Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 14. Juli 2016 - 7 L 582/16.A
Gericht
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfah¬rens, in dem Ge¬richtskosten nicht erhoben wer¬den.2. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der am 00.00.1997 geborene Antragsteller besitzt die senegalesische Staatsangehörigkeit und gehört dem Volk der Mandinka an. Er reiste am 22.04.2014 auf dem Landweg nach Deutschland ein und beantragte am 04.07.2014 Asyl.
4Bei seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 16.04.2015 gab er an, körperlich und geistig gesund zu sein und der Anhörung folgen zu können. Sein Vater sei verstorben. Die Mutter lebe im Senegal. Den Aufenthaltsort seiner verheirateten Schwester kenne er nicht. Er habe fünf Jahre lang eine Koranschule besucht und seinen Lebensunterhalt durch Betteln bestritten. Im Oktober 2012 sei er nach Mauretanien gegangen und von dort weiter nach Marokko. Er habe dort ca.7 Monate lang teilweise gearbeitet oder gebettelt und sei dann nach Spanien weiter gereist. In Spanien habe er sich ca. ein Jahr lang bis zum Frühjahr 2014 aufgehalten. Er habe in sein Heimatland aus Angst verlassen, weil sein Vater von Rebellen umgebracht worden sei, evtl. weil er sie verraten habe. Er habe den verbrannten Leichnam des Vaters gesehen. In der Heimat hätten seine Mutter und er betteln müssen; in Marokko sei das Leben auch nicht leichter gewesen. In seiner Heimatregion würden gelegentlich Jugendliche von Rebellen zwangsrekrutiert oder getötet. Er habe Angst, dass ihm das gleiche geschehe wie seinem Vater. Wegen Albträumen deshalb könne er nicht richtig schlafen. Er habe in Deutschland gute Erfahrungen gemacht und erstmals eine Schule besuchen können. Ferner berief sich der damalige Vormund des Antragstellers auf ein Attest der Uniklinik S. B. , Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters vom 09.04.2015 worin u.a. eine posttraumatische Belastungsstörung, schwere depressive Episode, Dysthymia und Sichelzellenanämie als Diagnosen angegeben sind. In der Klinik hatte ihn sein Vormund vorgestellt, weil er an erheblichen Einschlaf- und Durchschlafproblemen gelitten habe und häufig traurig sei; der Vater sei im Jahre 2006 von Rebellen ermordet und verbrannt worden. Er habe mehrfach von Alpträumen berichtet; sei traurig und habe manchmal lebensmüde Gedanken oder Wutausbrüche. Er habe in Afrika schon jemanden mit einem Messer verletzt. Wenn er hier die Polizei sehe, habe er belastende Erinnerungen an den Aufenthalt in Marokko.
5Das Bundesamtes lehnte den Asylantrag und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft mit Bescheid vom 04.07.2016 als offensichtlich unbegründet ab. Auch der Antrag auf subsidiären Schutz wurde abgelehnt. Ferner wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen. Dem Antragsteller wurde unter Fristsetzung die Abschiebung in den Senegal angedroht.
6Der Antragsteller hat am 12.07.2016 ein Klage unter dem Aktenzeichen - 7 K 1588/16.A - beim Verwaltungsgericht B. erhoben und parallel hierzu den vorliegenden Eilantrag gestellt.
7Er trägt vor, er habe als - damals - unbegleiteter Minderjähriger einen Asylantrag gestellt und damit einer besonders vulnerablen Gruppe angehört. Schon deshalb könne der Antrag nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden. Er stamme aus Casamance. Bis heute dauere ein bewaffneter Konflikt an, der immer wieder aufflamme. Der senegalesische Staat habe diesen innerstaatlichen Konflikt nicht im Griff. Der Report von amnesty international - Senegal 2016 - und ein Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe (Stand 2006/2007) belegten einen Konflikt in Casamance. Noch im Jahre 2015 habe es bewaffnete Auseinandersetzungen im Bezirk Oussouye und in der Region Sedhiou gegeben. Ein Mann sei nahe dem Nationalpark Basse-Casamance durch eine Landmine getötet worden.
8Sichelzellenanämie sei im Senegal nicht behandelbar. Zudem könne er sich im Falle einer Rückkehr in den Senegal keine medizinische Behandlung leisten. Er leide auch an einer PTBS. Es hätten aber nicht kurzfristig vor Bescheiderstellung aktuelle Belege besorgt werden können. Sein Hausarzt habe am 06.06.2016 die Erkrankung bestätigt. Notfallbehandlungsscheine seien in der Folgezeit nicht akzeptiert worden. Am 06.06.2016 habe er Blut erbrochen und das Fasten während des Ramadan unterbrechen müssen. Es bestünde Retraumatisierungsgefahr im Falle einer Rückführung. In seinem Heimatland verfüge er über kein soziales Netzwerk; seit der Ausreise fehle auch der Kontakt zu seiner Mutter.
9In einem aktuellen Attest vom 11.07.2016 wird seitens des Hausarztes von Übelkeit, Erbrechen und z.T. Bluterbrechen berichtet; ferner werden Bauchschmerzen, Durchfall, Schlafstörungen und Kopfschmerzen sowie depressive Phasen erwähnt. Zur Verlaufskontrolle der Sichelzellenanämie wäre eine Kontrolle der Laborwerte sinnvoll. Die im Jahre 2015 bei der S. B. diagnostizierte PTBS mache weitere psychotherapeutische Behandlungen notwendig. Es werde zudem von einer Abschiebung des Antragstellers dringend abgeraten, da eine Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes drohe. Die Psychotherapie habe nur teilweise erfolgen können; der Gesundheitszustand habe sich kaum verbessert.
10Der Antragsteller beantragt im vorliegenden Verfahren sinngemäß,
11die aufschiebende Wirkung der Klage - 7 K 1588/16.A - gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid vom 04.07.2016 anzuordnen und ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren.
12II.
13Der Prozesskostenhilfeantrag (Ziffer 2. Beschlusses) war aus den nachfolgenden Gründen mangels Erfolgsaussichten des Antragsbegehrens abzulehnen (vgl. § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO).
14Der Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist zwar zulässig, aber unbegründet. Denn es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Der Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 29a Abs. 2 AsylG in Verbindung mit Anlage II zum AsylG. Nach § 29a Abs. 1 Satz 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die vom Ausländer vorgetragenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Zur Ausräumung der Vermutung ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet.
15Nach diesen Kriterien ist es dem Antragsteller nicht ansatzweise gelungen, glaubhaft zu machen, dass er sein Land aus Furcht vor politischer Verfolgung verlassen hat. Er macht seinen Angaben gegenüber dem Bundesamt zufolge keine individuelle politische Verfolgung geltend. Im Wesentlichen soll das Schicksal des 2006 von Rebellen getöteten Vaters, die Auseinandersetzungen in der Region Casamance und die allgemein schwierige wirtschaftliche Lage ihn zur Ausreise motiviert haben. Daneben macht er allgemeine Ängste vor Zwangsrekrutierung oder Nachstellungen seitens der Rebellen geltend. Diese Angaben sind nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung aufgrund des individuellen Schicksals des Antragstellers zu widerlegen.
16Selbst wenn man die Angaben des Antragstellers als wahr unterstellen würde, wäre hierdurch nicht schon die Annahme einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure gerechtfertigt. Zudem wäre der Antragsteller auf ausreichenden internen Schutz im Senegal verwiesen, der im Fall einer Rückkehr zur Verfügung stünde. Es ist nach der Auskunftslage davon auszugehen, dass der senegalesische Staat willens und in der Lage ist, von Rebellen verfolgte Staatsangehörige zu schützen. Jedenfalls finden sich innerhalb der Großstädte des Landes ausreichende Ausweichmöglichkeiten.
17Vgl. so auch: VG München, Beschluss vom 25.05.2016 - M 4 S 16.31049, juris, Rn. 29.
18Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland vom 21.11.2015 - Stand August 2015 -, S. 12, wonach Auseinandersetzungen in der Casamance im Jahre 2011 Fluchtbewegungen auslösten und Zivilisten sowohl in Nachbarstaaten als auch befriedete Regionen im nördlichen Senegal flohen. Casamance-Flüchtlinge seien staatlicherseits nicht behelligt worden. Der Konflikt in Casamance flamme zwar immer wieder auf und führe zu Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten. Die Übergänge zwischen politischen und kriminellen Motiven seien aber fließend. Die Regierung unternehme auch Anstrengungen zu Minenräumungen in dem Gebiet. Im Frühjahr 2014 habe ein Führer der MFDCD einen einseitigen Waffenstillstand verkündet. Seitens der Regierung seien internationale Vermittlungen zur Befriedung angestoßen worden. Die Regierung bekunde den politischen Willen, kulturelle, ethnische und religiöse Besonderheiten der Casamance zu respektieren.
19Es ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen dem Antragsteller subsidiärer Schutz gem. § 4 AsylG zuerkannt werden könnte. Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsstaat ernsthafter Schaden droht (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Ein ernsthafter Schaden würde drohen bei der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschlicher bzw. erniedrigender Behandlung (Nr. 2) oder einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
20Stichhaltige Gründe dafür, dass dem Antragsteller im Senegal ein solcher Schaden droht, bestehen nach gegenwärtiger Auskunftslage nicht. Auch fehlt es derzeit an ausreichenden Anhaltspunkten für einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt. Soweit in der Vergangenheit bei den gelegentlich aufflammenden Kampfhandlungen in der Region Casamance Zivilpersonen ums Leben kamen, wurde die maßgebliche Gefahrenschwelle (Gefährdung praktisch jedes Zivilisten aufgrund bloßer Anwesenheit) durch die dortigen Unruhen nicht einmal annähernd erreicht. Zudem ist es seit der Lösung der Minenräumungsfälle in der Region Casamance Ende des Jahres 2012 dort nicht mehr zu größeren Zwischenfällen gekommen.
21Vgl. AA, Bericht vom 21.11.2015, a.a.O. S. 12;
22VG Regensburg, Beschluss vom 15.10.2014 - RN S 14.30683 -, juris, Rn. 46 ff.;
23VG Regensburg, Urteil vom 24.07.2015 - RN 5 K 14.30820 -, juris, S. 5 f. des Urteilsabdrucks;
24VG Regensburg, Beschluss vom 10.02.2016 - RN 5 S 16.30160 -, juris, S. 9 f. des Entscheidungsabdrucks mit ausführlichen Ausführungen zu den Auseinandersetzungen in der Region Casamance;
25VG Regensburg, Beschluss vom 14.06.2016 - RN S 16.30716 -, juris, Rn. 39 unter Hinweis auf die früheren Entscheidungen.
26Das Gericht hat auch keine ernstlichen Zweifel an der Feststellung des Bundesamtes, dass Gründe für die Zuerkennung nationalen Schutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Hinsichtlich § 60 Abs. 5 AufenthG ergeben sich aus der derzeitigen Menschenrechtssituation im Senegal keine Anhaltspunkte, die Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG rechtfertigen könnten.
27Es liegt auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die allgemein sehr schwierigen Lebensbedingungen im Senegal,
28vgl. die ausführlichen Angaben im angefochtenen Bescheid zur wirtschaftlichen Lage der Menschen im Senegal (S. 5),
29sowie: AA, Bericht vom 21.11.2015, a.a.O., S. 15, wonach ca. 50 % der Bevölkerung unterhalb der Armutsschwelle lebt,
30rechtfertigen nicht die Annahme, der Antragsteller wäre im Falle einer Rückkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt. Als junger arbeitsfähiger Mann müsste er vielmehr in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt - wie auch in der Vergangenheit - weitgehend eigenständig sicher zu stellen. Der Antragsteller hat in der mündlichen Anhörung beim Bundesamt eingeräumt, die Lebensverhältnisse während seiner Flucht seien z.B. in Marokko nicht einfacher gewesen, als vor seiner Ausreise aus dem Senegal. Dennoch gelang es ihm selbst in dem ihm unbekannten Land durch teilweise Arbeitstätigkeit oder Betteln, längere Zeit auch eigenständig zu Recht zu kommen und die Weiterreise nach Europa zu bewerkstelligen. Eine drohende Lebensgefahr ist nach der Auskunftslage nicht erkennbar.
31Auch die vom Antragsteller geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen rechtfertigen keine für ihn günstigere Entscheidung. Eine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (in der ab dem 17.03.2016 geltenden Fassung) liegt "aus gesundheitlichen Gründen) nach Satz 2 der Bestimmung nur vor "bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden" Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Dementsprechend hatte die Rechtsprechung zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in der zuvor geltenden Fassung die Annahme einer erheblichen Gefahr nur dann bejaht, wenn sich der Gesundheitszustand des betreffenden Ausländers infolge unzureichender Behandlungsmöglichkeiten wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, weil dort keine adäquate Behandlung möglich ist oder der Betroffene mangels ausreichender finanzieller Mittel keine solche Behandlung erlangen könnte. Konkret ist eine solche Gefahr, wenn der Betroffene alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in diese Lage geriete,
32vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Juli 1999 – 9 C 2.99 – und vom 25. November 1997 – 9 C 58.96 -; OVG NRW, Urteil vom 30. Dezember 2004 – 13 A 1250/04.A -, juris.
33Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs kann für den Antragsteller eine derartige Gefahrenlage nicht festgestellt werden.
34Bezüglich der von ihm angegebenen Sichelzellenanämie lässt sich den eingereichten Attesten nicht entnehmen, dass für den 18-jährigen Antragsteller derzeit eine akuter Behandlungsbedarf aufgrund einer besonders schweren Form der Erkrankung vorliegt. Anders als in der vom Antragsteller zitierten Entscheidung des VG Hamburg, Urteil vom 28.11.2006 - 4 A 8/03 - betreffend eine schwer erkrankte Frau aus Nigeria bei der eine jahrelange Dauertherapie aufgrund zahlreicher Schmerzkrisen erfolgte, fehlen derartige Angaben im Vortrag des Antragstellers, auch wenn seitens des Hausarztes laut Attest vom 11.07.2016 nach einem teilweisen Bluterbrechen Verlaufskontrollen von Laborwerten für sinnvoll erachtet werden. Hieraus lassen sich bislang keine lebensbedrohlichen Risiken im Falle einer Rückkehr erschließen. Unabhängig ist darauf hinzuweisen, dass es nur bei der homozygoten Form zu schmerzhaften, zum Teil lebensbedrohlichen Durchblutungsstörungen kommen kann, die u.a. zu venösen Thrombosen führen können. Heterozygot Betroffene (Genotyp Aa), sind hingegen sogar aufgrund mutierter Hämoglobin-Gene vor schweren Malariaverlaufsformen geschützt. Vor diesem Hintergrund verfügt nahezu ein Drittel der Bevölkerung heterozygot über das Merkmal. Diejenigen Betroffenen, die an Sichelzellenanämie leiden (Genotyp aa), können allerdings vorzeitig (an Sichelzellenanämie) versterben. Die Sichelzellenanämie geht insbesondere einher mit einer erhöhten Kindersterblichkeit (bis zum Alter von 5 Jahren). Einer Studie aus dem Jahre 2000 betreffend Sichelzellenanämie im Senegal zu Folge, waren bei ca. 300 untersuchten Fällen von Patienten im Alter zwischen fünf Monaten und 22 Jahren Komplikationen eher selten (zwischen 0,4 % und 9 % betreffend unterschiedlicher Komplikationen). In Fällen von Schmerzattacken wurden in 74 % der Fälle weniger als drei Vorfälle im Jahr erfasst.
35Vgl. Sichelzellenanämie - Wikipedia; SFH, Länderanalyse vom 23.04.2014 Togo: Behandlung einer Sichelzellenanämie und Genua Vara; roteskreuz.at … "molekulare-medizin-sichelzellenanaemie" vom 30.11.2011 bezüglich Todesfällen bei Sichelzellenpatienten bei potenziell lebenbedrohlichen vaso-okklusiven Komplikationen; ncbi.nlm.nih.gov/pubmed vom 07.01.2000 "Sickel cell disease in children in Dakar, Senegal".
36Soweit der Antragsteller eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und andere psychische Beschwerden unter Vorlage hausärztlicher Atteste und einem Schreiben des Leitenden Psychologen an der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Uniklinik S. B. , Dr. phil. T. vom 09.04.2015 geltend macht, ist darauf zu verweisen, dass die hausärztlichen Bescheinigungen nicht eine fachärztliche Einschätzung ersetzen können. Das von Herrn T. als leitendem Psychologen erstellte Attest wäre zudem bereits aufgrund der Erstellung vor mehr als einem Jahr nicht mehr aussagekräftig. Abgesehen hiervon fehlt es inhaltlich an der nötigen Substanz für ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot.
37Wenn auch keine Pflicht zur Glaubhaftmachung im Sinne des § 294 ZPO besteht und auch eine Beweisführungspflicht regelmäßig zu verneinen ist, ist dennoch in der Regel zu fordern, dass das vorgelegte fachärztliche Attest gewissen Mindestanforderungen genügt,
38vgl. OVG Saarland, Urteil vom 16. September 2011 – 3 A 352/09 -, juris.
39Im Hinblick auf die Unschärfen des Krankheitsbildes einer PTBS oder anderer psychischer Erkrankungen sowie vielfältiger Symptome muss sich aus der fachärztlichen Stellungnahme nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Hierzu gehören Angaben darüber, seit wann und wie häufig der Patient in ärztlicher Behandlung war und ob die geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Das Attest sollte auch Aufschluss über Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Sofern das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt wird und die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise vorgetragen werden, ist in der Regel eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 -, juris.
41Daneben kommt es für die Diagnose schwer fassbarer Krankheitsbilder – wie der PTBS -, die sich einer Erhebung äußerlich objektiver Befundtatsachen häufig entziehen und auf innerpsychischen Vorgängen beruhen, entscheidend auf die Glaubhaftigkeit und Schlüssigkeit der dem psychischen Erleben zu Grunde liegenden äußeren Tatsachen an. Die von dem Asylbewerber abgegebenen Erklärungen über traumatisierende Erlebnisse im Heimatland können daher nicht unbesehen und ohne weitere Überprüfung sowie unter Verzicht auf eine eigenständige Exploration zur Grundlage einer ärztlichen Stellungnahme herangezogen werden. Sachverständigenbescheinigungen, die unkritisch und ohne die nötige Distanz allein auf den vorgetragenen Angaben beruhen, begründen daher keine hinreichende Tatsachengrundlage für die Annahme, der betreffende Asylbewerber leide an einer PTBS.
42Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 8 K 3233/08 -, und Beschluss vom 4. Februar 2010 - A 11 S 331/07 -; vgl. zur Übertragbarkeit dieser Grundsätze prinzipiell auch für andere psychische Erkrankungen: VG Minden, Urteil vom 19. Juni 2012 – 10 K 2927/10.A -, sämtlich in juris.
43Daran gemessen fehlt es vorliegend an einem Attest, das den obergerichtlich aufgestellten Mindestanforderungen genügt. Zunächst ist das aus April 2014 stammende Attest nicht mehr hinreichend aktuell. Die Angaben des Antragstellers werden ohne sie zu hinterfragen, als gegeben dargestellt. Sie sind zudem sehr vage geschildert und enthalten kaum Details betreffend konkreter traumatischer Erlebnisse, die Auslöser der Alpträume des Antragstellers sein sollen. Auch lässt sich nicht klar zuordnen, ob es um traumatische Erlebnisse im Senegal (wie die vom Antragsteller angeblich im Alter von ca. 11 Jahren erlebte Tötung seines Vaters im Jahre 2006) oder durch Behandlung seitens der Polizei in Marokko nach der Landesflucht geht. Zudem erschließt sich nicht aus welchem Grund eine Retraumatisierung im gesamten Herkunftsstaat Senegal drohen soll. Abgesehen hiervon werden die Angaben des Antragstellers unkritisch übernommen, obwohl fraglich bleiben müsste, wie der Antragsteller trotz seiner angeblichen gesundheitlichen Probleme, die Reise nach Marokko, den dortigen Aufenthalt und die Weiterfahrt nach Europa auf sich allein gestellt bewerkstelligen konnte. Schließlich beruhen die Angaben von Dr. T. - soweit erkennbar - nicht auf einer Behandlung und Exploration über einen längeren Zeitraum, sondern auf nur einem Vorsprachetermin am 16.03.2015 und einem Befundbesprechungstermin am 07.04.2015. Die bloße Aufzählung diverser Krankheitssymptome und ungeprüfte Übernahme diverser Schilderungen des Antragstellers vermag angesichts der vagen und detailarmen Angaben des Antragstellers betreffend Traumata, die Einschätzung es liege eine PTBS nebst Rückkehrrisiken vor, nicht zu rechtfertigen. Nach Überzeugung des Gerichts fehlen substantiierte Anhaltspunkte für das Vorliegen einer PTBS. Im Übrigen habe der Antragsteller ausweislich des Attests vom 09.04.2015 von Dr. T. lediglich gelegentlich lebensmüde Gedanken geäußert. Bei einer derartigen Sachlage ist die Annahme einer psychischen Krankheit, mit deren wesentlichen Verschlimmerung im Zielland der Abschiebung zu rechnen wäre, nicht gerechtfertigt. Unabhängig hiervon ist auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid zu verweisen, wonach im Senegal (in Dakar) Standardmedikamente erhältlich sind und kein Anspruch entsprechend hochwertigerem westlichen Standard besteht.
44Die nach Maßgabe der §§ 34, 36 AsylG und § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden, da der Antragsteller nicht als asylberechtigt anerkannt ist, ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wird und er auch keinen Aufenthaltstitel besitzt. Die Ausreisefrist von einer Woche entspricht der Vorgaben aus § 36 Abs. 1 AsylG.
45Die ausgesprochenen Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise und 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung sind, soweit dies überhaupt im vorliegenden gerichtlichen Eilverfahren überprüft werden kann, nicht zu beanstanden. Die gewählten Fristen liegen unterhalb der Höchstfristen. Im Falle der Frist nach einer Abschiebung wird der bis zu fünf Jahren reichende Rahmen aus § 11 AufenthG bei weitem nicht ausgeschöpft.
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG.
47Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
moreResultsText
Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.
(2) Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten.
(2a) Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre, erstmals zum 23. Oktober 2017 einen Bericht darüber vor, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der in Anlage II bezeichneten Staaten als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage II bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.