Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Dez. 2014 - 3 M 497/14

ECLI: ECLI:DE:OVGST:2014:1218.3M497.14.0A
published on 18/12/2014 00:00
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Dez. 2014 - 3 M 497/14
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Gericht

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Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

2

Zu Unrecht geht das Verwaltungsgericht davon aus, die Antragsgegnerin habe die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht gemäß den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Diesen Anforderungen genügt jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 02.09.2014 - 2 M 41/14 -, juris m. w. N.).

3

Die Antragsgegnerin hat zur Begründung des Sofortvollzuges ausgeführt, dass aufgrund des bisherigen Verhaltens der Antragstellerin zu vermuten sei, dass dem Befahren des R-Sees mit verbrennungsmotorbetriebenen Wassersportgeräten an Sonn- und Feiertagen absehbar nicht entgegengewirkt werden könne. Allein von einem Jetboot gehe bei seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch (helles intensives Aufheulen des Motors) eine erhebliche Lärmbeeinträchtigung für die Anwohner zur sonn- und feiertäglichen Unzeit aus. Hinzu komme, dass vorliegend zum wiederholten Male jeweils mehrere Jetboote gleichzeitig in der Art spontaner Wettkämpfe zur Nutzung gekommen seien. Dies sei hinsichtlich der Lärmbeeinträchtigung nicht hinnehmbar. Zudem finde in einschlägigen Internetforen die Bereitschaft des Eigentümers, den R-See gegen ein Entgelt entsprechend nutzen zu dürfen, bereits „überregionale örtliche Verbreitung“. Einer solchen Verfestigung und latenten Ausweitung der Nutzungs- und Lärmintensität unter dem Mantel der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels könne effektiv nur durch Sofortvollzugsanordnung begegnet werden.

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Diese Überlegungen sind für das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ausreichend. Welche gewichtigen Individualinteressen demgegenüber zugunsten der Antragstellerin durchschlagen sollen, hat diese nicht hinreichend konkret dargelegt. Dass die Einschätzung der Antragsgegnerin maßgeblich aus der vorherigen Begründung für die zu vollziehende Maßnahme selbst hergeleitet wird, liegt im Gefahrenabwehrrecht in der Natur der Sache und begegnet im Hinblick auf das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO keinen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Begründung der Vollzugsanordnung (vgl. zu den typischen Interessenlagen im Gefahrenabwehrrecht: OVG Münster, Beschl. v. 05.01.2012 - 4 B 1250/11 -, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 20.09.2011 - 10 S 625/11 -, juris).

5

Im Rahmen des Verfahrens gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist eine regelmäßig an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientierte Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts verschont zu bleiben, mit dem öffentlichen Vollzugsinteresse vorzunehmen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand erweist sich die Erfolgsaussicht des Widerspruchs der Antragstellerin als offen, weil auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens fraglich ist, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein behördliches Einschreiten gemäß § 13 SOG LSA erfüllt sind. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit bzw. Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin vom 25. Juli 2014 ist indes ebenso wenig feststellbar.

6

Gemäß § 13 SOG LSA kann die Sicherheitsbehörde die erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren. Eine Gefahr ist nach § 3 Nr. 3 Buchst. a SOG LSA eine konkrete Gefahr, das heißt eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit eintreten wird. Die vor Schaden zu bewahrende öffentliche Sicherheit umfasst nach § 3 Nr. 1 SOG LSA die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie des Bestandes, der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt.

7

Die polizeiliche Generalklausel des § 13 SOG LSA kann jedoch nur zur Anwendung gelangen, wenn nicht spezialgesetzliche Regelungen dieser Vorschrift vorgehen. Die Antragsgegnerin hat mit der Antragserwiderung selbst ausgeführt, dass es sich bei der Wasserfläche des R-Sees, welche zumindest zeitweilig mit einem Bojenkurs versehen ist und von den Wassermotorrädern i. S. v. § 1 Nr. 3 der Verordnung über das Fahren mit Wassermotorrädern auf den Binnenschifffahrtsstraßen vom 31. Mai 1995 (Wassermotorräder-Verordnung, BGBl I S. 769, zuletzt geändert durch Verordnung v. 16.12.2011, BGBl. 2012 I S. 2) befahren wird, nach ihrer Auffassung um eine Motorsportanlage i. S. d. der Ziffer 10.17.2 des 1. Anhangs zur 4. BImSchV handelt, welche gemäß § 4 BImSchG vor Aufnahme des Betriebes einer Genehmigung bedarf. Wird eine solche Anlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben, soll die zuständige Immissionsschutzbehörde gemäß § 20 Abs. 2 BImSchG die Stilllegung bzw. Beseitigung der Anlage anordnen. Gemäß Ziffer 9 der Anlage 2 der Verordnung über die Regelung von Zuständigkeiten im Immissionsschutz-, Gewerbe- und Arbeitsschutzrecht sowie in anderen Rechtsgebieten vom 14. Juni 1994 (ZustVO GewAIR, GVBl. LSA, S. 636, zuletzt geändert durch § 17 Absatz 6 des Gesetzes vom 07.08.2014 GVBl. LSA S. 386, 389) sind bei Anordnungen hinsichtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz nicht die örtlichen Ordnungsbehörden, sondern die Landkreise sowie das Landesverwaltungsamt bzw. Landesamt für Geologie und Bergwesen zuständig. Ungeachtet der Frage der behördlichen Zuständigkeit steht nach der nur gebotenen summarischen Prüfung nicht zweifelsfrei fest, ob es sich bei der mit einem Bojenkurs versehenen Wasserfläche auf dem R-See um eine Renn- oder Teststrecke i. S. d. der Ziffer 10.17 des 1. Anhangs zur 4. BImSchV als ständige Anlage (Ziffer 10.17.1) oder - hier nur einschlägig - zur Übung oder Ausübung des Motorsports an fünf Tagen oder mehr je Jahr (Ziffer 10.17.2) handelt. Unter „Motorsport“ i. S. d. Vorschrift versteht man die Sportarten, bei denen sich der Sportler mit Hilfe eines verbrennungsmotorbetriebenen Gerätes fortbewegt, worunter auch die Wassermotorräder (Kleinfahrzeuge, die als Personal Water Craft wie „Wasserbob“, „Wasserscooter“, „Jetbike“ oder „Jetski“ bezeichnet werden, vgl. § 1 Nr. 3 Wassermotorradverordnung) fallen. Ferner muss es sich um die Übung bzw. Ausübung von Sport, d. h. auch Freizeitsport, nicht hingegen um Freizeitvergnügen, handeln, wobei von dem herkömmlichen, eher weit zu fassenden Begriff des Sports auszugehen ist. Dieser ist gekennzeichnet durch einen gewissen körperlichen oder geistigen Einsatz, Anstrengung und dergleichen. Nicht erforderlich ist die wettkampfmäßige Ausübung, d. h. ein Kräftemessen mit Dritten (vgl. Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, Anhang 1 zur 4. BImSchV zu Nummer 10 Rdnr. 6). Mangels hinreichender Feststellungen insbesondere zur Art der Nutzung des Sees durch die Jetskifahrer kann nicht abschließend beurteilt werden, ob es sich um eine Anlage zur Ausübung des Motorsports handelt.

8

Es lässt sich andererseits auch nicht eindeutig feststellen, ob es sich - wie die Antragstellerin meint - bei der streitgegenständlichen Seefläche um eine Anlage i. S. d. Sportanlagenlärmschutzverordnung (Achtzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - 18. BImSchV -, v. 18.07.1991, BGBl. I S. 1588, zuletzt geändert durch Verordnung v. 09.02.2006, BGBl. I S. 324) handelt. Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 der 18. BImSchV sind Sportanlagen ortsfeste Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG, die zur Sportausübung bestimmt sind. Damit wird zwar die Notwendigkeit der Zweckbestimmung der Anlage für den Sport hervorgehoben, der immissionsschutzrechtliche Sportbegriff jedoch nicht definiert. Insbesondere gibt § 1 Abs. 2 der 18. BImSchV nichts dafür her, dass er sämtliche Erscheinungsformen körperlich-spielerischer Aktivität vom kindlichen Spielen bis zum berufsmäßig betriebenen Leistungssport erfasst. Die Beschreibung des Anwendungsbereichs der Verordnung sowie die in ihrem § 3 der 18. BImSchV vorgesehenen Maßnahmen lassen erkennen, dass sich der Verordnungsgeber am Leitbild einer Sportanlage orientiert hat, die dem Vereinssport, Schulsport oder vergleichbar organisiertem Freizeitsport dient. Anlass für den Erlass der Verordnung war nicht in erster Linie die Absicht, organisierten Wettkampfsport, sondern den von der Bevölkerung ausgeübten Breitensport zu privilegieren. Der Verordnungsgeber ging davon aus, dass „Kinderspielplätze und freizeitsportliche Aktivitäten auf Sportgelegenheiten wie Wegen, Plätzen, Spielstraßen und Freiflächen ... nicht erfasst“ werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2003 - 7 B 88.02 -, juris unter Hinweis auf BR-Drs. 17/91 S. 35 f.). Zur Sportausübung bestimmt ist eine Anlage, wenn sie primär, d.h. von ihrem Hauptzweck her der Durchführung von Wettkampfsport und/oder der körperlichen Ertüchtigung dienen soll. Daher gilt die Verordnung nicht für so genannte „Sportgelegenheiten”. Hierunter versteht man Flächen, die nicht primär sportlichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, die jedoch eine sportliche Nutzung zulassen. Hierzu zählen (Spiel-)Straßen, Plätze, Parkanlagen, sonstige freie Flächen (Parkplätze), auf denen Sport ausgeübt werden kann (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 27.09.2004 - 3 S 1719/03 -, juris; Ketteler, NVwZ 2002, 1070, 1072). Gemessen an diesen Maßstäben ist fraglich, ob es sich bei dem R-See, welcher nach den vorliegenden Akten bis auf den Bojenkurs keine weiteren besonderen Einrichtungen für das Befahren der Wasserfläche mit Wassermotorrädern aufweist, um eine zur Sportausübung bestimmte Anlage i. S. d. § 1 der 18. BimSchV handelt.

9

Wenn die hier streitgegenständliche Seefläche nicht als Sportanlage im Sinne der 18. BImSchV angesehen werden kann, kann derzeit gleichfalls nicht abschließend beurteilt werden, ob die Zumutbarkeit der hier in Rede stehenden, von Wassermotorrädern ausgehenden Lärmimmissionen abschließend anhand von verbindlichen Grenz- oder Richtwerten anderer lärmtechnischer Regelwerke wie der TA Lärm (6. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz - Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, vom 26.08.1998, GMBl. S. 503) oder der Freizeitlärm-Richtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) in der 1995 verabschiedeten Fassung (abgedruckt in NVwZ 1997, 469) beurteilt werden kann. Gemäß Ziffer 1 Buchst. a) und b) TA Lärm ist diese weder auf Sportanlagen, die der 18. BImSchV unterliegen, noch auf sonstige nicht genehmigungsbedürftige Freizeitanlagen anwendbar. Zwar sind gemäß Nr. 1 der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie Freizeitanlagen Anlagen, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden, was für eine Anwendung auch für die hier streitige Seefläche sprechen könnte. Die in Nr. 1 der Freizeitlärm-Richtlinie aufgeführten Regelbeispiele für ihre Anwendbarkeit zeigen jedoch, dass die Richtlinie in erster Linie größere Freizeitanlagen mit technischen Einrichtungen und einem entsprechenden Störungspotential im Blick hat (z. B. Freilichtbühnen, Freizeitparks, Vergnügungsparks, Abenteuer-Spielplätze, Erlebnisbäder), was ihre Anwendung auf die hier streitgegenständliche Seefläche als fraglich erscheinen lässt. Insgesamt unterliegen (allgemeine) Freizeitanlagen einer (wesentlich) strengeren Beurteilung als Sportanlagen, da die 18. BImSchV den Sport - angesichts seiner gesellschaftlichen Bedeutung - gegenüber sonstigen Freizeitaktivitäten privilegiert (vgl. zu unterschiedlichen Maßstäben der 18. BImSchV und der Freizeitlärm-Richtlinie: Numberger, NVwZ 2002, 1064). Eine hinreichend valide Beurteilung der Einwirkungen der von den Wassermotorrädern ausgehenden Lärmemissionen auf das sich in einer Entfernung von ca. 200 Meter an das südliche Ufer des R-Sees anschließende Wohngebiet des Ortsteiles G. ist zudem nicht möglich, weil seitens der Antragsgegnerin zwar einzelne Messungen der Lärmemissionen durchgeführt worden sind, ein umfassendes schalltechnisches Gutachten jedoch bisher nicht vorliegt.

10

Einen Anhaltspunkt für die Zumutbarkeit der von Wassermotorrädern ausgehenden Lärmemissionen kann allerdings auch die auf einer Verwaltungsvorschrift des Bundesverkehrsministeriums beruhenden Verwaltungspraxis der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen bei der Festlegung von geeigneten Wasserflächen auf Bundeswasserstraßen für den Betrieb von Wassermotorrädern bieten, wonach der Mindestabstand zwischen einer Strecke für den Betrieb von Wassermotorrädern und von Wohnbebauung 600 Meter betragen soll(veröffentlicht unter: www.wsa-trier.de/schifffahrt/freizeitschifffahrt/wasserski/pdf/Wassermotorraederverordnung-2005.pdf).

11

Nach den vorliegenden Unterlagen lässt sich allerdings nicht ernsthaft bestreiten, dass vom Betrieb der Wassermotorräder auf dem R-See erhebliche Lärmemissionen ausgehen, welche auf die südlich des Sees vorhandene Wohnbebauung einwirkt. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lässt nicht feststellen, dass es in der Vergangenheit nur vereinzelte Beschwerden von Anwohnern gegeben hat. Nach den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen hat es insbesondere seit Frühjahr und Sommer 2014 wiederholt - auch an Sonn- und Feiertagen - Beschwerden von Anwohnern des an den See grenzenden Ortsteiles G. gegeben, die dann zur Gründung einer Bürgerinitiative geführt haben („Bürger wehren sich gegen Jetski-Lärm“, Mitteldeutsche Zeitung vom 6. Juni 2014). Bei den Verfahrensakten befindet sich eine Sammelpetition von 111 (der 1238) Einwohner des Ortsteiles G., welche sich gegen die von den Wassermotorrädern ausgehenden Lärmemissionen wenden. Als besonders störend werden offensichtlich die ausgeprägten Frequenz- und Schallpegelveränderungen empfunden, die durch den ständigen Wechsel von Beschleunigung (Aufheulen der Motoren) und Abbremsen der Wasserfahrzeuge auf der Seefläche hervorgerufen werden. Sie sind von der Antragsgegnerin substantiiert geschildert worden. Derartige auffällige und sich über einen längeren Zeitraum erstreckende ausgeprägte Schwankungen der Frequenz und des Schallpegels wirken regelmäßig im Sinne einer Beeinträchtigung des psychischen Wohlbefindens (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 23.04.2002 - 10 S 1502/01 -, juris, zu Emissionen einer Kartbahn).

12

Geht man mithin vorliegend davon aus, dass die vom Grundstück der Antragstellerin ausgehenden Lärmemissionen im Hinblick auf eine jedenfalls an Sonn- und Feiertagen nicht zumutbare Lärmbelastung für die in der Nähe des R-Sees lebende Wohnbevölkerung und daher eine Gefahr i. S. d. § 3 SOG LSA darstellt, kann die Antragstellerin nach der nur gebotenen summarischen Prüfung ermessenfehlerfrei als Zustandsverantwortliche i. S. d. § 8 Abs. 1 SOG LSA herangezogen werden. Die durch § 8 Abs. 1 SOG LSA (bzw. den darin zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsatz) begründete Zustandsverantwortlichkeit des jeweiligen Eigentümers bezieht sich auf die Sache oder Sachgesamtheit. Der Verantwortliche haftet, wenn eine von ihm beherrschte Sache in einen polizei- oder ordnungswidrigen Zustand gerät. Unter einem solchen Zustand ist einmal die Beschaffenheit der Sache selbst zu verstehen; zum anderen ist damit auch ihre Lage im Raum gemeint. Die Verantwortlichkeit des Grundstückseigentümers beruht auf der besonderen Verbindung mit dem „Gefahrenherd“, die demjenigen, der über die Sache verfügen kann, die Möglichkeit der Einwirkung darauf gibt. Da die Ordnungspflicht des Zustandsstörers allein an die Möglichkeit der Einwirkung auf den Gefahrenherd anknüpft, ist grundsätzlich unerheblich, auf welche Weise sich eine Störung realisiert. Insbesondere kommt es nicht darauf an, dass den Verantwortlichen ein Verschulden trifft; der Eigentümer kann als Zustandsstörer auch dann in Anspruch genommen werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - Handlungen Dritter (Fahrer von Wassermotorrädern) hinzutreten oder hinzutreten müssen, solange nicht etwa ein Dritter allein mit Hilfe der Sache bzw. durch ihre Benutzung die öffentliche Sicherheit oder Ordnung stört oder gefährdet (z.B. Eindringen Dritter in ein gegen unbefugtes Betreten ausreichend gesichertes baufälliges Gebäude, vgl. Denninger in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5 Aufl. Rdnr. D 108). Für ein solches - die Zustandsverantwortlichkeit der Antragstellerin ausschließendes - Handeln Dritter gibt es indes keine Anhaltspunkte. Nach den insofern nicht näher von der Antragstellerin bestrittenen Ermittlungen der Antragsgegnerin und den von der Antragsgegnerin vorgelegten Auszügen aus Internetforen nutzen die Besitzer von Wassermotorrädern die Seefläche nicht gegen den ausdrücklich geäußerten Willen der Antragstellerin; vielmehr erfolgt diese Nutzung (gegen Zahlung eines Entgeltes) mit ihrem Einverständnis, zumindest aber unter Duldung durch einen Organwalter (Geschäftsführer) der Antragstellerin. Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass ihr seitens der Antragsgegnerin aufgeben worden sei, die in ihrem Eigentum stehenden Ufergrundstücke für die Öffentlichkeit zugänglich zu halten, zeigt sie nicht auf, dass sie hierdurch der durch den streitgegenständlichen Bescheid auferlegten Verpflichtung nicht nachkommen könnte. Die Antragstellerin wird mit dem streitgegenständlichen Bescheid lediglich verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass an Sonn- und Feiertagen der in ihrem Eigentum stehende See nicht mehr mit Wassermotorrädern befahren wird.

13

Lässt sich - wie hier - im summarischen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht mit hinreichender Gewissheit feststellen, ob sich die streitige Verfügung voraussichtlich als rechtmäßig oder als rechtswidrig erweisen wird, ist eine Interessenabwägung unabhängig von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache vorzunehmen.

14

Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und dem privaten Interesse der Antragstellerin ergibt, dass das öffentliche Interesse am Schutz der Sonntag- und Feiertagsruhe für die Anwohner des südlich des R-Sees belegenen Ortsteiles G. dem privaten Interesse der Antragstellerin an einer sachlich und zeitlich uneingeschränkten Ausübung und wirtschaftlichen Nutzung ihres Eigentumsrechtes an dem streitgegenständlichen Grundstücken überwiegt.

15

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass - abhängig vom Wochentag der beweglichen Feiertage - die Nutzung des R-Sees (durch Fahrer von Wassermotorrädern) an ca. 305 von 365 Tagen im Jahr auch nach Erlass der streitgegenständlichen Verfügung weiterhin uneingeschränkt möglich ist.

16

Soweit sich die Antragstellerin hinsichtlich ihres privaten Interesses auf Art. 14 GG beruft, ist festzustellen, dass sich aus dem aus dem Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie kein Recht auf bestmögliche Nutzung des Eigentums ableiten lässt. Eine Minderung der Wirtschaftlichkeit ist grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie eine Verschlechterung der Verwertungsaussichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, juris, Rdnr. 402 m. w. N.).

17

Dem privaten Interesse der Antragstellerin an einer ganzjährigen und uneingeschränkten Nutzungsmöglichkeit des streitgegenständlichen Seegrundstückes stehen im konkreten Fall überwiegende, ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestaltete öffentliche Interessen und grundrechtlich geschützte Interessen Dritter gegenüber.

18

Der Schutz der Sonntag- und Feiertage hat Verfassungsrang (Art. 140 GG i. V. m. mit Art. 139 WRV). Diese Regelungen enthalten den Grundsatz, dass der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung geschützt sind. Der durch die Art. 140 GG i. V. m. 139 WRV verfassungsgesetzlich gewährleistete Schutz der Sonntag- und Feiertage begrenzt das verfassungsgesetzlich gewährleistete Maß der Eigentumsnutzung und der beruflichen Betätigung (Art. 12, 14 GG) auf das mit der Zweckbestimmung des Sonntags noch vereinbare Maß (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.04.1988 - 1 C 50.86 -, juris). Der Schutz des Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV ist nicht auf einen religiösen oder weltanschaulichen Sinngehalt der Sonn- und Feiertage beschränkt. Umfasst ist zwar die Möglichkeit der Religionsausübung an Sonn- und Feiertagen. Die Regelung zielt in der säkularisierten Gesellschafts- und Staatsordnung aber auch auf die Verfolgung profaner Ziele wie die der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung. An den Sonn- und Feiertagen soll grundsätzlich die Geschäftstätigkeit in Form der Erwerbsarbeit, insbesondere der Verrichtung abhängiger Arbeit, ruhen, damit der Einzelne diese Tage allein oder in Gemeinschaft mit anderen ungehindert von werktäglichen Verpflichtungen und Beanspruchungen nutzen kann. Von Bedeutung ist auch die Möglichkeit zur zeitlichen Verzahnung des sozialen Lebens der Bürger und insbesondere zur gemeinsamen Freizeit und gemeinsamen Gestaltung des Familienlebens. Besonders wichtig ist, dass die Bürger sich an Sonn- und Feiertagen von der beruflichen Tätigkeit erholen und das tun können, was sie je individuell für die Verwirklichung ihrer persönlichen Ziele und als Ausgleich für den Alltag als wichtig ansehen. Die von Art. 139 WRV ebenfalls erfasste seelische Erhebung soll allen Menschen unbeschadet einer religiösen Bindung zuteil werden können (vgl. BVerfG, Urt. v. 09.06.2004 - 1 BvR 636/02 -, juris).

19

Im Weiteren schützt das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG den Einzelnen nicht nur als subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe. Es beinhaltet auch die staatliche Pflicht, sich schützend und fördernd vor die in ihm genannten Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit zu stellen und sie vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist selbst bei einer engen Auslegung des Begriffs der „körperlichen Unversehrtheit“ festzustellen, dass sich die staatliche Schutzpflicht im Hinblick auf Lärmemissionen nicht schon mit der Begründung verneinen lässt, dass etwa der durch den Betrieb von Verkehrsflughäfen entstehende Fluglärm keinerlei somatische Folgen haben könne, sondern sich in einer Beeinträchtigung des psychischen und sozialen Wohlbefindens erschöpfe. Denn zumindest in Gestalt von Schlafstörungen lassen sich Einwirkungen auf die körperliche Unversehrtheit schwerlich bestreiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.07.2009 - 1 BvR 1606/08 -, juris).

20

Ferner sind auch die Interessen der Eigentümer der (selbstgenutzten) Grundstücke im Ortsteil G. an einer möglichst lärmfreien Nutzung auch der Außenwohnbereiche der Wohngrundstücke an Sonn- und Feiertagen im konkreten Fall als überwiegend gegenüber dem privaten Interesse der Antragstellerin anzusehen. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund der oben geschilderten besonderen von Wassermotorrädern ausgehenden und als in hohem Maße belästigend empfundenen Lärmcharakteristik. Zudem sind Geräuschimmissionen der Nachbarschaft nicht immer schon dann zumutbar, wenn die Nachbarn in ihrer Wohnung über eine Schlafmöglichkeit auf der von der Lärmquelle abgewandten Hausseite oder über Schallschutzfenster verfügen. Denn eine schädliche Umwelteinwirkung i. S. d. § 3 Abs. 1 BImSchG liegt nicht nur dann vor, wenn die körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt ist, sondern schon bei Verursachung erheblicher Belästigungen oder erheblicher Nachteile (vgl. z. B. BVerwG, Urt. v. 29.04.1988 - 7 C 33.87 -, juris). Nicht nur die ungestörte Nachtruhe, sondern auch eine ungestörte Nutzung aller baurechtlich genehmigten Wohnräume, die insbesondere im Sommer auch bei geöffneten Fenstern stattfinden kann, sowie eines ggf. vorhandenen Außenwohnbereichs (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.04.1991 - 7 C 12.90 -, juris) sind grundsätzlich von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt.

21

Unter diesen Umständen sind die für die sofortige Vollziehbarkeit sprechenden öffentlichen und privaten Belange von höherem Gewicht als die dagegen sprechenden Interessen der Antragstellerin.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert war für das Beschwerdeverfahren nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG auf den hälftigen Auffangstreitwert in Höhe von 2.500,- € festzusetzen.

23

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 02/09/2014 00:00

Gründe I. 1 Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen einen Bescheid des Antragsgegners, mit dem dieser eine der Antragstellerin erteilte Baugenehmigung teilweise zurückgenommen hat.
published on 27/09/2004 00:00

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2002 - 7 K 1903/01 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbes
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published on 24/09/2018 00:00

Gründe 1 I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle - 1. Kammer - vom 7. März 2018 hat keinen Erfolg. 2 1. Die von der Beklagten geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Kommt der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage einer Auflage, einer vollziehbaren nachträglichen Anordnung oder einer abschließend bestimmten Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 7 nicht nach und betreffen die Auflage, die Anordnung oder die Pflicht die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage, so kann die zuständige Behörde den Betrieb ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Auflage, der Anordnung oder der Pflichten aus der Rechtsverordnung nach § 7 untersagen. Die zuständige Behörde hat den Betrieb ganz oder teilweise nach Satz 1 zu untersagen, wenn ein Verstoß gegen die Auflage, Anordnung oder Pflicht eine unmittelbare Gefährdung der menschlichen Gesundheit verursacht oder eine unmittelbare erhebliche Gefährdung der Umwelt darstellt.

(1a) Die zuständige Behörde hat die Inbetriebnahme oder Weiterführung einer genehmigungsbedürftigen Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist und gewerblichen Zwecken dient oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung findet, ganz oder teilweise zu untersagen, solange und soweit die von dem Betreiber getroffenen Maßnahmen zur Verhütung schwerer Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU oder zur Begrenzung der Auswirkungen derartiger Unfälle eindeutig unzureichend sind. Bei der Entscheidung über eine Untersagung berücksichtigt die zuständige Behörde auch schwerwiegende Unterlassungen in Bezug auf erforderliche Folgemaßnahmen, die in einem Überwachungsbericht nach § 16 Absatz 2 Nummer 1 der Störfall-Verordnung festgelegt worden sind. Die zuständige Behörde kann die Inbetriebnahme oder Weiterführung einer Anlage im Sinne des Satzes 1 ganz oder teilweise untersagen, wenn der Betreiber die in einer zur Umsetzung der Richtlinie 2012/18/EU erlassenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Mitteilungen, Berichte oder sonstigen Informationen nicht fristgerecht übermittelt.

(2) Die zuständige Behörde soll anordnen, dass eine Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, stillzulegen oder zu beseitigen ist. Sie hat die Beseitigung anzuordnen, wenn die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht auf andere Weise ausreichend geschützt werden kann.

(3) Die zuständige Behörde kann den weiteren Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage durch den Betreiber oder einen mit der Leitung des Betriebs Beauftragten untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit dieser Personen in Bezug auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen dartun, und die Untersagung zum Wohl der Allgemeinheit geboten ist. Dem Betreiber der Anlage kann auf Antrag die Erlaubnis erteilt werden, die Anlage durch eine Person betreiben zu lassen, die die Gewähr für den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage bietet. Die Erlaubnis kann mit Auflagen verbunden werden.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.