Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 23. Juli 2014 - 3 L 243/13
Gericht
Gründe
I.
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Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die von ihm am 14. März 2012 geschriebene Klausur „Anatomische Propädeutik und anatomisch-propädeutische Seminare“ als bestanden zu werten.
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Er studiert seit dem Wintersemester 2010/2011 Humanmedizin an der (…)-Universität zu C-Stadt. Für die Teilnahme am Seminar „Anatomie“ ist eine im Frage-Antwort-Verfahren (multiple-choice) gehaltene Leistungskontrolle vorgeschrieben. Die bei seiner ersten Teilnahme an dieser Klausur „Anatomische Propädeutik und anatomisch-propädeutische Seminare“ am 08. Februar 2011 gefertigte Arbeit wurde als „nicht bestanden“ gewertet. Am 16. März und 20. Juni 2011 wiederholte er die Klausur ohne Erfolg. Bei seinem letzten möglichen Versuch am 14. März 2012 beantwortete der Kläger 20 von 40 Fragen richtig. An dieser Klausur nahmen insgesamt 34 Teilnehmer teil, davon 33 Studenten der Human- und eine Studentin der Zahnmedizin (mit im Ergebnis 21 Punkten). Nur diese und zwei Humanmedizin-Studenten (mit 29 und 24 Punkten) nahmen zum ersten Mal an der Klausur teil. Die beiden Studenten der Humanmedizin waren bei einem ersten Termin entschuldigt nicht angetreten. Ein weiterer Teilnehmer schrieb die Klausur zwar zum ersten Mal (mit 18 Punkten), war aber einem früheren Klausurtermin unentschuldigt ferngeblieben, so dass diese Klausur als „nicht bestanden“ bewertet worden war. Alle übrigen Teilnehmer waren Wiederholungsteilnehmer.
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Gegen die Bewertung seiner Klausur als „nicht bestanden“ erhob der Kläger am 02. April 2012 Widerspruch, da er diese bei Anlegung der „relativen Bestehensgrenze“ des § 5 Abs. 2 LNO bestanden habe. Hierfür genüge die zutreffende Beantwortung von 20 von 40 Fragen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04. April 2012 als unbegründet zurück. Der Kläger habe weniger als 60 % der Fragen zutreffend beantwortet und so die absolute Bestehensgrenze nicht erreicht. Eine relative Bestehensgrenze gebe es für diese Klausur nicht, weil keiner der Teilnehmer diese Klausur zum ersten Mal geschrieben habe. Von 34 Teilnehmern hätten drei zum vierten und 31 zum zweiten Mal an der Klausur teilgenommen. Damit sei eine Referenzgruppe nicht zu bilden. Da der Kläger endgültig nicht bestanden und seinen Prüfungsanspruch bei der Beklagten im Studiengang Medizin verloren habe, sei er zu exmatrikulieren.
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Den hiergegen gerichteten Antrag auf einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz wies das Verwaltungsgericht Halle mit rechtskräftigem Beschluss vom 16. August 2012 zurück (Az. 6 B 143/12 HAL). Der alleinige Einwand der Klägers, die Beklagte habe die relative Bestehensgrenze zu seinem Nachteil unrichtig angewandt, greife nicht durch. Diese sei in § 14 Abs. 6 ÄAppO beschrieben und beziehe sich dort auf die Prüfungsleistungen der Prüflinge, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren beim Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und sechs Jahren beim Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erstmals an der Prüfung teilgenommen hätten. Die Beschränkung auf diese Teilnehmer entspreche dem Zweck der Bestehensgrenze, die Berufsbewerber, die die erforderlichen Qualifikationsmerkmale nicht erfüllten zu erfassen und von dem angestrebten Beruf fernzuhalten. Da die in § 14 Abs. 6 ÄAppO bezeichneten Studenten nach statistischen Erhebungen konstant gute Prüfungsleistungen erbrächten, sei ein Anknüpfen an deren Leistungsspiegel geeignet, um ungeeignete Bewerber zu erkennen. Die hier zu betrachtende Referenzgruppe bestehe aus zwei Studierenden, die Humanmedizin studierten und die Klausur erstmals geschrieben hätten. Weder die Studentin der Zahnmedizin noch der Student der Humanmedizin, der zu seinem ersten Prüfungsversuch unentschuldigt nicht angetreten sei, seien als Mitglieder der Referenzgruppe geeignet. Der Studienaufbau der Zahnmedizin unterscheide sich erheblich von dem der Humanmedizin. Die Klausur des Studenten, der zu seinem ersten Versuch unentschuldigt nicht angetreten sei, sei als Wiederholungsklausur anzusehen. Bei Annahme einer Referenzgruppe aus zwei Mitprüflingen liege der Punktedurchschnitt dieser Gruppe bei 26,5 Punkten, so dass der Kläger mit 20 Punkten 24,5 % darunter liege und so auch die relative Bestehensgrenze von 22 % unter dem Durchschnitt der Referenzgruppe (d. h. 20,67 Punkte) verfehlt habe. Unerheblich sei, dass er tatsächlich 50 % der Fragen zutreffend beantwortet habe.
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Am 11. April 2012 hat der Kläger Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 04. April 2012 erhoben. Die relative Bestehensgrenze liege bezogen auf alle 34 Teilnehmer der Klausur bei 19,13 Punkten, so dass er mit 20 Punkten und 50 % zutreffenden Antworten bestanden habe. Bei den vier Teilnehmern, die entgegen den Angaben der Beklagten die Klausur erstmals geschrieben hätten, liege die relative Bestehensgrenze bei 17,94 Punkten, so dass er auch gemessen an dieser Gruppe die Klausur bestanden habe. Die von der Beklagten angewandte relative Bestehensgrenze sei mit Blick auf § 14 ÄAppO nicht wirksam satzungsmäßig geregelt. § 14 ÄAppO sei auf Leistungsnachweise für scheinpflichtige Unterrichtsveranstaltungen nicht anwendbar, sondern beziehe sich auf „die ärztliche Prüfung“. Hierfür seien die Leistungsnachweise nur Zulassungsvoraussetzung.
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Für die Bewertung der Leistungsnachweise habe die Beklagte gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 ÄAppO eine Studien- oder Leistungsnachweisordnung zu erlassen, die abstrakt-generell zu regeln habe, wie eine regelmäßige und erfolgreiche Teilnahme an den scheinpflichtigen Unterrichtsveranstaltungen festzustellen sei. Eine solche Regelung habe die Beklagte nicht getroffen. Weder die Studienordnung noch die Leistungsnachweisverordnung enthielten eindeutige Vorgaben zur Bewertung der schriftlichen Prüfung im Sinne des § 14 ÄAppO. So sei der Begriff der „durchschnittlichen Leistungen aller Erstteilnehmer der betreffenden Leistungskontrolle“ zu unbestimmt. Es sei schon unklar, wie der Begriff des „Erstteilnehmers“ zu verstehen sei, was die Unklarheit betreffend die Zahnmedizinstudentin oder den als Zweitteilnehmer gewerteten tatsächlichen Erstteilnehmer verdeutliche. Die Studenten der Zahn- wie die der Humanmedizin beantworteten dieselben Fragen, nachdem sie an denselben Lehrveranstaltungen teilgenommen hätten und würden unterschiedslos und nach außen nicht erkennbar getrennt auf den Ergebnislisten der Beklagten geführt. Andere Universitäten hätten hier eindeutige Regelungen. Die Regelungen der Beklagten genügten nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, da sie zu unbestimmt seien. Sie seien keine ausreichende Rechtsgrundlage für die faktische Exmatrikulation, die die Berufswahlfreiheit einschränke.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 04. April 2012 zu verpflichten, die von ihm am 14. März 2012 geschriebene Klausur „Anatomische Propädeutik und anatomisch-propädeutische Seminare“ als bestanden zu bewerten.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Gleitklausel (relative Bestehensgrenze) sei hinreichend klar definiert, komme vorliegend jedoch nicht zur Anwendung. Zwar hätten tatsächlich vier Teilnehmer die Klausur zum ersten Mal geschrieben. Die Zahnmedizinstudentin habe die Klausur aber nur fakultativ mitgeschrieben und sei daher ebensowenig zu werten wie der Prüfling, der zum ersten Prüfungstermin unentschuldigt nicht erschienen war. Nur zwei Erstteilnehmer erfüllten aber nicht die Anforderungen an eine Referenzgruppe. Die Forderung einer auf eine Referenzgruppe bezogenen Bestehensgrenze gehe ins Leere, wenn sich die Zahl der Prüfungsteilnehmer, die sich nach der Mindeststudienzeit erstmals zur Prüfung gemeldet haben, unter 50 % sinke. Bei dieser kleinen Gruppe sei fraglich, ob noch zuverlässige Prüfungsergebnisse möglich seien. Eine so ermittelte relative Bestehensgrenze könne den Prüfungszweck, ungeeignete Studenten aufzuhalten oder auszuschließen, nicht mehr zuverlässig erfüllen. Es bräuchte 79-96 Studenten, um nach statistischen Berechnungen eine verlässliche Aussage über die durchschnittlichen Klausurergebnisse ermitteln zu können. Die Hochschulen seien sich der Problematik, dass in Wiederholungsprüfungen ein „Referenzkollektiv“ schwer zu definieren sei, bewusst. So verlange die Universität Heidelberg für die Anwendung der Gleitklausel in Wiederholungsprüfungen, dass in dieser Prüfung mindestens 20 Erstteilnehmer teilnähmen und 15 % der Prüfungsteilnehmer zu dieser Gruppe gehörten. Seien diese Voraussetzungen nicht gegeben, gelte als relative Bestehensgrenze der um 10 % verminderte Durchschnitt der Ergebnisse aller Teilnehmer. Auch eine solche Grenze, deren Anwendung ihrer Auffassung nach aber gegen den prüfungsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen würde, würde bei vom Kläger verfehlten 22 Punkten liegen.
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Mit Urteil vom 24. April 2013 hat das Verwaltungsgericht Halle – 6. Kammer – die Klage abgewiesen und zur Begründung die Ausführungen des Beschlusses vom 16. August 2012 vertieft. Zwar regele § 5 Abs. 2 LNO nicht, wie groß die Referenzgruppe für die Anwendung der Gleitklausel sein müsse, es spreche aber einiges dafür, dass die relative Bestehensgrenze bei Erfolgskontrollen der in Rede stehenden Art nur dann Anwendung finden könne, wenn mindestens 50 % der Teilnehmer an der Erfolgskontrolle „Erstteilnehmer“ seien und deren Anzahl nicht weniger als 3 Personen betrage. Die grundsätzlichen Bedenken dagegen, das Bestehen von Erfolgskontrollen an den tatsächlichen Leistungen der zu Kontrollierenden zu messen anstatt an objektiven Vorgaben trete bei den Ärztlichen Prüfungen deshalb zurück, weil durch die Menge der Teilnehmer, die die bundesweite Referenzgruppe bilde, nach aller Wahrscheinlichkeit das Leistungsbild Ausdruck des in der Ausbildung vermittelten und danach erwartbaren Wissens darstelle. Das lasse sich auf die Erfolgskontrollen mit erheblich kleinerem, universitätsbezogenem Teilnehmerkreis nicht übertragen, so dass die Zweifel sich nur ausräumen ließen, wenn die Referenzgruppe eine bestimmte Mindestgröße habe. Die Definition einer Gruppe als aus mindestens drei Personen bestehend ergebe sich aus dem Strafrecht (mindestens 3).
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Vorliegend seien nur zwei, d. h. weniger als 10 % aller Teilnehmer Erstteilnehmer gewesen. Der Teilnehmer, der seinen ersten Versuch unentschuldigt nicht angetreten habe und die Studentin der Zahnmedizin seien nicht als Erstteilnehmer zu werten. Die anhand des Notendurchschnitts der beiden Erstteilnehmer ermittelte relative Bestehensgrenze habe der Kläger verfehlt. Es komme mithin nicht entscheidend auf die Festlegung einer Mindestgröße für eine Referenzgruppe an.
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Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 02. April 2014 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung zugelassen. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, die Auslegung der Regelung des § 5 Abs. 2 LNO durch die Beklagte verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG. § 5 Abs. 2 LNO lasse die von der Beklagten herangezogenen Vorgaben zu den Begriffen des „Erstteilnehmers“ ebensowenig erkennen wie zu der Anzahl der notwendigen Erstteilnehmer für die Anwendung der Gleitklausel. Da § 4 Abs. 6 Satz 3 LNO für die Form der Leistungsscheine bei Erfolgskontrollen zur Erteilung von benoteten Leistungsnachweisen auf die Regelungen der Anlage 2 der ÄAppO verweise, müsse auch § 5 Abs. 3 LNO sich an der ÄAppO messen lassen, auch wenn nach §§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 11 Nr. 1 und 2 ÄAppO die Leistungsnachweise nur Voraussetzung für die Prüfungszulassung seien. Verweise auf § 14 Abs. 6, Abs. 8 Ziffer 5 ÄAppO, wie sie in den Studienordnungen anderer Universitäten geregelt sind, fehlten bei der Beklagten.
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Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Halle/Saale vom 24. April 2013 den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 04. April 2012 aufzuheben und diese zu verpflichten, die vom Kläger am 14. März 2012 geschriebene Klausur „Anatomische Propädeutik und anatomisch-propädeutische Seminare“ als bestanden zu bewerten.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Zur Begründung vertieft sie den Vortrag aus dem Klageverfahren. Die Regelung des § 5 Abs. 2 LNO genüge den Vorgaben, einer genaueren Definition des Begriffs der Erstteilnehmer bedürfe es nicht. Der Begriff verweise hier, wie auch andere Vorschriften der LNO, auf die Regelungen der ÄAppO, deren § 14 Abs. 6 auf die Prüflinge abstelle, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren erstmals an der Prüfung teilgenommen haben. Eine andere Referenzgruppe sei für den verfolgten Zweck ungeeignet. Jedenfalls sei fraglich, ob bei einer Referenzgruppe von weniger als 50 % aller Teilnehmer zuverlässige Prüfungsergebnisse noch möglich seien. Eine „Ersatzgleitklausel“ für den Fall des Unterschreitens dieser Gruppengröße, wie sie etwa die Universität Heidelberg habe, genüge dem Zweck aber auch nicht, da sie auf das Ergebnis aller Teilnehmer abstelle. Bei Wiederholungsprüfungen sei dies aber in der Regel schwächer, weil die leistungsstärkeren Erstteilnehmer nicht in nennenswertem Umfang teilnähmen. Die notwendige Größe der Bezugsgruppe sei in Abhängigkeit vom Ergebnis der Klausur stets mitzudenken und lasse, wenn eine hinreichend große Gruppe nicht bestehe, die Anwendung der relativen Bestehensgrenze entfallen.
II.
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Auf die Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die vom Kläger am 14. März 2012 gefertigte Klausur als bestanden zu werten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Neubewertung, weil die Beklagte die Regelung über die Bewertung von Multiple-Choice-Klausuren, § 5 Abs. 2 der Anlage 3 zur Studienordnung für den Studiengang Medizin der Beklagten vom 21. April 2009 – Leistungsnachweisordnung – (LNO), zu Ungunsten des Klägers unzutreffend angewandt hat.
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§ 5 Abs. 2 LNO regelt, dass „bei reinen multiple-choice-Klausuren (Antwort-Wahl-Verfahren) die Erfolgskontrolle bestanden [ist], wenn der Studierende mindestens 60 % der gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat oder wenn die Zahl der vom Studierenden zutreffend beantworteten Fragen um nicht mehr als 22 % die durchschnittlichen Leistungen aller Erstteilnehmer der betreffenden Leistungskontrolle unterschreitet. Die relativen Bestehensgrenzen der Klausuren sind jeweils von der verantwortlichen Lehrkraft zu ermitteln. Kommt diese Gleitklausel zur Anwendung, so müssen für das Bestehen der Prüfung mindestens 50 % der gestellten Fragen zutreffend beantwortet sein.“
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Dies stellt eine hinreichende Regelung zur Ermittlung der Bestehensgrenzen für Leistungskontrollen nach § 15 Abs.1 der Studienordnung für den Studiengang Medizin an der (…)-Universität C-Stadt vom 21. April 2009 (Studienordnung) dar. Grundsätzlich sind zur Erfolgskontrolle für die Teilnahme an medizinischen Vorlesungen Klausuren im Antwort-Wahl-Verfahren (Multiple-Choice-Klausuren) zulässig. Bei diesen erschöpft sich die Prüfungsleistung darin, eine Auswahl unter mehreren vorgegebenen Antworten auf die gestellten Fragen zu treffen und die für richtig gehalten(en) Antwort(en) anzukreuzen.
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Damit unterscheidet sich zum einen die Prüfertätigkeit im Multiple-Choice-Verfahren grundlegend von der bei herkömmlichen schriftlichen Prüfungen. Anders als dort kommt nach Abschluss der Prüfung nur noch eine rein rechnerische Auswertung zur Feststellung der Zahl der richtigen Antworten in Betracht. Die eigentliche Prüfertätigkeit besteht in der Auswahl des Prüfungsstoffes, der Ausarbeitung der Fragen und der Festlegung von Antwortmöglichkeiten; Prüfer ist derjenige, der die Antwort-Wahl-Aufgaben ausarbeitet. Zum anderen eignen sich die im Antwort-Wahl-Verfahren erbrachten Prüfungsleistungen nicht ohne weiteres für eine Einordnung in die Stufen der für herkömmliche Prüfungen typischen Notenskala. Die Qualität einer im Antwort-Wahl-Verfahren erbrachten Prüfungsleistung beurteilt sich ausschließlich danach, wie viele Fragen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Fragen richtig beantwortet wurden. Raum für weitere Differenzierung ist nicht gegeben. Welcher Anteil der Fragen richtig beantwortet werden kann, hängt jedoch nicht nur von den Kenntnissen eines Kandidaten, sondern auch von weiteren Faktoren ab, wie der Zahl der Aufgaben, der dafür zugestandenen Zeit, der Art der Fragestellung, der Verwendung von Bildmaterial und anderem mehr. Erfahrungsgemäß ist es nicht möglich, den Schwierigkeitsgrad von Prüfungen im Antwort-Wahl-Verfahren zuverlässig vorauszusagen oder gar zu steuern. Dann ist es auch nicht zulässig, anzunehmen, dass die zutreffende Beantwortung aller Fragen im Allgemeinen möglich sei und dass die absolute Zahl unrichtig, unvollständig oder gar nicht beantworteter Fragen ein maßstabsgetreues Abbild des Wissensstandes eines Kandidaten sei. Im Hinblick auf die mit Multiple-Choice-Klausuren verbundenen Unwägbarkeiten ist es unverhältnismäßig, allein anhand einer absoluten Bestehensgrenze über die Zulassung zum Zweiten Studienabschnitt oder dem Praktischen Jahr zu entscheiden. Da es keine nachträgliche Bewertung der Prüfungsleistungen gibt, mit der sich zeigende unbeabsichtigte Schwankungen des Schwierigkeitsgrades der Prüfungen verschiedener Termine ausgeglichen werden können, müssen im Vorhinein Regelungen getroffen werden, mit denen das Fehlen dieser Möglichkeit ausgeglichen wird (OVG RP, Beschl. v. 19.01.2009 – 10 B 11244/08 -, juris).
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Daher sind spezifische Vorgaben für die Feststellung des Prüfungsergebnisses erforderlich. Es muss, für Staatsprüfungen in einer Rechtsverordnung, für Hochschulprüfungen in einer Satzung der Hochschule, festgelegt werden, wie viele richtige Antworten für das Bestehen der Prüfung oder für das Erreichen einer bestimmten Note mindestens erforderlich sind. Es ist die Vorgabe eines Bezugspunkts erforderlich, der sich aus den erwarteten Leistungen ergibt und damit von der Schwierigkeit der jeweiligen Prüfung abhängt. Dem ist dadurch Rechnung zu tragen, dass sich die Bestehensgrenze nicht allein aus einem Vomhundertsatz der gegebenen Antworten (abstrakt) ergeben darf, sondern (relativ) in einem Verhältnis zu einer möglichen Höchstleistung oder zu einer Normalleistung stehen, also die Schwierigkeit der konkreten Prüfung berücksichtigen muss (grundlegend zu den Regelungen der ÄAppO: BVerfG, Beschluss vom 14. März 1989 – 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 –, juris; OVG SN, Beschl. v. 25.05.2010 – 2 B 78/10 -, juris).
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Diese durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelte relative Bestehensgrenze trägt der Tatsache Rechnung, dass das Bestehen der Ärztlichen Prüfungen im Rahmen des Studiums der Humanmedizin nach § 14 der Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 (BGBl. I S. 2405), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 02. August 2013 (BGBl. I S. 3005), hier anwendbar in der Fassung vom 27. 06 2002 – ÄAppO - eine Berufszugangsschranke darstellt. Berufsbezogene Prüfungen, d. h. Prüfungen, deren Bestehen Voraussetzung für die Aufnahme einer Berufstätigkeit ist, stellen als sogenannte subjektive Berufszugangsvoraussetzungen einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufs- und Ausbildungsfreiheit dar, dessen Verhältnismäßigkeit allein mit einer absoluten Bestehensgrenze nicht gewahrt ist.
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Die vorliegend in Rede stehende Leistungskontrolle ist allerdings keine nach den Regelungen der ÄAppO zu bewertende Ärztliche Prüfung im Sinne dieser Rechtsprechung, sondern dient im Vorfeld derselben zum Nachweis der erfolgreichen Teilnahme an der Vorlesung „Anatomie“. Sie ist von den Regelungen der ÄAppO jedenfalls nicht unmittelbar umfasst, sondern richtet sich nach den Regelungen der jeweiligen Studienordnung der besuchten Universität, hier § 15 Abs. 1 Satz 3 Studienordnung i. V. m. § 5 Abs. 2 LNO.
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Ob die für die Ärztliche Prüfung entwickelten Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts auch für solche Erfolgskontrollen des ersten Studienabschnitts zumindest dann entsprechend anwendbar sind, wenn diese im Ergebnis ebenfalls berufszugangsbeschränkende Wirkung haben können, d. h. wenn im Falle ihres Nichtbestehens die Exmatrikulation droht, wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung bejaht (OVG RP, Beschl. v. 19.01.2009 – 10 B 11244/08 -; OVG SN, Beschl. v. 25.05.2010 - 2 B 78/10 -; offen gelassen: OVG SL, Beschl. v. 13.10.2010 – 3 B 216/10 -; alle: juris). Enthält die Studienordnung keine hinreichenden Regelungen über eine Bestehensgrenze bei Multiple-Choice-Klausuren, ist deren Einsatz hingegen unzulässig (OVG SN, Beschl. v. 25.05.2010 - 2 B 78/10 -, juris). Jedenfalls weil aufgrund der Exmatrikulation das weitere Studium der Humanmedizin auch an anderen Universitäten ausgeschlossen ist (vgl. exemplarisch § 29 Abs. 2 Hochschulgesetz LSA i. d. F. der Bekanntmachung vom 14.12.2010, zuletzt geändert durch ÄndG vom 23.01.201; § 44 Hamburgisches Hochschulgesetz vom 18.07.2001 i. d. F. vom 08.06.2010; § 4 Abs. 2 Ziffer 6 Hessische Immatrikulationsverordnung vom 24.02.2010; § 17 Abs. 5 Ziffer 2 Landeshochschulgesetz Mecklenburg-Vorpommern; § 18 Abs. 2 Ziffer 6 Sächsisches Hochschulfreiheitsgesetz vom 15.01.2013; § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Thüringer Hochschulgesetz; alle: juris), stellt das Nichtbestehen einer solchen Leistungskontrolle ebenfalls eine berufszugangsbeschränkende Regelung dar. Es ist daher kein Grund ersichtlich, aus dem für solche Leistungskontrollen andere Maßstäbe gelten sollten als für die Ärztliche Prüfung nach der ÄAppO.
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Die durch Leistungsnachweis nachzuweisende erfolgreiche Teilnahme am Seminar Anatomie ist Voraussetzung für die Zulassung zu den Kursen der mikroskopischen und makroskopischen Anatomie, § 3 Satz 1 Ziffer 2 Studienordnung und der erfolgreiche Besuch aller drei Veranstaltungen wiederum Voraussetzung für die Meldung zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, § 8 Abs. 2 Studienordnung. Es handelt sich bei der Leistungskontrolle damit um eine faktische Berufszugangsschranke. Mit dem Nichtbestehen verliert der Studierende seinen Prüfungsanspruch gegenüber der Beklagten, § 17 Abs. 2 Satz 1 Studienordnung, womit zugleich das weitere Studium der Humanmedizin an anderen Universitäten unmöglich ist. Die Leistungskontrolle ist Voraussetzung für die Fortsetzung der beruflichen Ausbildung, deren erfolgreicher Abschluss die Ausübung des Ausbildungsberufs erst ermöglicht. Die Beklagte hat daher eine relative Bestehensgrenze auch für Leistungskontrollen vorzusehen. § 15 Abs. 1 Studienordnung i. V. m. § 5 Abs. 2 LNO der Beklagten stellen eine hinreichende Regelung für die Durchführung und Bewertung von Multiple-Choice-Klausuren im Ersten Studienabschnitt dar.
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Der Wortlaut der Regelung, nach der die relative Bestehensgrenze anhand der durchschnittlichen Leistungen aller Erstteilnehmer der der betreffenden Leistungskontrolle zu ermitteln ist, ist auslegungsbedürftig, soweit keine nähere Festlegung dazu erfolgt, wer „Erstteilnehmer“ ist. Ziel der Auslegung von gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften ist die Ermittlung des in ihnen zum Ausdruck kommenden objektivierten Willens des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Bestimmung, ihrem Bedeutungszusammenhang und ihrem Regelungszweck ergibt. Ausgangspunkt und äußerste Grenze jeder Auslegung bleibt aber der Gesetzeswortlaut. Denn in ihm konkretisiert sich der Wille des Gesetzgebers. Ein eindeutiger Wortsinn ist daher grundsätzlich bindend (vgl. OVG LSA, Urt. v. 24.11.2004 - 3 L 150/03 -, juris m. w. N.).
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Der Wortlaut der Norm schließt offenkundig alle Wiederholer als in die Referenzgruppe einzubeziehende Klausurteilnehmer aus. Als Erstteilnehmer kommen danach alle Prüflinge in Betracht, die die Klausur zum ersten Mal schreiben. Dabei legen weder der Wortlaut der Norm noch ihr Sinn und Zweck es nahe, diejenigen Teilnehmer, die nicht Human-, sondern Zahnmedizin studieren, aus der Gruppe der Erstteilnehmer auszuschließen. Denn die Klausur dient für beide dem Nachweis der erfolgreichen Teilnahme an der Vorlesung Anatomie, die beide Studierendengruppen auch gemeinsam besuchen. Sowohl nach der Studienordnung für den Studiengang Zahnmedizin bei der Beklagten als auch nach der Studienordnung für die Humanmedizin gehört die Vorlesung „Anatomie“ zum vorklinischen Studienabschnitt. Allein der unterschiedliche Studienaufbau oder die Tatsache, dass die Studienordnung für den Studiengang Humanmedizin auf der Grundlage der ÄAppO und nicht der ZÄApO erlassen wurde, rechtfertigen eine einschränkende Auslegung des Begriffs der „Erstteilnehmer“ auf solche des Studiengangs Humanmedizin nicht. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, Studierende der Zahnmedizin nähmen an den Leistungskontrollklausuren nur fakultativ teil, bedeutet dies nur, dass sie auch andere Möglichkeiten haben, die erfolgreiche Teilnahme an der Vorlesung nachzuweisen. Entscheiden sie sich aber für die Teilnahme an der Klausur, unterfallen sie denselben Prüfungsanforderungen wie die Studierenden der Humanmedizin, so dass die Leistungen unmittelbar vergleichbar sind. Entsprechend werden die Ergebnisse auch auf gemeinsamen Ergebnislisten bekanntgegeben, anhand derer sich nicht erkennen lässt, ob ein Prüfling Human- oder Zahnmedizin studiert. Der mit einer solchen Klausur verfolgte Zweck, ungeeignete Studierende vom weiteren Studium und der anschließenden Berufsausübung fernzuhalten, ist ebenfalls unabhängig davon, ob die Studierenden im Anschluss Zahn- oder Humanmedizin studieren.
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Ob auch solche Teilnehmer ausgeschlossen sind, die die Klausur deshalb zum ersten Mal schreiben, weil sie zu einem früheren Klausurentermin unentschuldigt nicht angetreten sind, so dass diese Klausur als „nicht bestanden“ gewertet wurde, § 15 Abs. 5 Studienordnung, kann dahinstehen. Denn der Kommilitone, der die Klausur vom 14. März 2012 geschrieben hat, nachdem er dem vorherigen Prüfungstermin ferngeblieben ist, hat in dieser Klausur ein so schlechtes Ergebnis erzielt, dass seine Einbeziehung die relative Bestehensgrenze auf 17,97 Punkte senken würde. Der Kläger erreicht aber mit 20 Punkten bereits die relative Bestehensgrenze, die sich bei der Einbeziehung nur der beiden Erstteilnehmer, die bei dem ersten Klausurtermin entschuldigt gefehlt haben und der Zahnmedizinerin ergibt (19,24 Punkte).
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Der Begriff „aller Erstteilnehmer“ ist auch keiner quantitativen Einschränkung darüber hinaus zugänglich, dass es mehr als ein Teilnehmer sein muss, der die Klausur zum ersten Mal geschrieben hat. Legt nur ein oder kein Erstteilnehmer die Prüfung ab, findet die relative Bestehensgrenze nach dem Wortlaut der Norm keine Anwendung. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dies nicht, denn es steht dem Studierenden, der die Klausur unter den Bedingungen einer relativen Bestehensgrenze schreiben möchte, frei, auf einen Klausurtermin zu warten, der im Hinblick auf den Teilnehmerkreis die Anwendung einer relativen Bestehensgrenze sichert. Das wird in der Regel spätestens die erste Klausur nach Abschluss des nächsten Seminars „Anatomie“ sein (vgl. etwa zur relativen Bestehensgrenze nur für „echte“ Erstklausuren, nicht für Wiederholungsprüfungen: VG München, Beschl. v. 09.10.2012 – M 3 K 11.1305 -, juris zu § 11 Abs. 6 Ziffer 1 der Prüfungs- und Studienordnung für den Studiengang Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München).
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Nehmen hingegen zwei oder mehr Erstteilnehmer an der Klausur teil, so ist dem Begriff „aller Erstteilnehmer“ nicht zu entnehmen, dass dies für die Ermittlung einer relativen Bestehensgrenze nicht genügen soll, sondern eine in Abhängigkeit vom Ergebnis zu ermittelnde bestimmte Menge an Teilnehmern Voraussetzung für die Bildung einer hinreichenden Referenzgruppe ist.
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Eine Auslegung in diesem Sinne wird insbesondere nicht dadurch ermöglicht, dass § 5 Abs. 2 Satz 3 LNO bestimmt, der Prüfling müsse, sofern „die Gleitklausel zur Anwendung [kommt, …], für das Bestehen der Prüfung mindestens 50 % der gestellten Fragen zutreffend beantwortet“ haben. Diese Regelung stellt lediglich eine zusätzliche Hürde für die Teilnehmer auf, die unter Berufung auf die relative Bestehensgrenze eine Klausur als bestanden gewertet wissen wollen. An ihre persönliche Leistung wird eine weitere Anforderung gestellt. Die grundsätzliche Möglichkeit, dass eine Multiple-Choice-Klausur durch verwaltungsseitige Festlegung gänzlich ohne relative Bestehensgrenze bewertet werden kann, soll damit nicht eröffnet werden. Eine solche wäre auch nach den Vorgaben des BVerfG bedenklich.
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Auch Sinn und Zweck der Norm lassen es nicht unabdingbar erscheinen, dass diese nur Anwendung finden soll, wenn eine größere Gruppe Erstteilnehmer an einer Klausur teilgenommen hat. Zweck der relativen Bestehensgrenze ist es, durch den Vergleich mit einer zahlenmäßig relevanten Gruppe potentiell besonders motivierter und leistungsstarker Kommilitonen diejenigen Studierenden zu identifizieren, die für die Ausübung des Arztberufes nicht geeignet sind. Für die Bildung einer solchen Vergleichsgruppe eignen sich die Erstteilnehmer einer Klausur statistisch gesehen deshalb besonders gut, weil diese besonders motiviert und leistungsstark sind. Ihre Ergebnisse sind daher in der Regel im oberen Leistungsbereich anzusiedeln, wohingegen die Ergebnisse von Prüflingen, die eine Klausur wiederholen, statistisch betrachtet weniger gut ausfallen. Soll also stets nur eine hinreichend große Gruppe von Erstteilnehmern die Referenzgruppe bilden, ist dies aber ausdrücklich zu anzuordnen.
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So regelt § 11 Abs. 6 Nr. 1 Satz 2 und 3 der Prüfungs- und Studienordnung für den Studiengang Medizin vom 24. November 2009, dass bei dem „jeweils ersten zu einer Lehrveranstaltung festgesetzten Prüfungstermin (Erstprüfung) […] die Prüfung auch als bestanden [gilt], wenn die oder der zu Prüfende insgesamt mindestens 50 Prozent der gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat und die Zahl der von dem oder der zu Prüfenden zutreffend beantworteten Fragen um nicht mehr als 15 Prozent die durchschnittliche Leistung der zu Prüfenden unterschreitet, die erstmals an der entsprechenden Prüfung teilgenommen haben; diese Regelung findet keine Anwendung bei einem Nachprüfungstermin nach § 12 Abs. 2 Satz 1. Die oder der Studierende hat bei jedem ihr oder ihm nach § 12 Abs. 2 Satz 1 möglichen Nachprüfungstermin die Möglichkeit, statt der Teilnahme am Nachprüfungstermin jeweils an dem nächsten ersten zu einer Lehrveranstaltung festgesetzten Prüfungstermin (Erstprüfung) teilzunehmen; […]“. Damit ist ausgeschlossen, dass eine relative Bestehensgrenze aus einer zu geringen Zahl an Erstteilnehmern gebildet wird, denn die überwiegende Zahl der zu Prüfenden in einer Erstprüfung werden entsprechende „Erstteilnehmer“ sein.
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Denkbar ist auch eine in Abhängigkeit vom Teilnehmerkreis abweichende Festlegung der Grenze, um die die zu bewertende Klausur das Ergebnis der Vergleichsgruppe unterschreiten darf. § 3 Abs. 4 der Studienordnung für das Medizinstudium an der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg für das 1. und 2. Studienjahr vom 22. Juli 2010 etwa regelt, dass „schriftliche Prüfungen […] bestanden [sind], wenn mindestens 60 Prozent der erreichbaren Punktezahl erreicht werden. Unterschreitet das um 20% verminderte arithmetische Mittel der erreichten Punktwerte derjenigen Prüfungsteilnehmer, die unmittelbar im Anschluss an die Kursteilnahme erstmals an der Prüfung teilnehmen, die 60%- Grenze, so verringert sich die Bestehensgrenze auf diesen Wert. Sind bei Wiederholungsprüfungen weniger als 15% aller Teilnehmer und Teilnehmerinnen Prüfungsteilnehmer, die maximal 6 Monate nach Abschluss des Kurses erstmals an der Prüfung teilnehmen, oder sind es weniger als 20 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die maximal 6 Monate nach Abschluss des Kurses erstmals an dieser Prüfung teilnehmen, so gilt: Wiederholungsprüfungen sind bestanden, wenn mindestens 60% der maximal erreichbaren Punktzahl erreicht werden. Unterschreitet das um 10% verminderte arithmetische Mittel der erreichten Punktwerte aller Prüfungsteilnehmer die 60%-Grenze, verringert sich die Bestehensgrenze auf diesen Wert.“
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Andere Universitäten verzichten im Hinblick auf die Schwierigkeit, in Wiederholungsklausuren eine ausreichend große Menge an Erstteilnehmern für die Bildung einer statistisch hinreichend genauen Referenzgruppe zu finden, grundsätzlich auf die Beschränkung auf Erstteilnehmer und bilden die relative Bestehensgrenze anhand der Ergebnisses aller Klausurteilnehmer (so beispielsweise § 7 Abs. 6 Satz 1 der Prüfungsordnung für den Studiengang Medizin der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg in der Fassung vom 2.7.2013; § 10 Abs. 4 Satz 3 der Studienordnung für das Studium der Humanmedizin an der Universität Rostock in der Fassung von Februar 2009; § 2 Abs. 6 Satz 3 der Studienordnung der Universität Ulm für den Studiengang Humanmedizin (Vorklinischer und Klinischer Studienabschnitt) vom 28.08.2012; § 18 Abs. 5 Satz 6 der Studienordnung für den Studiengang Humanmedizin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz vom 18. Juli 2011).
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Es liegt daher nicht nahe und ist im Hinblick auf die Notwendigkeit, dass die Klausurteilnehmer anhand des Normtextes erkennen können müssen, welche Prüfungsbedingungen für sie gelten, auch nicht – wie die Beklagte meint – „automatisch mitzudenken“, dass stets eine hinreichend große Gruppe an Erstteilnehmern an der Klausur teilgenommen haben muss, um überhaupt eine relative Bestehensgrenze zur Anwendung zu bringen.
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Diese Notwendigkeit ergibt sich auch nicht aus der Bezugnahme auf § 14 Abs. 7 ÄAppO in § 5 Abs. 3 LNO, denn dieser bezieht sich ausdrücklich nur auf die Bewertung (im Sinne einer Benotung) der Erfolgskontrollen, nicht auf das Bestehen. Im Übrigen wäre eine Anlehnung an § 14 Abs. 6 ÄAppO auch deshalb unpraktikabel, weil die darin vorgesehene Bezugsgruppe derjenigen, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren beim Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung an der Prüfung teilgenommen haben, bei den hier in Rede stehenden Erfolgskontrollen so nicht besteht.
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Im Übrigen wäre es der Universitätsverwaltung wie dem Gericht verwehrt, eine zusätzliche Hürde in die berufszulassungsbeschränkende Regelung des § 5 Abs. 2 LNO „hineinzulesen“. Eine solche Regelung unterfiele dem Gesetzesvorbehalt. Es obliegt hier dem Normgeber, sofern er es für notwendig erachtet, die erforderlichen Klarstellungen in die Leistungsnachweisordnung aufzunehmen (VG Meiningen, Urt. v. 03.05.2010 – 1 K 611/07 -, juris unter Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 14.03.1989 – 1 BvR 1033/82 -; BVerfG, Entscheidung vom 18. Juli 1972 – 1 BvL 32/70, 1 BvL 25/71 –, BVerfGE 33, 303 – 358 zum Numerus Clausus).
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Ist danach die relative Bestehensgrenze des § 5 Abs. 2 Satz 1 LNO anwendbar, hat der Kläger die Klausur bestanden. Denn der Durchschnittswert der dann zu berücksichtigenden drei Erstteilnehmer (29, 24 und 21 Punkte) liegt bei 24,666 Punkten. Dieser Wert darf um 22 % unterschritten werden, so dass ab 19,24 Punkten die Klausur als bestanden zu werten ist. Die vom Kläger erreichten 20 Punkte übersteigen diesen Wert und entsprechen auch der Mindestvorgabe des § 5 Abs. 2 Satz 3 LNO. Die Beklagte ist unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 04. April 2012 verpflichtet, die vom Kläger am 14. März 2012 gefertigte Klausur „Anatomische Propädeutik und anatomisch-propädeutische Seminare“ als bestanden zu werten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) In der schriftlichen Prüfung hat der Prüfling unter Aufsicht schriftlich gestellte Aufgaben zu lösen. Er hat dabei anzugeben, welche der mit den Aufgaben vorgelegten Antworten er für zutreffend hält. Die schriftliche Prüfung kann auch rechnergestützt durchgeführt werden.
(2) Die Prüfungsaufgaben müssen auf die für den Arzt allgemein erforderlichen Kenntnisse abgestellt sein und zuverlässige Prüfungsergebnisse ermöglichen.
(3) Für die schriftlichen Prüfungen sind bundeseinheitliche Termine abzuhalten. Bei der Festlegung der Prüfungsaufgaben sollen sich die nach Landesrecht zuständigen Stellen nach Maßgabe einer Vereinbarung der Länder einer Einrichtung bedienen, die die Aufgabe hat, Prüfungsaufgaben für Prüfungen im Rahmen der ärztlichen Ausbildung sowie eine Übersicht von Gegenständen, auf die sich die schriftlichen Prüfungen beziehen können, herzustellen. Dabei sind jeweils allen Prüflingen dieselben Prüfungsaufgaben zu stellen. Bei der Aufstellung der Prüfungsaufgaben ist festzulegen, welche Antworten als zutreffend anerkannt werden.
(4) Die Prüfungsaufgaben sind durch die nach Absatz 3 Satz 2 zuständigen Stellen vor der Feststellung des Prüfungsergebnisses darauf zu überprüfen, ob sie, gemessen an den Anforderungen des Absatzes 2 Satz 1, fehlerhaft sind. Ergibt diese Überprüfung, dass einzelne Prüfungsaufgaben fehlerhaft sind, sind diese bei der Feststellung des Prüfungsergebnisses nicht zu berücksichtigen. Die vorgeschriebene Zahl der Aufgaben für die einzelnen Prüfungen (§ 23 Absatz 2 Satz 1, § 28 Absatz 3 Satz 1) mindert sich entsprechend. Bei der Bewertung der schriftlichen Prüfung nach den Absätzen 6 und 7 ist von der verminderten Zahl der Prüfungsaufgaben auszugehen. Die Verminderung der Zahl der Prüfungsaufgaben darf sich nicht zum Nachteil eines Prüflings auswirken.
(5) Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann bei Prüflingen, die die ordnungsgemäße Durchführung der Aufsichtsarbeit in erheblichem Maße gestört oder sich eines Täuschungsversuches schuldig gemacht haben, die schriftliche Prüfung mit der Note "nicht ausreichend" bewerten. Ist eine schriftliche Prüfung in einem Prüfungsraum nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, so gilt dieser Prüfungsteil für diese Teilnehmer als nicht unternommen. Die Entscheidung darüber, ob eine schriftliche Prüfung in einem Prüfungsraum nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde, trifft die nach Landesrecht zuständige Stelle. § 18 Abs. 1 Satz 1 gilt entsprechend.
(6) Die schriftliche Prüfung ist bestanden, wenn der Prüfling mindestens 60 Prozent der gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat oder wenn die Zahl der vom Prüfling zutreffend beantworteten Fragen um nicht mehr als 22 Prozent die durchschnittlichen Prüfungsleistungen der Prüflinge unterschreitet, die nach der Mindeststudienzeit von zwei Jahren beim Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und fünf Jahren beim Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erstmals an der Prüfung teilgenommen haben.
(7) Die Leistungen in der schriftlichen Prüfung sind wie folgt zu bewerten:
Hat der Prüfling die für das Bestehen der Prüfung nach Absatz 6 erforderliche Mindestzahl zutreffend beantworteter Prüfungsfragen erreicht, so lautet die Note
"sehr gut", | wenn er mindestens 75 Prozent, |
"gut", | wenn er mindestens 50, aber weniger als 75 Prozent, |
"befriedigend", | wenn er mindestens 25, aber weniger als 50 Prozent, |
"ausreichend", | wenn er keine oder weniger als 25 Prozent |
der darüber hinaus gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat.
(8) Stehen Aufsichtsarbeiten am 14. Werktag nach dem letzten Tag der Prüfung für die Auswertung nicht zur Verfügung, so ist die durchschnittliche Prüfungsleistung im Sinne des Absatzes 6 aus den zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Aufsichtsarbeiten zu errechnen. Die so ermittelte durchschnittliche Prüfungsleistung gilt auch für später auszuwertende Aufsichtsarbeiten.
(9) Das Ergebnis der Prüfung wird durch die nach Landesrecht zuständige Stelle festgestellt und dem Prüfling mitgeteilt. Dabei sind anzugeben
- 1.
die Prüfungsnoten, - 2.
die Bestehensgrenze, - 3.
die Zahl der gestellten und die Zahl der vom Prüfling zutreffend beantworteten Aufgaben insgesamt, - 4.
die durchschnittliche Prüfungsleistung aller Prüflinge im gesamten Bundesgebiet und - 5.
die durchschnittliche Prüfungsleistung der in Absatz 6 als Bezugsgruppe genannten Prüflinge.
(10) Die nach Landesrecht zuständige Stelle teilt den Universitäten mit, welche Prüflinge den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bestanden haben.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.