Sozialgericht Aachen Urteil, 27. Okt. 2015 - S 12 SB 272/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
3Der am 00.00.0000 geborene Kläger stellte am 21.10.2014 einen Antrag auf Fest-stellung eines GdB beim Beklagten. Im Rahmen der Antragstellung gab er an, er lei-de unter einem Diabetes mellitus Typ I. Die Nachtruhe sei eingeschränkt, da er aus Angst vor schweren Unterzuckerungen während des Schlafes, seinen Blutzucker auch sehr spät noch messen müsse. Mahlzeiten könne er nicht genießen, da es in erster Linie darum gehe, die Blutzuckerwerte auf einem guten Niveau zu halten, um keine Folgeerkrankungen wie Blindheit oder Amputationen zu riskieren. Aus Angst vor den erwähnten Folgeerkrankungen durch schlechte Blutzuckerwerte müsse er häufig messen (vier- bis sechsmal an "normalen" Tagen und bis zu zehnmal an "ext-remeren" Tagen, z.B. beim Sport). Sportliche Aktivitäten ließen sich nur schwer be-wältigen und erforderten häufigeres Blutzuckermessen und gegebenenfalls Mahlzei-ten, die ungeplant seien sowie häufigere Ruhezeiten. Bei der Ausübung von Mann-schafts-/Teamsportarten sei er daher eingeschränkt. Ausflüge und Urlaubsreisen seien aufwändig zu planen. Er müsse die Insulinmenge beachten und "Reserve-Insulin" mitführen. Bei längeren Reisen, z.B. mit dem Flugzeug, gebe es Probleme bei den Kontrollen, insbesondere bezüglich der Nadeln und Messstreifen sowie dem Insulin. Er müsse sich auch stets gegenüber Menschen, die es an sich nichts angehe rechtfertigen bzw. erklären. Darüber hinaus müsse immer Notfall-Traubenzucker mit-führen und die Menschen unterrichten, dass sie ihm bei Unterzuckerung helfen, auch wenn es im ersten Moment so scheine, als ob man betrunken sei (Zittern, unver-ständliches Sprechen, etc.). Im Beruf seien die Blutzuckermessungen und Insulinga-ben bei Tisch nicht angebracht, was dazu führe, dass er auf der Toilette (wie ein Süchtiger) seine Messung und Injektion vornehmen müsse. Konferenzen müssten unterbrochen werden, wenn es Zeit für die Messung/Injektion sei. Er leide unter Missempfindung in den Extremitäten, speziell wenn der Blutzuckerspiegel nicht gut sei. Auch sein Sexualleben sei grob eingeschränkt, da insbesondere hier der Blutzu-ckerwert schwanke und gegebenenfalls wieder Messungen erforderlich seien. Mit anderen Worten drehe sich die Bewältigung des "normalen" Alltags nur noch um gute Blutzuckerwerte. Er könne die Liste der Beeinträchtigungen noch fortführen. Er gab gegenüber dem Beklagten an, er spritze Humalog® und Lantus®, Letzteres nach einem festen Plan, im Übrigen in Abhängigkeit von den Blutzuckerwertmessungen und Aktivitäten. Darüber hinaus legte der Kläger dem Beklagten ein Blutzuckertage-buch für Oktober 2014 vor.
4Der Beklagte holte einen Befundbericht des Augenarztes Dr. L. und Allgemeinmedi-ziners und Diabetologen Dr. E. ein und wertete diese durch seinen ärztlichen Dienst aus. Dieser kam zu der Einschätzung, die beim Kläger bestehende insulinpflichtige Zuckerkrankheit bedinge einen GdB von 40.
5Mit Bescheid vom 18.12.2014 stellte der Beklagte beim Kläger ab dem 21.10.2014 einen GdB von 40 fest.
6Unter dem 20.12.2014 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, bei ihm sei entsprechend der geltenden Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 50 in Ansatz zu bringen. Der therapeutische Aufwand, um seinen Blutzuckerspiegel stabil und im "Normbereich" zu halten bedeute für ihn eine extreme Behinderung. Die Angst vor Folgeschäden sei sein täglicher Begleiter, zumal sein familiärer Hintergrund gezeigt habe, was schlechte Blutzuckerwerte auslösen. So sei beispielsweise sein Vater im Alter von 60 Jahren an den Folgen eines Diabetes verstorben. Seine Niere sei stark angegriffen gewesen und habe entfernt werden müssen, er habe ein Hörgerät tragen müssen und die Sehkraft habe noch ca. 30 % betragen. Empfindungsstörungen in Extremitäten, wenn der Blutzucker-spiegel nicht gut sei, lösten bei ihm regelmäßig leichte Panik vor eintretenden Folge-schäden aus. Vor diesem Hintergrund messe er sehr häufig, was auch schon die Empfindlichkeit seiner Fingerkuppen beeinträchtigt habe. Auch müsse er besonders auf Verletzungen seiner Füße achten, um Schädigungen von Nerven und Gefäßen frühzeitig zu erkennen. Dies alles habe eine ständige Selbstkontrolle zur Folge. Im Alltag beschäftige er sich fast ausschließlich mit dem Erreichen guter Blutzuckerwer-te. Bei Nahrungsmitteln bevorzuge er bekannte Lebensmittel und Gerichte. Neue Speisen könne er kaum unbeschwert probieren, was speziell im Urlaub ein großes Problem für ihn darstelle. Es gebe teils Störung der Nachtruhe und Partnerschaft. Sportliche Aktivitäten seien ebenfalls eingeschränkt. Auch die Tatsache, dass Unter-zuckerungen auf die Umgebung "befremdlich" wirkten belaste ihn. Die mit seinem Beruf als Projektleiter verbundene Reisetätigkeit lasse ihn die Beeinträchtigungen besonders spüren. In diesem Zusammenhang verwies er erneut auf die bereits im Antrag dargelegten Probleme. Hinsichtlich der Blutzuckereinstellung sei zu berück-sichtigen, dass es auch immer wieder Hyper- (( 50-60 mg/dl) und Hypoglykämien () 180 mg/dl) gebe.
7Der ärztliche Dienst des Beklagten nahm hierzu Stellung und führte aus, dass beim Kläger nach den vorliegenden Unterlagen viermal am Tag Insulin gespritzt und ent-sprechende Blutzuckerwerte gemessen würden. Entgleisungen im Sinne einer Hypo-glykämie mit erforderlichem Fremdbedarf seien nicht objektiviert, so dass der GdB nach wie vor mit 40 angemessen bewertet sei. Die diabetischen Retinopathie habe zu keiner Sehminderung sei daher nicht erhöhend zu berücksichtigen.
8Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2015 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
9Hiergegen richtet sich die am 31.03.2015 erhobene Klage. Im Rahmen der Klagebe-gründung hat der Kläger im Wesentlichen die bereits im Verwaltungswiderspruchs-verfahren gemachten Ausführungen wiederholt. Darüber hinaus hat er ein Blutzu-ckertagebuch betreffend den Zeitraum von Juli 2014 bis einschließlich März 2015 vorgelegt.
10Das Gericht hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des behandelnden Augenarztes Dr, L. und des Facharztes für Allgemeinmedizin und Diabetologen Dr. E ... Die Beteiligten haben hierzu Stellung genommen. Darüber hin-aus hat das Gericht ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Arbeitsmedizin – Sozialmedizin – Dr. Q. in Auftrag gegeben, welches dieser – nach Untersuchung des Klägers am 07.08.2015 - gegenüber dem Gericht am 13.08.2015 erstattet hat.
11Am 27.10.2015 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, in dessen Rahmen der Kläger erneut auf die bei ihm bestehenden Beeinträchtigungen hinge-wiesen hat.
12Der Kläger beantragt,
13den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18.12.2014 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2015 zu verurteilen, den GdB des Klägers ab 21.10.2014 mit 50 zu bewerten.
14Der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Zur Begründung in der Beklagte im wesentlichen Bezug auf die Stellungnahme des ärztlichen Dienstes sowie die Ausführungen im Gutachten des Herrn Dr. Q ...
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezo-gene Verwaltungsakte Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakte, deren wesentli-cher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genom-men.
18Entscheidungsgründe:
19Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Be-scheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Ihm steht derzeit kein höherer GdB als 40 zu.
20Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
21Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche Aufgabe (BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
22Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versor-gungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wech-selseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Ur-teil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
23Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversor-gungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungs-medizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Me-thoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchti-gungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versor-gungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-grades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderun-gen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Ge-samtausmaßes der Behinderung zu schließen.
24Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizini-schen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze).
25Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen Grundsät-zen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätz-lich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuwei-sen (vgl. BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R = juris Rn. 14; Bayerisches LSG Urteil vom 18.06.2013 – L 15 BL 6/10 = juris Rn. 67 ff.; Bayerisches LSG Urteil vom 05.02.2013 – L 15 SB 23/10= juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrschein-lichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünfti-ger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R = juris Rn. 11), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92 = juris Rn. 14). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen.
26Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die bei dem Klä-ger vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht die Feststellung eines GdB von mehr als 40 rechtfertigen.
27Der Kläger leidet zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Wesentli-chen unter
281. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus (Typ I) 2. Retinopathia diabetica, Z.n. Retinopathia centralis serosa 3. Funktionsstörung der linken oberen Gliedmaße
29Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte, sowie des Gutachten des Dr. Q. fest. Das Gutachten beruht auf um-fangreichen Untersuchungen eines erfahrenen Internisten und Sozialmediziners, die unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der in dem Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Die Beteiligten haben auch keine substantiierten Einwände gegen die medizinischen Feststellungen erhoben. Lediglich die sozialmedizinische Bewertung ist bis zuletzt umstritten geblieben.
30Im Vordergrund steht beim Kläger der insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ I mit gesicherter diabetischer Netzhauterkrankung (Retinopathia diabetica) Gemäß Teil B Ziffer 15.1 Versorgungsmedizinischen Grundsätze in der aktuellen Fassung der Fünf-ten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Versordnung (5. VersMedVÄndV) vom 11.10.2012 (BGBl. I, S. 2122) gilt hinsichtlich der Beurteilung eine Zuckerkrankheit Folgendes:
31Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststel-lung eines GdS rechtfertigt. Der GdS beträgt 0.
32Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 20.
33Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung be-einträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 30 bis 40.
34Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindes-tens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selb-ständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Le-bensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulin-dosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdS beträgt 50
35Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen.
36Schon der Wortlaut der Norm macht deutlich, dass für die Annahme eines GdB von (mindestens) drei Beurteilungskriterien erfüllt sein müssen. Es müssen (1.) täglich mindestens vier Insulininjektionen durchgeführt werden. Es muss darüber hinaus (2.) eine selbständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzu-cker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung erfolgen sowie (3.) eine gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung durch erhebliche Einschnitte vor-liegen. Hierbei ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu berücksich-tigen, dass diese drei Kriterien in einer Gesamtschau die sachgerechte Beurteilung des Gesamtzustands erleichtern sollen (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R = juris Rn. 16 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 34).
37Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger regelmäßig vier Mal am Tag den Blutzuckerspiegel misst und in Abhängigkeit von den hierbei ermittelten Werten sich Humalog® (Wirkstoff: Insulinlispro) spritzt. Darüber hinaus spritzt er sich einmal Lantus® (Wirkstoff: Insulin glargin) in einer festen Dosis von 30 Einheiten. Für die Kammer steht dies fest aufgrund der Angaben des Klägers sowie dem von die-sem eingereichten Blutzuckertagebuch, welches die Zeit vom 09.07.2014 bis zum 29.03.2015, also einen Zeitraum von fast neun Monaten umfasst. Das an wenigen Tagen auch weniger als vier Mal gemessen wurde ist insoweit unerheblich (BSG Ur-teil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 35). Beim Kläger bestehen – auch dies steht zur Überzeugung der Kammer fest – durch die Erkrankung und dem deswegen nachvollziehbar betriebenen Therapieaufwand auch stärkere Teilhabebeeinträchtigungen im Sinne des Teil B Ziffer 15.1, nicht je-doch die für die Annahme eines GdB von 50 erforderlichen, darüber hinausgehenden erheblichen Einschnitten mit gravierenden Beeinträchtigungen der Lebensführung. Letztere sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur unter strengen Voraussetzungen zu bejahen (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R =juris Rn. 21). Die Kammer folgt dieser höchstrichterlichen Auslegung. Für sie spricht in der Tat die Formulierung in der Vorschrift, die eine für einen Normtext seltene Häufung einschränkender Merkmale ("erheblich", "gravierend", "ausgeprägt") enthält. Die mit der vorausgesetzten Insulintherapie zwangsläufig verbundenen Einschnitte sind nicht geeignet sind, eine zusätzliche ("und") gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung hervorzurufen. Berücksichtigungsfähig ist daher nur ein dieses hohe Maß noch übersteigender, besonderer Therapieaufwand. Daneben kann - wie oben ausgeführt - ein unzureichender Therapieerfolg die Annahme einer ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung rechtfertigen. Schließlich sind auch alle anderen durch die K r a n k h e i t s f o l g e n herbeigeführten erheblichen Einschnitte in der Lebensführung zu beachten (BGS Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R =juris Rn. 21). Der Kläger hat gegenüber dem Gutachter angegeben, ab Werten unter 55 mg/dl er-lebe er Sehstörungen und habe Schweißausbrüche. Die Auswertung der vom Kläger vorgelegten Messwerte zeigt, dass es im Laufe von ca. 9 Monaten immer wieder zu Schwankungen im Blutzucker gekommen ist, teilweise im hypo-, teilweise im hyperglykämischen Bereich. Der Gutachter Dr. Q. weist im seinem Gutachten darauf hin, dass in diesem zeitlichen Fenster bei 42 Messungen Werte unter 55 mg/dl (der Gutachter verwendet hier die entsprechende Einheit mg%) zu verzeichnen gewesen seien. Hierbei handelt es sich um Werte, die auch nach Auffassung der Kammer zweifellos in den hypoglykämischen Bereich zu rechnen sind (vgl. zur Schwierigkeit der Bestimmung eines "Grenzwertes" Matthaei/Kellerer [Hrsg.], Evidenzbasierte Leit-linie zur Therapie des Typ-1-Diabetes, 2011, S. 63; Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 86, wonach der von der American Diabetes Association in Vorschlag gebrachte Wert von 70 mg/dl eher zu hoch gegriffen sein dürfte; Ballteshofer/Claussen/Häring/et. al., Endokrinologie und Diabetes, 2009, S 154 [(50 mg/dl]; Götsch [Hrsg.], Allgemeine und spezielle Krankheitslehre, 2. Aufl. 2011, S. 360 [(40 mg/dl]; allgemein zur Hypoglykämie vgl. Siegenthaler/Blum [Hrsg.], Klinische Pathophysiologie, 9. Aufl. 2006, S. 95). Aller-dings ist zu berücksichtigen, dass offenbar jedes Mal durch Gabe von Trau-benzucker (so der Kläger gegenüber dem Gutachter) oder sonstigen Maßnahmen wesentliche Auswirkungen der Unterzuckerung vermieden werden konnten. Es sind bislang – dies ergibt sich auch aus dem Befundbericht des behandelnden Diabetologen Dr. E. keine akut notwendigen Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte schwere Hypoglykämien oder gar ein hypoglykämischer Schock objektiviert. Dass – wie der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung angemerkt hat – gerade in Unterzuckerungssituationen die Messung dem Stadium der stärksten Unterzucke-rung nachfolgt, da zunächst Gegenmaßnahmen eingeleitet und dann gemessen wird, ist für die Kammer durchaus nachvollziehbar. Objektivierte Anhaltspunkte, ob und wie häufig solche Situationen waren, sind indes nicht gegeben. Darüber hinaus bleibt es im Übrigen bei der bereits getätigten Feststellung, dass der Kläger die Situationen offensichtlich ohne – jedenfalls ärztliche – Hilfe wieder in den Griff bekommen hat.
38Ausweislich des dem Gutachter vorgelegten Blutzuckerpass betrug der HbA1c am 10.07.2014 5,8%, am 13.01.2015 5,6%, am 16.04.2015 6,3% und am 04.08.2015 5,4%. Dieser Wert ermittelt den Anteil des glykierten Hämoglobins in den Erythrozy-ten und stellt derzeit das wichtigste Maß für die Qualitätsbeurteilung der Blutzucker-einstellung der jeweils letzten zwei Monate dar (Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 9 f.; Hä-ring/Gallwitz/Wieland/Usadel/Mehnert, Diabetologie in Klinik und Praxis, 6. Aufl. 2011, S. 107 f.) Der beim Kläger ermittelte Wert ist nach Auffassung des Gutachters, der sich die Kammer anschließt, in einem sehr guten Bereich (vgl. dazu Matthaei/Kellerer [Hrsg.], Evidenzbasierte Leitlinie zur Therapie des Typ-1-Diabetes, 2011, S. 16 f.; Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 10). Unter Berücksichtigung der Werte der konkreten Blutzuckermes-sungen und den ermittelten HbA1c -Werten steht – auf Grundlage des Gutachtens des Dr. Q. – zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger über den zweifellos die Lebensführung einschränkenden Therapieaufwand hinaus, nicht noch zusätzlich durch eine schlechte Einstellungsqualität in seiner Leistungsfähigkeit und damit in seiner Teilhabefähigkeit am Leben in der Gesellschaft erheblich beeinträchtigt ist. Der Kläger arbeitet in einer verantwortungsvollen Position als Projektmanager und ist in diesem Zusammenhang auch häufiger dienstlich auf Reisen. Wie bereits oben dargelegt sind bislang keine schweren hypoglykämischen Entgleisungen mit erforder-licher Fremdhilfe objektiviert. Es ist bislang auch nicht zu Zeiten von Arbeitsunfähig-keit aufgrund der Erkrankung gekommen. Mit Ausnahme einer diabetischen Retino-pathie, die indes auf die Sehkraft des Klägers bislang keine Auswirkungen hat – was für die Kammer insbesondere auf Grund des eingeholten Befundberichts des behan-delnden Augenarztes feststeht – sind Folgeschäden an anderen Organen bislang nicht objektiviert (zur Prävalenz der diabetischen Retinopathie bei Typ I Diabetikern, vgl. Siegenthaler/Blum [Hrsg.], Klinische Pathophysiologie, 9. Aufl. 2006, S. 98). Die Kammer teilt die Auffassung des behandelnden Augenarztes, dass aus ophthalmolo-gischer Sicht kein GdB zu berücksichtigen ist. Soweit der Kläger gelegentliches Krib-beln und Taubheit von den Knöcheln bis zu den Zehen berichtet hat, lassen sich pa-thologische Befunde nicht sichern. Anzeichen für eine diabetische Polyneuropathie finden sich weder im Befundbericht des behandelnden Diabetologen noch im Gut-achten des Dr. Q ... Dr. Dieck bescheinigt, der Bereich der Füße sei ohne Befund auch die Temperaturempfindung sei nicht gestört. Der Test nach Rydel-Seiffer ergab normgerechte Ergebnisse (vgl. zu diesem Test Haak/Pallizsch, Diabetologie für die Praxis, 2012, S. 201 f.). Dr. Q. beschreibt, dass der Patella- und Achillessehnen-reflex seitengleich auslösbar war. Auch ansonsten waren keine pathologischen Re-flexe zu finden. Eine Störung der Oberflächensensibilität an den unteren Extremitä-ten fand sich ebenfalls nicht. Das Kalt-Warm-Empfinden war intakt, spitz und stumpf konnten unterschieden werden. Vor dem Hintergrund eines unauffälligen Urinstatus und normalen Kreatininwerten fand Dr. Q. auch keinen Anhalt für das Vorliegen einer relevanten diabetischen Nephropathie.
39Die Kammer verkennt nicht, dass dies alles zweifellos der besonders guten Umset-zung einer krankheitsbedingt erforderlichen Therapie mit den damit verbundenen Restriktionen und Besonderheiten geschuldet ist. Soweit der Kläger insbesondere bei (privaten oder dienstlich veranlassten) Reisen oder bei gesellschaftlichen bzw. dienstlichen Zusammenkünften Einschränkungen geschildert hat, sind diese letztlich allein Folge der Notwendigkeit zur Insulingabe und sind für den Kläger einschränkend und belastend, stellen nach Auffassung der Kammer indes keine gravierenden Einschnitte im Sinne der oben dargestellten restriktiven bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung dar.
40Der Kläger ist in seiner Mobilität nicht eingeschränkt. Er unternimmt umfangreiche Dienstreisen, fährt gelegentlich Mountainbike und geht stramm spazieren. Diese Ak-tivitäten sind, dies verkennt die Kammer nicht, zwar mit einem erhöhten planerischen Aufwand verbunden, letztlich indes – wenngleich unter erschwerten Bedingungen, etwa weiterer Blutzuckermessungen - nicht ausgeschlossen. Der Umstand, dass der Kläger ggf. intensiven Sport nicht mehr ausüben kann, lässt nach Auffassung der Kammer keinen Rückschluss auf "gravierende" Teilhabeeinschränkungen zu (so zu-treffend auch LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 27.08.2014 – L 7 SB 23/13 = juris Rn. 38). Auch der Umstand, dass die Insulindosis auf die Mahlzeiten (und alle übrigen Betätigungen) abgestimmt werden muss, ist Teil der Therapie. Soweit der Kläger angibt, er könne nicht so ohne Weiteres im Restaurant essen, so trifft das insoweit zu, als die Zuckerwerte dann zu kontrollieren und einzustellen sind. Krankheitsbedingt ausgeschlossen ist dies nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung der durchgeführten Beweisaufnahme nicht. Soweit der Kläger geltend macht, es sei ihm unangenehm, seine Erkrankung gegen-über anderen zu offenbaren, ist nach Auffassung der Kammer darauf zu verweisen, dass jeder, der an Diabetes mellitus erkrankt ist und auf die Einnahme von Insulin angewiesen ist, vor dem Problem steht, auf mit der Krankheit unvertraute Mitmen-schen zu treffen. Die damit verbundene psychische Belastung ist in der Höhe des GdB bereits berücksichtigt (so zutreffend LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 14.10.2014 – L 7 SB 35/12 = juris Rn. 37). Soweit der Kläger sich darauf beruft aufgrund der Erfahrungen im engsten Familienkreis, besondere Angst vor den Folgen der Zuckerkrankheit zu haben, so ist dies zweifellos eine Motivation für die strikte – und offensichtlich von Erfolg gekrönte – Einhaltung der Therapie. Eine erhöhende Berücksichtigung kommt nach Auffassung der Kammer indes nicht in Betracht, da ein insoweit bestehender Krankheitswert bislang nicht im Ansatz objektiviert ist. Die Tatsache, dass eine – vom Kläger aus naheliegenden Gründen nicht in Betracht gezogene – Vernachlässigung des konsequenten Therapieverhaltens und der strik-ten Lebensführung zu einer schlechteren Stoffwechsellage, mit der Folge eines ggf. höheren GdB, führen würde, begründet keinen Anspruch auf einen höheren GdB des Klägers (vgl. BSG Urteil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 48).
41Für das Funktionssystem der oberen Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.13 der Versorgungsmedizinische Grundsätze nach Auffassung der Kammer derzeit ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen.
42Die gutachterliche Untersuchung der Schultergelenke durch Dr. Q. ergab eine links eine stärker eingeschränkte Ante-/Retroversion von 90°/0°/20° bei einer mäßiggradigen Einschränkung der Abduktion/Adduktion links 120/0°/20°. Rechts wa-ren die nach der Neutral-Null-Methode ermittelten Bewegungsausmaße 160°/0°/30° (Ante-/Retroversion) und 170°/0°/20° (Abduktion/Adduktion) weitgehend normgerecht (vgl. zur normgerechten Beweglichkeit des Schultergelenks, Buckup/Buckup, Klini-sche Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S 95). Hintergrund dieser Einschränkung ist nach den Feststellungen des Gutachters Dr. Q., die beim Kläger nach einer Clavikulafraktur (Bruch des Schlüsselbeins) im Februar 2015 ein-gesetzte Platte. Die Operation war zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. Q. bereits ca. sechs Monate her und es fand sich – trotz einer Einschränkung der Beweglichkeit links in der Bewegungsebene ventral/dorsal auf derzeit noch 90° be-steht – in der seitlichen Bewegungsebene eine Beweglichkeit von bis zu 120°, was nach Auffassung der Kammer hier in der Gesamtschau keinen GdB von 20 gerechtfertigt erscheinen lässt. Darüber hinaus nach Einschätzung des Gutachters nach Entfernung der Platte mit einer weiteren Besserung der Beweglichkeit zu rechnen (vgl. zur Prognose der Ausheilung einer Schlüsselbeinfraktur, Müller-Mai/Ekkernkamp, Frakturen, 2010, S. 912).
43Die im ophthalmologischen Bereich bestehenden Beeinträchtigungen im Sinne der Retinopathien wurden bereits in der Bewertung des GdB mit berücksichtigt. Augen-ärztlich bedingt dies – die Kammer schließt sich insoweit der Einschätzung des be-handelnden Augenarztes und des Dr. Preim an – keinen eigenständigen GdB.
44Wesentliche weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die einen GdB bedingen könnten sind nicht objektiviert.
45Vor diesem Hintergrund ist bei dem Kläger § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein Gesamt-GdB von 40 zu bil-den.
46§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchti-gungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigun-gen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammen-schau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-gutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Be-weiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrach-tungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich ver-stärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
47Absolut im Vordergrund stehen beim Kläger die Beeinträchtigungen im Zusammen-hang mit dem Diabetes des Klägers. Diese bedingen – wie oben ausführlich darge-legt – einen GdB von 40. Die daneben bestehende Bewegungseinschränkung der linken Schulter ist mit einem GdB von 10 nicht geeignet, den GdB zu erhöhen. Selbst wenn man – für den Kläger wohlwollend – den GdB insoweit mit 20 bewerten wollte, so wäre dieser Wert zweifellos, im Hinblick auf die Beweglichkeit des Armes seit-wärts, nur soeben erreicht und ebenfalls nicht geeignet, den GdB auf mehr als 40 zu erhöhen.
48Die begehrte Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft kommt damit derzeit nicht in Betracht.
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(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
- a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung, - b)
eine Kriegsgefangenschaft, - c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, - d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, - e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, - f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.
(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.
(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.
(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.
(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.
(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.
(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.
(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.