Sozialgericht Bayreuth Urteil, 06. Dez. 2016 - S 4 VJ 3/14

published on 06/12/2016 00:00
Sozialgericht Bayreuth Urteil, 06. Dez. 2016 - S 4 VJ 3/14
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 16. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2014 wird abgewiesen

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf die Gewährung von Entschädigung nach dem Bundesseuchengesetz/Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Anspruch.

Die Klägerin wurde am 06.06.2005 gegen Frühsommer-Menigoencephalitis (FSME) mit dem Medikament FSME-immun(r) sowie gegen Poliomyelitis, Diphtherie und Tetanus mit dem Kombinationsimpfstoff Revaxis(r) geimpft. Eine weitere FSME Impfung mit dem gleichen Wirkstoff erfolgte am 21.07.2005. Die Impfung gegen Poliomyelitis mit IPV Merieux(r) und Diphtherie mit dem Diphtherie-Adsorbat-Impfstoff Behring für Erwachsene(r) erfolgte am 29.09.2005.

Ein Antrag auf Versorgung wurde am 16.05.2013 bei einem Außensprechtag des Zentrum Bayern Familie und Soziales gestellt. Der Beklagte nahm den Impfausweis in Kopie und die Bescheinigung des Impfarztes Dr. R., vom 23.05.2013 zu den Akten, aus der sich die Medikamente und Chargennummern der Impfungen am 06.06.2005 und 21.07.2005 ergeben.

Dr. S., Fachärztin für Orthopädie - Rheumatologie, K., erstattete unter dem 27.08.2013 einen Befundbericht. Informiert wurde von der Vorstellung der Klägerin am 20.02.2006. Die Klägerin klage seit 2 Wochen über ein Taubheitsgefühl beider Großzehen. Zehenspreizen gelinge nicht mehr. Sie können nicht mehr richtig gehen, was auch im Untersuchungsbefund beschrieben wird. Sie habe auch Wadenschmerzen, wie Muskelkater. Seit zwei bis drei Wochen bestünden auch Parästhesien der Hände.

Am 07.11.2013 wurde die Klägerin im Auftrag des Beklagten vom Facharzt für Neurologie und Sozialmedizin B. begutachtet. Nach dem Gutachten vom 11.11.2013 ließen sich keine abnormen Impfreaktionen ableiten. Die primären Angaben der Klägerin stünden im deutlichen Widerspruch zu denen im Rahmen der Untersuchung bei der Erstbehandlung im Krankenhaus H.W. B. Bei der Klägerin falle beim Studieren der Krankenkassenauszüge auf, dass sie seit Jahren an einer Neigung zu Infektionen leide. Bei der Klägerin seien Ersterscheinungen erst im Januar 2006 aufgetreten, somit mit einer Inkubationszeit von einigen Monaten. Ein kausaler Zusammenhang der FSME-Impfungen mit derzeit vorliegender chronischer inflammatorischen demyelinisierender Polyneuropathie können mit notwendiger Wahrscheinlichkeit nicht angenommen werden. Zu dem Gutachten erfolgten versorgungsärztliche Stellungnahme von Privatdozent Dr. K. vom 28.11.2013 und von Dr. L. vom 23.12.2013.

Der Antrag wurde mit Bescheid vom 19.01.2014 abgelehnt.

Mit Schreiben vom 27.01.2014 legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 17.02.2014 wurde der Widerspruch begründet.

Der Beklagte zog die Karteikarte von Dr. R. bei. In einem Nachtrag vom 18.02.2014 ist festgehalten, dass die Klägerin über eine Impfreaktion (lokale Schwellung und Rötung) berichtet habe. Diese war am 21.07.2005 wieder abgeklungen.

Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Sozialmedizin A. nahm am 25.04.2014 Stellung. Die vorübergehende Lokalreaktion könne nicht belegen, dass die Monate später auftretende Symptomatik eines Guillain-Barré-Syndroms hiermit in ursächlichen Zusammenhang stehe.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2014 zurückgewiesen.

Mit diesem Ergebnis des Verwaltungsverfahrens zeigt sich die Klägerin nicht einverstanden und erhebt am 12.06.2014 Klage zum Sozialgericht Bayreuth. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass von einem schleichenden Verlauf der Erkrankung auszugehen ist. Der zeitliche Zusammenhang mit den angeschuldigten Impfungen müssen überdacht werden. Nach der ersten FSME Impfung sei es bereits zu einer Schwellung des Arms und Ermüdungserscheinungen bzw. Grippeerscheinungen gekommen. Nach der zweiten FSME Impfung sei Müdigkeit und verstärkter Kopfschmerz aufgetreten. Eine erste Gangunsicherheit habe ab November 2005 bestanden.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 16.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2014 zu verurteilen, die chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyradikuloneuropathie (CIPD-Erkrankung) als Impfschädigung anzuerkennen und ab 01.05.2013 Versorgungsleistungen nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 80 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide.

Am 17.10.2016 legt der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. D. vor. Anfang 2006 sei zunächst von einer akuten inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuritis ausgegangen worden, die mit intravenösen Immunglobulinen behandelt wurde. Die CIDP sei demgegenüber eine unterschiedliche Krankheit, Cortison werde nur bei der chronischen Verlaufsform gereicht. Die vom Krankenhaus H.W. verwendete Diagnose CIADP werden in der Fachliteratur eigentlich nicht verwendet. CIAP stehe für axonale Schädigungen und setze die morphologische Bestätigung durch einen Nervenbiopsie voraus, was bei der Klägerin nicht erfolgt ist. Bei der CIDP trete die axonale Schädigung erst sekundär auf. Eine Myelinschädigung durch pathologische Immunreaktion erfolge nur bei der akuten inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuritis (AIDP) oder auch bei einer neuralgischen Schulteramyothrophie/Armplexusneuritis. Der Symptombeginn sei nicht vor Januar 2006 anzunehmen, es bestünden keine anderen zeitnah dokumentierten Befunde. Die Entwicklung einer autoimmunologisch bedingten Polyneuritis mit einem derart großen zeitlichen Abstand zu einer eventuellen Antigenpräsentation im Rahmen einer Impfung ist jedoch aus pathophysiologischen Gründen nicht plausibel. Zum Gutachten von Dr. D. ist anzumerken, dass die Klägerin keine Armplexusneuritis habe, der Vergleich der CIDP mit dieser Erkrankung sei ein unzulässiger Analogieschluss. Eine Schädigung durch Aluminiumverbindungen anzunehmen, entspreche nicht dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft. Nach einem WHO Bericht könnten Impfformulierungen seit 2001 als sicher betrachtet werden.

Das Gericht forderte Krankheitsunterlagen bei der Krankenkasse, dem Krankenhaus H.W., Dr. M. in K., und das Pflegegutachten des MDK an.

Es wurde das Gutachten von Prof. Dr. J., R., vom 01.12.2015 beauftragt. Danach bestünden keine eindeutigen Hinweise dass - im Gegensatz zu anderen Autoimmunerkrankungen - die CIDP durch Impfungen verursacht oder ausgelöst werden könnte. Dies gelte insbesondere nicht für FSME. Die CIDP sei möglicherweise durch Influenza ausgelöst worden, die keinen Bezug zur Impfung aufweise. Auch nach dem zeitlichen Verlauf sei die Kausalität wenig wahrscheinlich. Der Beginn der Erkrankung habe frühestens 3 Monate nach der 2. FSME Impfung stattgefunden. Die geschilderten Beschwerden entsprächen nicht einer Impfkomplikation.

Auf Antrag der Klägerin wurde das Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. H., W., vom 19.08.2016 eingeholt. Die Klägerin leide an einer Sonderform der CIDP, der idiopathischen Armplexusneuritis (akute Entzündung des Plexus brachialis). Diese trete häufig nach Infektion oder auch Impfungen auf. Aluminiumverbindungen als Adjuvantien lösten Autoimmunphänomene aus. Für demyelinisierende Erkrankungen des peripheren und zentralen Nervensytems durch eine autoimmune Attacke werde für einen Zusammenhang mit einer verabreichten Impfung derzeit ein plausibles Zeitintervall von bis zu 42 Tagen angesehen. Die CIDP sei mit Wahrscheinlichkeit durch die verabreichte Impfserie 2005 ausgelöst worden. Möglicherweise sei die Erkrankung auf die Kombination aller Impfungen zurückzuführen.

In der mündlichen Verhandlung am 06.120.2016 hat die Klägerin auf die Karteikarte von Dr. R. (Bl. 135 IfSG-Akte) hingewiesen. Sie halte das Adjuvanz Thiomersal als geeignet, die Erkrankung hervorzurufen. Das Gericht hat das Epidemiologische Bulletin Stand: Juni 2007 (Ausgabe 25/2007, S. 215 f.) in die Verhandlung eingeführt.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Prozessakten sowie die beigezogenen Akten des Beklagten (mit Sonderheftungen Schwerbehindertenakte und Akte der Deutschen Rentenversicherung) Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist nach § 68 Abs. 2 IfSG zutreffend zu den Sozialgerichten erhoben worden.

Richtige Klageart für das Begehren der Klägerin, ob sie durch die ihr verabreichten Impfungen einen Impfschaden erlitten und deshalb Versorgungsleistungen zu beanspruchen hat, ist die kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage.

Die Klage ist unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Oberfranken - Versorgungsamt vom 16.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Zentrum Bayern Familie und Soziales - Landesversorgungsamt vom 16.05.2014, mit dem die Anerkennung eines Impfschadens und die Versorgungsleistung abgelehnt wurde.

Die dagegen erhobene Klage ist unbegründet, da die Bescheide zutreffend sind.

Zum Zeitpunkt der Impfungen im Sommer 2005 bis heute gilt das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG). Für die rechtliche Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs ist deshalb § 60 Abs. 1 Nr. 1 IfSG zugrunde zu legen. Danach erhält, wer durch eine Impfung, die durch Dritte von einer zuständigen Behörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG. „Gesundheitliche Schädigung“ ist dabei dem „Impfschaden“ im Sinne der früheren Rechtslage nach dem Bundesseuchengesetz gleichzusetzen (BSG, Urteil vom 02.10.2010, B 9/9a VJ 1/07 R, Rn. 13).

Voraussetzung ist, dass die empfohlene Impfung die Gesundheitsstörungen wahrscheinlich verursacht hat (§ 61 Satz 1 IfSG). Maßstab dafür ist die im sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltende Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung. Das Bundessozialgericht (Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 6/13, Rn. 18 f.) hat bei mehreren in Betracht kommenden Ursachen betont, dass eine schädigenden Maßnahme versorgungsrechtlich wesentlich und die Schädigungsfolge der Verfolgungsmaßnahme zuzurechnen ist, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolgs - verglichen mit den übrigen Umstände die zum Eintritt der Schädigungsfolge beigetragen haben - annähernd gleichwertig ist. Dies ist dann der Fall, wenn die schädigende Maßnahmen in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolgs allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen. Im Einzelnen bedarf es dazu der wertenden Abwägung der in Betracht kommenden Bedingungen. Die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinne als Ursache oder mit Ursache zu gelten haben und welche nicht, ist aus der Auffassung des praktischen Lebens abzuleiten.

Die „erfolgte Schutzimpfung, der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, sowie eine - dauerhafte - gesundheitliche Schädigung, also ein Impfschaden“ müssen dagegen im Vollbeweis feststehen (BSG, Urteil vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R, Rn. 36, 38). Diese drei Tatbestandelemente müssen mit an Sicherheit grenzender, ernste vernünftige Zweifel ausschließender Sicherheit erwiesen sein (BSG, Urteil vom 19.03.1986, 9a RVi 2/84), Wahrscheinlichkeit reicht insoweit nicht aus.

Zur Beurteilung der Frage, ob eine übliche Impfreaktion oder eine Impfkomplikation vorliegt, ist das Epidemiologische Bulletin der beim Robert-Koch-Institut eingerichteten ständigen Impfkommission (STIKO) heranzuziehen. Dieses gibt den im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand wieder, soweit die eingesetzten Impfstoffe weiterhin verwendet werden (BSG, Urteil vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R, Rn. 40, 42 f.).

Gemessen an diesen Grundsätzen besteht der geltend gemachte Anspruch nicht.

Allerdings kann mit hinreichender Sicherheit angenommen werden, dass eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung vorliegt. Nach der zum Impfzeitpunkt maßgeblichen Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz vom 18.04.2002 (Nr. 3.3/8360-82/102/02, AIIMBI. 2002, S. 284) lagen Impfungen gegen Diphtherie (Nr. 1 der Bekanntmachung), Poliomyelitis (übertragbare Kinderlähmung, Nr. 4), Wundstarrkrampf (Nr. 9, Tetanus), Frühsommer-Menigoencephalitis (Nr. 10) vor. Ferner dürfen nur Impfstoffe verwendet werden, die vom Paul-Ehrlich-Institut oder von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zugelassen worden sind. Eine Chargenfreigabe ist nicht mehr erforderlich. Nach den Eintragungen im Impfausweis und der Stellungnahme von Dr. R. ist der Nachweis geführt. Damit steht fest, dass die Klägerin am 06.06.2005 mit FSME-immun(r) und Revaxis(r), am 21.06.2005 wiederum mit FSME-immun(r) sowie am 29.09.2005 mit IPV Merieux(r) und Diphtherie-Adsorbat-Impfstoff Behring für Erwachsene(r) von Dr. R. behandelt worden ist.

Außerdem ist bekannt, dass die Klägerin an einer chronischer inflammatorischen demyelinisierender Polyradikuloneuropathie (CIDP) leidet. Der Begriff Polyradikuloneuropathie betont gegenüber einer Polyneuropathie die Betroffenheit der peripheren Nerven. Zur Überzeugung des Gerichts kann aber weder eine Impfkomplikation noch die notwendige Kausalität dahingehend festgestellt werden, dass die geltend gemachte CIDP neben anderen Mitursachen zumindest mit annähernd gleichwertiger Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die Impfung zurückzuführen ist. Unter den vorgenannten rechtlichen Voraussetzungen ist bei der Klägerin ein Impfschaden nicht anzuerkennen. Die streitigen Gesundheitsstörungen der Klägerin sind nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung die Folge eines solchen.

Das Gericht gelangt zur maßgeblichen Überzeugung auf Grundlage

a) des Sachverhalts, wie er sich nach Aktenlage darstellt,

b) des Epidemiologischen Bulletin Stand: Juni 2007 (Ausgabe 25/2007, S. 215 f.),

c) des Gutachtens des Facharztes für Neurologie C. vom 11.11.2013,

d) des versorgungsärztlichen Prüfvermerks von Privatdozent Dr. K. vom 28.11.2013,

e) des versorgungsärztlichen Prüfvermerks von Dr. L. vom 23.12.2013,

f) versorgungsärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Sozialmedizin A. vom 25.04.2014,

g) des Gutachtens von Prof. Dr. J. vom 01.12.2015,

h) Gutachten von Dr. H. vom 19.08.2016 und i) der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. D. vom 17.10.2016.

1. Impfkomplikation

Die Klägerin konnte eine Impfkomplikation im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung nicht nachweisen. Die Rötung an der Stelle geht über das Ausmaß einer Impfreaktion nicht hinaus. Weiterhin sind Unstimmigkeiten über Art und Ausmaß der Komplikationen bei der Schilderung der Klägerin auszumachen. Während die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf die Karteikarte von Dr. R. verweist, der Parästhesien der linken Hand z.B. bei Carpaltunnelsyndrom am 29.09.2005 feststellt, klagt sie am 20.02.2006 über Parästhesien der Hände seit zwei bis drei Wochen.

2. wahrscheinlicher Zusammenhang

Es besteht auch kein Zusammenhang. Für den wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Erkrankung muss nach der geltenden Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung auf der Fülle der Ursachen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn diejenige erheblich sein, die bei wertender Betrachtung wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat.

Voraussetzung für die Anerkennung eines Impfschadens ist die Wahrscheinlichkeit zu dem im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnisstand.

Nach Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. J. ist besonders der FSME-immun(r) inkriminiert. Das Gericht geht davon aus, dass der Impfstoff FSME-immun zumindest bis 2007 ein Standardstoff zur Vorbeugung der Frühsommer-Meningoencephalitis war und deshalb von der STIKO gewürdigt wurde. Nach dem Epidemiologischen Bulletin vom Juni 2007 (Ausgabe 25/2007, S.215 f.) wurde im Einzelfall von Erkrankungen des Nervensystems berichtet (Neuritis, Polyneuritis, Guillain Barré-Syndrom, Enzephalitis). Krankheiten/Krankheitserscheinungen in ungeklärtem ursächlichem Zusammenhang mit der Impfung, die Verursachung oder die Auslösung eines akuten Schubs von Multipler Sklerose oder anderer demyelisierender Erkrankungen durch die FSME-Impfung wird bei zeitlichem Zusammentreffen gelegentlich diskutiert, es gibt außer einer Studie mit begrenzter Fallzahl jedoch keine weiteren Fakten, die einen solchen Zusammenhang annehmen lassen oder ausschließen können. Damit besteht kein hinreichender Zusammenhang. Diese Einschätzung entspricht auch dem Gerichtsgutachten von Prof. Dr. J. und der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. D., die sich das Gericht zu Eigen macht.

3. Gutachten Dr. H.

Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Gutachten von Dr. H.. Dieser hat der Klägerin eine akute Erkrankung des Nervensystems zugeordnet, die ersichtlich bei der Klägerin nicht vorliegt. Dr. D. hat zutreffend von einem unzulässigen Analogieschluss gesprochen, wie sich auch aus Epidemiologischen Bulletin vom Juni 2007 ergibt. Dr. H. hat auch keine exakte Zuordnung der Beschwerden der Klägerin zu einem bestimmten Wirkstoff vorgenommen, was aber nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erforderlich ist (Urteil vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R, Rn. 40, 42 f.).

Die Verursachung eines Impfschadens durch Aluminiumverbindungen oder Thiomersal (auf das die Klägerin in der mündlichen Hauptverhandlung zu sprechen kam) entspricht nicht der herrschenden wissenschaftlichen Meinung, wie Dr. D. zutreffend ausgeführt hat. Dies entspricht auch der Auffassung des Bayerischen Landessozialgerichts (Urteil vom 28.07.2011, L 15 VJ 8/09, Rn. 48).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos
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published on 07/04/2011 00:00

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. März 2010 aufgehoben.
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Annotations

(1) Für Streitigkeiten über Ansprüche nach den §§ 56 bis 58 und 65 gegen das nach § 66 Absatz 1 zur Zahlung verpflichtete Land ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Der Verwaltungsrechtsweg ist auch gegeben, soweit andere Ansprüche wegen Entschädigung für Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes geltend gemacht werden. Artikel 14 Absatz 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(1a) Für Streitigkeiten über Ansprüche nach einer auf Grund des § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sowie des § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe c und f erlassenen Rechtsverordnung ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(2) Für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der §§ 60 bis 63 Abs. 1 ist der Rechtsweg vor den Sozialgerichten gegeben. Soweit das Sozialgerichtsgesetz besondere Vorschriften für die Kriegsopferversorgung enthält, gelten diese auch für Streitigkeiten nach Satz 1.

(3) Absatz 2 gilt nicht, soweit Versorgung entsprechend den Vorschriften der Kriegsopferfürsorge nach den §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes gewährt wird. Insoweit ist der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten gegeben.

(1) Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die

1.
von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde,
1a.
gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgenommen wurde,
2.
auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde,
3.
gesetzlich vorgeschrieben war oder
4.
auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist,
eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt. Satz 1 Nr. 4 gilt nur für Personen, die zum Zwecke der Wiedereinreise in den Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft wurden und die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Gebiet haben oder nur vorübergehend aus beruflichen Gründen oder zum Zwecke der Ausbildung aufgegeben haben, sowie deren Angehörige, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben. Als Angehörige gelten die in § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannten Personen.

(2) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer als Deutscher außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden durch eine Impfung erlitten hat, zu der er auf Grund des Impfgesetzes vom 8. April 1874 in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2126-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, bei einem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes verpflichtet gewesen wäre. Die Versorgung wird nur gewährt, wenn der Geschädigte

1.
nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft werden konnte,
2.
von einem Arzt geimpft worden ist und
3.
zur Zeit der Impfung in häuslicher Gemeinschaft mit einem Elternteil oder einem Sorgeberechtigten gelebt hat, der sich zur Zeit der Impfung aus beruflichen Gründen oder zur Ausbildung nicht nur vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes aufgehalten hat.

(3) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden erlitten hat infolge einer Pockenimpfung auf Grund des Impfgesetzes oder infolge einer Pockenimpfung, die in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes bezeichneten Gebieten, in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Berlin (Ost) gesetzlich vorgeschrieben oder auf Grund eines Gesetzes angeordnet worden ist oder war, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften Entschädigung gewährt wird. Ansprüche nach Satz 1 kann nur geltend machen, wer

1.
als Deutscher bis zum 8. Mai 1945,
2.
als Berechtigter nach den §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes oder des § 1 des Flüchtlingshilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 1971 (BGBl. I S. 681), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
3.
als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes oder
4.
im Wege der Familienzusammenführung gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung
seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes genommen hat oder nimmt.

(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten im Sinne der Absätze 1 bis 3 erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen dem 1. November 1994 und dem 23. Juni 2006 an den Schädigungsfolgen verstorben ist.

(5) Als Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 gelten auch die Folgen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f oder des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind. Einem Impfschaden im Sinne des Satzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz infolge eines Impfschadens im Sinne des Absatzes 1 oder eines Unfalls im Sinne des Satzes 1 gleich.

(6) Im Rahmen der Versorgung nach Absatz 1 bis 5 finden die Vorschriften des zweiten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch über den Schutz der Sozialdaten Anwendung.

Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 anerkannt werden. Die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.