Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2015 - AN 3 S 15.02357

bei uns veröffentlicht am17.12.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 9.023,51 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Streitgegenstand ist die Heranziehung des Antragstellers zu einem Straßenausbaubeitrag für den Straßenausbau der ... Straße in ..., Gemarkung ...

Die zum Straßenausbaubeitrag herangezogenen Grundstücke haben die Fl. Nrn. ... und ... (im Folgenden: Fl. Nr. ... und Fl. Nr. ..).

Der Antragsteller ist Eigentümer dieser zum Straßenausbaubeitrag herangezogenen Grundstücke sowie der Grundstücke mit den Fl. Nrn. ... und ...

Die Antragsgegnerin zog den Antragsteller bereits mit Bescheiden vom 18. Oktober 2012 zu Straßenausbaubeiträgen für den Ausbau der ... Straße u. a. für die Grundstücke mit den Fl. Nrn. ... und... heran. Den hiergegen gerichteten Klagen wurde im Verfahren mit den Aktenzeichen AN 3 K 13.01381 und AN 3 K 13.01382 mit Urteil vom 6. November 2014 stattgegeben. Insbesondere wurde in den Gründen dieser Entscheidung festgestellt, dass die ...-straße kein „Anhängsel“ der ... Straße sei, sondern eine eigenständige Verkehrsanlage. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf diese Entscheidung verwiesen.

Die entsprechenden Verfahrensakten wurden beigezogen.

Mit Bescheid vom 3. September 2015 zog die Antragsgegnerin den Antragsteller für die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 36.094,04 Euro heran. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 17. September 2015 beim Landratsamt ... Widerspruch ein.

Mit einem bei Gericht am 22. September 2015 eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten ließ der Antragsteller beantragen, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 wiederherzustellen.

Mit Beschluss vom 7. Oktober 2015 lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach den Antrag als unzulässig ab. Zur Begründung wurde angeführt, dass es an dem Erfordernis des § 80 Abs. 6 VwGO fehle, da vor Antragstellung bei Gericht kein Antrag bei der erlassenden Behörde auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wurde, welcher verbeschieden wurde.

Die Antragsgegnerin half dem Widerspruch nicht ab und legte diesen dem Landratsamt ... zur Entscheidung vor. Ein Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... ist bislang nicht ergangen.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2015 stellte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, der Antrag wurde von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 18. November 2015, eingegangen bei Gericht am 23. November 2015, stellt der Antragsteller Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO und beantragt:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragsstellers und einer eventuellen nachfolgenden Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. September 2015, Az. ..., das Grundstück mit der Fl. Nr. ... und ... betreffend, wird wiederhergestellt.

Der Antragsteller ist der Ansicht, dass das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach in den Verfahren AN 3 K 13.01381 und AN 3 K 13.01382 mit „Urteil vom 6. November 2015“ rechtskräftig entschieden habe, dass die Grundstücke Fl. Nr. ... und ... nicht bei der Bemessung der Umlage der angefallenen Straßenausbaupläne berücksichtigt werden könnten. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht Ansbach damals ausgeführt, dass die besagten Grundstücke nicht zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke für die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag wegen der Verbesserung bzw. Erneuerung der...Straße in ... gehörten.

Die Ansicht der Antragsgegnerin sei falsch, dass es sich bei den streitgegenständlichen Grundstücken um im Straßenausbaubeitragsrecht geltende nicht gefangene Hinterliegergrundstücke handeln würde, welche beitragspflichtig seien, da nach Auffassung der Antragsgegnerin eine tatsächliche Zufahrt vorhanden sei.

Falsch sei zudem die Behauptung der Antragsgegnerin, dass größere Maschinen im Hinblick auf die schmale ...-straße nicht durch die ...-straße, sondern vielmehr über die ... Straße auf einer asphaltierten Zufahrt auf das Grundstück mit der Fl. Nr. ... und ... gelangten.

Die Grundstücke mit den Fl. Nrn. ... und ... hätten keine direkte Verbindung mit der ... Straße. Die ... Straße grenze an die Grundstücke mit den Fl. Nrn. ..., ... und ... an. Zwischen diesen Grundstücken sei von der Antragsgegnerin sogar noch ein Grünstreifen angelegt worden. Um zu verhindern, dass die Antragsgegnerin auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück eine Mauer errichte, sei zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin ein Geh- und Fahrtrecht vereinbart worden.

Ein weiteres Geh- und Fahrtrecht zum Grundstück mit den Fl. Nrn. ... oder ... bestehe dagegen nicht. Es sei somit lediglich gestattet von der ... Straße aus auf die Grundstücke mit den Fl. Nrn. ... und ... zu fahren. Da diese Grundstücke an Dritte verpachtet seien, könne der Antragsteller die vorhandene Zufahrt von der ... Straße auf die Grundstücke Fl. Nr. ... und ... auch nicht ungefragt für eine Überfahrt zu den Grundstücken Fl. Nrn. ... und ... nutzen. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin sei diese Zufahrt auch nicht asphaltiert, sondern bestehend aus dem Material Asphalt-Recycling.

Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2015, eingegangen bei Gericht am 3. Dezember 2015, nahm die Antragsgegnerin zu dem Verfahren Stellung und beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wird folgendes angeführt:

Der Antragsteller habe offensichtlich mehrfach Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Bescheid eingelegt. Neben dem Widerspruch mit Schreiben vom 17. September 2015 sei auch Widerspruch erhoben worden mit Schreiben vom 22. September 2015 und vom 2. Oktober 2015.

In dem Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. November 2014 (ein Urteil vom 6.11.2015 existiere nicht) habe das Gericht nicht festgestellt, dass bei der Bemessung der Umlage der angefallenen Straßenausbaubeiträge der Antragsteller überhaupt nicht herangezogen werden könne; Kernpunkt des Urteils sei die Streitfrage gewesen, ob der nördliche Teil der ...-straße in ..., Gemarkung ..., eine eigenständige Anlage darstelle. Dies habe zur Folge, dass die beiden streitbefangenen Grundstücke als wirtschaftliche Einheit direkt an dem genannten Teil der ...-straße anliegend zuerst gegenüber dieser Anlage beitragspflichtig seien.

Die Grundstücke seien darüber hinaus jedoch auch gegenüber der ... Straße, wie sie jetzt abgerechnet würde (also ohne den durch das Gericht als selbstständig erkannten Teil der ...-straße), als Hinterliegergrundstücke beitragspflichtig.

Einem beiliegenden Luftbild (Anlage A1) sei zu entnehmen, dass eine intensiv genutzte Zufahrt von der Fl. Nr. ... (...-straße ...) über die Fl. Nr. ... (... Straße ...) zur ... Straße hin (zum Teil auch über die Fl. Nr. ...) bestehe.

Diese direkte Zufahrt verlaufe zum großen Teil über die Fl. Nr. ... (alle Grundstücke befänden sich auf der Gemarkung ...), die im Eigentum der Stadt ... stehe und als Grünstreifen konzipiert sei. Für das Grundstück ... Straße ... bestehe ein bereits im Jahre 2006 in das Grundbuch eingetragenes Überfahrtsrecht (Anlage A2) über die Fl. Nr. ...

Bei dem Grundstück ...-straße ... handele es sich aus Sicht der ... Straße um ein nicht gefangenes Hinterliegergrundstück aufgrund wirtschaftlicher Einheit mit der Fl. Nr. ....

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass im Straßenausbaubeitragsrecht ein nicht gefangenes Hinterliegergrundstück dann beitragspflichtig hinsichtlich einer zweiterschließenden Anlage sei, wenn typischerweise angenommen werden könne, dass die ausgebaute Straße von diesem Hinterliegergrundstück in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen werden könne, Eigentümeridentität und eine tatsächliche Zufahrt vorausgesetzt (vgl. VGH, B. v. 7.10.2008, 6 AS 06.2771).

Diese Voraussetzungen seien erfüllt.

Wie dem als Anlage beigefügten Luftbild zweifelsfrei zu entnehmen sei, werde die Zufahrt zur ... Straße von dem Grundstück ...-straße ... in erheblichem Umfang genutzt. Davon sei bei einem landwirtschaftlichen Betrieb mit den üblicherweise vorhandenen größeren Maschinen im Hinblick auf den obengenannten schmalen Bereich ...-straße (maximale Breite ca. 5,30 m) auch auszugehen. Ein weiterer Nachweis sei auch die Tatsache, dass die Zufahrt zur ... Straße hin asphaltiert worden sei (Anlage A3). Bei einer nur untergeordneten Inanspruchnahme wäre derartiges nicht nötig gewesen.

Überdies bestehe noch eine grundbuchrechtliche Sicherung dieser Zufahrt. Die weiteren Beitragspflichtigen zur ... Straße könnten daher zu Recht schutzwürdig erwarten, dass derjenige, der die Zufahrt zu dieser Straße - so wie vorliegend - in nicht unerheblichem Ausmaß nutze, auch an den Kosten des Ausbaus entsprechend beteiligt werde.

Zudem möge der Antragsteller darlegen, wie der nicht unerhebliche Schwerverkehr von seinen Grundstücken ausschließlich über die ...-straße erfolgen solle.

Das im Eigentum der Antragsgegnerin stehende Grundstück mit der Fl. Nr. ... grenze nicht, wie vom Antragsteller behauptet, an die Grundstücke Fl. Nrn. ..., ... und ..., sondern lediglich an die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... an.

Die Aussage des Antragstellers, die Antragsgegnerin wolle auf ihrem Grundstück Fl. Nr. ... eine Mauer errichten, sei falsch. Das Geh- und Fahrtrecht sei bereits im Jahre 2006 und damit vier Jahre vor Beginn der Straßenbaumaßnahmen eingetragen worden.

Es sei nicht nachvollziehbar, inwieweit dieses Geh- und Fahrtrecht dem Antragsteller zum Nachteil gereichen solle. Die intensive Nutzung diese Ausfahrt spreche offensichtlich dagegen. Offensichtlich stelle das vorhandene Überfahrtsrecht zudem keinen Hinderungsgrund für die selbst eingeräumte Verpachtung dar.

Es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Verpachtung der Grundstücke des Antragstellers mit den Fl. Nrn. ... und ... diesen daran hindern solle, die ebenfalls in seinem Eigentum stehenden Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... über diese von der ... Straße aus zu betreten. Wie der Antragsteller selbst zugebe, wäre zumindest seiner Einschätzung nach ein Überfahren durch ihn möglich, wenn man nachfrage.

Darüber hinaus könne nicht nachvollzogen werden, warum insbesondere auch in Gegenrichtung, also von den Anwesen mit den Fl. Nrn. ... und ...nach Aussage des Antragstellers trotz Eigentümeridentität kein Überfahrtsrecht/Überfahrtsmöglichkeit über die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... zur ... Straße hin bestehen solle.

Nachdem bisher von der Antragsgegnerin davon habe ausgegangen werden müssen, dass die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... von dem Antragsteller selbst landwirtschaftlich genutzt würden, möge der Antragsteller in diesem Zusammenhang darlegen, seit wann diese Grundstücke verpachtet seien und wie der oder die Pächter diese Grundstücke nutzten.

Dem Vorbringen des Antragstellers, dass die Zufahrt auf dem städtischen Grundstück Fl. Nr. ... nicht asphaltiert sei, müsse ebenfalls widersprochen werden. Die Asphaltierung dieser grundbuchrechtlich gesicherten Zufahrt sei nach den gängigen Regeln der Technik (u. a. mit Deck- und Tragschicht) erfolgt.

Eine unbillige Härte sei dem Antrag nicht zu entnehmen noch bestünden Anhaltspunkte hierfür.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 17. September 2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 anzuordnen, ist zulässig, aber nicht begründet.

Gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben, hier von Straßenausbaubeiträgen. Der Antrag ist damit statthaft.

Die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 VwGO ist ebenfalls erfüllt, denn die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 mitgeteilt, dass der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt werde (§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO).

Der Antrag ist nicht begründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO durch Beschluss anordnen. In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll dies dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn ein Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Bloße Bedenken sind noch keine ernsthaften Zweifel (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 80, Rn. 116).

Bei summarischer Prüfung sind keine ernstlichen Zweifel an den angefochtenen Bescheiden der Antragsgegnerin feststellbar.

Der Bescheid findet, soweit sich dies im einstweiligen Rechtsschutzverfahren beurteilen lässt, in Art. 5 KAG i. V. m. der Ausbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 9. November 2011 seine Rechtsgrundlage.

In einem Eilverfahren, in dem nur eine überschlägige Prüfung der Sach- und Rechtslage stattfinden kann, ist von der Gültigkeit einer Norm auszugehen, wenn nicht ausnahmsweise Gründe, die die Annahme der Nichtigkeit rechtfertigen, offen zu Tage treten.

1. Dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 steht das rechtskräftige Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. November 2014 (AN 3 K 13.01381 und AN 3 K 13.01382) nicht entgegen.

Die Rechtskraftwirkung eines Urteils in dem in § 121 VwGO umschriebenen Rahmen erfasst auch nachfolgende Verwaltungsakte. Sie soll verhindern, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die durch ein Urteil rechtskräftig entschieden worden ist, erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Parteien gemacht wird (BVerwG, U. v. 8.12.1992 - 1 C 12.92). Inhalt und Umfang der Rechtskraft eines Urteils werden durch den Streitgegenstand bestimmt (BVerwG, U. v. 25.3.1982 - 2 C 30.79). Hierfür ist in erster Linie die Urteilsformel maßgebend; lässt die Urteilsformel den Inhalt der Entscheidung bzw. den Umfang des Entschiedenen nicht mit Sicherheit erkennen, sind Tatbestand und Entscheidungsgründe heranzuziehen (BVerwG, U. v. 21.9.1984 - 8 C 4.82).

Im Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage darf die im Vorprozess unterlegene Behörde bei unveränderter Sach- und Rechtslage gegen denselben Betroffenen nicht einen neuen Verwaltungsakt aus den vom Gericht missbilligten Gründen erlassen (BVerwG, U. v. 8.12.1992 - 1 C 12.92).

Der Umfang der Rechtskraft des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. November 2014 und die damit zusammenhängende Frage, ob der neue Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 aus den vom Gericht missbilligten Gründen erlassen wurde, ist durch Auslegung des rechtskräftigen Urteils zu ermitteln.

Im vorliegenden Falle ergibt die Auslegung, dass sich die Rechtskraft des Urteils nur auf die Feststellung bezieht, dass die ...-straße eine eigenständige Verkehrsanlage ist und dass aufgrund der Anliegerstellung an der ...-straße eine Begründung des Beitragsbescheids nicht erfolgen kann.

Sowohl der Tatbestand als auch die Entscheidungsgründe des damaligen Urteils haben überwiegend die Frage zum Inhalt, ob die ...-straße als eigenständige Verkehrsanlage zu qualifizieren sei. Bereits in der mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit der Augenscheins-einnahme der ...-straße vom 2. April 2014 gab das Gericht zu erkennen, dass das als ...-straße bezeichnete Straßengrundstück Fl. Nr. ... im Sinne des Straßenausbaubeitrags möglicherweise eine eigenständige Anlage darstelle mit der Folge, dass die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... bezüglich der ... Straße nicht beitragspflichtig wären. Dies bedeutet, dass schwerpunktmäßig in diesem Urteil allein die Rechtsfrage zu behandeln war, ob die genannte ...-straße als eigenständige Verkehrsanlage zu qualifizieren ist. Die damit verbundene und in dem Urteil ausgedrückte Rechtsfolge, dass die damaligen Bescheide aufzuheben sind, ergibt sich zwangsläufig aus dem Umstand, dass die damaligen Bescheide damit begründet wurden, dass die ...-straße nur ein „Anhängsel“ der ausgebauten ... Straße sei.

Die nun zur Begründung des Bescheids vom 3. September 2015 herangezogene Sachlage, dass die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... eine tatsächliche Zufahrt zur ausgebauten ... Straße besitzen, findet in dem damaligen Urteil vom 6. November 2014 keine Erwähnung, weder im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen.

Der „missbilligte Grund“ im Sinne der vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebenen Definition ist damit die Heranziehung der Grundstücke Fl. Nrn. ... und... aufgrund der Qualifizierung der ...-straße als unselbstständige Verkehrsanlage. Da eine tatsächliche Zufahrt zur ... Straße nicht Gegenstand der Bescheidsbegründung und damit des damaligen gerichtlichen Verfahrens war, kann diese Bescheidsbegründung nun auch keinen „missbilligten Grund“ darstellen und damit auch nicht von der Rechtskraft des damaligen Urteils erfasst sein.

2.

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids vom 3. September 2015.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Ergänzend hierzu bestimmt Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG, dass für die Verbesserung oder Erneuerung von...-straßen und beschränkt öffentlichen Wegen solche Beiträge erhoben werden sollen, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch zu erheben sind.

Nach summarischer Prüfung scheinen die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ...eine wirtschaftliche Einheit darzustellen. Das Grundstück Fl. Nr. ... ist sinnvoll alleine nicht nutzbar, es stellt vielmehr einen privaten Zufahrtsweg zu dem Grundstück Fl. Nr.... dar. Die beiden Grundstücke sind daher über die ...-straße zunächst erschlossen. Aufgrund dieser Erschließung durch eine selbstständige Verkehrsanlage sind die beiden Grundstücke als nicht gefangene Hinterliegergrundstücke aus Sicht der ... Straße zu qualifizieren.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs haben solche nicht gefangenen Hinterliegergrundstücke bei der Aufwandsverteilung grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben, wenn sie aufgrund planungsrechtlicher, sonstiger rechtlicher oder tatsächlicher Umstände eindeutig erkennbar auf die Straße ausgerichtet sind, an die sie angrenzen, wenn es also mit anderen Worten im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten an irgendwelchen Anhaltspunkten fehlt, die den Schluss erlauben, die abzurechnende Straße werde über das Anliegergrundstück vom Hinterliegergrundstück aus ungeachtet dessen direkter Anbindung an seine „eigene“ Straße in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen. Als Anhaltspunkt für den Schluss auf eine nennenswerte Inanspruchnahme kommt insbesondere eine tatsächlich angelegte Zufahrt oder ein tatsächlich angelegter Zugang über das Anliegergrundstück in Betracht. Bei nicht gefangenen Hinterliegergrundstücken reicht ausnahmsweise allein der Umstand, dass deren Eigentümer über die Anliegergrundstücke eine hinreichend gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße haben, nicht für deren Teilnahme an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands aus. Vielmehr ist bei diesen Hinterliegergrundstücken zusätzlich eine Bewertung der Inanspruchnahmemöglichkeit geboten, die ausschließlich nach dem Umfang der (wahrscheinlichen) tatsächlichen Inanspruchnahme der ausgebauten Straße zu erfolgen hat (BayVGH, U. v. 25.10.2012 - 6 B 10.133; BayVGH, B. v. 13.7.2015 - 6 ZB 15.585; BayVGH, B. v. 7.10.2008 - 6 AS 06.2771; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 35, Rn. 24).

Nach summarischer Prüfung der gebotenen Bewertung der Inanspruchnahmemöglichkeit ist derzeit davon auszugehen, dass vom Antragsteller in nennenswertem Umfang eine tatsächliche Inanspruchnahme der ausgebauten ... Straße in ... erfolgt. Nach derzeitiger Überzeugung des Gerichts besteht von den Grundstücken Fl. Nrn. ... und ... eine tatsächliche Zufahrt zur ausgebauten ... Straße über die Grundstücke Fl. Nrn. ..., ... und ....

Die Luftbildaufnahme, welche die Antragsgegnerin ihrem Schriftsatz vom 1. Dezember 2015 als Anlage A1 beigefügt hat, zeigt einen breiteren tatsächlich vorhandenen Weg von den streitgegenständlichen nicht gefangenen Hinterliegergrundstücken über die Grundstücke Fl. Nrn. ..., ... und .... Soweit erkennbar ist dieser Weg offensichtlich in Benutzung und im Grundsatz mindestens so breit wie die Zufahrt auf dem Grundstück Fl. Nr. ... und die ...-straße selbst. Wie die genannte Luftbildaufnahme zeigt, führt dieser Weg nicht nur von der ... Straße über die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... auf das Grundstück Fl. Nr. ..., sondern es besteht auch die Möglichkeit, auf das Grundstück Fl. Nr. ... zu gelangen. Warum es entgegen dieser Luftbildaufnahme nicht möglich sein soll, auch auf das streitgegenständliche Grundstück zu gelangen, sondern nur auf die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ..., wie der Antragsteller behauptet, erschließt sich dem Gericht nicht und ist auch vom Antragsteller nicht substantiiert ausgeführt.

Für die bewusste und auch bereits langfristig gewollte Nutzung dieser tatsächlichen Zufahrt zur ausgebauten ... Straße spricht auch das in das Grundbuch des Grundstücks Fl. Nr. ..., dessen Eigentümerin die Antragsgegnerin ist, eingetragene Geh- und Fahrtrecht zugunsten des Grundstücks Fl. Nr. ..., dessen Eigentümer der Antragsteller ist. Da die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... ebenfalls wie auch die streitgegenständlichen Grundstücke im Eigentum des Antragstellers stehen, ist es diesem in Verbindung mit dem dinglichen Geh- und Fahrtrecht auf dem Grundstück Fl. Nr. ... zunächst ohne Weiteres möglich, diesen tatsächlichen Zufahrtsweg auch zu nutzen. Nicht ausschlaggebend aber von indizieller Bedeutung ist auch der Umstand, dass zwischen den streitgegenständlichen, nicht gefangenen Hinterliegergrundstücken und den vorderen Anliegergrundstücken Eigentümeridentität besteht.

Für eine tatsächliche Nutzung der ... Straße durch die tatsächliche Zufahrt spricht auch der Umstand, dass die Auffahrt von dem Grundstück Fl. Nr. ... auf die ausgebaute ... Straße jedenfalls mit einer Art Asphaltmaterial ausgebaut wurde. Ob diese Art Asphaltierung nun de lege artis mit Trag- und Deckschicht ausgeführt wurde, wie die Antragsgegnerin behauptet, oder, ob dieser tatsächliche Zugang aus dem Material Asphalt-Recycling besteht, wie der Antragsteller behauptet, ist hier nicht erheblich; jedenfalls zeigt der Umstand, dass überhaupt eine solche baulich gefestigte Auf- bzw. Zufahrt zur ... Straße besteht, dass eine tatsächliche Nutzung durch den Antragsteller bereits erfolgt.

Ob der Antragsteller die tatsächliche Zufahrt über die Grundstücke Fl. Nrn. ..., ... und ... quasi nutzen muss, da er mit großen, schweren Maschinen nicht über den Weg auf dem Grundstück Fl. Nr. ... auf die ...-straße und durch die ...-straße fahren kann, wie es die Antragsgegnerin behauptet, kann hier dahinstehen. Nach der genannten Luftbildaufnahme erscheint es zumindest derzeit nicht unwahrscheinlich, dass mit einem solchen Gerät die Nutzung der tatsächlichen Zufahrt einfacher ist als die Nutzung der ...-straße. Der Antragsteller verneint dies lediglich, macht jedoch keine weiteren Ausführungen, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten.

Nach der derzeitigen vom Gericht geprüften Sach- und Rechtslage steht eine eventuelle Verpachtung der Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 3. September 2015 nicht entgegen.

Zwar kann die rechtliche Unmöglichkeit der Überfahrt über die verpachteten Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... der tatsächlichen Inanspruchnahme der ausgebauten ... Straße entgegenstehen. Nach dem derzeitigen Stand ist eine solche rechtliche Unmöglichkeit jedoch nicht ersichtlich. Neben dem Umstand, dass diese Grundstücke verpachtet seien, macht der Antragsteller keine weiteren Angaben zur Ausgestaltung dieses Pachtvertrags oder zu den Vertragspartnern. Vielmehr erklärt der Antragsteller, dass zumindest auf Nachfrage eine Überfahrt der verpachteten Grundstücke möglich sei.

Nach alledem ist von einer Inanspruchnahme der ausgebauten ... Straße in nennenswertem Umfang durch den Antragsteller derzeit auszugehen. Der Antrag war daher abzulehnen, da derzeit keine ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids bestehen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 3 GKG, wobei nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein Viertel der Beitragshöhe anzusetzen ist.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2015 - AN 3 S 15.02357

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2015 - AN 3 S 15.02357

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2015 - AN 3 S 15.02357 zitiert 7 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 06. Nov. 2014 - AN 3 K 13.01382

bei uns veröffentlicht am 06.11.2014

Tenor 1. Die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 (... und ...) in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 werden aufgehoben. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist d

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Tenor 1. Die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 (... und ...) in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 werden aufgehoben. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist d

Referenzen

Tenor

1. Die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 (... und ...) in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten vollstreckbar.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Fl.Nr. ..., ... Straße ..., Fl.Nr. ..., ... und Fl.Nr. ... „Nähe ...“ der Gemarkung ... in .... Das Grundstück ... Straße ... liegt unmittelbar an der ... Straße an, das Grundstück „Nähe ...“ mit einer Größe von 185 qm grenzt nördlich an das Grundstück ... Straße ... und östlich an das Grundstück Fl.Nr. ... an, dieses Grundstück zweigt mit einer Länge von 33 m als ... bezeichnet und gewidmet in nordwestlicher Richtung von der ... Straße ab. Das Grundstück ... grenzt in nördlicher Richtung an die beiden Grundstücke ... Straße ... und „Nähe ...“ an. Dieses Grundstück wird im Wesentlichen landwirtschaftlich genutzt und ist mit landwirtschaftlichen Gebäuden bebaut.

Jeweils mit Bescheiden vom 18. Oktober 2012 zog die Beklagte den Kläger für die Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße für die genannten Grundstücke zu einem Straßenausbaubeitrag heran, wobei für das Grundstück ... Straße ... ein Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR, für das Grundstück ... ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR und für das Grundstück „Nähe ...“ ein solcher von 910,75 EUR festgesetzt worden ist. Auf Grund der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten wurde die ... Straße als Haupterschließungsstraße innerhalb des öffentlichen Verkehrsnetzes der Beklagten eingestuft, der Beitragssatz pro Quadratmeter beträgt 2,59103 EUR. Die Grundstücksfläche für die Grundstücke ... bzw. „Nähe ...“ wurden mit dem Nutzungsfaktor 1,9 vervielfältigt, da auf den Grundstücken eine viergeschossige Bebauung zulässig ist, bei dem Grundstück ... Straße ... wurden die Grundstücksfläche mit einer zulässigen dreigeschossigen Bebauung mit dem Nutzungsfaktor 1,6 vervielfältigt.

Die gegen die genannten Bescheide eingelegten Widersprüche, auf deren Begründung Bezug genommen wird, wies das Landratsamt ... mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2013 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die ... Straße sei in diesem Bereich zutreffend als Haupterschließungsstraße eingestuft worden, da der überwiegende Bezug für den inner- und überörtlichen Durchgangsverkehr nicht gegeben sei, die Verkehrsplanung habe diese Einschätzung flankiert, auch das Staatsministerium des Innern habe mit Schreiben vom 10. Mai 2010 die Auffassung geteilt, dass die Straßenqualifizierung zutreffend sei.

Grundstück Fl.Nr. ... sei nach Auffassung der Prozessbevollmächtigten ein „echtes Hinterliegergrundstück“, da es erst nach Überquerung von zwei weiteren Flurstücken... und ... erreicht werden könne. Die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... stellten jedoch eine wirtschaftliche Einheit dar. Es bestehe einerseits Eigentümeridentität, andererseits sei die Fl.Nr. ... nur im Zusammenspiel mit der Fl.Nr. ... sinnvoll nutzbar, die Fl.Nr. ... partizipiere außerdem an dem ihr entstehenden Vorteil der Anbindung an die ... Straße. Das Grundstück Fl.Nr. ... als nordwestlicher Ast der ... sei ein gewidmetes Straßengrundstück, welches eine Länge von etwa 30 m habe. Auf Grund des vorhandenen Zufahrtscharakters sei dies keine eigenständig abrechenbare Anlage, sie sei vielmehr als Anhängsel der ... Straße zu sehen und somit dieser zuzurechnen und mit dieser abzurechnen. Aus rechtlicher Sicht seien daher die Ausbaubeitragsbescheide rechtmäßig.

Mit einem am 26. Juli 2013 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom selben Tag ließ der Kläger gegen die genannten Bescheide Klage erheben und beantragen,

die Bescheide der Stadt ... über die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags vom 18. Oktober 2012 betreffend die Grundstücke Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01358), Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01381) und Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01382) und insoweit auch den Widerspruch des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 30. September 2013 im Wesentlichen ausgeführt, die streitgegenständlichen Bescheide seien rechtswidrig.

a) Fl.Nr. ...

Mit dem Bescheid verlange die Beklagte vom Kläger einen Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die Grundstücksfläche mit dem Faktor 1,6 multipliziert werde. Diese Berechnung sei jedoch falsch, da die Bestimmung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche offensichtlich fehlerhaft sei, da auf dem Grundstück lediglich eine eingeschossige Bebauung mit Dach vorhanden sei. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass eine Veränderung der Bebauung auch in Zukunft nicht möglich sei, da das auf dem Grundstück befindliche Gebäude denkmalgeschützt sei. Dieses sei der Beklagten auch sehr wohl bekannt, habe sie doch der vom Kläger in der Vergangenheit mehrfach beantragten Genehmigung zur Erweiterung seiner Geschossflächen gerade mit dem Argument des Denkmalschutzes stets eine Absage erteilt.

b) Fl.Nr. ...:

Hier sei mit dem angefochtenen Bescheid ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR gefordert worden, obgleich dieses Grundstück entgegen der Ansicht der Beklagten nicht beitragspflichtig sei. Dies deshalb, da es sich bei diesem Grundstück um ein echtes Hinterliegergrundstück handele, welches an den beitragspflichtigen Straßenausbaumaßnahmen der ... Straße nicht partizipiere. Das Grundstück grenze nicht an die beitragspflichtige ... Straße an. Vielmehr sei das Grundstück zum einen durch das Grundstück Fl.Nr. ... und sodann noch durch das Grundstück Fl.Nr. ... von der ... Straße abgegrenzt. Es liege somit zwei Grundstücke von der Ausbaustraße ... Straße entfernt, so dass der von der Beklagten behauptete Bezug zur Ausbaustraße fehle.

Ausweislich des Widerspruchsbescheids würden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ..., welche im Eigentum des Klägers stünden, als wirtschaftliche Einheit behandelt, so dass das Grundstück Fl.Nr. ... über das Grundstück Fl.Nr. ... erschlossen und beitragspflichtig sei. Hier werde jedoch von Seiten der Beklagten verkannt, dass bereits die wirtschaftliche Verbindung der Fl.Nr. ... mit dem Grundstück Fl.Nr. ... unrechtmäßig sei, da das Grundstück Fl.Nr. ... vielmehr dem Flurstück ... zuzuschlagen sei, da es als dessen verlängerter Arm fungiere. Sollte das Gericht dieser Einschätzung nicht folgen, so wäre jedenfalls das Grundstück Fl.Nr. ... als eigenständige Erschließungsanlage einzustufen mit der Folge, dass die Beklagte nicht das Grundstück Fl.Nr. ... bei den streitgegenständlichen Straßenbaumaßnahmen der ... Straße heranziehen dürfe.

c) Fl.Nr. ...

Bezüglich dieses Grundstücks verlange die Beklagte einen Ausbaubeitrag in Höhe von 910,75 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die beitragspflichtige Grundstücksfläche mit 1,9 wegen einer möglichen viergeschossigen Bebauung zu multiplizieren sei. Zum einen befinde sich auf dem Grundstück keinerlei Bebauung, eine solche werde dort auch nicht errichtet werden können, da wie oben beschrieben, das Grundstück Fl.Nr. ... lediglich als verlängerter Arm der auf dem Grundstück Fl.Nr. ... befindlichen ... diene. Eine Bebauung mit vier Geschossen sei auch letztlich auf Grund der Größe des Grundstücks und der Widmung als Straße schlicht unmöglich. Im Übrigen sei auf dem streitgegenständlichen Grundstück auch eine Grunddienstbarkeit zu Gunsten der Beklagten für die Versorgungsleitungen eingetragen, so dass eine tatsächliche Bebauung grundsätzlich schon ausscheide.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2014 beantragte die Beklagte,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, vorausschickend sei zu erklären, dass die betroffenen Flurstücke im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB lägen, für die Verteilung des Aufwands sei § 8 Abs. 8 Nr. 1 Ausbaubeitragssatzung einschlägig.

Im Einzelnen ergebe sich Folgendes:

Fl.Nr. ...: Wie auf den Aufnahmen der beiliegenden CD zu entnehmen sei, bestehe das Anwesen auf der Fl.Nr. ... aus einem älteren Gebäude mit zwei Geschossen. Hierbei handele es sich augenscheinlich nicht um Vollgeschosse im Sinne der BayBO. Da diese Geschosse ebenso genutzt werden könnten wie in einem Gebäude mit Vollgeschossen, sei bei der Satzungsänderung im Jahr 2011 die Möglichkeit des Ansatzes von Geschossen in die Satzung aufgenommen worden. Eine künftige Nutzung jedweder Art sei im Straßenausbaubeitragsrecht nicht relevant, da es sich bei einem Straßenausbaubeitrag gleichsam um eine „Momentaufnahme“ der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts handele.

Fl.Nr. ...:

Das Grundstück Fl.Nr. ... des Klägers, sei sowohl über das im Besitz des Klägers stehende Grundstück Fl.Nr. ... als auch über das Grundstück Fl.Nr. ..., gewidmet in der Straßenklasse ... und unter dem Namen ..., von der ... Straße erschlossen. Dieser Bereich der ... sei nur rund 33 m lang und daher keine eigene Erschließungsanlage. Im Rahmen der Ausbauarbeiten der ... Straße sei auch dieser Stich ausgebaut worden. Wie der Kläger richtig anerkenne, stünden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... in seinem Eigentum, wobei das Grundstück Fl.Nr. ... selbständig nicht genutzt werden könne. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 ABS handele es sich bei den Flurstücken... und ... um eine wirtschaftliche Einheit. Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten dürfe das Grundstück Fl.Nr. ... nicht dem Flurstück ... zugeschlagen werden, da es sich nicht um ein gewidmetes Straßenstück handele bzw. nicht im Eigentum der Stadt ... stehe.

Fl.Nr. ...:

Wie bereits zu Flurstück ... ausgeführt, handele es sich bei Flurstück ... um ein Flurstück, welches mit Fl.Nr. ... eine wirtschaftliche Einheit bilde. Die Angaben des Klägers, die Fl.Nr. ... wäre immer noch als Straße gewidmet, sei nicht zutreffend. Dieses Flurstück sei im Jahre 2006 von der Stadt an den Kläger veräußert und entwidmet worden.

Die streitbefangenen Grundstücke und die abgerechnete Straßenbaumaßnahme wurden am 2. April 2014 vom Gericht in Augenschein genommen. Auf die Niederschrift über die Augenscheinseinnahme und die gefertigten Lichtbilder wird insoweit Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung gab das Gericht zu erkennen, dass das als „...“ bezeichnete Straßengrundstück Fl.Nr. ... im Sinne des Straßenausbaubeitrags möglicherweise eine eigenständige Anlage darstelle mit der Folge, dass die Grundstücke Fl.Nr. ... (Fl.Nr. ...) und Fl.Nr.... (Fl.Nr. ...) bezüglich der ... Straße nicht beitragspflichtig wären. Das Gericht forderte die Beklagte daher auf, insoweit eine Vergleichsberechnung vorzulegen.

Unter dem 14. Mai 2014 legte die Beklagte die geforderte Vergleichsberechnung vor, aus dieser ergibt sich u.a., dass der Kläger für das Grundstück Fl.Nr. ..., ... Straße ... nunmehr einen Beitrag in Höhe von 6.953,01 EUR zu bezahlen hätte.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. November 2014 nahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verfahren AN 3 K 13.01358 die Klage zurück und das Verfahren wurde mit Beschluss vom selben Tag eingestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere der Niederschriften über die Augenscheinseinnahme vom 2. April 2014 und die Termine zur mündlichen Verhandlung vom 2. April 2014 und vom 6. November 2014 und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Klagen, die zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden sind, sind begründet, da die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 hinsichtlich der klägerischen Grundstücke Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... rechtswidrig sind und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die genannten Bescheide waren daher aufzuheben und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013.

Die Grundstücke des Klägers Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... gehören nicht zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke für die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag wegen der Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße in .... Die ... Straße ist eine Haupterschließungsstraße, das davon abzweigende Straßengrundstück Fl.Nr. ..., als „...“ bezeichnete Straßengrundstück, an dem die Grundstücke des Klägers liegen, stellt eine Anliegerstraße dar. Die unselbständige Stichstraße „...“ und die ... Straße gehören daher unterschiedlichen Straßenkategorien an.

Einem Grundstück wird im Straßenausbaubeitragsrecht eine vorteilsrelevante, zur Beitragserhebung rechtfertigende Inanspruchnahmemöglichkeit grundsätzlich durch die nächste von ihm aus erreichbare selbständige Verkehrseinrichtung vermittelt. Grenzt ein Grundstück an einen von einer ausgebauten Straße abzweigenden Stich ab, beantwortet sich die Frage, ob das betreffende Grundstück an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands für den Ausbau der Straße teilnimmt, danach, ob der Stich als ausbaubeitragsrechtlich selbständig oder unselbständig zu qualifizieren ist. Ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen selbständigen Ortsstraßen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG einerseits und unselbständigen Zufahrten zu solchen Ortsstraßen als deren Bestandteil („Anhängsel“) andererseits ist der Gesamteindruck der zu beurteilenden Einrichtung. Besondere Bedeutung kommt ihrer Ausdehnung und Beschaffenheit sowie vor allem dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße, in die sie einmündet, zu (BayVGH, U.v. 14.4.2011 – 6 BV 08.3182; juris).

Wo eine – beitragspflichtig ausgebaute – Ortsstraße beginnt und wo sie endet, bestimmt sich daher wie bei den Anbaustraßen des Erschließungsbeitragsrechts nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Einrichtung als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen oder Grundstücksgrenzen, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Ausstattung mit Teileinrichtungen auszurichten. Dieser Gleichlauf mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagebegriff bezeichnet indes nur die Regel, von der spezifisch ausbaubeitragsrechtliche Grundsätze eine Ausnahme verlangen können. Eine Ausnahme ist insbesondere dann geboten, wenn eine Hauptstraße und eine von ihr abzweigende, weniger als 100 m lange und deshalb erschließungsbeitragsrechtlich unselbständige Stichstraße (Sackgasse) unterschiedlichen Verkehrsfunktionen dienen, die zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen. In einer solchen Fallgestaltung handelt es sich ausbaubeitragsrechtlich um zwei selbständige Einrichtungen, auch wenn sie nach ihrem Erscheinungsbild als eine Anlage erscheinen. Diese wertende Korrektur der natürlichen Betrachtungsweise wird erzwungen durch die unterschiedliche Verkehrsfunktion und – daraus folgend – die unterschiedliche Einstufung von Hauptstraße und Sackgasse in eine der in der Ausbaubeitragssatzung festgelegten Straßenkategorien; denn nur auf diesem Weg kann erreicht werden, dass einerseits allein die Anlieger an der Hauptstraße in den Genuss des geringeren Anliegeranteils an den Ausbaukosten kommen und andererseits die Anlieger der Sackgasse mit dem entsprechend höheren Anliegeranteil (bei freilich regelmäßig niedrigeren Ausbaukosten) belastet werden (BayVGH, B.v. 19.5.2010 - 6 ZB 09.1758; juris).

Dies ist vorliegend der Fall, weil der ... Straße, von der die Stichstraße „...“ abzweigt, eine andere Verkehrsbedeutung zukommt als der Stichstraße selbst. Es handelt sich dann um zwei getrennte Anlagen. Zwar ist die Stichstraße lediglich 33 m lang, doch diese geringe Länge führt nicht dazu, diesen Stich als bloßes Anhängsel der ... Straße zu betrachten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 31. Juli 2009 - 6 ZB 07.2228 eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg bestätigt, in dem dieses einen lediglich 20 m langen Weg als eigenständige Anlage angesehen hat. Wie die von der Kammer durchgeführte Augenscheinseinnahme ergeben hat, stellt sich die Stichstraße „...“ nicht als bloßes Anhängsel dar, weil sie zum einen nicht nur zufahrtsähnlichen Charakter besitzt, sondern der Erschließung von insgesamt vier Grundstücken dient, auch wenn das Grundstück Fl.Nr. ... auch unmittelbar an der ... Straße liegt, die Grundstückszufahrt jedoch erfolgt über die Stichstraße. Darüber hinaus wird auch das Grundstück Fl.Nr. ... nur von dieser Anlage erschlossen, ebenfalls die dem Kläger gehörenden Grundstücke Fl.Nrn. ... und .... Auch der Ausbauzustand dieses Straßenstücks stellt sich anders dar als die ... Straße, so führt auf der östlichen Seite der Straße ein Gehweg lediglich bis zur Einfahrt des Grundstücks Fl.Nr. ..., auf der westlichen Seite befindet sich überhaupt kein Gehsteig. Zudem ist diese ... auch wesentlich schmäler als die ... Straße mit ihren beidseitigen Gehsteigen. Darüber hinaus ist der Einmündungsbereich dieser Stichstraße in die ... Straße trichterförmig aufgeweitet, auch dies führt bei einer Gesamtbetrachtung dazu, diese Straße als eigenständige Anlage wahrzunehmen und nicht als bloße Zufahrt anzusehen. Auch optisch ist diese Stichstraße von der ... Straße abgesetzt, denn der Gehweg auf der ... Straße wird im Einmündungsbereich durchgeführt, so dass die unterschiedlichen Beläge zu einer optischen Trennung führen. Zwar nicht von rechtlicher Bedeutung, doch als bestärkendes Merkmal kann vorliegend die Tatsache herangezogen werden, dass im westlichen Bereich der Einmündung der Stichstraße ein Straßenverkehrsschild mit dem Gebot „Vorfahrt achten“ steht, an dessen Halterung das Straßenschild „... Hs.Nr. ...“ angebracht ist, also die Grundstücke des Klägers sowie die beiden anderen oben genannten Grundstücke nicht Hausnummern der ... Straße tragen, also auch die Beklagte von einer gewissen Eigenständigkeit dieser Stichstraße auszugehen scheint. Wie die Augenscheinseinnahme gezeigt hat, koppelt somit diese Stichstraße als Anliegerstraße die Grundstücke des Klägers von der Haupterschließungsstraße ... Straße ab, so dass diese ausbaubeitragsrechtlich nicht zum umlagefähigen Aufwand der ... Straße herangezogen werden können.

Nach alledem waren daher die im Tenor bezeichneten Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben und die Kosten des Verfahrens insoweit der Beklagten gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2, 173 VwGO i.V.m. §§ 708, 709 ZPO.

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO wird die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt.
 

Beschluss

Der Streitwert wird im Verfahren AN 3 K 13.01382 bis zur Verbindung auf 910,75 EUR und im Verfahren AN 3 K 13.01381 auf 54.088,53 EUR festgesetzt und ab Verbindung auf insgesamt 54.999,28 EUR.

Tenor

1. Die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 (... und ...) in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten vollstreckbar.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Fl.Nr. ... Straße ..., Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... „Nähe ...“ der Gemarkung ... in ... Das Grundstück ... Straße ... liegt unmittelbar an der ... Straße an, das Grundstück „Nähe ...“ mit einer Größe von 185 qm grenzt nördlich an das Grundstück ... Straße ... und östlich an das Grundstück Fl.Nr. ... an, dieses Grundstück zweigt mit einer Länge von 33 m als ... bezeichnet und gewidmet in nordwestlicher Richtung von der ... Straße ab. Das Grundstück ... grenzt in nördlicher Richtung an die beiden Grundstücke ... Straße ... und „Nähe ... an. Dieses Grundstück wird im Wesentlichen landwirtschaftlich genutzt und ist mit landwirtschaftlichen Gebäuden bebaut.

Jeweils mit Bescheiden vom 18. Oktober 2012 zog die Beklagte den Kläger für die Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße für die genannten Grundstücke zu einem Straßenausbaubeitrag heran, wobei für das Grundstück ... Straße ... ein Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR, für das Grundstück ... ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR und für das Grundstück „Nähe ...“ ein solcher von 910,75 EUR festgesetzt worden ist. Aufgrund der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten wurde die ... Straße als Haupterschließungsstraße innerhalb des öffentlichen Verkehrsnetzes der Beklagten eingestuft, der Beitragssatz pro Quadratmeter beträgt 2,59103 EUR. Die Grundstücksfläche für die Grundstücke ... bzw. „Nähe ...“ wurden mit dem Nutzungsfaktor 1,9 vervielfältigt, da auf den Grundstücken eine viergeschossige Bebauung zulässig ist, bei dem Grundstück ... Straße ... wurden die Grundstücksfläche mit einer zulässigen dreigeschossigen Bebauung mit dem Nutzungsfaktor 1,6 vervielfältigt.

Die gegen die genannten Bescheide eingelegten Widersprüche, auf deren Begründung Bezug genommen wird, wies das Landratsamt ... mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2013 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die ... Straße sei in diesem Bereich zutreffend als Haupterschließungsstraße eingestuft worden, da der überwiegende Bezug für den inner- und überörtlichen Durchgangsverkehr nicht gegeben sei, die Verkehrsplanung habe diese Einschätzung flankiert, auch das Staatsministerium des Innern habe mit Schreiben vom 10. Mai 2010 die Auffassung geteilt, dass die Straßenqualifizierung zutreffend sei.

Grundstück Fl.Nr. ... sei nach Auffassung der Prozessbevollmächtigten ein „echtes Hinterliegergrundstück“, da es erst nach Überquerung von zwei weiteren Flurstücken... und ... erreicht werden könne. Die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... stellten jedoch eine wirtschaftliche Einheit dar. Es bestehe einerseits Eigentümeridentität, andererseits sei die Fl.Nr. ... nur im Zusammenspiel mit der Fl.Nr. ... sinnvoll nutzbar, die Fl.Nr. ... partizipiere außerdem an dem ihr entstehenden Vorteil der Anbindung an die ... Straße. Das Grundstück Fl.Nr. ... als nordwestlicher Ast der ... sei ein gewidmetes Straßengrundstück, welches eine Länge von etwa 30 m habe. Aufgrund des vorhandenen Zufahrtscharakters sei dies keine eigenständig abrechenbare Anlage, sie sei vielmehr als Anhängsel der ... Straße zu sehen und somit dieser zuzurechnen und mit dieser abzurechnen. Aus rechtlicher Sicht seien daher die Ausbaubeitragsbescheide rechtmäßig.

Mit einem am 26. Juli 2013 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom selben Tag ließ der Kläger gegen die genannten Bescheide Klage erheben und beantragen,

die Bescheide der Stadt ... über die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags vom 18. Oktober 2012 betreffend die Grundstücke Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01358), Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01381) und Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01382) und insoweit auch den Widerspruch des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 30. September 2013 im Wesentlichen ausgeführt, die streitgegenständlichen Bescheide seien rechtswidrig.

a) Fl.Nr. ...

Mit dem Bescheid verlange die Beklagte vom Kläger einen Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die Grundstücksfläche mit dem Faktor 1,6 multipliziert werde. Diese Berechnung sei jedoch falsch, da die Bestimmung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche offensichtlich fehlerhaft sei, da auf dem Grundstück lediglich eine eingeschossige Bebauung mit Dach vorhanden sei. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass eine Veränderung der Bebauung auch in Zukunft nicht möglich sei, da das auf dem Grundstück befindliche Gebäude denkmalgeschützt sei. Dieses sei der Beklagten auch sehr wohl bekannt, habe sie doch der vom Kläger in der Vergangenheit mehrfach beantragten Genehmigung zur Erweiterung seiner Geschossflächen gerade mit dem Argument des Denkmalschutzes stets eine Absage erteilt.

b) Fl.Nr. ...:

Hier sei mit dem angefochtenen Bescheid ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR gefordert worden, obgleich dieses Grundstück entgegen der Ansicht der Beklagten nicht beitragspflichtig sei. Dies deshalb, da es sich bei diesem Grundstück um ein echtes Hinterliegergrundstück handele, welches an den beitragspflichtigen Straßenausbaumaßnahmen der ... Straße nicht partizipiere. Das Grundstück grenze nicht an die beitragspflichtige ... Straße an. Vielmehr sei das Grundstück zum einen durch das Grundstück Fl.Nr. ... und sodann noch durch das Grundstück Fl.Nr. ... von der ... Straße abgegrenzt. Es liege somit zwei Grundstücke von der Ausbaustraße ... Straße entfernt, so dass der von der Beklagten behauptete Bezug zur Ausbaustraße fehle.

Ausweislich des Widerspruchsbescheids würden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ..., welche im Eigentum des Klägers stünden, als wirtschaftliche Einheit behandelt, so dass das Grundstück Fl.Nr. ... über das Grundstück Fl.Nr. ... erschlossen und beitragspflichtig sei. Hier werde jedoch von Seiten der Beklagten verkannt, dass bereits die wirtschaftliche Verbindung der Fl.Nr. ... mit dem Grundstück Fl.Nr. ... unrechtmäßig sei, da das Grundstück Fl.Nr. ... vielmehr dem Flurstück ... zuzuschlagen sei, da es als dessen verlängerter Arm fungiere. Sollte das Gericht dieser Einschätzung nicht folgen, so wäre jedenfalls das Grundstück Fl.Nr. ... als eigenständige Erschließungsanlage einzustufen mit der Folge, dass die Beklagte nicht das Grundstück Fl.Nr. ... bei den streitgegenständlichen Straßenbaumaßnahmen der ... Straße heranziehen dürfe.

c) Fl.Nr. ...

Bezüglich dieses Grundstücks verlange die Beklagte einen Ausbaubeitrag in Höhe von 910,75 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die beitragspflichtige Grundstücksfläche mit 1,9 wegen einer möglichen viergeschossigen Bebauung zu multiplizieren sei. Zum einen befinde sich auf dem Grundstück keinerlei Bebauung, eine solche werde dort auch nicht errichtet werden können, da wie oben beschrieben, das Grundstück Fl.Nr. ... lediglich als verlängerter Arm der auf dem Grundstück Fl.Nr. ... befindlichen ... diene. Eine Bebauung mit vier Geschossen sei auch letztlich aufgrund der Größe des Grundstücks und der Widmung als Straße schlicht unmöglich. Im Übrigen sei auf dem streitgegenständlichen Grundstück auch eine Grunddienstbarkeit zugunsten der Beklagten für die Versorgungsleitungen eingetragen, so dass eine tatsächliche Bebauung grundsätzlich schon ausscheide.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2014 beantragte die Beklagte,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, vorausschickend sei zu erklären, dass die betroffenen Flurstücke im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB lägen, für die Verteilung des Aufwands sei § 8 Abs. 8 Nr. 1 Ausbaubeitragssatzung einschlägig.

Im Einzelnen ergebe sich Folgendes:

Fl.Nr. ...: Wie auf den Aufnahmen der beiliegenden CD zu entnehmen sei, bestehe das Anwesen auf der Fl.Nr. ... aus einem älteren Gebäude mit zwei Geschossen. Hierbei handele es sich augenscheinlich nicht um Vollgeschosse im Sinne der BayBO. Da diese Geschosse ebenso genutzt werden könnten wie in einem Gebäude mit Vollgeschossen, sei bei der Satzungsänderung im Jahr 2011 die Möglichkeit des Ansatzes von Geschossen in die Satzung aufgenommen worden. Eine künftige Nutzung jedweder Art sei im Straßenausbaubeitragsrecht nicht relevant, da es sich bei einem Straßenausbaubeitrag gleichsam um eine „Momentaufnahme“ der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts handele.

Fl.Nr. ...:

Das Grundstück Fl.Nr. ... des Klägers, sei sowohl über das im Besitz des Klägers stehende Grundstück Fl.Nr. ... als auch über das Grundstück Fl.Nr. ..., gewidmet in der Straßenklasse ... und unter dem Namen ..., von der ... Straße erschlossen. Dieser Bereich der ... sei nur rund 33 m lang und daher keine eigene Erschließungsanlage. Im Rahmen der Ausbauarbeiten der ... Straße sei auch dieser Stich ausgebaut worden. Wie der Kläger richtig anerkenne, stünden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... in seinem Eigentum, wobei das Grundstück Fl.Nr. ... selbstständig nicht genutzt werden könne. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 ABS handele es sich bei den Flurstücken... und ... um eine wirtschaftliche Einheit. Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten dürfe das Grundstück Fl.Nr. ... nicht dem Flurstück ... zugeschlagen werden, da es sich nicht um ein gewidmetes Straßenstück handele bzw. nicht im Eigentum der Stadt ... stehe.

Fl.Nr. ...:

Wie bereits zu Flurstück ... ausgeführt, handele es sich bei Flurstück ... um ein Flurstück, welches mit Fl.Nr. ... eine wirtschaftliche Einheit bilde. Die Angaben des Klägers, die Fl.Nr. ... wäre immer noch als Straße gewidmet, sei nicht zutreffend. Dieses Flurstück sei im Jahre 2006 von der Stadt an den Kläger veräußert und entwidmet worden.

Die streitbefangenen Grundstücke und die abgerechnete Straßenbaumaßnahme wurden am 2. April 2014 vom Gericht in Augenschein genommen. Auf die Niederschrift über die Augenscheinseinnahme und die gefertigten Lichtbilder wird insoweit Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung gab das Gericht zu erkennen, dass das als „...“ bezeichnete Straßengrundstück Fl.Nr. ... im Sinne des Straßenausbaubeitrags möglicherweise eine eigenständige Anlage darstelle mit der Folge, dass die Grundstücke Fl.Nr. ... (Fl.Nr. ...) und Fl.Nr.... (Fl.Nr. ...) bezüglich der ... Straße nicht beitragspflichtig wären. Das Gericht forderte die Beklagte daher auf, insoweit eine Vergleichsberechnung vorzulegen.

Unter dem 14. Mai 2014 legte die Beklagte die geforderte Vergleichsberechnung vor, aus dieser ergibt sich u. a., dass der Kläger für das Grundstück Fl.Nr. ..., ... Straße ... nunmehr einen Beitrag in Höhe von 6.953,01 EUR zu bezahlen hätte.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. November 2014 nahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verfahren AN 3 K 13.01358 die Klage zurück und das Verfahren wurde mit Beschluss vom selben Tag eingestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere der Niederschriften über die Augenscheinseinnahme vom 2. April 2014 und die Termine zur mündlichen Verhandlung vom 2. April 2014 und vom 6. November 2014 und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Klagen, die zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden sind, sind begründet, da die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 hinsichtlich der klägerischen Grundstücke Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... rechtswidrig sind und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die genannten Bescheide waren daher aufzuheben und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013.

Die Grundstücke des Klägers Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... gehören nicht zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke für die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag wegen der Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße in .... Die ... Straße ist eine Haupterschließungsstraße, das davon abzweigende Straßengrundstück Fl.Nr. ..., als „...“ bezeichnete Straßengrundstück, an dem die Grundstücke des Klägers liegen, stellt eine Anliegerstraße dar. Die unselbstständige Stichstraße „...“ und die ... Straße gehören daher unterschiedlichen Straßenkatagorien an.

Einem Grundstück wird im Straßenausbaubeitragsrecht eine vorteilsrelevante, zur Beitragserhebung rechtfertigende Inanspruchnahmemöglichkeit grundsätzlich durch die nächste von ihm aus erreichbare selbstständige Verkehrseinrichtung vermittelt. Grenzt ein Grundstück an einen von einer ausgebauten Straße abzweigenden Stich ab, beantwortet sich die Frage, ob das betreffende Grundstück an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands für den Ausbau der Straße teilnimmt, danach, ob der Stich als ausbaubeitragsrechtlich selbstständig oder unselbstständig zu qualifizieren ist. Ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen selbstständigen Ortsstraßen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG einerseits und unselbstständigen Zufahrten zu solchen Ortsstraßen als deren Bestandteil („Anhängsel“) andererseits ist der Gesamteindruck der zu beurteilenden Einrichtung. Besondere Bedeutung kommt ihrer Ausdehnung und Beschaffenheit sowie vor allem dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße, in die sie einmündet, zu (BayVGH, U.v. 14.4.2011 - 6 BV 08.3182; juris).

Wo eine - beitragspflichtig ausgebaute - Ortsstraße beginnt und wo sie endet, bestimmt sich daher wie bei den Anbaustraßen des Erschließungsbeitragsrechts nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Einrichtung als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen oder Grundstücksgrenzen, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Ausstattung mit Teileinrichtungen auszurichten. Dieser Gleichlauf mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagebegriff bezeichnet indes nur die Regel, von der spezifisch ausbaubeitragsrechtliche Grundsätze eine Ausnahme verlangen können. Eine Ausnahme ist insbesondere dann geboten, wenn eine Hauptstraße und eine von ihr abzweigende, weniger als 100 m lange und deshalb erschließungsbeitragsrechtlich unselbstständige Stichstraße (Sackgasse) unterschiedlichen Verkehrsfunktionen dienen, die zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen. In einer solchen Fallgestaltung handelt es sich ausbaubeitragsrechtlich um zwei selbstständige Einrichtungen, auch wenn sie nach ihrem Erscheinungsbild als eine Anlage erscheinen. Diese wertende Korrektur der natürlichen Betrachtungsweise wird erzwungen durch die unterschiedliche Verkehrsfunktion und - daraus folgend - die unterschiedliche Einstufung von Hauptstraße und Sackgasse in eine der in der Ausbaubeitragssatzung festgelegten Straßenkategorien; denn nur auf diesem Weg kann erreicht werden, dass einerseits allein die Anlieger an der Hauptstraße in den Genuss des geringeren Anliegeranteils an den Ausbaukosten kommen und andererseits die Anlieger der Sackgasse mit dem entsprechend höheren Anliegeranteil (bei freilich regelmäßig niedrigeren Ausbaukosten) belastet werden (BayVGH, B.v. 19.5.2010 - 6 ZB 09.1758; juris).

Dies ist vorliegend der Fall, weil der ... Straße, von der die Stichstraße „...“ abzweigt, eine andere Verkehrsbedeutung zukommt als der Stichstraße selbst. Es handelt sich dann um zwei getrennte Anlagen. Zwar ist die Stichstraße lediglich 33 m lang, doch diese geringe Länge führt nicht dazu, diesen Stich als bloßes Anhängsel der ... Straße zu betrachten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 31. Juli 2009 - 6 ZB 07.2228 eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg bestätigt, in dem dieses einen lediglich 20 m langen Weg als eigenständige Anlage angesehen hat. Wie die von der Kammer durchgeführte Augenscheinseinnahme ergeben hat, stellt sich die Stichstraße „...“ nicht als bloßes Anhängsel dar, weil sie zum einen nicht nur zufahrtsähnlichen Charakter besitzt, sondern der Erschließung von insgesamt vier Grundstücken dient, auch wenn das Grundstück Fl.Nr. ... auch unmittelbar an der ... Straße liegt, die Grundstückszufahrt jedoch erfolgt über die Stichstraße. Darüber hinaus wird auch das Grundstück Fl.Nr. ... nur von dieser Anlage erschlossen, ebenfalls die dem Kläger gehörenden Grundstücke Fl.Nrn. ... und .... Auch der Ausbauzustand dieses Straßenstücks stellt sich anders dar als die ... Straße, so führt auf der östlichen Seite der Straße ein Gehweg lediglich bis zur Einfahrt des Grundstücks Fl.Nr. ..., auf der westlichen Seite befindet sich überhaupt kein Gehsteig. Zudem ist diese ... auch wesentlich schmäler als die ... Straße mit ihren beidseitigen Gehsteigen. Darüber hinaus ist der Einmündungsbereich dieser Stichstraße in die ... Straße trichterförmig aufgeweitet, auch dies führt bei einer Gesamtbetrachtung dazu, diese Straße als eigenständige Anlage wahrzunehmen und nicht als bloße Zufahrt anzusehen. Auch optisch ist diese Stichstraße von der ... Straße abgesetzt, denn der Gehweg auf der ... Straße wird im Einmündungsbereich durchgeführt, so dass die unterschiedlichen Beläge zu einer optischen Trennung führen. Zwar nicht von rechtlicher Bedeutung, doch als bestärkendes Merkmal kann vorliegend die Tatsache herangezogen werden, dass im westlichen Bereich der Einmündung der Stichstraße ein Straßenverkehrsschild mit dem Gebot „Vorfahrt achten“ steht, an dessen Halterung das Straßenschild „... Hs.Nr. ...“ angebracht ist, also die Grundstücke des Klägers sowie die beiden anderen oben genannten Grundstücke nicht Hausnummern der ... Straße tragen, also auch die Beklagte von einer gewissen Eigenständigkeit dieser Stichstraße auszugehen scheint. Wie die Augenscheinseinnahme gezeigt hat, koppelt somit diese Stichstraße als Anliegerstraße die Grundstücke des Klägers von der Haupterschließungsstraße ... Straße ab, so dass diese ausbaubeitragsrechtlich nicht zum umlagefähigen Aufwand der ... Straße herangezogen werden können.

Nach alledem waren daher die im Tenor bezeichneten Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben und die Kosten des Verfahrens insoweit der Beklagten gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2, 173 VwGO i. V. m. §§ 708, 709 ZPO.

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO wird die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

1. Die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 (... und ...) in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten vollstreckbar.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Fl.Nr. ..., ... Straße ..., Fl.Nr. ..., ... und Fl.Nr. ... „Nähe ...“ der Gemarkung ... in .... Das Grundstück ... Straße ... liegt unmittelbar an der ... Straße an, das Grundstück „Nähe ...“ mit einer Größe von 185 qm grenzt nördlich an das Grundstück ... Straße ... und östlich an das Grundstück Fl.Nr. ... an, dieses Grundstück zweigt mit einer Länge von 33 m als ... bezeichnet und gewidmet in nordwestlicher Richtung von der ... Straße ab. Das Grundstück ... grenzt in nördlicher Richtung an die beiden Grundstücke ... Straße ... und „Nähe ...“ an. Dieses Grundstück wird im Wesentlichen landwirtschaftlich genutzt und ist mit landwirtschaftlichen Gebäuden bebaut.

Jeweils mit Bescheiden vom 18. Oktober 2012 zog die Beklagte den Kläger für die Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße für die genannten Grundstücke zu einem Straßenausbaubeitrag heran, wobei für das Grundstück ... Straße ... ein Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR, für das Grundstück ... ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR und für das Grundstück „Nähe ...“ ein solcher von 910,75 EUR festgesetzt worden ist. Auf Grund der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten wurde die ... Straße als Haupterschließungsstraße innerhalb des öffentlichen Verkehrsnetzes der Beklagten eingestuft, der Beitragssatz pro Quadratmeter beträgt 2,59103 EUR. Die Grundstücksfläche für die Grundstücke ... bzw. „Nähe ...“ wurden mit dem Nutzungsfaktor 1,9 vervielfältigt, da auf den Grundstücken eine viergeschossige Bebauung zulässig ist, bei dem Grundstück ... Straße ... wurden die Grundstücksfläche mit einer zulässigen dreigeschossigen Bebauung mit dem Nutzungsfaktor 1,6 vervielfältigt.

Die gegen die genannten Bescheide eingelegten Widersprüche, auf deren Begründung Bezug genommen wird, wies das Landratsamt ... mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2013 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die ... Straße sei in diesem Bereich zutreffend als Haupterschließungsstraße eingestuft worden, da der überwiegende Bezug für den inner- und überörtlichen Durchgangsverkehr nicht gegeben sei, die Verkehrsplanung habe diese Einschätzung flankiert, auch das Staatsministerium des Innern habe mit Schreiben vom 10. Mai 2010 die Auffassung geteilt, dass die Straßenqualifizierung zutreffend sei.

Grundstück Fl.Nr. ... sei nach Auffassung der Prozessbevollmächtigten ein „echtes Hinterliegergrundstück“, da es erst nach Überquerung von zwei weiteren Flurstücken... und ... erreicht werden könne. Die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... stellten jedoch eine wirtschaftliche Einheit dar. Es bestehe einerseits Eigentümeridentität, andererseits sei die Fl.Nr. ... nur im Zusammenspiel mit der Fl.Nr. ... sinnvoll nutzbar, die Fl.Nr. ... partizipiere außerdem an dem ihr entstehenden Vorteil der Anbindung an die ... Straße. Das Grundstück Fl.Nr. ... als nordwestlicher Ast der ... sei ein gewidmetes Straßengrundstück, welches eine Länge von etwa 30 m habe. Auf Grund des vorhandenen Zufahrtscharakters sei dies keine eigenständig abrechenbare Anlage, sie sei vielmehr als Anhängsel der ... Straße zu sehen und somit dieser zuzurechnen und mit dieser abzurechnen. Aus rechtlicher Sicht seien daher die Ausbaubeitragsbescheide rechtmäßig.

Mit einem am 26. Juli 2013 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom selben Tag ließ der Kläger gegen die genannten Bescheide Klage erheben und beantragen,

die Bescheide der Stadt ... über die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags vom 18. Oktober 2012 betreffend die Grundstücke Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01358), Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01381) und Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01382) und insoweit auch den Widerspruch des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 30. September 2013 im Wesentlichen ausgeführt, die streitgegenständlichen Bescheide seien rechtswidrig.

a) Fl.Nr. ...

Mit dem Bescheid verlange die Beklagte vom Kläger einen Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die Grundstücksfläche mit dem Faktor 1,6 multipliziert werde. Diese Berechnung sei jedoch falsch, da die Bestimmung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche offensichtlich fehlerhaft sei, da auf dem Grundstück lediglich eine eingeschossige Bebauung mit Dach vorhanden sei. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass eine Veränderung der Bebauung auch in Zukunft nicht möglich sei, da das auf dem Grundstück befindliche Gebäude denkmalgeschützt sei. Dieses sei der Beklagten auch sehr wohl bekannt, habe sie doch der vom Kläger in der Vergangenheit mehrfach beantragten Genehmigung zur Erweiterung seiner Geschossflächen gerade mit dem Argument des Denkmalschutzes stets eine Absage erteilt.

b) Fl.Nr. ...:

Hier sei mit dem angefochtenen Bescheid ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR gefordert worden, obgleich dieses Grundstück entgegen der Ansicht der Beklagten nicht beitragspflichtig sei. Dies deshalb, da es sich bei diesem Grundstück um ein echtes Hinterliegergrundstück handele, welches an den beitragspflichtigen Straßenausbaumaßnahmen der ... Straße nicht partizipiere. Das Grundstück grenze nicht an die beitragspflichtige ... Straße an. Vielmehr sei das Grundstück zum einen durch das Grundstück Fl.Nr. ... und sodann noch durch das Grundstück Fl.Nr. ... von der ... Straße abgegrenzt. Es liege somit zwei Grundstücke von der Ausbaustraße ... Straße entfernt, so dass der von der Beklagten behauptete Bezug zur Ausbaustraße fehle.

Ausweislich des Widerspruchsbescheids würden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ..., welche im Eigentum des Klägers stünden, als wirtschaftliche Einheit behandelt, so dass das Grundstück Fl.Nr. ... über das Grundstück Fl.Nr. ... erschlossen und beitragspflichtig sei. Hier werde jedoch von Seiten der Beklagten verkannt, dass bereits die wirtschaftliche Verbindung der Fl.Nr. ... mit dem Grundstück Fl.Nr. ... unrechtmäßig sei, da das Grundstück Fl.Nr. ... vielmehr dem Flurstück ... zuzuschlagen sei, da es als dessen verlängerter Arm fungiere. Sollte das Gericht dieser Einschätzung nicht folgen, so wäre jedenfalls das Grundstück Fl.Nr. ... als eigenständige Erschließungsanlage einzustufen mit der Folge, dass die Beklagte nicht das Grundstück Fl.Nr. ... bei den streitgegenständlichen Straßenbaumaßnahmen der ... Straße heranziehen dürfe.

c) Fl.Nr. ...

Bezüglich dieses Grundstücks verlange die Beklagte einen Ausbaubeitrag in Höhe von 910,75 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die beitragspflichtige Grundstücksfläche mit 1,9 wegen einer möglichen viergeschossigen Bebauung zu multiplizieren sei. Zum einen befinde sich auf dem Grundstück keinerlei Bebauung, eine solche werde dort auch nicht errichtet werden können, da wie oben beschrieben, das Grundstück Fl.Nr. ... lediglich als verlängerter Arm der auf dem Grundstück Fl.Nr. ... befindlichen ... diene. Eine Bebauung mit vier Geschossen sei auch letztlich auf Grund der Größe des Grundstücks und der Widmung als Straße schlicht unmöglich. Im Übrigen sei auf dem streitgegenständlichen Grundstück auch eine Grunddienstbarkeit zu Gunsten der Beklagten für die Versorgungsleitungen eingetragen, so dass eine tatsächliche Bebauung grundsätzlich schon ausscheide.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2014 beantragte die Beklagte,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, vorausschickend sei zu erklären, dass die betroffenen Flurstücke im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB lägen, für die Verteilung des Aufwands sei § 8 Abs. 8 Nr. 1 Ausbaubeitragssatzung einschlägig.

Im Einzelnen ergebe sich Folgendes:

Fl.Nr. ...: Wie auf den Aufnahmen der beiliegenden CD zu entnehmen sei, bestehe das Anwesen auf der Fl.Nr. ... aus einem älteren Gebäude mit zwei Geschossen. Hierbei handele es sich augenscheinlich nicht um Vollgeschosse im Sinne der BayBO. Da diese Geschosse ebenso genutzt werden könnten wie in einem Gebäude mit Vollgeschossen, sei bei der Satzungsänderung im Jahr 2011 die Möglichkeit des Ansatzes von Geschossen in die Satzung aufgenommen worden. Eine künftige Nutzung jedweder Art sei im Straßenausbaubeitragsrecht nicht relevant, da es sich bei einem Straßenausbaubeitrag gleichsam um eine „Momentaufnahme“ der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts handele.

Fl.Nr. ...:

Das Grundstück Fl.Nr. ... des Klägers, sei sowohl über das im Besitz des Klägers stehende Grundstück Fl.Nr. ... als auch über das Grundstück Fl.Nr. ..., gewidmet in der Straßenklasse ... und unter dem Namen ..., von der ... Straße erschlossen. Dieser Bereich der ... sei nur rund 33 m lang und daher keine eigene Erschließungsanlage. Im Rahmen der Ausbauarbeiten der ... Straße sei auch dieser Stich ausgebaut worden. Wie der Kläger richtig anerkenne, stünden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... in seinem Eigentum, wobei das Grundstück Fl.Nr. ... selbständig nicht genutzt werden könne. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 ABS handele es sich bei den Flurstücken... und ... um eine wirtschaftliche Einheit. Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten dürfe das Grundstück Fl.Nr. ... nicht dem Flurstück ... zugeschlagen werden, da es sich nicht um ein gewidmetes Straßenstück handele bzw. nicht im Eigentum der Stadt ... stehe.

Fl.Nr. ...:

Wie bereits zu Flurstück ... ausgeführt, handele es sich bei Flurstück ... um ein Flurstück, welches mit Fl.Nr. ... eine wirtschaftliche Einheit bilde. Die Angaben des Klägers, die Fl.Nr. ... wäre immer noch als Straße gewidmet, sei nicht zutreffend. Dieses Flurstück sei im Jahre 2006 von der Stadt an den Kläger veräußert und entwidmet worden.

Die streitbefangenen Grundstücke und die abgerechnete Straßenbaumaßnahme wurden am 2. April 2014 vom Gericht in Augenschein genommen. Auf die Niederschrift über die Augenscheinseinnahme und die gefertigten Lichtbilder wird insoweit Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung gab das Gericht zu erkennen, dass das als „...“ bezeichnete Straßengrundstück Fl.Nr. ... im Sinne des Straßenausbaubeitrags möglicherweise eine eigenständige Anlage darstelle mit der Folge, dass die Grundstücke Fl.Nr. ... (Fl.Nr. ...) und Fl.Nr.... (Fl.Nr. ...) bezüglich der ... Straße nicht beitragspflichtig wären. Das Gericht forderte die Beklagte daher auf, insoweit eine Vergleichsberechnung vorzulegen.

Unter dem 14. Mai 2014 legte die Beklagte die geforderte Vergleichsberechnung vor, aus dieser ergibt sich u.a., dass der Kläger für das Grundstück Fl.Nr. ..., ... Straße ... nunmehr einen Beitrag in Höhe von 6.953,01 EUR zu bezahlen hätte.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. November 2014 nahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verfahren AN 3 K 13.01358 die Klage zurück und das Verfahren wurde mit Beschluss vom selben Tag eingestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere der Niederschriften über die Augenscheinseinnahme vom 2. April 2014 und die Termine zur mündlichen Verhandlung vom 2. April 2014 und vom 6. November 2014 und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Klagen, die zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden sind, sind begründet, da die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 hinsichtlich der klägerischen Grundstücke Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... rechtswidrig sind und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die genannten Bescheide waren daher aufzuheben und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013.

Die Grundstücke des Klägers Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... gehören nicht zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke für die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag wegen der Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße in .... Die ... Straße ist eine Haupterschließungsstraße, das davon abzweigende Straßengrundstück Fl.Nr. ..., als „...“ bezeichnete Straßengrundstück, an dem die Grundstücke des Klägers liegen, stellt eine Anliegerstraße dar. Die unselbständige Stichstraße „...“ und die ... Straße gehören daher unterschiedlichen Straßenkategorien an.

Einem Grundstück wird im Straßenausbaubeitragsrecht eine vorteilsrelevante, zur Beitragserhebung rechtfertigende Inanspruchnahmemöglichkeit grundsätzlich durch die nächste von ihm aus erreichbare selbständige Verkehrseinrichtung vermittelt. Grenzt ein Grundstück an einen von einer ausgebauten Straße abzweigenden Stich ab, beantwortet sich die Frage, ob das betreffende Grundstück an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands für den Ausbau der Straße teilnimmt, danach, ob der Stich als ausbaubeitragsrechtlich selbständig oder unselbständig zu qualifizieren ist. Ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen selbständigen Ortsstraßen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG einerseits und unselbständigen Zufahrten zu solchen Ortsstraßen als deren Bestandteil („Anhängsel“) andererseits ist der Gesamteindruck der zu beurteilenden Einrichtung. Besondere Bedeutung kommt ihrer Ausdehnung und Beschaffenheit sowie vor allem dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße, in die sie einmündet, zu (BayVGH, U.v. 14.4.2011 – 6 BV 08.3182; juris).

Wo eine – beitragspflichtig ausgebaute – Ortsstraße beginnt und wo sie endet, bestimmt sich daher wie bei den Anbaustraßen des Erschließungsbeitragsrechts nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Einrichtung als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen oder Grundstücksgrenzen, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Ausstattung mit Teileinrichtungen auszurichten. Dieser Gleichlauf mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagebegriff bezeichnet indes nur die Regel, von der spezifisch ausbaubeitragsrechtliche Grundsätze eine Ausnahme verlangen können. Eine Ausnahme ist insbesondere dann geboten, wenn eine Hauptstraße und eine von ihr abzweigende, weniger als 100 m lange und deshalb erschließungsbeitragsrechtlich unselbständige Stichstraße (Sackgasse) unterschiedlichen Verkehrsfunktionen dienen, die zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen. In einer solchen Fallgestaltung handelt es sich ausbaubeitragsrechtlich um zwei selbständige Einrichtungen, auch wenn sie nach ihrem Erscheinungsbild als eine Anlage erscheinen. Diese wertende Korrektur der natürlichen Betrachtungsweise wird erzwungen durch die unterschiedliche Verkehrsfunktion und – daraus folgend – die unterschiedliche Einstufung von Hauptstraße und Sackgasse in eine der in der Ausbaubeitragssatzung festgelegten Straßenkategorien; denn nur auf diesem Weg kann erreicht werden, dass einerseits allein die Anlieger an der Hauptstraße in den Genuss des geringeren Anliegeranteils an den Ausbaukosten kommen und andererseits die Anlieger der Sackgasse mit dem entsprechend höheren Anliegeranteil (bei freilich regelmäßig niedrigeren Ausbaukosten) belastet werden (BayVGH, B.v. 19.5.2010 - 6 ZB 09.1758; juris).

Dies ist vorliegend der Fall, weil der ... Straße, von der die Stichstraße „...“ abzweigt, eine andere Verkehrsbedeutung zukommt als der Stichstraße selbst. Es handelt sich dann um zwei getrennte Anlagen. Zwar ist die Stichstraße lediglich 33 m lang, doch diese geringe Länge führt nicht dazu, diesen Stich als bloßes Anhängsel der ... Straße zu betrachten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 31. Juli 2009 - 6 ZB 07.2228 eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg bestätigt, in dem dieses einen lediglich 20 m langen Weg als eigenständige Anlage angesehen hat. Wie die von der Kammer durchgeführte Augenscheinseinnahme ergeben hat, stellt sich die Stichstraße „...“ nicht als bloßes Anhängsel dar, weil sie zum einen nicht nur zufahrtsähnlichen Charakter besitzt, sondern der Erschließung von insgesamt vier Grundstücken dient, auch wenn das Grundstück Fl.Nr. ... auch unmittelbar an der ... Straße liegt, die Grundstückszufahrt jedoch erfolgt über die Stichstraße. Darüber hinaus wird auch das Grundstück Fl.Nr. ... nur von dieser Anlage erschlossen, ebenfalls die dem Kläger gehörenden Grundstücke Fl.Nrn. ... und .... Auch der Ausbauzustand dieses Straßenstücks stellt sich anders dar als die ... Straße, so führt auf der östlichen Seite der Straße ein Gehweg lediglich bis zur Einfahrt des Grundstücks Fl.Nr. ..., auf der westlichen Seite befindet sich überhaupt kein Gehsteig. Zudem ist diese ... auch wesentlich schmäler als die ... Straße mit ihren beidseitigen Gehsteigen. Darüber hinaus ist der Einmündungsbereich dieser Stichstraße in die ... Straße trichterförmig aufgeweitet, auch dies führt bei einer Gesamtbetrachtung dazu, diese Straße als eigenständige Anlage wahrzunehmen und nicht als bloße Zufahrt anzusehen. Auch optisch ist diese Stichstraße von der ... Straße abgesetzt, denn der Gehweg auf der ... Straße wird im Einmündungsbereich durchgeführt, so dass die unterschiedlichen Beläge zu einer optischen Trennung führen. Zwar nicht von rechtlicher Bedeutung, doch als bestärkendes Merkmal kann vorliegend die Tatsache herangezogen werden, dass im westlichen Bereich der Einmündung der Stichstraße ein Straßenverkehrsschild mit dem Gebot „Vorfahrt achten“ steht, an dessen Halterung das Straßenschild „... Hs.Nr. ...“ angebracht ist, also die Grundstücke des Klägers sowie die beiden anderen oben genannten Grundstücke nicht Hausnummern der ... Straße tragen, also auch die Beklagte von einer gewissen Eigenständigkeit dieser Stichstraße auszugehen scheint. Wie die Augenscheinseinnahme gezeigt hat, koppelt somit diese Stichstraße als Anliegerstraße die Grundstücke des Klägers von der Haupterschließungsstraße ... Straße ab, so dass diese ausbaubeitragsrechtlich nicht zum umlagefähigen Aufwand der ... Straße herangezogen werden können.

Nach alledem waren daher die im Tenor bezeichneten Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben und die Kosten des Verfahrens insoweit der Beklagten gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2, 173 VwGO i.V.m. §§ 708, 709 ZPO.

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO wird die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt.
 

Beschluss

Der Streitwert wird im Verfahren AN 3 K 13.01382 bis zur Verbindung auf 910,75 EUR und im Verfahren AN 3 K 13.01381 auf 54.088,53 EUR festgesetzt und ab Verbindung auf insgesamt 54.999,28 EUR.

Tenor

1. Die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 (... und ...) in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten vollstreckbar.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Fl.Nr. ... Straße ..., Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... „Nähe ...“ der Gemarkung ... in ... Das Grundstück ... Straße ... liegt unmittelbar an der ... Straße an, das Grundstück „Nähe ...“ mit einer Größe von 185 qm grenzt nördlich an das Grundstück ... Straße ... und östlich an das Grundstück Fl.Nr. ... an, dieses Grundstück zweigt mit einer Länge von 33 m als ... bezeichnet und gewidmet in nordwestlicher Richtung von der ... Straße ab. Das Grundstück ... grenzt in nördlicher Richtung an die beiden Grundstücke ... Straße ... und „Nähe ... an. Dieses Grundstück wird im Wesentlichen landwirtschaftlich genutzt und ist mit landwirtschaftlichen Gebäuden bebaut.

Jeweils mit Bescheiden vom 18. Oktober 2012 zog die Beklagte den Kläger für die Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße für die genannten Grundstücke zu einem Straßenausbaubeitrag heran, wobei für das Grundstück ... Straße ... ein Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR, für das Grundstück ... ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR und für das Grundstück „Nähe ...“ ein solcher von 910,75 EUR festgesetzt worden ist. Aufgrund der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten wurde die ... Straße als Haupterschließungsstraße innerhalb des öffentlichen Verkehrsnetzes der Beklagten eingestuft, der Beitragssatz pro Quadratmeter beträgt 2,59103 EUR. Die Grundstücksfläche für die Grundstücke ... bzw. „Nähe ...“ wurden mit dem Nutzungsfaktor 1,9 vervielfältigt, da auf den Grundstücken eine viergeschossige Bebauung zulässig ist, bei dem Grundstück ... Straße ... wurden die Grundstücksfläche mit einer zulässigen dreigeschossigen Bebauung mit dem Nutzungsfaktor 1,6 vervielfältigt.

Die gegen die genannten Bescheide eingelegten Widersprüche, auf deren Begründung Bezug genommen wird, wies das Landratsamt ... mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2013 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die ... Straße sei in diesem Bereich zutreffend als Haupterschließungsstraße eingestuft worden, da der überwiegende Bezug für den inner- und überörtlichen Durchgangsverkehr nicht gegeben sei, die Verkehrsplanung habe diese Einschätzung flankiert, auch das Staatsministerium des Innern habe mit Schreiben vom 10. Mai 2010 die Auffassung geteilt, dass die Straßenqualifizierung zutreffend sei.

Grundstück Fl.Nr. ... sei nach Auffassung der Prozessbevollmächtigten ein „echtes Hinterliegergrundstück“, da es erst nach Überquerung von zwei weiteren Flurstücken... und ... erreicht werden könne. Die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... stellten jedoch eine wirtschaftliche Einheit dar. Es bestehe einerseits Eigentümeridentität, andererseits sei die Fl.Nr. ... nur im Zusammenspiel mit der Fl.Nr. ... sinnvoll nutzbar, die Fl.Nr. ... partizipiere außerdem an dem ihr entstehenden Vorteil der Anbindung an die ... Straße. Das Grundstück Fl.Nr. ... als nordwestlicher Ast der ... sei ein gewidmetes Straßengrundstück, welches eine Länge von etwa 30 m habe. Aufgrund des vorhandenen Zufahrtscharakters sei dies keine eigenständig abrechenbare Anlage, sie sei vielmehr als Anhängsel der ... Straße zu sehen und somit dieser zuzurechnen und mit dieser abzurechnen. Aus rechtlicher Sicht seien daher die Ausbaubeitragsbescheide rechtmäßig.

Mit einem am 26. Juli 2013 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom selben Tag ließ der Kläger gegen die genannten Bescheide Klage erheben und beantragen,

die Bescheide der Stadt ... über die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags vom 18. Oktober 2012 betreffend die Grundstücke Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01358), Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01381) und Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01382) und insoweit auch den Widerspruch des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 30. September 2013 im Wesentlichen ausgeführt, die streitgegenständlichen Bescheide seien rechtswidrig.

a) Fl.Nr. ...

Mit dem Bescheid verlange die Beklagte vom Kläger einen Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die Grundstücksfläche mit dem Faktor 1,6 multipliziert werde. Diese Berechnung sei jedoch falsch, da die Bestimmung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche offensichtlich fehlerhaft sei, da auf dem Grundstück lediglich eine eingeschossige Bebauung mit Dach vorhanden sei. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass eine Veränderung der Bebauung auch in Zukunft nicht möglich sei, da das auf dem Grundstück befindliche Gebäude denkmalgeschützt sei. Dieses sei der Beklagten auch sehr wohl bekannt, habe sie doch der vom Kläger in der Vergangenheit mehrfach beantragten Genehmigung zur Erweiterung seiner Geschossflächen gerade mit dem Argument des Denkmalschutzes stets eine Absage erteilt.

b) Fl.Nr. ...:

Hier sei mit dem angefochtenen Bescheid ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR gefordert worden, obgleich dieses Grundstück entgegen der Ansicht der Beklagten nicht beitragspflichtig sei. Dies deshalb, da es sich bei diesem Grundstück um ein echtes Hinterliegergrundstück handele, welches an den beitragspflichtigen Straßenausbaumaßnahmen der ... Straße nicht partizipiere. Das Grundstück grenze nicht an die beitragspflichtige ... Straße an. Vielmehr sei das Grundstück zum einen durch das Grundstück Fl.Nr. ... und sodann noch durch das Grundstück Fl.Nr. ... von der ... Straße abgegrenzt. Es liege somit zwei Grundstücke von der Ausbaustraße ... Straße entfernt, so dass der von der Beklagten behauptete Bezug zur Ausbaustraße fehle.

Ausweislich des Widerspruchsbescheids würden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ..., welche im Eigentum des Klägers stünden, als wirtschaftliche Einheit behandelt, so dass das Grundstück Fl.Nr. ... über das Grundstück Fl.Nr. ... erschlossen und beitragspflichtig sei. Hier werde jedoch von Seiten der Beklagten verkannt, dass bereits die wirtschaftliche Verbindung der Fl.Nr. ... mit dem Grundstück Fl.Nr. ... unrechtmäßig sei, da das Grundstück Fl.Nr. ... vielmehr dem Flurstück ... zuzuschlagen sei, da es als dessen verlängerter Arm fungiere. Sollte das Gericht dieser Einschätzung nicht folgen, so wäre jedenfalls das Grundstück Fl.Nr. ... als eigenständige Erschließungsanlage einzustufen mit der Folge, dass die Beklagte nicht das Grundstück Fl.Nr. ... bei den streitgegenständlichen Straßenbaumaßnahmen der ... Straße heranziehen dürfe.

c) Fl.Nr. ...

Bezüglich dieses Grundstücks verlange die Beklagte einen Ausbaubeitrag in Höhe von 910,75 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die beitragspflichtige Grundstücksfläche mit 1,9 wegen einer möglichen viergeschossigen Bebauung zu multiplizieren sei. Zum einen befinde sich auf dem Grundstück keinerlei Bebauung, eine solche werde dort auch nicht errichtet werden können, da wie oben beschrieben, das Grundstück Fl.Nr. ... lediglich als verlängerter Arm der auf dem Grundstück Fl.Nr. ... befindlichen ... diene. Eine Bebauung mit vier Geschossen sei auch letztlich aufgrund der Größe des Grundstücks und der Widmung als Straße schlicht unmöglich. Im Übrigen sei auf dem streitgegenständlichen Grundstück auch eine Grunddienstbarkeit zugunsten der Beklagten für die Versorgungsleitungen eingetragen, so dass eine tatsächliche Bebauung grundsätzlich schon ausscheide.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2014 beantragte die Beklagte,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, vorausschickend sei zu erklären, dass die betroffenen Flurstücke im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB lägen, für die Verteilung des Aufwands sei § 8 Abs. 8 Nr. 1 Ausbaubeitragssatzung einschlägig.

Im Einzelnen ergebe sich Folgendes:

Fl.Nr. ...: Wie auf den Aufnahmen der beiliegenden CD zu entnehmen sei, bestehe das Anwesen auf der Fl.Nr. ... aus einem älteren Gebäude mit zwei Geschossen. Hierbei handele es sich augenscheinlich nicht um Vollgeschosse im Sinne der BayBO. Da diese Geschosse ebenso genutzt werden könnten wie in einem Gebäude mit Vollgeschossen, sei bei der Satzungsänderung im Jahr 2011 die Möglichkeit des Ansatzes von Geschossen in die Satzung aufgenommen worden. Eine künftige Nutzung jedweder Art sei im Straßenausbaubeitragsrecht nicht relevant, da es sich bei einem Straßenausbaubeitrag gleichsam um eine „Momentaufnahme“ der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts handele.

Fl.Nr. ...:

Das Grundstück Fl.Nr. ... des Klägers, sei sowohl über das im Besitz des Klägers stehende Grundstück Fl.Nr. ... als auch über das Grundstück Fl.Nr. ..., gewidmet in der Straßenklasse ... und unter dem Namen ..., von der ... Straße erschlossen. Dieser Bereich der ... sei nur rund 33 m lang und daher keine eigene Erschließungsanlage. Im Rahmen der Ausbauarbeiten der ... Straße sei auch dieser Stich ausgebaut worden. Wie der Kläger richtig anerkenne, stünden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... in seinem Eigentum, wobei das Grundstück Fl.Nr. ... selbstständig nicht genutzt werden könne. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 ABS handele es sich bei den Flurstücken... und ... um eine wirtschaftliche Einheit. Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten dürfe das Grundstück Fl.Nr. ... nicht dem Flurstück ... zugeschlagen werden, da es sich nicht um ein gewidmetes Straßenstück handele bzw. nicht im Eigentum der Stadt ... stehe.

Fl.Nr. ...:

Wie bereits zu Flurstück ... ausgeführt, handele es sich bei Flurstück ... um ein Flurstück, welches mit Fl.Nr. ... eine wirtschaftliche Einheit bilde. Die Angaben des Klägers, die Fl.Nr. ... wäre immer noch als Straße gewidmet, sei nicht zutreffend. Dieses Flurstück sei im Jahre 2006 von der Stadt an den Kläger veräußert und entwidmet worden.

Die streitbefangenen Grundstücke und die abgerechnete Straßenbaumaßnahme wurden am 2. April 2014 vom Gericht in Augenschein genommen. Auf die Niederschrift über die Augenscheinseinnahme und die gefertigten Lichtbilder wird insoweit Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung gab das Gericht zu erkennen, dass das als „...“ bezeichnete Straßengrundstück Fl.Nr. ... im Sinne des Straßenausbaubeitrags möglicherweise eine eigenständige Anlage darstelle mit der Folge, dass die Grundstücke Fl.Nr. ... (Fl.Nr. ...) und Fl.Nr.... (Fl.Nr. ...) bezüglich der ... Straße nicht beitragspflichtig wären. Das Gericht forderte die Beklagte daher auf, insoweit eine Vergleichsberechnung vorzulegen.

Unter dem 14. Mai 2014 legte die Beklagte die geforderte Vergleichsberechnung vor, aus dieser ergibt sich u. a., dass der Kläger für das Grundstück Fl.Nr. ..., ... Straße ... nunmehr einen Beitrag in Höhe von 6.953,01 EUR zu bezahlen hätte.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. November 2014 nahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verfahren AN 3 K 13.01358 die Klage zurück und das Verfahren wurde mit Beschluss vom selben Tag eingestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere der Niederschriften über die Augenscheinseinnahme vom 2. April 2014 und die Termine zur mündlichen Verhandlung vom 2. April 2014 und vom 6. November 2014 und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Klagen, die zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden sind, sind begründet, da die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 hinsichtlich der klägerischen Grundstücke Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... rechtswidrig sind und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die genannten Bescheide waren daher aufzuheben und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013.

Die Grundstücke des Klägers Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... gehören nicht zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke für die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag wegen der Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße in .... Die ... Straße ist eine Haupterschließungsstraße, das davon abzweigende Straßengrundstück Fl.Nr. ..., als „...“ bezeichnete Straßengrundstück, an dem die Grundstücke des Klägers liegen, stellt eine Anliegerstraße dar. Die unselbstständige Stichstraße „...“ und die ... Straße gehören daher unterschiedlichen Straßenkatagorien an.

Einem Grundstück wird im Straßenausbaubeitragsrecht eine vorteilsrelevante, zur Beitragserhebung rechtfertigende Inanspruchnahmemöglichkeit grundsätzlich durch die nächste von ihm aus erreichbare selbstständige Verkehrseinrichtung vermittelt. Grenzt ein Grundstück an einen von einer ausgebauten Straße abzweigenden Stich ab, beantwortet sich die Frage, ob das betreffende Grundstück an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands für den Ausbau der Straße teilnimmt, danach, ob der Stich als ausbaubeitragsrechtlich selbstständig oder unselbstständig zu qualifizieren ist. Ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen selbstständigen Ortsstraßen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG einerseits und unselbstständigen Zufahrten zu solchen Ortsstraßen als deren Bestandteil („Anhängsel“) andererseits ist der Gesamteindruck der zu beurteilenden Einrichtung. Besondere Bedeutung kommt ihrer Ausdehnung und Beschaffenheit sowie vor allem dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße, in die sie einmündet, zu (BayVGH, U.v. 14.4.2011 - 6 BV 08.3182; juris).

Wo eine - beitragspflichtig ausgebaute - Ortsstraße beginnt und wo sie endet, bestimmt sich daher wie bei den Anbaustraßen des Erschließungsbeitragsrechts nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Einrichtung als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen oder Grundstücksgrenzen, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Ausstattung mit Teileinrichtungen auszurichten. Dieser Gleichlauf mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagebegriff bezeichnet indes nur die Regel, von der spezifisch ausbaubeitragsrechtliche Grundsätze eine Ausnahme verlangen können. Eine Ausnahme ist insbesondere dann geboten, wenn eine Hauptstraße und eine von ihr abzweigende, weniger als 100 m lange und deshalb erschließungsbeitragsrechtlich unselbstständige Stichstraße (Sackgasse) unterschiedlichen Verkehrsfunktionen dienen, die zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen. In einer solchen Fallgestaltung handelt es sich ausbaubeitragsrechtlich um zwei selbstständige Einrichtungen, auch wenn sie nach ihrem Erscheinungsbild als eine Anlage erscheinen. Diese wertende Korrektur der natürlichen Betrachtungsweise wird erzwungen durch die unterschiedliche Verkehrsfunktion und - daraus folgend - die unterschiedliche Einstufung von Hauptstraße und Sackgasse in eine der in der Ausbaubeitragssatzung festgelegten Straßenkategorien; denn nur auf diesem Weg kann erreicht werden, dass einerseits allein die Anlieger an der Hauptstraße in den Genuss des geringeren Anliegeranteils an den Ausbaukosten kommen und andererseits die Anlieger der Sackgasse mit dem entsprechend höheren Anliegeranteil (bei freilich regelmäßig niedrigeren Ausbaukosten) belastet werden (BayVGH, B.v. 19.5.2010 - 6 ZB 09.1758; juris).

Dies ist vorliegend der Fall, weil der ... Straße, von der die Stichstraße „...“ abzweigt, eine andere Verkehrsbedeutung zukommt als der Stichstraße selbst. Es handelt sich dann um zwei getrennte Anlagen. Zwar ist die Stichstraße lediglich 33 m lang, doch diese geringe Länge führt nicht dazu, diesen Stich als bloßes Anhängsel der ... Straße zu betrachten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 31. Juli 2009 - 6 ZB 07.2228 eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg bestätigt, in dem dieses einen lediglich 20 m langen Weg als eigenständige Anlage angesehen hat. Wie die von der Kammer durchgeführte Augenscheinseinnahme ergeben hat, stellt sich die Stichstraße „...“ nicht als bloßes Anhängsel dar, weil sie zum einen nicht nur zufahrtsähnlichen Charakter besitzt, sondern der Erschließung von insgesamt vier Grundstücken dient, auch wenn das Grundstück Fl.Nr. ... auch unmittelbar an der ... Straße liegt, die Grundstückszufahrt jedoch erfolgt über die Stichstraße. Darüber hinaus wird auch das Grundstück Fl.Nr. ... nur von dieser Anlage erschlossen, ebenfalls die dem Kläger gehörenden Grundstücke Fl.Nrn. ... und .... Auch der Ausbauzustand dieses Straßenstücks stellt sich anders dar als die ... Straße, so führt auf der östlichen Seite der Straße ein Gehweg lediglich bis zur Einfahrt des Grundstücks Fl.Nr. ..., auf der westlichen Seite befindet sich überhaupt kein Gehsteig. Zudem ist diese ... auch wesentlich schmäler als die ... Straße mit ihren beidseitigen Gehsteigen. Darüber hinaus ist der Einmündungsbereich dieser Stichstraße in die ... Straße trichterförmig aufgeweitet, auch dies führt bei einer Gesamtbetrachtung dazu, diese Straße als eigenständige Anlage wahrzunehmen und nicht als bloße Zufahrt anzusehen. Auch optisch ist diese Stichstraße von der ... Straße abgesetzt, denn der Gehweg auf der ... Straße wird im Einmündungsbereich durchgeführt, so dass die unterschiedlichen Beläge zu einer optischen Trennung führen. Zwar nicht von rechtlicher Bedeutung, doch als bestärkendes Merkmal kann vorliegend die Tatsache herangezogen werden, dass im westlichen Bereich der Einmündung der Stichstraße ein Straßenverkehrsschild mit dem Gebot „Vorfahrt achten“ steht, an dessen Halterung das Straßenschild „... Hs.Nr. ...“ angebracht ist, also die Grundstücke des Klägers sowie die beiden anderen oben genannten Grundstücke nicht Hausnummern der ... Straße tragen, also auch die Beklagte von einer gewissen Eigenständigkeit dieser Stichstraße auszugehen scheint. Wie die Augenscheinseinnahme gezeigt hat, koppelt somit diese Stichstraße als Anliegerstraße die Grundstücke des Klägers von der Haupterschließungsstraße ... Straße ab, so dass diese ausbaubeitragsrechtlich nicht zum umlagefähigen Aufwand der ... Straße herangezogen werden können.

Nach alledem waren daher die im Tenor bezeichneten Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben und die Kosten des Verfahrens insoweit der Beklagten gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2, 173 VwGO i. V. m. §§ 708, 709 ZPO.

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO wird die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

1. Die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 (... und ...) in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten vollstreckbar.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Fl.Nr. ..., ... Straße ..., Fl.Nr. ..., ... und Fl.Nr. ... „Nähe ...“ der Gemarkung ... in .... Das Grundstück ... Straße ... liegt unmittelbar an der ... Straße an, das Grundstück „Nähe ...“ mit einer Größe von 185 qm grenzt nördlich an das Grundstück ... Straße ... und östlich an das Grundstück Fl.Nr. ... an, dieses Grundstück zweigt mit einer Länge von 33 m als ... bezeichnet und gewidmet in nordwestlicher Richtung von der ... Straße ab. Das Grundstück ... grenzt in nördlicher Richtung an die beiden Grundstücke ... Straße ... und „Nähe ...“ an. Dieses Grundstück wird im Wesentlichen landwirtschaftlich genutzt und ist mit landwirtschaftlichen Gebäuden bebaut.

Jeweils mit Bescheiden vom 18. Oktober 2012 zog die Beklagte den Kläger für die Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße für die genannten Grundstücke zu einem Straßenausbaubeitrag heran, wobei für das Grundstück ... Straße ... ein Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR, für das Grundstück ... ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR und für das Grundstück „Nähe ...“ ein solcher von 910,75 EUR festgesetzt worden ist. Auf Grund der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten wurde die ... Straße als Haupterschließungsstraße innerhalb des öffentlichen Verkehrsnetzes der Beklagten eingestuft, der Beitragssatz pro Quadratmeter beträgt 2,59103 EUR. Die Grundstücksfläche für die Grundstücke ... bzw. „Nähe ...“ wurden mit dem Nutzungsfaktor 1,9 vervielfältigt, da auf den Grundstücken eine viergeschossige Bebauung zulässig ist, bei dem Grundstück ... Straße ... wurden die Grundstücksfläche mit einer zulässigen dreigeschossigen Bebauung mit dem Nutzungsfaktor 1,6 vervielfältigt.

Die gegen die genannten Bescheide eingelegten Widersprüche, auf deren Begründung Bezug genommen wird, wies das Landratsamt ... mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2013 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die ... Straße sei in diesem Bereich zutreffend als Haupterschließungsstraße eingestuft worden, da der überwiegende Bezug für den inner- und überörtlichen Durchgangsverkehr nicht gegeben sei, die Verkehrsplanung habe diese Einschätzung flankiert, auch das Staatsministerium des Innern habe mit Schreiben vom 10. Mai 2010 die Auffassung geteilt, dass die Straßenqualifizierung zutreffend sei.

Grundstück Fl.Nr. ... sei nach Auffassung der Prozessbevollmächtigten ein „echtes Hinterliegergrundstück“, da es erst nach Überquerung von zwei weiteren Flurstücken... und ... erreicht werden könne. Die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... stellten jedoch eine wirtschaftliche Einheit dar. Es bestehe einerseits Eigentümeridentität, andererseits sei die Fl.Nr. ... nur im Zusammenspiel mit der Fl.Nr. ... sinnvoll nutzbar, die Fl.Nr. ... partizipiere außerdem an dem ihr entstehenden Vorteil der Anbindung an die ... Straße. Das Grundstück Fl.Nr. ... als nordwestlicher Ast der ... sei ein gewidmetes Straßengrundstück, welches eine Länge von etwa 30 m habe. Auf Grund des vorhandenen Zufahrtscharakters sei dies keine eigenständig abrechenbare Anlage, sie sei vielmehr als Anhängsel der ... Straße zu sehen und somit dieser zuzurechnen und mit dieser abzurechnen. Aus rechtlicher Sicht seien daher die Ausbaubeitragsbescheide rechtmäßig.

Mit einem am 26. Juli 2013 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom selben Tag ließ der Kläger gegen die genannten Bescheide Klage erheben und beantragen,

die Bescheide der Stadt ... über die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags vom 18. Oktober 2012 betreffend die Grundstücke Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01358), Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01381) und Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01382) und insoweit auch den Widerspruch des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 30. September 2013 im Wesentlichen ausgeführt, die streitgegenständlichen Bescheide seien rechtswidrig.

a) Fl.Nr. ...

Mit dem Bescheid verlange die Beklagte vom Kläger einen Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die Grundstücksfläche mit dem Faktor 1,6 multipliziert werde. Diese Berechnung sei jedoch falsch, da die Bestimmung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche offensichtlich fehlerhaft sei, da auf dem Grundstück lediglich eine eingeschossige Bebauung mit Dach vorhanden sei. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass eine Veränderung der Bebauung auch in Zukunft nicht möglich sei, da das auf dem Grundstück befindliche Gebäude denkmalgeschützt sei. Dieses sei der Beklagten auch sehr wohl bekannt, habe sie doch der vom Kläger in der Vergangenheit mehrfach beantragten Genehmigung zur Erweiterung seiner Geschossflächen gerade mit dem Argument des Denkmalschutzes stets eine Absage erteilt.

b) Fl.Nr. ...:

Hier sei mit dem angefochtenen Bescheid ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR gefordert worden, obgleich dieses Grundstück entgegen der Ansicht der Beklagten nicht beitragspflichtig sei. Dies deshalb, da es sich bei diesem Grundstück um ein echtes Hinterliegergrundstück handele, welches an den beitragspflichtigen Straßenausbaumaßnahmen der ... Straße nicht partizipiere. Das Grundstück grenze nicht an die beitragspflichtige ... Straße an. Vielmehr sei das Grundstück zum einen durch das Grundstück Fl.Nr. ... und sodann noch durch das Grundstück Fl.Nr. ... von der ... Straße abgegrenzt. Es liege somit zwei Grundstücke von der Ausbaustraße ... Straße entfernt, so dass der von der Beklagten behauptete Bezug zur Ausbaustraße fehle.

Ausweislich des Widerspruchsbescheids würden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ..., welche im Eigentum des Klägers stünden, als wirtschaftliche Einheit behandelt, so dass das Grundstück Fl.Nr. ... über das Grundstück Fl.Nr. ... erschlossen und beitragspflichtig sei. Hier werde jedoch von Seiten der Beklagten verkannt, dass bereits die wirtschaftliche Verbindung der Fl.Nr. ... mit dem Grundstück Fl.Nr. ... unrechtmäßig sei, da das Grundstück Fl.Nr. ... vielmehr dem Flurstück ... zuzuschlagen sei, da es als dessen verlängerter Arm fungiere. Sollte das Gericht dieser Einschätzung nicht folgen, so wäre jedenfalls das Grundstück Fl.Nr. ... als eigenständige Erschließungsanlage einzustufen mit der Folge, dass die Beklagte nicht das Grundstück Fl.Nr. ... bei den streitgegenständlichen Straßenbaumaßnahmen der ... Straße heranziehen dürfe.

c) Fl.Nr. ...

Bezüglich dieses Grundstücks verlange die Beklagte einen Ausbaubeitrag in Höhe von 910,75 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die beitragspflichtige Grundstücksfläche mit 1,9 wegen einer möglichen viergeschossigen Bebauung zu multiplizieren sei. Zum einen befinde sich auf dem Grundstück keinerlei Bebauung, eine solche werde dort auch nicht errichtet werden können, da wie oben beschrieben, das Grundstück Fl.Nr. ... lediglich als verlängerter Arm der auf dem Grundstück Fl.Nr. ... befindlichen ... diene. Eine Bebauung mit vier Geschossen sei auch letztlich auf Grund der Größe des Grundstücks und der Widmung als Straße schlicht unmöglich. Im Übrigen sei auf dem streitgegenständlichen Grundstück auch eine Grunddienstbarkeit zu Gunsten der Beklagten für die Versorgungsleitungen eingetragen, so dass eine tatsächliche Bebauung grundsätzlich schon ausscheide.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2014 beantragte die Beklagte,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, vorausschickend sei zu erklären, dass die betroffenen Flurstücke im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB lägen, für die Verteilung des Aufwands sei § 8 Abs. 8 Nr. 1 Ausbaubeitragssatzung einschlägig.

Im Einzelnen ergebe sich Folgendes:

Fl.Nr. ...: Wie auf den Aufnahmen der beiliegenden CD zu entnehmen sei, bestehe das Anwesen auf der Fl.Nr. ... aus einem älteren Gebäude mit zwei Geschossen. Hierbei handele es sich augenscheinlich nicht um Vollgeschosse im Sinne der BayBO. Da diese Geschosse ebenso genutzt werden könnten wie in einem Gebäude mit Vollgeschossen, sei bei der Satzungsänderung im Jahr 2011 die Möglichkeit des Ansatzes von Geschossen in die Satzung aufgenommen worden. Eine künftige Nutzung jedweder Art sei im Straßenausbaubeitragsrecht nicht relevant, da es sich bei einem Straßenausbaubeitrag gleichsam um eine „Momentaufnahme“ der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts handele.

Fl.Nr. ...:

Das Grundstück Fl.Nr. ... des Klägers, sei sowohl über das im Besitz des Klägers stehende Grundstück Fl.Nr. ... als auch über das Grundstück Fl.Nr. ..., gewidmet in der Straßenklasse ... und unter dem Namen ..., von der ... Straße erschlossen. Dieser Bereich der ... sei nur rund 33 m lang und daher keine eigene Erschließungsanlage. Im Rahmen der Ausbauarbeiten der ... Straße sei auch dieser Stich ausgebaut worden. Wie der Kläger richtig anerkenne, stünden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... in seinem Eigentum, wobei das Grundstück Fl.Nr. ... selbständig nicht genutzt werden könne. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 ABS handele es sich bei den Flurstücken... und ... um eine wirtschaftliche Einheit. Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten dürfe das Grundstück Fl.Nr. ... nicht dem Flurstück ... zugeschlagen werden, da es sich nicht um ein gewidmetes Straßenstück handele bzw. nicht im Eigentum der Stadt ... stehe.

Fl.Nr. ...:

Wie bereits zu Flurstück ... ausgeführt, handele es sich bei Flurstück ... um ein Flurstück, welches mit Fl.Nr. ... eine wirtschaftliche Einheit bilde. Die Angaben des Klägers, die Fl.Nr. ... wäre immer noch als Straße gewidmet, sei nicht zutreffend. Dieses Flurstück sei im Jahre 2006 von der Stadt an den Kläger veräußert und entwidmet worden.

Die streitbefangenen Grundstücke und die abgerechnete Straßenbaumaßnahme wurden am 2. April 2014 vom Gericht in Augenschein genommen. Auf die Niederschrift über die Augenscheinseinnahme und die gefertigten Lichtbilder wird insoweit Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung gab das Gericht zu erkennen, dass das als „...“ bezeichnete Straßengrundstück Fl.Nr. ... im Sinne des Straßenausbaubeitrags möglicherweise eine eigenständige Anlage darstelle mit der Folge, dass die Grundstücke Fl.Nr. ... (Fl.Nr. ...) und Fl.Nr.... (Fl.Nr. ...) bezüglich der ... Straße nicht beitragspflichtig wären. Das Gericht forderte die Beklagte daher auf, insoweit eine Vergleichsberechnung vorzulegen.

Unter dem 14. Mai 2014 legte die Beklagte die geforderte Vergleichsberechnung vor, aus dieser ergibt sich u.a., dass der Kläger für das Grundstück Fl.Nr. ..., ... Straße ... nunmehr einen Beitrag in Höhe von 6.953,01 EUR zu bezahlen hätte.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. November 2014 nahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verfahren AN 3 K 13.01358 die Klage zurück und das Verfahren wurde mit Beschluss vom selben Tag eingestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere der Niederschriften über die Augenscheinseinnahme vom 2. April 2014 und die Termine zur mündlichen Verhandlung vom 2. April 2014 und vom 6. November 2014 und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Klagen, die zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden sind, sind begründet, da die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 hinsichtlich der klägerischen Grundstücke Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... rechtswidrig sind und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die genannten Bescheide waren daher aufzuheben und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013.

Die Grundstücke des Klägers Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... gehören nicht zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke für die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag wegen der Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße in .... Die ... Straße ist eine Haupterschließungsstraße, das davon abzweigende Straßengrundstück Fl.Nr. ..., als „...“ bezeichnete Straßengrundstück, an dem die Grundstücke des Klägers liegen, stellt eine Anliegerstraße dar. Die unselbständige Stichstraße „...“ und die ... Straße gehören daher unterschiedlichen Straßenkategorien an.

Einem Grundstück wird im Straßenausbaubeitragsrecht eine vorteilsrelevante, zur Beitragserhebung rechtfertigende Inanspruchnahmemöglichkeit grundsätzlich durch die nächste von ihm aus erreichbare selbständige Verkehrseinrichtung vermittelt. Grenzt ein Grundstück an einen von einer ausgebauten Straße abzweigenden Stich ab, beantwortet sich die Frage, ob das betreffende Grundstück an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands für den Ausbau der Straße teilnimmt, danach, ob der Stich als ausbaubeitragsrechtlich selbständig oder unselbständig zu qualifizieren ist. Ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen selbständigen Ortsstraßen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG einerseits und unselbständigen Zufahrten zu solchen Ortsstraßen als deren Bestandteil („Anhängsel“) andererseits ist der Gesamteindruck der zu beurteilenden Einrichtung. Besondere Bedeutung kommt ihrer Ausdehnung und Beschaffenheit sowie vor allem dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße, in die sie einmündet, zu (BayVGH, U.v. 14.4.2011 – 6 BV 08.3182; juris).

Wo eine – beitragspflichtig ausgebaute – Ortsstraße beginnt und wo sie endet, bestimmt sich daher wie bei den Anbaustraßen des Erschließungsbeitragsrechts nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Einrichtung als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen oder Grundstücksgrenzen, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Ausstattung mit Teileinrichtungen auszurichten. Dieser Gleichlauf mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagebegriff bezeichnet indes nur die Regel, von der spezifisch ausbaubeitragsrechtliche Grundsätze eine Ausnahme verlangen können. Eine Ausnahme ist insbesondere dann geboten, wenn eine Hauptstraße und eine von ihr abzweigende, weniger als 100 m lange und deshalb erschließungsbeitragsrechtlich unselbständige Stichstraße (Sackgasse) unterschiedlichen Verkehrsfunktionen dienen, die zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen. In einer solchen Fallgestaltung handelt es sich ausbaubeitragsrechtlich um zwei selbständige Einrichtungen, auch wenn sie nach ihrem Erscheinungsbild als eine Anlage erscheinen. Diese wertende Korrektur der natürlichen Betrachtungsweise wird erzwungen durch die unterschiedliche Verkehrsfunktion und – daraus folgend – die unterschiedliche Einstufung von Hauptstraße und Sackgasse in eine der in der Ausbaubeitragssatzung festgelegten Straßenkategorien; denn nur auf diesem Weg kann erreicht werden, dass einerseits allein die Anlieger an der Hauptstraße in den Genuss des geringeren Anliegeranteils an den Ausbaukosten kommen und andererseits die Anlieger der Sackgasse mit dem entsprechend höheren Anliegeranteil (bei freilich regelmäßig niedrigeren Ausbaukosten) belastet werden (BayVGH, B.v. 19.5.2010 - 6 ZB 09.1758; juris).

Dies ist vorliegend der Fall, weil der ... Straße, von der die Stichstraße „...“ abzweigt, eine andere Verkehrsbedeutung zukommt als der Stichstraße selbst. Es handelt sich dann um zwei getrennte Anlagen. Zwar ist die Stichstraße lediglich 33 m lang, doch diese geringe Länge führt nicht dazu, diesen Stich als bloßes Anhängsel der ... Straße zu betrachten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 31. Juli 2009 - 6 ZB 07.2228 eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg bestätigt, in dem dieses einen lediglich 20 m langen Weg als eigenständige Anlage angesehen hat. Wie die von der Kammer durchgeführte Augenscheinseinnahme ergeben hat, stellt sich die Stichstraße „...“ nicht als bloßes Anhängsel dar, weil sie zum einen nicht nur zufahrtsähnlichen Charakter besitzt, sondern der Erschließung von insgesamt vier Grundstücken dient, auch wenn das Grundstück Fl.Nr. ... auch unmittelbar an der ... Straße liegt, die Grundstückszufahrt jedoch erfolgt über die Stichstraße. Darüber hinaus wird auch das Grundstück Fl.Nr. ... nur von dieser Anlage erschlossen, ebenfalls die dem Kläger gehörenden Grundstücke Fl.Nrn. ... und .... Auch der Ausbauzustand dieses Straßenstücks stellt sich anders dar als die ... Straße, so führt auf der östlichen Seite der Straße ein Gehweg lediglich bis zur Einfahrt des Grundstücks Fl.Nr. ..., auf der westlichen Seite befindet sich überhaupt kein Gehsteig. Zudem ist diese ... auch wesentlich schmäler als die ... Straße mit ihren beidseitigen Gehsteigen. Darüber hinaus ist der Einmündungsbereich dieser Stichstraße in die ... Straße trichterförmig aufgeweitet, auch dies führt bei einer Gesamtbetrachtung dazu, diese Straße als eigenständige Anlage wahrzunehmen und nicht als bloße Zufahrt anzusehen. Auch optisch ist diese Stichstraße von der ... Straße abgesetzt, denn der Gehweg auf der ... Straße wird im Einmündungsbereich durchgeführt, so dass die unterschiedlichen Beläge zu einer optischen Trennung führen. Zwar nicht von rechtlicher Bedeutung, doch als bestärkendes Merkmal kann vorliegend die Tatsache herangezogen werden, dass im westlichen Bereich der Einmündung der Stichstraße ein Straßenverkehrsschild mit dem Gebot „Vorfahrt achten“ steht, an dessen Halterung das Straßenschild „... Hs.Nr. ...“ angebracht ist, also die Grundstücke des Klägers sowie die beiden anderen oben genannten Grundstücke nicht Hausnummern der ... Straße tragen, also auch die Beklagte von einer gewissen Eigenständigkeit dieser Stichstraße auszugehen scheint. Wie die Augenscheinseinnahme gezeigt hat, koppelt somit diese Stichstraße als Anliegerstraße die Grundstücke des Klägers von der Haupterschließungsstraße ... Straße ab, so dass diese ausbaubeitragsrechtlich nicht zum umlagefähigen Aufwand der ... Straße herangezogen werden können.

Nach alledem waren daher die im Tenor bezeichneten Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben und die Kosten des Verfahrens insoweit der Beklagten gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2, 173 VwGO i.V.m. §§ 708, 709 ZPO.

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO wird die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt.
 

Beschluss

Der Streitwert wird im Verfahren AN 3 K 13.01382 bis zur Verbindung auf 910,75 EUR und im Verfahren AN 3 K 13.01381 auf 54.088,53 EUR festgesetzt und ab Verbindung auf insgesamt 54.999,28 EUR.

Tenor

1. Die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 (... und ...) in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten vollstreckbar.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Fl.Nr. ... Straße ..., Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... „Nähe ...“ der Gemarkung ... in ... Das Grundstück ... Straße ... liegt unmittelbar an der ... Straße an, das Grundstück „Nähe ...“ mit einer Größe von 185 qm grenzt nördlich an das Grundstück ... Straße ... und östlich an das Grundstück Fl.Nr. ... an, dieses Grundstück zweigt mit einer Länge von 33 m als ... bezeichnet und gewidmet in nordwestlicher Richtung von der ... Straße ab. Das Grundstück ... grenzt in nördlicher Richtung an die beiden Grundstücke ... Straße ... und „Nähe ... an. Dieses Grundstück wird im Wesentlichen landwirtschaftlich genutzt und ist mit landwirtschaftlichen Gebäuden bebaut.

Jeweils mit Bescheiden vom 18. Oktober 2012 zog die Beklagte den Kläger für die Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße für die genannten Grundstücke zu einem Straßenausbaubeitrag heran, wobei für das Grundstück ... Straße ... ein Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR, für das Grundstück ... ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR und für das Grundstück „Nähe ...“ ein solcher von 910,75 EUR festgesetzt worden ist. Aufgrund der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten wurde die ... Straße als Haupterschließungsstraße innerhalb des öffentlichen Verkehrsnetzes der Beklagten eingestuft, der Beitragssatz pro Quadratmeter beträgt 2,59103 EUR. Die Grundstücksfläche für die Grundstücke ... bzw. „Nähe ...“ wurden mit dem Nutzungsfaktor 1,9 vervielfältigt, da auf den Grundstücken eine viergeschossige Bebauung zulässig ist, bei dem Grundstück ... Straße ... wurden die Grundstücksfläche mit einer zulässigen dreigeschossigen Bebauung mit dem Nutzungsfaktor 1,6 vervielfältigt.

Die gegen die genannten Bescheide eingelegten Widersprüche, auf deren Begründung Bezug genommen wird, wies das Landratsamt ... mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2013 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die ... Straße sei in diesem Bereich zutreffend als Haupterschließungsstraße eingestuft worden, da der überwiegende Bezug für den inner- und überörtlichen Durchgangsverkehr nicht gegeben sei, die Verkehrsplanung habe diese Einschätzung flankiert, auch das Staatsministerium des Innern habe mit Schreiben vom 10. Mai 2010 die Auffassung geteilt, dass die Straßenqualifizierung zutreffend sei.

Grundstück Fl.Nr. ... sei nach Auffassung der Prozessbevollmächtigten ein „echtes Hinterliegergrundstück“, da es erst nach Überquerung von zwei weiteren Flurstücken... und ... erreicht werden könne. Die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... stellten jedoch eine wirtschaftliche Einheit dar. Es bestehe einerseits Eigentümeridentität, andererseits sei die Fl.Nr. ... nur im Zusammenspiel mit der Fl.Nr. ... sinnvoll nutzbar, die Fl.Nr. ... partizipiere außerdem an dem ihr entstehenden Vorteil der Anbindung an die ... Straße. Das Grundstück Fl.Nr. ... als nordwestlicher Ast der ... sei ein gewidmetes Straßengrundstück, welches eine Länge von etwa 30 m habe. Aufgrund des vorhandenen Zufahrtscharakters sei dies keine eigenständig abrechenbare Anlage, sie sei vielmehr als Anhängsel der ... Straße zu sehen und somit dieser zuzurechnen und mit dieser abzurechnen. Aus rechtlicher Sicht seien daher die Ausbaubeitragsbescheide rechtmäßig.

Mit einem am 26. Juli 2013 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom selben Tag ließ der Kläger gegen die genannten Bescheide Klage erheben und beantragen,

die Bescheide der Stadt ... über die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags vom 18. Oktober 2012 betreffend die Grundstücke Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01358), Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01381) und Fl.Nr. ... (AN 3 K 13.01382) und insoweit auch den Widerspruch des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 30. September 2013 im Wesentlichen ausgeführt, die streitgegenständlichen Bescheide seien rechtswidrig.

a) Fl.Nr. ...

Mit dem Bescheid verlange die Beklagte vom Kläger einen Beitrag in Höhe von 4.750,91 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die Grundstücksfläche mit dem Faktor 1,6 multipliziert werde. Diese Berechnung sei jedoch falsch, da die Bestimmung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche offensichtlich fehlerhaft sei, da auf dem Grundstück lediglich eine eingeschossige Bebauung mit Dach vorhanden sei. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass eine Veränderung der Bebauung auch in Zukunft nicht möglich sei, da das auf dem Grundstück befindliche Gebäude denkmalgeschützt sei. Dieses sei der Beklagten auch sehr wohl bekannt, habe sie doch der vom Kläger in der Vergangenheit mehrfach beantragten Genehmigung zur Erweiterung seiner Geschossflächen gerade mit dem Argument des Denkmalschutzes stets eine Absage erteilt.

b) Fl.Nr. ...:

Hier sei mit dem angefochtenen Bescheid ein Beitrag in Höhe von 54.088,53 EUR gefordert worden, obgleich dieses Grundstück entgegen der Ansicht der Beklagten nicht beitragspflichtig sei. Dies deshalb, da es sich bei diesem Grundstück um ein echtes Hinterliegergrundstück handele, welches an den beitragspflichtigen Straßenausbaumaßnahmen der ... Straße nicht partizipiere. Das Grundstück grenze nicht an die beitragspflichtige ... Straße an. Vielmehr sei das Grundstück zum einen durch das Grundstück Fl.Nr. ... und sodann noch durch das Grundstück Fl.Nr. ... von der ... Straße abgegrenzt. Es liege somit zwei Grundstücke von der Ausbaustraße ... Straße entfernt, so dass der von der Beklagten behauptete Bezug zur Ausbaustraße fehle.

Ausweislich des Widerspruchsbescheids würden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ..., welche im Eigentum des Klägers stünden, als wirtschaftliche Einheit behandelt, so dass das Grundstück Fl.Nr. ... über das Grundstück Fl.Nr. ... erschlossen und beitragspflichtig sei. Hier werde jedoch von Seiten der Beklagten verkannt, dass bereits die wirtschaftliche Verbindung der Fl.Nr. ... mit dem Grundstück Fl.Nr. ... unrechtmäßig sei, da das Grundstück Fl.Nr. ... vielmehr dem Flurstück ... zuzuschlagen sei, da es als dessen verlängerter Arm fungiere. Sollte das Gericht dieser Einschätzung nicht folgen, so wäre jedenfalls das Grundstück Fl.Nr. ... als eigenständige Erschließungsanlage einzustufen mit der Folge, dass die Beklagte nicht das Grundstück Fl.Nr. ... bei den streitgegenständlichen Straßenbaumaßnahmen der ... Straße heranziehen dürfe.

c) Fl.Nr. ...

Bezüglich dieses Grundstücks verlange die Beklagte einen Ausbaubeitrag in Höhe von 910,75 EUR. Diese Beitragshöhe resultiere aus der Berechnung der Beklagten, wonach die beitragspflichtige Grundstücksfläche mit 1,9 wegen einer möglichen viergeschossigen Bebauung zu multiplizieren sei. Zum einen befinde sich auf dem Grundstück keinerlei Bebauung, eine solche werde dort auch nicht errichtet werden können, da wie oben beschrieben, das Grundstück Fl.Nr. ... lediglich als verlängerter Arm der auf dem Grundstück Fl.Nr. ... befindlichen ... diene. Eine Bebauung mit vier Geschossen sei auch letztlich aufgrund der Größe des Grundstücks und der Widmung als Straße schlicht unmöglich. Im Übrigen sei auf dem streitgegenständlichen Grundstück auch eine Grunddienstbarkeit zugunsten der Beklagten für die Versorgungsleitungen eingetragen, so dass eine tatsächliche Bebauung grundsätzlich schon ausscheide.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2014 beantragte die Beklagte,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, vorausschickend sei zu erklären, dass die betroffenen Flurstücke im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB lägen, für die Verteilung des Aufwands sei § 8 Abs. 8 Nr. 1 Ausbaubeitragssatzung einschlägig.

Im Einzelnen ergebe sich Folgendes:

Fl.Nr. ...: Wie auf den Aufnahmen der beiliegenden CD zu entnehmen sei, bestehe das Anwesen auf der Fl.Nr. ... aus einem älteren Gebäude mit zwei Geschossen. Hierbei handele es sich augenscheinlich nicht um Vollgeschosse im Sinne der BayBO. Da diese Geschosse ebenso genutzt werden könnten wie in einem Gebäude mit Vollgeschossen, sei bei der Satzungsänderung im Jahr 2011 die Möglichkeit des Ansatzes von Geschossen in die Satzung aufgenommen worden. Eine künftige Nutzung jedweder Art sei im Straßenausbaubeitragsrecht nicht relevant, da es sich bei einem Straßenausbaubeitrag gleichsam um eine „Momentaufnahme“ der wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts handele.

Fl.Nr. ...:

Das Grundstück Fl.Nr. ... des Klägers, sei sowohl über das im Besitz des Klägers stehende Grundstück Fl.Nr. ... als auch über das Grundstück Fl.Nr. ..., gewidmet in der Straßenklasse ... und unter dem Namen ..., von der ... Straße erschlossen. Dieser Bereich der ... sei nur rund 33 m lang und daher keine eigene Erschließungsanlage. Im Rahmen der Ausbauarbeiten der ... Straße sei auch dieser Stich ausgebaut worden. Wie der Kläger richtig anerkenne, stünden die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... in seinem Eigentum, wobei das Grundstück Fl.Nr. ... selbstständig nicht genutzt werden könne. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 ABS handele es sich bei den Flurstücken... und ... um eine wirtschaftliche Einheit. Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten dürfe das Grundstück Fl.Nr. ... nicht dem Flurstück ... zugeschlagen werden, da es sich nicht um ein gewidmetes Straßenstück handele bzw. nicht im Eigentum der Stadt ... stehe.

Fl.Nr. ...:

Wie bereits zu Flurstück ... ausgeführt, handele es sich bei Flurstück ... um ein Flurstück, welches mit Fl.Nr. ... eine wirtschaftliche Einheit bilde. Die Angaben des Klägers, die Fl.Nr. ... wäre immer noch als Straße gewidmet, sei nicht zutreffend. Dieses Flurstück sei im Jahre 2006 von der Stadt an den Kläger veräußert und entwidmet worden.

Die streitbefangenen Grundstücke und die abgerechnete Straßenbaumaßnahme wurden am 2. April 2014 vom Gericht in Augenschein genommen. Auf die Niederschrift über die Augenscheinseinnahme und die gefertigten Lichtbilder wird insoweit Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung gab das Gericht zu erkennen, dass das als „...“ bezeichnete Straßengrundstück Fl.Nr. ... im Sinne des Straßenausbaubeitrags möglicherweise eine eigenständige Anlage darstelle mit der Folge, dass die Grundstücke Fl.Nr. ... (Fl.Nr. ...) und Fl.Nr.... (Fl.Nr. ...) bezüglich der ... Straße nicht beitragspflichtig wären. Das Gericht forderte die Beklagte daher auf, insoweit eine Vergleichsberechnung vorzulegen.

Unter dem 14. Mai 2014 legte die Beklagte die geforderte Vergleichsberechnung vor, aus dieser ergibt sich u. a., dass der Kläger für das Grundstück Fl.Nr. ..., ... Straße ... nunmehr einen Beitrag in Höhe von 6.953,01 EUR zu bezahlen hätte.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. November 2014 nahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verfahren AN 3 K 13.01358 die Klage zurück und das Verfahren wurde mit Beschluss vom selben Tag eingestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere der Niederschriften über die Augenscheinseinnahme vom 2. April 2014 und die Termine zur mündlichen Verhandlung vom 2. April 2014 und vom 6. November 2014 und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Klagen, die zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden sind, sind begründet, da die Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 hinsichtlich der klägerischen Grundstücke Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... rechtswidrig sind und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die genannten Bescheide waren daher aufzuheben und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013.

Die Grundstücke des Klägers Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... gehören nicht zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke für die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag wegen der Verbesserung bzw. Erneuerung der ... Straße in .... Die ... Straße ist eine Haupterschließungsstraße, das davon abzweigende Straßengrundstück Fl.Nr. ..., als „...“ bezeichnete Straßengrundstück, an dem die Grundstücke des Klägers liegen, stellt eine Anliegerstraße dar. Die unselbstständige Stichstraße „...“ und die ... Straße gehören daher unterschiedlichen Straßenkatagorien an.

Einem Grundstück wird im Straßenausbaubeitragsrecht eine vorteilsrelevante, zur Beitragserhebung rechtfertigende Inanspruchnahmemöglichkeit grundsätzlich durch die nächste von ihm aus erreichbare selbstständige Verkehrseinrichtung vermittelt. Grenzt ein Grundstück an einen von einer ausgebauten Straße abzweigenden Stich ab, beantwortet sich die Frage, ob das betreffende Grundstück an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands für den Ausbau der Straße teilnimmt, danach, ob der Stich als ausbaubeitragsrechtlich selbstständig oder unselbstständig zu qualifizieren ist. Ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen selbstständigen Ortsstraßen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG einerseits und unselbstständigen Zufahrten zu solchen Ortsstraßen als deren Bestandteil („Anhängsel“) andererseits ist der Gesamteindruck der zu beurteilenden Einrichtung. Besondere Bedeutung kommt ihrer Ausdehnung und Beschaffenheit sowie vor allem dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße, in die sie einmündet, zu (BayVGH, U.v. 14.4.2011 - 6 BV 08.3182; juris).

Wo eine - beitragspflichtig ausgebaute - Ortsstraße beginnt und wo sie endet, bestimmt sich daher wie bei den Anbaustraßen des Erschließungsbeitragsrechts nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Einrichtung als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen oder Grundstücksgrenzen, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Ausstattung mit Teileinrichtungen auszurichten. Dieser Gleichlauf mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagebegriff bezeichnet indes nur die Regel, von der spezifisch ausbaubeitragsrechtliche Grundsätze eine Ausnahme verlangen können. Eine Ausnahme ist insbesondere dann geboten, wenn eine Hauptstraße und eine von ihr abzweigende, weniger als 100 m lange und deshalb erschließungsbeitragsrechtlich unselbstständige Stichstraße (Sackgasse) unterschiedlichen Verkehrsfunktionen dienen, die zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen. In einer solchen Fallgestaltung handelt es sich ausbaubeitragsrechtlich um zwei selbstständige Einrichtungen, auch wenn sie nach ihrem Erscheinungsbild als eine Anlage erscheinen. Diese wertende Korrektur der natürlichen Betrachtungsweise wird erzwungen durch die unterschiedliche Verkehrsfunktion und - daraus folgend - die unterschiedliche Einstufung von Hauptstraße und Sackgasse in eine der in der Ausbaubeitragssatzung festgelegten Straßenkategorien; denn nur auf diesem Weg kann erreicht werden, dass einerseits allein die Anlieger an der Hauptstraße in den Genuss des geringeren Anliegeranteils an den Ausbaukosten kommen und andererseits die Anlieger der Sackgasse mit dem entsprechend höheren Anliegeranteil (bei freilich regelmäßig niedrigeren Ausbaukosten) belastet werden (BayVGH, B.v. 19.5.2010 - 6 ZB 09.1758; juris).

Dies ist vorliegend der Fall, weil der ... Straße, von der die Stichstraße „...“ abzweigt, eine andere Verkehrsbedeutung zukommt als der Stichstraße selbst. Es handelt sich dann um zwei getrennte Anlagen. Zwar ist die Stichstraße lediglich 33 m lang, doch diese geringe Länge führt nicht dazu, diesen Stich als bloßes Anhängsel der ... Straße zu betrachten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 31. Juli 2009 - 6 ZB 07.2228 eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg bestätigt, in dem dieses einen lediglich 20 m langen Weg als eigenständige Anlage angesehen hat. Wie die von der Kammer durchgeführte Augenscheinseinnahme ergeben hat, stellt sich die Stichstraße „...“ nicht als bloßes Anhängsel dar, weil sie zum einen nicht nur zufahrtsähnlichen Charakter besitzt, sondern der Erschließung von insgesamt vier Grundstücken dient, auch wenn das Grundstück Fl.Nr. ... auch unmittelbar an der ... Straße liegt, die Grundstückszufahrt jedoch erfolgt über die Stichstraße. Darüber hinaus wird auch das Grundstück Fl.Nr. ... nur von dieser Anlage erschlossen, ebenfalls die dem Kläger gehörenden Grundstücke Fl.Nrn. ... und .... Auch der Ausbauzustand dieses Straßenstücks stellt sich anders dar als die ... Straße, so führt auf der östlichen Seite der Straße ein Gehweg lediglich bis zur Einfahrt des Grundstücks Fl.Nr. ..., auf der westlichen Seite befindet sich überhaupt kein Gehsteig. Zudem ist diese ... auch wesentlich schmäler als die ... Straße mit ihren beidseitigen Gehsteigen. Darüber hinaus ist der Einmündungsbereich dieser Stichstraße in die ... Straße trichterförmig aufgeweitet, auch dies führt bei einer Gesamtbetrachtung dazu, diese Straße als eigenständige Anlage wahrzunehmen und nicht als bloße Zufahrt anzusehen. Auch optisch ist diese Stichstraße von der ... Straße abgesetzt, denn der Gehweg auf der ... Straße wird im Einmündungsbereich durchgeführt, so dass die unterschiedlichen Beläge zu einer optischen Trennung führen. Zwar nicht von rechtlicher Bedeutung, doch als bestärkendes Merkmal kann vorliegend die Tatsache herangezogen werden, dass im westlichen Bereich der Einmündung der Stichstraße ein Straßenverkehrsschild mit dem Gebot „Vorfahrt achten“ steht, an dessen Halterung das Straßenschild „... Hs.Nr. ...“ angebracht ist, also die Grundstücke des Klägers sowie die beiden anderen oben genannten Grundstücke nicht Hausnummern der ... Straße tragen, also auch die Beklagte von einer gewissen Eigenständigkeit dieser Stichstraße auszugehen scheint. Wie die Augenscheinseinnahme gezeigt hat, koppelt somit diese Stichstraße als Anliegerstraße die Grundstücke des Klägers von der Haupterschließungsstraße ... Straße ab, so dass diese ausbaubeitragsrechtlich nicht zum umlagefähigen Aufwand der ... Straße herangezogen werden können.

Nach alledem waren daher die im Tenor bezeichneten Bescheide der Beklagten vom 18. Oktober 2012 und insoweit auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24. Juni 2013 aufzuheben und die Kosten des Verfahrens insoweit der Beklagten gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2, 173 VwGO i. V. m. §§ 708, 709 ZPO.

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO wird die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Tenor

I.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 21. Januar 2015 - B 4 K 13.729 - wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 14.833,78 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, ist zulässig, aber unbegründet. Denn der innerhalb der Begründungsfrist des §124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - NVwZ-RR 2004, 542 f.). Das ist nicht der Fall.

Die beklagte Gemeinde hat den Kläger für dessen Grundstück FlNr. 447 zu Vorauszahlungen auf den Straßenausbaubeitrag (Art. 5 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 KAG) für die Erneuerung der Ortsdurchfahrt in Höhe von 4.657,24 € (Bescheid vom 6.2.2012 - erster Bauabschnitt in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.6.2013) und 10.176,54 € (Bescheid vom 30.8.2013 - zweiter Bauabschnitt) herangezogen. Das Grundstück ist von der Ortsdurchfahrt durch das ebenfalls im Eigentum des Klägers stehende Anliegergrundstück FlNr. 433 getrennt und liegt selbst an einer von der Ortsdurchfahrt abzweigenden Stichstraße. Die Grundstücke befinden sich im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des Klägers und sind durch Pacht- und Betriebsüberlassungsvertrag an die Bauunternehmen P. GmbH verpachtet, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger ist. Nach Zustellung des ersten Vorauszahlungsbescheids wurde der Pachtvertrag durch einen Nachtrag vom 28. Oktober 2014 ergänzt, den der Kläger sowohl als Verpächter als auch für die Pächterin unterzeichnet hat. Darin ist insbesondere vereinbart: „Der Pächterin ist nicht gestattet, das Grundstück (Fl.Nr. 447) über das Grundstück (Fl.Nr. 433) zu befahren. Der Transport von Baumaterial hat ausschließlich über den angrenzenden Schul- und Radweg (Fl.Nr. 49) zu erfolgen. Die Pächterin ist verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen (insbesondere Absperrungen) auf eigene Kosten dafür zu sorgen, dass eine Zufahrt von Grundstück (Fl.Nr. 433) auf das Grundstück (Fl.Nr. 447) - und umgekehrt - nicht möglich ist.“

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen gegen die Vorauszahlungsbescheide nach Durchführung eines Augenscheins für unbegründet erachtet und abgewiesen. Die gerichtliche Ortsbesichtigung und die bei den Akten befindlichen Fotos hätten eindeutig ergeben, dass zwischen dem Vorderliegergrundstück FlNr. 443 und dem Hinterliegergrundstück FlNr. 447 sowohl eine für Lkw geeignete Zufahrt im Freien als auch eine garagentorgroße Durchfahrt in der rückwärtigen Wand des Grenzgebäudes angelegt seien. Die tatsächlich vorhandenen Durchgänge würden ungeachtet des Umstandes, dass gegenwärtig ein leicht zu beseitigender Bauzaun eine Durchfahrt verschließe, den Schluss erlauben, dass die abzurechnende Ortsdurchfahrt über das Anliegergrundstück vom Hinterliegergrundstück aus trotz dessen weiterer Anbindung an die Stichstraße in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen werde. Das rechtfertige es, das Hinterliegergrundstück zu Vorauszahlungen heranzuziehen. Daran ändere auch der Nachtrag zum Pachtvertrag nichts. Denn diese schuldrechtliche Vertragsgestaltung sei unter dem Blickwinkel des Missbrauchs der Gestaltungsfreiheit gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b) KAG i. V. m. § 42 AO unbeachtlich.

Der Kläger hält den Erwägungen des Verwaltungsgerichts mit seinem Zulassungsantrag entgegen, dass die Ergänzung des Pachtvertrags keinen Gestaltungsmissbrauch darstelle. Er habe die Schließung der Zufahrt vielmehr vorgenommen, um das Unfallrisiko für die Mitarbeiter, Kunden, Bewohner des Wohn- und Geschäftshauses auf dem Vorderliegergrundstück und für die Nachbarn zu verringern. Dieser Einwand vermag keine ergebnisbezogenen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu begründen, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.

Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass ein sog. nicht gefangenes Hinterliegergrundstück, wie das des Klägers, nur dann straßenausbaubeitrags- und damit zugleich vorauszahlungspflichtig ist, wenn Anhaltspunkte den Schluss erlauben, die abzurechnende Straße werde über das Anliegergrundstück vom Hinterliegergrundstück aus ungeachtet dessen direkter Anbindung an seine „eigene“ Straße in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen werden (BayVGH, U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.132 - BayVBl 2013, 211 Rn. 40 ff.; B.v. 25.2.2015 - 6 ZB 14.2045 - juris Rn. 8 f.). Die einheitliche Nutzung von Anlieger- und Hinterliegergrundstück als Betriebsgelände in der Hand des Klägers als einzigem Eigentümer reicht hierzu für sich betrachtet zwar nicht aus. Als Anhaltspunkt für einen solchen Schluss genügt aber eine tatsächlich angelegte Zufahrt oder ein tatsächlich angelegter Zugang über das Anliegergrundstück.

Nach den - unbestrittenen - Feststellungen des Verwaltungsgerichts sind zwei befahrbare Durchgänge zwischen Anlieger- und Hinterliegergrundstück angelegt, über die die abzurechnende Ortsdurchfahrt erreicht werden kann. Dass eine der Zufahrten beim Augenscheinstermin durch einen leicht zu beseitigenden Bauzaun verschlossen war, ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, unbeachtlich. Beitragsrechtlich ebenfalls unbeachtlich ist das Durchfahrtsverbot, das der Kläger (als verpachtender Einzelunternehmer und Geschäftsführer der pachtenden GmbH in einer Person) schuldrechtlich vereinbart hat. Es kann dahinstehen, ob es für eine Beitragspflicht überhaupt erforderlich wäre, dass auf das Hinterliegergrundstück mit Kraftfahrzeugen heraufgefahren werden kann, oder ob bereits eine durch das Verbot unberührt bleibende Betretensmöglichkeit für Fußgänger genügt. Jedenfalls kann ein solches selbstgeschaffenes rechtliches Hindernis in der vorliegenden Fallkonstellation den durch die tatsächlichen Verhältnisse begründeten Schluss auf eine (wahrscheinliche) Inanspruchnahme der abzurechnenden Straße nicht ausschließen und das Entstehen einer Beitragspflicht - zulasten der übrigen Beitragspflichtigen - nicht verhindern. Denn der Kläger hat es jederzeit in der Hand, ob und wie lange das Durchfahrtsverbot bestehen bleibt und durchgesetzt wird. Die tatsächlichen Zugangsverhältnisse haben mit anderen Worten stärkeres Gewicht als der selbstgeschaffene Rechtsschein. Unterliegt das Hinterliegergrundstück demnach der Vorauszahlungspflicht, bedarf es keines Rückgriffs auf das Institut des Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.