Sozialgericht Nürnberg Urteil, 20. Juli 2017 - S 20 SO 18/14

published on 20/07/2017 00:00
Sozialgericht Nürnberg Urteil, 20. Juli 2017 - S 20 SO 18/14
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Tenor

I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 16.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 verurteilt, der Beigeladenen im Zeitraum vom 01.09.2013 bis 31.08.2014 die Kosten für 60 statt bisher bewilligter 12 mobile bzw. ambulante Behandlungseinheiten zur interdisziplinären / heilpädagogischen Frühförderung in Höhe von € 2.060,51 zu erstatten und hierüber Bescheid zu erteilen.

II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten von Kläger und Beigeladener dem Grunde nach.

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Rahmen einer Verbandsklage zuletzt Kostenerstattung von Leistungen zur heilpädagogischen Frühförderung durch die interdisziplinäre Frühförderstelle der L. F-Stadt im Umfang von 60 an Stelle von 12 Behandlungseinheiten im Zeitraum vom 01.09.2013 bis 31.08.2014 zu Gunsten der Beigeladenen in Höhe von € 2.060,51 durch den Beklagten im Rahmen der Eingliederungshilfe.

I.

Der Kläger ist ein Verband, der nach seiner Satzung behinderte Menschen auf Landesebene vertritt. Die gesetzlichen Vertreter der Beigeladenen haben ihr Einverständnis mit der Klageerhebung durch den Kläger gegeben.

Die Beigeladene ist 2011 geboren und leidet am Down-Syndrom und ist ab Geburt geistig behindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 und den Merkzeichen „G“, „B“ und „H“. Sie ist in erheblichem Maße entwicklungsverzögert und hatte Pflegestufe I.

Seit ihrem sechsten Lebensmonat erhielt sie Leistungen der interdisziplinären Frühförderung, darunter auch heilpädagogische Leistungen im Umfang von 60 Behandlungseinheiten pro Jahr.

Am 14.08.2013 beantragte die Beigeladene die Weitergewährung ambulanter Frühförderung und Frühberatung der L. ab dem 01.09.2013 im bislang erfolgten Umfang von 60 Behandlungseinheiten pro Jahr. Ab dem 01.09.2013 sei eine Einzelintegration in einen Kindergarten geplant. Nach dem Entwicklungsbericht der Frühförderung und Frühberatung der L. F-Stadt vom 20.07.2013 sei gleichwohl weiterhin eine pädagogische Frühförderung in vollem Umfang notwendig.

Nach Stellungnahme des sozialpädagogisch-medizinischen Dienstes bewilligte der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16.09.2013 im Rahmen der Eingliederungshilfe für die Beigeladene die Kostenübernahme der Frühförderung für die Zeit vom 01.09.2013 bis 31.08.2014 (entsprechend der Dauer des Förderplans) 12 ambulante Behandlungseinheiten Heilpädagogik.

Der Förderschwerpunkt liege im Bereich der teilstationären Kindergartenbetreuung (integrativ). Daher sei die heilpädagogische Förderung mit dem bewilligten Umfang ausreichend sichergestellt.

Am 16.10.2013 legte die Beigeladene hiergegen Widerspruch ein. Im Förder- und Behandlungsplan des behandelnden Kinderarztes Dr. F. und der Frühförderstelle vom 19.07.2013 seien 60 Behandlungseinheiten für notwendig erachtet worden, wie seit dem sechsten Lebensmonat. Dieser Bedarf bestehe unverändert fort. Der Hinweis auf den veränderten Förderschwerpunkt sei nicht nachvollziehbar. Der Besuch eines Regelkindergartens sei etwas völlig anderes als die auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Frühförderung, so dass sich der diesbezügliche Bedarf nicht verringert habe. Der Kindergarten habe zum ersten Mal ein behindertes Kind aufgenommen. Die gleichzeitig vom Beklagten hierfür bewilligten Fachdienststunden pro Jahr seien deshalb dringend erforderlich, um das Kindergartenpersonal über die Besonderheiten einer inklusiven Betreuung aufzuklären und die Beigeladene wie auch die Kindergartengruppe an die inklusive Betreuung heranzuführen. Dem Widerspruch beigeschlossen war eine entsprechende Bestätigung der Frühförderstelle vom 14.10.2013, wonach 60 Einheiten weiterhin erforderlich seien. In den Behandlungseinheiten, die in Anwesenheit der Eltern durchgeführt würden, würden die derzeit aktuellen Förderinhalte in den Bereichen Grobmotorik, Feinmotorik, Kognition, Perzeption und Sprachanbahnung modellhaft gezeigt und mit den Eltern besprochen, auf behinderungsbedingte Besonderheiten hingewiesen, und Möglichkeiten zur Umsetzung in das individuelle Lebensumfeld und den Alltag der Beigeladenen erörtert. Die Eltern hätten durch die behinderungsspezifischen Besonderheiten der Beigeladenen einen erhöhten Beratungsbedarf. Sie seien emotional stark belastet. Beide seien verunsichert und würden Rat und Anleitung benötigen, wie sie mit den Entwicklungsdefiziten der Beigeladenen und der damit verbundenen Unsicherheit umgehen könnten. Hierzu würden die Eltern eine regelmäßige und kontinuierliche Information, Anleitung und Begleitung benötigen.

Demgegenüber arbeite der Integrationsfachdienst im Kindergarten inhaltlich mit einer völlig anderen Zielsetzung, nämlich der gleichberechtigten Teilhabe der Beigeladenen am Leben in der Gemeinschaft des Kindergartens selbst, wobei die individuellen Ressourcen der Beigeladenen im Mittelpunkt stünden.

Laut ärztlicher Stellungnahme der Dr. S., F-Stadt, vom 10.10.2013 werde ebenfalls eine wöchentliche Frühförderung als notwendig gesehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2013 wies die Regierung von O. den Widerspruch als unbegründet zurück. Durch den für die Beigeladene erhöhten Gewichtungsfaktor sei es dem Kindergarten möglich, einen erhöhten Personalschlüssel vorzuhalten und somit in Kombination mit dem Fachdienst die Beigeladene zusätzlich individuell heilpädagogisch zu fördern. Daher sei aufgrund dieser Einzelintegration im Kindergarten und den damit verbundenen Förderangeboten die Frühförderung auf jährlich 12 Einheiten herabzusetzen. Damit bestehe gleichwohl die Möglichkeit der mobilen Elternberatung weiterhin fort. Auch könnten medizinische Maßnahmen, zum Beispiel Logopädie, ebenfalls fortgesetzt werden. Im übrigen sei die Aufteilung der Bedarfsdeckung auf Fachdiensteinheiten und Behandlungseinheiten im Vorfeld mit Kindergarten und Vater besprochen worden.

Zwischenzeitlich erhöhte der Beklagte die Fachdienststunden von zunächst 38 auf 50 Einheiten bei einem Gewichtungsfaktor von 5,5.

III.

Mit Schriftsatz vom 20.12.2013, eingegangen am selben Tage, hat der Kläger mit Einverständnis der Beigeladenen hiergegen Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben (dortiges Az.: S 4 SO 143/13). Dieses hat sich mit Beschluss vom 21.01.2014 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das aus seiner Sicht örtlich zuständige Sozialgericht Nürnberg verwiesen.

Zur Begründung hat die Klägerin unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Vorbringens weiter ausgeführt, dass die Beigeladene auf 60 Behandlungseinheiten mobile Frühförderung pro Jahr einen Anspruch habe. Zwar handele es sich hierbei um Ermessensleistungen des Beklagten, die Ermessensausübung sei jedoch fehlerhaft. Die Finanzierung der Aufnahme der Beigeladenen zum erhöhten Satz von 5,5 habe keine Auswirkungen auf die individuelle Förderung der Beigeladenen. Die zusätzlichen Mittel würden in erster Linie dazu dienen, kleinere Gruppen bilden zu können oder zusätzliches Personal einstellen zu können, wobei die mit kleineren Gruppen einhergehenden Ausfälle von Elternbeiträgen kompensiert würden. Ein Beitrag zur individuellen Förderung eines Kindes sei hierdurch weder möglich noch darin enthalten. Im Übrigen verfüge ein Regelkindergarten wie der von der Beigeladenen besuchte nicht über heilpädagogisch qualifiziertes Personal und müsse dies auch nicht, um eine individuelle Frühförderung zu gewährleisten. Es sei zudem nochmals darauf hinzuweisen, dass der Fachdienst und die Frühförderung völlig verschiedene Ansätze und Zielsetzungen hätten. Schwerpunkt der Frühförderung sei die unmittelbare Arbeit mit dem Kind im häuslichen Umfeld, mit dem Ziel, den Auswirkungen der Behinderung entgegenzuwirken. Der Schwerpunkt der Leistungen im Kindergarten durch den Integrationsfachdienst liege dagegen in der sozialen Integration des behinderten Kindes im Gruppenzusammenhang in der Lebenssituation Kindergarten. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass der Besuch eines Kindergartens schon für ein normal entwickeltes Kind eine große Umstellung und Herausforderung darstelle. Bei einem entwicklungsverzögerten Kind wie der Beigeladenen löse die neue Situation einen erheblich erhöhten Förderbedarf aus. Dem Beklagten gehe es lediglich um eine sachwidrige Ausgabendeckelung, ohne dass der Beklagte jemals den individuellen Bedarf der Beigeladenen korrekt ermittelt habe. Die Behauptung des Beklagten, durch den Fachdienst im Kindergarten könne der gesamte Bereich der Frühförderung abgedeckt werden, insbesondere auch die individuelle Förderung im häuslichen Umfeld einschließlich Elternarbeit, entbehre jeder fachlichen Grundlage.

Mit Beschluss vom 13.03.2014 hat das Gericht die Beigeladene notwendig zum Verfahren beigeladen.

Das Gericht hat zur Sachaufklärung die Beklagtenakten und die Akten des Zentrums Bayern Familie und Soziales sowie Befundberichte und medizinische Unterlagen der die Beigeladene behandelnden Ärzte und Kliniken, der Kranken- und Pflegekasse sowie des MDK Bayern und Entwicklungsberichte beigezogen.

Mit Beweisanordnung vom 27.11.2015 hat das Gericht Prof. Dr. E., E-Stadt, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.

In seinem psychologisch-pädagogischen Gutachten vom 27.05.2016 ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene neben dem Besuch des integrativen Kindergartens im bewilligten Umfang zusätzlich zur Deckung ihres Eingliederungshilfebedarfes jährlich noch 60 Behandlungseinheiten der ambulanten Frühförderung im häuslichen Umfeld benötige sowie zusätzlich Sprach-, Physio- und Ergotherapie.

Gegen die gutachterlichen Einschätzungen hat sich der Beklagte gewandt.

In der Gesamtschau sei der Bedarf durch den bewilligten Leistungsumfang gedeckt. Das Gutachten des Prof. Dr. E. vermöge hingegen nicht zu überzeugen. Der Beklagte verfolge einen personenzentrierten Ansatz, wobei sich der Bedarf nach der Person richte, ungeachtet der zu dessen Deckung nötigen Fördersysteme. Vorliegend sei jedoch der Förderbedarf durch den bewilligten Maßnahmeumfang gedeckt. Insbesondere reiche der Umfang von 12 Einheiten für die Elternarbeit aus. Der restliche Förderumfang werde durch den Fachdienst und den Kindergarten abgedeckt. Nicht nachvollziehbar schließlich sei, dass der genehmigte erhöhte Gewichtungsfaktor von 5,5 nicht der Einzelförderung der Beigeladenen zugute komme. Die Fachkraftquote dürfe nicht unterschritten werden. Mit den zusätzlichen Mitteln bzw. Personal könnten Kleingruppen gebildet werden, was auch der Beigeladenen zugute komme. Widersprochen werde auch der Darstellung im Gutachten, dass die Kindergartenkräfte bereits mit den anderen Kindern ausgelastet seien, so dass sie sich nicht in ausreichendem Umfang um die Beigeladene kümmern könnten.

Würde der Beklagte dem Gutachten folgen, so müsste die Förderung im Kindergarten sofort eingestellt werden. Auch träfe die Beigeladene kein Kostenrisiko. Der Kläger habe die 60 Behandlungseinheiten Frühförderung auf eigene Kosten erbracht.

Nach einer Stellungnahme des pädagogischen Dienstes vom 12.11.2014 sei ein Maßnahmeumfang von 5,5 Gewichtungsfaktor, 22 Behandlungseinheiten Frühförderung und 40 Fachdiensteinheiten bedarfsdeckend nebst je 5 Behandlungseinheiten ambulanter Physiotherapie und Logopädie.

Es handele sich insgesamt um eine sehr einseitige Darstellung, die durch den Fachdienst des Kindergartens untermauert werde. Hierbei handele es sich um eine Erzieherin, die auch die streitgegenständliche ambulante Frühförderung erbringe. Sie vertrete daher nachvollziehbar die Positionen ihres Arbeitgebers. Der Gutachter selbst sei Mitglied des Vorstands der Vereinigung interdisziplinärer Frühförderung, Landesverband Bayern. Diese stehe laut eigenem Internetauftritt in engem Kontakt zur Arbeitsstelle F. Bayern e.V., also dem Landesverband der L., also dem Kläger.

In zwei ergänzenden Stellungnahme vom 14. Und vom 21.03 2017 hat der Gutachter sich mit den Einwendungen des Beklagten nochmals auseinandergesetzt und an seiner Auffassung festgehalten.

Zudem treffe es zu, dass er Vorstandsmitglied der Vereinigung Interdisziplinäre Frühförderung, Landesverband Bayern sei; als solcher sei er auch ehrenamtlicher wissenschaftlicher Leiter der pädagogischen Abteilung der Arbeitsstelle Frühförderung Bayern e.V. Mitglied dieses Vereins seien nahezu alle Verbände der Behindertenhilfe, wie zum Beispiel Caritas, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt, Wohlfahrtsverbände und der Kläger.

Sonstige Kontakte zum Kläger bestünden nicht.

Der Kläger sieht sich durch das Begutachtungsergebnis in seiner Auffassung bestätigt.

Der Beklagte verkenne, dass sich die Förderung im Kindergarten und zu Hause ergänzen würde. Zu Hause stehe die Einzelförderung im Vordergrund, im Kindergarten die Gruppenförderung.

Im Übrigen trage die Beigeladene entgegen der Auffassung des Beklagten sehr wohl ein Kostenrisiko: Über den Differenzbetrag seien der Beigeladenen Rechnungen gestellt worden, die jedoch bis zum Abschluss des Verfahrens gestundet worden seien. Die Zahlungspflicht bestehe unabhängig vom Ausgang des Verfahrens, und zwar gemäß vorgelegter unbedingter Rechnungen in Höhe von € 2.060,51.

Es sei absurd, dem Gutachter eine Nähe zum Kläger oder gar Voreingenommenheit unterstellen zu wollen.

Es sei naheliegend, dass der Gutachter als national und international renommierter Experte auf dem Gebiet der Frühförderung Vorstandsmitglied in einem sein Fachgebiet betreffenden Fachverband sei. Dieser könne als Fachgesellschaft aus seinen Reihen zwei Vertreter in ehrenamtlicher Funktion als wissenschaftlicher Leiter für die pädagogische und medizinische Abteilung der Arbeitsstelle F. Bayern bestimmen. Einer davon sei gegenwärtig der Gutachter. Verbunden hiermit sei ein Sitz im Vorstand der Arbeitsstelle. Letztere sei ein vom Bayerischen Sozialministerium finanziertes Institut, das insbesondere die fachliche Weiterentwicklung der Interdisziplinären Frühförderung zur Aufgabe habe. Der Kläger sei als Fachverband Mitglied des Trägervereins der Arbeitsstelle.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 zu verpflichten, für die Beigeladene im Zeitraum vom 01.09.2013 bis 31.008.2014, Leistungen zur heilpädagogischen Frühförderung durch die interdisziplinäre Frühförderstelle der L. F-Stadt im Umfang von 60 Behandlungseinheiten in Höhe von € 2.060,51 zu erstatten und hierüber Bescheid zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat unter Aufrechterhaltung seiner bisherigen Argumentation zur Begründung weiter ausgeführt, er habe bei der Beigeladenen den individuellen Hilfebedarf in einem Gesamtplanverfahren nach § 58 SGB XII ermittelt und festgestellt. Er prüfe den individuellen Förderbedarf insgesamt und lege sodann fest, durch welche Fördermaßnahmen und jeweils in welchem Umfang der festgestellte Förderbedarf gedeckt werde. Keinesfalls könnte hierbei die zu unterschiedlichen Zeitpunkten von den unterschiedlichen Leistungsanbietern angetragenen Betreuungs- und Förderangebote zu einer Erhöhung oder gar Vervielfachung des durch den Beklagten in der Gesamtschau festgestellten Gesamtförderbedarfs führen. Darin sei aber stets auch der Aspekt der individuellen Förderung mitenthalten, ebenso wie soziale Integration.

Zudem sei im Bayerischen Rahmenvertrag T-K-KITA zwingend die Bereithaltung von mindestens zwei Betreuungspersonalstunden je Kind je Woche gewährleistet. Auch sei bei Personalmehrungen nach diesem Rahmenvertrag die 50%ige Installation von Fachkräften einzuhalten. Es treffe daher nicht zu, dass der höhere Gewichtungsfaktor der Beigeladenen nicht zugute komme. Auf behinderte Kinder würden mehr Planstellen im Verhältnis entfallen als auf nichtbehinderte Kinder.

Bis zur Aufnahme in die Kindertageseinrichtung habe der Förderbedarf unstrittig bei zuletzt 60 Behandlungseinheiten Frühförderung gelegen. Dem stünden nunmehr 340 Stunden zusätzliche Betreuung im Gruppendienst mit 50% Fachkräfteanteil plus 50 Stunden Fachdiensteinheiten plus 12 Einheiten ambulante Frühförderung gegenüber.

Somit werde deutlich, dass sich der Hilfeumfang mit Aufnahme in der Kindertageseinrichtung nicht nur in fiskalischer, sondern auch in inhaltlicher Hinsicht erheblich erweitert habe. Mit Beginn der behinderungsspezifischen Förderung in einer Kindertagesstätte könne die ambulante Frühförderung regelmäßig entfallen, da diese durch die komplexere und umfangreiche teilstationäre Einrichtung sichergestellt werde.

Im Einzelfall werde hiervon aber kein Gebrauch gemacht, weil dies nicht im Rahmenvertrag Frühförderung vereinbart sei und ambulante Frühförderung eine Komplexleistung darstelle, die auch medizinische Frühförderung umfasse, wobei eine medizinische Verordnung bestimmter Leistungen außerhalb der Komplexleistung oft nicht möglich sei. Daher solle durch die Aufrechterhaltung der Frühförderung in geringerem Umfang den Eltern auch weiterhin medizinische Frühförderung ermöglicht werden.

Im übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Eltern der Beigeladenen den bislang bewilligten Umfang von 60 Behandlungseinheiten Frühförderung nur zu etwa der Hälfte tatsächlich in Anspruch genommen hätten bis zum Beginn des Kindergartens. Offenbar hätten diese den Förderbedarf der Beigeladenen geringer eingeschätzt als der Kläger ab Beginn des Kindergartens. Es stelle sich daher die Frage, ob sich der Eingliederungshilfebedarf mit Aufnahme in den Kindergarten erhöht habe. Dies erschließe sich dem Beklagten aber nicht.

Der Bedarf der Beigeladenen sei durch den bewilligten Umfang gedeckt.

Die Beigeladene beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 zu verpflichten, für die Beigeladene im Zeitraum vom 01.09.2013 bis 31.008.2014, Leistungen zur heilpädagogischen Frühförderung durch die interdisziplinäre Frühförderstelle der L. F-Stadt im Umfang von 60 Behandlungseinheiten in Höhe von € 2.060,51 zu erstatten und hierüber Bescheid zu erteilen.

Zur Begründung hat sie sich inhaltlich dem Vorbringen des Klägers sowie dem Sachverständigen angeschlossen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten, die wechselseitigen Schriftsätze, die Niederschriften und die gesamte Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht erhoben worden. Das Sozialgericht Nürnberg ist örtlich und sachlich zuständig.

Die Voraussetzungen des § 63 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) sind zudem vorliegend gegeben. Der Kläger ist damit Prozessstandschafter der Beigeladenen.

II.

Die Klage ist zudem begründet, weil der angefochtene Bescheid vom 16.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2013 rechtswidrig ist und die Beigeladene in ihren Rechten verletzt.

Zu Unrecht hat dieser der Beigeladenen nur 12 an Stelle von 60 Behandlungseinheiten ambulanter interdisziplinärer Frühförderung bewilligt. Die Beigeladene hat statt dessen zur Bedarfsdeckung neben dem Besuch des Kindergartens eine Anspruch auf die vorgenannten weiteren 60 Behandlungseinheiten. Das Ermessen ist aus Sicht der Kammer insoweit auf Null reduziert. Der Beklagte hat daher der Beigeladenen die Kosten der zu Unrecht abgelehnten und selbst beschafften Leistungen in Höhe von € 2.060,51 zu erstatten.

Im einzelnen:

1. Der Beklagte hat die Kosten zu erstatten gemäß § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX, die der Beigeladenen dadurch entstanden sind, dass die zu Unrecht abgelehnten Leistungen selbst beschafft worden sind. Hierbei ist es unerheblich, ob die Beigeladene die Rechnungen bereits bezahlt hat. Entscheidend ist einzig, ob sie einer entsprechenden unbedingten Kostenforderung durch den Leistungserbringer ausgesetzt ist. Dies ist vorliegend der Fall. Bei noch nicht erfolgter Begleichung der Rechnung richtet sich der Anspruch auf Freistellung von Inanspruchnahme durch den Beklagten.

§ 15 Abs. 1 SGB IX lautet.

(1) Kann über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 genannten Fristen entschieden werden, teilt der Rehabilitationsträger dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit. Erfolgt die Mitteilung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für die Träger der Sozialhilfe, der öffentlichen Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge.

Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind vorliegend erfüllt, weil der Beklagte zu Unrecht Leistungen abgelehnt hat.

a) Unstreitig gehört die Beigeladene zum Personenkreis des § 53 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die Vorschrift lautet:

(1) Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten.

(2) Von einer Behinderung bedroht sind Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies gilt für Personen, für die vorbeugende Gesundheitshilfe und Hilfe bei Krankheit nach den §§ 47 und 48 erforderlich ist, nur, wenn auch bei Durchführung dieser Leistungen eine Behinderung einzutreten droht.

(3) Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen.

(4) Für die Leistungen zur Teilhabe gelten die Vorschriften des Neunten Buches, soweit sich aus diesem Buch und den aufgrund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach diesem Buch.

§ 2 Abs. 1 SGB IX lautet:

(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.

Diese Voraussetzungen erfüllt die Beigeladene unstreitig und nochmals bestätigt durch das Gutachten des Prof. Dr. E.. Damit ist bei der Beigeladenen die sogenannte Personenkreiszugehörigkeit des § 53 SGB XII gegeben. Sie hat daher grundsätzlich einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach den §§ 53 und 54 SGB XII, vgl. § 17 Abs. 1 SGB XII. Solange und soweit bei der Beigeladenen ein entsprechender Bedarf besteht, hat die Beigeladene auch einen Anspruch dem Grunde nach auf interdisziplinäre Frühförderung als Komplexleistung nach §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 26 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 SGB IX i.V.m. §§ 30 und 56 SGB IX.

b) Art und Maß der Leistungserbringung stehen jedoch im pflichtgemäßem Ermessen des Beklagten, soweit dieses nicht ausgeschlossen wird, vgl. § 17 Abs. 2 SGB XII. Dieses Ermessen des Beklagten ist hinsichtlich Art und Maß der Leistung bei einem Sekundäranspruch wie dem vorliegenden Kostenerstattungsverfahren deutlich eingeschränkt. Hierbei bildet lediglich die Notwendigkeit der Leistung eine Grenze, so dass für die notwendige, selbstbeschaffte Leistung die Kosten zu erstatten sind, nicht jedoch für nicht notwendige Leistungen (vgl. Grube in Grube / Warendorf SGB XII Sozialhilfe Kommentar, 4. A., § 17 SGB XII, RdNr. 30 m.w.N.). Zudem ist das Ermessen des Sozialhilfeträgers durch den Bedarfsdeckungsgrundsatz des § 9 Abs. 1 SGB XII weiter eingeschränkt: Der festgestellte Bedarf muss gedeckt werden (vgl. Grube a.a.O., RdNr. 31f m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund ist die Kammer der Überzeugung, dass das prinzipielle Ermessen des Beklagten vorliegend auf Null reduziert ist dergestalt, dass im streitgegenständlichen Zeitraum die Beigeladene neben dem Besuch des Kindergartens mit der dort stattfindenden Förderung darüber hinaus zur Deckung ihres Bedarfes zusätzlich 60 Behandlungseinheiten mobiler Frühförderung bedarf und nicht wie bislang bewilligt nur deren 12.

Die Kammer folgt insofern im Ergebnis dem Gutachten des Prof. Dr. E..

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kammer den personenzentrierten Ansatz des Beklagten für den sozialhilfebzw. eingliederungshilferechtlich einzig zutreffenden hält. Dies folgt bereits aus dem Bedarfsdeckungsgrundsatz selbst, der seinerseits ja wiederum an der Person anknüpft, deren Bedarf zu decken ist.

Daher ist es generell angezeigt, einen einmal festgestellten Bedarf auch wieder in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Dies nicht zuletzt deswegen, weil sich durch veränderte Lebensumstände bzw. -situationen oder aber auch durch persönliche Entwicklung eines Menschen der Bedarf verändern kann. Es ist daher stets in einem ersten Schritt der (aktuelle bzw. zu einem bestimmten relevanten Zeitpunkt gegebene) Bedarf möglichst zutreffend zu ermitteln.

Hiervon ausgehend und unter Zugrundelegung dieses festgestellten Gesamtbedarfs ist dann in einem zweiten Schritt zu ermitteln, welche Maßnahmen zu dessen Deckung nötig sind. Innerhalb dieses Gesamtbedarfs bilden bedarfsdeckende Maßnahmen ein System gleichsam kommunizierender Röhren dergestalt, dass der im ersten Schritt ermittelte Gesamtbedarf die äußere Notwendigkeitsgrenze bedarfsdeckender Maßnahmen bildet, wobei der jeweilige Anteil verschiedener geeigneter Maßnahmen an der Bedarfsdeckung variabel ist.

Insofern ist dem Beklagten absolut beizupflichten in dem Vortrag, dass auch die Förderung im Kindergarten und dessen Teilfinanzierung einen Beitrag zur Deckung des gesamten Eingliederungshilfebedarfs der Beigeladenen leistet neben den bewilligten 12 Frühfördereinheiten. Insofern stimmt die Kammer ausdrücklich der personenzentrierten und den Gesamtbedarf als Grenze variabler möglicher Deckungsmaßnahmen betrachtenden Sichtweise des Beklagten zu.

Allerdings folgt die Kammer nicht der Auffassung des Beklagten hinsichtlich des Umfanges des Gesamtbedarfes, sondern der Gesamtbedarfsfeststellung des Prof. Dr. E.. Danach mag der ursprünglich (d.h. vor Beginn des Kindergartens) durch den Beklagten festgestellte Gesamtbedarf zutreffend gewesen sein wie auch der bewilligte Leistungsumfang.

Es erscheint der Kammer aber fehlerhaft, bei gravierend veränderten Umständen, nämlich dem Beginn des Kindergartens, weiterhin von diesem einmal festgestellten Gesamtbedarf auch weiterhin auszugehen, um dann (folgerichtig) diesen auf die verschiedenen Deckungsmaßnahmen aufzuteilen.

In Kenntnis des Gutachtens ist die Kammer davon überzeugt, dass der Gesamtbedarf der Beigeladenen durch den Beginn des Kindergartens sich verändert hat, und zwar im Sinne einer Vergrößerung des Bedarfs.

Insofern folgt die Kammer dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Prof. Dr. E.:

In seinem psychologisch-pädagogischen Gutachten vom 27.05.2016 stellte der Sachverständige bei der Beigeladenen folgende Diagnosen:

* Trisomie 21

Hiervon ausgehend habe die Beigeladene einen umfassenden Förderbedarf, der neben dem Besuch des integrativen Kindergartens im bewilligten Umfang daneben jährlich 60 Behandlungseinheiten ambulante Frühförderung im häuslichen Umfeld erfordere sowie zusätzlich Sprach-, Physio- und Ergotherapie. Hierbei sei die Interdisziplinäre Frühförderung in hohem Maße geeignet, erforderlich und dringend notwendig zur adäquaten Förderung der sprachlichen, emotionalen, sozialen und motorischen Kompetenzen der Beigeladenen mit dem Ziel der Förderung von deren persönlicher Entwicklung und Gesundheit sowie von deren gesellschaftlicher Teilhabe. Es treffe nicht zu, dass die Förderleistungen vom integrativen Kindergarten, vom Fachdienst und der Interdisziplinären Frühförderung gleichartig seien. Es handele sich vielmehr um drei verschiedene Fördersysteme mit unterschiedlichen Zielen, Aufgaben, Methoden und Kompetenzen. Die Interdisziplinäre Frühförderung zeichne sich durch eine Familienzentrierung aus.

Die Interdisziplinäre Frühförderung stelle per se einen zentralen Ansatz zur Integration von Kindern mit Behinderungen in die Lebens-, Spiel- und Lerngemeinschaften der Gesellschaft dar. Ihre Aufgabe bestehe in der interdisziplinär konzipierten Eingangs-, Verlaufs- und Abschlussdiagnostik, in heilpädagogischen, psychologischen, ärztlichen und medizinisch-therapeutischen Hilfen sowie insbesondere in einer alltagsunterstützenden engen Kooperation mit den Familien bzw. mit der unmittelbaren Lebenswelt dieser Kinder. In der Regel fänden wöchentlich ein bis zwei Behandlungseinheiten mobil oder ambulant statt. Im Hinblick auf den Förderbedarf der Beigeladenen seien 60 Behandlungseinheiten pro Jahr geeignet, erforderlich und notwendig für eine erfolgreiche Kindesförderung sowie für die in diesem Zusammenhang wichtige Elternarbeit und sei eine unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen der Intervention und zur gesellschaftlichen Inklusion der Beigeladenen.

Durch den Beklagten habe keine belastbare Bedarfserhebung stattgefunden. Vielmehr sei der Förderbedarf der Beigeladenen durch die bereits bewilligten Maßnahme nicht abgedeckt. Kindern seien vielfältige Lerngelegenheiten in den natürlichen Lernumgebungen zu ermöglichen. Isolierte Therapiemaßnahmen bei Kindern mit Behinderungen würden zumeist nicht ausreichen, um die langfristige kindliche Entwicklung bedeutsam positiv zu beeinflussen. Aus dieser Sicht stelle die heute zunehmend diskutierte Ersetzung der Kooperation mit Eltern durch eine Kooperation mit Kindergärten ein grobes Missverständnis dar. Die auch wichtige mit Kindergärten könne die Elternarbeit nicht kompensieren, da die Familie den zentralen und primären Erfahrungsraum des Kindes darstelle.

Ferner hat der Gutachter in seinen ergänzenden Stellungnahmen weiter präzisierend ausgeführt:

Er habe nicht in seinem Gutachten behauptet, im Kindergarten finde keine Förderung statt; diese sei lediglich nicht ausreichend bzw. bedarfsdeckend, nicht zuletzt wegen anderer Zielsetzungen und Möglichkeiten. Die Qualität der Förderung sei in den unterschiedlichen Settings Kita und Familie per se nicht miteinander vergleichbar. Insbesondere stehe eine individuelle Frühförderung in einer Kita nicht im Fokus, vielmehr Gruppenförderung. Im Rahmen des Hausbesuch sei festgestellt worden, dass die durch den höheren Gewichtungsfaktor finanzierte zusätzliche Kinderpflegerin nahezu ausschließlich mit der Versorgung und Förderung der Gruppe der zwei- und dreijährigen Kinder beschäftigt sei.

Kernaufgabe des Fachdienstes sei es primär, ein integrationsfreundliches Klima in der Gruppe zu schaffen, nicht zuletzt durch Unterweisung der Kitamitarbeiter.

Auch bei personenorientierter Herangehensweise habe der Beklagte schlicht den Bedarf der Beigeladenen unzutreffend ermittelt bzw. festgelegt.

Die Kammer hält das Begutachtungsergebnis für nachvollziehbar. Insbesondere überzeugt, dass bei der Beigeladenen durch die Konfrontation mit einer neuen Situation, nämlich des Beginns des Kindergartens, ein erweiterter Förderbedarf, nämlich im Kindergarten selbst in Form der Teilnahme am dortigen Gruppenleben, entstanden ist. Dessen Deckung dienen in erster Linie die in der Einrichtung gewährten Maßnahmen.

Daneben besteht aber der bisherige, familienzentrierte anderweitige behinderungsbedingte Förderbedarf im wesentlichen im konkreten Fall der Beigeladenen unverändert fort, so dass diese im streitgegenständlichen Zeitraum auch weiterhin einen Bedarf von 60 Einheiten mobiler Frühförderung hat. Dies nicht auch zuletzt wegen der unterschiedlichen Zielsetzungen der verschiedenen Förderinstrumente.

Dem kann aus Sicht der Kammer auch nicht entgegengehalten werden, dass die Eltern der Beigeladenen in einem früheren Zeitraum nur etwa die Hälfte der 60 Einheiten abgerufen haben: Zum einen mag damals ein anderer Bedarf bestanden haben, zum anderen gewichtet die Kammer die Einschätzung des Sachverständigen als schwerwiegender als eine laienhafte Einschätzung der Eltern der Beigeladenen.

Daher bedurfte die Beigeladene im streitgegenständlichen Zeitraum neben der Förderung im Kindergarten auch noch 60 Einheiten mobiler Frühförderung zur Deckung ihres Bedarfs. Nach dem Bedarfsdeckungsprinzip hat die Beigeladene hierauf einen Anspruch. Das Ermessen des Beklagten ist auf Null reduziert.

Daher war die entsprechende Ablehnung rechtswidrig.

Die Beigeladene hat daher einen Anspruch auf Erstattung der bzw. Freistellung von den durch die Selbstverschaffung entstandenen Kosten in Höhe von € 2.060,51.

Daher war wie geschehen zu entscheiden.

2. Die Kammer weist im Übrigen darauf hin, dass sie an der Unvoreingenommenheit des Gutachters keinen Zweifel hat. Insbesondere kann diese nicht aus seiner Verbandsmitgliedschaft hergeleitet werden. Das Gutachten selbst gibt aus Sicht der Kammer auch keinen Anlass für eine Besorgnis der Befangenheit.

Im übrigen hat auch keiner der Beteiligten einen förmlichen Befangenheitsantrag gestellt, auch nicht auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2017.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 193, 183 SGG und § 64 SGB X.

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Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos
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published on 22/03/2018 00:00

Tenor I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 11.01.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.04.2016 verurteilt, die Kosten für die Betreuung der Klägerin in der Kindertagesstätte "B." in A-Stadt ab dem 01.02.20
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Annotations

(1) Die Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen erbringen

1.
die Bundesagentur für Arbeit, soweit nicht einer der in den Nummern 2 bis 4 genannten Träger zuständig ist,
2.
die Träger der Unfallversicherung im Rahmen ihrer Zuständigkeit für durch Arbeitsunfälle Verletzte und von Berufskrankheiten Betroffene,
3.
die Träger der Rentenversicherung unter den Voraussetzungen der §§ 11 bis 13 des Sechsten Buches und
4.
die Träger der Kriegsopferfürsorge unter den Voraussetzungen der §§ 26 und 26a des Bundesversorgungsgesetzes.

(2) Die Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen erbringen

1.
die Träger der Unfallversicherung im Rahmen ihrer Zuständigkeit für durch Arbeitsunfälle Verletzte und von Berufskrankheiten Betroffene,
2.
die Träger der Kriegsopferfürsorge unter den Voraussetzungen des § 27d Absatz 1 Nummer 3 des Bundesversorgungsgesetzes,
3.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe unter den Voraussetzungen des § 35a des Achten Buches und
4.
im Übrigen die Träger der Eingliederungshilfe unter den Voraussetzungen des § 99.

(3) Absatz 1 gilt auch für die Leistungen zur beruflichen Bildung bei einem anderen Leistungsanbieter sowie für die Leistung des Budgets für Ausbildung an Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen nach § 57 haben. Absatz 2 gilt auch für die Leistungen zur Beschäftigung bei einem anderen Leistungsanbieter, für die Leistung des Budgets für Ausbildung an Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen nach § 58 haben und die keinen Anspruch auf Leistungen nach § 57 haben, sowie für die Leistung des Budgets für Arbeit.

(1) Stellt der leistende Rehabilitationsträger fest, dass der Antrag neben den nach seinem Leistungsgesetz zu erbringenden Leistungen weitere Leistungen zur Teilhabe umfasst, für die er nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 sein kann, leitet er den Antrag insoweit unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Dieser entscheidet über die weiteren Leistungen nach den für ihn geltenden Leistungsgesetzen in eigener Zuständigkeit und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(2) Hält der leistende Rehabilitationsträger für die umfassende Feststellung des Rehabilitationsbedarfs nach § 14 Absatz 2 die Feststellungen weiterer Rehabilitationsträger für erforderlich und liegt kein Fall nach Absatz 1 vor, fordert er von diesen Rehabilitationsträgern die für den Teilhabeplan nach § 19 erforderlichen Feststellungen unverzüglich an und berät diese nach § 19 trägerübergreifend. Die Feststellungen binden den leistenden Rehabilitationsträger bei seiner Entscheidung über den Antrag, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Anforderung oder im Fall der Begutachtung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens beim leistenden Rehabilitationsträger eingegangen sind. Anderenfalls stellt der leistende Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen umfassend fest.

(3) Die Rehabilitationsträger bewilligen und erbringen die Leistungen nach den für sie jeweils geltenden Leistungsgesetzen im eigenen Namen, wenn im Teilhabeplan nach § 19 dokumentiert wurde, dass

1.
die erforderlichen Feststellungen nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen von den zuständigen Rehabilitationsträgern getroffen wurden,
2.
auf Grundlage des Teilhabeplans eine Leistungserbringung durch die nach den jeweiligen Leistungsgesetzen zuständigen Rehabilitationsträger sichergestellt ist und
3.
die Leistungsberechtigten einer nach Zuständigkeiten getrennten Leistungsbewilligung und Leistungserbringung nicht aus wichtigem Grund widersprechen.
Anderenfalls entscheidet der leistende Rehabilitationsträger über den Antrag in den Fällen nach Absatz 2 und erbringt die Leistungen im eigenen Namen.

(4) In den Fällen der Beteiligung von Rehabilitationsträgern nach den Absätzen 1 bis 3 ist abweichend von § 14 Absatz 2 innerhalb von sechs Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wird eine Teilhabeplankonferenz nach § 20 durchgeführt, ist innerhalb von zwei Monaten nach Antragseingang zu entscheiden. Die Antragsteller werden von dem leistenden Rehabilitationsträger über die Beteiligung von Rehabilitationsträgern sowie über die für die Entscheidung über den Antrag maßgeblichen Zuständigkeiten und Fristen unverzüglich unterrichtet.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Auf Sozialhilfe besteht ein Anspruch, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

(2) Über Art und Maß der Leistungserbringung ist nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen wird. Werden Leistungen auf Grund von Ermessensentscheidungen erbracht, sind die Entscheidungen im Hinblick auf die sie tragenden Gründe und Ziele zu überprüfen und im Einzelfall gegebenenfalls abzuändern.

(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach § 25 Absatz 1 gemeinsame Empfehlungen.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus gemeinsame Empfehlungen,

1.
welche Maßnahmen nach § 3 geeignet sind, um den Eintritt einer Behinderung zu vermeiden,
2.
in welchen Fällen und in welcher Weise rehabilitationsbedürftigen Menschen notwendige Leistungen zur Teilhabe angeboten werden, insbesondere, um eine durch eine Chronifizierung von Erkrankungen bedingte Behinderung zu verhindern,
3.
über die einheitliche Ausgestaltung des Teilhabeplanverfahrens,
4.
in welcher Weise die Bundesagentur für Arbeit nach § 54 zu beteiligen ist,
5.
wie Leistungen zur Teilhabe nach den §§ 14 und 15 koordiniert werden,
6.
in welcher Weise und in welchem Umfang Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Prävention, Rehabilitation, Früherkennung und Bewältigung von Krankheiten und Behinderungen zum Ziel gesetzt haben, gefördert werden,
7.
für Grundsätze der Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13,
8.
in welchen Fällen und in welcher Weise der behandelnde Hausarzt oder Facharzt und der Betriebs- oder Werksarzt in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind,
9.
zu einem Informationsaustausch mit Beschäftigten mit Behinderungen, Arbeitgebern und den in § 166 genannten Vertretungen zur möglichst frühzeitigen Erkennung des individuellen Bedarfs voraussichtlich erforderlicher Leistungen zur Teilhabe sowie
10.
über ihre Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und vergleichbaren Stellen.

(3) Bestehen für einen Rehabilitationsträger Rahmenempfehlungen auf Grund gesetzlicher Vorschriften und soll bei den gemeinsamen Empfehlungen von diesen abgewichen werden oder sollen die gemeinsamen Empfehlungen Gegenstände betreffen, die nach den gesetzlichen Vorschriften Gegenstand solcher Rahmenempfehlungen werden sollen, stellt der Rehabilitationsträger das Einvernehmen mit den jeweiligen Partnern der Rahmenempfehlungen sicher.

(4) Die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung können sich bei der Vereinbarung der gemeinsamen Empfehlungen durch ihre Spitzenverbände vertreten lassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt die gemeinsamen Empfehlungen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen ab, soweit die Aufgaben der Pflegekassen von den gemeinsamen Empfehlungen berührt sind.

(5) An der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen werden die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe über die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter sowie die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 3 über die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen beteiligt. Die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe orientieren sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch an den vereinbarten Empfehlungen oder können diesen beitreten.

(6) Die Verbände von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden an der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen beteiligt. Ihren Anliegen wird bei der Ausgestaltung der Empfehlungen nach Möglichkeit Rechnung getragen. Die Empfehlungen berücksichtigen auch die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder.

(7) Die beteiligten Rehabilitationsträger vereinbaren die gemeinsamen Empfehlungen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern auf der Grundlage eines von ihnen innerhalb der Bundesarbeitsgemeinschaft vorbereiteten Vorschlags. Der oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird beteiligt. Hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu einem Vorschlag aufgefordert, legt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation den Vorschlag innerhalb von sechs Monaten vor. Dem Vorschlag wird gefolgt, wenn ihm berechtigte Interessen eines Rehabilitationsträgers nicht entgegenstehen. Einwände nach Satz 4 sind innerhalb von vier Wochen nach Vorlage des Vorschlags auszuräumen.

(8) Die Rehabilitationsträger teilen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation alle zwei Jahre ihre Erfahrungen mit den gemeinsamen Empfehlungen mit, die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung über ihre Spitzenverbände. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation stellt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern eine Zusammenfassung zur Verfügung.

(9) Die gemeinsamen Empfehlungen können durch die regional zuständigen Rehabilitationsträger konkretisiert werden.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres zum Inhalt und zur Ausführung des Persönlichen Budgets, zum Verfahren sowie zur Zuständigkeit bei Beteiligung mehrerer Rehabilitationsträger zu regeln.

Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen (§ 219) werden erbracht, um die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit der Menschen mit Behinderungen zu erhalten, zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen, die Persönlichkeit dieser Menschen weiterzuentwickeln und ihre Beschäftigung zu ermöglichen oder zu sichern.

(1) Auf Sozialhilfe besteht ein Anspruch, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

(2) Über Art und Maß der Leistungserbringung ist nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen wird. Werden Leistungen auf Grund von Ermessensentscheidungen erbracht, sind die Entscheidungen im Hinblick auf die sie tragenden Gründe und Ziele zu überprüfen und im Einzelfall gegebenenfalls abzuändern.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Für das Verfahren bei den Behörden nach diesem Gesetzbuch werden keine Gebühren und Auslagen erhoben. Abweichend von Satz 1 erhalten die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für jede auf der Grundlage des § 74a Absatz 2 und 3 erteilte Auskunft eine Gebühr von 10,20 Euro.

(2) Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder der Erstattung einer Sozialleistung nötig werden, sind kostenfrei. Dies gilt auch für die im Gerichts- und Notarkostengesetz bestimmten Gerichtskosten. Von Beurkundungs- und Beglaubigungskosten sind befreit Urkunden, die

1.
in der Sozialversicherung bei den Versicherungsträgern und Versicherungsbehörden erforderlich werden, um die Rechtsverhältnisse zwischen den Versicherungsträgern einerseits und den Arbeitgebern, Versicherten oder ihren Hinterbliebenen andererseits abzuwickeln,
2.
im Sozialhilferecht, im Recht der Eingliederungshilfe, im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende, im Kinder- und Jugendhilferecht sowie im Recht der Kriegsopferfürsorge aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung einer nach dem Zwölften Buch, dem Neunten Buch, dem Zweiten und dem Achten Buch oder dem Bundesversorgungsgesetz vorgesehenen Leistung benötigt werden,
3.
im Schwerbehindertenrecht von der zuständigen Stelle im Zusammenhang mit der Verwendung der Ausgleichsabgabe für erforderlich gehalten werden,
4.
im Recht der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für erforderlich gehalten werden,
5.
im Kindergeldrecht für erforderlich gehalten werden.

(3) Absatz 2 Satz 1 gilt auch für gerichtliche Verfahren, auf die das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden ist. Im Verfahren nach der Zivilprozessordnung, dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie im Verfahren vor Gerichten der Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit sind die Träger der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Grundsicherung für Arbeitsuchende, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge von den Gerichtskosten befreit; § 197a des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt.