Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 13. Dez. 2016 - AN 15 K 16.01923

bei uns veröffentlicht am13.12.2016

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe und die Beiordnung seines Bevollmächtigten für eine Klage gegen einen Bescheid der Beklagten vom 6. September 2016, mit dem diese die Abänderung eines Pferdehaltungsverbots abgelehnt hat.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 23. September 2011 untersagte die Beklagte dem Kläger u.a. die Pferdehaltung. Dem lag zugrunde, dass die Pferde des Klägers in der Vergangenheit bereits mehrfach ausgebrochen waren, es dabei zu gefährlichen Situationen gekommen ist und die dem Kläger mit Bescheiden vom 14. Oktober 2005 bzw. vom 25. Mai 2007 auferlegten Pflichten, seine Pferde zwischen Stall und Koppel stets am Zügel zu führen bzw. die Pferde ausbruchsicher unterzubringen, von diesem wiederholt nicht beachtet wurden. Die gegen den Untersagungsbescheid erhobene Klage (AN 5 K 11.01867) und der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das ablehnende Urteil blieben erfolglos.

Mit Schreiben vom 1. August 2016 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag, dass mit Bescheid vom 23. September 2011 angeordnete allgemeine Pferdehaltungsverbot aufzuheben.

Mit Bescheid vom 6. September 2016 lehnte die Beklagte nach Anhörung des Klägers die Aufhebung des Pferdehaltungsverbots ab. Die Beklagte habe nach wie vor erhebliche Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers. Dieser habe bislang keine entsprechenden Nachweise vorgelegt (zum Beispiel Besitz einer ausbruchsicheren Koppel, Bescheide über Fortbildungsmaßnahmen oder Lehrgänge zur Pferdehaltung). Derartige Nachweise seien jedoch erforderlich, um eine erneute Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die Pferdehaltung auszuschließen. Überdies verfüge der Kläger nicht über die finanziellen Mittel, welche eine Pferdehaltung erforderten. So habe er auf die durch die Beklagte verauslagten Kosten (ca. 38.000,00 EUR) für die Unterbringung seiner Pferde, Tierarztbehandlungen und Sachbeschädigungen durch die Pferde bislang keine Zahlung geleistet.

Mit am 29. September 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 26. September 2016 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 6. September 2016 erhoben. Er begehrt dessen Aufhebung sowie die Gestattung der Pferdehaltung. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen Vorbringen lassen, die seitens der Beklagten vorgebrachten Argumente seien nicht geeignet, das Pferdehaltungsverbot weiter aufrecht zu erhalten. Der Kläger sei bereit, nach Gestattung der Pferdehaltung eine Ausbruchsicherung bezüglich der Koppel zu erstellen und nachzuweisen. Darüber hinaus sei er bereit, auf die Haltung von Hengsten zu verzichten. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sei mit einer solchen Pferdehaltung nicht mehr gegeben. Auch werde seitens des Klägers eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abgeschlossen werden. Die Absolvierung von Fortbildungsmaßnahmen oder Lehrgängen zur Pferdehaltung könnten dem Kläger allerdings nicht abverlangt werden.

Mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2016 ließ der Kläger weiter beantragen,

dem Kläger für das anhängige Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und den Unterzeichnenden als Rechtsanwalt beizuordnen.

Die Beklagte erwidert auf den klägerischen Vortrag mit Schriftsätzen vom 20. Oktober 2016 und 25. November 2016, dass ihr bislang keine schlüssigen Gründe oder Nachweise dargelegt worden seien, aus denen sich eine zwischenzeitlich vorliegende persönliche Eignung des Klägers ergeben würde. Vielmehr habe der Kläger auch nach Erlass des Pferdehaltungsverbots durch sein Handeln gezeigt, dass es ihm an jeglicher Einsichtsfähigkeit und Zuverlässigkeit bezüglich der Pferdehaltung fehle. Der Kläger habe nämlich auch nach Erlass dieser Untersagungsanordnung mehrfach gegen diese verstoßen. So habe er sowohl im Mai 2012 wie auch im September 2013 erneut Pferde gehalten. Beide Male habe, da der Kläger die Pferdehaltung nicht freiwillig aufgegeben habe, eine Wegnahme seitens der Beklagten erfolgen müssen. Dass der Kläger nicht gewillt sei, auf behördliche Anordnungen zu reagieren und diese zu befolgen, zeige sich auch aus seinem Verhalten bei der Hundehaltung. So sei gegenüber dem Kläger im Januar 2014 auch eine Anordnung bezüglich dessen Hundehaltung (Leinenzwang) erlassen worden. Da der Kläger in der Folgezeit wiederum mehrfach gegen die ihm auferlegten Pflichten verstoßen habe, habe die Beklagte ihm mit Bescheid vom 26. März 2015 die Hundehaltung untersagt. Die Rechtmäßigkeit des Hundehaltungsverbots sei auch seitens des Verwaltungsgerichts Ansbach (AN 5 K 15.00601) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes bestätigt worden. Vor diesem Hintergrund sehe die Beklagte nach Abwägung aller Interessen derzeit keine Möglichkeit, dem Antrag des Klägers auf Widerruf des Pferdehaltungsverbots zu entsprechen.

Der Kläger replizierte auf die Klageerwiderung, dass er durch die Anschaffung der beiden Pferde zwar gegen die Untersagungsverfügung vom 23. September 2011 verstoßen habe; eine darüberhinausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sei hingegen nicht erfolgt. Auch die seitens der Beklagten genannten, dem Hundehaltungsverbot zugrunde liegenden Verstöße könnten ein Verbot der Pferdehaltung keinesfalls rechtfertigen. Dem Kläger sei daher die Pferdehaltung - gegebenenfalls unter Beifügung bestimmter Auflagen - zu gestatten.

Zum Verfahren wurden die Gerichtsakten aus den Verfahren AN 5 K 11.01867 und AN 5 K 15.00601 beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorliegende Behördensowie die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt … für die Durchführung des Klageverfahrens ist unbeschadet der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Klägers abzulehnen, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Dass die Beklagte die beantragte Abänderung des Pferdehaltungsverbots abgelehnt hat, ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen (teilweisen) Widerruf des mit dem Bescheid vom 23. September 2011 ausgesprochenen Pferdehaltungsverbots (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

Das Pferdehaltungsverbot vom 23. September 2011 ist ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt und es ist auch nicht ersichtlich, dass ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts in Vollzug gebundenen Rechts bzw. aufgrund eines auf eine einzige Entscheidung reduzierten Ermessensrahmens zwingend wieder ergehen müsste. Ein Widerruf ist damit zwar grundsätzlich möglich. Die Beklagte hat aber jedenfalls im Rahmen einer fehlerfreien Ermessensentscheidung den Widerruf der belastenden Anordnungen aus dem Bescheid vom 23. September 2011 abgelehnt.

Dabei ist auch zu beachten, dass Ermessensentscheidungen - wie die nach Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG - nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegen (§ 114 Satz 1 VwGO). Dem Gericht ist es deshalb versagt, die behördlichen Ermessenserwägungen durch eigene zu ersetzen; es kann die Entscheidung nur auf Ermessensfehler hin überprüfen. Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind vorliegend Ermessensfehler des Beklagten nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen für die auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG gestützte Untersagungsanordnung liegen nach wie vor vor. Nachträglich eingetretene Tatsachen, die eine andere Beurteilung der Sachlage rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. So ist insbesondere nicht festzustellen, dass - wie der Kläger behauptet - bei einer Wiederaufnahme der Pferdehaltung konkrete Gefahren, die das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder Sachwerten bedrohen, nicht mehr bestehen würden. Für die diesbezügliche Prognoseentscheidung gilt dabei ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind daher umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BayVGH, U.v. 6.4.2016 - 10 B 14.1054).

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat in seiner Entscheidung von 2012 zum Pferdehaltungsverbot festgestellt, die Pferde des Klägers seien vor Erlass der Untersagungsanordnung von 2011 über Jahre hinweg immer wieder ausgerissen und hätten in Folge dessen gefährliche Situation für Leben und Unversehrtheit anderer herbeigeführt. Ohne Einschreiten der Sicherheitsbehörde wäre der Eintritt weiterer Gefährdungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen. Überdies sei der Kläger grundsätzlich zur Pferdehaltung ungeeignet (vgl. dazu VG Ansbach, U.v. 26.1.2012 - AN 5 K 11.01867). Dass der Kläger künftig in der Lage sein wird, einen verantwortungsbewussten Umgang mit den Pferden vorzunehmen, ist nicht ersichtlich. Ein Umdenken in Bezug auf das Verhalten im Umgang mit Pferden und eine Einsicht in die bisherigen Verstöße sind beim Kläger gerade nicht erkennbar. Dass der Kläger auch nach dem Erlass des Pferdehaltungsverbots vom 23. September 2011 wiederholt Pferde gehalten hat, zeigt, dass der Kläger nicht gewillt oder in der Lage ist, insoweit die Rechtsordnung zu respektieren und sein Verhalten danach auszurichten. Auch die Verstöße in jüngster Vergangenheit gegen die gegenüber dem Kläger durch Bescheid angeordneten Hundehalterpflichten, die im März 2015 sogar in eine Untersagung der Hundehaltung mündeten, belegen, dass sein Fehlverhalten keine bloßen Einzelfälle darstellen, bei denen zu erwarten ist, dass der Kläger sie künftig abstellen wird. Das Verhalten des Klägers dokumentiert vielmehr eine Gleichgültigkeit gegenüber der Einhaltung geltenden Rechts. Da zudem auch keine Verhaltensänderungen erkennbar sind, bestehen derzeit keine Anhaltspunkte, die es im Rahmen einer Prognose rechtfertigen würden, auf eine künftige Rechtstreue zu vertrauen. Ein Besuch von entsprechenden Fortbildungsmaßnahmen oder Lehrgängen zur Pferdehaltung, durch deren Absolvierung der Eintritt eines individuellen Lernprozesses beim Kläger in Gang gesetzt werden könnte und die zu einem Umdenken hinsichtlich seines Verhaltens führen könnten, wurde nicht nur vom Kläger nicht nachgewiesen; vielmehr besteht diesbezüglich eine Weigerungshaltung. Die Beklagte konnte damit aufgrund des Verhaltens des Klägers zu Recht auf dessen auch gegenwärtig noch bestehende Unzuverlässigkeit und damit auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr schließen.

Auch die zusätzlich im Klageverfahren vorgebrachten Aspekte führen zu keiner anderen Entscheidung. Der begehrte Widerruf des Pferdehaltungsverbots kommt auch nicht deswegen in Betracht, weil der Kläger bereit ist, eine Abänderung unter Nebenbestimmungen, wie bspw. die von ihm vorgeschlagene Herstellung einer ausbruchsicheren Koppel, hinzunehmen. Vor dem Hintergrund der vorliegenden Erkenntnisse und des klägerischen Verhaltens in der Vergangenheit sowie der fehlenden Zuverlässigkeit des Klägers stellen Nebenbedingungen kein taugliches Mittel zur Unterbindung der weiterhin drohenden Gefahren dar. Die Gefahren für Leib und Leben, auf deren Beseitigung das Pferdehaltungsverbot von 2011 maßgeblich abzielt, beruhten nämlich gerade nicht (nur) auf dem Fehlen von Vorkehrungen zur sicheren Verwahrung der Pferde, sondern vor allem auch auf einem insoweit bestehenden Verhaltensdefizit des Klägers im Umgang mit diesen Tieren. So vermochte der Kläger des Öfteren nicht zu gewährleisten, dass ihm die Pferde bei beaufsichtigten Einsätzen nicht ausrissen mit der Folge, dass entsprechende gefährliche Situationen verursacht wurden. Aus diesem Grund hilft dem Kläger auch die Ankündigung eines Verzichts auf die Haltung von Hengsten nicht weiter, zumal sich das Gefährdungspotential (auch) nicht nur auf die Hengste beschränkte. Vielmehr ging aus der im damaligen Klageverfahren vorgelegten veterinärmedizinischen Stellungnahme vom 3. Januar 2012 hervor, dass bei den Pferden des Klägers (insgesamt) ein Erziehungsdefizit bestehe. Gerade dies bestätigt aber, dass das Gefährdungspotential der Pferde maßgeblich auch im Verhalten des Klägers mit diesen begründet war. Wie er ein solches jetzt verhindern will, hat er gerade nicht aufgezeigt. Hierfür wäre der Nachweis von verhaltensändernden Maßnahmen erforderlich gewesen. Fortbildungen oder Lehrgänge im Umgang mit der ordnungsgemäßen Haltung von Pferden oder Tieren im Allgemeinen wurden von ihm aber gerade abgelehnt, was ein Desinteresse des Klägers an einer Verhaltensänderung offenkundig werden lässt.

Auch der Einwand des Klägers, er würde eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abschließen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Unabhängig davon, ob der Kläger überhaupt über die finanziellen Mittel für den Abschluss einer solchen Versicherung verfügt, würde eine solche nur dazu dienen, eventuell auftretende Schäden zu regulieren. Gerade im Hinblick auf die gesetzgeberische Aufgabe der Sicherheitsbehörden, bereits einen Schadenseintritt abzuwehren, geht diese Maßnahme jedoch fehl.

Die Beklagte hat es nach alledem rechtsfehlerfrei abgelehnt, das Pferdehaltungsverbot vom 23. September 2011 zu widerrufen. Demnach ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwaltes … mangels hinreichender Erfolgsaussicht der erhobenen Klage abzulehnen.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 13. Dez. 2016 - AN 15 K 16.01923

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 13. Dez. 2016 - AN 15 K 16.01923

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch
Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 13. Dez. 2016 - AN 15 K 16.01923 zitiert 5 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

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Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 13. Dez. 2016 - AN 15 K 16.01923 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 06. Apr. 2016 - 10 B 14.1054

bei uns veröffentlicht am 06.04.2016

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Aktenzeichen: 10 B 14.1054 Im Namen des Volkes Urteil vom 6. April 2016 (VG München, Entscheidung vom 15. März 2012, Az.: M 22 K 11.42) 10. Senat Sachgebietsschlü

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 10 B 14.1054

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 6. April 2016

(VG München, Entscheidung vom 15. März 2012, Az.: M 22 K 11.42)

10. Senat

Sachgebietsschlüssel: 520

Hauptpunkte:

Anordnungen zur Hundehaltung;

American Bulldog Mischling;

Negativattest;

Maulkorbzwang bei Freilauf im Außenbereich;

Gemeinsames Ausführen mehrerer Hunde

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Gemeinde ..., vertreten durch den ersten Bürgermeister,

- Beklagte -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beteiligt: Landesanwaltschaft ..., als Vertreter des öffentlichen Interesses,

wegen Anordnungen zur Hundehaltung;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. März 2012,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 10. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Senftl, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Zimmerer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dihm ohne mündliche Verhandlung am 6. April 2016 folgendes Urteil:

I.

Unter teilweiser Abänderung der Nr. I des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. März 2012 werden Nr. 2.2 Satz 2 und Nr. 2.5 des Bescheids der Beklagten vom 11. Dezember 2010 aufgehoben.

II.

Unter Abänderung der Nr. II des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. März 2012 trägt der Kläger ein Drittel und die Beklagte zwei Drittel der Kosten des Verfahrens in erster Instanz. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage gegen Nr. 2.2 Satz 2 und Nr. 2.5 des Bescheids der Beklagten vom 1. Dezember 2010 weiter. Nr. 2.2 Satz 2 des Bescheids bestimmt, dass dem Hund des Klägers bei freiem Auslauf ein sicherer Maulkorb anzulegen ist. In Nr. 2.5 wird angeordnet, dass beim Ausführen des Hundes zusammen mit einem oder mehreren anderen Hunden sicherzustellen ist, dass nur einem Hund Freilauf ohne Leine gestattet wird, sofern nicht andere Umstände dazu führen, dass alle Hunde an der Leine geführt werden müssen.

Der Kläger ist Halter des American Bulldog-Mischlings „Jin“. Am 2. Juli 2010 beantragte er die Erteilung eines sog. Negativzeugnisses. In der gutachterlichen Stellungnahme zum Vollzug des Art. 37 Abs. 2 LStVG i. V. m. § 1 Abs. 2 der Verordnung für Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 20. Mai 2010 kommt die Gutachterin zu dem Ergebnis, dass bei „Jin“ keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren festgestellt werden könne. Ein Negativzeugnis könne ausgestellt werden. Bei Begegnungen mit gleichgeschlechtlichen Artgenossen sei erhöhte Vorsicht geboten. Die Gutachterin empfahl der Beklagten, den Hundehalter anzuweisen, seinen Hund an einer reißfesten Leine auszuführen oder ausführen zu lassen. Das Freilaufenlassen solle nur dort gestattet werden, wo übersichtlich sei, dass keine anderen Hunde vorhanden seien oder plötzlich hinzukommen könnten. Zudem solle der Hundehalter einen Nachweis erbringen, dass er mit seinem Hund einen Erziehungskurs an einer Hundeschule absolviert habe.

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2010 erteilte die Beklagte dem Kläger das sog. Negativzeugnis (Nr. 1) und setzte neben dem Leinenzwang innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile u. a. fest, dass der freie Auslauf nur außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig sei, wo übersichtlich sei, dass keine anderen Hunde vorhanden seien oder plötzlich hinzukommen könnten (weit übersichtliche Felder oder ähnliches), und „Jin“ bei freiem Auslauf ein sicherer Maulkorb anzulegen sei (Nr. 2.2). Beim Ausführen des Hundes zusammen mit einem oder mehreren anderen Hunden sei sicherzustellen, dass nur einem Hund der Freilauf ohne Leine gestattet werde, sofern nicht andere Umstände dazu führen, dass alle Hunde an der Leine geführt werden müssten (Nr. 5). In Nr. 6 des Bescheids ordnete die Beklagte an, dass „Jin“ nur vom Halter oder geeigneten, der Beklagten namentlich zu benennenden Personen ausgeführt werden darf. Die Beklagte wies zudem darauf hin, dass den Anordnungen des Bescheids vom 1. Dezember 2010 im Bereich des gesamten Freistaats Bayern Folge zu leisten sei.

Bezüglich der Anordnung des Maulkorbzwanges führte die Beklagte in den Bescheidsgründen aus, dass es zu Beißvorfällen komme oder kommen könne, wenn „Jin“ außerhalb der Ortschaft frei herumlaufe und keinen entsprechenden Schutz trage. Es entspreche dem Bewegungsbedürfnis der Hunde, nicht stets an der Leine zu laufen. Es erscheine durchaus sachgerecht, außerhalb geschlossener Ortschaften von der Anleinpflicht abzusehen. Die Beklagte sei allerdings auch der Auffassung, dass es, wenn „Jin“ außerhalb geschlossener Ortschaften frei herumlaufe, in gleicher Weise wie innerhalb des Ortes zu Kontakt mit dritten Personen kommen könne. Der Hund werde, wenn er frei herumlaufe, auf Jogger, Spaziergänger, Radfahrer oder andere Nutzer des Außenbereichs treffen. Die Anordnung in Nr. 2.5 des Bescheids begründete die Beklagte, dass nach Einschätzung von Fachleuten und Gutachtern das Gefahrenrisiko von Sicherheitsstörungen bei der Haltung und Führung von zwei und mehr Hunden (Rudelhaltung) durch die meutetriebliche Stimulation nicht nur doppelt so groß, sondern um ein Vielfaches größer sei. Neben der gegenseitigen Meuteunterstützung sei im Rudel auch eine Reizschwellensenkung gegeben. Dies bedeute, dass Tiere im Rudelverband schneller bereit seien, ein Opfer zum Zwecke des Beuteerwerbs oder zu ihrer Verteidigung auszusuchen und anzuvisieren als dies bei der Einzelhundehaltung der Fall sei.

Die Klage des Klägers gegen die Anordnungen Nr. 2.2 Satz 2, Nr. 2.5 und 2.6 im Bescheid vom 1. Dezember 2010 wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 15. März 2012 ab. Zum Maulkorbzwang führte das Gericht aus, dass das von der Beklagten diesbezüglich prognostizierte Geschehen nicht nur konstruiert oder entfernt denkbar sei. Zu Begegnungen mit dritten Personen könne es ohne weiteres auch außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile kommen. In einer stark vom Tourismus geprägten Region wie dem bayerischen Alpenvorland könne auch im übersichtlichen, weit einsehbaren Gelände und trotz vorheriger Prüfung der Nichtanwesenheit anderer Hunde durch den Kläger nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass solche dennoch hinzukämen. Der Kläger hätte dann, insbesondere wenn sich sein freilaufender Hund zu diesem Zeitpunkt in einer gewissen Entfernung von ihm befinde, keine Einwirkungsmöglichkeit auf denselben. Zwar sei insgesamt die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung mit anderen Hunden und Passanten außerhalb bebauter Ortsteile naturgemäß geringer als innerorts, dies ließe aber das Vorliegen einer konkreten Gefahr im erstgenannten Bereich nicht entfallen. Gerade bei Freilauf befinde sich der jeweilige Hund nicht mehr im unmittelbaren Zugriffsbereich des Hundehalters. Der nur für diesen Fall angeordnete Maulkorbzwang sei eine zur Gefahrenabwehr geeignete und zulässige Maßnahme, die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspreche. Dass die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 20. Mai 2010 zwar die Anordnung eines Leinenzwangs, nicht aber eines Maulkorbzwangs bei Freilauf vorgeschlagen habe, sei diesbezüglich nicht von Belang.

Zu Nr. 2.5 des Bescheids führte das Verwaltungsgericht aus, dass es sich hierbei um ein milderes Mittel gegenüber einem Verbot der Ausführung mehrerer Hunde oder gar einem vollständigen Verbot der Rudelhaltung handle. Es sei alleine das Ausführen mehrerer Hunde durch den Kläger gemeint, da ausschließlich der Kläger Adressat des Bescheids sei. Die Anordnung sei auch nicht zu unbestimmt.

Mit Beschluss vom 2. Mai 2014 ließ der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. März 2012 (teilweise) zu, soweit damit die Klage gegen Nr. 2.2 Satz 2 und Nr. 2.5 des Bescheids der Beklagten vom 1. Dezember 2010 abgewiesen worden ist.

Zur Begründung seiner Berufung nimmt der Kläger auf die Begründung des Zulassungsantrags vom 30. Mai 2012 Bezug. Er verweist auf das Urteil des Senats vom 21. Dezember 2011 (10 B 10.2806), wonach eine konkrete Gefahr durch große Hunde nur innerorts oder auf Straßen und Wegen mit vergleichbar relevantem Publikumsverkehr angenommen werden könne. Vorliegend gehe es um einen Maulkorbzwang, der bei freiem Auslauf außerorts auf weit übersichtlichen Feldern zu beachten sei. Dort sei nennenswerter Publikumsverkehr mehr oder weniger ausgeschlossen. Es gebe keine weiteren Anhaltspunkte für ein gefährliches Verhalten des Hundes des Klägers, da dieser noch nie nachteilig aufgefallen sei. Auch die Gutachterin habe die Anordnung eines Maulkorbzwanges gerade nicht für erforderlich angesehen. Nr. 2.5 des angegriffenen Bescheids sei rechtswidrig, weil die Beklagte den Freilauf nicht nur für etwaige gemeinsam vom Kläger gehaltene Hunde auf einen Hund begrenzen wollte, sondern auch die Zahl der freilaufenden Hunde, die gleichzeitig mit „Jin“ ausgeführt und nicht vom Kläger gehalten würden, begrenzen wolle. Da die Auflage auch für einen den Hund ausführenden Dritten gelte, verwirke der Kläger ein Zwangsgeld, wenn ein „Vierter“ seinen Hund von der Leine lasse, wenn „Jin“ bereits frei herumlaufe. Dafür gebe es keinen rechtfertigenden Grund. Dies sei nicht verhältnismäßig.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. März 2012 teilweise abzuändern und Nr. 2.2 Satz 2 und Nr. 2.5 des Bescheids der Beklagten vom 1. Dezember 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es sei für die Rechtmäßigkeit der Anordnung eines Maulkorbzwangs nicht erforderlich, dass es bereits zu einem konkreten Beißvorfall gekommen sei oder sich der Hund sonst bei einem konkreten Vorfall in der Vergangenheit besonders gefahrdrohend gezeigt habe. Insoweit habe das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass von großen, freilaufenden Hunden mit hoher Beißkraft, Muskelkraft und hohem Gewicht gesteigerte Gefahren für die genannten Schutzgüter ausgingen, da viele Menschen hier aufgrund angsterfüllter Begegnungen unkontrolliert reagierten, insbesondere da sie befürchteten, gebissen zu werden. Ein Hund, der erkennbar einen Maulkorb trage, rufe nicht dieselbe Befürchtung von Passanten hervor, gebissen zu werden. Der Senat habe sich bereits mit einer Anordnung zum Ausführen mehrerer Hunde, die gleichlautend mit der angegriffenen Nr. 2.5 des Bescheids sei, auseinandergesetzt und keine Bedenken gegen die Bestimmtheit einer solchen Anordnung geäußert (U. v. 21.12.2011, Az. 10 B 10.2806). Die Anordnung gelte nicht nur für etwaige gemeinsam vom Kläger gehaltene Hunde, sondern auch für Hunde, die gleichzeitig mit „Jin“ ausgeführt und nicht vom Kläger gehalten würden. Es möge zwar denkbar sein, dass eine Rudel- bzw. Meutebildung zwischen verschiedenen, gemeinsam mit „Jin“ auszuführenden Hunden unterschiedlicher Rassen und Größenordnungen auszuschließen sei. Der Kläger überspanne aber die Anforderungen an die Regelungsdichte solcher Anordnungen.

Auf Anfrage des Senats erklärten die Landesanwaltschaft Bayern mit Schreiben vom 9. März 2016, der Kläger mit Schreiben vom 13. März 2016 und die Beklagte mit Schreiben vom 14. März 2016 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2010, soweit er Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, aufzuheben, weil er in Nr. 2.2 Satz 2 (1.) und Nr. 2.5 (2.) rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 LStVG für die in Nr. 2.2 Satz 2 des Bescheids vom 1. Dezember 2010 getroffene Anordnung, dem Hund des Klägers bei freiem Auslauf einen sicheren Maulkorb anzulegen, liegen nicht vor.

Neben der Möglichkeit, durch Verordnung gemäß Art. 18 Abs. 1 LStVG das freie Umherlaufen von großen Hunden und Kampfhunden i. S. d. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG in öffentlichen Anlagen, auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder die öffentliche Reinlichkeit zu beschränken, können die Gemeinden nach Art. 18 Abs. 2 LStVG zum Schutz der in Art. 18 Abs. 1 LStVG genannten Rechtsgüter Anordnungen zur Haltung von Hunden für den Einzelfall treffen. Eine Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG darf allerdings nur erlassen werden, wenn im jeweils gesondert zu betrachtenden Einzelfall eine konkrete Gefahr für die betreffenden Schutzgüter vorliegt (st. Rspr., vgl. z. B. BayVGH, B. v. 11.2.2015 -10 ZB 14.2299 - juris Rn. 5 m. w. N.). Dies ist dann der Fall, wenn bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in dem zu beurteilenden Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in überschaubarer Zukunft mit einem Schadenseintritt gerechnet werden kann. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je schutzwürdiger das bedrohte Schutzgut und je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BayVGH, U. v. 9.11.2010 -10 BV 06.3053 - juris Rn. 22 m. w. N.). Die Zugehörigkeit eines Hundes zu einer bestimmten Rasse vermag für sich genommen mangels einer in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherten Prognose keine abstrakte oder konkrete Gefahr zu begründen (BVerwG, U. v. 3.7.2002 - 6 CN 8.01 - juris Rn. 39 ff.; B. v. 4.10.2005 -6 B 40.05 - juris Leitsatz 1; BayVGH, U. v. 9.11.2010 -10 BV 06.3053 - juris Rn. 23 ff.; U. v. 21.12.2011 - 10 B 10.2806 - juris Rn. 19). Der Senat vertritt jedoch in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass von großen Hunden, die auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei herumlaufen, eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht, auch wenn es in der Vergangenheit noch nicht zu konkreten Beißvorfällen gekommen ist. (BayVGH, B. v. 29.4.2013 - 10 ZB 10.2523 - juris Rn. 4 m. w. N.).

Um einen solchen großen Hund handelt es sich beim American Bulldog-Mischling des Klägers. Zur Vermeidung der genannten Gefahr ist es regelmäßig zulässig und ausreichend, innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile einen Leinenzwang für den jeweiligen Hund anzuordnen. Ein zusätzlicher Maulkorbzwang kann nur verfügt werden, wenn es im Einzelfall zur effektiven Gefahrenabwehr erforderlich und bei Abwägung der gegenläufigen Interessen zumutbar ist. Auch wenn danach von großen Hunden in der Regel eine konkrete Gefahr ausgeht, wenn sie sich auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr unangeleint bewegen, kann außerhalb von bewohnten Gebieten eine solche Gefahr - selbst in einer vom Tourismus geprägten Region - nicht ohne weiteres angenommen werden, weil es dort nicht zwangsläufig zu den die konkrete Gefahrenlage begründenden Kontakten mit anderen Menschen oder Hunden kommt. Die bloße entfernte oder abstrakte Möglichkeit, dass der Hund des Klägers außerhalb bewohnter Gebiete auf Menschen oder andere Hunde treffen und diese angreifen („verfolgen“, „stellen“) und von seinem Halter in solchen Situationen nicht oder nicht rechtzeitig zurückgehalten werden könnte, reicht für das Erfordernis einer konkreten Gefahr für die in Art. 18 Abs. 1 und 2 LStVG genannten Rechtsgüter nicht aus (BayVGH, B. v. 17.4.2013 - 10 ZB 12.2706 - juris Rn. 5). Gegen eine hinreichend konkrete Gefahr spricht vorliegend zudem, dass die Beklagte - worauf im Bescheid ausdrücklich hingewiesen wird - im übertragenen Wirkungskreis gehandelt hat und demgemäß die Anordnungen im Bescheid bayernweit Geltung beanspruchen. Anhaltspunkte dafür, dass im gesamten Geltungsbereich des Bescheids der Beklagten außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile eine in etwa vergleichbare Gefahrenlage, wie sie den Anordnungen für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile zugrunde liegt, bestehen würde, liegen aber nicht vor. Eine Frequentierung des „Außenbereich“ durch Passanten und Freizeitsportler, die auch nur annähernd der des „Innenbereichs“ entspricht, lässt sich schon gar nicht bayernweit feststellen. Eine entsprechende Gefahrenprognose ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich bei „Jin“ um einen großen Hund handelt, der aufgrund seiner Rasse mit einer erhöhten Beißkraft ausgestattet ist (a.A. wohl noch BayVGH, U. v. 15.3.2005 - 24 BV 04.2755 - juris Rn. 42 zu einem Rottweiler, wobei allerdings auch im Außenbereich ein Aufeinandertreffen mit Joggern, Spaziergängern und Fahrradfahrern ohne Weiteres angenommen wurde.). Nur für Hunde, deren Gefährlichkeit durch konkrete Anhaltspunkte oder Tatsachen belegt ist, kommt neben dem Leinenzwang in bewohnten Gebieten grundsätzlich ein Maulkorbzwang in Betracht, wenn der Hund außerhalb bewohnter (aber zumindest entsprechend frequentierter) Gebiete frei laufen darf. Denn wenn ein Hund, bei dem eine entsprechende Gefahrenprognose besteht, unangeleint herumläuft und sich nicht mehr im unmittelbaren Einflussbereich des Halters befindet, können sich dort aufhaltende Personen oder Tiere nur so in angemessener Weise geschützt werden.

Solche hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass vom Hund des Klägers auch dann, wenn er außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ausgeführt wird, konkrete Gefahren für die in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG genannten Schutzgüter ausgehen könnten, wenn er unangeleint ist und keinen Maulkorb trägt, ergeben sich weder aus der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids noch aus dem Vorbringen der Beklagten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Ein relevanter Publikumsverkehr, der dem im Bereich bebauter Ortsteile in etwa vergleichbar ist und daher eine entsprechende Gefahrenlage begründen könnte, findet außerhalb bebauter Orts-teile regelmäßig gerade nicht statt, weil hier allenfalls gelegentlich mit Spaziergängern, Radfahrern, Joggern oder anderen Hunden zu rechnen ist. Der Befürchtung der Beklagten, dass auch außerhalb des bebauten Ortsbereichs die Gefahr bestünde, Passanten könnten das Verhalten von großen freilaufenden Hunden mit hoher Beisskraft, Muskelkraft und hohem Gewicht nicht richtig einschätzen, so dass es aufgrund einer unerwarteten Begegnung zu unvorhersehbaren und unkontrollierten Kettenreaktionen mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit kommen könne, ist bereits dadurch Rechnung getragen, dass nach Nr. 2.2 Satz 1 des Bescheids „der freie Auslauf außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nur dort zulässig ist, wo für den Ausführenden übersichtlich ist, dass keine anderen Hunde vorhanden sind oder plötzlich hinzukommen können“. Das bedeutet, dass „Jin“ außerhalb bebauter Ortsteile letztlich nur dann ohne Leine laufen darf, wenn sich nähernde Passanten oder Hunde rechtzeitig vom Kläger wahrgenommen werden können, und ansonsten, z. B. in unübersichtlichen Waldgebieten, auch außerhalb des bebauten Ortsbereichs anzuleinen ist. Eine unerwartete Begegnung des unangeleinten Hundes vor allem anderen Hunden ist daher hinreichend ausgeschlossen. Die Beklagte hat überdies auch nicht dargelegt, dass der Hund in der Vergangenheit ein Verhalten gezeigt hätte, das Rückschlüsse darauf zuließe, dass er Menschen angreifen oder beißen würde, so dass eine derartige konkrete Gefahrsituation nur durch die Anordnung eines Maulkorbzwanges außerhalb bebauter Ortsteile vermieden werden könnte.

Aus der gutachterlichen Stellungnahme vom 20. Mai 2010 lassen sich ebenfalls keine Feststellungen entnehmen, die die konkrete Gefahr begründen könnten, der Hund des Klägers reagiere gegenüber Menschen aggressiv, so dass das Anlegen eines Maulkorbs zur Vermeidung von Beißvorfällen erforderlich wäre. Die Gutachterin stellte fest, dass „Jin“ gegenüber fremden Personen eine deutliche Unsicherheit ohne Aggressionsverhalten und sich gegenüber bekannten Personen freundlich und unterwürfig zeige. Lediglich bei gleichgeschlechtlichen Artgenossen konnte sie eine Unverträglichkeit nicht ausschließen. Der aus dieser Unverträglichkeit resultierenden Gefahrensituation ist durch die nicht streitgegenständliche Anordnung in Nr. 2.2 Satz 1 des Bescheids vom 1. Dezember 2010 bereits ausreichend Rechnung getragen, da der Hund des Klägers, sobald andere Hunde ins Blickfeld geraten oder nicht rechtzeitig wahr genommen werden können, auch außerhalb des bebauten Ortsbereichs nur angeleint geführt werden darf.

Jedenfalls erweist sich die Anordnung eines bayernweiten Maulkorbzwangs bei Freilauf des Hundes außerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen als unverhältnismäßig, weil ein milderes Mittel zur Verfügung steht, um ein gegebenenfalls bestehendes „Restrisiko“, dass „Jin“ bei einer Begegnung mit anderen Hunden oder Menschen angreifen oder zubeißen würde, auszuschließen. Die Beklagte kann, soweit sich dies nicht ohnehin bereits aus Nr. 2.2 Satz 1 des streitgegenständlichen Bescheids ergibt, ausdrücklich anordnen, dass der Hund auch außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile anzuleinen ist, sobald sich andere Hunde oder Menschen nähern oder wahrgenommen werden. Durch eine solche Anordnung kann auch vermieden werden, dass der Hund andere Menschen z. B. anspringt, während ein Maulkorb nur vor dem Zubeißen schützt.

2. Die Anordnung in Nr. 2.5 des Bescheids der Beklagten vom 1. Dezember 2010, wonach beim Ausführen des Hundes zusammen mit einem oder mehreren anderen Hunden sicherzustellen ist, dass nur einem Hund der Freilauf ohne Leine gestattet wird, kann im vorliegenden Fall nicht auf Art. 18 Abs. 2 i. V. m. Art. 18 Abs. 1 LStVG gestützt werden. Jedenfalls erweist sie sich als ermessensfehlerhaft.

Wie bereits oben dargestellt, ist für eine Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG das Vorliegen einer konkreten Gefahr erforderlich, also eine Sachlage, bei der die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit der abzuwehrende Schaden eintritt. Dieser Grundsatz gilt auch für die in § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10. Juli 1992 genannten Rassen. Zwar kann eine konkrete Gefahr i. S. d. Art. 18 Abs. 2 LStVG vorliegen, wenn mehrere Hunde von einer Person ausgeführt werden, weil dann auch nicht mehr gewährleistet ist, dass der die Hunde Ausführende im Ernstfall noch Zugriff auf jeden einzelnen Hund hat. Im Fall einer Fehlreaktion von Passanten, die gerade angesichts einer größeren Hundeschar eher zu erwarten ist als im Falle eines einzelnen Hundes, kann deshalb eine Gefahr für die Gesundheit einer Person nicht mehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden (BayVGH, B. v. 13.1.2005 - 24 ZB 04.664 - juris Rn. 18). Aus den Bescheidsgründen ergibt sich jedoch nicht, ob und ggf. warum die Beklagte im Falle des Klägers und seines Hundes von einer derartigen Gefährdungssituation ausging. Weder ist der Kläger Halter mehrerer Hunde, die er gemeinsam ausführt, noch führt er - soweit ersichtlich - andere Hunde, die er nicht hält, zusammen mit seinem Hund aus. Nur dann läge aber eine entsprechende Gefahrenlage vor.

Soweit die Beklagte auf das Urteil des Senats vom 21. Dezember 2011 (Az. 10 B 10.2806 - juris) verweist, können aus diesem Urteil keine Rückschlüsse auf die Rechtmäßigkeit der vorliegend unter Nr. 2.5 des streitgegenständlichen Bescheids getroffenen Anordnung gezogen werden. Der Senat hat sich zu einer entsprechenden Verfügung vor allem im Zusammenhang mit einer behaupteten gleichheitswidrigen Verwaltungspraxis bei Einzelanordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG für Hunde nach § 1 Abs. 2 der Verordnung für Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit geäußert.

Jedenfalls erweist sich die streitgegenständliche Verfügung als ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte eine Anordnung zum Ausführen von Hunden mit den aus einer „Rudelhaltung“ resultierenden Gefahren begründet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich im Zulassungsverfahren vorgetragen, dass die Anordnung in Nr. 2.5 des Bescheids auch für das gemeinsame Ausführen von Hunden gilt, die der Kläger nicht selbst hält. Ob aber die Gefahren, die von gemeinsam ausgeführten Hunden ausgehen, mit den Gefahren von im Rudel gehaltenen Hunden (meutetriebliche Stimulation), die zusammen ausgeführt werden, tatsächlich vergleichbar ist, lässt sich der Begründung des Bescheids nicht entnehmen.

Der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt

(§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 2 Satz 1,§ 52 Abs. 2 GKG).