Streitgegenstand ist die Frage, ob ein Unfallereignis vom 7. Februar 2015, bei dem sich der Kläger den Mittelfinger der rechten Hand verletzte, von der Beklagten als Arbeitsunfall anzuerkennen ist.
Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Assistenzarzt in der Herzchirurgie des Herzzentrums L-Stadt. Während eines von der Deutschen Gesellschaft für T. (D.) ausgerichteten Fußballturniers stieß er mit einem Gegenspieler zusammen und verletzte sich dabei den Mittelfinger der rechten Hand. Das Fußballturnier war im Programm zu einer Fachtagung der D., die vom 8. bis 11. Februar 2015 in F-Stadt stattfand, ausgeschrieben und wurde lt. Ausschreibung „am Vortag des Kongresses, Samstag 7. Februar 2015 ab ca. 10:00 Uhr (Hallenöffnung, Turnierbeginn ca. 11:00 Uhr) im Fußball Center U.“ ausgetragen.
Der Dienstreiseantrag des Klägers mit Hinfahrt am 6. Februar 2015 (16:00 Uhr) und Rückfahrt am 8. Februar 2015 (10:40 Uhr) wurde vom Arbeitgeber mit der Maßgabe „unter Einbringung von Freizeit an Sa/So“ genehmigt. Als Reisezweck war vom Kläger „Jahrestagung D.“ und als Begründung der Reisenotwendigkeit „Außendarstellung der Klinik Herzzentrum L-Stadt“ eingetragen. In der ersten Unfallanzeige vom 26. Februar 2015 wurde vom Arbeitgeber als Unfallhergang mitgeteilt: „Zusammenstoß beim Fußballturnier auf einer Dienstreise“. Im am 18. Mai 2015 vom Arbeitgeber ausgefüllten Unfallfragebogen wurde angegeben, es werde im dortigen Unternehmen kein regelmäßiger Betriebssport betrieben; der Unfall habe sich „auf Dienstreise in der Freizeit“ ereignet. Unter dem 22. Mai 2015 wurde vom Arbeitgeber zur diesbezüglichen Frage weiter mitgeteilt, ein Vorgesetzter habe nicht an der Veranstaltung teilgenommen.
Mit Bescheid vom 18. August 2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 7. Februar 2015 als Arbeitsunfall ab. Der diesbezügliche Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2015 zurückgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Klage wurde insbesondere damit begründet, beim Arbeitgeber des Klägers sei entgegen der Annahme der Beklagten sehr wohl Betriebssport angeboten worden. So habe der Kläger regelmäßig an dem wöchentlich stattfindenden Fußballtraining teilgenommen, das von seinem Arbeitgeber für die Beschäftigten der Klinik angeboten und finanziert worden sei. Ein klassischer Wettkampfcharakter habe bei dem von der D. angebotenen Fußballturnier nicht vorgelegen. Ziel des Turniers sei ausweislich der Einladung die Stärkung der T.- Gemeinschaft gewesen. Die Spiele hätten - bei doppelter Besetzung jeder Position - jeweils nur 10 Minuten gedauert.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 18. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass es sich bei dem Unfall vom 7. Februar 2015 um einen Arbeitsunfall handelt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bezeichnung und Ausgestaltung der Veranstaltung, an deren Ende die Verleihung eines Wanderpokals an die siegreiche Mannschaft im Rahmen einer Siegerehrung gestanden habe, spreche aus Sicht der Beklagten unzweifelhaft für einen Wettkampfcharakter. Die (verkürzte) Spielzeit ändere hieran nichts. Es könne deshalb auch dahingestellt bleiben, ob es sonst beim Arbeitgeber des Klägers Betriebssportangebote gebe. Das Fußballturnier am Unfalltag sei jedenfalls kein versicherter Betriebssport gewesen.
Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.
Die Klage ist zwar zulässig, aber nicht begründet, da der Kläger am 7. Februar 2015 keinen Arbeitsunfall erlitten hat.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln. Hierfür ist konkret zu untersuchen, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenzen liegt, bis zu welchen der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (vgl. u.a. Bayerisches Landessozialgericht (BayLSG), Urteil vom 22. Februar 2011, Az. L 3 U 445/10 m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze war die Beteiligung des Klägers am Fußballturnier der D. weder versicherte Tätigkeit im engeren Sinne, noch unter dem Aspekt einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung oder des Betriebssports einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen.
Versicherte Tätigkeit des Klägers i.e.S. ist die Betätigung im Bereich der Herzchirurgie. Hierzu gehört grundsätzlich nicht die Teilnahme an Fußballturnieren. Vorliegend war die Teilnahme am Fußballturnier auch nicht etwa ein absolut untergeordneter Teilaspekt oder Pausengestaltung einer Fortbildung. Der Kläger reiste vielmehr ausweislich des Dienstreiseantrags ausschließlich für die Teilnahme am Fußballturnier an, das zeitlich und räumlich getrennt von der Fachtagung ablief. Die Rückreise war vom Kläger für den Morgen des ersten Tages der Fachfortbildung geplant. Ein fachlicher Austausch während eines Fußballturniers dürfte in relevantem Umfang nicht möglich sein.
Ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit kommt auch bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen in Betracht. Diese stehen unter Versicherungsschutz, wenn sie dem Unternehmen zugerechnet und der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden können (vgl. BayLSG, Urteil vom 31. Januar 2001, Az. L 17 U 415/99). Sie müssen im Interesse des Arbeitgebers liegen und einen betrieblichen Zweck verfolgen, von der Unternehmensleitung getragen werden und darauf abzielen, die Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander zu fördern (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 15. November 2016, Az. B 2 U 12/15 R). Vergleichbares gilt für Betriebsausflüge (vgl. hierzu z.B. Lauterbauch-Schwerdtfeger § 8 SGB VII Rz. 171).
Die Reise des Klägers nach F-Stadt einschließlich der Teilnahme am Fußballturnier war keine solche Veranstaltung. Zwar könnte eine Dienstreisegenehmigung mit Übernahme der Reisekosten und damit die Billigung der Teilnahme durch den Arbeitgeber als Argument für die Annahme einer dienstlichen Veranstaltung gewertet werden. Allerdings würde ein solcher Wille des Arbeitgebers Gerichte und Verwaltung bei der Rechtsanwendung nicht binden. Unabhängig davon war offensichtlich das Interesse des Arbeitgebers an einer Teilnahme des Klägers am Fußballturnier nicht besonders groß, da die Genehmigung nur unter der Maßgabe der Einbringung von Freizeit erfolgte und man - mit Ausnahme der ersten Unfallanzeige - den Unfall arbeitgeberseitig der Freizeit zuordnete. Die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung scheidet vorliegend zudem deshalb aus, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass am Fußballturnier und der Reise dorthin ein großer Teil der Belegschaft des Herzzentrums L-Stadt oder zumindest der dortigen Herzchirurgie teilgenommen hätten, deren Zusammengehörigkeitsgefühl hätte gefördert werden können. Eine Förderung der Gemeinschaft der T. reicht nicht aus, da sie keine unternehmensbezogene Gemeinschaft nach dem SGB VII ist.
Die Teilnahme am Fußballturnier ist auch nicht als Betriebssport anzusehen. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob vom Arbeitgeber des Klägers regelmäßiger Betriebssport angeboten wurde und ob der Kläger an diesem teilgenommen hat. Denn die Teilnahme am Fußballturnier der D. wäre auch dann nicht als Betriebssport der versicherten Tätigkeit zuzurechnen, wenn der Kläger als Teil seiner Betriebssportgruppe an dem Turnier teilgenommen hätte.
In sachlichem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht nach ständiger Rechtsprechung des BSG unter bestimmten Voraussetzungen auch der Betriebssport (kritisch zur Einbeziehung des Betriebssports allgemein Kasseler Kommentar-Ricke, § 8 SGB VII Rz. 60). Die Einbeziehung des Betriebssports in den Schutzbereich des SGB VII wird damit begründet, dass sportliche Betätigung nicht nur den persönlichen Interessen der jeweiligen Versicherten dient, sondern sich letztlich positiv auf deren Leistungsfähigkeit im Betrieb auswirkt (vgl. Lauterbach-Schwerdtfeger SGB VII Rz. 194). Dazu muss der Sport regelmäßig stattfinden, Übungszeit und Übungsdauer müssen in einem dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen. Zudem wird vorausgesetzt, dass sich der Teilnehmerkreis im Wesentlichen auf Angehörige des Unternehmens beschränkt und der Betriebssport im Rahmen der unternehmensbezogenen Organisation stattfindet (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005, Az. B 2 U 29/04 R m.w.N.). Voraussetzung ist ferner, dass die dem Ausgleich dienenden Grenzen eingehalten werden. In seinem Urteil vom 13. Dezember 2005 hat das BSG deshalb ausdrücklich die Ausdehnung des versicherten Betriebssports auf (gelegentliche) Wettkämpfe mit anderen Betriebssportgemeinschaften außerhalb der regelmäßigen Übungsstunden aufgegeben. Sie gehören daher nicht zu den versicherten Tätigkeiten (vgl. auch BayLSG, Urteil vom 22. Februar 2011, Az. L 3 U 445/10).
Vorliegend steht nach der Überzeugung des Gerichts der Wettbewerbscharakter des Fußballturniers fest. Laut Ausschreibung wurde um einen „begehrten Wanderpokal“ gespielt und es gab eine Siegerehrung. Dagegen sind die klägerseits geltend gemachte kurze Dauer der Spiele und die Möglichkeit der häufigen Auswechslung (Doppelbesetzung) irrelevant. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass dieser Spielmodus vorrangig der Tatsache geschuldet ist, dass für nahezu jederman mehrere längere, ggf. sogar 90-minütige Fußballspiele pro Tag konditionell überfordernd wären und das Turnier in der Halle stattfand. Das gesellige Beisammensein am Rande des Wettbewerbs lässt den Wettbewerbscharakter nicht entfallen (vgl. BayLSG, Urteil vom 22. Februar 2011 a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.