Sozialgericht München Urteil, 22. Nov. 2018 - S 38 KA 333/17

published on 22/11/2018 00:00
Sozialgericht München Urteil, 22. Nov. 2018 - S 38 KA 333/17
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Gericht

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Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten der Verfahren.

Tatbestand

Die Klägerin ist als Anästhesistin vertragsärztlich zugelassen und arbeitet mit verschiedenen Operateuren unterschiedlicher Fachgebiete zusammen. Auf Antrag der beigeladenen Krankenkasse hin nahm die Beklagte mit den Ausgangsbescheiden in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 28.06.2017 bzw. 27.09.2017 sachlich-rechnerische Richtigstellungen in vier Quartalen (Quartale 4/13, 1/14, 2/14 und 3/14) über 122,70 €, 604,87 €, 248,60 € und 453,91 € vor.

Die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen bezogen sich im Quartal 4/13 auf die Gebührenordnungspositionen (GOP) 31821 und 31502 EBM in einem Behandlungsfall, im Quartal 1/14 auf die Gebührenordnungspositionen (GOP) 31821, 31822, 31502, 31503 und 31827 EBM in drei Behandlungsfällen, im Quartal 2/14 auf die Gebührenordnungspositionen (GOP) 31821 und 31502 in zwei Behandlungsfällen und im Quartal 3/14 auf die Gebührenordnungspositionen (GOP) 31822, 31503 und 31825 EBM ebenfalls in zwei Behandlungsfällen.

Zur Begründung berief sich die Beklagte in allen Verfahren auf die Regelung in § 106d Abs. 1 SGB V und auf die Präambel zum Abschnitt 31.5.3 S. 1 EBM, wonach für die Berechnung von Anästhesien des Abschnitts 31.5.3 EBM vorauszusetzen sei, dass ein anderer Vertragsarzt in diesem Zusammenhang eine Leistung entsprechend einer Gebührenordnungsposition des Abschnitts 31.2 erbracht und berechnet habe. Die beigeladene Krankenkasse habe in manchen Fällen festgestellt, dass der Operateur - es handelt sich teilweise um unterschiedliche Operateure - überhaupt keine Leistungen abgerechnet habe. In anderen Fällen wurden die Gebührenordnungspositionen 09351 und 09361 vom Operateur zur Abrechnung gebracht bzw. in der Abrechnung die Kennziffern 88115, 86999 und 99115 dokumentiert. Soweit letztere Gebührenordnungspositionen vom Operateur erbracht und abgerechnet wurden, handle es sich hierbei aber um keine Leistungen aus dem Abschnitt 31.2 des EBM, so dass die Voraussetzungen der Präambel des Abschnitts 31.5.3 S. 1 EBM nicht vorlägen. Soweit die Klägerin Unterlagen (Überweisungsscheine, Narkoseprotokolle) eingereicht habe, könne hieraus nicht auf operative Leistungen des Abschnitts 31.2 des EBM geschlossen werden.

Der Anregung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Sozialgericht München unter dem Aktenzeichen S 20 KA 199/17 das Ruhen der streitgegenständlichen Verfahren anzuordnen, wurde seitens der Beklagten nicht zugestimmt. Die Beklagte äußerte sich aber schriftsätzlich mit dem Inhalt, es könne eventuell von einer Rückforderung abgesehen werden, wenn die Klägerin bestimmte Unterlagen einreiche, konkret den OP-Bericht des Operateurs, eine Bestätigung des Operateurs, dass dieser nicht privat die Leistungen abgerechnet habe und eine weitere Bestätigung, dass eine Abrechnung versehentlich unterblieben ist.

In der Klageakte befindet sich u.a. ein Schreiben des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten vom 06.03.2018, gerichtet an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten und vorgelegt von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, in dem auf die Abrechnungsproblematik hingewiesen wurde. Danach habe sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) schon 2016 mit Empfehlung an die Regional-KVen dafür ausgesprochen, entsprechende Nachweise durch den Anästhesisten für die Abrechnung der Leistungen des Abschnitts 31.5.3 EBM genügen zu lassen.

In der mündlichen Verhandlung am 22.11.2018, in der die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen S 38 KA 333/18 verbunden wurden, wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten besprochen.

Einer der diskutierten Gesichtspunkte war die Frage, wer für die Erbringung und Abrechnung der operativen Leistungen des Abschnitts 31.2 des EBM nachweispflichtig ist. Einer nochmaligen Überprüfung von bestimmten Unterlagen, wie von der Beklagten schriftlich in Aussicht gestellt, wenn die Klägerin ihrerseits bestimmte Unterlagen beibringe, wurde schließlich nicht näher getreten.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragte, die Bescheide bezüglich der sachlich-rechnerischen Richtigstellungen für die Quartale 4/13, 1/14 und 2/14, jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28.06.2017, sowie für das Quartal 3/14 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Leistungen nachzuvergüten.

Die Vertreterin der Beklagten beantragte, die Klagen abzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Beklagtenakten. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Sitzungsniederschrift vom 22.11.2018 verwiesen.

Gründe

Die zum Sozialgericht München eingelegten Klagen sind zulässig, erweisen sich jedoch als unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind als rechtmäßig anzusehen.

Die mit den Bescheiden vorgenommenen sachlich-rechnerischen Berichtigungen beziehen sich im Quartal 4/13 auf die Gebührenordnungsziffern (GOP) 31821 und 31502 EBM in einem Behandlungsfall, im Quartal 1/14 auf die Gebührenordnungspositionen (GOP) 31821, 31822, 31502, 31503 und 31827 EBM in drei Behandlungsfällen, im Quartal 2/14 auf die Gebührenordnungspositionen (GOP) 31821 und 31502 in zwei Behandlungsfällen und im Quartal 3/14 auf die Gebührenordnungspositionen (GOP) 31822, 31503 und 31825 EBM ebenfalls in zwei Behandlungsfällen.

Mit Wirkung zum 01.01.2004 trat eine Änderung des SGB V in Kraft, wonach es nicht mehr alleinige Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung ist, Abrechnungen der Vertragsärzte auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit hin zu überprüfen. Nunmehr hat der Gesetzgeber ein eigenes Prüfungsrecht der Kassen in § 106d Abs. 3 SGB V106a Abs. 3 SGB V a.F.) vorgesehen. Die Beklagte ist in den Fällen des § 106a Abs. 3 Nr. 1 SGB V an das Ergebnis der von der Krankenkasse durchgeführten Prüfung gebunden und hat kein materiell-rechtliches-inhaltliches Letztentscheidungsrecht (BSG, Urteil vom 23.03.2016, Az. B 6 KA 8/15 R). Aufgabe der KÄV ist es, das Prüfungsergebnis der Krankenkasse durch Bescheid umzusetzen. Sie ist auf die Prüfung beschränkt, ob der sachlich-rechnerischen Richtigstellung Begrenzungen der Richtigstellungsbefugnis entgegenstehen, wie etwa eine Versäumung der Ausschlussfrist oder (andere) Vertrauensschutzgesichtspunkte.

Die beigeladene Krankenkasse hat festgestellt, dass in allen Quartalen entweder überhaupt keine Leistungen durch den Operateur oder Leistungen, die nicht im Abschnitt 31.2 des EBM (GOP´s 31101 ff.) aufgeführt sind, abgerechnet wurden. Nach der Präambel 31.5.3 S. 1 EBM setzt die Berechnung von Anästhesien des Abschnitts 31.5.3 voraus, dass ein anderer Arzt in diesem Zusammenhang eine Leistung entsprechend einer Gebührenordnungsposition des Abschnitts 31.2 erbringt und berechnet. Entgegen der Auffassung der Klägerseite sind nicht die Beklagte und/oder Beigeladene nachweispflichtig, sondern die Klägerin. Denn die Präambel zum Abschnitt 31.5.3 S. 1 EBM stellt eine anspruchsbegründende Voraussetzung dar, deren Nachweis der Klägerin obliegt (vgl. Hess. LSG, Urteil vom 11.03.2009, Az. L 4 KA 26/08). Auch im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung gilt, dass derjenige, der sich auf für ihn günstige Tatsachen beruft, die Beweislast hierfür trägt. Dies ist hier die Klägerin, die die Vergütung der von ihr erbrachten anästhesiologischen Leistungen begehrt (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.06.2016, Az. L 11 KA 7/16 B ER).

Für die Auslegung einer Gebührenordnungsposition ist nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie der Wortlaut des EBM maßgeblich (vgl. BSG, Beschluss vom 17.02.2016, Az. B 6 KA 63/15 B). Der Wortlaut der o.g. Gebührenordnungspositionen - hierzu zählt auch die Präambel 31.5.3 S. 1 EBM - ist eindeutig. Für eine über den Wortlaut der Präambel hinausgehende anderweitige Auslegung, beispielsweise für eine systematische Auslegung oder für eine entstehungsgeschichtliche Auslegung ist deshalb kein Raum. Der Leistungslegende ist weder ein Wissenselement zu entnehmen, noch, dass Nachweise des Anästhesisten über eine durchgeführte Operation des Abschnitts 31.2 EBM ausreichen. Abgesehen davon reichen die Unterlagen der Klägerin, die zum Teil der Beklagten vorgelegt wurden, zum Nachweis operativer Leistungen nicht aus. Denn es handelt sich meist lediglich um Narkoseprotokolle und/oder Überweisungsscheine, die nur bedingt eine Überprüfung ermöglichen, ob eine operative Leistung des Abschnitts 31.2 EBM überhaupt stattgefunden hat. Soweit in manchen Fällen Leistungen der GOP 09351 und 09361 vom Operateur zur Abrechnung gebracht bzw. in der Abrechnung die Kennziffern 88115, 86999 und 99115 dokumentiert wurden, deutet dies sogar darauf hin, dass eben keine operativen Leistungen nach Abschnitt 3.2 EBM erbracht wurden und der Ansatz von operativen Leistungen des Abschnittes 3.2 EBM nicht bloß versehentlich unterblieb. Auch wenn die Beklagte zumindest zunächst schriftlich angedeutet hat, der Klägerin entgegenzukommen, indem dieser die Möglichkeit eingeräumt wurde, bestimmte Unterlagen bei der Beklagten zur erneuten Überprüfung einzureichen, ist dies mit dem eindeutigen Wortlaut des EBM nicht zu vereinbaren.

Einzuräumen ist allerdings, dass die Abrechnungsfähigkeit der von der Klägerin in Ansatz gebrachten anästhesiologischen Leistungen von der Erbringung und Abrechnung der Leistungen des Operateurs des Abschnitts 31.2 EBM abhängig ist, was nicht unmittelbar der Sphäre des Anästhesisten zuzurechnen ist und deshalb für den Anästhesisten eine Unwägbarkeit darstellt. Das Gericht geht aber davon aus, dass grundsätzlich jeweils die Zusammenarbeit zwischen Operateur und Anästhesisten geregelt ist und hierüber schriftliche Vereinbarungen bestehen. Zum Inhalt solcher Regelungen könnte auch gehören, dass sich der Operateur gegenüber dem Anästhesisten verpflichtet, die Operationsleistungen bei der Kassenärztlichen Vereinigung abzurechnen und im Falle, dass dies nicht geschieht, Schadensersatzansprüche vorbehalten werden. Nicht zuletzt im Hinblick auf die eindeutigen Regelungen im EBM müssten derartige Vereinbarungen auch bei Operateuren auf Verständnis stoßen, ohne eine weitere Zusammenarbeit ernsthaft zu gefährden. Hinzu kommt, dass es bei der Klägerin nicht häufig zu solchen Abrechnungsproblemen kommt, sondern diese auf wenige Ausnahmefälle beschränkt sind. Dies spricht dafür, dass in den meisten Fällen der Operateur die Leistungen abrechnet und damit die Abrechnungsvoraussetzung für anästhesiologische Leistungen nach der Präambel 31.5.3 S. 1 EBM erfüllt wird.

Eine Entscheidung des Gerichts, den EBM in diesem Punkt anders auszulegen oder gar zu ändern, ist dem Gericht verwehrt. Die Gerichte dürfen nämlich grundsätzlich nicht mit punktuellen Entscheidungen in das Gefüge des EBM eingreifen (vgl. BSG Urteil vom 05.05.1988, Az. B 6 RKa 13/87). Hintergrund ist, dass dem Bewertungsausschuss als Selbstverwaltungsorgan ein weiter Regelungsspielraum zusteht. Nur bei Überschreitung des Regelungsspielraums oder missbräuchlicher Ausübung der Bewertungskompetenz sind die Gerichte befugt, ihrerseits gestaltend einzugreifen.

Auch wenn es sinnvoll sein könnte, den engen Zusammenhang zwischen operativen Leistungen einerseits und anästhesiologischen Leistungen andererseits abrechnungstechnisch zumindest teilweise aufzuheben, beispielsweise dem Anästhesisten zu erlauben, den Nachweis der operativen Leistungen durch aussagekräftige Unterlagen, wie zum Beispiel durch Vorlage des OP-Berichts zu führen, ohne dass es auf die Abrechnung dieser Leistungen durch den Operateur ankommt, ergeben sich für eine Willkür keine Anhaltspunkte. Der Bewertungsausschuss hat sich offenbar davon leiten lassen, dass operative und anästhesiologische Leistungen in einem notwendigen Zusammenhang stehen und als einheitliche medizinische Behandlungsleistung, erbracht von mehreren Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen, aufzufassen sind, was als sachlich einleuchtend zu betrachten ist.

Im Übrigen sieht der EBM auch an anderen Stellen Abrechnungsvoraussetzungen vor, die nicht in der Sphäre des abrechnenden Vertragsarztes liegen. So kann die Komplexleistung für die Betreuung einer Schwangeren nach der GOP 01770 EBM nur von einem Vertragsarzt im Quartal abgerechnet werden, auch wenn diese von einem später in Anspruch genommenen Arzt komplett erneut erbracht wurde, ohne dass dieser wusste, dass die Leistung bereits vorher durch einen anderen Leistungserbringer alio loco stattfand (BSG, Urteil vom 11.02.2015, Az. B 6 KA 15/14 R).

Die Regelung in der Präambel zum Abschnitt 31.5.3 S. 1 EBM, wonach für die Berechnung von Anästhesien des Abschnitts 31.5.3 EBM vorauszusetzen ist, dass ein anderer Vertragsarzt in diesem Zusammenhang eine Leistung entsprechend einer Gebührenordnungsposition des Abschnitts 31.2 erbracht und berechnet hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Aus den genannten Gründen waren die Klagen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten
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published on 23/03/2016 00:00

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
published on 17/02/2016 00:00

Tenor Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 8. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
published on 11/02/2015 00:00

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
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Annotations

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen prüfen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung.

(2) Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität, auf Einhaltung der Vorgaben nach § 295 Absatz 4 Satz 3 sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Gegenstand der arztbezogenen Plausibilitätsprüfung ist insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Arztes; Vertragsärzte und angestellte Ärzte sind entsprechend des jeweiligen Versorgungsauftrages gleich zu behandeln. Bei der Prüfung nach Satz 2 ist ein Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zu Grunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumina zu Grunde gelegt werden. Soweit Angaben zum Zeitaufwand nach § 87 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz bestimmt sind, sind diese bei den Prüfungen nach Satz 2 zu Grunde zu legen. Satz 2 bis 4 gilt nicht für die vertragszahnärztliche Versorgung. Bei den Prüfungen ist von dem jeweils angeforderten Punktzahlvolumen unabhängig von honorarwirksamen Begrenzungsregelungen auszugehen. Soweit es für den jeweiligen Prüfungsgegenstand erforderlich ist, sind die Abrechnungen vorangegangener Abrechnungszeiträume in die Prüfung einzubeziehen. Die Kassenärztliche Vereinigung unterrichtet die in Absatz 5 genannten Verbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen unverzüglich über die Durchführung der Prüfungen und deren Ergebnisse. Satz 2 gilt auch für Verfahren, die am 31. Dezember 2014 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen waren.

(3) Die Krankenkassen prüfen die Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen insbesondere hinsichtlich

1.
des Bestehens und des Umfangs ihrer Leistungspflicht,
2.
der Plausibilität von Art und Umfang der für die Behandlung eines Versicherten abgerechneten Leistungen in Bezug auf die angegebene Diagnose, bei zahnärztlichen Leistungen in Bezug auf die angegebenen Befunde,
3.
der Plausibilität der Zahl der vom Versicherten in Anspruch genommenen Ärzte, unter Berücksichtigung ihrer Fachgruppenzugehörigkeit.
Sie unterrichten die Kassenärztlichen Vereinigungen unverzüglich über die Durchführung der Prüfungen und deren Ergebnisse.

(4) Die Krankenkassen oder ihre Verbände können, sofern dazu Veranlassung besteht, gezielte Prüfungen durch die Kassenärztliche Vereinigung nach Absatz 2 beantragen. Die Kassenärztliche Vereinigung kann, sofern dazu Veranlassung besteht, Prüfungen durch die Krankenkassen nach Absatz 3 beantragen. Bei festgestellter Unplausibilität nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 oder 3 kann die Krankenkasse oder ihr Verband eine Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen beantragen; dies gilt für die Kassenärztliche Vereinigung bei festgestellter Unplausibilität nach Absatz 2 entsprechend. Wird ein Antrag nach Satz 1 von der Kassenärztlichen Vereinigung nicht innerhalb von sechs Monaten bearbeitet, kann die Krankenkasse einen Betrag in Höhe der sich unter Zugrundelegung des Antrags ergebenden Honorarberichtigung auf die zu zahlende Gesamtvergütung anrechnen.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren Inhalt und Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 2 bis 4. In den Vereinbarungen sind auch Maßnahmen für den Fall von Verstößen gegen Abrechnungsbestimmungen, einer Überschreitung der Zeitrahmen nach Absatz 2 Satz 3 sowie des Nichtbestehens einer Leistungspflicht der Krankenkassen, soweit dies dem Leistungserbringer bekannt sein musste, vorzusehen. Die Maßnahmen, die aus den Prüfungen nach den Absätzen 2 bis 4 folgen, müssen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides festgesetzt werden; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Der Inhalt der Richtlinien nach Absatz 6 ist Bestandteil der Vereinbarungen.

(6) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren Richtlinien zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 2 und 3 einschließlich der Voraussetzungen für die Einhaltung der Ausschlussfrist nach Absatz 5 Satz 3 und des Einsatzes eines elektronisch gestützten Regelwerks; die Richtlinien enthalten insbesondere Vorgaben zu den Kriterien nach Absatz 2 Satz 2 und 3. Die Richtlinien sind dem Bundesministerium für Gesundheit vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden. Kommen die Richtlinien nicht zu Stande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb einer von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinien erlassen.

(7) § 106 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.