 2004 (GVBl. S. 263) i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Verwaltungsgericht bindend. Diese Bindungswirkung soll verhindern, dass zu ein- und demselben Sachverhalt unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Aufklärung eines sowohl strafrechtlich als auch disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalts sowie die Sachverhalts- und Beweiswürdigung primär den Strafgerichten zu überlassen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass tatsächliche Feststellungen, die ein Gericht auf der Grundlage eines Strafprozesses mit seinen besonderen rechtsstaatlichen Sicherungen trifft, eine erhöhte Gewähr der Richtigkeit bieten. Daher haben die Verwaltungsgerichte die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils ihrer Entscheidung ungeprüft zugrunde zu legen, soweit die Bindungswirkung reicht. Sie sind insoweit weder berechtigt noch verpflichtet, eigene Feststellungen zu treffen. Die Bindungswirkung entfällt nur, wenn die strafgerichtlichen Feststellungen offenkundig unrichtig sind (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 13).

8

Die Reichweite der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung ergibt sich aus deren tragendem Grund: Die erhöhte Richtigkeitsgewähr der Ergebnisse des Strafprozesses kann nur für diejenigen tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils angenommen werden, die sich auf die Tatbestandsmerkmale der gesetzlichen Strafnorm beziehen. Die Feststellungen müssen entscheidungserheblich für die Beantwortung der Frage sein, ob der objektive und subjektive Straftatbestand erfüllt ist. Im Falle einer Verurteilung müssen sie diese tragen. Dagegen binden Feststellungen nicht, auf die es für die Verurteilung nicht ankommt (BVerwG, Urteile vom 8. April 1986 - 1 D 145.85 - BVerwGE 83, 180 und vom 29. Mai 2008 - 2 C 59.07 - juris Rn. 29; Beschlüsse vom 1. März 2012 - 2 B 120.11 - IÖD 2012, 127 <129> und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 26 Rn. 11).

9

Dementsprechend umfasst die Bindungswirkung strafgerichtlicher Urteile auch die Feststellung, dass der Beamte vorsätzlich und schuldhaft gehandelt hat. Dies folgt aus der Tatsache der Verurteilung, die eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Betroffenen voraussetzt (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1992 - 1 D 11.91 - BVerwGE 93, 255, 261 m.w.N.).

10

Somit ist es rechtsfehlerfrei, dass das Berufungsgericht auch hinsichtlich Vorsatz und Schuld der Betrugshandlungen der Beklagten auf die Feststellungen des Strafurteils abgestellt hat. Es ist auch nicht erkennbar, dass diese Feststellungen als Entscheidungsgrundlage für das Disziplinarklageverfahren unzureichend wären. Dass das Berufungsgericht darüber hinaus eine Prüfung der Glaubhaftigkeit früheren und aktuellen Vortrags der Beklagten zu einer fehlenden Täuschungsabsicht vorgenommen hat, hat seine Ursache darin, dass nach § 41 DiszG Be i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen ist, die offenkundig unrichtig sind. Unabhängig davon, ob es überhaupt hinreichende Anhaltspunkte für eine solche Prüfung gab, würde eine Verletzung dieser Pflicht jedenfalls die Beklagte nicht beschweren. Dass das Berufungsgericht im Ergebnis diese Feststellungen nicht als offensichtlich unrichtig, sondern als zutreffend beurteilt hat, obliegt seiner Beweiswürdigung. Die Beschwerde hält das Ergebnis dieser Beweiswürdigung für fehlerhaft, zeigt aber keinen Verfahrensfehler bei der Beweiswürdigung auf.

11

2. Soweit die Beklagte einen Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO, § 58 Abs. 1 und § 65 Abs. 1 BDG, § 41 DiszG Be) und einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 58 Abs. 1 und § 65 Abs. 1 BDG, § 41 DiszG Be) rügt, kann sie damit nicht durchdringen. Sie hält es für rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht - ohne sie, die Beklagte, dazu zu befragen - es als nicht nachvollziehbar angesehen habe, weshalb sie erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vorgebracht habe, dass ihr damaliger Lebensgefährte zweimal zuvor schon Geldbeträge in Höhe von jeweils 1 300 € entwendet habe.

12

Auch insoweit besteht die vom Berufungsgericht angenommene Bindungswirkung an die Feststellungen des Strafgerichts hinsichtlich der vorsätzlichen Begehung der Dienstpflichtverletzung. Für eine offenkundige Unrichtigkeit dieser Feststellungen und damit für eine Lösung von diesen Feststellungen gibt dieser Vortrag nichts her. Gleiches gilt, soweit die Beklagte als Aufklärungsmangel und als Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz rügt, das Berufungsgericht qualifiziere den neuen Vortrag als gesteigert, ohne die neuen Umstände zu benennen und ohne den neuen Vortrag hinterfragt zu haben. Auch hier besteht die vom Berufungsgericht angenommene Bindungswirkung an die Feststellungen des Strafgerichts hinsichtlich der vorsätzlichen Begehung der Dienstpflichtverletzung und gibt der Vortrag nichts für eine offenkundige Unrichtigkeit dieser Feststellungen und damit für eine Lösung von diesen Feststellungen her.

13

3. Schließlich greift auch die Rüge mangelnder Aufklärung und der Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes auch insoweit nicht durch, als die Beklagte rügt, dass das Berufungsgericht im Rahmen seiner Bemessungsentscheidung bei der Prüfung des Milderungsgrundes der negativen Lebensphase ohne weitere Aufklärung davon ausgegangen sei, dass der Umstand der nicht erfolgten ärztlichen Behandlung im Zeitraum der Betrugshandlungen ein Indiz für die fehlende Behandlungsbedürftigkeit in diesem Zeitraum sei.

14

Unabhängig davon, inwieweit die Frage der Behandlungsbedürftigkeit für das Vorliegen des Milderungsgrundes der negativen Lebensphase überhaupt von Bedeutung ist (vgl. zum mildernden Umstand der negativen Lebensphase BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 40 f.; Beschluss vom 20. Dezember 2013 - BVerwG 2 B 35.13 - NVwZ-RR 2014, 314 Rn. 29), hätte es hier der anwaltlich vertretenen Beklagten, wenn sie von ihrer Behandlungsbedürftigkeit im Tatzeitraum ausging, oblegen, dies vor dem Berufungsgericht substanziiert vorzutragen und einen dahingehenden Beweisantrag zu stellen. Ausweislich der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat die Vorsitzende des Senats darauf hingewiesen, dass bei der Bemessungsentscheidung sämtliche entlastenden Umstände zu würdigen seien, es aber auch Sache der Beklagten sei, entsprechende tatsächliche Umstände vorzutragen. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsverfahrens, Gelegenheit für die Korrektur solcher Versäumnisse in der Tatsacheninstanz zu geben (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 5. Mai 2015 - 2 B 32.14 - NVwZ-RR 2015, 622 Rn. 19). Angesichts des Fehlens entsprechenden Vortrags und ggf. eines hierauf bezogenen Beweisantrages sowie der fehlenden Bezogenheit der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung auf den Tatzeitraum musste sich dem Berufungsgericht eine weitere Sachverhaltsermittlung nicht von sich aus aufdrängen.

15

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 DiszG Be, § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

16

Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil sich die Höhe der Gerichtskosten streitwertunabhängig aus dem Gesetz ergibt (vgl. § 41 DiszG Be, § 78 Satz 1 BDG i.V.m. Nr. 11 und 62 des als Anlage zu diesem Gesetz erlassenen Gebührenverzeichnisses).

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

2

Der 1962 geborene Beklagte steht als Brandmeister im Dienst der Klägerin und wurde von der Klägerin wegen seiner Ausbildung zum Rettungsassistenten auch im Rettungsdienst eingesetzt. Der Beklagte ist 2003 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie 2005 wegen Entziehung elektrischer Energie zu Geldstrafen verurteilt worden.

3

Wegen des Vorfalls, der den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beklagte hatte im Jahr 2006 einem stark alkoholisierten und bewusstlosen Patienten während der Fahrt im Rettungswagen einen 50 €-Schein entwendet, um diesen für sich zu behalten. Vom Fahrer des Rettungswagens, der ihn bei der Tat be-obachtet hatte, zur Rede gestellt, schlug der Beklagte zunächst vor, den Geldschein als Trinkgeld in die Gemeinschaftskasse zu geben. Der Fahrer bestand jedoch auf der Rückgabe des Geldes an den Patienten. Bei der Aushändigung des Geldscheins an einen Pfleger des Krankenhauses gab der Beklagte an, der Patient habe das Geld im Rettungswagen verloren. Noch während der Bewährungszeit dieser strafgerichtlichen Verurteilung und des laufenden Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte wegen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt, die auch vollstreckt wurde.

4

Im Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Bei Gesamtwürdigung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit unwiederbringlich verloren habe. Mit dem Diebstahl im Rettungswagen habe der Beklagte ein einem Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn gleichzustellendes Dienstvergehen begangen. Das dem Patienten entwendete Geld sei dem Beklagten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich gewesen. Auf den Milderungsgrund der Geringwertigkeit der entwendeten Sache könne sich der Beklagte nicht berufen, weil durch das Dienstvergehen weitere wichtige Interessen verletzt seien und die konkreten Umstände der Tatbegehung ihn zusätzlich belasteten. Andere anerkannte Milderungsgründe kämen ebenfalls nicht in Betracht. Es habe sich nicht um eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation gehandelt. Die sonstigen Verurteilungen des Beklagten zeigten, dass ihm der Zugriff auf fremdes Vermögen und Eigentum keineswegs persönlichkeitsfremd sei.

6

Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. März 2013 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 2. September 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis liegende Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, §§ 13, 59, 65 und 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Wertung, der Beklagte sei bei Gesamtwürdigung aller für und gegen ihn sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch den innerdienstlich begangenen Diebstahl das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 (- LDG NW -, GV. NRW S. 624), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW S. 622), endgültig verloren habe, ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

9

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 LDG NW richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.a). Da der Beklagte die ausweglose Lage des Patienten ausgenutzt hat, ist hier die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.b). Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute (2.c und d). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass der Beklagte wegen des endgültigen Verlusts des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (2.e).

10

1. Nach den gemäß § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Beklagte eines Diebstahls schuldig gemacht. Der Beklagte hat dadurch schuldhaft seine Pflichten verletzt und damit ein Dienstvergehen begangen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981, GV. NRW S. 234 - LBG NW a.F. -). Er hat gegen die ihm obliegende Dienstpflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig nach bestem Wissen zu verwalten (§ 57 Satz 2 LBG NW a.F.). Zugleich hat er die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten vorsätzlich und schuldhaft verletzt (§ 57 Satz 3 LBG NW a.F.).

11

Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 10).

12

2. Nach § 13 Abs. 2 LDG NW und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

13

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

14

Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

15

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 37). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 <209 f.> und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

16

a) Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG NW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <259>).

17

aa) Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat der Senat zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22, - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 31). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

18

Hiervon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften aus dem von April 2004 bis Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Weist ein Dienstvergehen indes, wie bei einem Lehrer oder einem Polizeibeamten, hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 33; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

19

bb) Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Auf die bisher in der Praxis des Senats maßgebliche Einstufung eines Dienstvergehens als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem diesem gleichgestellten Delikt, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein soll, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen, kommt es nicht an. Diese Rechtsprechung (z.B. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 ff.>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f., vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 12 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63. 11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15) gibt der Senat auf.

20

Die Strafgerichte haben den Beklagten wegen des zum Nachteil des bewusstlosen Patienten begangenen besonders schweren Falls des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB bestraft, weil der Beklagte beim Diebstahl die Hilflosigkeit des Patienten ausgenutzt hat. Nach § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB reicht der Strafrahmen von drei Monaten Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

21

b) Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 LDG NW führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Die vom Oberverwaltungsgericht getroffene Entscheidung ist deshalb nicht zu beanstanden.

22

Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 LDG NW ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 35). Bei der Ausübung des den Gerichten nach § 13 Abs. 1 LDG NW eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind (§ 59 Abs. 2 Satz 2 LDG NW), ist jede Schematisierung zu vermeiden (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 36).

23

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Der Beklagte hat die schutzlose Lage des verletzten und bewusstlosen Opfers, das ihm im Inneren des Rettungswagens ausgeliefert und dessen Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war, zum Diebstahl ausgenutzt. Da eine vollständige Kontrolle der Bediensteten aufgrund der Einsatzumstände ausgeschlossen ist, verlangt die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, deren Schutz Aufgabe der Disziplinarbefugnis ist, gerade im Bereich des Feuerwehr- und Rettungsdienstes, dass sich der Dienstherr und die Öffentlichkeit auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue der dort eingesetzten Beamten unbedingt verlassen können. Die Allgemeinheit muss darauf vertrauen können, dass Beamte im Feuerwehr- und Rettungsdienst das Eigentum sowie die sonstigen Rechte der Opfer achten und schützen und nicht deren Hilflosigkeit und die eigene Zugriffsmöglichkeit zu Eigentumsdelikten ausnutzen.

24

Bei der Einordnung des Dienstvergehens des Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene, erhebliche Freiheitsstrafe von neun Monaten zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 38 f. m.w.N.).

25

c) Der in der Rechtsprechung entwickelte, "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt dem Beklagten nicht zugute.

26

Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50 € anzusetzen (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2012 - 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 Rn. 82 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 16).

27

Der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache ist hier aber ausgeschlossen, weil der Beklagte durch die konkrete Tatausführung und sein sonstiges Verhalten zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

28

Tragend für diesen Milderungsgrund ist die Erwägung, bei einem Zugriff auf geringere Werte bestünden noch Persönlichkeitselemente, die den betroffenen Beamten noch tragbar und die Fortführung des Beamtenverhältnisses noch möglich erscheinen lassen. Dies ist insbesondere die Annahme, beim Beamten bestehe beim Zugriff auf höhere Werte noch eine Hemmschwelle und beim Zugriff auf lediglich geringwertige Sachen sei sein Unrechtsbewusstsein vermindert (BVerwG, Urteil vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318>).

29

Im Streitfall wird das Unrechtsbewusstsein des Beklagten jedoch nicht durch den Wert der entwendeten Sache bestimmt, sondern durch die äußeren Umstände der Tatbegehung. Der Beklagte hat eine Person bestohlen, deren Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war. Er hat den Umstand, dass der geschädigte Patient ihm wegen seiner Verletzung und seiner Bewusstlosigkeit ausgeliefert war, zum Diebstahl ausgenutzt.

30

Zudem liegt hier ein erschwerender Umstand vor, der die weitere Vertrauenswürdigkeit des Beklagten trotz der objektiven Geringwertigkeit der entwendeten Sache ausschließt (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>). Der Beklagte ist im Vorfeld des Dienstvergehens bereits zweimal wegen Eigentums- und Vermögensdelikten nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich diese Verurteilungen nicht zur Warnung dienen lassen. Im November 2010 ist der Beklagte zudem noch wegen eines während seiner Bewährungszeit begangenen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die auch vollstreckt wurde.

31

d) Auch andere in der Rechtsprechung "anerkannte" (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des betroffenen Beamten erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, greifen nicht zu Gunsten des Beklagten ein.

32

Die Annahme, das Verhalten des Beklagten stelle sich als unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 31.98 - juris Rn. 19 m.w.N.), ist hier ausgeschlossen. Das Verhalten des Beklagten kann nicht als spontan, kopflos oder unüberlegt bewertet werden. Die Kontrolle der Wertgegenstände eines durch Rettungskräfte versorgten Patienten gehört zu deren Routine. Das Rettungspersonal muss regelmäßig die zu versorgende Person durchsuchen, etwa um die Krankenversicherungskarte zu finden. Auch bei der Rückgabe des Geldes hat der Beklagte durch die Behauptung, das Opfer habe den Geldschein im Rettungswagen verloren, seine Straftat zu verschleiern versucht.

33

Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung durch einen bisher unbescholtenen Beamten (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2001 - 1 D 69.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 25 S. 14 m.w.N.) scheidet ebenfalls aus. Zum einen ist der Beklagte wegen seiner vorangegangenen Eigentums- und Vermögensdelikte nicht unbescholten. Zum anderen erweist sich die Übergabe des gestohlenen 50 €-Scheins an den Pfleger im Krankenhaus allein als Folge der hartnäckigen Vorhaltungen und Ermahnungen des Fahrers des Rettungswagens.

34

Der Milderungsgrund der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage kommt nicht zur Anwendung, weil der Beklagte den Diebstahl nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht aus Armutsgründen begangen hat. Dieser "anerkannte" Milderungsgrund setzt aber voraus, dass der Beamte Gelder oder Güter zur Minderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet hat (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 74).

35

Die Annahme der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB ist aufgrund der das Revisionsgericht nach § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ausgeschlossen.

36

Schließlich kommt auch der "anerkannte" Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" dem Beklagten nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 230.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 36). Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht "vorübergehend aus der Bahn geworfen". Seine Arbeitsleistung war nicht eingeschränkt, er nahm keine Medikamente ein und konnte seine dienstlichen Pflichten im Rettungsdienst uneingeschränkt erfüllen. Nach der eigenen Einschätzung des Beklagten handelte es sich bei dem konkreten Einsatz um einen Routinefall. Auch die Debatte des Beklagten mit dem Fahrer des Rettungswagens, wie mit dem gestohlenen Geld zu verfahren sei, belegt, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat mit Bedacht handeln konnte. Auch litt der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat nicht unter einem akuten finanziellen Engpass, den er durch den Diebstahl hätte überwinden können. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht alkoholabhängig und hatte den Dienst auch nicht alkoholisiert angetreten.

37

e) § 13 Abs. 2 LDG NW sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (stRspr, BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261 ff.>, vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 14 ff. und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 25).

38

Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW).

39

Die Strafgerichte haben die Tat mit einer Freiheitsstrafe geahndet, die sich der Beendigung des Beamtenverhältnisses allein wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung annähert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG). Feuerwehrbeamte, die zur Brandbekämpfung oder im Rettungsdienst eingesetzt werden, genießen wegen der von ihnen bekämpften Gefahren und Schäden sowie der häufigen Selbstlosigkeit ihres Einsatzes eine besondere Vertrauensstellung. Diese wird durch einen Diebstahl zerstört, bei dem der Beamte die Eigenarten des Einsatzes, hier die alleinige Betreuung des Patienten während der Fahrt zum Krankenhaus, sowie dessen Hilflosigkeit ausnutzt. Die Rückgabe des Geldes beruhte nicht auf der eigenen Einsicht des Beklagten, Unrecht begangen zu haben, sondern auf dem Druck des Kollegen, der den Beklagten beim Diebstahl beobachtet und zur Rückgabe des Geldes gedrängt hatte. Bei der Rückgabe des Geldscheins versuchte der Beklagte noch seine Straftat zu verschleiern. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte für seinen verantwortlichen Dienst als Rettungsassistent voll einsatzfähig. Er war auch in der Lage, seinen Alkoholkonsum zu steuern. Die vorhergehenden strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Eigentums- und Vermögensdelikten hat sich der Beklagte nicht zur Warnung gereichen lassen. Die Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat die Klägerin bereits im März 2007 erhoben. Ungeachtet dieser drohenden Folge des Disziplinarverfahrens hat der Beklagte im Juli 2010 einen weiteren Diebstahl begangen. Damit hat er dokumentiert, dass er fremdes Eigentum nicht zu respektieren bereit ist. Als Feuerwehrmann wäre der Beklagte beim Einsatz im Bereich der Brandbekämpfung oder des Rettungsdienstes aber immer wieder mit dem Eigentum Dritter befasst, die sich regelmäßig in einer hilflosen Lage befinden und deshalb den Rettungskräften faktisch ausgeliefert sind.

40

3. Der Senat weist darauf hin, dass der Beklagte durch die Aufgabe der Regeleinstufung bei einem innerdienstlich begangenen Dienstvergehen (oben Rn. 19) nicht benachteiligt wird. Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung wäre die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Bemessungsentscheidung gewesen und wäre der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache nicht zur Anwendung gekommen:

41

Der Beklagte hat nicht auf finanzielle Mittel des Dienstherrn, sondern auf Vermögenswerte eines Dritten zugegriffen, die ihm aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren. Dieses Dienstvergehen wäre nach der bisherigen gerichtlichen Praxis einem Zugriffsdelikt zum Nachteil des Dienstherrn gleichzustellen gewesen, weil der Beklagte im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt hat (BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 16 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15 m.w.N.).

42

Der Umstand, dass der Beklagte durch den Diebstahl auf das Eigentum einer hilflosen Person zugegriffen hat, die zu schützen ihm dienstlich oblag, wäre nach Maßgabe des § 13 LDG NW auch bei der Prüfung des anerkannte Milderungsgrundes der Geringwertigkeit der Sache zu berücksichtigen gewesen. Der Beklagte hat die hilflose Lage einer ihm anvertrauten Person ausgenutzt. Durch diese konkrete Tatausführung wird der Beklagte zusätzlich belastet, so dass der Umstand, dass er nur eine geringwertige Sache gestohlen hat, zurücktritt. Zudem ist der Beklagte mehrfach wegen Eigentums- und Vermögensdelikten verurteilt worden und hat sich diese nicht zur Warnung gereichen lassen (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

43

4. Anlass, die gesetzliche Laufzeit des Unterhaltsbeitrages (§ 10 Abs. 3 Satz 1 LDG NW) abzuändern, besteht nicht.

44

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NW i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

2

Der 1962 geborene Beklagte steht als Brandmeister im Dienst der Klägerin und wurde von der Klägerin wegen seiner Ausbildung zum Rettungsassistenten auch im Rettungsdienst eingesetzt. Der Beklagte ist 2003 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie 2005 wegen Entziehung elektrischer Energie zu Geldstrafen verurteilt worden.

3

Wegen des Vorfalls, der den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beklagte hatte im Jahr 2006 einem stark alkoholisierten und bewusstlosen Patienten während der Fahrt im Rettungswagen einen 50 €-Schein entwendet, um diesen für sich zu behalten. Vom Fahrer des Rettungswagens, der ihn bei der Tat be-obachtet hatte, zur Rede gestellt, schlug der Beklagte zunächst vor, den Geldschein als Trinkgeld in die Gemeinschaftskasse zu geben. Der Fahrer bestand jedoch auf der Rückgabe des Geldes an den Patienten. Bei der Aushändigung des Geldscheins an einen Pfleger des Krankenhauses gab der Beklagte an, der Patient habe das Geld im Rettungswagen verloren. Noch während der Bewährungszeit dieser strafgerichtlichen Verurteilung und des laufenden Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte wegen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt, die auch vollstreckt wurde.

4

Im Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Bei Gesamtwürdigung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit unwiederbringlich verloren habe. Mit dem Diebstahl im Rettungswagen habe der Beklagte ein einem Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn gleichzustellendes Dienstvergehen begangen. Das dem Patienten entwendete Geld sei dem Beklagten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich gewesen. Auf den Milderungsgrund der Geringwertigkeit der entwendeten Sache könne sich der Beklagte nicht berufen, weil durch das Dienstvergehen weitere wichtige Interessen verletzt seien und die konkreten Umstände der Tatbegehung ihn zusätzlich belasteten. Andere anerkannte Milderungsgründe kämen ebenfalls nicht in Betracht. Es habe sich nicht um eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation gehandelt. Die sonstigen Verurteilungen des Beklagten zeigten, dass ihm der Zugriff auf fremdes Vermögen und Eigentum keineswegs persönlichkeitsfremd sei.

6

Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. März 2013 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 2. September 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis liegende Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, §§ 13, 59, 65 und 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Wertung, der Beklagte sei bei Gesamtwürdigung aller für und gegen ihn sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch den innerdienstlich begangenen Diebstahl das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 (- LDG NW -, GV. NRW S. 624), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW S. 622), endgültig verloren habe, ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

9

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 LDG NW richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.a). Da der Beklagte die ausweglose Lage des Patienten ausgenutzt hat, ist hier die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.b). Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute (2.c und d). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass der Beklagte wegen des endgültigen Verlusts des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (2.e).

10

1. Nach den gemäß § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Beklagte eines Diebstahls schuldig gemacht. Der Beklagte hat dadurch schuldhaft seine Pflichten verletzt und damit ein Dienstvergehen begangen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981, GV. NRW S. 234 - LBG NW a.F. -). Er hat gegen die ihm obliegende Dienstpflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig nach bestem Wissen zu verwalten (§ 57 Satz 2 LBG NW a.F.). Zugleich hat er die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten vorsätzlich und schuldhaft verletzt (§ 57 Satz 3 LBG NW a.F.).

11

Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 10).

12

2. Nach § 13 Abs. 2 LDG NW und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

13

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

14

Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

15

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 37). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 <209 f.> und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

16

a) Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG NW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <259>).

17

aa) Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat der Senat zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22, - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 31). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

18

Hiervon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften aus dem von April 2004 bis Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Weist ein Dienstvergehen indes, wie bei einem Lehrer oder einem Polizeibeamten, hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 33; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

19

bb) Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Auf die bisher in der Praxis des Senats maßgebliche Einstufung eines Dienstvergehens als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem diesem gleichgestellten Delikt, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein soll, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen, kommt es nicht an. Diese Rechtsprechung (z.B. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 ff.>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f., vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 12 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63. 11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15) gibt der Senat auf.

20

Die Strafgerichte haben den Beklagten wegen des zum Nachteil des bewusstlosen Patienten begangenen besonders schweren Falls des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB bestraft, weil der Beklagte beim Diebstahl die Hilflosigkeit des Patienten ausgenutzt hat. Nach § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB reicht der Strafrahmen von drei Monaten Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

21

b) Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 LDG NW führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Die vom Oberverwaltungsgericht getroffene Entscheidung ist deshalb nicht zu beanstanden.

22

Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 LDG NW ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 35). Bei der Ausübung des den Gerichten nach § 13 Abs. 1 LDG NW eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind (§ 59 Abs. 2 Satz 2 LDG NW), ist jede Schematisierung zu vermeiden (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 36).

23

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Der Beklagte hat die schutzlose Lage des verletzten und bewusstlosen Opfers, das ihm im Inneren des Rettungswagens ausgeliefert und dessen Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war, zum Diebstahl ausgenutzt. Da eine vollständige Kontrolle der Bediensteten aufgrund der Einsatzumstände ausgeschlossen ist, verlangt die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, deren Schutz Aufgabe der Disziplinarbefugnis ist, gerade im Bereich des Feuerwehr- und Rettungsdienstes, dass sich der Dienstherr und die Öffentlichkeit auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue der dort eingesetzten Beamten unbedingt verlassen können. Die Allgemeinheit muss darauf vertrauen können, dass Beamte im Feuerwehr- und Rettungsdienst das Eigentum sowie die sonstigen Rechte der Opfer achten und schützen und nicht deren Hilflosigkeit und die eigene Zugriffsmöglichkeit zu Eigentumsdelikten ausnutzen.

24

Bei der Einordnung des Dienstvergehens des Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene, erhebliche Freiheitsstrafe von neun Monaten zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 38 f. m.w.N.).

25

c) Der in der Rechtsprechung entwickelte, "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt dem Beklagten nicht zugute.

26

Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50 € anzusetzen (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2012 - 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 Rn. 82 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 16).

27

Der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache ist hier aber ausgeschlossen, weil der Beklagte durch die konkrete Tatausführung und sein sonstiges Verhalten zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

28

Tragend für diesen Milderungsgrund ist die Erwägung, bei einem Zugriff auf geringere Werte bestünden noch Persönlichkeitselemente, die den betroffenen Beamten noch tragbar und die Fortführung des Beamtenverhältnisses noch möglich erscheinen lassen. Dies ist insbesondere die Annahme, beim Beamten bestehe beim Zugriff auf höhere Werte noch eine Hemmschwelle und beim Zugriff auf lediglich geringwertige Sachen sei sein Unrechtsbewusstsein vermindert (BVerwG, Urteil vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318>).

29

Im Streitfall wird das Unrechtsbewusstsein des Beklagten jedoch nicht durch den Wert der entwendeten Sache bestimmt, sondern durch die äußeren Umstände der Tatbegehung. Der Beklagte hat eine Person bestohlen, deren Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war. Er hat den Umstand, dass der geschädigte Patient ihm wegen seiner Verletzung und seiner Bewusstlosigkeit ausgeliefert war, zum Diebstahl ausgenutzt.

30

Zudem liegt hier ein erschwerender Umstand vor, der die weitere Vertrauenswürdigkeit des Beklagten trotz der objektiven Geringwertigkeit der entwendeten Sache ausschließt (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>). Der Beklagte ist im Vorfeld des Dienstvergehens bereits zweimal wegen Eigentums- und Vermögensdelikten nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich diese Verurteilungen nicht zur Warnung dienen lassen. Im November 2010 ist der Beklagte zudem noch wegen eines während seiner Bewährungszeit begangenen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die auch vollstreckt wurde.

31

d) Auch andere in der Rechtsprechung "anerkannte" (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des betroffenen Beamten erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, greifen nicht zu Gunsten des Beklagten ein.

32

Die Annahme, das Verhalten des Beklagten stelle sich als unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 31.98 - juris Rn. 19 m.w.N.), ist hier ausgeschlossen. Das Verhalten des Beklagten kann nicht als spontan, kopflos oder unüberlegt bewertet werden. Die Kontrolle der Wertgegenstände eines durch Rettungskräfte versorgten Patienten gehört zu deren Routine. Das Rettungspersonal muss regelmäßig die zu versorgende Person durchsuchen, etwa um die Krankenversicherungskarte zu finden. Auch bei der Rückgabe des Geldes hat der Beklagte durch die Behauptung, das Opfer habe den Geldschein im Rettungswagen verloren, seine Straftat zu verschleiern versucht.

33

Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung durch einen bisher unbescholtenen Beamten (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2001 - 1 D 69.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 25 S. 14 m.w.N.) scheidet ebenfalls aus. Zum einen ist der Beklagte wegen seiner vorangegangenen Eigentums- und Vermögensdelikte nicht unbescholten. Zum anderen erweist sich die Übergabe des gestohlenen 50 €-Scheins an den Pfleger im Krankenhaus allein als Folge der hartnäckigen Vorhaltungen und Ermahnungen des Fahrers des Rettungswagens.

34

Der Milderungsgrund der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage kommt nicht zur Anwendung, weil der Beklagte den Diebstahl nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht aus Armutsgründen begangen hat. Dieser "anerkannte" Milderungsgrund setzt aber voraus, dass der Beamte Gelder oder Güter zur Minderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet hat (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 74).

35

Die Annahme der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB ist aufgrund der das Revisionsgericht nach § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ausgeschlossen.

36

Schließlich kommt auch der "anerkannte" Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" dem Beklagten nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 230.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 36). Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht "vorübergehend aus der Bahn geworfen". Seine Arbeitsleistung war nicht eingeschränkt, er nahm keine Medikamente ein und konnte seine dienstlichen Pflichten im Rettungsdienst uneingeschränkt erfüllen. Nach der eigenen Einschätzung des Beklagten handelte es sich bei dem konkreten Einsatz um einen Routinefall. Auch die Debatte des Beklagten mit dem Fahrer des Rettungswagens, wie mit dem gestohlenen Geld zu verfahren sei, belegt, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat mit Bedacht handeln konnte. Auch litt der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat nicht unter einem akuten finanziellen Engpass, den er durch den Diebstahl hätte überwinden können. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht alkoholabhängig und hatte den Dienst auch nicht alkoholisiert angetreten.

37

e) § 13 Abs. 2 LDG NW sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (stRspr, BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261 ff.>, vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 14 ff. und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 25).

38

Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW).

39

Die Strafgerichte haben die Tat mit einer Freiheitsstrafe geahndet, die sich der Beendigung des Beamtenverhältnisses allein wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung annähert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG). Feuerwehrbeamte, die zur Brandbekämpfung oder im Rettungsdienst eingesetzt werden, genießen wegen der von ihnen bekämpften Gefahren und Schäden sowie der häufigen Selbstlosigkeit ihres Einsatzes eine besondere Vertrauensstellung. Diese wird durch einen Diebstahl zerstört, bei dem der Beamte die Eigenarten des Einsatzes, hier die alleinige Betreuung des Patienten während der Fahrt zum Krankenhaus, sowie dessen Hilflosigkeit ausnutzt. Die Rückgabe des Geldes beruhte nicht auf der eigenen Einsicht des Beklagten, Unrecht begangen zu haben, sondern auf dem Druck des Kollegen, der den Beklagten beim Diebstahl beobachtet und zur Rückgabe des Geldes gedrängt hatte. Bei der Rückgabe des Geldscheins versuchte der Beklagte noch seine Straftat zu verschleiern. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte für seinen verantwortlichen Dienst als Rettungsassistent voll einsatzfähig. Er war auch in der Lage, seinen Alkoholkonsum zu steuern. Die vorhergehenden strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Eigentums- und Vermögensdelikten hat sich der Beklagte nicht zur Warnung gereichen lassen. Die Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat die Klägerin bereits im März 2007 erhoben. Ungeachtet dieser drohenden Folge des Disziplinarverfahrens hat der Beklagte im Juli 2010 einen weiteren Diebstahl begangen. Damit hat er dokumentiert, dass er fremdes Eigentum nicht zu respektieren bereit ist. Als Feuerwehrmann wäre der Beklagte beim Einsatz im Bereich der Brandbekämpfung oder des Rettungsdienstes aber immer wieder mit dem Eigentum Dritter befasst, die sich regelmäßig in einer hilflosen Lage befinden und deshalb den Rettungskräften faktisch ausgeliefert sind.

40

3. Der Senat weist darauf hin, dass der Beklagte durch die Aufgabe der Regeleinstufung bei einem innerdienstlich begangenen Dienstvergehen (oben Rn. 19) nicht benachteiligt wird. Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung wäre die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Bemessungsentscheidung gewesen und wäre der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache nicht zur Anwendung gekommen:

41

Der Beklagte hat nicht auf finanzielle Mittel des Dienstherrn, sondern auf Vermögenswerte eines Dritten zugegriffen, die ihm aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren. Dieses Dienstvergehen wäre nach der bisherigen gerichtlichen Praxis einem Zugriffsdelikt zum Nachteil des Dienstherrn gleichzustellen gewesen, weil der Beklagte im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt hat (BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 16 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15 m.w.N.).

42

Der Umstand, dass der Beklagte durch den Diebstahl auf das Eigentum einer hilflosen Person zugegriffen hat, die zu schützen ihm dienstlich oblag, wäre nach Maßgabe des § 13 LDG NW auch bei der Prüfung des anerkannte Milderungsgrundes der Geringwertigkeit der Sache zu berücksichtigen gewesen. Der Beklagte hat die hilflose Lage einer ihm anvertrauten Person ausgenutzt. Durch diese konkrete Tatausführung wird der Beklagte zusätzlich belastet, so dass der Umstand, dass er nur eine geringwertige Sache gestohlen hat, zurücktritt. Zudem ist der Beklagte mehrfach wegen Eigentums- und Vermögensdelikten verurteilt worden und hat sich diese nicht zur Warnung gereichen lassen (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

43

4. Anlass, die gesetzliche Laufzeit des Unterhaltsbeitrages (§ 10 Abs. 3 Satz 1 LDG NW) abzuändern, besteht nicht.

44

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NW i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die disziplinarrechtliche Behandlung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Bilder durch einen Polizeibeamten.

2

Der 1965 geborene Beklagte war bereits in der ehemaligen DDR im Polizeidienst beschäftigt. 1996 wurde er zum Lebenszeitbeamten des klagenden Landes berufen und zum Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9 LBesO) ernannt. Er wurde zuletzt im Wach- und Wechseldienst einer Polizeiwache verwendet. Seit Oktober 2006 ist er vorläufig des Dienstes enthoben; von einem teilweisen Einbehalt der Bezüge sah der Kläger im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Beklagten ab.

3

Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist der Vorwurf, der Beklagte habe kinderpornographische Bilddateien und Videos besessen. Durch rechtskräftiges Urteil vom 17. Oktober 2006 verurteilte ihn das Amtsgericht R wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften nach § 184b Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil hatte der Beklagte bis zum 16. März 2006 neun Videodateien mit kinderpornographischem Inhalt auf der Festplatte eines von ihm privat genutzten Computers gespeichert, die u.a. die Ausübung von Geschlechts-, Oral- und Analverkehr von Erwachsenen mit Mädchen im Alter von etwa sechs Jahren zeigten. Das Strafgericht berücksichtigte zugunsten des Beklagten, dass er in vollem Umfang geständig war.

4

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt, die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Dabei ist das Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht über die vom Strafgericht abgeurteilten Taten hinaus auch vom Besitz zweier auf dem Computer aufgefundener Bilddateien mit kinderpornographischem Inhalt ausgegangen. Zur Begründung seiner Würdigung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, die Pflichtverletzung des Beklagten gehe zwar auf eine außerdienstlich begangene Straftat zurück. Die in dem Fehlverhalten zum Ausdruck kommende defizitäre Einstellung zu der ihm als Polizeibeamten obliegenden Kernpflicht, die Rechtsordnung zu wahren und zu schützen, erlaube aber negative Rückschlüsse auf die Ausübung seines Amtes. Ein Bezug der außerdienstlichen Pflichtverletzung zu den Dienstpflichten des Beklagten sei mithin gegeben, ohne dass es darauf ankomme, ob der Beamte gerade mit der Bearbeitung derjenigen Delikte betraut gewesen sei, die Gegenstand der von ihm begangenen Straftaten waren.

5

Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision wendet sich der Beklagte gegen den vom Oberverwaltungsgericht angenommenen Dienstbezug. Er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Juni 2013 und des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 23. März 2010 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

6

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 70 LDG BB i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Annahme, der Beklagte habe mit dem außerdienstlichen Besitz kinderpornographischer Bild- und Videodateien ein Dienstvergehen begangen (1.), das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigt (2.), ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 71 Abs. 2 LDG BB i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

8

1. Mit dem Besitz kinderpornographischer Bild- und Videodateien hat der Beklagte eine außerdienstliche Pflichtverletzung begangen, die in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, und daher als Dienstvergehen zu bewerten ist .

9

a) Nach den gemäß § 71 Abs. 1, § 66 Abs. 1 Satz 1, § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG BB bindenden tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils, die vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt worden sind, hat er kinderpornographische Schriften besessen und sich damit eines Vergehens nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007 <3009>) schuldig gemacht.

10

Dieses Fehlverhalten lag außerhalb des Dienstes, weil es weder formell in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2001 - 1 D 55.99 - BVerwGE 114, 37 <48> und vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9).

11

b) Außerhalb seines Dienstes ist der Beamte grundsätzlich nur verpflichtet, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG sowie § 19 Satz 3 LBG BB a.F.; hierzu BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 21). Außerdienstliches Verhalten kann den Pflichtenkreis des Beamten nur berühren, wenn es die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit betrifft und dadurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz erlangt. Das Vertrauen der Bürger, dass der Beamte dem Auftrag gerecht wird, als Repräsentant des demokratischen Rechtsstaates eine unabhängige, unparteiliche und gesetzestreue Verwaltung zu sichern, darf der Beamte auch durch sein außerdienstliches Verhalten nicht beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26>).

12

Als Dienstvergehen ist das außerdienstliche Verhalten von Beamten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG dabei nur zu qualifizieren, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Unbeschadet des teilweise veränderten Wortlauts ist mit dieser Vorschrift eine inhaltliche Änderung gegenüber früheren Bestimmungen zur Qualifizierung außerdienstlichen Verhaltens - wie etwa § 43 Abs. 1 Satz 2 LBG BB a.F. - nicht verbunden (BVerwG, Urteile vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 50 ff. und vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 16 f.).

13

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 (BGBl. I S. 725) reicht bei außerdienstlichen Verfehlungen nicht bereits die Pflichtverletzung selbst zur Annahme eines Dienstvergehens aus, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch eine Straftat begangen worden ist (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 14). Hinzutreten müssen weitere, auf die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung bezogene Umstände. Nur soweit es um die Wahrung des Vertrauens der Bürger in die Integrität der Amtsführung und damit in die künftige Aufgabenwahrnehmung geht, vermag das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Interesse an der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums die im privaten Bereich des Beamten wirkenden Grundrechte einzuschränken (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <254>).

14

Unterhalb dieser Schwelle erwartet der Gesetzgeber von Beamten kein wesentlich anderes Sozialverhalten mehr als von jedem anderen Bürger (BT-Drs. 16/7076 S. 117 zum BBG sowie BT-Drs. 16/4027 S. 34 zum BeamtStG; hierzu auch BVerwG, Urteile vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26 f.> und vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - BVerwGE 147, 127 Rn. 24). Private Straßenverkehrsdelikte etwa begründen daher in der Regel kein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23> zur einmaligen Trunkenheitsfahrt).

15

Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30). Dabei kommt vorsätzlichen (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) Straftaten eine besondere Bedeutung zu (BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Maßgeblich ist auch, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem Amt aufweist.

16

c) Bezugspunkt hierfür ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne; soweit in der bisherigen Rechtsprechung auf das Amt im konkret-funktionellen Sinne (den Dienstposten) abgestellt worden ist, hält der Senat hieran nicht mehr fest.

17

Die Rechtsstellung des Beamten wird durch sein Statusamt geprägt (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 2 C 51.13 - ZBR 2015, 166 Rn. 28). Dieses - und nicht die mit einem gegenwärtig innegehabten Dienstposten verbundene Tätigkeit - bestimmt, mit welchem Aufgabenbereich der Beamte amtsangemessen beschäftigt und damit künftig verwendet werden kann. Folgerichtig sind auch andere statusrechtliche Entscheidungen, wie etwa zu Eignung oder Dienstfähigkeit des Beamten, nicht auf die sich aus einem bestimmten Dienstposten ergebenden Anforderungen bezogen. Auch die spiegelbildliche Frage, ob der Beamte trotz begangener Pflichtverletzungen noch im Beamtenverhältnis verbleiben kann, muss daher auf sein Amt als Ganzes und nicht auf die Besonderheiten eines begrenzten Tätigkeitsbereichs bezogen werden (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 19). Andernfalls hinge die Möglichkeit der Vertrauensbeeinträchtigung von den Zufälligkeiten des jeweiligen Aufgabenzuschnitts und der Abgrenzung der Dienstposten zum Zeitpunkt der Tatbegehung ab. Der Beamte kann aber jederzeit umgesetzt oder versetzt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2014 - 2 B 102.13 - juris Rn. 9).

18

Die Bezugnahme auf das Statusamt folgt überdies aus der materiellen Pflichtenstellung in § 34 Satz 3 BeamtStG. Während Satz 2 dieser Vorschrift an die dem Beamten übertragenen Aufgaben angeknüpft, nehmen Satz 1 und 3 jeweils auf den Beruf Bezug. Die Verpflichtung, sich mit vollem persönlichen Einsatz dem Beruf zu widmen, ist aber nicht nur auf den Dienstposten bezogen. Berufspflichten gehen vielmehr über die konkret übertragenen Dienstaufgaben hinaus und werden auch in anderen Rechtsgebieten umfassend verstanden (vgl. etwa § 43 Satz 2 BRAO). Entsprechendes gilt für die Pflicht, dem berufserforderlichen Vertrauen gerecht zu werden. Entstehungsgeschichtlich geht die Bezugnahme auf den Beruf und die hierfür erforderliche Vertrauensstellung bereits auf § 10 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 (RGBl. S. 61) zurück und war stets umfassend und nicht nur auf konkrete Dienstpflichten bezogen (vgl. Günther, DÖD 2007, 13 <23>).

19

Auch in funktionaler Hinsicht ist das außerdienstliche Verhalten des Beamten gerade nicht durch die ihm konkret übertragenen Aufgaben seines Dienstpostens bestimmt. Bezüge zu seinem Dienstverhältnis entfaltet das private Verhalten des Beamten vielmehr nur mittelbar, wenn es die Vertrauenswürdigkeit seiner Person berührt und damit auch seine künftige Amtsführung beeinträchtigen kann. Bezugspunkt für die Vertrauensbeeinträchtigung ist damit das dem Beamten als Lebensberuf übertragene Statusamt.

20

Aus dem sachlichen Bezug des Dienstvergehens zum konkreten Aufgabenbereich kann sich aber eine Indizwirkung ergeben. Der Beamte wird mit dem ihm übertragenen konkreten Amt identifiziert; dieses hat er uneigennützig, nach bestem Gewissen und in voller persönlicher Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen wahrzunehmen (§ 34 Satz 1 und 2, § 36 Abs. 1 BeamtStG). Je näher der Bezug des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beamten zu dem ihm übertragenen Aufgabenbereich ist, umso eher kann davon ausgegangen werden, dass sein Verhalten geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das sein Beruf erfordert (BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <218 f.>; ähnlich bereits Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <27>).

21

d) Der außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Bild- oder Videodateien weist einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf.

22

Anders als Erziehern oder Lehrern (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 15 ff.; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 17 und vom 19. März 2013 - 2 B 17.12 - juris Rn. 7) ist Polizeibeamten zwar keine spezifische Dienstpflicht zu Schutz und Obhut gerade von Kindern auferlegt. Polizeibeamte haben indes Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen daher in der Öffentlichkeit - insbesondere auch für schutzbedürftige Personen - eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Mai 2001 - 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <219> und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 20 sowie BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - BVerfGK 13, 205 <209> für Staatsanwälte).

23

Dieses berufserforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten - gerade zu Lasten Schutzbedürftiger - begehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Polizeibeamte auf seinem konkreten Dienstposten gerade mit der Verfolgung solcher Delikte betraut war oder Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen hatte. Erhebliche Straftaten eines Polizeibeamten begründen auch in Ansehung ihres außerdienstlichen Charakters ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen.

24

2. Die vom Oberverwaltungsgericht hierfür als Disziplinarmaßnahme ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verstößt nicht gegen § 13 LDG BB.

25

a) Nach § 13 Abs. 1 LDG BB und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

26

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 LDG BB). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

27

b) Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

28

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 Rn. 11 und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

29

Schwerwiegende Straftaten können auch deliktsbezogen identifiziert werden (vgl. zur Zuordnung bestimmter Straftaten zu einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 40 m.w.N.). Bestimmte Straftaten bewirken bereits aus der Art ihres Unrechtsgehalts einen Vertrauensschaden, der eine weitere Tätigkeit als Beamter untragbar erscheinen lässt. Lässt sich ein Beamter bestechen, ist er als Sachwalter einer gesetzestreuen und unabhängigen Verwaltung nicht mehr denkbar (BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30; BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 29). Unabhängig vom konkret verhängten Strafmaß und vom Amt des Beamten ist in der Rechtsprechung insbesondere der sexuelle Missbrauch von Kindern oder Schutzbefohlenen als außerdienstliche Verfehlung bewertet worden, die eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regeleinstufung gebietet (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 18; Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 B 44.09 - juris Rn. 12).

30

c) Entsprechendes kann für den Besitz von kinderpornographischen Schriften nicht gelten. Zwar trägt die Nachfrage nach derartigen Bild- oder Videodateien zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde bei (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 19). Da es beim bloßen Besitz entsprechender Darstellungen aber an einem unmittelbaren Eingriff des Beamten in die sexuelle Selbstbestimmung der betroffenen Kinder fehlt, ist die Variationsbreite möglicher Verfehlungen zu groß, um generell von einer hinreichenden Schwere der außerdienstlichen Pflichtverletzung ausgehen zu können. Die außerdienstlich begangene Straftat kann daher nicht bereits deliktstypisch als derart gravierend erachtet werden, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regeleinstufung gerechtfertigt erscheint (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25).

31

Das Ausmaß des durch die außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufenen Vertrauensschadens muss daher im konkreten Einzelfall bestimmt werden. Hierzu kann auf den Strafrahmen zurückgegriffen werden, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22 und - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

32

Für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften hat der Senat aus dem seit 2004 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Die Anhebung der Strafandrohung für den (bloßen) Besitz kinderpornographischer Schriften auf bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe durch § 184b Abs. 3 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10) ist erst nach der hier vorliegenden Tatbegehung in Kraft getreten und kann daher nicht berücksichtigt werden.

33

Weist ein Dienstvergehen indes - wie hier - hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

34

d) Die vom Oberverwaltungsgericht in Ausfüllung dieses Rahmens getroffene Bemessungsentscheidung begegnet keinen Bedenken.

35

Gemäß § 13 Abs. 1 LDG BB ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt etwa vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - BVerwGE 147, 127 Rn. 32 und vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39).

36

Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt deshalb nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 32, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 21). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (BVerwG, Beschluss vom 5. März 2014 - 2 B 111.13 - juris Rn. 13). Der Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften setzt deshalb voraus, dass das Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere also Anzahl, Art und Inhalt der Darstellungen, als besonders verwerflich einzustufen ist (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 11, vom 19. März 2013 - 2 B 17.12 - juris Rn. 5 und vom 5. April 2013 - 2 B 79.11 - juris Rn. 7).

37

Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. zur Bezugnahme auf eine verhängte Freiheitsstrafe und den "Gleichklang zum Strafrecht" auch BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu (vgl. zur Bezugnahme der disziplinarrechtlichen Maßnahmebemessung auf die strafrechtliche Sanktion aber § 14 LDG BB). Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden (BVerwG, Beschlüsse vom 14. Mai 2012 - 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10 und vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10, jeweils a.E.). Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist.

38

Ist von den Strafgerichten nur auf eine Geldstrafe erkannt oder das Strafverfahren eingestellt worden und sind die Strafverfolgungsorgane damit nicht von einer besonderen Schwere der individuellen Schuld ausgegangen (vgl. § 153a Abs. 1 StPO), bedarf der Ausspruch einer statusberührenden Disziplinarmaßnahme daher einer besonderen Begründung der Disziplinargerichte zur Schwere der Verfehlung. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kommt hier nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht.

39

Bei der Entscheidung über die angemessene Disziplinarmaßnahme ist auch die besondere Stellung von Polizeibeamten zu berücksichtigen. Außerdienstlich begangene Vorsatzstraftaten führen hier angesichts der mit dem Amt verbundenen Aufgaben- und Vertrauensstellung regelmäßig zu einem mittelbaren Amtsbezug und damit auch zur Disziplinarwürdigkeit entsprechender Verfehlungen. Die mit § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG beabsichtigte Begrenzungswirkung für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Pflichtenverstöße kommt bei von Polizeibeamten begangenen Straftaten daher nur eingeschränkt zum Tragen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Bedeutung außerdienstlichen Verhaltens für das Disziplinarrecht einzuschränken, gilt indes auch für die Beamten dieser Ämter. Der außerdienstliche Charakter des Dienstvergehens muss daher auch bei der Maßnahmebemessung Berücksichtigung finden (BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 33). Jedenfalls statusberührende Disziplinarmaßnahmen kommen deshalb nur bei schwerwiegenden Verfehlungen in Betracht.

40

Diesen Vorgaben entspricht die Bemessungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Auch in Ansehung des außerdienstlichen Charakters der vom Beklagten begangenen Straftat muss das Dienstvergehen als besonders schwerwiegend erachtet werden. Die im Berufungsurteil im Einzelnen aufgeführten Tatumstände lassen angesichts des gravierenden Inhalts der kinderpornographischen Darstellungen mit zum Teil schwerwiegenden Formen des Missbrauchs auch an jungen Kindern eine andere Beurteilung nicht zu. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht dabei auch berücksichtigt, dass es sich nicht lediglich um Standbilder, sondern um (mehrere) Videoaufnahmen mit zum Teil erheblicher Länge handelt, deren Erstellung eine besondere Belastung der Opfer zwingend mit sich bringt. Die konkreten Tatumstände weisen daher einen Schweregehalt im deutlich oberen Bereich der möglichen Begehungsformen des Besitzes kinderpornographischer Schriften auf. Dementsprechend ist auch von den Strafgerichten eine Freiheitsstrafe von neun Monaten gegen den Beklagten verhängt worden. Dass sich der Beklagte geständig und reuig gezeigt hat, ist vom Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt und gewürdigt worden. Diesem Umstand kommt indes kein derartiges Gewicht zu, dass bei der Gesamtwürdigung auf eine andere als die Höchstmaßnahme erkannt werden könnte. Darüber hinausgehende Entlastungsumstände von relevantem Charakter sind weder vom Oberverwaltungsgericht festgestellt noch mit der Revision geltend gemacht worden.

41

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 Abs. 4 LDG BB i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die disziplinarrechtliche Behandlung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Bilder durch einen Polizeibeamten.

2

Der 1965 geborene Beklagte war bereits in der ehemaligen DDR im Polizeidienst beschäftigt. 1996 wurde er zum Lebenszeitbeamten des klagenden Landes berufen und zum Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9 LBesO) ernannt. Er wurde zuletzt im Wach- und Wechseldienst einer Polizeiwache verwendet. Seit Oktober 2006 ist er vorläufig des Dienstes enthoben; von einem teilweisen Einbehalt der Bezüge sah der Kläger im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Beklagten ab.

3

Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist der Vorwurf, der Beklagte habe kinderpornographische Bilddateien und Videos besessen. Durch rechtskräftiges Urteil vom 17. Oktober 2006 verurteilte ihn das Amtsgericht R wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften nach § 184b Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil hatte der Beklagte bis zum 16. März 2006 neun Videodateien mit kinderpornographischem Inhalt auf der Festplatte eines von ihm privat genutzten Computers gespeichert, die u.a. die Ausübung von Geschlechts-, Oral- und Analverkehr von Erwachsenen mit Mädchen im Alter von etwa sechs Jahren zeigten. Das Strafgericht berücksichtigte zugunsten des Beklagten, dass er in vollem Umfang geständig war.

4

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt, die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Dabei ist das Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht über die vom Strafgericht abgeurteilten Taten hinaus auch vom Besitz zweier auf dem Computer aufgefundener Bilddateien mit kinderpornographischem Inhalt ausgegangen. Zur Begründung seiner Würdigung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, die Pflichtverletzung des Beklagten gehe zwar auf eine außerdienstlich begangene Straftat zurück. Die in dem Fehlverhalten zum Ausdruck kommende defizitäre Einstellung zu der ihm als Polizeibeamten obliegenden Kernpflicht, die Rechtsordnung zu wahren und zu schützen, erlaube aber negative Rückschlüsse auf die Ausübung seines Amtes. Ein Bezug der außerdienstlichen Pflichtverletzung zu den Dienstpflichten des Beklagten sei mithin gegeben, ohne dass es darauf ankomme, ob der Beamte gerade mit der Bearbeitung derjenigen Delikte betraut gewesen sei, die Gegenstand der von ihm begangenen Straftaten waren.

5

Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision wendet sich der Beklagte gegen den vom Oberverwaltungsgericht angenommenen Dienstbezug. Er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Juni 2013 und des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 23. März 2010 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

6

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 70 LDG BB i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Annahme, der Beklagte habe mit dem außerdienstlichen Besitz kinderpornographischer Bild- und Videodateien ein Dienstvergehen begangen (1.), das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigt (2.), ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 71 Abs. 2 LDG BB i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

8

1. Mit dem Besitz kinderpornographischer Bild- und Videodateien hat der Beklagte eine außerdienstliche Pflichtverletzung begangen, die in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, und daher als Dienstvergehen zu bewerten ist .

9

a) Nach den gemäß § 71 Abs. 1, § 66 Abs. 1 Satz 1, § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG BB bindenden tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils, die vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt worden sind, hat er kinderpornographische Schriften besessen und sich damit eines Vergehens nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007 <3009>) schuldig gemacht.

10

Dieses Fehlverhalten lag außerhalb des Dienstes, weil es weder formell in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2001 - 1 D 55.99 - BVerwGE 114, 37 <48> und vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9).

11

b) Außerhalb seines Dienstes ist der Beamte grundsätzlich nur verpflichtet, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG sowie § 19 Satz 3 LBG BB a.F.; hierzu BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 21). Außerdienstliches Verhalten kann den Pflichtenkreis des Beamten nur berühren, wenn es die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit betrifft und dadurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz erlangt. Das Vertrauen der Bürger, dass der Beamte dem Auftrag gerecht wird, als Repräsentant des demokratischen Rechtsstaates eine unabhängige, unparteiliche und gesetzestreue Verwaltung zu sichern, darf der Beamte auch durch sein außerdienstliches Verhalten nicht beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26>).

12

Als Dienstvergehen ist das außerdienstliche Verhalten von Beamten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG dabei nur zu qualifizieren, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Unbeschadet des teilweise veränderten Wortlauts ist mit dieser Vorschrift eine inhaltliche Änderung gegenüber früheren Bestimmungen zur Qualifizierung außerdienstlichen Verhaltens - wie etwa § 43 Abs. 1 Satz 2 LBG BB a.F. - nicht verbunden (BVerwG, Urteile vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 50 ff. und vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 16 f.).

13

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 (BGBl. I S. 725) reicht bei außerdienstlichen Verfehlungen nicht bereits die Pflichtverletzung selbst zur Annahme eines Dienstvergehens aus, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch eine Straftat begangen worden ist (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 14). Hinzutreten müssen weitere, auf die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung bezogene Umstände. Nur soweit es um die Wahrung des Vertrauens der Bürger in die Integrität der Amtsführung und damit in die künftige Aufgabenwahrnehmung geht, vermag das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Interesse an der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums die im privaten Bereich des Beamten wirkenden Grundrechte einzuschränken (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <254>).

14

Unterhalb dieser Schwelle erwartet der Gesetzgeber von Beamten kein wesentlich anderes Sozialverhalten mehr als von jedem anderen Bürger (BT-Drs. 16/7076 S. 117 zum BBG sowie BT-Drs. 16/4027 S. 34 zum BeamtStG; hierzu auch BVerwG, Urteile vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26 f.> und vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - BVerwGE 147, 127 Rn. 24). Private Straßenverkehrsdelikte etwa begründen daher in der Regel kein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23> zur einmaligen Trunkenheitsfahrt).

15

Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30). Dabei kommt vorsätzlichen (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) Straftaten eine besondere Bedeutung zu (BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Maßgeblich ist auch, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem Amt aufweist.

16

c) Bezugspunkt hierfür ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne; soweit in der bisherigen Rechtsprechung auf das Amt im konkret-funktionellen Sinne (den Dienstposten) abgestellt worden ist, hält der Senat hieran nicht mehr fest.

17

Die Rechtsstellung des Beamten wird durch sein Statusamt geprägt (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 2 C 51.13 - ZBR 2015, 166 Rn. 28). Dieses - und nicht die mit einem gegenwärtig innegehabten Dienstposten verbundene Tätigkeit - bestimmt, mit welchem Aufgabenbereich der Beamte amtsangemessen beschäftigt und damit künftig verwendet werden kann. Folgerichtig sind auch andere statusrechtliche Entscheidungen, wie etwa zu Eignung oder Dienstfähigkeit des Beamten, nicht auf die sich aus einem bestimmten Dienstposten ergebenden Anforderungen bezogen. Auch die spiegelbildliche Frage, ob der Beamte trotz begangener Pflichtverletzungen noch im Beamtenverhältnis verbleiben kann, muss daher auf sein Amt als Ganzes und nicht auf die Besonderheiten eines begrenzten Tätigkeitsbereichs bezogen werden (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 19). Andernfalls hinge die Möglichkeit der Vertrauensbeeinträchtigung von den Zufälligkeiten des jeweiligen Aufgabenzuschnitts und der Abgrenzung der Dienstposten zum Zeitpunkt der Tatbegehung ab. Der Beamte kann aber jederzeit umgesetzt oder versetzt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2014 - 2 B 102.13 - juris Rn. 9).

18

Die Bezugnahme auf das Statusamt folgt überdies aus der materiellen Pflichtenstellung in § 34 Satz 3 BeamtStG. Während Satz 2 dieser Vorschrift an die dem Beamten übertragenen Aufgaben angeknüpft, nehmen Satz 1 und 3 jeweils auf den Beruf Bezug. Die Verpflichtung, sich mit vollem persönlichen Einsatz dem Beruf zu widmen, ist aber nicht nur auf den Dienstposten bezogen. Berufspflichten gehen vielmehr über die konkret übertragenen Dienstaufgaben hinaus und werden auch in anderen Rechtsgebieten umfassend verstanden (vgl. etwa § 43 Satz 2 BRAO). Entsprechendes gilt für die Pflicht, dem berufserforderlichen Vertrauen gerecht zu werden. Entstehungsgeschichtlich geht die Bezugnahme auf den Beruf und die hierfür erforderliche Vertrauensstellung bereits auf § 10 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 (RGBl. S. 61) zurück und war stets umfassend und nicht nur auf konkrete Dienstpflichten bezogen (vgl. Günther, DÖD 2007, 13 <23>).

19

Auch in funktionaler Hinsicht ist das außerdienstliche Verhalten des Beamten gerade nicht durch die ihm konkret übertragenen Aufgaben seines Dienstpostens bestimmt. Bezüge zu seinem Dienstverhältnis entfaltet das private Verhalten des Beamten vielmehr nur mittelbar, wenn es die Vertrauenswürdigkeit seiner Person berührt und damit auch seine künftige Amtsführung beeinträchtigen kann. Bezugspunkt für die Vertrauensbeeinträchtigung ist damit das dem Beamten als Lebensberuf übertragene Statusamt.

20

Aus dem sachlichen Bezug des Dienstvergehens zum konkreten Aufgabenbereich kann sich aber eine Indizwirkung ergeben. Der Beamte wird mit dem ihm übertragenen konkreten Amt identifiziert; dieses hat er uneigennützig, nach bestem Gewissen und in voller persönlicher Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen wahrzunehmen (§ 34 Satz 1 und 2, § 36 Abs. 1 BeamtStG). Je näher der Bezug des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beamten zu dem ihm übertragenen Aufgabenbereich ist, umso eher kann davon ausgegangen werden, dass sein Verhalten geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das sein Beruf erfordert (BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <218 f.>; ähnlich bereits Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <27>).

21

d) Der außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Bild- oder Videodateien weist einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf.

22

Anders als Erziehern oder Lehrern (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 15 ff.; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 17 und vom 19. März 2013 - 2 B 17.12 - juris Rn. 7) ist Polizeibeamten zwar keine spezifische Dienstpflicht zu Schutz und Obhut gerade von Kindern auferlegt. Polizeibeamte haben indes Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen daher in der Öffentlichkeit - insbesondere auch für schutzbedürftige Personen - eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Mai 2001 - 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <219> und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 20 sowie BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - BVerfGK 13, 205 <209> für Staatsanwälte).

23

Dieses berufserforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten - gerade zu Lasten Schutzbedürftiger - begehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Polizeibeamte auf seinem konkreten Dienstposten gerade mit der Verfolgung solcher Delikte betraut war oder Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen hatte. Erhebliche Straftaten eines Polizeibeamten begründen auch in Ansehung ihres außerdienstlichen Charakters ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen.

24

2. Die vom Oberverwaltungsgericht hierfür als Disziplinarmaßnahme ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verstößt nicht gegen § 13 LDG BB.

25

a) Nach § 13 Abs. 1 LDG BB und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

26

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 LDG BB). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

27

b) Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

28

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 Rn. 11 und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

29

Schwerwiegende Straftaten können auch deliktsbezogen identifiziert werden (vgl. zur Zuordnung bestimmter Straftaten zu einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 40 m.w.N.). Bestimmte Straftaten bewirken bereits aus der Art ihres Unrechtsgehalts einen Vertrauensschaden, der eine weitere Tätigkeit als Beamter untragbar erscheinen lässt. Lässt sich ein Beamter bestechen, ist er als Sachwalter einer gesetzestreuen und unabhängigen Verwaltung nicht mehr denkbar (BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30; BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 29). Unabhängig vom konkret verhängten Strafmaß und vom Amt des Beamten ist in der Rechtsprechung insbesondere der sexuelle Missbrauch von Kindern oder Schutzbefohlenen als außerdienstliche Verfehlung bewertet worden, die eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regeleinstufung gebietet (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 18; Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 B 44.09 - juris Rn. 12).

30

c) Entsprechendes kann für den Besitz von kinderpornographischen Schriften nicht gelten. Zwar trägt die Nachfrage nach derartigen Bild- oder Videodateien zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde bei (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 19). Da es beim bloßen Besitz entsprechender Darstellungen aber an einem unmittelbaren Eingriff des Beamten in die sexuelle Selbstbestimmung der betroffenen Kinder fehlt, ist die Variationsbreite möglicher Verfehlungen zu groß, um generell von einer hinreichenden Schwere der außerdienstlichen Pflichtverletzung ausgehen zu können. Die außerdienstlich begangene Straftat kann daher nicht bereits deliktstypisch als derart gravierend erachtet werden, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regeleinstufung gerechtfertigt erscheint (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25).

31

Das Ausmaß des durch die außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufenen Vertrauensschadens muss daher im konkreten Einzelfall bestimmt werden. Hierzu kann auf den Strafrahmen zurückgegriffen werden, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22 und - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

32

Für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften hat der Senat aus dem seit 2004 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Die Anhebung der Strafandrohung für den (bloßen) Besitz kinderpornographischer Schriften auf bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe durch § 184b Abs. 3 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10) ist erst nach der hier vorliegenden Tatbegehung in Kraft getreten und kann daher nicht berücksichtigt werden.

33

Weist ein Dienstvergehen indes - wie hier - hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

34

d) Die vom Oberverwaltungsgericht in Ausfüllung dieses Rahmens getroffene Bemessungsentscheidung begegnet keinen Bedenken.

35

Gemäß § 13 Abs. 1 LDG BB ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt etwa vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - BVerwGE 147, 127 Rn. 32 und vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39).

36

Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt deshalb nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 32, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 21). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (BVerwG, Beschluss vom 5. März 2014 - 2 B 111.13 - juris Rn. 13). Der Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften setzt deshalb voraus, dass das Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere also Anzahl, Art und Inhalt der Darstellungen, als besonders verwerflich einzustufen ist (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 11, vom 19. März 2013 - 2 B 17.12 - juris Rn. 5 und vom 5. April 2013 - 2 B 79.11 - juris Rn. 7).

37

Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. zur Bezugnahme auf eine verhängte Freiheitsstrafe und den "Gleichklang zum Strafrecht" auch BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu (vgl. zur Bezugnahme der disziplinarrechtlichen Maßnahmebemessung auf die strafrechtliche Sanktion aber § 14 LDG BB). Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden (BVerwG, Beschlüsse vom 14. Mai 2012 - 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10 und vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10, jeweils a.E.). Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist.

38

Ist von den Strafgerichten nur auf eine Geldstrafe erkannt oder das Strafverfahren eingestellt worden und sind die Strafverfolgungsorgane damit nicht von einer besonderen Schwere der individuellen Schuld ausgegangen (vgl. § 153a Abs. 1 StPO), bedarf der Ausspruch einer statusberührenden Disziplinarmaßnahme daher einer besonderen Begründung der Disziplinargerichte zur Schwere der Verfehlung. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kommt hier nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht.

39

Bei der Entscheidung über die angemessene Disziplinarmaßnahme ist auch die besondere Stellung von Polizeibeamten zu berücksichtigen. Außerdienstlich begangene Vorsatzstraftaten führen hier angesichts der mit dem Amt verbundenen Aufgaben- und Vertrauensstellung regelmäßig zu einem mittelbaren Amtsbezug und damit auch zur Disziplinarwürdigkeit entsprechender Verfehlungen. Die mit § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG beabsichtigte Begrenzungswirkung für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Pflichtenverstöße kommt bei von Polizeibeamten begangenen Straftaten daher nur eingeschränkt zum Tragen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Bedeutung außerdienstlichen Verhaltens für das Disziplinarrecht einzuschränken, gilt indes auch für die Beamten dieser Ämter. Der außerdienstliche Charakter des Dienstvergehens muss daher auch bei der Maßnahmebemessung Berücksichtigung finden (BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 33). Jedenfalls statusberührende Disziplinarmaßnahmen kommen deshalb nur bei schwerwiegenden Verfehlungen in Betracht.

40

Diesen Vorgaben entspricht die Bemessungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Auch in Ansehung des außerdienstlichen Charakters der vom Beklagten begangenen Straftat muss das Dienstvergehen als besonders schwerwiegend erachtet werden. Die im Berufungsurteil im Einzelnen aufgeführten Tatumstände lassen angesichts des gravierenden Inhalts der kinderpornographischen Darstellungen mit zum Teil schwerwiegenden Formen des Missbrauchs auch an jungen Kindern eine andere Beurteilung nicht zu. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht dabei auch berücksichtigt, dass es sich nicht lediglich um Standbilder, sondern um (mehrere) Videoaufnahmen mit zum Teil erheblicher Länge handelt, deren Erstellung eine besondere Belastung der Opfer zwingend mit sich bringt. Die konkreten Tatumstände weisen daher einen Schweregehalt im deutlich oberen Bereich der möglichen Begehungsformen des Besitzes kinderpornographischer Schriften auf. Dementsprechend ist auch von den Strafgerichten eine Freiheitsstrafe von neun Monaten gegen den Beklagten verhängt worden. Dass sich der Beklagte geständig und reuig gezeigt hat, ist vom Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt und gewürdigt worden. Diesem Umstand kommt indes kein derartiges Gewicht zu, dass bei der Gesamtwürdigung auf eine andere als die Höchstmaßnahme erkannt werden könnte. Darüber hinausgehende Entlastungsumstände von relevantem Charakter sind weder vom Oberverwaltungsgericht festgestellt noch mit der Revision geltend gemacht worden.

41

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 Abs. 4 LDG BB i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe

1

Die Beschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO und § 70 SächsDG an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Das Berufungsurteil beruht auf einem von der Beklagten geltend gemachten Verstoß gegen die aus § 3 SächsDG und § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO folgende Pflicht zur Angabe der Gründe im Urteil, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Damit hat das Oberverwaltungsgericht zugleich, wie von der Beklagten gerügt, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG, § 3 SächsDG und § 108 Abs. 2 VwGO).

2

Die Beklagte steht als Justizobersekretärin im Dienst des Klägers. Sie wird beim Finanzgericht als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle verwendet. Im Jahr 2008 wurde die Beklagte wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Computerbetrug verurteilt. Sie hatte an ihrer Arbeitsstätte einer Kollegin die EC-Karte entwendet und mit dieser unter Angabe der ausgespähten Geheimnummer vom Konto der Kollegin 1 000 € abgehoben. Gegenstand der Disziplinarklage ist zum einen dieser durch einen Strafbefehl geahndete Sachverhalt und zum anderen der Umstand, dass die Beklagte im unmittelbaren Anschluss an die erste erfolgreiche Abhebung auf dieselbe Art versucht hatte, weitere 1 000 € vom Konto der Kollegin abzubuchen. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

3

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 70 SächsDG und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

4

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

5

Als Frage von grundsätzlicher Bedeutung nennt die Beklagte zunächst:

Liegt bei objektiv feststehendem intakten Betriebsklima und nicht nachhaltig vergiftetem Betriebsfrieden in der Dienststelle noch ein typisierter Fall des Kollegendiebstahls vor, bei dem im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig, d.h. im Sinne eines Indizienschlusses, die Entfernung aus dem Dienst die angemessene disziplinarrechtliche Sanktion ist oder handelt es sich bei feststehender nicht eingetretener nachhaltiger Störung des Arbeitsfriedens in der Dienststelle um einen typisierten Fall des "minder schweren" Kollegendiebstahls, für den eine Entfernung aus dem Dienst - anders als im typischen Fall - nicht indiziert ist?

6

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht, weil sie sich - soweit sie über den Einzelfall hinausgehende Aspekte überhaupt aufweist - an Hand der gesetzlichen Regelung und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten lässt.

7

Hat das Gericht im Einzelfall ein Dienstvergehen festgestellt, richtet sich die Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SächsDG nach der Schwere des Dienstvergehens; das Persönlichkeitsbild des Beamten ist ebenso angemessen zu berücksichtigen wie das Ausmaß der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Den Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe hat der Senat in seiner Rechtsprechung näher bestimmt (Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - ZBR 2011, 414, Rn. 29 ).

8

Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 SächsDG richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 SächsDG aufgeführten Maßnahme zugeordnet werden. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Hiervon ausgehend lassen sich, anknüpfend an die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts, Fallgruppen von Dienstvergehen bestimmen, denen aufgrund ihrer Schwere jeweils eine der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen im Sinne einer Regeleinstufung zuzuordnen ist.

9

Nach der Rechtsprechung des Senats gelten diese Grundsätze auch für die disziplinarische Ahndung eines im Dienst zum Nachteil eines Kollegen begangenen Diebstahls ("Kollegendiebstahl"; Urteile vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 43.07 - juris Rn. 19 § 65 bdg nr. 2> und vom 29. Mai 2008 juris Rn. 21 m.w.N.). Hinsichtlich der Schwere ist ein solcher Diebstahl nach der ständigen Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts im Grundsatz der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar. Denn auch hier gilt, dass sich der Dienstherr auf die Ehrlichkeit seiner Bediensteten verlassen können muss. Ein Diebstahl zum Nachteil eines Kollegen vergiftet das Betriebsklima und stört den Arbeitsfrieden in schwerwiegender Weise (Urteile vom 9. August 1995 - BVerwG 1 D 7.95 - juris Rn. 18 und vom 29. September 1998 - BVerwG 1 D 82.97 - juris Rn. 11). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die Beträge - wie hier einschließlich des Versuchs mit insgesamt 2 000 € - die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen.

10

Ausgehend vom dargelegten Bedeutungsgehalt des Begriffs der Schwere des Dienstvergehens sind  - unter Umständen - entlastende Umstände des konkreten Einzelfalles auf der Ebene der Zuordnung einer Disziplinarmaßnahme nach § 13 Abs. 1 Satz 2 SächsDG nicht von Bedeutung. Die durch die Schwere des Dienstvergehens bestimmte Zuordnung einer Maßnahme hat lediglich Indizwirkung. Diese Wirkung entfällt, wenn sich im Einzelfall aufgrund des Persönlichkeitsbildes des Beamten Entlastungsgründe von solchem Gewicht ergeben, dass die prognostische Gesamtwürdigung den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauensverhältnis noch nicht vollständig zerstört (Urteile vom 29. Mai 2008 juris Rn. 21 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11 jeweils Rn. 18, stRspr). Denn nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SächsDG hat das Disziplinargericht für die von ihm zu treffende Bemessungsentscheidung die genannten Kriterien mit dem ihnen zukommenden Gewicht zu ermitteln und in die Gesamtabwägung einzustellen. Nach dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss die gegen den Beamten ausgesprochene Maßnahme unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalles in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens stehen, die maßgebend auch vom Verschulden das Beamten abhängt.

11

Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf legt die Beschwerde nicht dar.

12

Auch die beiden weiteren von der Beklagten aufgeworfenen Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht.

Sind die subjektiven Vertrauensbekundungen von Kollegen des Beamten und des Opfers im Rahmen der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme beim Kollegendiebstahl ein objektiver Umstand, der zumindest dann, wenn sich daraus ergibt, dass das Betriebsklima und der Arbeitsfrieden trotz des Kollegendiebstahls in der Dienststelle nicht nachhaltig vergiftet bzw. gestört ist, die Unverhältnismäßigkeit der Regelmaßnahme Entfernung aus dem Dienst (gegen)indiziert?

Kann der endgültige Vertrauensverlust seitens des Dienstherrn bei der Anwendung des § 13 Abs. 2 Satz 1 SächsDG auch dann angenommen werden, wenn ein Beamter objektiv das Vertrauen derjenigen Dienststelle genießt, bei der er derzeit tätig ist? Ist mithin als Maßstab für die Feststellung des endgültigen Vertrauensverlustes des Dienstherrn oder der Allgemeinheit die Gesamtheit der hypothetisch möglichen Einsatzorte beim Dienstherrn heranzuziehen oder genügt vielmehr zur Widerlegung des endgültigen Vertrauensverlustes der Beweis, dass im Rahmen des unmittelbaren Dienstumfeldes des Beamten jener das volle Vertrauen der Angehörigen dieser Dienststelle - einschließlich ihres Leiters - genießt?

13

Diese Fragen lassen sich ebenfalls an Hand des Wortlauts des Gesetzes und der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens dahingehend beantworten, dass es nicht auf die Umstände bei der derzeitigen Dienststelle des Beamten ankommt.

14

§ 61 Abs. 2 Satz 2 SächsDG überträgt dem Gericht die Befugnis zur Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Im Falle der Berufung ist das Oberverwaltungsgericht nicht auf die Überprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts beschränkt, sondern trifft eine eigenständige Zumessungsentscheidung (§ 66 Abs. 1 Satz 1 SächsDG).

15

Der Bezugspunkt für diese Zumessungsentscheidung ist im Gesetz vorgegeben. Nach § 13 Abs. 1 Satz 4 SächsDG kommt es auf die Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit an, nicht auf die Verhältnisse bei der konkreten Dienststelle. Hat der Beamte dieses Vertrauen durch ein schweres Dienstvergehen endgültig verloren, so ist er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 SächsDG).

16

Die prognostische Frage nach dem Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (§ 13 Abs. 1 Satz 4 BDG) betrifft die Erwartung, dass sich der Beamte aus der Sicht des Dienstherrn und der Allgemeinheit künftig wieder so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich erwartet wird. Das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die Person des Beamten bezieht sich in erster Linie auf dessen allgemeinen Status als Beamter (vgl. dazu Urteil des Disziplinarsenats vom 20. Januar 2004 - BVerwG 1 D 33.02 - BVerwGE 120, 33 <53 f.>), daneben aber auch auf dessen konkreten Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung, z.B. als Polizei- oder Zollbeamter, und auf dessen konkret ausgeübte Funktion, z.B. als Vorgesetzter. Ob und gegebenenfalls inwieweit eine Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Entscheidend ist nicht die subjektive Einschätzung des jeweiligen Dienstvorgesetzten, sondern schon aus Gründen der Gleichbehandlung der Beamten (Art. 3 Abs. 1 GG) die Frage, inwieweit der Dienstherr oder die Allgemeinheit bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten be- und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird (Urteile vom 20. Oktober 2005, a.a.O. S. 260 und vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - juris Rn. 78 § 77 bbg 2009 nr. 1>). Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde.

17

Die Prüfung, ob der betreffende Beamte im Beamtenverhältnis verbleiben darf, hat sich auf sein Amt als Ganzes und nicht nur auf einen begrenzten Tätigkeitsbereich (Amt im funktionellen Sinne) zu beziehen. Denn das Disziplinargericht kann einer Behörde nicht eine eingeschränkte Verwendung eines disziplinarisch in Erscheinung getretenen Beamten vorschreiben (Urteil vom 22. Mai 1996 - BVerwG 1 D 72.95 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 6 S. 17 m.w.N.).

18

2. Begründet ist jedoch die Verfahrensrüge des Verstoßes gegen die aus § 3 SächsDG und § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO folgende Pflicht zur Angabe der für die richterliche Überzeugung maßgeblichen Gründe im Urteil und des Verstoßes gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 3 SächsDG und § 108 Abs. 2 VwGO).

19

Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, deren Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Davon ist zwar grundsätzlich auszugehen; dies setzt aber voraus, dass die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen jedenfalls in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (BVerfG, Beschlüsse vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <146>, vom 10. Mai 1990 - 2 BvR 1236/89 - InfAuslR 1990, 280 <281>, vom 29. Januar 1991 - 2 BvR 513/90 - InfAuslR 1991, 179 <180>, vom 14. Januar 1992 - 2 BvR 472/91 - InfAuslR 1992, 222 <225> und vom 13. November 1992 - 1 BvR 708/92 - NJW 1993, 1461). Dementsprechend verlangt die Begründungspflicht des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO, dass in den Urteilsgründen die tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen wiedergegeben werden, die das Gericht bestimmt haben, die Voraussetzungen für seine Entscheidung als erfüllt anzusehen. Das Urteil muss erkennen lassen, dass das Gericht den ermittelten Tatsachenstoff wertend gesichtet und in welchen konkreten Bezug es ihn zu den angewandten Rechtsnormen gesetzt hat (Urteil vom 18. Februar 1981 - BVerwG 6 C 159.80 - BVerwGE 61, 365 <368>). Zwar ist das Gericht nicht verpflichtet, jedes rechtliche Vorbringen eines Beteiligten in den Gründen ausdrücklich zu bescheiden. Art. 103 Abs. 1 GG ist aber dann verletzt, wenn sich im Einzelfall eindeutig ergibt, dass ein Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen des Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, nicht nachgekommen ist (Beschluss vom 26. Mai 1999 - BVerwG 6 B 65.98 - NVwZ-RR 1999, 745). Nach diesen Grundsätzen liegt der von der Beschwerde geltend gemachte Verfahrensmangel vor, auf dem das Urteil auch beruhen kann.

20

Diesen Anforderungen ist das Oberverwaltungsgericht nicht hinreichend gerecht geworden. Es ist zwar im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen, dass die in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats zu den Zugriffsdelikten entwickelten Milderungsgründe nicht als abschließender Kanon der allein beachtlichen Entlastungsgründe anzusehen sind (Urteil vom 29. Mai 2008 juris Rn. 23 m.w.N. ). Eine Zumessungsentscheidung nach § 13 SächsDG, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f. und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 20 f.). Dementsprechend sind entlastende Umstände auch dann beachtlich und in die Gesamtabwägung einzustellen, wenn sie die Voraussetzungen eines anerkannten Milderungsgrundes nicht erfüllen. Das Tatsachengericht hat zu entscheiden, ob die bemessungsrelevanten mildernden Umstände in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines anerkannten Milderungsgrundes kompensieren können. Dabei bieten die anerkannten Milderungsgründe Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Generell gilt, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Delikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Handlungen und der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteile vom 3. Mai 2007 juris Rn. 23 und vom 29. Mai 2008 juris Rn. 23 ).

21

Bei der konkreten Zuweisung der Disziplinarmaßnahme hat sich das Oberverwaltungsgericht jedoch mit dem Vorbringen der Beklagten zu sonstigen Milderungsgründen nicht hinreichend beschäftigt. Im Anschluss an die Erörterung, ob anerkannte Milderungsgründe vorliegen, hat es sich nur kurz mit der Motivation der Beklagten für das schwere Dienstvergehen befasst und diese als nicht aufklärbar bezeichnet. Im Übrigen beschränken sich die Ausführungen auf die Bewertung der Vertrauensbekundungen von 22 Beschäftigten des Finanzgerichts. Das Oberverwaltungsgericht hat sich bei der Würdigung sämtlicher Gesichtspunkte aber nicht mit dem von der Beklagten in der Berufungsbegründung herausgehobenen - und auch im Tatbestand wiedergegebenen - Umstand befasst, dass sie auch noch nach Aufdeckung ihres Dienstvergehens im August 2007 mit einer kurzen Unterbrechung bis zur Berufungsverhandlung auf ihrem bisherigen Dienstposten in der Geschäftsstelle des Gerichts verwendet worden ist. Dies beruhte darauf, dass der Dienstherr nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom Dezember 2008 keine erneute Ermessensentscheidung nach § 38 SächsDG getroffen hat. Auch die Vertrauensbekundung der Geschädigten, die mit der Beklagten weiterhin in einem gemeinsamen Dienstzimmer zusammengearbeitet hat, hätte besonders erörtert werden müssen. Ihre Bedeutung mag über die derjenigen Stellungnahmen hinausgehen, die sonstige Mitarbeiter der derzeitigen Dienststelle der Beklagten abgegeben haben. Unabhängig von der Frage, ob diesen Umständen nach der Rechtsprechung des Senats rechtliche Relevanz zukommt, sind sie im Vorbringen der Beklagten von zentraler Bedeutung und hätten deshalb erkennbar und nachvollziehbar im Urteil gewürdigt werden müssen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.