Sozialgericht München Urteil, 12. Feb. 2014 - S 38 KA 188/13
Gericht
Tatbestand
Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist der Regress bezüglich der Verordnung von Dronabinol bei der Patientin H. F.(geb. 1943, verstorben 2009) in den Quartalen 1/08, 3/08 und 4/08.
Bei der Patientin wurde 1984 ein Ovarialkarzinom festgestellt. Sie wurde operiert mit anschließender Chemotherapie. 1999 wurde bei der Patientin ein Weichteilrezidiv diagnostiziert. Es fand abermals eine Operation statt mit anschließender Polychemotherapie. Als weitere mit der Grunderkrankung zusammenhängende Ereignisse sind folgende zu benennen:
- 2006: pulmonale hepatische Metastasierung (Chemotherapie) - 2007: metastasenverdächtige Lympfknoten (Operation und Chemotherapie) - 2007: ausgedehnte abdominelle Metastasen, progrediente pleurale Metastasierung und Lungenmetastasen - 2008 (März): subkutane Metastasen Bauchdecke - 2008 (September): Lebermetastasen und Metastasen im Bereich Bauchhöhle
Mit den Widerspruchsbescheiden jeweils vom 20.02.2013 (nachgeholte Vorverfahren) bestätigte der Beklagte die Regresse in Höhe von 2.398,36 Euro (Quartal 1/08), 609,41 Euro (Quartal 3/08) und 609,15 Euro (Quartal 4/08). Zur Begründung wurde angeführt, für cannabinoidhaltige Fertigarzneimittel gebe es in den Prüfungsquartalen weder in Deutschland, noch EU-weit eine arzneimittelrechtliche Zulassung. Auch cannabinoidhaltige Rezepturen könnten nicht zulasten der GKV verordnet werden. Denn eine notwendige positive Bewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses liege nicht vor. Unerheblich sei, dass das Dronabinolpräparat Marinol in den USA und in Kanada für die Behandlung chemotherapiebedingter Übelkeit sowie zur Therapie der Kachexie und Appetitstimulation von Aidspatienten zugelassen sei. Auch die Voraussetzungen für einen sogenannten Off-Label-Use seien nicht gegeben. Durch die Rechtsprechung (insbesondere BSG, Urteil vom 27.03.2007, Az B 1 KR 30/06 R; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.12.2007, Az. L 4 KR 150/06; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.02.2008, Az. L 5 KR 25/06; Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.02.2008, Az. S 14 KA 272/06) sei wiederholt bestätigt worden, dass Marinol und Dronabinol nicht zulasten der GKV verordnet werden dürften. Die Voraussetzungen für einen sog. Off-Label-Use seien nicht gegeben, zumal bei Dronabinol-Rezepturen im Verordnungszeitraum keinerlei Zulassung vorliege.
Des Weiteren sei auch eine Verordnung von Dronabinol aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungskonformen Auslegung der leistungsbeschränkenden Vorschriften des SGB V (BVerfG, Entscheidung vom 05.12.2005, Az.: BvR 347/98) nicht zulässig. Zunächst sei festzustellen, dass zwar die Krebserkrankung eine lebensbedrohliche beziehungsweise regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung sei, mit Dronabinol aber nicht die Haupterkrankung, sondern lediglich Symptome - mangelnder Appetit und somit Gewichtsverlust - behandelt wurden. Ferner habe es sehr wohl Alternativen (zum Beispiel hochdosierte B-Vitamine, die Gabe von Pepsinwein, die Gabe von Ambra D 6 oder Bitterstern) zur Anwendung von Dronabinol für das Symptom „mangelnder Appetit“ gegeben. Für dieses Einsatzgebiet würden auch keine gesicherten Daten vorliegen. Daten würde es lediglich für das Einsatzgebiet „Antiemese“ geben. Der verwendete Wirkstoff sei jedoch hierfür nicht eingesetzt worden. Davon abgesehen sei lediglich der Wirkstoff „Metoclopramid“ in sehr großen Abständen verordnet worden. Ferner sei auch kein anderer üblicherweise eingesetzter Wirkstoff zur Antiemese verordnet worden (Aufstellung der üblicherweise eingesetzten Wirkstoffe zur Antiemese). Als weitere Alternative wurde eine parenterale Ernährung genannt. Insgesamt sei eindeutig festzustellen, dass der Kläger die vorhandenen Möglichkeiten in keinster Weise ausgeschöpft habe. Der Einsatz der Dronabinol-Rezeptur sei somit ein Mittel der letzten Wahl gewesen. Aus den Patientendaten gehe auch nicht hervor, dass die Patientin zu irgendeinem Zeitpunkt „kurz vor dem Verhungern“ gewesen sei. Der schlechteste BMI der Patientin habe bei 21,6 gelegen und sei somit im normalen Bereich.
Dagegen ließ der Kläger, der als Allgemeinarzt zugelassen ist, Klage zum Sozialgericht München einlegen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers vertrat die Auffassung, in dem konkreten Einzelfall sei die Verordnung von Dronabinol zulasten der GKV zulässig, weshalb die ausgesprochenen Arzneimittelregresse rechtswidrig seien.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers machte darauf aufmerksam, dass es aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes gehäuft zu lebensbedrohlichen Infekten gekommen sei, die die häufige Gabe von Antibiotika erforderlich gemacht hätten. Durch die Verordnung von Dronabinol habe eine einigermaßen menschenwürdige Lebensqualität erreicht werden können, obwohl die Patientin durch „Ableitungen aus Darm und Nieren“ (künstliche Darm- und Nierenausgänge) einem hohen Leidensdruck ausgesetzt gewesen sei. Letztendlich sei mit der palliativen Therapie das Ziel verfolgt worden, der Patientin ein einigermaßen menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. Wörtlich führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus: „Dieses Zugrundegehen an der Tumorerkrankung mit einem aus der Inappetenz folgenden Verhungern zu begleiten, würde eine zusätzliche Grausamkeit im Leidensweg der Patientin bedeutet haben.“ Dronabinol sei nicht zur Schmerztherapie eingesetzt worden. Es habe auch keine Alternativtherapie gegeben. Der Kläger habe sehr wohl auch Magenmittel eingesetzt wie Pantozol. Außerdem sei der Patientin „Fresubin“ (Nahrungsergänzung) verabreicht worden leider erfolglos. Der Hinweis auf eine parenterale Ernährung sei für die Patientin nicht zumutbar gewesen und komme daher als Alternativtherapie nicht in Betracht.
In das Klageverfahren wurden durch die Klägerseite selbst Behandlungsunterlagen aus dem stationären Bereich eingeführt. Außerdem hat das Gericht von Amts wegen bei verschiedenen stationären Einrichtungen, in denen die Patientin aufgenommen war, Informationen eingeholt. Es handelt sich um die Behandlung der Patientin im St. Anna Krankenhaus A-Stadt (stationäre Unterbringung vom 22.02.2008-23.02.2008; Medikation von Dronabinol als Antiemetikum zur Appetitstimulation), in den Kliniken Nord Oberpfalz AG Krankenhaus Neustadt/WN (stationäre Unterbringung vom 19.08.2009 01.09.2009; aktuelle Beschwerden Dyspnoe, Inappetenz, Schmerzsyndrom in der unteren Körperhälfte, Lymphödeme beider Beine, Candidabefall von Rachen, Vulva und beiden Nierensplints; Medikation von Dronabinol als palliativ-symptomatischer Therapie wegen der genannten Beschwerden; Kostenübernahmeantrag wg. Dronabinol bei der Krankenkasse gestellt mit dem Therapieziel Appetitsteigerung, Analgesie bei neuropathischen Schmerzen, Antiemese Therapieziel konnte erreicht werden). Ferner legte der Kläger Tagesprotokolle über die von ihm ausgestellten Verordnungen und über die Behandlungen, beginnend am 10.01.2006 und endend am 01.04.2009 sowie eine „Fachärztliche Stellungnahme zur Verordnung von Dronabinol zur Behandlung der tumorbedingten Anorexie“ von Dr. L. F. v. W. vom 19.02.2009 vor.
In der mündlichen Verhandlung am 12.02.2014 wurde die Sach- und Rechtslage mit den anwesenden Beteiligten umfangreich erörtert. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers machte geltend, es handele sich um einen Sonderfall. Den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (Entscheidung vom 05.12.2005, Az.: BVR 347/98) sei zu entnehmen, dass maßgeblich für die ausnahmsweise zulässige Verordnung das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Grundgesetz) und die Würde des Menschen (Art. 1 Grundgesetz) sei. Dem sei zu wenig Rechnung getragen worden. Es sei nicht so, dass Ethik und Recht auseinanderfallen müssten. Entgegen der Auffassung des Beklagten habe es auch keine alternative Therapie gegeben.
Die Vertreterin des Beklagten wiederholte die Auffassung, das verordnete Medikament Dronabinol hätte auf die Grunderkrankung einwirken müssen, wie der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 13. Oktober 1010, Az. B 6 KA 48/09 R) zu entnehmen sei. Ansonsten werde der in § 135 Abs. 1 SGB V zum Ausdruck kommende Gedanke des Gesetzgebers ausgehebelt. Es gehe nicht darum, die Lebensqualität zu verbessern, sondern lediglich die Symptomatik abzumildern.
Die Vertreterin der Beigeladenen zu 2 machte deutlich, der weiter behandelnde Arzt habe keine weiteren Verordnungen von Dronabinol ausgestellt. Er habe auch keine Therapieempfehlungen abgegeben. Was die Verordnungen von Dronabinol im stationären Bereich betreffe, sei darauf hinzuweisen, dass Krankenhäuser über andere Therapiemöglichkeiten verfügten als niedergelassene Ärzte.
Wie die Vertreterin der Beigeladenen zu 1 ausführte, gebe es keinen Grundsatz des Inhalts, dass generell die Verordnung von Dronabinol ausgeschlossen ist. Maßgeblich seien vielmehr die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles. In diesem Zusammenhang wies sie auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22.09.2010 (Az. L 9 KR 268/06) hin.
In der mündlichen Verhandlung am 12.02.2014 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, die Bescheide der Prüfungsstelle Ärzte Bayern in der Fassung der Widerspruchsbescheide, jeweils vom 20.02.2013, betreffend Verordnungsweise GKV Arzneimittel Quartale 1/08, 3/08 und 4/08 aufzuheben und die Anträge der D. D. IKK auf Feststellung von Regressen zurückzuweisen.
Die Vertreterin des Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen.
Die Vertreterinnen der Beigeladenen stellten keinen Antrag
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Beklagtenakten sowie Behandlungsunterlagen des Klinikums St. M. E. Stadt. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Sitzungsniederschriften vom 30.03.2011 und 12.02.2014 verwiesen.
Gründe
Die zum Sozialgericht München eingelegte Klage ist zulässig und erweist sich auch als begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nach Auffassung der mit einer Ärztin fachkundig besetzten Kammer rechtswidrig.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dürfen die Krankenkassen ihren Versicherten eine neuartige Therapie mit einem Rezeptur-Arzneimittel, das vom Gemeinsamen Bundesausschuss bisher nicht empfohlen ist, grundsätzlich nicht gewähren, weil sie an das Verbot des § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V und die das Verbot konkretisierenden Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gebunden sind. Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes ist jedoch unter bestimmten wenn auch engen - Voraussetzungen zulässig, so bei einem sogenannten „Seltenheitsfall“ (BSGE 93,236), beim sogenannten „Systemversagen“(BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B1 KR 24/06 R) und im Wege der sogenannten grundrechtsorientierten Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 06.12.2005, Az. 1 BvR 347/98) beziehungsweise in Konkretisierung dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durch das BSG (vgl. zum Beispiel BSG, Urteil vom 24.03.2007, Az. B1 KR 30/06 R).
Das Gericht ist sich dabei sehr wohl bewusst, dass eine Durchbrechung des Leistungssystems des SGB V (§ 135 Abs. 1 SGB V) nur in äußersten Ausnahmefällen geboten ist und weist darauf hin, dass hiermit eine generelle Aussage zur Verordnungsfähigkeit von Dronabinol zulasten der gesetzlichen Krankenkassen nicht getroffen wird. Denn eine zu großzügige Anwendung und Auslegung würde dazu führen, dass das Leistungssystem des SGB V in weiten Teilen als unbeachtlich anzusehen wäre. Es muss sich jeweils um eine Betrachtung des individuellen Krankheitsbildes handeln.
Unstrittig war Dronabinol als Rezepturarzneimittel in den strittigen Quartalen vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht empfohlen worden. Es ist daher zu prüfen, ob einer der von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmetatbestände zu bejahen ist.
Bei der hier vorliegenden Erkrankung handelt es sich um ein multiples, äußerst schweres Krankheitsbild, insbesondere geprägt von einem Ovarialkarzinom mit breitester Metastasierung im gesamten Bauchraum und den Symptomen nach operativen Eingriffen und chemotherapeutischer Therapie. Dronabinol wurde nicht zur Therapie der Grunderkrankung eingesetzt, sondern Therapieziel war Appetitsteigerung, Behandlung der Antiemese (Übelkeit, Brechreiz) und Vermeidung einer Gewichtsabnahme bei der Patientin.
Ein sogenannter Seltenheitsfall liegt jedoch nicht vor; dies deshalb, weil bei dem Krankheitsbild die eingetretenen Begleitsymptome keine Seltenheit darstellen (vgl. BSG, Urteil vom 13.10.2010, Az. B 6 KA 48/09 R). Ebenfalls ist nicht von einem sogenannten „Systemversagen“ auszugehen. Denn es wurde kein Antrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss gestellt. Ferner gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dies aus sachfremden und willkürlichen Erwägungen heraus nicht dazu gekommen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.2007, Az. B1 KR 30/06 R).
Nach Auffassung des Gerichts liegen aber die Voraussetzungen für eine sog. verfassungskonforme und grundrechtsorientierte Auslegung der leistungsbeschränkenden Vorschriften des SGB V (BVerfG, Entscheidung vom 05.12.2005, Az.: BVR 347/98) vor. Danach ist vorauszusetzen, dass
- eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung (= Notstandsindikation) vorliegt,
- eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung bzw. Verordnung nicht zur Verfügung steht und
- nicht auszuschließen ist, dass mit der Therapie oder Methode eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Die Rechtsprechung der Sozialgerichte hat sich wiederholt mit der Verordnung von Dronabinol bei verschiedenen Krankheitsbildern und zu unterschiedlichen Therapiezwecken befasst. So war Gegenstand des Urteils des BSG´s vom 13.10.2010 (Az. B 6 KA 48/09 R) die Verordnung von Dronabinol bei einer Erkrankung an einem Bronchialkarzinom beziehungsweise einem Karzinom der Thoraxorgane. Dronabinol wurde dort zur Appetitanregung nach Zytostatika-Behandlung verabreicht. Im Verfahren vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.02.2008, Az. L 5 KR 25/06) wurde Dronabinol zum Zwecke der Schmerztherapie bei einem Patienten mit „Morbus Hirschsprung“ eingesetzt. In weiteren Verfahren war Gegenstand die Kostenerstattung für cannabinoidhaltige Arzneimittel zur Schmerztherapie (BSG, Urteil vom 27.03.2007, Az.: B 1 KR 30/06 R; querschnittsgelähmte Patientin mit chronischem Schmerzsyndrom) und die Kostenerstattung für Dronabinol bei einem chronisch muskulus-skelettalen Schmerz-Syndrom (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.12.2008, Az.: L 5 KR 52/08). In diesen Verfahren wurde die Voraussetzung „lebensbedrohliche Erkrankung“, und/oder die Voraussetzung „nicht ganz fern liegende Aussicht auf einen durch das Arzneimittel erreichbaren Heilungserfolg“ in Zweifel gezogen. Die verfassungskonforme Auslegung setze aber voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vorliege. Außerdem müsse das Arzneimittel auf die lebensbedrohliche Erkrankung selbst einwirken bzw. solle dazu bestimmt sein. Es genüge nicht, dass der Einsatz des Arzneimittels (nur) darauf gerichtet sei, die weiteren Auswirkungen der Erkrankung beziehungsweise ihre Behandlung abzumildern.
In anderen Verfahren zahlenmäßig wesentlich geringer wurde bei den dort vorliegenden bestimmten, konkreten Krankheitsbildern die Verordnungsfähigkeit von Dronabinol bejaht (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.09.2010, Az. L 6 KR 286/09, Patientin, die an einer durch Bluthochdruck ausgelösten Blutung des Kleinhirns leidet und der zur Behandlung von Schwindel, Übelkeit und Erbrechen Dronabinol verordnet wurde, um der Gefahr entgegenzuwirken, dass die Medikamente zur Beherrschung des stark erhöhten Blutdrucks wieder erbrochen werden; SG München, Urteil vom 11.02.2010, Az S 38 KA 123/07, MS-Patientin mit unstillbarem Erbrechen, Schmerzsyndrom, Auftreten von Spastiken im Toraxbereich, Therapieziel: Besserung der Erbrechenssymptomatik und der Atmung).
Allen Entscheidungen, unabhängig davon, ob die Verordnungsfähigkeit von Dronabinol bejahend oder verneinend, ist gemein, dass jeweils auf das konkret-individuelle Krankheitsbild abgestellt wird. Es gibt also keinen Grundsatz des Inhalts, dass Dronabinol unter keine Umständen verordnungsfähig ist.
Bei der hier vorliegenden Krebserkrankung, deren Schweregrad daran abzulesen ist, dass es zu einer Metastasenbildung im ganzen Bauchraum kam, handelt es sich gerade nicht um eine Krebserkrankung im Anfangsstadium, bei der die notwendige Schwere der Erkrankung von der Rechtsprechung verneint wird (vgl. BSG, SozR 4 -2500, § 27 Nr. 8 Rnr 36). Außerdem verstarb die Patientin bereits ein Jahr nach dem Verordnungszeitraum, so dass sich die notstandsähnliche Situation in kurzer Zeit realisierte.
Die hier beschriebene Erkrankung entspricht vielmehr in ihrer gesamten komplexen und schweren Erscheinungsform wertungsmäßig der Erkrankung, bei der das Bundesverfassungsgericht eine notstandsähnliche Situation annahm und ausnahmsweise eine Verordnung entgegen den Vorschriften des SGB V unter Beachtung von Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip als zulässig erachtete.
Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es im streitgegenständlichen Fall nicht darauf an, dass mit Dronabinol nicht die Haupterkrankung, sondern lediglich Begleitsymptome - mangelnder Appetit, Antiemese und Gewichtsverlust - behandelt wurden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.09.2010, Az. L 6 KR 286/09). Zunächst ist es bei einem derart komplexen und schweren Krankheitsbild sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, zu differenzieren und abzuschichten, welche Therapie/Verordnung der Behandlung der Grunderkrankung (Medikation dann grundsätzlich verordnungsfähig) und welche der Behandlung von Begleitsymptomen (Medikation dann grundsätzlich n i c h t verordnungsfähig) dient. Erforderlich ist allerdings zumindest ein mittelbarer Zusammenhang zwischen dem Therapiegrund/Verordnungsgrund und der Haupterkrankung sowie, dass der Therapiegrund/Verordnungsgrund einen bedeutenden Faktor im Gesamtrisikoprofil darstellt. Auf den letzten Gesichtspunkt hat das Bundesverfassungsgericht bei der Frage der Zulässigkeit der „Apheresebehandlung“ (BVerfG, Kammerbeschluss vom 06.02.2007, Az 1 BvR 3101/06
Für das fachkundig mit einer Ärztin besetzte Gericht steht fest, dass auch eine Verordnungsalternative (allgemein anerkanntem medizinischen Standard entsprechend) nicht zur Verfügung steht. Als Alternative können nur solche Medikamente in Betracht kommen, die zugelassen und damit verordnungsfähig sind, sowie die mindestens gleichwertig in ihrer Wirkweise sind. Für die Behandlung der Inappetenz nannte der Beklagte als Alternativen hochdosierte B-Vitamine, die Gabe von Pepsinwein, die Gabe von Ambra D 6 oder Bitterstern. Abgesehen davon, dass für alle, beziehungsweise die meisten Präparate die Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV fraglich erscheint, ist deren Einsatzmöglichkeit lediglich theoretischer Natur, lassen die Verordnungsvorschläge doch jeglichen Bezug zum konkret-individuellen Krankheitsbild vermissen. Dem Beklagten hätte nämlich auffallen müssen, dass bei der Patientin auch die Verdauungsfunktionen stark herabgesetzt waren (Magenschleimhautentzündung, künstlicher Darmausgang, ausgedehnte abdominelle Metastasen). Bei dieser Ausgangssituation zum Beispiel die Gabe von Pepsinwein als Alternative vorzuschlagen und somit dessen Contraiindikation in Kauf zu nehmen (Information der Firma Salus: gesundheitliches Risiko unter anderem bei Leberkranken) lässt sich nur damit erklären, dass dem Beklagten der genaue Befundstatus unbekannt war. Das gleiche gilt für den Vorschlag der Gabe von Bitterstern, der aufgrund der Inhaltsstoffe „ätherische Öle“ und des hohen Alkoholgehalts eine Unverträglichkeit als äußerst wahrscheinlich annehmen lässt.
Soweit der Beklagte in seinen Widerspruchsbescheiden auf eine Aufstellung der üblicherweise eingesetzten Wirkstoffe zur Antiemese hinweist, ist auch diese aus mehreren Gründen nicht geeignet, echte Alternativen zur Verordnung von Dronabinol aufzuzeigen. Es wird nämlich übersehen, dass der Kläger der Patientin auch Medikamente mit den genannten Wirkstoffen, so zum Beispiel Paspertin-Tropfen, Pantozol und MCP mehrfach verordnet hat, wie den dem Gericht übermittelten Tagesprofilen zu entnehmen ist. Daraus und aus dem Umstand, dass auch stationäre Einrichtungen Dronabinol Verabreichung haben, ist zu folgern, dass es sich bei den anderen Präparaten nicht um eine Alternative gehandelt hat. Schließlich ist festzustellen, dass die Aufstellung des Beklagten exakt dem Internet-Beschrieb entspricht, wie er zu Antiemese bei Wikipedia zu finden ist. Dies bedeutet, dass der Beklagte einmal mehr die konkret-individuelle Befundsituation negiert.
Auch stellt die parenterale Ernährung im konkreten Fall keine Alternative dar. Eine solche setzt eine Vergleichbarkeit auch in der Anwendung voraus. Fraglich ist, ob eine Vergleichbarkeit gegeben ist, zumal Dronabinol-Tropfen oral angewendet werden, die parenterale Ernährung (Speziallösung zur Deckung des Nährstoffsbedarfs) aber intravenös (Infektionsgefahr!) oder bei länger andauernder parenteraler Ernährung über einen zentral venösen Zugang (zum Beispiel Portkatheter) erfolgt. Bei der Patientin hätte auch ein zentralvenöser Zugang wegen der langen Zeitdauer geschaffen werden müssen, was dieser aber allein wegen der bestehenden künstlichen Darm- und Nierenausgänge nicht zumutbar war und deren Mobilität noch weiter eingeschränkt hätte. Dies wäre mit Art. 1, 2 Grundgesetz nicht zu vereinbaren. Insofern erscheint die Auffassung des Beklagten, der Einsatz der Dronabinol-Rezeptur sei ein Mittel der letzten Wahl gewesen, abwegig. Genauso wenig ist die Argumentation des Beklagten nachvollziehbar, aus den Patientendaten (BMI) gehe nicht hervor, dass die Patientin zu einem Zeitpunkt „kurz vor dem Verhungern“ gewesen sei. Denn für eine grundrechtsorientierte Auslegung leistungsbeschränkender Vorschriften des SGB V ist nicht erforderlich, dass sich die notstandsähnliche Situation bereits realisiert hat oder sich kurz davor befindet, sondern vielmehr, dass eine diesbezügliche konkrete Gefahr besteht. Ein präventives Ziel der Verordnung von Dronabinol ist als ausreichend anzusehen. Abgesehen davon hat der Kläger wiederholt in seinen Aufzeichnungen (Tagesprofile) eine Gewichtsabnahme (Zustand nach Chemotherapie) vermerkt.
Zwar liegt weder eine Phase III Studie zum Einsatz von Dronabinol gegen Appetitlosigkeit und Übelkeit vor, noch existieren Veröffentlichungen, die über die Qualität und Wirksamkeit von Dronabinol wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen besteht. Es reicht aber aus, dass eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf eine wenigstens spürbare positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf vorhanden ist. Dafür spricht, dass auch die stationären Einrichtungen, in denen die Patientin behandelt wurde, Dronabinol verordnet haben, so im St. Anna Krankenhaus A-Stadt (stationäre Unterbringung vom 22.02.2008-23.02.2008; Medikation von Dronabinol als Antiemetikum zur Appetitstimulation), in den Kliniken Nord Oberpfalz AG Krankenhaus F-Stadt/WN (stationäre Unterbringung vom 19.08.2009 01.09.2009; aktuelle Beschwerden Dyspnoe, Inappetenz, Schmerzsyndrom in der unteren Körperhälfte, ; Medikation von Dronabinol mit dem Therapieziel Appetitsteigerung, gegen Analgesie bei neuropathischen Schmerzen, gegen Antiemese). Es geht auch nicht lediglich um eine Verbesserung der Lebensqualität einer schwerkranken Patientin, die für sich nicht ausreichen würde (BSG, Urteil vom 13.10.2010, Az. B 6 KA 48/09 R). In dem von den Kliniken Nord Oberpfalz AG Krankenhaus F-Stadt/WN ausgefüllten Fragebogen zum „Off-Label-Use“, ausgefüllt am 28.08.2009 ist außerdem vermerkt, dass das Therapieziel erreicht werden konnte. Insofern ist eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf eine wenigstens spürbare positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf zu bejahen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass § 135 Abs. 1 SGB V auch vom Gedanken der „Arzneimittelsicherheit“ getragen ist. In dem Zusammenhang ist anzumerken, dass das Gericht im Hinblick darauf, dass Marinol in den USA - wenn auch für andere Indikationen - zugelassen, von einem Mindeststandard an Sicherheit ausgeht. Dass ein positiver Effekt von dem Einsatz von Dronabinol ausgeht, ergibt sich auch aus der vor dem Deutschen Bundestag vorgenommenen Expertenanhörung in Zusammenhang mit den Anträgen der Linksfraktion (Drucks. Deutscher Bundestag, 16/9749), der Fraktion Bündnis 90/die Grünen (Drucks. Deutscher Bundestag, 16/7285), sowie aus der Stellungnahme der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft vom 01.10.2008, des Berufsverbandes der Schmerztherapeuten in Deutschland e.V. vom 13.10.2008 und verschiedenem Schrifttum. In Gesamtschau ist letztendlich bei einer Risiko/Nutzen/Abwägung das Gericht der Auffassung, dass hier im konkreten Fall der Nutzen des Einsatzes von Dronabinol eindeutig überwiegt.
Insofern liegen insgesamt die Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung vor, dass ausnahmsweise unter Durchbrechung des in § 135 SGB V formulierten Grundsatzes und in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Dronabinol im konkreten Fall zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig ist.
Aus den genannten Gründen war zu entscheiden, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
moreResultsText
Annotations
(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über
- 1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung, - 2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und - 3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.
(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.
(3) bis (6) (weggefallen)
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über
- 1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung, - 2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und - 3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.
(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.
(3) bis (6) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.