Sozialgericht Speyer Urteil, 11. Juli 2016 - S 19 KR 369/14
Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von weiterem Krankengeld über den 27.09.2013 hinaus.
- 2
Der 1955 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er war als Verkäufer von Photovoltaikanlagen im Außendienst beschäftigt, wobei er zuletzt als selbstständiger Handelsvertreter für erneuerbare Energien zunächst im Haupt- und dann im Nebengewerbe tätig war. Das Gewerbe des freien Handelsvertreters meldete er zum 27.03.2012 ab. Seitdem war der Kläger arbeitslos und bei der Beklagten wegen des Bezuges von Leistungen nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB III) pflichtversichert.
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Ausweislich einer Erstbescheinigung des Klinikums L… vom 21.03.2013 war der Kläger seit dem 18.03.2013 arbeitsunfähig erkrankt. Die arbeitsunfähigkeitsbegründende Diagnose wurde mit K92.1 (Meläna) angegeben. Bis zum 10.04.2013 erhielt der Kläger Leistungsfortzahlung durch die Bundesagentur für Arbeit.
- 4
Mit Bescheid vom 23.04.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, ab dem 11.04.2013 kalendertägliches Krankengeld in Höhe von 50,63 Euro zu zahlen. Auf der Rückseite des Bewilligungsschreibens wies die Beklagte u.a. darauf hin, dass die Arbeitsunfähigkeit nahtlos nachgewiesen werden müsse, dass also bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit spätestens am letzten Tag des zuvor bescheinigten Zeitraums die weitere Arbeitsunfähigkeit vom Arzt bescheinigt werden müsse. Krankengeld werde jeweils bis zum Tag der Ausstellung des Auszahlscheines ausgezahlt.
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In der Folgezeit stellte der behandelnde Hausarzt Dr. Sch… Folgebescheinigungen mit verschiedenen Diagnosen (akute Gastritis, Diabetes, Kolonpolyp und Interkostalneuropathie) aus. Ab dem 24.05.2013 begründete der Arzt die weitere Arbeitsunfähigkeit allein mit den Diagnosen M 75.4 G (Impingementsyndrom der Schulter) und M 54.12 G (Radikulopathie: Zervikalbereich), zuletzt mit Auszahlschein vom 13.09.2013, in dem er mitteilte, die Arbeitsunfähigkeit bestehe voraussichtlich bis zum 27.09.2013.
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Daraufhin befragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) im Rahmen einer sozialmedizinischen Fallberatung zum weiteren Bestehen von Arbeitsunfähigkeit. Am 17.09.2013 teilte die Ärztin im MDK Dr. H… mit, der arbeitslose Kläger sei „verweisbar“. Die Diagnosen begründeten kein aufgehobenes Leistungsbild. Es bestehe ein positives Leistungsbild für leichte Tätigkeiten vollschichtig.
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Mit Bescheid vom 18.09.2013 teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin mit, nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen könne die Arbeitsunfähigkeit zum 27.09.2013 beendet werden. Mit diesem Tag ende somit auch der Krankengeldanspruch des Klägers. Der Arzt sei hierüber informiert worden.
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Am 25.09.2013 legte der Kläger Widerspruch hiergegen ein.
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Ab dem 27.09.2013 bescheinigte der behandelnde Arzt Dr. F… auf Auszahlscheinen nunmehr eine Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnosen „Verdacht auf instabile Angina pectoris“ und „Verdacht auf Schlafapnoe“.
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Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Arztes im MDK B… vom 05.11.2013 ein. Dieser gab nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen und nach telefonischer Rücksprache mit dem behandelnden Arzt an, der Kläger habe eine nachgewiesene koronare Herzerkrankung, die 2012 durch Implantation von Stents behandelt worden sei. Die nachweisbaren Koronarstenosen würden die Beschwerden des Klägers aber nicht zwingend erklären. Für eine aufschlussgebende nicht-invasive Diagnostik sei der Kläger aufgrund seines Übergewichts nicht geeignet, für eine erneute invasive Diagnostik seien aber die Beschwerden nicht schwerwiegend genug. Es liege eine degenerative Skeletterkrankung vor, ebenfalls deutlich akzentuiert durch das erhebliche Übergewicht. Der zu Rate gezogene Orthopäde sehe aber aktuell keine Behandlungsindikation. Die angegebenen Beschwerden begründeten keine Arbeitsunfähigkeit mehr. Ab dem 25.09.2013 stehe der Kläger dem allgemeinen Arbeitsmarkt für körperlich leichte Tätigkeiten (z.B. Bürotätigkeit) überwiegend im Sitzen, mit Anteilen von Stehen und Gehen, ohne Heben und Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten in Zwangshaltungen (gebückt oder über Kopf), in geschlossenen Räumen vollschichtig zur Verfügung.
- 11
Der Kläger legte daraufhin u.a. einen Bericht der behandelnden Kardiologischen Praxis vom 23.11.2012 über eine koronare 2-Gefäßerkrankung und ein Schreiben des Hausarztes Dr. F… vom 16.12.2013 vor. Letzterer gab mit einer Aufzählung der bestehenden Diagnosen an, die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass es sich beim Kläger um einen multimorbiden Patienten handele. Er halte den Kläger für weiterhin arbeitsunfähig.
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Daraufhin veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den MDK. In seinem Arbeitsunfähigkeits-Gutachten vom 06.04.2014 wies der Arzt im MDK M... darauf hin, dass der Kläger vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 18.03.2013 trotz Polymorbidität mit koronarer Herzkrankheit und Stent-Implantation, Adipositas permagna, Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie und weiterem soweit gesund war, dass er sich dem Arbeitsamt für eine vollschichtige Tätigkeit zur Verfügung gestellt hatte. Die Arbeitsunfähigkeit sei nicht aufgrund dieser Vorerkrankungen eingetreten, sondern wegen akuter abdomineller Beschwerden, der komplizierten Entfernung eines Kolonpolypen und zusätzlicher Feststellung einer akuten Gastritis. Diese Erkrankungssymptomatik habe die Arbeitsunfähigkeit durchaus für einige Wochen nachvollziehbar gemacht, sei dann aber als Begründung für die Arbeitsunfähigkeit abgelöst worden durch HWS- und Schulterbeschwerden, ohne dass dies durch einen orthopädischen Befundbericht des Dr. Sch…, in dem ein vorwiegend statisch-muskulär bedingtes BWS-Syndrom beschrieben werde, erklärbar sei. Ab dem 27.09.2013 seien dann – wiederum das betroffene Organsystem wechselnd - die Diagnosen „V.a. instabile Angina pectoris“ und „V.a. Schlafapnoe-Syndrom“ angeführt worden. Hinsichtlich der instabilen Angina pectoris fehlten allerdings jegliche diagnostische und therapeutische Folgerungen. Diese Verdachtsdiagnose bedürfte einer umgehenden stationären Krankenhauseinweisung und einer zunächst intensivmedizinischen Überwachung. Da derartiges im Fall des Klägers offenbar nicht erfolgt sei, dürften an der Korrektheit der (Verdachts-)Diagnose ernsthafte Zweifel angezeigt sein. Eine 60%ige Stenose einer Kranzarterie, wie sie beim Kläger Ende 2012 festgestellt worden sei, rechtfertige keine invasive Therapie und sei in der Regel ohne hämodynamische Effekte. Eine Arbeitsunfähigkeit lasse sich hieraus jedenfalls nicht ableiten. Auch Untersuchungsbefunde hinsichtlich der Verdachtsdiagnose eines Schlaf-Apnoe-Syndroms lägen nicht vor. Eine solche Erkrankung würde – unbehandelt – das Leistungsvermögen allerdings auch nur für Fahr- und Steuertätigkeiten einschränken. Die beim Kläger bestehende Polymorbidität sei unstreitig und insofern sei eine Rehabilitation angebracht, jedoch entscheidend seien für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit die konkret aus den vorliegenden Erkrankungen resultierenden Funktionseinschränkungen in Bezug auf die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit. Dem Kläger sei im fraglichen Zeitraum nicht wegen einer „Polymorbidität“, sondern lediglich wegen zweier Erkrankungen, zunächst auch nur als Verdachtsdiagnosen Arbeitsunfähigkeit attestiert worden. Der Arzt im MDK M... kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger zum fraglichen Zeitpunkt am 27.09.2013 zumindest leichte körperliche Arbeiten ohne besondere Stressbelastungen wie Akkord oder Nachtarbeit vollschichtig habe verrichten können.
- 13
Der Hausarzt Dr. F… hatte weitere Auszahlscheine am 19.12.2013 und am 17.01.2014 ausgestellt.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen des MDK sinngemäß zurück.
- 15
Hiergegen hat der Kläger am 10.06.2014 die vorliegende Klage erhoben. Er macht geltend, aus einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der D…-B…-Klinik in Bad …-… vom 15.04.2014 bis 06.05.2014 als „bis auf weiteres arbeitsunfähig“ entlassen worden zu sein. Für die Zeit vom 27.09.2013 bis 29.11.2013 sei von der Praxis Dr. F... und Dr. H... mit drei „Ärztlichen Bescheinigungen für die Krankengeldauszahlung“ eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers wegen „V.a. instabile Angina pect.“ und „V.a. Schlafapnoe“ bescheinigt worden. Mit Schreiben vom 16.12.2013 habe Dr. F… zudem weitere Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt und bestätigt, dass es sich bei dem Kläger um einen multimorbiden Patienten handele. Der Kläger bemängelt, dass den Begutachtungen durch den MDK keine körperliche Untersuchung zugrunde gelegen habe. Er weist zudem darauf hin, dass die Arbeitsverwaltung ihm Arbeitsangebote als „Außendienstler“ mitgeteilt habe.
- 16
Der Kläger beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 18.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 27.09.2013 hinaus Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
- 18
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 20
Zur Begründung macht sie geltend, die im Folgejahr durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme und die Entlassung hieraus als arbeitsunfähig seien nicht geeignet, Schlüsse auf eine über den 27.09.2013 hinaus fortbestehende Arbeitsunfähigkeit zu ziehen. Für die Durchführung einer solchen Rehabilitations-Maßnahme sei bestehende Arbeitsunfähigkeit keine Voraussetzung, denn Ziel sei die Wiederherstellung, Besserung oder der Erhalt der Erwerbsfähigkeit. Die Entlassung als arbeitsunfähig habe sich erkennbar auf die frühere Tätigkeit des Klägers als selbstständiger Handelsvertreter bezogen und nicht auf die hier maßgebliche Verfügbarkeit als Arbeitsloser. Auf eine körperliche Untersuchung habe der MDK im Konsens mit dem behandelnden Arzt des Klägers Dr. F… verzichtet. Die Beklagte weist darauf hin, dass der Kläger bereits dann nicht mehr als arbeitsunfähig anzusehen sei, wenn er leichte Arbeiten in einem Umfang verrichten kann, für den er sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat. Der Kläger habe zum fraglichen Zeitpunkt beispielsweise eine Tätigkeit als Pförtner in der Nebenloge ausüben können.
- 21
Das Gericht hat gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten bei den behandelnden Ärzten des Klägers. Der Hausarzt des Klägers Dr. F… gab am 19.08.2014 an, eine vollschichtige, auch leichte Tätigkeit sei dem Kläger ab dem 28.09.2013 auf Grund von Belastungsinsuffizienz, Stenokardien, arterieller Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II nicht möglich gewesen, da diese Erkrankungen zu erheblichen Funktionseinbußen geführt hätten. Eine Besserung sei erst nach der Reha-Maßnahme eingetreten, wobei laut Entlassbericht weiterhin Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Der Internist und Kardiologe Dr. S… gab am 28.08.2014 an, bei einer Untersuchung am 26.11.2013 hätten keine Funktionseinbußen bestanden, der Kläger sei in der Lage gewesen, in der Zeit ab dem 28.09.2013 eine körperliche leichte Tätigkeit vollschichtig zu verrichten. Der Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde und Allergologie H… teilte am 08.09.2014 mit, bei Untersuchungen im November 2013 hätten sich keine Funktionseinschränkungen ergeben. Aus pneumologischer Sicht sei der Kläger ab dem 28.09.2013 arbeitsfähig für leichte vollschichtige Tätigkeiten gewesen.
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Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
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Die Klage ist jedoch unbegründet.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von weiterem Krankengeld über den 27.09.2013 hinaus. Die Beklagte hat zu Recht die durch Bescheid vom 23.04.2013 erfolgte Krankengeldbewilligung mit Bescheid vom 18.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2014 mit Wirkung zum 28.09.2013 wegen Änderung der Verhältnisse aufgehoben, da der Kläger nicht mehr arbeitsunfähig war.
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Zwar hat die Beklagte den Kläger vor der Entscheidung nicht angehört. Da mit der Aufhebung einer Krankengeldbewilligung in Rechte eines Beteiligten eingegriffen wird, ist diesem nach § 24 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dieser Formfehler der fehlenden Anhörung wurde vorliegend aber mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens im Sinne des § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt und ist damit unbeachtlich, da der Kläger zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen Stellung nehmen konnte und sein Vorbringen sowie die vorgelegten Unterlagen berücksichtigt wurden.
- 27
Die Beklagte hat die Krankengeldbewilligung zu Recht mit Wirkung zum 28.09.2013 aufgehoben. Bei der Bewilligung von Krankengeld für die Zeit ab dem 11.04.2013 mit Bescheid vom 23.04.2013 handelte es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, sodass für dessen Aufhebung § 48 SGB X Anwendung findet.
- 28
Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt vor, wenn die Regelungswirkungen des Verwaltungsaktes nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht über die punktuelle Gestaltung eines Rechtsverhältnisses hinausreichen. Dauerverwaltungsakte zeichnen sich durch Zukunftsgerichtetheit aus, wobei eine Begrenzung der Laufzeit unschädlich ist (Schütze in: v. Wulffen/Schütze, SGB X § 45 Rn. 62-74, beck-online). Ein Dauerverwaltungsakt ist daher dann gegeben, wenn der Verwaltungsakt sich nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot erschöpft oder einmalig die Sach- und Rechtslage gestaltet, sondern zukunftsorientiert über den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe hinaus rechtliche Wirkung erzielt (Heße in: BeckOK SozR, SGB X § 48 Rn. 8, beck-online; vgl. auch Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 48 SGB X, Rn. 51). Die Bewilligung von Krankengeld stellt in diesem Sinne dann einen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar, wenn Krankengeld für eine bestimmte oder auch unbestimmte Zeit in der Zukunft gewährt wird (vgl. schon SG Speyer, Urteil vom 20.03.2015 – S 19 KR 969/13 –, Rn. 83; SG Speyer, Urteil vom 22.05.2015 – S 19 KR 959/13 –, Rn. 67 und SG Speyer, Urteil vom 30.11.2015 – S 19 KR 160/15 -, ebenso SG Mainz, Urteil vom 21.03.2016 – S 3 KR 255/14 –, Rn. 63 ff., alle Entscheidungen im Folgenden zitiert nach juris). Eine Bewilligung für einen im Entscheidungszeitpunkt abgelaufenen Zeitraum ist hingegen kein Dauerverwaltungsakt im Sinne des § 48 SGB X.
- 29
Der Bescheid vom 23.04.2013 enthält die Bewilligung von Krankengeld für die Zeit ab dem 11.04.2013. Eine Befristung der bewilligten Leistung enthält der Bescheid nicht (zur Unzulässigkeit einer Befristung der Krankengeldbewilligung vgl. SG Speyer, Urteil vom 30.11.2015 – S 19 KR 160/15 -, zustimmend SG Mainz, Urteil vom 21.03.2016 – S 3 KR 255/14 –, Rn. 68). Da die Bewilligung nicht nur für eine zurückliegende, zum Zeitpunkt der Entscheidung abgeschlossene Zeitspanne erfolgte, ist sie ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Für eine Aufhebung dieser Krankengeldbewilligung ist daher § 48 SGB X maßgeblich (anders BSG, Urteil vom 16.09.1986 – 3 RK 37/85 –, Rn. 16; BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R -, Rn. 30 unter Hinweis auf das Urteil vom 13.07.2004 - B 1 KR 39/02 R -, Rn. 15, jeweils unter der von der tatsächlich erfolgten Bewilligungsentscheidung unabhängigen Annahme, Krankengeld werde „von vornherein“ nur für die Dauer der vom Arzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit – abschnittsweise bzw. befristet – gewährt, weshalb eine Aufhebungsentscheidung entbehrlich sei).
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Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegt vor, wenn sich die für den Erlass des Verwaltungsaktes entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände so erheblich verändert haben, dass sie rechtlich anders zu bewerten sind und daher der Verwaltungsakt unter Zugrundelegung des geänderten Sachverhalts so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte. Entscheidungserheblich sind nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur die bei Erlass des Ausgangsbescheides vorliegenden Umstände. Lediglich diese bilden die Vergleichsgrundlage für den Eintritt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse, die zum Erlass des Aufhebungsbescheides geführt hat.
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Vorliegend ist in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Krankengeldbewilligungsbescheides vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten, da die seinerzeit bestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers nunmehr entfallen war, sodass eine Krankengeldbewilligung zu dem hier fraglichen Zeitpunkt am 28.09.2013 nicht mehr rechtmäßig hätte verfügt werden können.
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Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte, sofern sie nicht zu den in § 44 Abs. 2 S. 1 SGB V genannten, vom Anspruch auf Krankengeld ausgeschlossenen Versichertengruppen gehören, u.a. dann Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach dem Umfang des Versicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis. Arbeitsunfähigkeit ist gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Arbeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2000 - B 1 KR 11/99 R -). Bei einem gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V versicherten Bezieher von Arbeitslosengeld nach dem SGB III – wie vorliegend dem Kläger - liegt Arbeitsunfähigkeit in diesem Sinne vor, wenn er auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, selbst körperlich leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den er sich zuvor zwecks Erlangung des Arbeitslosengeld-Anspruchs der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestellt hat. Das Krankengeld stellt sich in einem solchen Fall nicht als Ersatz für den Ausfall des auf Grund einer Beschäftigung bezogenen Arbeitsentgelts dar, sondern als Ersatz für eine entgehende Leistung wegen Arbeitslosigkeit (BSG, Urteil vom 04.04.2006 – B 1 KR 21/05 R – und Urteil vom 10.05.2012 – B 1 KR 20/11 R –). Maßgeblich für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsloser sind daher im Grundsatz alle Arbeiten, die dem Versicherten arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind (vgl. § 140 SGB III). Dies sind auch alle körperlich leichten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
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Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes bestand im Zeitpunkt der Bewilligung des Krankengeldes noch Arbeitsunfähigkeit des arbeitslosen Klägers. Denn im April 2013 lagen beim Kläger aufgrund der vorausgegangenen akuten abdominalen Beschwerden, gefolgt von der Entfernung eines Kolonpolypen und letztlich einer akuten Gastritis noch nachvollziehbar gesundheitliche Einschränkung vor, die ihm selbst körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht ermöglicht hätten.
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Hingegen war im Zeitpunkt der aufhebenden Entscheidung mit Bescheid vom 18.09.2013 zum 28.09.2013 Arbeitsunfähigkeit nicht mehr gegeben. Entgegen der hausärztlichen Einschätzung ist die Kammer zu dieser Überzeugung unter Würdigung der medizinischen Erkenntnisse, insbesondere der gutachterlichen Stellungnahmen der Ärzte des MDK B… und M… sowie der Befundberichte des behandelnden Internisten und Kardiologen Dr. S… und des Arztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde und Allergologie H… gelangt.
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Der Arzt im MDK B… hat in seiner Stellungnahme vom 05.11.2013 nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen und nach telefonischer Rücksprache mit dem behandelnden Arzt bestätigt, dass der Kläger zwar an einer nachgewiesenen koronaren Herzerkrankung leidet, die 2012 durch Implantation von Stents behandelt wurde. Er kommt aber zu der Einschätzung, dass die nachweisbaren Koronarstenosen die Beschwerden des Klägers nicht zwingend erklärten und für eine erneute invasive Diagnostik die Beschwerden nicht schwerwiegend genug seien. Hinsichtlich der degenerativen Skeletterkrankung werde von orthopädischer Seite keine Behandlungsindikation gesehen. Im Ergebnis kam der Arzt im MDK B… zu dem Schluss, dass mit den angegebenen Beschwerden eine Arbeitsunfähigkeit nicht mehr begründet werden könne und der Kläger ab dem 25.09.2013 dem allgemeinen Arbeitsmarkt für körperlich leichte Tätigkeiten (z.B. Bürotätigkeit) mit gewissen qualitativen Einschränkungen vollschichtig zur Verfügung stehen könne.
- 36
Auch der Arzt im MDK M… kam in seinem Arbeitsunfähigkeits-Gutachten vom 06.04.2014 zu dem Ergebnis, dass der Kläger zum fraglichen Zeitpunkt am 27.09.2013 zumindest leichte körperliche Arbeiten ohne besondere Stressbelastungen wie Akkord oder Nachtarbeit vollschichtig habe verrichten können. Der Gutachter wies nachvollziehbar darauf hin, dass die vom Kläger bzw. dessen Hausarzt nunmehr zur Begründung der weiteren Arbeitsunfähigkeit im Sinne einer Polymorbidität geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen schon vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit vorlagen und der Kläger sich gleichwohl seinerzeit dem Arbeitsamt für eine vollschichtige Tätigkeit zur Verfügung gestellt hatte. Die ab dem 27.09.2013 angeführte Diagnose „V.a. instabile Angina pectoris“ zweifelt der Gutachter an, da entsprechende diagnostische oder therapeutische Folgerungen nicht gezogen wurden. Aus der kardiologisch bestätigten 60%igen Stenose einer Kranzarterie könne eine Arbeitsunfähigkeit nicht abgeleitet werden. Hinsichtlich des Verdachts auf ein „Schlafapnoe-Syndrom“ fehlten Untersuchungsbefunde. Zudem weist der Arzt darauf hin, dass eine solche Erkrankung – unbehandelt – das Leistungsvermögen nur für Fahr- und Steuertätigkeiten einschränken würde.
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Letztlich wird die insbesondere mit kardiologischen und internistischen Diagnosen begründete Einschätzung des Hausarztes Dr. F…, eine vollschichtige, auch leichte Tätigkeit sei dem Kläger ab dem 28.09.2013 nicht möglich gewesen, von den behandelnden Fachärzten widerlegt. Sowohl der Internist und Kardiologe Dr. S… als auch der Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde und Allergologie H… verneinten beim Kläger in der fraglichen Zeit bestehende Funktionseinbußen. Beide hielten aus ihrer fachärztlichen Sicht den Kläger für fähig, trotz der bestehenden Diagnosen eine körperliche leichte Tätigkeit vollschichtig zu verrichten. Die Kammer hat diesen fachärztlichen Einschätzungen ein höheres Gewicht beigemessen, als der Einschätzung des Allgemeinmediziners.
- 38
Der Entlassungsbericht der D…-B…-Klinik in Bad …-… vom 16.06.2014 über die dort absolvierte stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 15.04.2014 bis 06.05.2014 vermag als Beleg für eine Arbeitsunfähigkeit im hier maßgeblichen Zeitpunkt schon deshalb nicht zu dienen, weil er den Gesundheitszustand des Klägers über ein halbes Jahr später betrifft. Die dortigen Ärzte hielten den Kläger im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung jedenfalls für fähig, sowohl seine frühere Tätigkeit als Kaufmann für Bürokommunikation als auch eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes grundsätzlich sechs Stunden und mehr auszuüben. Der Kläger wurde zwar als arbeitsunfähig entlassen. Allerdings lag dieser Bewertung erkennbar die Annahme zugrunde, es käme auf die Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter an.
- 39
Die übrigen ärztlichen Stellungnahmen, die sich mit dem Gesundheitszustand des Klägers im Herbst 2013 befassen, verneinen – mit Ausnahme des Hausarztes Dr. F… – eine damalige Arbeitsunfähigkeit. Die Kammer ist daher zu der Überzeugung gelangt, dass Ende September 2013 eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht mehr angenommen werden konnte, sodass die Beklagte zu Recht mit Bescheid vom 18.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2014 die Krankengeldbewilligung vom 23.04.2013 mit Wirkung zum 28.09.2013 aufgehoben hat.
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Daher war die Klage abzuweisen.
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Annotations
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird, - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird, - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird, - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird, - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird, - 6.
die erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden.
(2) Keinen Anspruch auf Krankengeld haben
- 1.
die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a, 5, 6, 9, 10 oder 13 sowie die nach § 10 Versicherten; dies gilt nicht für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 Versicherten, wenn sie Anspruch auf Übergangsgeld haben, und für Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13, sofern sie abhängig beschäftigt und nicht nach den §§ 8 und 8a des Vierten Buches geringfügig beschäftigt sind oder sofern sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und eine Wahlerklärung nach Nummer 2 abgegeben haben, - 2.
hauptberuflich selbständig Erwerbstätige, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (Wahlerklärung), - 3.
Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 1, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts auf Grund des Entgeltfortzahlungsgesetzes, eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, es sei denn, das Mitglied gibt eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll. Dies gilt nicht für Versicherte, die nach § 10 des Entgeltfortzahlungsgesetzes Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages zum Arbeitsentgelt haben, - 4.
Versicherte, die eine Rente aus einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe oder von anderen vergleichbaren Stellen beziehen, die ihrer Art nach den in § 50 Abs. 1 genannten Leistungen entspricht. Für Versicherte nach Satz 1 Nr. 4 gilt § 50 Abs. 2 entsprechend, soweit sie eine Leistung beziehen, die ihrer Art nach den in dieser Vorschrift aufgeführten Leistungen entspricht.
(3) Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach arbeitsrechtlichen Vorschriften.
(4) Versicherte haben Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind. Maßnahmen nach Satz 1 und die dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten erfolgen. Die Einwilligung kann jederzeit schriftlich oder elektronisch widerrufen werden. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach Satz 1 an die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen übertragen.
(1) Versicherungspflichtig sind
- 1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, - 4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes, - 5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen, - 6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht, - 7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, - 8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung, - 9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen, - 10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt, - 11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren, - 11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend, - 11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch - a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder - b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
- 12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben, - 13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und - a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder - b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.
(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für
- 1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder - 2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.
(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.
(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.
(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:
- 1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, - 2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und - 3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.
(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.
(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.
(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.
(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.
(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.
(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.
(10) nicht belegt
(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.
(1) Einer arbeitslosen Person sind alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen.
(2) Aus allgemeinen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn die Beschäftigung gegen gesetzliche, tarifliche oder in Betriebsvereinbarungen festgelegte Bestimmungen über Arbeitsbedingungen oder gegen Bestimmungen des Arbeitsschutzes verstößt.
(3) Aus personenbezogenen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Arbeitsentgelt erheblich niedriger ist als das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegende Arbeitsentgelt. In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist eine Minderung um mehr als 20 Prozent und in den folgenden drei Monaten um mehr als 30 Prozent dieses Arbeitsentgelts nicht zumutbar. Vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das Arbeitslosengeld.
(4) Aus personenbezogenen Gründen ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung auch nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen. Sind in einer Region unter vergleichbaren Beschäftigten längere Pendelzeiten üblich, bilden diese den Maßstab. Ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs ist einer arbeitslosen Person zumutbar, wenn nicht zu erwarten ist, dass sie innerhalb der ersten drei Monate der Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung innerhalb des zumutbaren Pendelbereichs aufnehmen wird. Vom vierten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs in der Regel zumutbar. Die Sätze 4 und 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Umzug ein wichtiger Grund entgegensteht. Ein wichtiger Grund kann sich insbesondere aus familiären Bindungen ergeben.
(5) Eine Beschäftigung ist nicht schon deshalb unzumutbar, weil sie befristet ist, vorübergehend eine getrennte Haushaltsführung erfordert oder nicht zum Kreis der Beschäftigungen gehört, für die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ausgebildet ist oder die sie oder er bisher ausgeübt hat.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.