Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 15. Dez. 2011 - 3 W 144/11
Gericht
Tenor
Der Beschluss der Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht - Registergericht - … vom 15. November 2011 wird aufgehoben und das Registergericht angewiesen, über den Eintragungsantrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu befinden.
Gründe
I.
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Die betroffene Gesellschaft hielt am 22. Juni 2011 unter Verzicht auf alle Formen und Fristen vor dem beurkundenden Notar eine Gesellschafterversammlung ab, an der die - bis dahin einzigen - beiden Gesellschafter, die H… AG und die I… AG, beide mit Sitz in Zug/Schweiz, vertreten waren. Mit Beschlüssen unter Nrn. 1 und 2 dieser beiden Gesellschafter wurde der Geschäftsanteil der H… AG aufgeteilt und der Übertragung und Abtretung eines hierbei gebildeten Anteils über nominal 20.000 € an Herrn M… F… gemäß § 4 der Satzung zugestimmt. Hintergrund dieses Beschlusses war ein Kauf- und Abtretungsvertrag über diesen Geschäftsanteil, der ausweislich einer notariellen, qualifizierten Gesellschafterliste nach § 40 Abs. 2 GmbHG am 21. Juni 2011 geschlossen worden war. Weiter beschlossen die Gesellschafter in der Versammlung vom 22. Juni 2011 unter Nrn. 3. und 4., den bisherigen Geschäftsführer abzuberufen, ihm Entlastung zu erteilen und den Beteiligten mit sofortiger Wirkung zum neuen Geschäftsführer zu bestellen.
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Die Rechtspflegerin bei dem Registergericht hat die über den beurkundenden Notar vorgenommene Anmeldung auf Eintragung der Änderung der Geschäftsführung zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung hierüber Herr M… F… bereits Gesellschafter gewesen sei. Da aber die Gesellschafterversammlung unter Verzicht auf alle Formen und Fristen abgehalten worden sei, habe es nach § 51 GmbHG zur Wirksamkeit der Beschlussfassung der Anwesenheit sämtlicher Gesellschafter bedurft.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
II.
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Die nach §§ 382 Abs. 4, 58 Abs. 1 FamFG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde ist begründet.
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Das Registergericht hat die Anmeldung der Änderung der Geschäftsführung zu Unrecht zurückgewiesen. Zwar hat es zutreffend festgestellt, dass Herr M… F… zum Zeitpunkt der Beschlussfassungen über die Änderung der Geschäftsführung bereits - materiellrechtlich - Gesellschafter der GmbH war; jedenfalls ist hiervon nach dem Inhalt der aktuellen notariellen qualifizierten Gesellschafterliste auszugehen. Gleichwohl war seine Anwesenheit bei der Gesellschafterversammlung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zur Wirksamkeit der dort im Übrigen gefassten Beschlüsse nicht erforderlich. Nach dieser durch das MoMiG (BGBl 2008, 2026) geänderten Bestimmung gilt im Verhältnis zur Gesellschaft im Falle einer Veränderung in den Personen der Gesellschaft als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Die sich hieraus verfahrensrechtlich ergebenden Konsequenzen gelten für alle mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten, insbesondere auch für die Rechte des neuen Gesellschafters, an der Willensbildung der Gesellschaft mitzuwirken. Dies führt dazu, dass vor der Aufnahme eines neu eingetretenen Gesellschafters in die Gesellschafterliste dieser Neugesellschafter nicht einmal zur Gesellschafterversammlung geladen werden muss, wenn er z.B. während des Laufs der Einladungsfrist der Gesellschaft beitritt und die Einladung bereits ausgesprochen ist. Zweck dieser Gesetzlichen Regelung ist nämlich gerade eine administrative Vereinfachung dahingehend, dass zusammen mit der Beurkundung der Anteilsübertragung bereits weitere Beschlüsse gefasst werden können (Wolff, BB 2010, 454, 460).
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Im hier zu entscheidenden Fall waren zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 22. Juni 2011 in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste nur die H… AG und die I… AG mit ihren jeweiligen Geschäftsanteilen eingetragen, nicht aber der Neugesellschafter. Die Tatsache, dass der nicht eingetragene Neugesellschafter bei der Gesellschafterversammlung nicht anwesend war, schadet daher der Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse nicht.
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Annotations
(1) Die Geschäftsführer haben unverzüglich nach Wirksamwerden jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung eine von ihnen unterschriebene oder mit ihrer qualifizierten elektronischen Signatur versehene Liste der Gesellschafter zum Handelsregister einzureichen, aus welcher Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort derselben sowie die Nennbeträge und die laufenden Nummern der von einem jeden derselben übernommenen Geschäftsanteile sowie die durch den jeweiligen Nennbetrag eines Geschäftsanteils vermittelte jeweilige prozentuale Beteiligung am Stammkapital zu entnehmen sind. Ist ein Gesellschafter selbst eine Gesellschaft, so sind bei eingetragenen Gesellschaften in die Liste deren Firma, Satzungssitz, zuständiges Register und Registernummer aufzunehmen, bei nicht eingetragenen Gesellschaften deren jeweilige Gesellschafter unter einer zusammenfassenden Bezeichnung mit Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort. Hält ein Gesellschafter mehr als einen Geschäftsanteil, ist in der Liste der Gesellschafter zudem der Gesamtumfang der Beteiligung am Stammkapital als Prozentsatz gesondert anzugeben. Die Änderung der Liste durch die Geschäftsführer erfolgt auf Mitteilung und Nachweis.
(2) Hat ein Notar an Veränderungen nach Absatz 1 Satz 1 mitgewirkt, hat er unverzüglich nach deren Wirksamwerden ohne Rücksicht auf etwaige später eintretende Unwirksamkeitsgründe die Liste anstelle der Geschäftsführer zu unterschreiben oder mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen, zum Handelsregister einzureichen und eine Abschrift der geänderten Liste an die Gesellschaft zu übermitteln. Die Liste muss mit der Bescheinigung des Notars versehen sein, dass die geänderten Eintragungen den Veränderungen entsprechen, an denen er mitgewirkt hat, und die übrigen Eintragungen mit dem Inhalt der zuletzt im Handelsregister aufgenommenen Liste übereinstimmen.
(3) Geschäftsführer, welche die ihnen nach Absatz 1 obliegende Pflicht verletzen, haften denjenigen, deren Beteiligung sich geändert hat, und den Gläubigern der Gesellschaft für den daraus entstandenen Schaden als Gesamtschuldner.
(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Bestimmungen über die Ausgestaltung der Gesellschafterliste zu treffen.
(5) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass bestimmte in der Liste der Gesellschafter enthaltene Angaben in strukturierter maschinenlesbarer Form an das Handelsregister zu übermitteln sind, soweit nicht durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nach § 387 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Vorschriften erlassen werden. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(1) Die Berufung der Versammlung erfolgt durch Einladung der Gesellschafter mittels eingeschriebener Briefe. Sie ist mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken.
(2) Der Zweck der Versammlung soll jederzeit bei der Berufung angekündigt werden.
(3) Ist die Versammlung nicht ordnungsmäßig berufen, so können Beschlüsse nur gefaßt werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend sind.
(4) Das gleiche gilt in bezug auf Beschlüsse über Gegenstände, welche nicht wenigstens drei Tage vor der Versammlung in der für die Berufung vorgeschriebenen Weise angekündigt worden sind.
(1) Das Registergericht gibt einem Eintragungsantrag durch die Eintragung in das Register statt. Die Eintragung wird mit ihrem Vollzug im Register wirksam.
(2) Die Eintragung soll den Tag, an welchem sie vollzogen worden ist, angeben; sie ist mit der Unterschrift oder der elektronischen Signatur des zuständigen Richters oder Beamten zu versehen.
(3) Die einen Eintragungsantrag ablehnende Entscheidung ergeht durch Beschluss.
(4) Ist eine Anmeldung zur Eintragung in die in § 374 genannten Register unvollständig oder steht der Eintragung ein anderes durch den Antragsteller behebbares Hindernis entgegen, hat das Registergericht dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Beseitigung des Hindernisses zu bestimmen. Die Entscheidung ist mit der Beschwerde anfechtbar.
(1) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist. Eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung gilt als von Anfang an wirksam, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird.
(2) Für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber gemäß Absatz 1 Satz 1 im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, haftet der Erwerber neben dem Veräußerer.
(3) Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss nicht glaubhaft gemacht werden.