Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 18. Nov. 2015 - AN 11 K 14.30840

published on 18/11/2015 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 18. Nov. 2015 - AN 11 K 14.30840
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Gericht

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Kläger begehren im Klagewege die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 AsylG, hilfsweise die Feststellung, dass sie subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 4 AsylG sind und weiter hilfsweise die Verpflichtung zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG.

Der am … 1973 geborene Kläger zu 1) ist nach eigenen Angaben pakistanischer Staatsangehöriger, Volkszugehöriger der Punjabi und Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Ahmadis. Sein Geburtsort ist die Stadt … in der Provinz Punjab in Pakistan. Die Klägerin zu 2), die am … 1976 geboren ist, ist ebenfalls pakistanische Staatsangehörige, Volkszugehörige der Punjabi und Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Ahmadis. Ihr Geburtsort ist die Stadt … in der Provinz Punjab in Pakistan, sie ist mit dem Kläger zu 1) verheiratet. Die Kläger zu 3) bis 6) sind die am … 2002, … 2003, … 2005, und … 2011 in Pakistan geborenen Kinder der Kläger zu 1) und 2). Am 26. November 2012 stellten die Kläger zu 1) und 2) im eigenen Namen sowie im Namen der Kläger zu 3) bis 6) einen Asylantrag.

Im Rahmen seiner Anhörung am 29. Januar 2013 gab der Kläger zu 1) an, er habe am 26. September 2012 … zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern verlassen. Sie seien nach … gefahren und am 27. September 2012 ausgereist. Die Kläger seien am 27. September 2012 in Begleitung eines Schleusers nach England geflogen. Am 4. Oktober 2012 seien sie nach Deutschland weitergereist und dort am 5. Oktober 2012 angekommen.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Kläger zu 1) an, er habe Morddrohungen erhalten. Seine Familie und er gehörten zu den Ahmadis. Er sei auch ehrenamtlich in der Gemeinde tätig gewesen. In seiner Privatklinik habe er ein Schreiben erhalten. Der Kläger zu 1) legte zwei Schreiben vor und erklärte auf Nachfrage, dass er die Schreiben dem Internet entnommen habe. Er hätte jedoch ähnliche Schreiben bekommen. Er könne die Schreiben im Original nicht vorlegen, da er aus einer Notsituation heraus habe ausreisen müssen. Er habe vier bis fünf solcher Schreiben erhalten. Diese habe er seit dem 23. September 2011 erhalten, die anderen folgten in etwa im Abstand von sechs, acht oder zehn Wochen. Zwei dieser Schreiben habe er zu Hause erhalten - die anderen in seinem Geschäft.

Die Familie habe Probleme gehabt. Alle Ahmadis hätten Probleme, da sie keine religiösen Freiheiten hätten. Ahmadis hätten keine Grundrechte wie jeder normale Bürger. Ahmadis würden leiden. Man könne nicht mit seinen Kindern nach draußen gehen. 1974 sei das Haus seiner Familie und das Geschäft seines Vaters in Brand gesetzt worden. 1984 sei der Schwager des Klägers zu 1) verhaftet und 1994 entlassen worden. Das habe sich in … ereignet. Am 28. Mai 2009 sei einer der Cousins des Klägers zu 1) in … ermordet worden. Am 28. Mai 2010 habe es Anschläge auf die Moschee der Ahmadis gegeben. Es sei viel Hass verbreitet worden. Der Kläger zu 1) habe sein Leben schützen wollen und nicht umgebracht werden wollen. Er habe nicht das gleiche Schicksal wie sein Cousin erleiden wollen. In … seien drei Personen ermordet worden, nur weil sie Ahmadis gewesen seien. Diese drei Personen hätten auch vorher Drohungen erhalten. Als die Tochter des Klägers die 3. Klasse besucht habe, hätten die Mitschüler erfahren, dass sie eine Ahmadi sei. Daraufhin hätten sie sich von ihr distanziert. Seine Ehefrau habe Unterricht gegeben; als man erfahren habe, dass sie Ahmadi sei, sei sie entlassen worden. Ab 18:00 Uhr habe man seine Kinder nicht mehr rauslassen dürfen. Wenn man eine Mietwohnung gesucht habe und gesagt habe, dass man Ahmadi sei, dann sei nicht an einen vermietet worden. Man habe deswegen die letzte Wohnung von einem Ahmadi-Vermieter erhalten. Wie könne man in Pakistan leben, wo der Hass so tief verbreitet sei? Ahmadis könnten nicht mit der lokalen Bevölkerung zusammen leben und deshalb sei der Kläger zu 1) ausgereist. Er habe viele Menschen behandelt, ohne Geld von ihnen zu nehmen. Das habe ihm auch nichts gebracht. Obwohl er ehrenamtlich gearbeitet habe, sei er ständig beschuldigt worden, missioniert zu haben, obwohl er dies nicht getan habe. Dies hätten ihm die Bewohner in der Gegend, wo er gewohnt habe, vorgeworfen. Auf Nachfrage, ob dieser Vorwurf Konsequenzen gehabt habe, gab der Kläger zu 1) an, als er gesehen habe, dass es gefährlich werde, habe er seine Sachen gepackt und sei weggegangen. Der Kläger habe gemerkt, dass das Verbrecher seien, die ihm Probleme machten und deshalb sei er weggegangen. Auf die Frage, was genau vorgefallen sei, gab der Kläger zu 1) an, an dem Ort, an dem er ehrenamtlich tätig gewesen sei, seien Mullahs gekommen, woraufhin der Kläger zu 1) dann nicht mehr an diesen Ort gegangen sei. Er sei auch telefonisch bedroht worden von den Splittergruppen Khatm-e-Nabuwat und Jamaat Dawat. Diese hätten ihn bedroht, wenn er nicht die Religion wechsle, passiere etwas. Der Kläger sei seit dem 23. September 2011 telefonisch bedroht worden. Auf die Frage ob etwas passiert sei, gab der Kläger an, er habe bereits erzählt, was mit seinen Kindern und mit seiner Frau passiert sei. Deshalb habe man das Land verlassen. Seit vielen Jahren habe er Probleme. Irgendwann sei man mit seiner Geduld am Ende. Er habe für seine Frau und seine Kinder keine Zukunft mehr gesehen. Am Telefon hätten ihm die Erpresser gesagt, man wisse, wo er seine Kinder zur Schule schicke und was seine Frau in der Schule mache. Manchmal habe er nicht schlafen können. Auf die Frage, wann seine Frau aus der Schule entlassen worden sei, gab der Kläger an, das sei wohl Anfang 2012 gewesen. Er könne es aber nicht genau sagen. Bei einer Rückkehr nach Pakistan befürchte der Kläger, von den oben genannten Splittergruppen umgebracht zu werden. Er wolle jetzt auch korrigieren, dass seine Frau bereits 2011 entlassen worden sei. Dies sei Mitte 2011 gewesen, er könne es aber nicht genau sagen. Die Mullahs hätten in Pakistan sehr viel Einfluss auch auf die Polizei. Die Mullahs hätten gesagt, dass sie seine Familie nicht am Leben lassen würden.

Zu ihren Fluchtgründen befragt gab die Klägerin zu 2) an, sie habe früher einmal als Ärztin der Homöopathie gearbeitet - etwa von 2007 bis 2009. Einen Monat habe sie auch als Lehrerin gearbeitet. Als dann herausgekommen sei, dass sie eine Ahmadi sei, sei sie entlassen worden. Dies sei etwa eineinhalb oder zwei Jahre her gewesen (also Anfang/Mitte 2011). Es habe sehr viele Probleme in Pakistan gegeben, bezüglich ihrer Eltern, dem Kläger zu 1), und ihren Kindern. Das gehe so seit 1947. Ihr Bruder sei grundlos zehn Jahre ins Gefängnis gekommen. Auch nach der Entlassung ihres Bruders aus dem Gefängnis sei die Polizei wieder zu ihnen nach Hause und habe nach ihrem Bruder gefragt. Wenn die Familie etwas gefeiert habe, beispielsweise eine Hochzeit, dann sei immer die Polizei da gewesen. Vor zehn oder elf Monaten sei der Vater der Klägerin zu 2) verhaftet worden. Er sei nur einen Tag festgehalten worden. Die Polizei habe ausgesagt, dass sie wüssten, dass er unschuldig sei, dass sie aber von den Mullahs unter Druck gesetzt worden seien. Als die Tochter in die 3. Klasse gekommen sei, habe sie Probleme gehabt. Ein paar Tage sei sie völlig durcheinander gewesen. Sie habe erzählt, dass sich ihre Klassenkameraden von ihr distanziert hätten, dass sie von ihnen als schmutzig bezeichnet worden sei und dass sie keine Muslima sei und sie nicht mehr mit ihr spielen dürften. Ihre Tochter habe sich zu dieser Zeit sehr einsam gefühlt. Trotz eines Dialoges in der Schule mit der Lehrerin habe sich an der Situation nichts geändert. Die Klägerin zu 2) habe dem Kläger zu 1) helfen wollen und als Ärztin arbeiten wollen. Als der Cousin des Klägers zu 1) ermordet worden sei, sei sie nicht mehr in die Klinik gegangen. Später habe sie als Lehrerin angefangen. Die Lehrer Kollegen hätten den Verdacht gehabt, dass sie eine Ahmadi sei. Daraufhin sei sie entlassen worden. Schließlich habe man das gemeinsame Haus verlassen. Die Klägerin zu 2) sei zu ihren Eltern nach … gegangen und der Kläger zu 1) nach … und … Dies sei Anfang Juni 2012 geschehen. Man sei noch einmal nach … zurückgekehrt, weil man Sachen (Kleidung und weitere wichtige Dinge) aus der Wohnung habe holen wollen. Auf die Frage, warum die Familie … verlassen habe, antwortete die Klägerin zu 2), weil die Situation nicht so toll gewesen sei. Man habe dort nicht bleiben können. Ihr Ehemann habe Probleme gehabt. Es hätte eine Liste gegeben, auf der gestanden hätte, dass man mit den Ahmadi keine Geschäfte machen solle. Auf einem Schreiben sei der Name des Geschäftes des Klägers zu 1) gestanden. Dies sei überall verteilt worden, wie Werbung. Der Kläger zu 1) habe auch Morddrohungen erhalten. Es habe sein können, dass der Kläger zu 1) einen Telefonanruf erhalten habe, mehr wisse sie jedoch nicht. Er sei auf jeden Fall durcheinander gewesen und habe sie zu ihren Eltern geschickt. Er selbst sei auch weggegangen.

In den Akten befindet sich die Übersetzung eines Boykottaufrufs gegen Unternehmen von Ahmadis durch die Splittergruppe der Khatm-e-Nabuwat, welche ein Geschäft namens … … … … explizit aufzählt.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2014, welcher den Klägern am 24. Oktober 2014 zugestellt wurde, erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hinsichtlich der Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). Unter Ziffer 5 des Bescheides wurden die Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen, andernfalls wurde ihnen die Abschiebung nach Pakistan angedroht. Auf den Bescheid des Bundesamtes wird insoweit Bezug genommen.

Als Begründung führt der Bescheid hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft und der Anerkennung als Asylberechtigter aus, dass deren Voraussetzungen nicht vorlägen. Die Kläger könnten sich nicht aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Ahmadi auf eine Gruppenverfolgung berufen. Für die Annahme einer Gruppenverfolgung fehle es an der erforderlichen Verfolgungsdichte bei Vergleich der Anzahl der dargestellten Verfolgungsmaßnahmen von staatlicher und nichtstaatlicher Seite und der drei bis vier Millionen Ahmadis in Pakistan. Bei den von den Klägern geschilderten verbalen Übergriffen handele es sich offenbar um die in Pakistan üblichen Einschüchterungsversuche von radikalen Muslimen gegenüber Andersgläubigen. Den Schilderungen der Kläger lasse sich nicht entnehmen, dass sie dadurch in erheblicher Weise beeinträchtigt worden seien, so dass ihnen ein weiteres Verbleiben in ihrem Heimatland nicht mehr zumutbar gewesen sei. Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse hätten die Kläger als gut beschrieben. Hätte es tatsächlich die Absicht gegeben, die Kläger zu entführen oder gar umzubringen, hätten ihre Gegner hierfür bereits reichlich Gelegenheit gehabt. Abgesehen davon hätten die Kläger auch die Möglichkeit gehabt, sich in einer anderen Stadt niederzulassen, beispielsweise in …, dem Heimatort der Klägerin zu 2), um den offenbar örtlich begrenzten Anfeindungen bzw. Auseinandersetzungen in … aus dem Wege zu gehen. Darüber hinaus sei das Vorbringen der Kläger auch wenig glaubhaft. So habe der Kläger zu 1) angegeben, er habe deshalb keinen der Drohbriefe bei seiner Ausreise mitnehmen können, da er sein Heimatland aus einer Notsituation heraus verlassen habe. Die Klägerin zu 2) habe dagegen angegeben, sie seien unmittelbar vor ihrer Ausreise noch einmal in ihren Heimatort zurückgekehrt, um wichtige Sachen aus der Wohnung zu holen. Von einer Notsituation oder überstürzten Abreise könne daher keine Rede sein. Zu den Morddrohungen gegenüber ihrem Ehemann habe die Klägerin zu 2) angegeben, es könne sein, dass es ein Telefonat gegeben habe, mehr wisse sie nicht. Der Kläger zu 1) habe angegeben, er habe auch zu Hause zwei schriftliche Morddrohungen erhalten. Unter diesen Umständen aber hätte auch die Klägerin zu 2) davon wissen müssen. Soweit der Kläger zu 1) behauptet habe, ihm sei fälschlicherweise vorgeworfen worden, er habe missioniert, habe von ihm nicht in Erfahrung gebracht werden können, inwiefern die Situation dadurch gefährlich geworden sei. Dass sich der Kläger zu 1) vor der Ausreise mehrere Wochen in … bzw. … aufgehalten habe, habe er selbst nicht vorgetragen. Zur Überzeugung des Unterzeichners hätten sich die Kläger ein Verfolgungsschicksal lediglich ausgedacht und hätten ihr Heimatland aus anderen Gründen und unter anderen Umständen verlassen.

Es lasse sich auch nicht feststellen, dass die Kläger hinsichtlich ihrer religiösen Überzeugung beeinträchtigt worden seien oder eine Beeinträchtigung zu befürchten hätten. Dass die öffentliche Betätigung ihres Glaubens für die Kläger zur Wahrung ihrer religiösen Identität besonders wichtig sei, könne ihrem bisherigen Vorbringen nicht entnommen werden. Den Bescheinigungen ihrer Glaubensgemeinschaft zufolge seien sie einfache Mitglieder. Dass sie innerhalb der Glaubensgemeinschaft eine besondere Funktion ausgeübt haben oder ausüben, mit der sie auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen würden, sei nicht ersichtlich. Der Kläger zu 1) habe insoweit lediglich angegeben, dass er in der Gemeinde auch ehrenamtlich tätig gewesen sei. Darin liege noch keine religiöse Praxis, die die Kläger über die Gruppe der Ahmadi hinaushebe, die ihren Glauben gerade nicht nach außen hin praktizierten.

Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2014, eingegangen am 31. Oktober 2014, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 20.10.2014 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, subsidiären Schutz zu gewähren,

weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ihre Abschiebung nach Pakistan Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG entgegenstehen.

Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2015 begründete der Klägerbevollmächtigte die Klage wie folgt. Nach dem Vorbringen in der persönlichen Anhörung handele es sich bei den Klägern zu 1) und 2) um sehr aktive und ihrem Glauben stark verbundene Ahmadi. Ihnen sei jetzt auch noch einmal ausdrücklich von ihrer Religionsgemeinschaft bestätigt worden, dass sie in Pakistan guten Kontakt zur Gemeinde pflegten. Außerdem handele es sich bei ihnen um „Mußi“, was bedeute, dass sie ein ganz besonderes religiöses Testament gegenüber ihrer Glaubensgemeinschaft abgegeben hätten. In der Bescheinigung der Deutschland-Vertretung ihrer Religionsgemeinschaft, welche bei der Zentrale in Pakistan nachgefragt haben will, werde bestätigt, dass sie in Pakistan guten Kontakt zu ihrer Gemeinde pflegten. Weiterhin heiße es dort, dass sie auch in Deutschland an allen lokalen und zentralen Gemeindeveranstaltungen teilnehmen würden. Des Weiteren sei der Kläger zu 1) in Deutschland in seiner örtlichen Gemeinde Sekretär für allgemeine Angelegenheiten. Auch unterstützten die Kläger zu 1) und 2) die Gemeinde nach Bedarf bei verschiedenen Aufgaben. Am 2. Juli 2013 hätten die Kläger in der Zentrale der Glaubensgemeinschaft in Frankfurt am Main das aktuelle religiöse Oberhaupt der Glaubensgemeinschaft getroffen. Dies sei ihnen in Pakistan bisher nicht möglich gewesen, weshalb dieses Treffen für sie ein geradezu überwältigendes spirituelles Ereignis darstelle. Der Kläger zu 1) habe in Deutschland darüber hinaus auch eine ganze Reihe von in die Öffentlichkeit hineinwirkenden religiösen Aktivitäten entfaltet. Er habe sich im November 2014 an einem von seiner Gemeinde veranstalteten Bücherstand beteiligt, in dessen Verlauf es wie erhofft und beabsichtigt zu einer ganzen Reihe von Kontakten zu nicht muslimischen Bürgerinnen und Bürgern gekommen sei. Er habe sich im Jahre 2014 an einer Baumpflanzung in Nürnberg beteiligt, welche dem religiösen Dialog mit anderen Religionen gedient habe. Auch an der von seiner Gemeinde in Nürnberg durchgeführten traditionellen Neujahrsreinigung habe der Kläger teilgenommen. Die Klägerseite nimmt Bezug auf mehrere überwiegend undatierte Fotos, welche den Kläger zu 1) bei entsprechenden Handlungen zeigen.

Mit Schreiben vom 6. November 2014 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Bundesamtsakten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 17. November 2015 Bezug genommen.

Gründe

Die vorliegende Klage ist als Verpflichtungsklage zwar zulässig aber unbegründet, da ein Anspruch auf Erlass der geltend gemachten Feststellungen nicht besteht (§ 113 Abs. 5 VwGO). Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 77 Abs. 2 AsylG ab und bezieht sich auf die ausführliche und nach Gerichtsauffassung richtige Begründung des Bescheids vom 20. Oktober 2014. Nur ergänzend sind daher die folgenden Aspekte angezeigt.

1. Der Kläger zu 1) hat keinen Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG, § 60 Abs. 1 AufenthG. Flüchtling ist nach § 3 Abs. 1 AsylG, wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich - also mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (BVerwG v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - Rn 20, 32 = BVerwGE 146, 67).

Eine Verfolgung oder begründete Furcht vor Verfolgung liegt zur Überzeugung des Gerichts weder in den hauptsächlich vor dem Bundesamt geltend gemachten Verfolgungshandlungen durch religiöse Splittergruppen in Pakistan (a) noch in der behaupteten religiösen Diskriminierung in Pakistan (b) noch in einem religiösen Wandel des Klägers zu 1 seit seiner Ankunft in Deutschland (c).

a) Hinsichtlich der angeblichen Verfolgung in Pakistan - im Hinblick auf die primär geltend gemachte allgemeine Bedrohungslage sowie die Morddrohungen durch religiöse Splittergruppen - nimmt das Gericht im Wesentlichen Bezug auf die richtige Bewertung durch den Bescheid des Bundesamtes.

So gaben sowohl der Kläger zu 1) wie auch die Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung primär die diversen und sicherlich nicht immer leicht zu ertragenden Alltagsdiskriminierungen als Beweggründe für ihre Flucht an. Der Kläger zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, was ihm persönlich konkret passiert sei, geantwortet, dass es nicht wichtig sei, dass ihm etwas Konkretes passiert sei, denn jedenfalls seien in seinem Umfeld jede Menge schlimme Dinge passiert. Der Cousin des Klägers zu 1) sei umgebracht worden. Im Jahre 1974 sei der Laden des Vaters des Klägers zu 1) in Brand gesetzt worden. Sein Schwager verbüße eine lebenslange Freiheitsstrafe und ein weiterer Cousin sei misshandelt worden. Dieses Vorbringen ist jedoch detailarm und unkonkret, denn es wird nicht klar, inwiefern diese Vorfälle mit dem Kläger in Zusammenhang stehen, außer dass er ganz allgemein scheinbar daraus eine Gruppenverfolgung der Ahmadis herleiten will. Eine solche kann aber außerhalb der betroffenen Gruppe der Ahmadis, die ihren Glauben öffentlich ausleben, nicht angenommen werden (vgl. insoweit BVerwG v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - Rn 33, 41 = BVerwGE 146, 67). Dies entspricht auch der aktuellen Auskunftslage, wonach etwa drei bis vier Millionen Ahmadis in Pakistan leben, von denen etwa 500.000 bis 600.000 bekennende Mitglieder sein sollen, wobei der weitaus größte Teil friedlich mit den muslimischen Nachbarn zusammenlebe (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in Pakistan vom 8.4.2014 II.1.4). Es gebe zwar einzelne Fälle von Repressionen Dritter gegen Ahmadi - so seien zwischen Anfang 2011 und Ende 2012 24 Ahmadis wahrscheinlich aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ermordet worden. Auch sind im Jahr 2012 fünf Ahmadis wegen Blasphemie angeklagt worden und weitere 57, weil sie sich verbotenerweise als Muslime bezeichnet hätten. Diese Zahlen belegen jedoch, dass angesichts der bis zu vier Millionen Ahmadis in Pakistan keine Gruppenverfolgung aus der bloßen Zugehörigkeit zu dieser Religionsgemeinschaft gefolgert werden kann.

Dass der Kläger zu 1) schriftliche Morddrohungen erhalten haben will, erscheint auch aufgrund der Aussagen vor dem Bundesamt unglaubhaft. Die Klägerin zu 2) gab vor dem Bundesamt an, dass die Kläger vor der Ausreise nochmals in ihrer Wohnung in … gewesen seien, um wichtige Dinge von dort mitzunehmen. Dagegen gab der Kläger zu 1) an, aus einer Notsituation heraus abgereist zu sein und deswegen keine schriftlichen Dokumente hinsichtlich der Morddrohungen vorlegen zu können. Auf dieses Vorbringen stützt sich auch das Gericht, da die anwaltlich vertretene Klägerseite diesen Widerspruch zu keiner Zeit aufgegriffen oder bestritten hat und somit kein Anlass bestand, diesen offensichtlichen Widerspruch in der mündlichen Verhandlung nochmals zu thematisieren. Welche Notsituation im Übrigen vorgelegen haben soll, die in der mündlichen Verhandlung jedenfalls keine Erwähnung durch den Kläger zu 1) auf die gerichtliche Frage, warum er einen Asylantrag gestellt hat, fand, wurde zu keiner Zeit konkretisiert. Weiterhin führte die Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung aus, dass sie offen in ihrer Ehe mit dem Kläger zu 1) über ihre gemeinsamen Probleme spreche und der Grund für die Flucht der Klägerfamilie auch in den Problemen des Klägers zu 1) zu sehen sei. Insofern ist zu unterstellen, dass die Klägerin zu 2) zumindest im Kern über die Fluchtgründe auch des Klägers zu 1) Bescheid weiß. Auf die Frage, welche Probleme der Kläger zu 1) in Pakistan gehabt habe, gab die Klägerin zu 2) an, dass das größte Problem der Boykott des Geschäfts des Klägers zu 1) gewesen sei. Das deckt sich auch insofern mit dem in der Bundesamtsakte befindlichen und von der Klägerseite vorgelegten Schriftstück (Bl. 73, 82 d. BA.), welches einen im Internet veröffentlichten Boykottaufruf der … gegen Geschäfte der Ahmadi (unter anderem wohl auch die homöopathische Praxis des Klägers zu 1)) dokumentieren soll.

b) Der Kläger zu 1) hat Pakistan auch nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner religiösen Überzeugung verlassen. Unter diesem Aspekt konnte kein „Vorfluchttatbestand“ im Sinne einer bereits öffentlich ausgelebten oder - unter dem Druck drohender Verfolgung - unterlassenen öffentlichen Religionsausübung glaubhaft gemacht werden.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt ein mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohender, erheblicher Eingriff im Sinne einer Verfolgung von Ahmadis nicht schon in der Verfolgung kraft Zugehörigkeit zu dieser Religionsgemeinschaft, sondern erst in der Gefahr durch Verfolgung wegen der „Ausübung der Religion mit Wirkung in die Öffentlichkeit“ (BVerwG v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - Rn 21 = BVerwGE 146, 67). Für die Anerkennung einer begründeten Furcht vor Verfolgung wegen öffentlicher, religiöser Betätigung ist eine besondere Schwere der zu erwartenden Verfolgung zu begründen, die sowohl objektive wie auch subjektive Elemente enthält (BVerwG a.a.O. Rn 28 ff.).

Die objektive Schwere lässt sich anhand der zu erwartenden Repressalien, die dem Ausländer von staatlicher oder nichtstaatlicher Seite drohen, bemessen. Insofern ist auf die Auskunftslage zu verweisen (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in Pakistan vom 8.4.2014 II.1.4), wonach es einzelne Fälle von Repressionen Dritter gegen Ahmadi - so sollen zwischen Anfang 2011 und Ende 2012 24 Ahmadis wahrscheinlich aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ermordet worden sein - gibt. Auch sind im Jahr 2012 fünf Ahmadis wegen Blasphemie, einem mit der Todesstrafe bewährtem Delikt, angeklagt worden und weitere 57, weil sie sich verbotenerweise als Muslime bezeichnet hätten, was mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert wird.

In subjektiver Hinsicht erreicht ein Eingriff die besondere Schwere, wenn dem Ausländer die Ausübung seines Glaubens in der Öffentlichkeit (z.B. durch Missionierung) zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist und er selbst diese Ausübung für unverzichtbar hält (BVerwG a.a.O. Rn 29). Die subjektive Schwere hat der Ausländer zur vollen Überzeugung des Gerichts nachzuweisen. Dabei kann der subjektive Aspekt als innere Tatsache nur aus dem Vorbringen des Ausländers und aus objektiven Indizien gefolgert werden. Hierbei kommt auch der Frage, ob, wie und warum der Ausländer vor seiner Flucht seine Religion öffentlich ausgeübt oder nicht ausgeübt hat, Bedeutung zu. Neben den objektiven Indizien ist vor allem sein eigenes Vorbringen im Rahmen von Anhörung vor dem Bundesamt und mündlicher Verhandlung relevant (BVerwG a.a.O. Rn 31).

Nach diesen Grundsätzen konnte der Kläger zu 1) keine subjektive Schwere eines bestehenden Eingriffs in seine Religionsausübung während seiner Zeit in Pakistan glaubhaft machen. An objektiven Indizien sprechen für eine subjektive Schwere des Eingriffs in die Religionsfreiheit des Klägers zu 1) ausschließlich die vom 8. Januar 2015 stammende Bestätigung der Deutschlandzentrale seiner Glaubensgemeinschaft, die lediglich bestätigt, dass die Kläger zu 1) und zu 2) in Pakistan guten Kontakt zur Gemeinde pflegten sowie dass beide sog. „Mußi“ seien. Abgesehen von der Tatsache, dass solche Bestätigungen auch in anderen Verfahren mit gleichem Wortlaut bereits vorgelegt wurden, ohne dass ersichtlich werden würde, mit welcher Tiefe in Bezug auf die in Frage stehende Person eine solche Anfrage bei der Gemeinde in Pakistan durchgeführt wurde, ist nicht erkenntlich, inwiefern dadurch eine öffentliche Religionsausübung bestätigt wird. Auch die Eigenschaft als „Mußi“ erscheint nach dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nicht geeignet, eine besondere öffentliche Religionsausübung darzulegen, da nach seinen Ausführungen, es sich bei diesen Personen lediglich um Gläubige handelt, die ein besonderes Glaubensbekenntnis abgelegt hätten und einen erhöhten finanziellen Beitrag an ihre lokale Gemeinde leisteten.

Dieses Ergebnis der objektiven Indizien deckt sich auch mit den Aussagen des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung und vor dem Bundesamt. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Kläger fast ausschließlich und vorrangig nichtreligiöse Motive für seine Flucht an, so etwa die allgemeine Diskriminierungslage von Ahmadis bzw. seiner näheren Verwandtschaft. Lediglich am Rande und ohne detaillierten Bezug zur religiösen Betätigung des Klägers selbst wurde die allgemeine Unmöglichkeit der Religionsausübung für Ahmadis angeführt. So hat der Kläger zu 1) etwa bemängelt, dass es den Ahmadi nicht gestattet sei, Lautsprecher an ihren Moscheen anzubringen, wobei schon nicht klar wird, inwiefern dies die öffentliche religiöse Betätigung des Klägers zu 1) betreffen soll. Auch als der Kläger im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt ausführte, dass ihm lokale Mullahs Missionsarbeit im Rahmen der von den Ahmadi organisierten medizinischen Camps vorgeworfen hätten, gab dieser lediglich an, dass er so etwas nicht getan hätte. Dass ihm die Missionsarbeit wichtig gewesen wäre, hat er bei dieser Gelegenheit nicht erwähnt. Irgendeine Form von religiösem Leidensdruck hat der Kläger zu 1) weder vor dem Bundesamt noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung dargelegt, was jedoch für einen eventuellen Verzicht auf die Religionsausübung in der Öffentlichkeit - unter dem bereits vor Ort existierenden Verfolgungsdruck - zu erwarten gewesen wäre, wenn dies wirklich ein identitätsprägender Wesenszug des Klägers im Hinblick auf seinen Glauben wäre. In dieses Bild passt auch die Aussage der Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung, soweit sie zu den wesentlichen Fluchtgründen befragt wurde. Die Klägerin zu 2) hatte zuvor angegeben, mit dem Kläger zu 1) in einer offenen Ehe zu leben, in der die Kläger auch über all ihre Probleme - auch solche religiöser Art - sprechen würden. Die Klägerin zu 2) führte auch aus, dass sie bereits seit 15 Jahren mit dem Kläger zu 1) verheiratet sei. Als zentrales Problem im Sinne eines Fluchtgrundes für den Kläger zu 1) gab die Klägerin zu 2) an, dass dieses in dem genannten Boykottaufruf gegen sein Geschäft zu sehen sei. Wäre das Unterlassen der öffentlichen Religionsausübung für den Kläger zu 1) in Pakistan ein identitätsstiftendes Problem gewesen, so wäre es mit Sicherheit im Rahmen der offen gelebten Ehe zur Sprache gekommen und wäre von der Klägerin zu 2) auch angeführt worden.

c) Schließlich kann sich der Kläger zu 1) auch nicht auf eine begründete Furcht vor Verfolgung bei einer Rückkehr nach Pakistan wegen seiner religiösen Aktivitäten in Deutschland berufen. Unter diesem Aspekt konnte kein Nachfluchttatbestand nach § 28 Abs. 1a AsylG im Sinne eines nachträglich eingetretenen identitätsprägenden, religiösen Wesenszuges überzeugend nachgewiesen werden.

Nach § 28 Abs. 1a AsylG kann die begründete Furcht vor Verfolgung auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, dass Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist. Auch die Rechtsprechung des BVerwG zur religiösen Verfolgung von Ahmadis betont, dass für die Feststellung der religiösen Identität das Verhalten sowohl vor als auch nach der Ausreise aus dem Herkunftsland von Bedeutung ist (BVerwG v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - Rn 31 = BVerwGE 146, 67). Dabei kommt nach Meinung des erkennenden Gerichts jedoch dem religiösen Verhalten im Herkunftsland, in dem sich der Ausländer für gewöhnlich viel länger aufgehalten hat als in Deutschland, erheblich mehr Bedeutung zu, da für die religiöse Identität eines Menschen grundsätzlich Kohärenz, Konstanz und Kontinuität die konstituierenden Faktoren sind (VG Köln v. 15.07.2015 - 23 K 1005/14.A - Rn 48 = juris). Von einem solchen Grundgedanken geht auch der gesetzliche Leitgedanke für die Annahme eines Nachfluchtgrundes, wie er in § 28 Abs. 1a AsylG niedergelegt ist, aus, wenn dort insbesondere auf eine bereits bestehende Überzeugung oder Ausrichtung im Herkunftsland Bezug genommen wird. Zwar ist auch die religiöse Identität kein völlig statischer Begriff, jedoch verbleiben erhebliche Zweifel an einem behaupteten Identitätswandel als innerer Tatsache, wenn ein nicht vorverfolgter Ausländer nicht ein bedeutsames, nachvollziehbares Ereignis für eine Steigerung oder Aufnahme von öffentlichkeitswirksamen, religiösen Aktivitäten in Deutschland anführen kann (hierzu VG Köln v. 15.07.2015 - 23 K 1005/14.A - Rn 41 ff. = juris).

Hier macht der Kläger zu 1) im Kern schon gar keine wesensprägende Änderung seiner religiösen Identität geltend. Übereinstimmend haben der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, dass eine religiöse Entwicklung im Sinne einer fundamentalen Veränderung beim Kläger zu 1) seit dem Ende seiner Pubertät nicht festzustellen sei. Im Alter von 15 Jahren sei der Kläger zu 1) zum sogenannten Mußi geworden und seitdem habe sich seine Beziehung zur Religion nicht fundamental verändert.

Hier sei allerdings darauf hingewiesen, dass das Gericht - wie unter b) dargestellt - zum Zeitpunkt der Flucht aus Pakistan nicht von einem identitätsprägenden Wesenszug der öffentlichen Religionsausübung für den Kläger zu 1) ausgeht.

Trotz des nach Meinung des Gerichts nicht bestehenden identitätsprägenden Wesenszugs der öffentlichen Religionsausübung des Klägers zu 1) während seiner Zeit in Pakistan, ist es natürlich im Einzelfall möglich, dass sich ein solcher Wesenszug erst durch den Aufenthalt in Deutschland bildet. Für einen solchen identitätsprägenden Wesenszug des Klägers zu 1) in Deutschland sind einige objektive Indizien durch die Klägerseite vorgebracht worden. So bestätigt das Schreiben der Deutschlandzentrale der Glaubensgemeinschaft des Klägers zu 1) vom 8. Januar 2015, dass der Kläger zu 1) regelmäßig die Moschee besuche und an örtlichen und zentralen Gemeindeveranstaltungen regelmäßig teilnehme. Die Klägerseite hat mehrere Fotos vorgelegt, die den Kläger zu 1) bei öffentlichkeitswirksamen Religionsveranstaltungen abbilden, so bei einer Baumpflanzaktion, bei einer Neujahrsreinigung, bei einer Missionierungsveranstaltung in der Fußgängerzone und bei der Vorbereitung für einen Charity-Lauf. Auch hat der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Klägerbevollmächtigten angegeben, dass er mit Freude und aus eigenem Antrieb heraus Missionsarbeit verrichte. Schließlich bestätigte die Klägerin zu 2) zumindest, dass sich der Kläger zu 1), seitdem er sich in Deutschland aufhalte, stärker der örtlichen Gemeinde anschließe und häufiger an religiösen Veranstaltungen teilnehme.

Gleichzeitig ergaben sich jedoch auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht unerhebliche Widersprüche zu diesem angeblichen identitätsprägenden religiösen Verhalten. Die Frage des Gerichts, ob sich der Kläger zu 1) eine Rückkehr nach Pakistan vorstellen könne, wurde verneint, da das Leben des Klägers und seiner Familie dort bedroht sei, man keinen Geschäften nachgehen könnte und dort diskriminiert werde. Einen Bezugspunkt zu den religiösen Aktivitäten des Klägers zu 1) in Deutschland wurde hier gerade nicht hergestellt, denn der Kläger zu 1) sieht sich - wie seine gesamte Familie - offensichtlich mit dem Tode bedroht, obwohl eine identitätsprägende öffentliche Ausübung der Religion nur für den Kläger zu 1) überhaupt behauptet wird. Daneben bleibt der Kläger zu 1) eine nachvollziehbare Erklärung für einen eventuellen religiösen, identitätsprägenden Wandel in Deutschland schuldig. Die von der Klägerseite aufgestellte Behauptung, dass das Treffen des religiösen Oberhauptes der Ahmadi in der Deutschlandzentrale eine „geradezu überwältigende spirituelle Erfahrung“ darstelle, ist angesichts der hierfür angeführten Gründe unglaubwürdig. Sowohl im klägerseitigen Schriftsatz vom 12. Februar 2015 als auch in der mündlichen Verhandlung führte der Kläger aus, dass dieses Ereignis deswegen so wichtig gewesen sei, weil er sein Oberhaupt bisher habe nicht treffen können. Der Klägerbevollmächtigte führte aus, dass es dem religiösen Oberhaupt der Ahmadi nicht erlaubt sei, nach Pakistan einzureisen. Abgesehen von der Tatsache, dass damit im Kern ein „Vorfluchtgrund“ geltend gemacht wird, erscheint die abgegebene Begründung geradezu profan. Der Kläger zu 1) hat vor dem Bundesamt selbst angegeben, dass seine wirtschaftliche Situation gut gewesen sei (Bl. 63 d. BA.), was im Hinblick auf die akademische Bildung der Kläger zu 1) und zu 2) auch glaubhaft ist. Auch hatte der Kläger zu 1) das Geld, um mit seiner gesamten Familie mit dem Flugzeug über England nach Deutschland einzureisen. Wenn man sich dagegen vergegenwärtigt, was Pilgerreisende für eine Wallfahrt etwa nach Rom oder Mekka an finanziellen und rein physischen Anstrengungen auf sich nehmen, so erscheint es völlig unglaubhaft, dass es für den Kläger zu 1) in den 15 Jahren, in denen er in Pakistan gearbeitet haben will, unmöglich gewesen sei, sein religiöses Oberhaupt schlichtweg im Ausland - etwa in England oder Indien - zu besuchen. Wäre es dem Kläger wirklich ein identitätsprägendes Anliegen gewesen, sein Oberhaupt zu treffen, so hätte er hierzu durch eine Auslandsreise nach Meinung des Gerichts reichlich Gelegenheit gehabt. Irgendwelche anderen Ereignisse, die einen fundamentalen Sinneswandel beim Kläger zu 1) hätten auslösen könnten, sind nicht dargelegt.

2. Die Klägerin zu 2) hat ebenfalls keinen Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG, § 60 Abs. 1 AufenthG.

Auch die Klägerin zu 2) hat sich im Wesentlichen wie ihr Ehemann auf die allgemeine Diskriminierungslage von Ahmadis in Pakistan berufen. Weder in der unterstellten Entlassung aus ihrer Beschäftigung an einer örtlichen Klinik wegen ihrer Eigenschaft als Ahmadi noch aus der Diskriminierung/Ausgrenzung ihrer Tochter in der örtlichen Schule aufgrund deren Eigenschaft als Ahmadi kann eine relevante Verfolgungshandlung oder eine Grundlage für eine Furcht vor Verfolgung nach § 3 Abs. 1 AsylG gesehen werden. Die Klägerin zu 2) hat weder in der mündlichen Verhandlung noch vor dem Bundesamt religiöse Probleme in Pakistan als relevanten Fluchtgrund angeführt.

Im Hinblick auf eine öffentliche Religionsausübung in Deutschland sind mit Ausnahme der schon für den Kläger zu 1) ausgestellten Bestätigung der Deutschlandzentrale seiner Glaubensgemeinschaft vom 8. Januar 2015, welche sich auch auf die Klägerin zu 2) bezieht, keine objektiven Indizien oder sonstiges Vorbringen ersichtlich, die die Annahme einer besonderen subjektiven Schwere eines zu erwartenden Eingriffs in die Religionsausübungsfreiheit bei Rückkehr nach Pakistan rechtfertigen. Insofern gelten für die Klägerin zu 2) im Übrigen die obigen Ausführungen zum Kläger zu 1).

Tatsachen, die die Annahme einer Asylberechtigung nach Art. 16a GG, des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG oder nationaler Abschiebeverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Im Hinblick auf die Kläger zu 3) bis 6) wurden keine expliziten Fluchtgründe geltend gemacht, weshalb auch ihnen keinerlei Schutzstatus zukommt.

Nach alledem ist die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Auf den Gegenstandswert nach § 30 RVG wird hingewiesen.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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published on 15/07/2015 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 1T a t b e s t a n d 2Der Kläger ist nach eigenen Angaben am 00.00.0000 in Lahore, Provinz Punjab geboren, pakistanischer Staatsangehöriger, der Volks
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Annotations

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Satz 1 findet insbesondere keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf Grund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte.

(1a) Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.

(2) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt diesen auf Umstände, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags selbst geschaffen hat, kann in einem Folgeverfahren in der Regel die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.