Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 27. Jan. 2015 - 2 L 835/14
Gericht
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem minderjährigen Antragsteller vorläufig ab dem 1. Februar 2015 bis zum Ende des 2. Halbjahres des Schuljahres 2014/2015 Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII in Form der Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer/Schulbegleiter im Umfang der jeweiligen Unterrichtszeiten einschließlich der Pausenzeiten zu bewilligen.
Die KVwGO § 123osten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Antragsgegner.
1
Gründe:
2Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
3den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig ab dem 1. Februar 2015 bis zum Ende des 2. Halbjahres des Schuljahres 2014/2015 Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII in Form der Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer/Schulbegleiter zu bewilligen.
4hat Erfolg.
5Nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn ein Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf ein bestimmtes Handeln zusteht (Anordnungsanspruch), dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss (Anordnungsgrund). Der Antragsteller hat den Anordnungsgrund und -anspruch glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO).
6Der zulässige Antrag ist begründet.
7Nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nach § 35 a Abs. 1 und 3 des Sozialgesetzbuches 8. Buch (SGB VIII) i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHVO) auf Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer/Schulbeleiter glaubhaft gemacht.
8Gemäß § 35 a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
91. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und
102. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
11Bei einem kumulativen Vorliegen beider Voraussetzungen geht das Gesetz von dem Vorliegen einer sog. "seelischen Behinderung" aus. Für einen Anspruch auf Eingliederungshilfe genügt nach § 35 a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII allerdings, dass der Betreffende von einer seelischen Behinderung bedroht ist, d.h. eine Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
12Auf Grund der vorliegenden ärztlichen bzw. kinderpsychotherapeutischen Stellungnahmen sowie schulischen Stellungnahmen und Berichten hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass sowohl die nach der Vorschrift vorausgesetzte Abweichung der seelischen Gesundheit als auch eine Teilhabebeeinträchtigung in der Person des Antragstellers gegeben sind. Nach den Stellungnahmen der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und Dipl.-Sozialpädagogin D. Q. vom 21. September 2013 und 17. November 2014 sowie der Ärztin für Kinder- und Jugendpsychatrie an der M. -Klinik W. H. Q1. -T. vom 4. Februar 2014 wurde bei dem Antragsteller eine schwere Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten (ICD 10 - F 91.3.), eine chronifizierte Fütterstörung seit dem Kleinkindalter (ICD 10 - F 98.2) und eine nichtorganische Enkopresis (ICD 10 - F 98.1) diagnostiziert. Der Antragsteller, dessen Intelligenzentwicklung im Norm- bzw. oberen Normbereich liegt, befindet sich seit April 2013 in psychotherapeutischer Behandlung bei Frau Q. . Die Kammer ist ferner davon überzeugt, dass diese seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv ist, dass die Fähigkeit des Antragstellers zur Teilhabe bzw. Eingliederung in die Gesellschaft bereits beeinträchtigt ist, jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies ergibt sich für die Kammer insbesondere auch aus den Berichten der bisherigen Grundschulen, die deutlich erkennen lassen, dass auf Grund der Abweichung der seelischen Gesundheit des Antragstellers seine Integration in die jeweilige Schule bzw. Klasse bisher nicht oder nur in einem geringen Umfang gelungen ist.
13Danach verstößt der Antragsteller gravierend gegen elementare Verhaltensregeln in der Schule und der Klasse. Er verhält sich aggressiv, provozierend, respektlos und beleidigend gegenüber Mitschülern und Lehrern (etwa Schlagen, Treten, Kneifen, Boxen, Spucken,…) und ist nicht in der Lage, sich an Anweisungen oder Aufforderungen von Lehrern halten. Der Antragsteller ist häufig in körperliche Auseinandersetzungen verwickelt und gefährdet durch sein Verhalten sich und andere Schüler. Wegen seines stark störenden Verhaltens während des Unterrichts (z.B. Herumlaufen, Aufspringen, Schreien, Ärgern und Schlagen von Mitschülern im Vorbeigehen,…) benötigt der Antragsteller eine intensive, fast permanente Zuwendung eines Erwachsenen. Eine derartige Bezugsperson ist darüber hinaus auch während der Pausen erforderlich, da der Antragsteller in "unbeaufsichtigten" Situationen verstärkt diese Verhaltensweisen zeigt. Durch sein respektloses und stark distanzloses Verhalten gegenüber Lehrern und Mittschülern hat sich der Antragsteller nach den schulischen Stellungnahmen innerhalb der Klassen- und Schulgemeinschaft „ins Abseits manövriert“. Auf Grund der ständig erforderlichen Anwesenheit einer erwachsenen Person in der Nähe des Antragstellers konnte sowohl im 1. Schuljahr und kann auch derzeit im 2. Schuljahr durch die Schulen nur eine „verkürzte“ Beschulung des Antragstellers erbracht werden. Nach Bewertung der Kammer besteht insoweit ein hohes Integrationsrisiko vor allem im Bereich schulischer Anpassung, Bewältigung sozialer Situationen und Beziehungen und droht dem Antragsteller, der bereits seit Januar 2013 auch von dem Kindergartenbesuch ausgeschlossen war, darüber hinaus eine Isolation von Gleichaltrigen.
14Das Vorliegen einer seelischen Behinderung i.S. des § 35 a SGB VIII wird im Übrigen von dem Antragsgegner nicht in Frage gestellt.
15Bei der begehrten Maßnahme handelt es sich ferner um eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung i.S. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII, die nach dem derzeitigen Erkenntnisstand geeignet und erforderlich ist, dem Antragsteller den Schulbesuch zu ermöglichen und zu erleichtern. Nach dieser Vorschrift sind Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht, und zum Besuch der weiterführenden Schule, einschließlich der Vorbereitung hierzu. Diese Hilfe umfasst nach § 12 Nr. 1 EinglHVO auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten ‑ hier: auf Grund der entsprechenden Anwendung der Norm – auch seelisch behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Zurverfügungstellung bzw. die Übernahme der Kosten eines sog. Integrationshelfers/Schulbegleiters wird als „sonstige Maßnahme“ für eine angemessene Schulbildung von § 12 Nr. 1 EinglHVO erfasst,
16vgl. dazu eingehend etwa: BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 5 C 21/11 -, juris, Rz. 17 ff m.w.Nw. zur Rspr. des BVerwG.
17Während die Erforderlichkeit eines Integrationshelfers für den Antragsteller zum Besuch einer Regelgrundschule mit Gemeinsamen Lernen nach den obigen Ausführungen und den Berichten der Schule für die Kammer derzeit nicht zweifelhaft ist, um überhaupt eine Teilnahme des Antragstellers am Unterricht bzw. Schulalltag zu ermöglichen, kann die Frage der Geeignetheit der Maßnahme nach Auffassung der Kammer momentan noch nicht abschließend beantwortet werden.
18Nach der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung ist jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht von einer bereits feststehenden Ungeeignetheit der Maßnahme auszugehen, sondern spricht einiges dafür, dass der Einsatz eines Integrationshelfers dem Antragsteller den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht ermöglichen kann. Zweifel an der Geeignetheit der Maßnahme ergeben sich zwar – worauf der Antragsgegner zu Recht hingewiesen hat – aus dem Antrag der H1. schule vom 2. Oktober 2014 auf Wechsel des Förderorts nach §§ 16, 17 der Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung (AO-SF) und den dazu vorgelegten Stellungnahmen der Klassenlehrerin und Sonderpädagogen sowie dem Protokoll der Klassenkonferenz vom 26. September 2014. Dem ist die Einschätzung der Schule zu entnehmen, dass auch mit Hilfe einer Schulbegleitung eine angemessene Förderung des Antragstellers im Rahmen des Gemeinsamen Lernens nicht gewährleistet werden könne und der Antragsteller möglichst in einer kleinen Gruppe lernen müsse, mit anderen Kindern umzugehen. Aus Sicht der Kammer kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sowohl die erste Grundschule (Q2. ) als auch die derzeitige Grundschule bereits frühzeitig das dringende Erfordernis eines Integrationshelfers angezeigt haben und die Mutter des Antragstellers im Januar 2014 einen entsprechenden Antrag gegenüber dem Antragsgegner gestellt hat. Auf Grund der erforderlichen Einzelbetreuung des Klägers konnten die Schulen eine Beschulung des Antragstellers in angemessenen Umfang nicht (mehr) erbringen, so dass erhebliche Lücken im Lernstoff entstanden, die die Situation noch verschärften. Vor dem Hintergrund, dass es nicht zu einem Einsatz eines Integrationshelfes kam und seitens der Kindesmutter ein Wechsel zu einer Förderschule nicht gewollt war und ist, bestand und besteht für die H1. schule ein unmittelbarer Handlungsbedarf, der auch aus Sicht der Kammer zu diesem Antrag führte.
19Der letzten Stellungnahme der Schule vom 3. Dezember 2014 lässt sich insoweit jedoch entnehmen, dass sie weiterhin zunächst auch den Einsatz eines Integrationshelfers befürwortet, damit abgeklärt werden kann, ob der hohe Unterstützungsbedarf des Antragstellers im Rahmen des Gemeinsamen Lernens an einer Regelschule abgedeckt werden kann. Diese Auffassung vertritt derzeit auch das für die Entscheidung über den Antrag der H1. schule zuständige Schulamt der Städteregion Aachen, dass zunächst noch den Versuch einer befristeten Schulbegleitung abwarten möchte. Insoweit ist aus Sicht der Kammer auch zu berücksichtigen, dass sonderpädagogische Förderung, dessen Bedarf bei dem Antragsteller mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung im Gutachten vom 5. Mai 2014 festgestellt worden ist, nach § 20 Abs.1 - 3 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG NRW) in der Regel in der allgemeinen Schule mit Gemeinsamen Lernen stattfindet. Die Allgemeine Schule ist von dem Gesetzgeber als Ort der sonderpädagogischen Förderung an die erste Stelle gesetzt worden und wird vorliegend auch von der Mutter des Antragstellers weiterhin gewünscht. Nach Auffassung der Kammer spricht ferner der Umstand, dass bisher die Schule die "Kurzbeschulung" unter Einsatz einer "Einzelbetreuung" für den Antragsteller im Klassenverband durchführen konnte, dafür, dass eine Beschulung des Antragstellers an einer allgemeinen Schule mit Gemeinsamen Lernen unter Einsatz eines Integrationshelfers möglich ist. Gegenteilige Hinweise darauf, dass auch bereits der verkürzte Unterricht nicht mit dem Antragsteller gewährleistet werden konnte, lassen sich (ungeachtet durch die geringe Stundenzahl bereits eingetretenen Lücken im Lernstoff) den vorliegenden Stellungnahmen und Berichten nicht entnehmen. Der auf das zweite Schulhalbjahr befristete Einsatz eines Integrationshelfers dient - auch aus Sicht der Kammer - schließlich dazu, die Möglichkeit einer Regelbeschulung des Antragstellers auszuloten. Spätestens zum Ende Schuljahrs ist eine abschließende Bewertung der Situation durch die Schule erforderlich, die ggf. auch eine noch ausstehende oder neue Entscheidung über den Förderort durch die Schulaufsichtsbehörde zur Folge hat. Dies schließt nicht aus, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Einsatz des Integrationshelfers im Rahmen der Regelbeschulung abgebrochen wird, wenn seitens der Schule eine Beschulung des Antragstellers des Klassenverbands auch mit Hilfe eines Schulbegleiters nicht gewährleistet werden kann. Diese Frage ist allerdings derzeit als offen anzusehen.
20Entgegen der Auffassung des Antragsgegners steht dem Anspruch auf einen Integrationshelfer auch nicht der Nachrang der Jugendhilfe entgegen.
21Der Grundsatz des Nachrangs ist in § 10 Abs. 1 SGB VIII verankert, wonach Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen durch dieses Buch nicht berührt werden. Es genügt für die Nachrangigkeit der Jugendhilfe allerdings nicht, dass eine anderweitige Verpflichtung überhaupt besteht, diese muss vielmehr auch rechtzeitig realisierbar und nach den Umständen des Einzelfalles im öffentlichen Schulwesen eine bedarfsdeckende Hilfe zu erhalten sein. Insoweit hat bereits die höchstrichterliche Rechtsprechung,
22vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 5 C 21/11 -, a.a.O., m.w. Nw. zur Rspr. d. BVerwG,
23einen vorrangigen Anspruch gegen die Schulverwaltung nur angenommen, soweit und solange die Schule tatsächlich Hilfe gewährt oder der Betroffene den Anspruch auf Hilfeleistung gegen die Schulverwaltung rechtzeitig verwirklichen kann.
24Nach der gefestigten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) muss sich ein Antragsteller nur dann auf das öffentliche Schulsystem verweisen lassen, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls im öffentlichen Schulwesen eine bedarfsdeckende Hilfe in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht auch zur Verfügung steht, d.h. präsent ist. Damit dürfte der Hinweis des Antragsgegners, dass es nach dem SchulG NRW Aufgabe der Schulverwaltung sei, eine angemessene Beschulung entweder durch Wahl einer geeigneten Schule oder durch eine in pädagogischer Hinsicht angemessene personelle und bauliche Ausstattung der zugewiesenen Schule zur Verfügung zu stellen, nicht zu vereinbaren sein. Denn auf eine Verpflichtung des Schulträgers kommt es nicht an. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung darf insbesondere die Auseinandersetzung um den Nachrang der Jugendhilfe und den Vorrang des Schulwesens nicht auf dem Rücken des betroffenen Kindes ausgetragen werden, sondern ist ggf. im Rahmen von Erstattungsregeln oder einem Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu klären,
25vgl. dazu zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2014 - 12 A 1350/14 - (Beschluss über die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 29. April 2014 - 19 K 469/14), juris, m.w.Nw. zur Rspr..
26Insoweit dürfte nach Auffassung der Kammer zudem zu berücksichtigen sein, dass gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 SchulG NRW Kosten für die individuelle Betreuung und Begleitung einer Schülerin oder eines Schülers, durch die Teilnahme am Unterricht in der allgemeinen Schule, der Förderschule oder der Schule für Kranke erst möglich wird,nicht zu den Schulkosten gehören. Diese Vorschrift ist durch den Gesetzgeber im Rahmen der Gesetzesänderung zur Gewährleistung der inklusiven Beschulung wohl bewusst nicht geändert worden. Dies lässt sich etwa dem Gesetzentwurf vom 21. März 2013 zum 9. Schulrechtsänderungsgesetz und seiner Begründung entnehmen in dem u.a. zu den Auswirkungen auf die Selbstverwaltung und die Finanzlage der Gemeinde ausgeführt wird:
27"Die Kostentragungspflicht des Landes erstreckt sich nicht auf die (den Kommunen als Träger der Eingliederungshilfe obliegenden) Aufwendungen, die erforderlich sind, damit einzelnen Schülerinnen und Schüler der Schulbesuch überhaupt erst möglich wird (§ 92 Abs. 1 S.2 SchulG). …….. In Nordrhein-Westfalen gehört es nicht zu den gesetzlichen Pflichtaufgaben der Schulträger, entsprechendes Assistenzpersonal in Schulen vorzuhalten. Gegenstand der Lastenverteilung zwischen Land und Schulträgern sind seit jeher lediglich die Schulkosten, also die Kosten, die aus dem Betrieb der Einrichtung entstehen. Diese Lastenverteilung (§ 92 SchulG) ist rechtlich nicht zu beanstanden. Kosten für Assistenzpersonal fallen nicht unter die Schulkosten, weil dieses Personal dazu dient, einzelnen Schülerinnen und Schüler den Schulbesuch überhaupt erst zu ermöglichen",
28vgl. LT-Drucks. 16/2432 S. 5-7.
29Vorliegend ist nach Abschluss des Verfahrens zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs durch das Schulamt der Städteregion Aachen mit Bescheid vom 3. Juni 2014 als Förderort eine Grundschule mit Gemeinsamen Unterricht oder eine Förderschule mit Förderschwerpunkt emotionale-soziale Entwicklung festgelegt worden. Dementsprechend hat die Kindesmutter den Antragsteller jeweils an einer allgemeinen Schule mit Gemeinsamen Lernen angemeldet, wo auch im Regelfall nach dem Schulrecht (vgl. bereits oben: § 20 Abs.1, 2 und 3 SchulG NRW und § 1 Abs. 1 und 2 AO-SF) die sonderpädagogische Förderung stattfindet.
30Die Nachrangigkeit der Jugendhilfe kann vorliegend auch nicht damit begründet werden, dass die Mutter des Antragstellers nach dem genannten Bescheid und abweichend von dem Regelfall eine Förderschule wählen kann oder die Schulaufsichtsbehörde in Ausnahmefällen eine Förderschule anstelle der allgemeinen Schule als Förderort bestimmen kann, wenn die personellen und sächlichen Voraussetzungen am gewählten Förderort nicht erfüllt sind, vgl. § 20 Abs. 4 SchulG NRW. Die Mutter hat im Rahmen des ihr zustehenden natürlichen Rechts, die Erziehung und Bildung des Antragstellers zu bestimmen (Art. 8 Abs. 1 der Landesverfassung NRW), eine allgemeine Schule gewählt und hält daran fest. Eine abweichende Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde mit der Bestimmung einer Förderschule liegt derzeit nicht vor. Zwar hat das Schulamt der Städteregion Aachen nach fernmündlicher Mitteilung eine derartige Zuweisung für das 2. Schulhalbjahr ins Auge gefasst, allerdings vor dem Hintergrund, dass ein Integrationshelfer bisher nicht eingesetzt werden konnte, die personellen Voraussetzungen der H1. schule ausgeschöpft sind und die Beschulung des Antragstellers nur reduziert gewährleistet werden kann. Das Schulamt der Städteregion Aachen hat dementsprechend im Dezember 2014 gegenüber dem Antragsgegner angezeigt, dass derzeit noch vorrangig eine Beschulung an einer Regelschule mit Gemeinsamen Lernen angestrebt wird und sich für einen befristeten Einsatz einer Schulbegleitung ausgesprochen, um insbesondere den nach dem Schulrecht vorrangig zu beachtenden Elternwunsch Rechnung zu tragen.
31Der Antragssteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da ein weiteres Zuwarten bis zu einer Entscheidung des Hauptsacheverfahrens 2 K 2469/14 über die mit Bescheid vom 20. November 2014 abgelehnte Eingliederungshilfe angesichts des Umstands, dass der Antragsteller sich bereits im 2. Schuljahr befindet, die Schule seit länger Zeit nur eine "Kurzbeschulung" gewährleisten kann, in deren Folge schon ein Lernrückstand entstanden ist und zum 1. Februar 2014 das 2. Halbjahr beginnt, nicht zumutbar ist. Die für den Antragsteller durch ein weiteres Abwarten entstehenden Nachteile in seiner schulischen und seelischen Entwicklung rechtfertigen im Übrigen auch die Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Anordnungsverfahren.
32Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Dieses Gesetz gilt für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Es ist nur vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union anwendbar.
(2) Für die Realsteuern gelten, soweit ihre Verwaltung den Gemeinden übertragen worden ist, die folgenden Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend:
- 1.
die Vorschriften des Ersten, Zweiten, Vierten, Sechsten und Siebten Abschnitts des Ersten Teils (Anwendungsbereich; Steuerliche Begriffsbestimmungen; Datenverarbeitung und Steuergeheimnis; Betroffenenrechte; Datenschutzaufsicht, Gerichtlicher Rechtsschutz in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten), - 2.
die Vorschriften des Zweiten Teils (Steuerschuldrecht), - 3.
die Vorschriften des Dritten Teils mit Ausnahme der §§ 82 bis 84 (Allgemeine Verfahrensvorschriften), - 4.
die Vorschriften des Vierten Teils (Durchführung der Besteuerung), - 5.
die Vorschriften des Fünften Teils (Erhebungsverfahren), - 6.
§ 249 Absatz 2 Satz 2, - 7.
die §§ 351 und 361 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3, - 8.
die Vorschriften des Achten Teils (Straf- und Bußgeldvorschriften, Straf- und Bußgeldverfahren).
(3) Auf steuerliche Nebenleistungen sind die Vorschriften dieses Gesetzes vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union sinngemäß anwendbar. Der Dritte bis Sechste Abschnitt des Vierten Teils gilt jedoch nur, soweit dies besonders bestimmt wird.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.