Sozialgericht Aachen Urteil, 14. Juni 2016 - S 12 SB 541/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
3Mit Bescheid vom 24.10.2013 stellte der Beklagte aufgrund einer Funktionsein-schränkung des Blutes, einer seelischen Beeinträchtigung, einer Funktionsein-schränkung der unteren Extremitäten, einer Funktionseinschränkung der Ver-dauungsorgane, einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule, einer Funktionsein-schränkung der oberen Extremitäten und einer Funktionseinschränkung von Herz und Kreislauf einen GdB von 40 fest. Der hiergegen von der Klägerin eingelegte Wi-derspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2014 als unbegründet zu-rückgewiesen.
4Am 17.11.2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Feststellung eines höheren GdB sowie des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruch-nahme des Merkzeichens G. Die Klägerin reichte eine ärztliche Bescheinigung über eine Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung der Betriebsärzte des Luisenhospi-tals B. zu den Akten. Der Beklagte holte darüber hinaus Befundberichte des Allge-meinmediziners Dr. C., des Orthopäden Dr. M. und der Anästhesiologin Dr. W. ein und wertete diese Unterlagen, zusammen mit einem Arztbericht des Marienhospitals B., radiologischen Berichten, einem Arztbericht der Abteilung Transfusionsmedizin, Hämotherapie und Hämostaseologie der Universitätsklinikums E. und einem Arztbe-richt des Neurologen Prof. Dr. X. durch seinen ärztlichen Dienst aus. Dieser kam zu der Einschätzung der GdB der Klägerin sei weiterhin mit 40 zutreffend bewertet. We-sentliche Veränderungen seien nicht objektiviert.
5Mit Bescheid vom 23.01.2015 lehnte der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB sowie die Zuerkennung der Merkzeichens G ab.
6Hiergegen legte die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 16.02.2016 Widerspruch ein. Die Klägerin sei nicht in der Lage nennenswerte Stre-cken zu gehen, es komme zu zeitweisem Stolpern und einer Peronaeus-Lähmung. Die Klägerin müsse immer wechselnde Körperschonhaltungen einnehmen. Es sei ihr nicht möglich nennenswert über 15 Minuten zu gehen, zu sitzen oder zu stehen. Sportliche Aktivitäten wie früher (Radfahren und Schwimmen) seien nicht mehr mög-lich. Die Klägerin reichte im Nachgang einen Arztbericht des Orthopäden Dr. M. vom 17.04.2015 und ein Gutachten des Dr. T. für die Deutsche Rentenversicherung Bund vom 28.02.2015 zu den Akten.
7Nach Stellungnahme des ärztlichen Dienstes wies die Bezirksregierung Münster mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2015 den Widerspruch als unbegründet zurück.
8Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer am 01.07.2015 erhobenen Klage.
9Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Neurolo-gen und Speziellen Schmerztherapeuten Prof. Dr. X., des Orthopäden Dr. M. und der Anästhesiologin Dr. W. sowie eines orthopädischen Gutachtens des Dr. E. und eines nervenärztlichen Gutachtens des Dr. E., nebst ergänzender Stellungnahmen.
10Am 14.06.2016 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden.
11Die Klägerin hat, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, beantragt,
12den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 23.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.2015 zu verurteilen, einen GdB von 50 bei der Klägerin festzustellen sowie seine Hinzuziehung im Vorverfahren für erforderlich zu erklären
13Der Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- Widerspruchsverfahren und nimmt insbesondere Bezug auf die Ausführungen des Gutachters Dr. E ...
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die beigezo-gene Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen, de-ren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
17Entscheidungsgründe:
18Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist durch die angefochtenen Be-scheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Ihr steht derzeit kein höherer GdB als 40 zu.
19Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
20Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche Aufgabe (BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
21Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versor-gungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wech-selseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Ur-teil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32). Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Methoden, insbesondere eine Ad-dition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurtei-lung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträch-tigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behin-derung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderungen kumulativ nebeneinander vor-liegen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung zu schließen. Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswir-kungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungs-medizinischen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versor-gungsmedizinische Grundsätze).
22Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen Grundsät-zen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätz-lich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuwei-sen (vgl. BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R = juris Rn. 14; Bayerisches LSG Urteil vom 18.06.2013 – L 15 BL 6/10 = juris Rn. 67 ff.; Bayerisches LSG Urteil vom 05.02.2013 – L 15 SB 23/10= juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrschein-lichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünfti-ger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R = juris Rn. 11), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92 = juris Rn. 14). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen.
23Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die bei der Klä-gerin vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht die Feststellung eines GdB von mehr als 40 rechtfertigen. Die Klägerin leidet zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung unter
241. Funktionsstörungen des linken Kniegelenks 2. Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule 3. Funktionseinschränkung der linken Schulter 4. Funktionseinschränkung beider Hände 5. einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichte Episode 6. einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Fakto-ren 7. Genmutation der Prothrombins mit der Notwendigkeit einer gerinnungshem-menden Medikation 8. Funktionseinschränkungen der Verdauungsorgane 9. Funktionseinschränkungen von Herz und Kreislauf
25Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte, sowie der Gutachten des Dr. E. und des Dr. E. fest. Die Feststellungen beruhen auf umfangreichen Untersuchungen eines erfahrenen Orthopäden sowie Neurologen und Psychiaters, die unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der in dem Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Die Betei-ligten haben auch keine substantiierten Einwände gegen die medizinischen Feststel-lungen erhoben. Lediglich die sozialmedizinische Bewertung ist bis zuletzt umstritten geblieben. Soweit die Klägerin ausgeführt hat, das Gutachten des Dr. E. sei hinsicht-lich der Durchführung der Elektroneurographie nicht lege artis erstellt worden, teilt die Kammer die Auffassung nicht. Die Klägerin hatte offenbar bei der Untersuchung den Eindruck gewonnen, diese sei so lange und so intensiv gemacht worden, bis ein "wunschgemäßes" Ergebnis erzielt worden sei. Der Kammervorsitzende hatte bereits schriftsätzlich darauf hingewiesen, dass ihm nicht klar sei, was ein "wunschgemäßes" Ergebnis sein solle. Auch die Kammer teilt die Auffassung, dass das Gutachten des Dr. E. zutreffend erstellt wurde und sich um höchstmögliche Objektivität bemüht. Die vom Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme beschriebene Durchführung der Elektroneurographie ist nach Auffassung der Kammer lege artis gewesen und die hierdurch gewonnenen Erkenntnisse sind vollumfänglich verwertbar. Soweit die Klä-gerin hier einen anderen Eindruck gewonnen haben sollte, mag dies daran liegen, dass sie – trotz medizinischer Vorbildung als Krankenschwester – offensichtlich mit dem Prozedere der Messung weder vertraut war noch dieses zutreffend einschätzen konnte.
26Für das Funktionssystem der unteren Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.14 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 30 in Ansatz zu bringen. Nach den Feststellungen des Gutachters Dr. E. zeigte sich im linken Knie ein unüberwind-bares Streckdefizit von 20° bei maximaler Beugefähigkeit von 100°, wobei die maxi-malen Bewegungsausschläge als schmerzhaft angegeben wurden. Das rechte Knie-gelenk war weitgehend altersentsprechend normgerecht. Betrachtet man die Vorga-ben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze so sind einseitige Bewegungsein-schränkungen im Knie (0°/10°/90°) mit 20 und (0°/30°/90°) mit 30 zu bewerten. Diese Werte machen deutlich, dass die reinen Bewegungseinschränkungen hier mit einem GdB von 20 zu bewerten wären. Gemäß Teil A Ziffer 2 lit. i) berücksichtigen die in den GdB-Tabellen niedergelegten Werte bereits die üblichen seelischen Begleiterscheinungen. Gemäß Teil 18.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze sind außergewöhnliche Schmerzen ggf. zusätzlich zu bewerten. Auf Grundlage der durchgeführten Ermittlungen steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass "außergewöhnliche" Schmerzen bei der Klägerin vor dem Hintergrund der nachgewiesenen Behandlungsintervalle und der verordneten Schmerzmedikation nicht zu berücksichtigen sind. Es ist aber – dies steht aufgrund der eingeholten Befundberichte der Anästhesiologin der Klägerin und des Gutachters Dr. E. für die Kammer fest – das Vorliegen einer chronischen Schmerzstörung bei der Klägerin zu beurteilen. Die Klägerin empfindet tatsächlich vorhandene körperliche Störungen im Rahmen einer depressiven bzw. ängstlichen "Fehlverarbeitung" subjektiv stärker, als dies aufgrund der objektivierbaren Befunde zu erwarten wäre. Berücksichtigt man dies mit, so kann – in Übereinstimmung mit den beiden Gutachtern Dr. E. und Dr. E. ein GdB von 30 in Ansatz gebracht werden, wenngleich dies nach Auffassung der Kammer durchaus wohlwollend erscheint. Weitere Beeinträchtigungen im Bereich der unteren Extremitäten, die einen höheren GdB zu rechtfertigen geeignet wären sind nicht objektiviert.
27Für das Funktionssystem der Wirbelsäule ist gemäß Teil B Ziffer 18.9 der Versor-gungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen. Dr. E. beschreibt bei der Oberkörpervorneigung einen Finger-Boden-Abstand von 15 cm. Die Oberkörperrückneigung beschreibt der Gutachter mit 0°/10° und damit als gering endgradig eingeschränkt, die Oberkörperseitneigung war rechts/links jeweils soweit möglich, dass die Fingerspitzen 5 cm oberhalb der Kniegalten positioniert wa-ren. Das Schober’sche Zeichen wurde mit 9/10/15 cm bestimmt. Die maximalen Be-wegungsausschläge wurden nicht als schmerzhaft beschrieben. Die Brustwirbelsäule war im Sitzen fast bis zur Lotrechten aufzurichten und deutlich nach vorne zu runden. Das Ott’sche Zeichen war mit 30/33 cm zu bestimmen (vgl. zu den Werten nach Schober und Ott, Wülker (Hrsg.), Orthopädie und Unfallchirurgie, 2. Aufl. 2010, S. 224). Im Bereich der Halswirbelsäule war das Drehen mit 70°/0°/70° und das Neigen mit 30°/0°/30° möglich, wobei die maximalen Bewegungsausschläge als schmerzhaft angegeben wurden. Es zeigte sich hiernach eine leichte Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule. Hinsichtlich der Lenden- und Brustwirbelsäule fanden sich keine entscheidenden Beeinträchtigungen (vgl. zu den Bewegungsaus-maßen der Wirbelsäule allgemein Grifka/Krämer, Orthopädische Unfallchirurgie, 9. Aufl. 2013, S. 157 f.; Thomann/Schröter/Grosser, Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung, 2009, S. 17). Bei leichten Beeinträchtigungen in einem Wirbelsäulenabschnitt ist ein höherer GdB nicht zu rechtfertigen.
28Für die oberen Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.13. der Versorgungsmedizini-schen Grundsätze ein GdB von ebenfalls 10 in Ansatz zu bringen. Die Klägerin klagt über Beeinträchtigungen insbesondere im Bereich der Schultern. Die Klägerin konnte Schürzen- und Nackengriff bis zur gegenüberliegenden Fingerspitzenberührung zei-gen, wobei links die endgradigen Bewegungsausschläge als schmerzhaft angegeben wurden. Die Überprüfung der Beweglichkeit der Schultergelenke nach Neutral-Null ergab für den rechten Arm bei der Ab-/Adduktion 130°/0°/20° und für den linken Arm 110°/0°/20°. Die Bewegung rückwärts/vorwärts wurde rechts mit 30°/0°/160° und links mit 30°/0°/150° (vgl. zur normgerechten Beweglichkeit des Schultergelenks, Buckup/Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S 95). Unter Berücksichtigung der letztlich nur geringgradigen Bewegungsminderung auch des linken Schultergelenks – ein GdB von 20 kommt insoweit erst bei einer ein-geschränkten Armhebung bis 90° in Betracht – ist für die Schultern ein GdB von höchstens 10 in Ansatz zu bringen. Die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke zeigte sich altersentsprechend normgerecht (vgl. dazu Neurath/Lohse, Anamnese und klini-sche Untersuchung, 3. Aufl. 2010, S 322 ff.). Im Bereich beider Hände war eine un-vollständige Streckfähigkeit des V. Fingers (Minderung um 10°) festzustellen. Vor dem Hintergrund, dass der Faustschluss indes komplett war und die Übungen "Kla-vierspielen", Einschrauben einer Glühbirne" sowie der Pinzettengriff vollständig ge-zeigt werden konnten, kommt eine Erhöhung des GdB hier nicht in Betracht.
29Für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche ist insgesamt ein GdB von 30 in Ansatz zu bringen, der soeben erreicht wird. Nach den Feststellungen des Gutach-ters Dr. E. leidet die Klägerin unter einer rezidivierenden depressiven Störung, wobei derzeit eine leichte Episode feststellbar war (ICD 10 F 33.0 G). Die Klägerin war zeit-lich, örtlich, zur Person und zur Situation ausreichend orientiert, Hinweise auf eine Störung der Wahrnehmung oder der Aufmerksamkeit fanden sich nicht, der Gedan-kengang war formal geordnet und inhaltlich unauffällig. Es zeigten sich weder Stö-rungen in der Konzentrationsfähigkeit noch in Bezug auf Merkfähigkeit und Gedächt-nis. Anhaltspunkte für eine depressive Symptomatik gaben indes ein vermindertes psychomotorisches Ausdrucksverhalten und die deprimierte, traurige, lustlose Grundstimmung der Klägerin, die Aspekte von Interessenlosigkeit aufwies. Es war auch die emotionale Ausdrucks- und Schwingungsfähigkeit leicht eingeengt mit be-stehenden Insuffizienzgefühlen und Gefühlen von Wertlosigkeit. Phobische Ängste, Zwangsgedanken und Misstrauen fanden sich nicht; der Antrieb war arm. Ausgehend von diesem klinischen Bild wirken auch die Ergebnisse der testpsychologischen Un-tersuchungen stimmig, wobei insoweit Diskrepanzen in der Fremdbeurteilung (Mont-gomery-Asberg-Depressionsskala: leichte Depressivität) und der Selbstbeurteilung (Beck-Depressions-Inventar: deutliche Depressivität) auffielen. Unter Berücksichti-gung der klinischen Feststellungen sowie dem von der Klägerin beschriebenen Akti-vitäts- und Funktionsniveau ist nach Auffassung der Kammer – mit dem erfahrenen Gutachter – von einer derzeit eher leichteren depressiven Phase auszugehen. Eine zielgerichtete pharmakologische Behandlung findet ebensowenig statt wie eine leitli-niengerechte Psychotherapie oder psychiatrische Behandlung.
30Bei einer Depression handelt es sich nach allgemeiner psychiatrischer Nomenklatur – worauf Dr. E. zutreffend hinweist - um eine affektive Störung (vgl. etwa Nedopil/Müller, Forensische Psychiatrie, 4. Aufl. 2012, S. 193 ff.; Schneider/Weber-Papen, Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in 5 Tagen, 2010, S. 116 ff.). Diese sind terminologisch auch von dem Begriff der "affektiven Psychosen" um-fasst, den Teil B Ziffer 3.6 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze benennt. Bei der Klägerin ist hier ein Bewertungsspielraum von 30 bis 50 eröffnet. Unter Berück-sichtigung der (fehlenden) leitliniengerechten Behandlung und der Tatsache, dass die Klägerin in der Lage war und ist, sich selbst zu versorgen, Einschränkungen in der Körperpflege, Kleidung, und der Sorge für Ernährung und Gesundheit nicht vor-handen sind, sie mit anderen Personen zielgerichtet kommunizieren und soziale Be-ziehungen aufbauen und unterhalten kann, ihren Tag strukturieren und weitgehend entsprechend handeln kann ist – auch wenn die Kammer nicht verkennt, dass hier gewisse Einschränkungen bestehen – hier davon auszugehen, dass der Bewer-tungsspielraum nur soeben eröffnet ist. Stationäre oder teilstationäre Behandlungen waren nicht erforderlich. In diesem Zusammenhang mitberücksichtigt sind auch die Beeinträchtigungen durch die bei der Klägerin bestehenden chronische Schmerzstö-rung mit somatischen und psychischen Faktoren besteht (ICD 10 F 45.41 G). Eine Höherbewertung der psychischen Beeinträchtigungen bei der Klägerin kommt vor dem Hintergrund der sich aus den Gutachten ergebenden Sozial- und Aktivitätsni-veau und der durchgeführten Behandlungen und Medikation nicht in Betracht.
31Bei der Klägerin ist zudem eine Thrombophilie aufgrund einer heterozygoten Prothrombin-G20120A-Mutation (D68.5 G) festgestellt. Aufgrund dieser Genmutation ist das Thromboserisiko bei der Klägerin maßgeblich erhöht (vgl. dazu etwa Pötzsch/Madlener, Gerinnungskonsil, 2002, S. 105 f – auch zur Prävalenz; Diener, Schlaganfall, 2004, S. 270; Schaaf/Zschoke, Basiswissen Humangenetik, 2. Aufl. 2013, S. 219). Bei der Klägerin ist es in der Vergangenheit auch bereits zu entspre-chenden Thrombosen mit anschließender Lungenembolie (2003) gekommen. Sie nimmt als Blutverdünner Marcumar®. Die Überwachung der Blutgerinnung ("sog. INR - International Normalized Ratio) übernimmt die Klägerin in Eigenregie unter Zu-hilfenahme des CoaguCheck®. Gemäß Teil B Ziffer 16 richtet sich die Höhe des GdB bei Krankheiten des Blutes nach der Schwere der hämatologischen Veränderungen, den Organfunktionsstörungen, nach dem Rückwirkungen auf andere Organe, nach den Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und der Häufigkeit von Infektionen. Nach Einschätzung der Kammer kommt es bei der Thrombophilie – wie allgemein im Rahmen des Schwerbehindertenrechts – vor allem auf die Auswirkungen der erhöh-ten Thromboseneigung bzw. der gerinnungshemmenden Therapie an. Daneben mö-gen auch die Verortung und etwaigen Auswirkungen bereits eingetretener Thrombo-sen eine Rolle spielen. Ein Vergleich mit den Vorgaben bei einer essentiellen Thrombozythämie nach Teil B Ziffer 16.5.6. welche ebenfalls das Thromboserisiko steigert, macht deutlich, dass die bloße Behandlungsbedürftigkeit (in jenem Fall frei-lich nicht mit Antikoagulantien sondern mit Thrombozytenaggregationshemmern) für sich lediglich einen GdB von 10 rechtfertigt. Auch aus Teil B Ziffer 16.10 der Versor-gungsmedizinischen Grundsätze ergibt sich, dass die Behandlung mit Antikoagulantien bereits bei der Grunderkrankung (wie etwa auch der Thrombophilie) berücksichtigt ist. Im vorliegenden Fall sind aber mit Ausnahme der notwendigen Kontrolle und den der ggf. im Alltag erforderlichen Sorgfalt im Hinblick auf die Anti-koagulationstherapie für die Kammer besondere Beeinträchtigungen aufgrund der vorliegenden Befunde, Gutachten und anamnestischen Angaben der Klägerin nicht erkennbar. Nach Auffassung der Kammer mag insoweit weiterhin ein GdB von 20 in Ansatz gebracht werden, der indes nur soeben erreicht wird (vgl. zur Frage des GdB bei Thrombophilie auch LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 26.03.2016 – L 7 SB 4/09 = juris - heterozygoter Homocysteingenmutationsdefekt).
32Für das Funktionssystem der Verdauungsorgane ist die bei der Klägerin bestehende chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse (chronische Pankreatitis) zu be-rücksichtigen. Da bei der Klägerin eine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernäh-rungszustandes bislang nicht objektiviert ist, kommt – auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin eine Therapie mit Pankreatin (Kreon®) durchführt - gemäß Teil B Ziffer 10.3.6 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von mehr als 10 keinesfalls in Betracht. Für das Funktionssystem Herz und Kreislauf ist gemäß Teil B Ziffer 9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein eigenständiger GdB nicht gerechtfertigt. Die hier insoweit bestehenden Restbeeinträchtigungen sind bereits bei der Bewertung des Funktionssystems Blut zutreffend berücksichtigt wor-den.
33Wesentliche weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die einen GdB bedingen könnten sind nicht objektiviert.
34Vor diesem Hintergrund ist bei der Klägerin gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbin-dung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein Gesamt-GdB von 40 zu bilden.
35§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchti-gungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigun-gen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammen-schau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-gutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Be-weiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrach-tungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 - L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich ver-stärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
36Im Vordergrund stehen vorliegend die Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit den schmerzhaften Einschränkungen der Funktionsfähigkeit der unteren Extremitä-ten der Klägerin. Diese bedingen - wie oben ausgeführt - einen GdB von 30, wobei bereits darauf hingewiesen wurde, dass dieser GdB letztlich nur vor dem Hintergrund der zusätzlich zu bewertenden chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren überhaupt in Betracht kommt. Erhöhend wirken sich in diesem Zusammenhang noch die psychischen Beeinträchtigungen im Sinne der rezidivieren-den depressiven Erkrankung aus. Auch hier ist freilich zu berücksichtigen, dass er-hebliche Überschneidungen zu dem erhöhten Schmerzerleben bestehen, welches bereits mit in dem GdB von 30 für die unteren Extremitäten mit berücksichtigt worden sind. Hier erscheint ein GdB von 40 nach Auffassung der Kammer insgesamt als nur soeben erreicht ist. Auch wenn man nun den GdB für die Thrombophilie mit (soeben) 20 in Ansatz bringt, so kommt nach Auffassung der Kammer ein GdB von mehr als 40 vorliegend derzeit nicht in Betracht.
37Die Feststellung eines GdB von 50 scheidet nach obigen Ausführungen aus. Die ob-jektivierten Beeinträchtigungen der Klägerin lassen sich nicht gemäß Teil A Nr. 3 lit. b) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze mit einem einzelnen Gesundheits-schaden vergleichen, für den die Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen fes-ten GdB-Wert von 50 angeben (vgl. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 - L 13 SB 127/11 = juris Rn. 49 ff. unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG und den hierzu vertretenen Meinungsstand in der Literatur). Insbesondere lassen sich Beeinträchtigungen vergleichbar einer Versteifung großer Teile der Wirbelsäule, anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthesen die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst, schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb), oder aber einer Versteifung des Hüftgelenks in ungünstiger Stellung oder dem Verlust eines Beins im Unterschenkel bei dem Kläger nicht feststellen. Auch ist keine Vergleichbarkeit mit den Fallgruppen mittelgradiger Auswirkungen einer rheumatoiden Arthritis gegeben.
38Die begehrte Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft kommt damit derzeit nicht in Betracht.
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(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
- a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung, - b)
eine Kriegsgefangenschaft, - c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, - d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, - e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, - f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.
(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.
(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.
(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.
(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.
(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.
(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.
(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.