Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 04. Apr. 2014 - 2 K 1273/13.A
Gericht
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes vom 28. Februar 2013 wird aufgehoben, soweit unter Ziffer 2. die Abschiebung nach Norwegen angeordnet worden ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
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T a t b e s t a n d :
2Die am 00. 00.1982 in V. /F. geborene Klägerin zu 1. ist nigerianische Staatsangehörige, ledig und Christin. Ihre Tochter ‑ die Klägerin zu 2. ‑ ist ebenfalls nigerianische Staatsangehörige und wurde am 00. 00.009 in U. in Norwegen geboren. Ausweislich der vorgelegten Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft vom 15. Juni 2012 ist Kindesvater der nigerianische Staatsangehörige K. K1. B. (geboren 00.00.1973), der mit einer spanischen Staatsangehörigen verheiratet ist und über eine Aufenthaltskarte für Angehörige von EU-Bürgern vom 16. April 2012, befristet bis zum 15. April 2017, verfügt. Es liegt ferner eine Erklärung der Klägerin zu 1. und von Herrn B. vom 15. Juni 2012 zur Übernahme der gemeinsamen elterlichen Sorge über die Klägerin zu 2. vor.
3Die Klägerin zu 1. reiste ihren Angaben zufolge im Mai 2009 von Nigeria nach Norwegen aus. Dort stellte sie am 29. Mai 2009 einen Asylantrag, der - wohl auch bezüglich der Klägerin zu 2. - am 16. Dezember 2010 abgelehnt wurde.
4Am 18. Dezember 2011 wurden die Klägerinnen durch die Bundespolizei in Aachen in einem von Madrid über Belgien kommenden Reisebus mit einem nigerianischem Reisepass und gefälschtem spanischen Aufenthaltstitel angetroffen. Es wurde für die Klägerinnen ein EURODAC-Treffer vom 18. Dezember 2011 für Norwegen mit dortigem Antragsdatum 29. Mai 2009 festgestellt. Bei ihrer Vernehmung gab die Klägerin zu 1. an, dass ihr Asylantrag in Norwegen abgelehnt und sie zum Verlassen des Landes aufgefordert worden sei. Sie sei dann über Schweden mit dem Bus nach Spanien gefahren, um dort einen Freund zu treffen, den sie zuvor in Norwegen kennengelernt habe. Diesen habe sie aber nicht in Spanien gefunden. In Spanien habe sie sich nicht bei den Behörden gemeldet. Den Reisepass habe sie von ihrer Schwester erhalten. Sie beantrage Asyl, weil sie keine andere Wahl habe. Die Bundespolizei forderte die Klägerin zu 1. zur Meldung bei der Zentralen Ausländerbehörde in Dortmund auf und teilte dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 21. Dezember 2011 die Asylantragstellung der Klägerinnen mit.
5Das Bundesamt beantragte am 22. Dezember 2011 gegenüber Norwegen die Wiederaufnahme der Klägerin zu 1. gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Feststellung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (EG-AsylZustVO) unter Hinweis auf den EURODAC-Treffer. Mit Schreiben vom 4. Januar 2012 erklärte sich Norwegen zur Wiederaufnahme der Klägerin zu 1. aufgrund der genannten Vorschrift bereit. Die Klägerin meldete sich zum damaligen Zeitpunkt nicht bei der Zentralen Ausländerbehörde Dortmund und stellte dort keinen Asylantrag. Das Bundesamt teilte Norwegen unter dem 4. April 2012 mit, dass eine Überstellung derzeit nicht möglich sei, weil die Klägerin zu 1. untergetaucht sei.
6Am 21. Mai 2012 meldete sich die Klägerin zu 1. als Asylsuchende und stellte am Folgetag für sich und die Klägerin zu 2. einen Asylantrag. Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 18. Juni 2012 gab die Klägerin unter anderem Folgendes an:
7Sie habe ihr Leben lang in V. /F. gelebt. Sie habe keine Schule besucht und könne nicht schreiben und nur wenig lesen. Von Beruf sei sie Frisörin. Nach der Ablehnung ihres Asylantrags in Norwegen sei sie nicht mehr nach Nigeria zurückgekehrt. Sie habe gehört, dass der Vater ihres Kindes in Spanien lebe. Sie sei dann nach Spanien gereist und habe sich dort fünf Monate aufgehalten, jedoch den Vater des Kindes dort nicht gefunden. Sie habe aber erfahren, dass er sich in Deutschland aufhalte. Im Dezember sei sie schon einmal mit ihrer Tochter in Deutschland gewesen, habe ihn aber nicht finden können. Sie seien dann noch einmal nach Spanien zurückgekehrt. Jetzt sei sie erneut gekommen und man habe den Kindesvater in E. im Computer gefunden. Der Kindesvater lebe in F1. . Sie sei hierher gekommen, damit der Kindesvater für die Tochter sorge. Er habe Aufenthaltspapiere hier, übe aber keine Arbeit aus. In Spanien habe sie sich in B1. aufgehalten. Als sie das erste Mal nach Deutschland gekommen sei, habe ihr die Polizei gesagt, sie müsse einen Asylantrag stellen. Das habe sie aber gar nicht gewollt. Deshalb sei sie sofort wieder nach Spanien zurückgekehrt und dort noch einmal drei bis vier Monate geblieben. Im vorherigen Monat sei sie dann erneut nach Deutschland gekommen. Das Kind habe hier einen Unfall erlitten und deshalb medizinische Versorgung benötigt. Dadurch sei es zu erneuten Asylantragstellung gekommen. Sie wolle in Deutschland gar kein Asyl beantragen, da sie lediglich hierhin gekommen sei, um den Vater ihres Kindes zu suchen. Der Kindesvater sei immer nach Nigeria gekommen. Sie habe lediglich gewusst, dass der Kindesvater in Europa lebe, aber nicht gewusst, wo er lebe und ob er verheiratet sei.
8Nach Nigeria könne sie nicht zurückkehren, da ihre Eltern ihre Schwangerschaft nicht akzeptiert hätten. Sie hätten von ihr verlangt, das Kind abzutreiben. Deswegen sei sie ausgereist. Ihr Vater sei Moslem und sie sei Christin. Sie habe früher eine katholische Grundschule besucht. Im Übrigen bestünde die Gefahr, dass die Klägerin zu 2. ebenso wie sie selbst beschnitten würde.
9Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 9. Oktober 2012 beantragt die Klägerin zu 1. bei der Ausländerbehörde des Kreises I. die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Zur Begründung verwies sie darauf, dass der Vater der Klägerin zu 2. aufgrund seiner Ehe mit einer spanischen Staatsangehörigen im Besitz einer Aufenthaltskarte gemäß § 5 Abs. 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU sei. Dieser habe die Vaterschaft bereits anerkannt und die Klägerin zu 1. und der Kindesvater hätten auch eine Erklärung über die gemeinsame elterliche Sorge abgegeben. Der Kindesvater übe seine elterliche Sorge auch bereits jetzt aus. So besuche er die Klägerin zu 2. regelmäßig, kaufe ihr Geschenke und Lebensmittel. Zudem habe er die Klägerin zu 2. auch während des Krankenhausaufenthaltes regelmäßig betreut. Die Klägerin zu 2. habe einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU. Aus dem der Klägerin zu 2. zu gewährenden Aufenthaltsrecht leite sich im Übrigen die Unmöglichkeit einer Abschiebung der Klägerin zu 1. und somit ein Anspruch auf Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG ab. Dem Kindesvater sei die Fortsetzung der bestehenden sozial-familiären Beziehungen zwischen ihm und seinem Kind im Herkunftsland der Kindesmutter aufgrund seiner bestehenden Ehe mit einer EU-Bürgerin ebenso wie eine Trennung der Klägerin zu 1. von der Klägerin zu 2. nicht zuzumuten. Sie verweise im Übrigen auf die wertentscheidende Grundsatznorm in Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG). Die Lebensgemeinschaft der Klägerin zu 2. könne aufgrund des Umstandes, dass der Kindesvater im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sei, gegenwärtig in zumutbarer Weise nur in Deutschland erfolgen. Die Klägerin teilte in einem weiteren anwaltlichen Schriftsatz vom 9. November 2012 unter anderem mit, dass der Kindesvater Unterhaltleistungen in Höhe von 133,‑ € erbringe.
10Das Bundesamt wandte sich mit Schreiben vom 15. Oktober 2012 erneut an Norwegen mit der Erklärung, dass sich die Klägerin zu 1. wieder gemeldet habe, und der Bitte um Mitteilung, ob das Einverständnis zur Wiederaufnahme der Klägerin zu 1. sich auch auf die sie begleitende Klägerin zu 2. erstrecke. Mit Schreiben vom gleichen Tag erklärte Norwegen auch seine Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Klägerin zu 2.
11Die Klägerinnen nahmen mit Schreiben vom 24. Oktober 2012 (Eingang: 25. Oktober) ihre Asylanträge vom 22. Mai 2012 zurück.
12Die Ausländerbehörde des Kreises I. übersandte dem Bundesamt unter dem 28 Februar 2013 das anwaltliche Schreiben vom 9. Oktober 2012 sowie eine Kopie der Urkunde über die Vaterschaftsanerkennung mit der Bitte um Mitteilung, ob sich diese Unterlagen auf das Dublin-Verfahren auswirken würden.
13Mit Bescheid vom 28. Februar 2013 ‑ zugestellt am 22. März 2013 ‑ stellte das Bundesamt die Asylverfahren der Klägerinnen ein und ordnete die Abschiebung nach Norwegen an. Die norwegischen Behörden hätten mit Schreiben vom 4. Januar 2012 ihre Zuständigkeit bezüglich der Klägerin zu 1. und mit Schreiben vom 15. Oktober 2012 auch bezüglich der Klägerin zu 2. erklärt. Die Überstellung nach Norwegen sei zunächst gescheitert, da die Klägerinnen untergetaucht seien, sodass sich die Überstellungsfrist bis zum 4. Juli 2013 verlängert habe. Diesbezüglich seien die norwegischen Behörden informiert worden. Das Asylverfahren sei wegen der Rücknahme der Asylanträge gemäß § 32 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) eingestellt worden. Die Rücknahmeerklärungen würden jedoch nicht die Regelungswirkungen der Dublin-II-Verordnung beseitigen. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die für einen Selbsteintrittsrecht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 3 Abs. 2 EG-AsylZustVO sprechen könnten, seien nicht ersichtlich.
14Mit anwaltlichem Schreiben vom 19. März 2013 stellte auch die Klägerin zu 2. gegenüber der Ausländerbehörde des Kreises I. einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 und 5 AufenthG. Die Klägerinnen verwiesen auf bestehende rechtliche Abschiebungshindernisse gemäß Art. 6 GG und Art. 8 EMRK und darauf, dass der Kindesvater das Sorgerecht auch praktisch ausübe, und zwar bereits seit Wiederherstellung des Kontaktes. Er sehe das Kind regelmäßig, besuche es bei der Klägerin zu 1. und wolle in allen wesentlichen Belangen der Klägerin zu 2. einbezogen werden. Es sei zu befürchten, dass der Kontakt zwischen der Klägerin zu 2. und dem Kindesvater abbrechen werde, wenn die Klägerinnen nach Norwegen oder nach Nigeria zurückgeführt würden. Mit Anhörungsschreiben vom 26. März 2013 teilte die Ausländerbehörde mit, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht vorlägen. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei wegen Nichterfüllung der Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 1 a und 4 AufenthG nicht gegeben. Die Einreise hätte nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AufenthG erfolgen müssen, da sie ausschließlich dem Zweck der Vaterschaftsanerkennung gedient habe. Im Übrigen sei die Nachholung des Visumsverfahrens im vorliegenden Fall auch zumutbar, da nicht von einer sozial-familiären Beziehung zwischen dem Kind und dem Kindesvater ausgegangen werden könne und dieser auch bis zur Einreise im Jahr 2012 nicht bestanden habe. Im Übrigen werde auf § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG hinzuweisen. Die Klägerinnen führten unter dem 3. April 2013 dazu aus, dass seit zirka einem Jahr ein enger Kontakt zwischen dem Kindesvater und der Klägerin zu 2. bestehe. Seitdem der Kindesvater Kenntnis von der Existenz der Klägerin zu 2. habe, habe er unverzüglich seine Verpflichtungen als Vater akzeptiert und die Vaterschaftsanerkennung sowie die Erklärung zur gemeinsamen elterlichen Sorge erklärt. Er übe sein Sorgerecht nach den derzeitigen Möglichkeiten aus. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Kindesvater in F1. und die Klägerinnen in F2. wohnen würden. Der Kindesvater besuche die Klägerin zu 2. zirka ein Mal pro Woche und telefoniere darüber hinaus täglich mit ihr. Es sei erkennbar, dass zwischen beiden eine vertraute Beziehung bestehe. Der Kindesvater wolle diese bestehende Beziehung weiter intensivieren. Dazu sei jedoch ein Umzug erforderlich, um die räumliche Distanz zu verringern. Darüber hinaus sei der Kindesvater auch verheiratet und müsse die Veränderungen mit seiner Ehefrau abstimmen. Augenblicklich sei er in F1. gebunden, da er dort einen Integrationskurs besuche. Der Umstand, dass die familiäre Lebensgemeinschaft erst im Jahre 2012 aufgenommen wurde, könne nicht entgegengehalten werden, da der Kindesvater einerseits von der Schwangerschaft und Existenz des Kindes vorher nichts gewusst habe und die Klägerin zu 1. seinen Aufenthalt nicht gekannt habe. Die Klägerin zu 1. habe den Kindesvater erst nach mühevollen Recherchen im Bundesgebiet gefunden. Eine Rückkehr nach Norwegen würde für die Klägerin zu 2. bedeuten, dass die nunmehr gewachsene Vater-/Kind-Beziehung auf unabsehbare Zeit abgebrochen würde. Ein Visumsverfahren von Norwegen oder Nigeria würde erfolglos bleiben, da der Kindesvater zunächst den Lebensunterhalt für Kind und Kindesmutter sicherstellen müsse, was in absehbarer Zeit nicht möglich sei.
15Die Klägerinnen haben am 3. April 2013 Klage erhoben und am 11. April 2013 einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (2 L 145/13.A) gestellt. Zur Begründung führen sie aus, dass die geplante Rückführung nach Norwegen rechtswidrig sei und in erster Linie die Klägerin zu 2. in ihren Rechten verletze. Sie habe einen Anspruch darauf, mit ihrem Vater in engem Kontakt zu bleiben. Eine Rückführung nach Norwegen würde die seit zirka einem Jahr gelebte enge Beziehung auflösen. Es wäre nicht absehbar, wann die Beziehung wieder hergestellt werden könnte. Die Klägerinnen würden auch kein Visum zur Familienzusammenführung erhalten. Dem Kindesvater, der augenblicklich einen Integrationskurs des Bundesamtes besuche, sei es nicht möglich, seinen eigenen Lebensunterhalt und darüber hinausgehend den der beiden Klägerinnen sicherzustellen. Ein insoweit erforderliches Klageverfahren würde einen Zeitraum von erfahrungsgemäß nicht unter ein bis zwei Jahren in Anspruch nehmen. Es sei jedoch aus Gründen des Kindeswohles und unter dem Gesichtspunkt der verfassungsrechtlich geschützten Familie unzulässig, die Klägerinnen nach Norwegen zurückzuführen. Dem Kindesvater sei es seinerseits nicht möglich und zuzumuten, die familiäre Lebensgemeinschaft mit der Klägerin zu 2. in dem gemeinsamen Heimatland Nigeria zu führen, da er verheiratet sei und seiner Ehefrau wiederum nicht zuzumuten sei, die eheliche Lebensgemeinschaft in Nigeria zu leben.
16In einer eidesstattlichen Erklärung vom 28. März 2013 führte der Kindesvater aus, dass er zu Beginn des Jahres 2012 von der Existenz der Klägerin zu 2. erfahren habe. Er wolle das Sorgerecht für die Klägerin zu 2. aktiv mit der Kindesmutter ausüben. Ihm sei es wichtig, dass er so viel Kontakt wie möglich mit der Klägerin zu 2. habe. Derzeit wohne er in F1. und er besuche seine Tochter zirka ein Mal pro Woche und telefoniere täglich mit ihr. Er würde gerne weitergehend an ihrem Leben teilnehmen. Es werde derzeit darüber nachgedacht, wie es gelingen könnte, die räumliche Distanz noch zu verringern.
17Die Klägerinnen tragen ergänzend vor, dass der Kindesvater zirka drei Umgangskontakte pro Monat mit der Klägerin zu 2. habe. Er reise dazu meist freitags nach F2. und übernachte dort ein- bis zweimal. Häufig übernachte er bis montags und bringe die Klägerin zu 2. morgens in den Kindergarten. Dort habe er auch schon an Veranstaltungen teilgenommen. Er begleite die Klägerin zu 2. auch zum Arzt. Teilweise fänden Umgangskontakte auch in F1. statt, allerdings übernachte die Klägerin zu 2. dann mit der Klägerin zu 1. nicht bei dem Kindesvater, sondern bei gemeinsamen Freunden. Der Kindesvater lebe weiterhin mit seiner Ehefrau zusammen. Die Klägerin zu 2. habe auch schon Ferienfreizeiten im Haushalt des Kindesvaters verbracht, so im Sommer 2013 für zwei Wochen. Die Klägerin zu 2. sei das einzige Kind des Kindesvaters und dessen Ehefrau akzeptiere die Beziehung und die Kontakte zum Kind.
18Schließlich weisen die Klägerinnen darauf hin, dass nicht geklärt sei, ob in dem Asylverfahren in Norwegen bezüglich der Klägerin zu 2. überhaupt die Gefahr einer Beschneidung geprüft worden sei. Insoweit ergebe sich ein weitergehendes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 2 AufenthG.
19Die Klägerinnen beantragen,
20den Bescheid des Bundesamtes vom 28. Februar 2013 aufzuheben, soweit unter Ziffer 2 die Abschiebung nach Norwegen angeordnet wird.
21Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Das erkennende Gericht hat mit Beschluss vom 15. April 2013 in dem Verfahren 2 L 145/13.A die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung des streitgegenständlichen Bescheides angeordnet.
24Der Rechtsstreit ist auf die Einzelrichterin übertragen worden. Diese hat die Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung angehört. Ferner wurde als Zeuge der Kindesvater, Herr K. K1. B. , und die anwesende Zeugin T. L. gehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Zeugenvernehmung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der hierzu überreichten Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und der zuständigen Ausländerbehörde. Ferner wird verwiesen auf die mit der Ladung übersandte Liste der Auskünfte, Stellungnahmen und Gutachten über die Lage in Nigeria (sog. Erkenntnisliste).
26Entscheidungsgründe:
27Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beklagten zur mündlichen Verhandlung über den Rechtsstreit entscheiden, da die Beteiligten darauf in der Ladung hingewiesen worden sind, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
28Zunächst ist die Anfechtungsklage zulässig.
29Die verfolgte Aufhebung der Abschiebungsanordnung nach Norwegen unter Ziffer 2. des Bescheides des Bundesamtes vom 28. Februar 2013 ist nach § 42 Abs. 1 VwGO statthaft, da die Abschiebungsanordnung nach § 34 a des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) - wie auch die Abschiebungsanordnung nach § 58 a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), einen belastenden Verwaltungsakt darstellt,
30vgl. bereits Beschluss der Kammer vom 15. April 2013 - 2 L 145/13 -, m.w.Nw. zur Rspr.; Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar (GK) zum AsylVfG, Stand: Januar 2014, § 34 a Rz. 64 und in Gemeinschaftskommentar zum AufenthG, Stand: März 2014, § 58 Rz. 58 ff.
31Die Klage ist zudem begründet.
32Die unter Ziffer 2. des Bescheides des Bundesamtes vom 28. Februar 2013 angefochtene Abschiebungsanordnung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. Abs. 1 Satz 1 VwGO.
33Nach der für Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetzes maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 AsylVfG) sind die Voraussetzungen für eine Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht gegeben. Maßgeblich ist danach die während des Klageverfahrens bereits zum 6. September 2013 (übrige Vorschriften: zum 1. Dezember 2013) in Kraft getretene geänderte Fassung der Vorschrift auf Grund des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (- sog. Qualifikationsrichtlinie - vom 13. Dezember 2011) vom 28. August 2013 (BGBl. I, 3474). Danach ordnet das Bundesamt u.a. die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) an, wenn der Ausländer in diesen Staat abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat gestellt oder vor Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat.
34Allerdings ist das Bundesamt zu Recht von einer Wiederaufnahmeverpflichtung und damit von einer Zuständigkeit Norwegens i.S. des § 34 a Abs. 1 i.V.m. § 27 a AsylVfG auf Grund der bereits in Norwegen in den Jahren 2009/2010 begonnenen und erfolglos abgeschlossenen Asylverfahren der Klägerinnen ausgegangen. Norwegen hat sich insoweit auch auf Ersuchen der Bundesrepublik Deutschland mit Schreiben vom 4. Januar 2012 bzgl. der Klägerin zu 1. und vom 15. Oktober 2012 bzgl. der Klägerin zu 2. zur Wiederaufnahme der Klägerinnen gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e)Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (EG-AsylZustVO/Dublin II-VO) bereit erklärt. Nach Art. 16 Abs. 1 lit. e) der hier noch anzuwendenden EG-AsylZustVO/Dublin II-VO,
35vgl. die Übergangsvorschrift des Art. 49 Sätze 2 und 3 der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist - sog. Dublin III-VO -, wonach maßgeblich, die vor dem 1. Januar 2014 gestellten Asylanträge und Gesuche auf Wiederaufnahme der Klägerin sind,
36ist ein Mitgliedstaat, der nach der EG-AsylZustVO/Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrags zuständig ist, gehalten, einen Drittstaatsangehörigen, dessen Antrag er abgelehnt hat und der sich unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaat aufhält, nach Maßgabe des Art. 20 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO wieder aufzunehmen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend mit dem in Norwegen durchgeführten Asylverfahren gegeben.
37Die Zuständigkeit war hinsichtlich der Klägerin zu 1. auch nicht gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Die Überstellungsfrist von sechs Monaten hatte sich hinsichtlich der Klägerin zu 1. gemäß Art. 20 Abs. 2 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO auf 18 Monate bis zum 4. Juli 2013 verlängert.
38Schließich änderte auch die Rücknahme der Asylanträge der Klägerinnen am 25. Oktober 2012 nichts an der Zuständigkeit Norwegens bzw. hindert nicht die Anwendung der EG-AsylZustVO/Dublin II-VO. Auch soweit vorliegend kein Zuständigkeitsbestimmungsverfahren mehr durchzuführen war, führte eine Rücknahme des Asylantrags nicht per se zur Unanwendbarkeit der EG-AsylZustVO/Dublin II-VO, da es sich vorliegend um ein Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 16 Abs. 1 lit. e) i.V.m. Art. 20 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO handelt. Lediglich für den Fall, dass die Rücknahme eines Asylantrags erfolgte, bevor der für die Prüfung dieses Antrags zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme des Antragstellers zugestimmt hat, war eine Anwendung der EG-AsylZustVO/Dublin II-VO nach der Rechtsprechung des EuGH,
39vgl. Urteil vom 3. Mai 2012 – C 620/10 – (Kastrati vs. Schweden), juris; s.a.VG Karlsruhe, Urteil vom 13. April 2011 – A 3 K 2110/10 – und VG Regensburg, Beschluss vom 20. August 2012 – RN 9 S 12.30284 -, jeweils juris; Funke-Kaiser in GK zum AsylVfG, Stand: Februar 2013, zur alten Rechtlage: § 27 a Rz.36 und Stand: Januar 2014 zur alten und neuen Rechtslage: § 27 a Rz. 38,
40ausgeschlossen.
41Die Rücknahme der Asylanträge steht auch nicht dem Erlass der Abschiebungsanordnung entgegen. Insoweit sieht § 34 a Abs. 1 Satz 2 AsylVfG vor, dass eine Rücknahme des Asylantrags vor Entscheidung des Bundesamtes den Erlass einer Abschiebungsanordnung nicht hindert. Darüber hinaus ist nunmehr in § 34 a Abs. 1 Satz 2, 1. Halbs. AsylVfG die Grundlage für eine Abschiebungsanordnung in den Fällen geschaffen worden, in denen im Bundesgebiet kein Asylantrag gestellt worden ist, aber ein anderer Mitgliedstaat auf Grund des dort gestellten Asylantrags zur Wiederaufnahme verpflichtet ist.
42Der Abschiebungsanordnung steht jedoch ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis aus rechtlichen Gründen entgegen. Die Abschiebungsanordnung als Festsetzung des Zwangsmittels des unmittelbaren Zwangs (Abschiebung) darf erst dann ergehen, wenn alle Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Abschiebung erfüllt sind. Dem Bundesamt obliegt in diesem Zusammenhang sowohl die Prüfung von zielstaats- als auch von inlandsbezogenen Abschiebungsverboten bzw. -hindernissen. Das Bundesamt ist im Rahmen des Erlasses einer Abschiebungsanordnung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 34 a AsylVfG mithin auch verpflichtet, zu prüfen, ob die Abschiebung aus subjektiven, in der Person des Ausländers liegenden Gründen, – wenn auch nur vorübergehend – rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist. Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits vor Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch für etwa danach entstandene Abschiebungshindernisse,
43vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris m.w.Nw.zur Rspr.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. Mai 2012 – 13 MC 22/12 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -; OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2010 – 4 Bs 223/10 -, juris; Funke-Kaiser in GK zum AsylVfG, Stand: Januar 2014, § 34 a Rz. 47, 21.
44Der Abschiebung der Klägerin zu 2. steht vorliegend ein inlandsbezogenes rechtliches Abschiebungshindernis entgegenstehen. Gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange diese aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Rechtlich unmöglich kann eine Abschiebung sein, wenn sie unzumutbar in eine durch Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK geschützte familiäre Beziehung eingreift. Auch wenn Art. 6 GG unmittelbar keinen Aufenthaltsanspruch gewährt, muss die jeweilige zuständige Behörde – hier: das Bundesamt – bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Ausländers an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Eine derartige Prüfung lässt sich weder dem vorliegenden streitgegenständlichen Bescheid noch den Erwiderungen der Beklagten in Bezug auf die Klägerin zu 2. und ihres im Bundesgebiet lebenden Vaters entnehmen. Insoweit ist auch die Feststellung des Bundesamtes, dass außergewöhnliche humanitäre Gründe, die einen Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO begründen könnten, nicht ersichtlich seien, nicht ausreichend.
45Das Gericht hat nach dem bisherigen Vorbringen und auf Grund der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass derzeit eine Abschiebung der Klägerin zu 2. den Kontakt zu ihrem im Bundesgebiet lebenden Vater in einem Maße beeinträchtigen könnte, das mit den gemäß Art. 6 GG zu beachtenden Vorgaben nicht zu vereinbaren ist. Ausweislich der vorliegenden Ausländerakte handelt es sich bei dem Vater der jetzt vierjährigen Klägerin zu 2. um den Ehegatten einer freizügigkeitsberechtigten spanischen Unionsbürgerin mit Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, vgl. Art. 2 Nr. 1, Art. 3 und Art. 7 der Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004 (sog. Freizügigkeitsrichtlinie) bzw. § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU). Der Kindesvater, der selber Drittstaatsangerhöriger (Nigeria) ist, verfügt als Familienangehöriger i.S. von Art. 2 Nr. 2 a, Art. 7 RL 2004/38/EG bzw. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Freizüg/EU ebenfalls über ein Aufenthaltsrecht und dementsprechend über eine bis zum 15. April 2017 gültige Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU. Die Klägerin zu 2. ist als Kind dieses Ehegatten gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU bzw. Art. 2 Nr. 2 c) RL 2004/38/EG ebenfalls eine Familienangehörige, da sie noch nicht 21 Jahre alt ist. Der Kindesvater hat insoweit am 15. Juni 2012 vor dem Jugendamt F1. die Vaterschaft anerkannt und zusammen mit der Kindesmutter – der Klägerin zu 1. – eine Erklärung über die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge abgegeben. Inwieweit dem daraus abzuleitenden Aufenthaltsrecht der Klägerin zu 2. etwa ein Verstoß gegen die Visumspflicht - vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 FreizügG/EU bzw. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 RL 2004/38/EG - entgegensteht, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, sondern von der Ausländerbehörde im Rahmen der gestellten Anträge unter Berücksichtigung etwa der Rechtsprechung des EuGH,
46vgl. etwa Urteil vom 25. Juli 2002 - C 459/99 - MRAX -, juris,
47zu prüfen.
48Nach dem bisherigen Vorbringen der Klägerinnen und dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck geht das Gericht von einer unter dem Schutz der Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK stehenden familiären Beziehung zwischen dem Kindesvater und der Klägerin zu 2. bzw. einer tatsächlichen persönlichen Verbundenheit von Vater und Kind aus und zwar seit der Kindesvater von der Existenz der Klägerin zu 2. Kenntnis erhalten hat. Berührt eine aufenthaltsbeendende Maßnahme – wie vorliegend – die Beziehung zwischen einem Kind und seinem im Bundesgebiet lebenden Elternteil, so ist maßgeblich auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob eine Hausgemeinschaft vorliegt, sondern ob eine tatsächlich gelebte, von geistiger und emotionaler Auseinandersetzung geprägte Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern besteht. Ist dies der Fall geht Art. 6 GG davon aus, dass die persönliche Verbundenheit dem Kindeswohl dient.
49Aus dem Vorbringen der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung und den glaubhaften Angaben beiden Zeugen ergibt sich für das Gericht, dass der in F1. wohnhafte Kindesvater die in F2. wohnende Klägerin zu 2. im Rahmen seiner Möglichkeit regelmäßig und zwar etwa dreimal im Monat besucht. Er bleibt dann zumeist von freitags bis montags und bringt die Klägerin zu 2. dann auch zum Kindergarten. Gelegentlich ist er auch an anderen Tagen (z.B. donnerstags) in F2. oder muss bereits sonntags fahren. Er telefoniert darüber hinaus fast täglich mit ihr und hat sie auch während eines Krankenhausaufenthalts regelmäßig besucht. Darüber hinaus besucht die Klägerin zu 2. den Kindesvater auch in F1. , wobei sie mit der Klägerin zu 1. aber nicht bei dem Kindesvater wohnt, und hat nach den übereinstimmenden Angaben zudem im Sommer des letzten Jahres zwei Wochen bei dem Kindesvater verbracht. Sie besuchte den Kindesvater auch zu Weihnachten und der Kindesvater feierte mit ihr gemeinsam ihre Geburtstage. Der Kindesvater zahlt zwar derzeit auf Grund seiner Erwerbslosigkeit keinen Unterhalt für die Klägerin zu 2., bringt jedoch regelmäßig Geschenke - wie Spielzeug, Gebrauchsgegenstände oder Kleidung - für die Klägerin zu 2. mit. Von einer zwischen dem Vater und Klägerin zu 2. vertrauten Beziehung konnte sich das Gericht zudem auf Grund des Verhaltens von Vater und Tochter in der mündlichen Verhandlung überzeugen.
50Der angenommenen tatsächlichen familiären Verbundenheit steht vorliegend nicht entgegen, dass die Beziehung zu dem Kindesvater nicht bereits seit der Geburt, sondern erst nach Einreise der Klägerinnen bzw. Auffinden des Kindesvaters - etwa zu Beginn oder im Frühjahr des Jahres 2012 – aufgenommen worden ist. Zum einen ist die familiäre Beziehung unmittelbar von dem Kindesvater akzeptiert und gepflegt worden. Zum anderen spricht einiges dafür, dass gerade eine nunmehr erneute Trennung der Klägerin zu 2. von dem Kindesvater das entstandene Vertrauensverhältnis nachhaltig stören könnte, was dem Kindeswohl entgegensteht. Zusätzlich ist die voraussichtliche Dauer der bevorstehenden Trennung und das Alter des jeweiligen Kindes zu berücksichtigen und zu gewichten, denn ein noch kleines Kind kann möglicherweise den Charakter einer – ggfs. auch nur vorübergehenden – Trennung nicht erfassen. Das Gericht geht nach dem derzeitigen Sachstand angesichts des Alters des Klägerin zu 2. davon aus, dass sie derzeit nicht zumutbar darauf verwiesen werden kann, etwa zur Durchführung eines Visumsverfahrens im Rahmen der bereits beantragten Aufenthaltserlaubnis von Norwegen oder – im Falle der Rückverbringung – von ihrem Herkunftsstaat aus, den Kontakt telefonisch oder brieflich mit ihrem Vater aufrecht zu erhalten. Zudem ist die Dauer eines Visumsverfahrens nicht absehbar. Vorliegend geht das Gericht außerdem nach dem derzeitigen Erkenntnisstand davon aus, dass es dem Kindesvater auf Grund seiner Ehe mit einer im Bundesgebiet lebenden Unionsbürgerin und angesichts der Gültigkeit seiner Aufenthaltskarte, nicht zumutbar ist, gemeinsam mit seinem Kind eine Elternbeziehung im Herkunftsland zu führen.
51Vgl. dazu insgesamt auch Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 1. Dezember 2008 – 2 BvR 1830/08 und vom 9. Januar 2009 – 2 BvR 1064/08 -, jeweils juris sowie OVG NRW, Beschluss vom 24. August 2009 – 17 B 1224/09 -, juris und Funke-Kaiser in GK zum AufenthG, Stand: März 2014, § 60 a 153 ff., 159 ff..
52Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen steht darüber hinaus einer Abschiebung der Klägerin zu 1. ebenfalls ein inlandsbezogenes rechtliches Abschiebungshindernis entgegen. Die isolierte Abschiebung der Klägerin zu 1. würde die Klägerin zu 2. von ihrer Mutter trennen, mit der sie gemeinsam seit ihrer Geburt zusammen lebt und würde damit unzumutbar in eine durch Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK geschützte familiäre Beziehung eingreifen.
53Ziffer 2 des Bescheid des Bundesamtes war danach insgesamt aufzuheben.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; das Verfahren ist gem. § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei.
55Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
(1) Widerspruch und Klage gegen
- 1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels, - 1a.
Maßnahmen nach § 49, - 2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen, - 2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e, - 3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft, - 4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes, - 5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d, - 6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1, - 7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11, - 8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie - 9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen haben das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes.
(2) Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind:
- 1.
Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen, - 1a.
Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden, - 2.
Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), - 3.
Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind, - 4.
Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen, - 5.
nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4, - 6.
Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4, - 7.
Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.
(3) Das Recht nach Absatz 1 bleibt für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei
- 1.
vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, - 2.
unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit, - 3.
Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.
(4) Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann festgestellt werden, wenn feststeht, dass die betreffende Person das Vorliegen einer Voraussetzung für dieses Recht durch die Verwendung von gefälschten oder verfälschten Dokumenten oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht hat. Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann bei einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, außerdem festgestellt werden, wenn feststeht, dass er dem Unionsbürger nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft nachzieht oder ihn nicht zu diesem Zweck begleitet. Einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, kann in diesen Fällen die Erteilung der Aufenthaltskarte oder des Visums versagt werden oder seine Aufenthaltskarte kann eingezogen werden. Entscheidungen nach den Sätzen 1 bis 3 bedürfen der Schriftform.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.