Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Beschluss, 30. Okt. 2015 - VGH N 29/14, VGH N 30/14, VGH N 31/14

ECLI: ECLI:DE:VERFGRP:2015:1030.VGHN29.14.0A
published on 30/10/2015 00:00
Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Beschluss, 30. Okt. 2015 - VGH N 29/14, VGH N 30/14, VGH N 31/14
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Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Die Anträge einschließlich der Anschlussanträge werden zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen Vorschriften des Landesfinanzausgleichsgesetzes, die sie im Hinblick auf die Finanzausstattung der kommunalen Gebietskörperschaften für unzureichend halten.

I.

2

Die Ortsgemeinden, Verbandsgemeinden, verbandsfreien Gemeinden, großen kreisangehörigen Städte, Landkreise und kreisfreien Städte (kommunale Gebietskörperschaften) in Rheinland-Pfalz erhalten ergänzend zu ihren sonstigen Einnahmen zur Deckung ihrer Aufwendungen und Auszahlungen Leistungen des Landes nach dem Landesfinanzausgleichsgesetz (§ 1 LFAG).

3

Die Zuweisungen des Landes setzen sich zusammen aus allgemeinen und zweckgebundenen Finanzzuweisungen innerhalb des Steuerverbundes (Finanzausgleichsmasse) und zweckgebundenen Zuweisungen außerhalb des Steuerverbundes (§ 2 LFAG). Die Finanzausgleichsmasse – d.h. die Leistungen des Landes innerhalb des Steuerverbundes (Landesleistungen) – ergibt sich aus einem Prozentsatz (Verbundsatz) des Aufkommens (Verbundmasse), das dem Land aus der Einkommen- und Körperschaftssteuer und weiteren Steuereinnahmen sowie dem Länderfinanzausgleich zusteht. Zum Ausgleich von diesbezüglichen Einnahmeschwankungen besteht dabei eine Finanzreserve („Stabilisierungsfonds“, § 5a LFAG), mit deren Hilfe eine Verstetigungssumme gebildet wird, welche die Höhe der Finanzausgleichsmassen über mehrere Jahre hinweg verstetigt. Von Kommunen, die eine überdurchschnittliche Steuerkraft aufweisen, wird darüber hinaus eine Umlage erhoben, deren Aufkommen ebenfalls der Finanzausgleichsmasse zufließt (Finanzausgleichsumlage, §§ 5, 23 LFAG). Der Verbundsatz ergibt sich aus dem Landesfinanzausgleichsgesetz. Innerhalb der Finanzausgleichsmasse werden allgemeine Finanzzuweisungen (§§ 7 bis 17a LFAG) und zweckgebundene Finanzzuweisungen (§ 18 LFAG) unterschieden, wobei die Beträge dieser Zuweisungen jeweils im Landeshaushaltsplan festgesetzt werden (§ 6 LFAG). Aus den allgemeinen Finanzzuweisungen werden unter anderem die sogenannten Schlüsselzuweisungen bereitgestellt. In der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sah das Landesfinanzausgleichsgesetz drei verschiedene Kategorien von Schlüsselzuweisungen vor: Schlüsselzuweisungen A, die sich an der je Einwohner errechneten Steuerkraft der betreffenden Kommune orientierten (§ 8 LFAG) und Schlüsselzuweisungen B, die sich an der Zahl der Einwohner sowie dem Bedarf und dessen Relation zur Finanzkraft der Kommunen orientierten (§ 9 LFAG). Darüber hinaus wurden nach einem entsprechenden Modus Investitionsschlüsselzuweisungen gewährt (§ 10 LFAG). Bei der Bestimmung des Bedarfs bzw. der diesbezüglichen Messzahl (Bedarfsmesszahl) – die sich grundsätzlich an der Einwohnerzahl orientierte – wurden besondere Belastungen in Ansatz gebracht, unter anderem im Rahmen eines Soziallastenansatzes (§ 11 LFAG).

4

Im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens des Landkreises Neuwied gegen das Land auf Erhöhung der Schlüsselzuweisungen für das Jahr 2007 legte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 15. Dezember 2010 – 2 A 10738/09.OVG – dem Verfassungsgerichtshof die Frage vor, ob die §§ 5 bis 13 LFAG mit der Selbstverwaltungsgarantie (Art. 49 LV) vereinbar seien. Mit Urteil vom 14. Februar 2012 – VGH N 3/11 – (GVBl. S. 115; AS 41, 29) stellte der Verfassungsgerichtshof die Unvereinbarkeit der genannten Vorschriften mit Art. 49 Abs. 6 in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 bis 3 LV nach Maßgabe der Gründe fest. Dieses Urteil erstreckte er – jedenfalls im Hinblick auf den festgestellten Verstoß gegen den Grundsatz der Verteilungssymmetrie (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 14. Februar 2012 – VGH N 3/11 –, AS 41, 29 [54]) – auf die entsprechenden Vorschriften über die Finanzausgleichsmasse und die Schlüsselzuweisungen der Folgejahre bis zum Zeitpunkt seiner Entscheidung, d.h. bis Februar 2012. Dem Gesetzgeber wurde eine Frist bis zum 1. Januar 2014 eingeräumt, bis zu deren Ablauf eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen war.

5

Zum 1. Januar 2014 trat das Landesgesetz zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs vom 8. Oktober 2013 – LFAGReformG – (GVBl. S. 349) in Kraft. Dieses Gesetz soll ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der „angespannte[n] Finanzlage der kreisfreien Städte und Landkreise als Soziallastenträger“ und dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Februar 2012 Rechnung tragen (LT-Drucks. 16/2231). Hierzu wurde insbesondere eine neue Schlüsselzuweisung C zum Zwecke des verstärkten Ausgleichs der Belastungen der kommunalen Soziallastenträger geschaffen (Art. 1 Nr. 7 LFAGReformG = § 9a LFAG n.F., vgl. LT-Drucks. 16/2231). Weitere Schwerpunkte der Reform betreffen die Struktur des Steuerverbundes. Es wird nunmehr zwischen einem obligatorischen und fakultativem Steuerverbund unterschieden (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 LFAG). Der Verbundsatz für den fakultativen Steuerverbund wurde gegenüber dem bisherigen Steuerverbundsatz um 6 v.H. auf 27 v.H. angehoben. Ferner wurde die Finanzausgleichsmasse erhöht, indem die Verstetigungssumme (§ 5a LFAG) angehoben wurde. Um einen Anreiz zur Erhöhung der Hebesätze der Kommunen zu schaffen (vgl. LT-Drucks. 16/2231, S. 21) wurde zudem eine Anhebung der sogenannten Nivellierungssätze vorgenommen (§ 13 LFAG). Diese stellen ein normiertes Aufkommen dar, das bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen und der Umlagegrundlagen Bedeutung erlangt (vgl. LT-Drucks. 16/2231, S. 21). Weitere Änderungen betreffen unter anderem die Schlüsselzuweisungen A und B, den Leistungsansatz für Soldatinnen und Soldaten, die Schülerbeförderungskosten und die Zuweisungen an den Bezirksverband Pfalz. Nach Art. 2 LFAGReformG werden die Auswirkungen der Änderungen des Landesfinanzausgleichsgesetzes gemäß Artikel 1 nach Ablauf von drei Jahren nach ihrem Inkrafttreten überprüft. Die Überprüfung erfolgt auf der Grundlage eines von der Landesregierung bis zum 31. Dezember 2017 zu erstellenden Berichts.

II.

6

Anlässlich des Inkrafttretens des LFAGReformG haben sich die Antragsteller
– verschiedene kommunale Gebietskörperschaften – mit Normenkontrollanträgen an den Verfassungsgerichtshof gewandt.

7

1. Alle Antragsteller machen die Verfassungswidrigkeit des neugefassten Landesfinanzausgleichsgesetzes sowie des Landeshaushaltsgesetzes 2014/2015 geltend. Zur Begründung ihrer Anträge berufen sie sich im Wesentlichen auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Februar 2012 – VGH N 3/11 –. Die Neufassung des Landesfinanzausgleichsgesetzes verstoße gegen Art. 49 Abs. 6 in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 bis 3 LV, weil sie zur Überwindung der prekären Finanzlage der rheinland-pfälzischen Kommunen nicht geeignet sei. Da nach der Finanzplanung des Landes auch ohne eine gesetzliche Neuregelung bereits ein Zuwachs von 440 Millionen Euro zu erwarten gewesen sei, flössen gemäß den Plänen der Landesregierung aufgrund der Reform lediglich 50 Millionen Euro originäre Landesmittel zusätzlich in den Finanzausgleich. Einen „spürbaren“ Beitrag zur Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung der Kommunen – wie ihn der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 14. Februar 2012 gefordert habe – stelle dies nicht dar. Ihre jeweilige eigene Finanzlage sei prekär. Die seit dem Jahr 2000 erheblich gesteigerten Ausgaben in den Bereichen Soziales sowie Familie und Jugend seien nicht angemessen kompensiert worden.

8

2. Der Antragsteller im Verfahren VGH N 29/14 ist der Landkreis Südliche Weinstraße. Er hält seinen Antrag für zulässig und meint, der Subsidiaritätsgrundsatz sei gewahrt. Angesichts der Aufbereitung der Sach- und Rechtslage in dem Verfahren, welches zu dem Urteil vom 14. Februar 2012 geführt habe, bedürfe es keiner Durchführung eines fachgerichtlichen Verfahrens mehr. Die Normenkontrollanträge hätten allgemeine Bedeutung, weil das Landesfinanzausgleichsgesetz in Verbindung mit dem Landeshaushaltsgesetz 2014/2015 die finanzielle Ausstattung aller Kommunen durch das Land regle. Dies werde auch durch den Umstand verdeutlicht, dass alle kommunalen Spitzenverbände die Anträge begrüßten und diese durch das Ministerium des Inneren, für Sport und Infrastruktur als Musterprozess anerkannt worden seien.

9

Ihm entstünde ein schwerer und unabwendbarer Nachteil, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde. Schon jetzt habe er aufgrund der unzureichenden Finanzausstattung durch das Land keine Möglichkeit mehr, sein kommunales Selbstverwaltungsrecht angemessen auszuüben. Eine Verbesserung der Finanzausstattung hätte nach Maßgabe des Urteils des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Februar 2012 eigentlich schon ab dem Jahr 2007 erfolgen müssen. Das Land habe die Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2014, die ihm eingeräumt worden sei, nicht genutzt, um einen verfassungsgemäßen Zustand herzustellen. Es sei ihm nicht zuzumuten, erst den Festsetzungsbescheid des Jahres 2014 abzuwarten, um dann den Rechtsweg dagegen zu beschreiten. Das Ausgangsverfahren, welches zu dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2012 geführt habe, habe weit über drei Jahre gedauert. Der verfassungswidrige Zustand würde so um rund zehn Jahre konserviert werden. Jedes weitere Jahr, das ohne eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen vergehe, sei für die kommunale Selbstverwaltung in Rheinland-Pfalz ein verlorenes Jahr. Dadurch, dass ihm keine ausreichenden Finanzmittel gewährt würden, stiegen seine Schulden weiter an. Er könne Ausgaben, denen Leistungsansprüche der Bürgerinnen und Bürger gegenüberstünden, nicht bis auf den Tag verschieben, an dem ihm das Land eine ausreichende Finanzausstattung gewähre. Er müsse Tag für Tag finanzielle Dispositionen in erheblicher Höhe treffen, mit denen ein finanzieller Nachteil für die Zukunft in Form von Zins- und Rückzahlungsverpflichtungen zwangsläufig verbunden sei.

10

Es sei der Zulässigkeit seines Antrags nicht abträglich, dass die Auswirkungen, die das neu gefasste Landesfinanzausgleichsgesetz auf ihn haben werde, in der Antragsschrift nur prognostisch dargelegt würden. Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung habe ausdrücklich festgestellt, dass das Unmittelbarkeitskriterium auch angesichts der Darlegung zukünftiger belastender und nicht mehr rückgängig zu machender Dispositionen erfüllt sei. Durch das neue Landesfinanzausgleichsgesetz in Verbindung mit dem Landeshaushaltsgesetz 2014/2015 sei er auch unmittelbar in seinen Rechten betroffen. Der Erlass der einzelnen Schlüsselzuweisungsbescheide durch das Ministerium stelle sich lediglich noch als Akt der Datenverarbeitung dar. Es handle sich um eine „bloße Ausführungsrechnung“. Im Übrigen schließe ein notwendiger Vollzugsakt eine unmittelbare Betroffenheit nicht in jedem Fall aus. Diese sei vielmehr zu bejahen, wenn die vorherige Klärung der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen des Normvollzugs durch die Fachgerichte entbehrlich und eine Vorabentscheidung über die in Rede stehende verfassungsrechtliche Frage geboten sei. Zwar sei hier ein Vollzugsakt in Form eines Festsetzungsbescheides gemäß § 30 LFAG erforderlich. Das Gesetz eröffne dem zuständigen Ministerium jedoch keine wesentlichen Bewertungs- und Ermessensspielräume hinsichtlich der Festsetzungshöhe der Finanzzuweisungen für die einzelnen Kommunen. Überdies sei die maßgebliche Sach- und Rechtslage durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Februar 2012 in wesentlichen Punkten schon vorgeklärt. Der Verfassungsgerichtshof habe in diesem Verfahren konkrete Kriterien für einen verfassungsgemäßen Finanzausgleich aufgestellt. Die Feststellung, dass die Neufassung des Landesfinanzausgleichsgesetzes diesen Kriterien nicht entspreche, sei unmittelbar durch den Verfassungsgerichtshof möglich.

11

3. Die Antragstellerin im Verfahren VGH N 30/14 – die Stadt Pirmasens – hält ihren Antrag aus den gleichen Gründen wie der Antragsteller im Verfahren VGH N 29/14 für zulässig. Sie verweist zum Beleg ihrer schlechten Finanzlage auf ihre als CD beigefügten Haushaltspläne der Jahre 2000 bis 2014 sowie die Schlüsselzuweisungsbescheide der Jahre 2000 bis 2013. Ihr Haushalt für das Jahr 2014 sei unausgeglichen. Die vorläufige Bilanz zum 31. Dezember 2009 weise voraussichtlich einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 11,4 Millionen Euro auf, der sich durch die Fehlbeträge für 2010 bis 2014 noch erhöhen werde. Mit Berücksichtigung der Schlüsselzuweisungen verbleibe ein ungedecktes Defizit aus Transferleistungen und Verwaltungsaufwand in Höhe von über 26 Millionen (2014) bzw. über 25 Millionen (2015) Euro.

12

4. Die Antragstellerinnen im Verfahren VGH N 31/14 – die Ortsgemeinde Lünebach und die Verbandsgemeinde Arzfeld – meinen ebenfalls, ihre Anträge seien zulässig. Sie wahrten den Subsidiaritätsgrundsatz. Vor Anstrengung eines Normenkontrollantrags seien Kommunen nicht gehalten, einen Einzelakt, der das Finanzausgleichsgesetz etwa in Gestalt der Schlüsselzuweisungsfestsetzung vollziehe, abzuwarten und dann zunächst fachgerichtlich anzugreifen. Andernfalls liefe die in § 23 Abs. 4 Satz 2 VerfGHG vorgegebene Frist für die Einreichung eines Normenkontrollantrags durch öffentlich-rechtliche Körperschaften leer. Wenn man den Subsidiaritätsgrundsatz für anwendbar halte, liege hier jedenfalls eine Ausnahme vor, die von dem Gebot der Rechtswegerschöpfung befreie. Das Verfahren habe allgemeine Bedeutung. Es sei im Hinblick auf die Anzahl der Adressaten des Landesfinanzausgleichsgesetzes und dessen Bedeutung für die kommunale Selbstverwaltung im Land von immenser Relevanz. Nicht zuletzt würden mit dem Antrag auch prozedurale Fragen aufgeworfen. So bedürfe es einer verfassungsgerichtlichen Klärung, ob und in welcher Form der Landesgesetzgeber bei der Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleiches dazu verpflichtet sei, seine Regelung an einem zuvor ermittelten kommunalen Finanzbedarf auszurichten. Überdies drohe ihnen ein schwerer und unabwendbarer Nachteil, wenn sie auf den Rechtsweg gegen Vollzugseinzelakte des angegriffenen Gesetzes verwiesen würden. Ihre Haushaltslage sei katastrophal. Im Hinblick darauf sei der Verweis auf die Einholung fachgerichtlichen Rechtsschutzes nicht zumutbar. Der kommunalen Selbstverwaltung bliebe anderenfalls über Jahre hinweg die Grundlage entzogen. Dies sei insbesondere vor dem Hintergrund nicht hinnehmbar, dass der Verfassungsgerichtshof bereits das Landesfinanzausgleichsgesetz des Jahres 2007 für verfassungswidrig erklärt habe. Ihre Antragsbefugnis für den Normprüfungsantrag – und dessen Begründetheit – ergäben sich im Übrigen daraus, dass dem angegriffenen Landesgesetz keine Ermittlung des finanziellen Bedarfs der Kommunen zugrunde liege. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Februar 2012 setze ein aufgabengerechter Finanzausgleich voraus, dass der Gesetzgeber sich zunächst ein Bild von der Höhe der erforderlichen Finanzmittel mache, wobei er auch schätzen und pauschalieren dürfe. Es sei nicht auszuschließen, dass der Gesetzgeber diesen verfahrensrechtlichen Vorgaben der Verfassung nicht nachgekommen sei.

13

4. Mit beim Verfassungsgerichtshof am 14. April 2014 eingegangenen Schriftsätzen haben die Landkreise Bernkastel-Wittlich und Kaiserslautern erklärt, dass sie sich dem Antrag des Landkreises Südliche Weinstraße im Verfahren VGH N 29/14 anschließen. Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2014 hat sich die Ortsgemeinde Neunkirchen den Anträgen im Verfahren VGH N 31/14 angeschlossen.

III.

14

Der Verfassungsgerichtshof hat der Landesregierung und dem Landtag Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Des Weiteren haben die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände und der Rechnungshof Rheinland-Pfalz Stellungnahmen abgegeben.

15

1. Der Landtag Rheinland-Pfalz hält die Anträge für unzulässig. Er meint, die Antragsteller und die Anschlussantragsteller verfügten weder über die erforderliche Antragsbefugnis, noch stünden die Anträge mit dem Grundsatz der Subsidiarität im Einklang. Mangels einer behördlichen Festsetzung der Zuweisungen seien die Antragsteller lediglich in der Lage zu prognostizieren, wie sich die geänderten Bestimmungen des Landesfinanzausgleichsgesetzes vermutlich auswirken würden. Auch in Bezug auf die von einem Teil der Verfahrensbeteiligten beanstandeten Umlagelasten nach §§ 25, 26 LFAG sei nicht von einer unmittelbaren Betroffenheit auszugehen. Im Hinblick auf den Subsidiaritätsgrundsatz komme eine Vorabentscheidung hier nicht in Betracht. Die Verfahren besäßen keine allgemeine Bedeutung. Die Antragsteller hätten auch nicht hinreichend deutlich gemacht, dass ihnen ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls sie zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen müssten. Ungeachtet ihrer Unzulässigkeit erwiesen sich die Anträge auch als unbegründet.

16

2. Die Landesregierung hält die Normprüfungsanträge für unzulässig und für unbegründet. Sie meint, die Unzulässigkeit der Anträge in den Verfahren VGH N 29/14, VGH N 30/14 und des Hauptantrages im Verfahren VGH N 31/14 ergebe sich bereits daraus, dass die Anträge zu weit und zu unbestimmt seien, weil sie das gesamte neugefasste Landesfinanzausgleichsgesetz zur Überprüfung stellten. Zudem fehle eine eigene, gegenwärtige und unmittelbare Beschwer der Antragsteller, denn das Landesfinanzausgleichsgesetz sei ein vollzugsbedürftiges Gesetz. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Erfordernis, sich gegen den Vollzugsakt zu wenden, seien hier nicht erfüllt. Überdies stehe der Zulässigkeit der Normprüfungsanträge der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Die Vorklärung der tatsächlichen Lage sei hier insofern von Bedeutung, als zum Zeitpunkt der Antragstellung und darüber hinaus noch nicht feststehen könne, welche endgültigen Auswirkungen die neuen Bestimmungen des Landesfinanzausgleichsgesetzes auf die Antragsteller hätten. Auch die Voraussetzungen für ein Tätigwerden des Verfassungsgerichtshofs vor Erschöpfung des Rechtsweges lägen nicht vor.

17

3. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände ist der Auffassung, maßgebliche Vorschriften des neu gefassten Landesfinanzausgleichsgesetzes würden den Anforderungen von Art. 49 LV nicht gerecht. Das Land sei den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes in seinem Urteil vom 14. Februar 2012 nicht gerecht geworden.

18

4. Der Rechnungshof führt aus, die rheinland-pfälzischen Gemeinden erwirtschafteten seit 1990 in der Gesamtbetrachtung Finanzierungsdefizite. Für das Jahr 2014 lägen statistische Ergebnisse für das erste Halbjahr vor. Danach habe sich die finanzielle Situation nicht gebessert. Im Jahr 2013 habe sich der Schuldenzuwachs aufgrund der guten Einnahmesituation im Vergleich zu den Vorjahren zwar deutlich abgeschwächt. Ein Schuldenabbau im Sinne einer Netto-Tilgung sei dennoch nicht erreicht worden. Voraussichtlich ergäben sich folgende Auswirkungen der Änderungen bei den Schlüsselzuweisungen 2014: Ende 2014 betrage die Deckungslücke (Finanzierungssaldo) nach modellhaften Berechnungen insgesamt 162,5 Millionen Euro. Damit würde sich die Unterdeckung gegenüber 2013 deutlich verringern. Allerdings müsse, so der Rechnungshof, der Prognosegehalt seiner Berechnung betont werden, da noch offen sei, ob sich die wesentlichen Einnahmen und Ausgaben entsprechend den Annahmen veränderten. Im Hinblick auf die Höhe des Finanzierungsdefizits zur Jahresmitte 2014 seien deutlich höhere Fehlbeträge zu erwarten. In der Gesamtbetrachtung erhielten die Gemeinden und Gemeindeverbände 2014 zusätzliche Schlüsselzuweisungen von 204,3 Millionen Euro. Dieser Betrag verringere sich nach Abzug von „Positionsverschiebungen“ auf 161 Millionen Euro. Von diesem Nettozuwachs entfielen 128,6 Millionen Euro (80 v.H.) auf die kreisfreien Städte und Landkreise und damit auf die vorrangig von hohen Soziallasten betroffenen Gebietskörperschaftsgruppen. Mit Ausnahme der großen kreisangehörigen Städte (dort werde das Ergebnis maßgeblich von der außerordentlich guten Finanzlage der Stadt Ingelheim am Rhein beeinflusst) reichten die zusätzlichen Mittel bei keiner Gebietskörperschaftsgruppe aus, um die jeweiligen Finanzierungssalden auszugleichen.

B.

19

Die Anträge sind unzulässig. Sie können daher gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 VerfGHG durch einstimmigen Beschluss des Verfassungsgerichtshofs zurückgewiesen werden.

20

Wenngleich die Antragsteller im Wesentlichen eine unzureichende Umsetzung des Urteils des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Februar 2012 durch den Gesetzgeber geltend machen, sind ihre Anträge nicht als Anregungen zum Erlass einer Vollstreckungsanordnung gemäß § 20 Abs. 3 Verfassungsgerichtshofgesetz – VerfGHG – zu verstehen. Vielmehr handelt es sich um eigenständige, neue Normenkontrollanträge im Sinne von Art. 130 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV –. Die Entscheidungsformel des Urteils vom 14. Februar 2012 – mit welcher der Gesetzgeber verpflichtet wurde, spätestens bis zum 1. Januar 2014 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen – besitzt nämlich keinen vollstreckungsfähigen Inhalt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004 – 2 C 34/02 –, BVerwGE 121, 91, s. auch entspr. zu § 35 BVerfGG BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1984 – 1 BvR 620/78 u.a. –, BVerfGE 68, 138 [140]). Auch eine nachträgliche ergänzende Regelung dieser Entscheidungsformel kommt nicht in Betracht, da der Gesetzgeber eine Neuregelung des Landesfinanzausgleichsgesetzes fristgerecht getroffen hat (vgl. entspr. BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1984 – 1 BvR 620/78 u.a. –, BVerfGE 68, 132 [140 f.]). Die verfassungsgerichtliche Kontrolle dieser Neuregelung stellt ein neues, eigenständiges Verfahren dar (vgl. BVerfG a.a.O., s. auch VerfGH RP, Beschluss vom 10. Juni 2014 – VGH N 29/14 u.a. –, AS 42, 432 [436]).

21

Die Sachentscheidungsvoraussetzungen der hiernach einschlägigen Normenkontrolle auf kommunalen Antrag gemäß Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV sind indessen nicht erfüllt. Die Normenkontrollanträge sind jedenfalls deshalb unzulässig, weil die Antragsteller durch die angegriffene Neuregelung des Landesfinanzausgleichsgesetzes nicht unmittelbar beschwert sind und der Grundsatz der Subsidiarität der Normenkontrolle nicht gewahrt ist.

I.

22

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV können die Landesregierung, der Landtag und jede Landtagsfraktion eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs darüber beantragen, ob ein Gesetz oder die sonstige Handlung eines Verfassungsorgans, soweit es sich nicht um eine Gesetzesvorlage handelt, verfassungswidrig ist. Den Antrag können nach Satz 2 auch Körperschaften des öffentlichen Rechts stellen – und damit auch die Antragsteller als kommunale Gebietskörperschaften –, soweit sie geltend machen, durch das Gesetz oder die sonstige Handlung eines Verfassungsorgans in eigenen Rechten verletzt zu sein. Dies setzt voraus, dass die antragstellende Gebietskörperschaft dartut, durch die angegriffene Norm selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen zu sein (vgl. zu diesem Erfordernis bei der Normenkontrolle: VerfGH RP, Urteil vom 18. April 1994 – VGH N 1 und 2/93 –, AS 24, 321 [333 f.]; Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, AS 25, 194 [195 f.]; Urteil vom 11. Juli 2005 – VGH N 25/04 –, juris Rn. 18). Unmittelbare Betroffenheit verlangt, dass die Rechtsstellung des Antragstellers durch die angegriffene Rechtsnorm und nicht erst durch ihren Vollzug berührt wird (vgl. zu diesem Erfordernis im Rahmen des Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV zuletzt VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, juris Rn. 121; aus der früheren Rspr. VerfGH RP, Urteil vom 18. April 1994 – VGH N 1/93 u.a. –, AS 24, 321 [333 f.]; Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, NVwZ-RR 1996, 458; im Hinblick auf die Verfassungsbeschwerde vgl. VerfGH RP, Urteil vom 22. Juni 2004 – VGH B 2/04 –, AS 31, 348 [351]). Die Notwendigkeit, gesetzliche Vorschriften durch einen Vollzugsakt umzusetzen, ist allerdings lediglich ein wesentliches Anzeichen für das Fehlen unmittelbarer Betroffenheit durch die Norm selbst. Der verfassungsprozessrechtliche Begriff der Unmittelbarkeit ist nämlich im Lichte der Funktion des verfassungsgerichtlichen Verfahrens zu verstehen. Eine unmittelbare Betroffenheit kann deshalb auch dann zu bejahen sein, wenn bereits das Gesetz selbst den Normadressaten zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder zu Dispositionen veranlasst, die später kaum noch rückgängig gemacht werden können (VerfGH RP, Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, AS 25, 194 [196]).

23

Bedarf ein Gesetz rechtsnotwendig oder nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis der Umsetzung durch einen besonderen Vollzugsakt, wird die Rechtssphäre des Einzelnen mithin grundsätzlich erst durch diesen Akt berührt. Der Antragsteller muss daher grundsätzlich zunächst diesen Akt angreifen und den gegen ihn eröffneten Rechtsweg erschöpfen, bevor er sich an den Verfassungsgerichtshof wendet (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, AS 25, 194 [195]; s. auch entspr. zur Rechtssatzverfassungsbeschwerde VerfGH RP, Beschluss vom 17. Dezember 2013 – VGH B 23/13 –, AS 42, 101 [105]). Dies gebietet auch der Grundsatz der Subsidiarität der Normenkontrolle, der in § 23 Abs. 3 VerfGHG zum Ausdruck kommt und auf Normprüfungsanträge von Kommunen nach Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV Anwendung findet (vgl. bereits VerfGH RP, Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, AS 25, 194 [197 f.]). Nach § 23 Abs. 3 VerfGHG können Körperschaften des öffentlichen Rechts, die geltend machen, durch die Handlung eines Verfassungsorgans in eigenen Rechten verletzt zu sein, die Anträge erst einreichen, wenn sie den Rechtsweg, der gegen die Beeinträchtigung zulässig ist, erschöpft haben. Der Grundsatz der Subsidiarität gewährleistet damit unter anderem, dass dem Verfassungsgerichtshof in der Regel nicht nur die abstrakte Rechtsfrage und der Sachvortrag des Beschwerdeführers unterbreitet werden, sondern auch die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch ein für diese Materie zuständiges Fachgericht. Dieser Vorklärung kommt insbesondere dort Bedeutung zu, wo die Beurteilung der mit dem Normprüfungsantrag erhobenen Rügen die Prüfung tatsächlicher oder einfachrechtlicher Fragen voraussetzt, für die das Verfahren vor den Fachgerichten besser geeignet ist. Der Subsidiaritätsgrundsatz stellt sicher, dass dem Verfassungsgerichtshof in solchen Fällen infolge der fachgerichtlichen Vorprüfung des Antragsvorbringens ein bereits eingehend geprüftes Tatsachenmaterial vorliegt und ihm auch die Fallanschauung und die Rechtsauffassung der Fachgerichte vermittelt werden (VerfGH RP, Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, AS 25, 194 [197]).

24

Ausnahmsweise ist eine Vorabentscheidung des Verfassungsgerichtshofs nach § 23 Abs. 3 Satz 2 VerfGHG möglich, wenn der vor Erschöpfung des Rechtsweges eingereichte Antrag von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn der antragsberechtigten Körperschaft ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls sie zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde. Vor diesem Hintergrund kann auch die unmittelbare Betroffenheit trotz Vollzugsbedürftigkeit eines Gesetzes zu bejahen sein, wenn die vorherige Klärung der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen des Normvollzugs entbehrlich und eine Vorabentscheidung über die verfassungsrechtliche Frage sachgerecht ist (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 22. Juni 2004 – VGH B 2/04 –, AS 31, 348 [351]; Beschluss vom 17. Dezember 2013 – VGH B 23/13 –, AS 42, 101 [106], jew. in Bezug auf die Verfassungsbeschwerde).

II.

25

Nach diesen Maßstäben sind sämtliche Anträge unzulässig, weil die Antragsteller durch die Neuregelung des Landesfinanzausgleichsgesetzes jeweils nicht unmittelbar beschwert sind und der Grundsatz der Subsidiarität der Normenkontrolle nicht gewahrt ist.

26

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in einem Urteil aus dem Jahr 1995 im Falle eines Normenkontrollantrags, mit dem – ähnlich wie im vorliegenden Fall – Vorschriften des Landesfinanzausgleichsgesetzes über die Finanzausgleichsumlage und über die Kreisumlage beanstandet wurden, den Antrag für unzulässig erklärt, weil die klagende Gebietskörperschaft nicht unmittelbar durch die Vorschrift betroffen war (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, AS 25, 194 [195 ff.]). An dieser Rechtsprechung wird festgehalten.

27

1. Die Antragsteller sind durch die angegriffenen Vorschriften nicht unmittelbar beschwert, denn ihre individuelle finanzielle Lage – auf die es im Verfahren nach Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV maßgeblich ankommt – wird erst durch die Konkretisierung der Regelungen des Landesfinanzausgleichsgesetzes im Rahmen der Festsetzung der jeweiligen Zuweisungen und Umlagen unmittelbar gestaltet. Das gilt zunächst und vor allem im Hinblick auf die Zuweisungen des Landes. Insbesondere werden die Schlüsselzuweisungen nach § 8 (Schlüsselzuweisungen A), § 9 (Schlüsselzuweisungen B) und nach § 9a (Schlüsselzuweisungen C) sowie nach § 10 (Investitionsschlüsselzuweisungen), § 14 (Allgemeine Straßenzuweisungen), § 15 (Zuweisungen zum Ausgleich von Beförderungskosten) und § 15a (Zuweisungen an den Bezirksverband Pfalz) gemäß § 30 Abs. 1 LFAG gesondert durch einen Bescheid des fachlich zuständigen Ministeriums im Einvernehmen mit dem für den Landeshaushalt zuständigen Ministerium festgesetzt. Die Zuweisungen nach § 16 LFAG werden nach § 30 Abs. 1 LFAG durch das für den Lastenausgleich zuständige Ministerium festgesetzt.

28

2. Auch die Voraussetzungen dafür, ausnahmsweise trotz der Erforderlichkeit eines Vollzugsaktes die unmittelbare Betroffenheit der Antragsteller durch die angegriffene Norm zu bejahen und eine Vorabentscheidung des Verfassungsgerichtshofs zuzulassen, liegen nicht vor. Vielmehr ist auch unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Normenkontrolle eine Vorklärung durch die Fachgerichte notwendig.

29

Die Antragsteller können zwar vor den Verwaltungsgerichten die Vorschriften des Landesfinanzausgleichsgesetzes nicht unmittelbar, sondern nur inzidenter angreifen. Sie haben aber auf diese Weise die Möglichkeit, die Verwaltungsgerichte zur Sicherung und Durchsetzung der Rechte in Anspruch zu nehmen, die sie aus der behaupteten Verfassungswidrigkeit der Regelungen herleiten. Um eine Vorklärung der tatsächlichen und einfachrechtlichen Lage herbeizuführen, sind sie gehalten, zunächst diesen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl. bereits VerfGH RP, Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, AS 25, 194 [196 f.]). Auf die Frage, ob und inwieweit im Einzelfall hinsichtlich bestimmter Zuweisungen oder Umlagen Spielräume bei der Festsetzung bestehen, kommt es dabei angesichts der Komplexität der betreffenden Regelungen nicht an (vgl. auch VerfGH RP, Beschluss vom 17. Dezember 2013 – VGH B 23/13 –, AS 42, 101 [105 f.]). Für die verfassungsrechtliche Prüfung bedarf es jedenfalls einer umfassenden Vorklärung der tatsächlichen Entwicklung der finanziellen Situation der Antragsteller unter der Geltung der Neuregelung durch die Fachgerichte (so schon VerfGH RP, Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, AS 25, 194, vgl. auch ThürVerfGH, Urteil vom 6. Juni 2002 – 14/98 –, juris Rn. 158).

30

Eine Vorklärung der tatsächlichen Entwicklung der finanziellen Lage der Antragsteller ist hier insbesondere unter folgenden Gesichtspunkten erforderlich:

31

a) Für die Beurteilung der Entwicklung der finanziellen Lage der Antragsteller nach Inkrafttreten der Neuregelung ist es zunächst unabdingbar, die endgültige Höhe der jeweiligen Schlüsselzuweisungen der Jahre 2014/2015 festzustellen. Im Zeitpunkt des Ablaufs der Antragsfrist – die sechs Monate nach der Verkündung des Gesetzes endete (vgl. § 23 Abs. 4 VerfGHG), d.h. hier am 15. April 2014 – standen diese indessen noch nicht fest. So hängt die Höhe der Schlüsselzuweisungen (§§ 8 ff. LFAG) von der Zahl der Einwohner und der in Euro je Einwohner errechneten Steuerkraftmesszahl der zuweisungsberechtigten kommunalen Gebietskörperschaften ab. Die jeweilige Steuerkraftmesszahl wiederum steht in Abhängigkeit von der Steuerentwicklung der jeweiligen Gebietskörperschaft; sie kann sich daher insbesondere durch Steuernachzahlungen oder -erstattungen an einzelne Unternehmen, durch Unternehmensneugründungen oder -verlagerungen verändern (vgl. auch die Antwort des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur vom 7. Dezember 2013 auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Steinbach [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] vom 19. November 2013, LT-Drucks. 16/3074). Die voraussichtliche Steuerentwicklung wiederum ist umstritten. So hat die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände in einer Pressemeldung vom 12. Mai 2014 (Az. 900-001 Be/Ja) die aus ihrer Sicht „völlig überzogene Darstellung der Landesregierung über die Entwicklung der kommunalen Einnahmen in den Jahren 2014 bis 2016“ moniert und dabei die Steuerschätzung des Landes vom Mai 2014 kritisiert.

32

Die finanziellen Folgen der Reform und die finanzielle Entwicklung der kommunalen Gebietskörperschaften sind überdies jeweils von der Höhe der Kreis- und Verbandsgemeindeumlagen (§§ 25, 26 LFAG) abhängig. Zwar betreffen die durch die Reform angehobenen Nivellierungssätze (vgl. § 13 LFAG) die Umlagegrundlagen. Die genaue Höhe der jeweiligen Umlagelasten einer Antragstellerin oder eines Antragstellers ergibt sich aber aus einer Ermessensentscheidung, die jeweils von dem Umlagegläubiger (Landkreis bzw. Verbandsgemeinde) getroffen wird. Diesem obliegt die Entscheidung über die Festlegung der Umlagesätze und eines sogenannten „Splittings“ (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LFAG) und über eine progressive Ausgestaltung (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LFAG).

33

Die von dem Antragsteller im Verfahren VGH N 29/14 mit Schriftsatz vom 15. Mai 2015 vorgelegte tabellarische Übersicht über die Zuweisungshöhe nach Maßgabe der Modellrechnung und des (ebenfalls nach Ablauf der Antragsfrist ergangenen) Zuweisungsbescheides vom 22. Juli 2014 belegt, dass eine einfache Ableitung der Schlüsselzuweisung aus dem Gesetz gerade nicht möglich ist und die Modellrechnungen von der tatsächlichen Höhe der Schlüsselzuweisungen abweichen können. Keine der prognostizierten Schlüsselzuweisungen entsprach der tatsächlichen Summe. Die Abweichungen sind unterschiedlich hoch; am stärksten ist die Schlüsselzuweisung C2 betroffen. Insofern hat der Antragsteller in der Antragsschrift eine Schlüsselzuweisung C2 in Höhe von 4.390 Euro prognostiziert. Tatsächlich betrug diese 4.064 Euro.

34

b) Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit einer weitergehenden tatsächlichen Vorklärung der finanziellen Situation der Antragsteller nach Inkrafttreten der angegriffenen Vorschriften hinsichtlich der Entwicklung ihrer sonstigen Einnahmen und Ausgaben. Eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechts scheidet nämlich auch dann aus, wenn sich die kommunale Finanzsituation aus Gründen erholt, die nicht auf Zuweisungen des Landes, sondern auf andere Einnahmen – beispielsweise auf die Vermehrung von Steuereinnahmen – zurückzuführen sind. Die Finanzausstattung einer Gemeinde ist ein Saldo aus Einnahmen und Abschöpfungen, wobei die Zuweisungen aus Landesmitteln nur eines von mehreren Instrumenten zur Verbesserung der Finanzausstattung einer Gemeinde auf der Einnahmenseite darstellt. Insoweit ist für die Frage, ob die Finanzausstattung einer Gemeinde ausreicht, das allgemeine Niveau der Finanzausstattung nach Inkrafttreten der angegriffenen Vorschriften maßgeblich; hierzu gehören auf der Einnahmenseite auch Einnahmen aus Entgelten für spezielle Leistungen und Einnahmen aus Steuern (vgl. entspr. zu Art. 28 Abs. 2 GG BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 8 C 1/12 –, BVerwGE 145, 378 [379]). Auf der Einnahmenseite fallen also auch eigene Steuereinnahmen der Kommunen sowie beispielsweise Einnahmen durch Umlagen an, die bei der gebotenen individuellen Betrachtung der Finanzausstattung der antragstellenden Gebietskörperschaft zu berücksichtigen sind. Ist die verfassungsrechtlich erforderliche finanzielle Mindestausstattung einer Gebietskörperschaft aufgrund der Vermehrung sonstiger Einnahmen bereits gewährleistet, etwa aufgrund eines günstigen Konjunkturverlaufs, kann eine Verletzung von Art. 49 Abs. 1 bis Abs. 3 und Abs. 6 LV nicht festgestellt werden.

35

Vor diesem Hintergrund folgt auch im Falle der von den „signifikant hohen Sozialausgaben“ im Sinne des Urteils des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Februar 2012 betroffenen Gebietskörperschaften die Möglichkeit einer Verletzung in Art. 49 Abs. 1 bis Abs. 3 und Abs. 6 LV nicht schon aus der Behauptung einer unzureichenden „echten“ strukturellen Aufstockung der Ausgleichsleistungen des Landes um 50 Millionen Euro. Die Höhe der zur Abwendung einer verfassungswidrigen Finanzsituation gegebenenfalls erforderlichen Landesleistungen bemisst sich nicht absolut, sondern sie steht unter anderem in Abhängigkeit zu der sonstigen Finanzausstattung der Kommunen. Es ist daher nicht ausreichend, sich darauf zu berufen, der „tatsächliche“ Aufwuchs der Finanzausgleichsmittel zu Lasten des Landes betrage nur 50 Millionen Euro, und dies sei ein unzureichender Beitrag. Das Erfordernis einer Erhöhung der Zuweisungsmasse unmittelbar zu Lasten des Landeshaushalts, welches der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 14. Februar 2012 formuliert hatte, besitzt keinen Selbstzweck. Verbessert sich die Finanzlage einer Kommune aus anderen Gründen in ausreichender Weise – etwa wegen einer Vervielfachung der Steuereinnahmen aus konjunkturellen Gründen – kommt eine Verletzung von Art. 49 Abs. 1 bis 3 in Verbindung mit Abs. 6 LV durch das Land nicht mehr in Betracht.

36

Scheidet folglich eine Verletzung der Rechte der Antragsteller aus, wenn sich ihre finanzielle Situation insgesamt in ausreichender Weise verbessert hat, ist eine verfassungsrechtliche Beurteilung dieser Lage nur auf der Grundlage verlässlicher Erkenntnisse über die jeweilige tatsächliche Entwicklung der Finanzlage der Antragsteller nach Inkrafttreten der angegriffenen Vorschriften möglich. Indessen wurden mit den hier in Rede stehenden Anträgen keine ausreichend belastbaren Daten über die tatsächliche Entwicklung der Einnahmen- und Ausgabensituation unter der Geltung der angegriffenen Neufassung des Landesfinanzausgleichsgesetzes vorgelegt. Insbesondere liegen noch keine ausreichenden Erkenntnisse über die tatsächliche finanzielle Entwicklung der Antragsteller in der Form von Jahresabschlüssen (vgl. § 108 GemO) vor. Da die angegriffene Neuregelung erst zum 1. Januar 2014 in Kraft getreten ist, beruhen alle Aussagen zur Entwicklung der finanziellen Lage der Kommunen unter Geltung der Neuregelung auf den Haushaltsplänen der Antragsteller, die wiederum hinsichtlich der Entwicklung der Einnahmenseite auf Prognosen und Modellrechnungen zurückzuführen sind.

37

Vor diesem Hintergrund konnten die Antragsteller für die insoweit allein maßgebliche Zeit ab dem 1. Januar 2014 ebenso wie der von dem Verfassungsgerichtshof um Stellungnahme gebetene Rechnungshof naturgemäß lediglich Prognosen und Modellrechnungen vorlegen. So hat der Rechnungshof in seiner Stellungnahme vom 24. November 2014 unter der Überschrift „Prognose der finanziellen Entwicklung 2014 unter Berücksichtigung der Änderungen im kommunalen Finanzausgleich“ betont, seine Aussagen zu den Finanzierungssalden des Jahres 2014 beruhten auf einer „Projektion“ und berücksichtigten nicht die möglichen Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelung auf das Aufkommen bei den Kreis- und Verbandsgemeindeumlagen. Auch das von den Antragstellern vorgelegte Gutachten von Junkernheinrich/Micosatt betont, dass es sich bei den durch die Gutachter vorgenommenen Probeberechnungen um Modellrechnungen handle (vgl. S. 13 des Gutachtens).

38

Es ist indessen nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, darüber zu befinden, welche der Hypothesen, Prognosen und Modellrechnungen über die künftige Entwicklung der Einnahmen der Kommunen plausibel erscheinen mag. Insoweit hatte der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 14. Februar 2012 klargestellt, dass es nicht seine Aufgabe ist, einen Methodenstreit zwischen Gutachtern zu entscheiden (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 14. Februar 2012 – VGH N 3/11 –, AS 41, 29 [45]). Dies galt bereits im Rahmen des damaligen Urteils vom 14. Februar 2012, welches auf der Grundlage eines Vorlagebeschlusses des Oberverwaltungsgerichts und damit nach Durchlaufen der ersten und zweiten verwaltungsgerichtlichen Instanz erging und den Finanzausgleich des Jahres 2007, also einen erheblich zurückliegenden Zeitraum betraf. Im Vergleich zu der damaligen Beurteilungsgrundlage stellt sich nunmehr die weitergehende Problematik, dass der Verfassungsgerichtshof die Auswirkungen des Reformgesetzes auf die finanzielle Lage der Kommune anhand von – im Zweifel sich widerstreitenden – Prognosen beurteilen müsste. Denn die Antragsteller begehren mit ihren im April 2014 eingereichten Normenkontrollanträgen die verfassungsgerichtliche Kontrolle eines noch nicht abgeschlossenen Finanzausgleichs während der noch laufenden Haushaltsperiode des Doppelhaushalts 2014/2015.

39

c) Hinzu kommt, dass nicht nur die konjunkturelle Entwicklung Einfluss auf die Höhe der Finanzausstattung der betroffenen Kommunen hat, sondern diese sich auch durch Zufluss von Bundes- und Landesmitteln während einer laufenden Haushaltsperiode noch verändern kann. Angesichts dessen, dass – wie dargelegt – eine Verletzung der Mindestfinanzausstattungsgarantie aus Art. 49 LV unter anderem dann ausscheidet, wenn sich die finanzielle Lage einer Kommune aufgrund einer Steigerung der Einnahmen aus anderen Gründen als erhöhten Landeszuweisungen verbessert, können gerade im Hinblick auf die noch laufende Haushaltsperiode auch zusätzliche Mittel des Bundes und/oder des Landes zu einer verfassungsrechtlich relevanten Entlastung der Kommunen beitragen.

40

Tatsächliche Veränderungen noch während der laufenden Haushaltsperiode sind hier nicht nur hypothetisch möglich, sondern konkret zu erwarten. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das am 30. Juni 2015 in Kraft getretene (Bundes-)Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern vom 24. Juni 2015 (BGBl S. 974). Art. 1 dieses Gesetzes enthält das Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“ (KInvFErrG). Nach § 2 des KInvFErrG sollen aus dem Sondervermögen Finanzhilfen an die Länder zur Förderung von besonders bedeutsamen Investitionen finanzschwacher Gemeinden und Gemeindeverbände gewährt werden. Art. 2 des Gesetzes enthält das Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen (Kommunalinvestitionsförderungsgesetz – KInvFG). Nach dessen § 1 gewährt der Bund aus dem Sondervermögen „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“ den Ländern Finanzhilfen für Investitionen finanzschwacher Gemeinden und Gemeindeverbände nach Art. 104b Abs. 1 Nr. 2 GG in Höhe von insgesamt 3,5 Milliarden Euro. Der Anteil für Kommunen in Rheinland-Pfalz beträgt nach § 2 KInvFG 7,2342 v.H. von 3,5 Milliarden Euro, d.h. 253,197 Millionen Euro. In Bezug auf diese Summe hat auch der Rechnungshof Rheinland-Pfalz in seiner Pressemitteilung zur Vorstellung des Kommunalberichts vom 30. Juni 2015 ausgeführt: „Ob die vom Bund für dringende Investitionen in besonders armen Städten und Landkreisen in Rheinland-Pfalz zugesagten 253 Millionen Euro wesentlich zum Abbau des erheblichen Investitionsstaus beitragen können, bleibt abzuwarten.“

41

Zuletzt hat die Bundesregierung einen Entwurf eines Gesetzes zur schnelleren Entlastung der Länder und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern (Entlastungsbeschleunigungsgesetz) (BR-Drucks. 393/15 vom 4. September 2015) vorgelegt, nach dem die vom Bund zugesagte Hilfe von 500 Millionen Euro auf das Jahr 2015 vorgezogen werden soll. In Bezug auf den Zeitraum ab 2016 wird zur Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt, der Bund habe zugesagt, sich „strukturell, dauerhaft und dynamisch an den gesamtstaatlichen Kosten zu beteiligen, die in Abhängigkeit von der Zahl der Aufnahme der Asylbewerber und Flüchtlinge entstehen“ (BR-Drucks. 393/15, S. 2).

42

Diese Entwicklungen belegen anschaulich, dass eine (erneute) Befassung des Verfassungsgerichtshofs mit der kommunalen Finanzlage noch während der ersten Haushaltsperiode nach Inkrafttreten der Neuregelung des Landesfinanzausgleichsgesetzes letztlich zu einer Situation führen würde, in welcher der Verfassungsgerichtshof einen noch nicht abgeschlossenen politischen Aushandlungsprozess beurteilen und damit zugleich in diesen eingreifen müsste. Hierfür besteht kein Anlass.

43

3. Eine Vorabentscheidung ist auch in Anbetracht der Gründe, die hierfür vorgetragen werden, nicht geboten. Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 VerfGHG kann der Verfassungsgerichtshof über einen vor Erschöpfung des Rechtsweges eingereichten Antrag entscheiden, wenn er von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn der antragsberechtigten Körperschaft ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls sie zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

44

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Es sind keine Gründe dargetan oder ersichtlich, die einen Verzicht auf eine fachgerichtliche Vorklärung der hier relevanten Tatsachen- und Rechtsfragen rechtfertigen könnten. Die Antragsteller haben keinen schweren und unabwendbaren Nachteil dargetan, der eine sofortige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs geböte (a). Auch im Hinblick auf die allgemeine Bedeutung der Anträge ist eine sofortige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs nicht angezeigt (b).

45

a) Das Beschreiten des Rechtswegs ist den Antragstellern zumutbar. Indem sie auf den Rechtsweg gegen Einzelakte – hier: die maßgeblichen Zuweisungsbescheide – verwiesen werden, entsteht ihnen kein schwerer und unabwendbarer Nachteil im Sinne der zweiten in § 23 Abs 3 Satz 2 VerfGHG genannten Alternative. Die Antragsteller haben nicht konkret und bezogen auf ihre eigene finanzielle Lage dargelegt, welche Konsequenzen es hätte, wenn sie zunächst um fachgerichtlichen Rechtsschutz gegen die Zuwendungsbescheide nachsuchten und den Rechtsweg erschöpften. Soweit die Antragsteller geltend machen, der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Urteil vom 14. Februar 2012 bereits eine Verfassungswidrigkeit der finanziellen Lage der Kommunen für das Jahr 2007 und die Folgejahre festgestellt, so dass dieser verfassungswidrige Zustand im Falle einer Verweisung auf den Rechtsweg für insgesamt rund 10 Jahre konserviert werde, rechtfertigt dies nicht eine sofortige (erneute) Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die gesetzgeberische Neuregelung. Im Gegenteil hat der Verfassungsgerichtshof mit der Einräumung einer Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2014 im Rahmen des Urteils vom 14. Februar 2012 bereits die Abwägungsentscheidung getroffen, dass die betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften die verfassungswidrige Gesetzeslage bis zum 31. Dezember 2013 hinnehmen müssen und ihnen daher während dieses Zeitraums gerade kein unzumutbarer Nachteil entsteht. Die Verfassungswidrigkeit des Zustandes bis Ende Dezember 2013 kann daher im Rahmen des vorliegenden Verfahrens – bei dem allein die Rechtslage ab dem 1. Januar 2014 maßgeblich ist – nicht erneut als Begründung herangezogen werden.

46

Auch der Hinweis der Antragsteller auf die Fortdauer des aus ihrer Sicht verfassungswidrigen Zustandes ab dem Inkrafttreten der Neuregelung zum 1. Januar 2014 begründet keinen schweren und unabwendbaren Nachteil, der eine sofortige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs geböte. Die Antragsteller machen hierzu geltend, das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten dauere einige Zeit, und jedes Jahr sei „ein verlorenes Jahr für die kommunale Selbstverwaltung“. Indessen vermag der mit der Inanspruchnahme eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens typischerweise verbundene Zeitablauf für sich genommen keinen schweren Nachteil zu begründen, denn insoweit handelt es sich um einen allgemeinen, mit der Verfolgung eines Anspruchs vor den Fachgerichten stets verbundenen Nachteil, der keine vorzeitige Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof rechtfertigt (vgl. entspr. BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 1958 – VII C 76/57 –, BVerfGE 8, 222 [226], BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. August 2010 – 1 BvR 2393/08 u.a. –, juris Rn. 36, s. auch SächsVerfGH, Beschluss vom 23. Oktober 2014 – Vf. 66-IV-13 –, juris Rn. 51).

47

b) Auch eine Vorabentscheidung wegen allgemeiner Bedeutung der Normprüfungsanträge ist nicht angezeigt, da dem Vorteil einer vorherigen Befassung der Fachgerichte im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Subsidiaritätsgrundsatzes (vgl. BVerfG, Beschluss 9. März 1994 – 1 BvR 1369/90 –, BVerfGE 90, 128 [137]; Beschluss vom 22. November 1994 – 1 BvR 351/91 –, BVerfGE 91, 294 [306]; Beschluss vom 19. Juli 2000 – 1 BvR 539/96 –, BVerfGE 102, 197 [210]) keine unzumutbaren Belastungen der Antragsteller durch Verweisung auf den Rechtsweg gegenüberstehen (vgl. entspr. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. August 2010 – 1 BvR 2393/08 u.a. –, juris Rn. 37). Die „allgemeine Bedeutung“ auftretender Fragen ist nämlich stets nur ein Moment der Abwägung für und wider die sofortige Sachentscheidung (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 18. Dezember 1985 – 2 BvR 1167/84 u.a. – BVerfGE 71, 305 [349] m.w.N.; BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juli 2001 – 1 BvR 529/01 u.a. –, juris Rn. 6). Im Hinblick auf die grundsätzliche Subsidiarität der Normprüfungsanträge gegenüber fachgerichtlichem Rechtsschutz fällt diese Abwägung auch gegenüber der „allgemein bedeutsamen“ Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Reform des Finanzausgleichsgesetzes zu Lasten der Antragsteller aus (vgl. entspr. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juli 2001 – 1 BvR 529/01 u.a. –, juris Rn. 6; ThürVerfGH, Urteil vom 6. Juni 2002 – 14/98 –, juris Rn. 159).

48

Unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität des verfassungsgerichtlichen Verfahrens fällt dabei auch ins Gewicht, dass der von den Antragstellern monierte Zeitablauf, der durch ein fachgerichtliches Verfahren bewirkt wird, von § 23 Abs. 3 VerfGHG nicht nur in Kauf genommen wird. Vielmehr kann er – gerade in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Wirkung gesetzlicher Regelungen sich erst vor dem Hintergrund sonstiger tatsächlicher Entwicklungen vollständig erfassen lässt – auch für die verfassungsrechtliche Beurteilung geradezu notwendig sein. Dies gilt im Falle der hier in Rede stehenden Neuregelung des Landesfinanzausgleichsgesetztes in besonderer Weise. Denn die Beurteilung, ob die Neuregelung im Hinblick auf eine etwaige Unterschreitung der Mindestfinanzausstattungsgarantie mit Art. 49 Abs. 1 bis Abs. 3 und Abs. 6 LV vereinbar ist, setzt voraus, dass die tatsächliche finanzielle Gesamtsituation der Kommune nicht nurvor, sondern vor allem auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes bekannt ist (vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. März 2007 – 2 BvR 2215/01 –, NVwZ-RR 2007, 435 [436]).

49

Dabei kann offen bleiben, über welchen Zeitraum hinweg Erkenntnisse über die tatsächliche Entwicklung der – auch konjunkturell beeinflussten – Einnahmen der Kommunen vorliegen müssen, damit eine hinreichend verlässliche Grundlage für eine Einschätzung der Auswirkungen des Gesetzes auf die finanzielle Lage der einzelnen Kommunen besteht. So hat der Verfassungsgerichtshof beispielsweise in seinem Urteil vom 14. Februar 2012 (– VGH N 3/11 –, AS 41, 29) über den Finanzausgleich des Jahres 2007 die diesem vorangehende Entwicklung der Jahre 2000 bis 2007 zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Zu der damals tragenden Erkenntnis, dass die signifikant hohen Sozialausgaben maßgeblich zur finanziellen Schieflage der Kommunen im Jahr 2007 beigetragen hätten, gelangte er anhand einer Betrachtung des Anstiegs der Sozialausgaben im Zeitraum von 2000 bis 2007 und eines Vergleichs dieses Anstiegs mit den geringer ansteigenden Gesamtausgaben während des gleichen Zeitraums, sowie anhand einer Kontrastierung der Entwicklung der Sozialausgaben von 2000 bis 2007 mit der Entwicklung der Gesamteinnahmen der Kommunen in diesem Zeitraum (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 14. Februar 2012 – VGH N 3/11 –, AS 41, 29 [45 ff.; 48]).

50

Noch weitergehend nahm zuletzt beispielsweise der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in einem Urteil vom 21. Februar 2014 an, dass bei der Beantwortung der Frage, ob die klagende Ortsgemeinde durch die Erhebung der Kreisumlage allein oder im Zusammenwirken mit anderen Umlagen auf Dauer strukturell unterfinanziert und infolgedessen in ihrem Recht aus Art. 28 Abs. 2 GG verletzt sei, auf einen Zehnjahreszeitraum abzustellen sei (vgl. OVG RP, Urteil vom 21. Februar 2014 – 10 A 10515/13 –, AS 42, 203 [217; 214]). Zur Begründung des gewählten Zehnjahreszeitraums führte das Oberverwaltungsgericht unter anderem aus, dieser ermögliche eine ausgewogene Beurteilung der Gesamtentwicklung der Salden aus Einnahmen und Umlagen, welche die jährlichen Schwankungen bei den Gewerbesteuereinnahmen berücksichtigt. Insofern stelle der Senat auf die Jahre 2003 bis 2012 ab, für die gesicherte Zahlen vorlägen. Darüber hinaus sei dieser Zeitraum nicht willkürlich gewählt, sondern dem Umstand geschuldet, dass einerseits kürzere Zeiträume weniger aussagekräftig wären, andererseits Unterschiede in den einzelnen Haushaltsjahren durch die Betrachtung eines längeren Zeitraums zu stark relativiert würden. Außerdem finde der zugrunde gelegte Zehnjahreszeitraum eine Stütze in der Regelung der Gemeindehaushaltsverordnung – GemHVO – über den Haushaltsausgleich. Nach § 18 Abs. 4 GemHVO seien Jahresfehlbeträge mit den Jahresüberschüssen der fünf Haushaltsvorjahre zu verrechnen (Nr. 1). Verbleibende Jahresfehlbeträge seien innerhalb der folgenden fünf Haushaltsjahre auszugleichen (Nr. 2). Somit gehe auch der Verordnungsgeber von einer Betrachtung der gemeindlichen Finanzsituation unter Berücksichtigung eines Zeitraumes von zehn Jahren aus (OVG RP, Urteil vom 21. Februar 2014 – 10 A 10515/13 –, AS 42, 203 [217; 214]).

51

Es kann hier indessen dahingestellt bleiben, ob und inwieweit diese in den genannten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts zugrunde gelegten Zeiträume von sieben oder zehn Jahren im Hinblick auf die Beurteilung einer Verletzung der Mindestausstattungsgarantie des Art. 49 Abs. 1 bis Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 6 LV verfassungsrechtlich zwingend geboten sind, oder ob es in Bezug auf die hier in Rede stehende Reform des Finanzausgleichsgesetzes einen früheren Zeitpunkt geben mag, zu dem die tatsächliche Grundlage bereits ausreicht, um die weitere Entwicklung einer Kommune verlässlich mithilfe von Prognosen und Modellrechnungen beurteilen zu können. Die für eine verlässliche Einschätzung erforderliche Zeitspanne hängt auch von der Evidenz der jeweiligen tatsächlichen Entwicklung ab. Dabei verkürzt sich der Beobachtungszeitraum, wenn bereits in der Vergangenheit eine Verletzung der Mindestfinanzausstattungsgarantie festgestellt wurde. Es spricht daher einiges dafür, dass die von dem Gesetzgeber in Art. 2 des hier angegriffenen Landesgesetzes zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs vorgesehene Dreijahresfrist für die Überprüfung der Wirkungen des Reformgesetzes einen denkbaren Zeitpunkt markiert, der eine verlässliche Beurteilung möglich erscheinen lassen könnte. Im Falle der Antragsteller genügt die tatsächliche Grundlage für eine verlässliche Beurteilung der Finanzausstattung der Kommunen unter der Geltung der angegriffenen Neuregelung jedoch aus den dargelegten Gründen nicht.

C.

I.

52

Die Anschlussanträge der Landkreise Bernkastel-Wittlich und Kaiserslautern – die sich jeweils mit am 14. April 2014 eingegangenem Schriftsatz dem Antrag des Landkreises Südliche Weinstraße (VGH N 29/14) angeschlossen haben – sind jeweils unzulässig. Da beide Anschlussanträge noch innerhalb der sechsmonatigen Antragsfrist gemäß § 23 Abs. 4 VerfGHG eingegangen sind – diese endete sechs Monate nach der Verkündung des Gesetzes, d.h. hier am 15. April 2014 –, ist die Zulässigkeit der Anschlussanträge nicht rein akzessorisch, vgl. § 23 Abs. 5 Satz 3 VerfGHG. Die Zurückweisung des Antrags des Landkreises Südliche Weinstraße als unzulässig führt daher nicht automatisch zur Unzulässigkeit der Anschlussanträge.

53

Auch die Anschlussanträge setzen jedoch gemäß § 23 Abs. 5 Satz 1 eine Antragsberechtigung nach Art. 130 Abs. 1 LV voraus. Hiernach können Körperschaften des öffentlichen Rechte einen Antrag nur stellen, soweit sie geltend machen, durch das Gesetz in eigenen Rechten verletzt zu sein (Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV). Die Möglichkeit einer eigenen Rechtsverletzung durch das betreffende Gesetz setzt indessen – wie dargelegt – voraus, dass die antragstellende Körperschaft unmittelbar in eigenen Rechten betroffen ist. Eine solche unmittelbare Beschwer fehlt den Anschlussantragstellern aus den gleichen Gründen wie den Hauptantragstellern. Auch die Anschlussantragsteller sind hiernach zunächst gehalten, den Rechtsweg gegen die entsprechenden Zuweisungsbescheide zu beschreiten und eine Klärung der tatsächlichen Entwicklung ihrer Finanzsituation durch die Fachgerichte herbeizuführen.

II.

54

Der Anschlussantrag der Ortsgemeinde Neunkirchen im Verfahren VGH N 31/14 ist ebenfalls unzulässig. Da die Ortsgemeinde Neunkirchen sich dem Normprüfungsantrag der Antragstellerinnen mit Schriftsatz vom 8. Juli 2014 gemäß § 23 Abs. 5 VerfGHG angeschlossen hat, handelt es sich – weil die Frist für den Normprüfungsantrag gemäß § 23 Abs. 4 VerfGHG bereits am 15. April 2014 abgelaufen war – um eine unselbständige Anschließung. In einem solchen Fall wird nach § 23 Abs. 5 Satz 3 VerfGHG der Anschluss wegen seiner akzessorischen Verknüpfung mit dem Verfahren, an das der Anschluss erfolgt ist, unwirksam, wenn der Antrag der Antragstellerin – wie hier – als unzulässig zurückgewiesen wird (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, juris Rn. 56).

D.

55

Das Verfahren ist gemäß § 21 Abs. 1 VerfGHG kostenfrei. Gründe dafür, die volle oder teilweise Erstattung der Auslagen gemäß § 21a Abs. 3 VerfGHG anzuordnen, liegen nicht vor.

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(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Entscheidung bestimmen, wer sie vollstreckt; es kann auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln.
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(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Entscheidung bestimmen, wer sie vollstreckt; es kann auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln.
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published on 21/02/2014 00:00

Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. November 2010 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläu
published on 31/01/2013 00:00

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Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Entscheidung bestimmen, wer sie vollstreckt; es kann auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Aus dem Sondervermögen sollen Finanzhilfen an die Länder zur Förderung von besonders bedeutsamen Investitionen finanzschwacher Gemeinden und Gemeindeverbände gewährt werden.

(1) Der Bund kann, soweit dieses Grundgesetz ihm Gesetzgebungsbefugnisse verleiht, den Ländern Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und der Gemeinden (Gemeindeverbände) gewähren, die

1.
zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder
2.
zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder
3.
zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums
erforderlich sind. Abweichend von Satz 1 kann der Bund im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, auch ohne Gesetzgebungsbefugnisse Finanzhilfen gewähren.

(2) Das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen, wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, oder auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Das Bundesgesetz oder die Verwaltungsvereinbarung kann Bestimmungen über die Ausgestaltung der jeweiligen Länderprogramme zur Verwendung der Finanzhilfen vorsehen. Die Festlegung der Kriterien für die Ausgestaltung der Länderprogramme erfolgt im Einvernehmen mit den betroffenen Ländern. Zur Gewährleistung der zweckentsprechenden Mittelverwendung kann die Bundesregierung Bericht und Vorlage der Akten verlangen und Erhebungen bei allen Behörden durchführen. Die Mittel des Bundes werden zusätzlich zu eigenen Mitteln der Länder bereitgestellt. Sie sind befristet zu gewähren und hinsichtlich ihrer Verwendung in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen. Die Finanzhilfen sind im Zeitablauf mit fallenden Jahresbeträgen zu gestalten.

(3) Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat sind auf Verlangen über die Durchführung der Maßnahmen und die erzielten Verbesserungen zu unterrichten.

Der in § 1 Satz 2 festgelegte Betrag wird nach folgenden Prozentsätzen auf die Länder aufgeteilt:

Baden-Württemberg7,0770
Bayern8,2640
Berlin3,9385
Brandenburg3,0842
Bremen1,1078
Hamburg1,6692
Hessen9,0611
Mecklenburg-Vorpommern2,2650
Niedersachsen9,3583
Nordrhein-Westfalen32,1606
Rheinland-Pfalz7,2342
Saarland2,1518
Sachsen4,4501
Sachsen-Anhalt3,1680
Schleswig-Holstein2,8439
Thüringen2,1663.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.