Sozialgericht München Urteil, 01. Feb. 2018 - S 31 R 1310/17

published on 01/02/2018 00:00
Sozialgericht München Urteil, 01. Feb. 2018 - S 31 R 1310/17
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Tenor

I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2017 verurteilt, die Klägerin für ihre Tätigkeit als Syndikusrechtsanwältin bei der B-GmbH bereits ab 15.06.2014 von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu befreien.

II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin als Syndikusrechtsanwältin rückwirkend von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu befreien ist.

Die Klägerin ist 1984 geboren. Das erste und zweite juristische Staatsexamen hat sie erfolgreich abgelegt.

Seit 15.06.2014 befindet die Klägerin sich in einem Beschäftigungsverhältnis mit der B-GmbH.

Nach Änderung der Rechtsanwaltsordnung (BRAO) zum 01.01.2016 beantragte die Klägerin am 07.03.2016 bei der Rechtsanwaltskammer A-Stadt die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Am gleichen Tage beantragte sie bei der Beklagten die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI für ihre Tätigkeit als Syndikusrechtsanwältin, und weiterhin die rückwirkende Befreiung gemäß § 231 Abs. 4 b SGB VI ab Beginn der Beschäftigung, also ab 15.06.2014.

Mit Bescheid vom 03.08.2016 wurde die Klägerin durch die Rechtsanwaltskammer als Syndikusrechtsanwältin zugelassen. Gegenüber der Beklagten bestätigte die Rechtsanwaltskammer eine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte ab 15.09.2016.

Die Beklagte befreite die Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 29.11.2016 für ihre Tätigkeit als Syndikusrechtsanwältin von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht, und zwar ab Beginn der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk, also ab 15.09.2016.

Mit weiterem, hier streitgegenständlichem Bescheid vom 17.01.2017 lehnte die Beklagte eine rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab Beschäftigungsbeginn mit der Begründung ab, vor dem 15.09.2016 habe eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgung nicht bestanden.

Die Klägerin legte dagegen Widerspruch ein unter Hinweis auf § 231 Abs. 4 b Satz 1SGB VI. Ihrer Auffassung nach ist eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgung vom Gesetz nur gefordert, soweit die Befreiung für eine vorhergehende Beschäftigung beantragt wird, § 231 Abs. 4 b Satz 2 SGB VI. Auch beantrage sie keine Befreiung für Zeiträume vor dem 01.04.2014, weshalb auch § 231 Abs. 4 b Satz 4 SGB VI einer rückwirkenden Befreiung nicht entgegenstehe.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2017 zurück. Nach ihrer Auffassung ist eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgung zwingende Voraussetzung für jede rückwirkende Befreiung. Die Beklagte beruft sich zur Begründung auf die Ausführungen des Gesetzgebers in der Bundestagsdrucksache 18/5201.

Die Klägerin erhob Klage, eingegangen beim Sozialgericht München am 06.07.2017. Klageziel ist die rückwirkende Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für ihre Tätigkeit als Syndikusrechtsanwältin vom 15.06.2014 bis 14.09.2016. Zur Begründung wird ausgeführt, der Gesetzgeber habe mit dem Übergangsrecht das Ziel eines lückenlosen Versicherungsschutzes für Syndikusrechtsanwälte verfolgt. Diesem Ziel werde die Entscheidung der Beklagte nicht gerecht. Im Übrigen habe das Bundesverfassungsgericht in seinen Beschlüssen vom 19.07.2016, Aktenzeichen 1 BvR 2584/14 und 2534/14, ausgeführt, dass die Übergangsregelung großzügig anzuwenden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.06.2017 zu verurteilen, die Klägerin für ihre Tätigkeit als Syndikusrechtsanwältin bei der B-GmbH bereits ab 15.06.2014 von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akte des Sozialgerichts München sowie der beigezogenen Rentenversicherungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf rückwirkende Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht aus § 231 Abs. 4 b Satz 1 SGB VI. Die angefochtenen Bescheide, die diese Befreiung ablehnen, sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.

§ 231 Abs. 4 b SGB VI hat folgenden Wortlaut:

„Eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikus-Rechtsanwalt (…) nach § 6 Abs. 1 Satz1 Nr. 1 SGB VI, die unter Berücksichtigung der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab dem 01.01.2016 geltenden Fassung (…) erteilt wurde, gilt auf Antrag vom Beginn der jeweiligen Beschäftigung an, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird. Sie gilt auch vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an, wenn während dieser Beschäftigungen eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand. Die Befreiung nach den Sätzen 1 und 2 wirkt frühestens ab dem 01.04.2014. Die Befreiung wirkt jeweils auch für Zeiten vor dem 01.04.2014, wenn für diese Zeiten einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk bezahlt wurden. (…).“

Dem Wortlaut dieser Übergangsregelung entsprechend ist es nicht Voraussetzung für eine Rückwirkung der Befreiung auf den Beginn des aktuell zu befreienden Beschäftigungsverhältnisses, dass eine Pflichtmitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk bereits ab Beginn der Beschäftigung bestand. Dies ergibt sich aus dem Kontext von Satz 1, Satz 2 und Satz 3 des § 231 Abs. 4 b SGB VI. In Satz 1 hat die Rückwirkung der Befreiung auf den Beginn des aktuellen Beschäftigungsverhältnisses lediglich einen Antrag des Versicherten zur Voraussetzung. Die einschränkende Regelung, wonach eine Rückwirkung nur dann in Betracht kommt, wenn während der Beschäftigung eine Pflichtmitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk bestand, enthält Satz 1 im Gegensatz zu Satz 2 nicht. Satz 2 regelt die rückwirkende Befreiung aber nicht im Hinblick auf die aktuelle Beschäftigung, sondern auf eine davor liegende Beschäftigung.

Wenn der Gesetzgeber in Satz 2 für vorhergehende Beschäftigungen eine weitere Voraussetzung ausdrücklich normiert, dies im unmittelbar vorangehenden Satz des Gesetzes jedoch unterlässt, lässt das den Umkehrschluss zu, dass er diese Voraussetzung für die in Satz 1 geregelte aktuelle Beschäftigung nicht gelten lassen wollte (argumentum e contrario). In der Begründung zum Gesetzesentwurf (BT-Drs. 18/5201) wird zu Artikel 5 (Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI) Nr. 2 (§ 231 Abs. 4 a und 4 b SGB VI - E) folgendes ausgeführt:

„Die Sätze 1 bis 3 (des § 231 Abs. 4 b, Anm. d. Verf.) regeln, dass die Befreiung bis zum Beginn der Beschäftigung zurückwirkt, in der eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf der Grundlage der geänderten Bundesrechtsanwaltsordnung (…) erfolgt. Sie wirkt darüber hinaus für zeitlich unmittelbar davor liegende Beschäftigungen in den Fällen eines Beschäftigungswechsels. § 6 Abs. 5 SGB VI bleibt im Übrigen unberührt.

Voraussetzung ist in allen Fällen, dass während der Beschäftigungen zumindest eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk (nicht unbedingt auch eine einkommensbezogene Beitragszahlung an das Versorgungswerk) bestand, mithin ein Bezug zur berufsständischen Versorgung (…) gegeben war.“

Die Beklagte ist der Auffassung, die Wendung „Voraussetzung ist in allen Fällen, dass (…) zumindest eine Pflichtmitgliedschaft (…) gegeben war“ bedeute, dass eine rückwirkende Befreiung für Zeiträume ohne entsprechende Pflichtmitgliedschaft niemals in Betracht komme. Diese Interpretation ist angesichts des Wortlauts der Gesetzesbegründung jedoch nicht zwingend. Denn es ist nicht klar, was mit der Formulierung „in allen Fällen“ gemeint ist. Möglich ist, dass damit alle Fälle einer rückwirkenden Befreiung gemeint sind, wie die Beklagte geltend macht. Möglich ist aber auch, dass damit alle Fälle einer Befreiung für eine vorangegangene Beschäftigung gemeint sind.

Die Gesetzesbegründung enthält somit keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür, dass der - im Gegensatz dazu eindeutige - Wortlaut des Gesetzes nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Die Wortlautauslegung kann vorliegend daher nicht durch eine historische Auslegung verdrängt werden (vgl. auch Schafhausen, AnwBl 2016, 116ff; Kreikebohm SGB VI/Segebrecht, 5. Aufl., SGB VI § 231 Rn 14f).

Zudem ist bei der Auslegung mit zu berücksichtigen, dass laut Bundesverfassungsgericht (Beschlüsse vom 19.07.2016, 1 BvR 2584/14 und 2534/14) die Übergangsregelung des § 231 Abs. 4 b SGB VI großzügig anzuwenden ist. Diesem Gebot wird durch eine einschränkende historische Auslegung, die im Wortlaut des Gesetzes widerspricht, nicht entsprochen.

Nach allem war der Klage auf rückwirkende Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gemäß § 231 Abs. 4 b Satz 1 somit vollumfänglich stattzugeben.

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(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit1.Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öff
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(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit1.Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öff
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published on 19/07/2016 00:00

Tenor Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer
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Annotations

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.