Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 10. Apr. 2018 - 2 M 6/18
Gericht
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin betreibt auf dem Grundstück K-Straße 13 und 14 in A-Stadt eine Pension mit insgesamt 114 Gastbetten. Mit Verfügung vom 05.09.2017 untersagte ihr der Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Nutzung des Gebäudes als Pension und damit zu Wohn- und Beherbergungszwecken. Zur Begründung führte er aus, die nach den Angaben der Antragstellerin im Jahr 1994 aufgenommene Nutzung des Gebäudes als Pension anstelle eines Wohnheims für ausländische Arbeitnehmer einer Gewächshausanlage sowie die im Jahr 1999 vorgenommene Errichtung eines Satteldaches seien bauaufsichtlich nicht genehmigt und damit formell rechtswidrig. Darüber hinaus seien nach der am 07.08.2017 durchgeführten Bauzustandsbesichtigung die für ein solches Gebäude maßgebenden Brandschutzanforderungen nicht gewährleistet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im öffentlichen Interesse geboten. Die weitere Nutzung der Pension für eine unbestimmte Zeit könne in Anbetracht der erheblichen Mängel in Bezug auf den Brandschutz nicht verantwortet werden.
- 2
Den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres am 29.09.2017 erhobenen Widerspruchs wiederherzustellen, hat das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 79 Satz 2 BauO LSA für den Erlass einer Nutzungsuntersagung seien erfüllt. Dafür genüge es, wenn eine bauliche Anlage formell illegal, also ohne die erforderliche Baugenehmigung genutzt werde. Dies sei hier der Fall, denn eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung liege nicht vor. Aus dem Umstand, dass das Objekt bereits seit dem Jahr 1994 als Pension genutzt worden sei, folge rechtlich nichts anderes. Es sei nicht ersichtlich, dass das öffentliche Baurecht an die Nutzung als Pensionsbetrieb geringere Anforderungen stelle als das DDR-Recht an eine (Saison-)Arbeiterunterkunft. Bei dem Pensionsbetrieb handele es sich gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 8 BauO LSA um einen Sonderbau, an den nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA besondere Anforderungen gestellt werden könnten. Ein (formeller) Bestandsschutz nach den Vorschriften des DDR-rechts könne für die erst nach der Wende aufgenommene Pensionsnutzung nicht entstanden sein. Zudem enthalte das Gesetz über die Bauordnung vom 20.07.1990 eine dem heutigen § 79 Satz 2 BauO LSA inhaltsgleiche Fassung über die Nutzungsuntersagung. Somit sei die Nutzung des zweigeschossigen Gebäudes als Pensionsbetrieb von einer hier zugunsten der Antragstellerin unterstellten zu DDR-Zeiten ursprünglich erteilten Genehmigung als Arbeiterunterkunft nicht gedeckt. Zudem sei angesichts des Umbaus im Dachbereich in den Jahren 1999/2000 von einer Baugenehmigungspflicht auszugehen. Auch insoweit sei Bestandsschutz nicht mehr gegeben, und eine Baugenehmigung sei nicht erteilt worden. Die Nutzungsuntersagung sei angesichts der aufgezeigten Mängel zum Schutz von Leben und Gesundheit der Gäste, Besucher und Mitarbeiter der Pension geboten. Der Umstand, dass die Antragstellerin inzwischen zahlreiche Mängel, die Gegenstand der Brandschau im März 2017 gewesen seien, beseitigt habe, führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Nutzungsuntersagung. Unabhängig davon, dass nicht sämtliche Mängel beseitigt seien, fehle es – mangels Baugenehmigung – an einer umfassenden Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Pensionsbetriebes insbesondere auch in brandschutzrechtlicher Hinsicht. Die Nutzungsuntersagung leide auch nicht an Ermessensfehlern. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen sei der Ausspruch eines Nutzungsverbotes grundsätzlich eine ermessensgerechte Entscheidung. Dass es noch nicht zu einem Brand gekommen sei, schließe das Vorliegen einer Gefahr nicht aus. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin die Pension ohne die erforderliche Baugenehmigung betreibe, könne nicht zu ihren Gunsten berücksichtigt werden. Der Antragsgegner habe der Antragstellerin – trotz erheblicher Gefahr – eine angemessene Frist gewährt, um die Mängel zu beseitigen. Schließlich könnten nach § 86 BauO LSA Anforderungen auch bei bestandsgeschützten Anlagen getroffen werden, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig sei. Eine seit Jahren ohne Baugenehmigung ausgeübte Nutzung als Pensionsbetrieb sei auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig.
II.
- 3
A. Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
- 4
1. Die Antragstellerin macht geltend, die Nutzung des Gebäudes als Pension sei bestandsgeschützt, da es zu DDR-Zeiten als Wohn- und Beherbergungsstätte für Arbeiter und Angestellte der ehemaligen Gewächshausanlage A-Stadt mit Baugenehmigung errichtet und später als Beherbergungsstätte für Ausländer genutzt worden sei. Die Nutzung des Gebäudes als Pension ähnele dieser Nutzung, und die aktuelle Nutzung der Pension weiche hinsichtlich der Art und Anzahl der Beherbergungszimmer und sonstigen Aufenthaltsräume nicht von der ursprünglich genehmigten Arbeiter- und/oder Ausländerunterkunft ab. Die Anforderungen des DDR-Rechts an Arbeiter- und Ausländerwohnheime seien mit den Anforderungen des öffentlichen Rechts an die Nutzung einer Pension zumindest vom Zeitpunkt der Übernahme am 01.04.1994 an vergleichbar. Damit vermag die Antragstellerin nicht durchzudringen.
- 5
Nach § 58 Abs. 1 BauO LSA bedarf auch die Nutzungsänderung einer baulichen Anlage der Baugenehmigung. Die Vorschrift statuiert die Pflicht, eine Baugenehmigung einzuholen, wenn eine bloße Umnutzung erfolgt, wenn also einer Anlage eine – wenigstens teilweise – neue Zweckbestimmung gegeben wird (Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 58 RdNr. 5, m.w.N.). Allerdings sollen nur solche Nutzungsänderungen überhaupt bauaufsichtlich behandelt werden, die eine gewisse baurechtliche Relevanz aufweisen. Dies ist dann der Fall, wenn die neue Nutzung baurechtlich anders beurteilt werden könnte, wenn also die jeder Art von Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Belange möglicherweise neu und andersartig berührt werden, so dass sich die Genehmigungsfrage neu stellt; ob tatsächlich eine andere baurechtliche Beurteilung zu erfolgen hat, beeinflusst das Vorliegen einer Nutzungsänderung nicht, dies ist erst das Ergebnis der vorgängigen baurechtlichen Prüfung (Dirnberger, a.a.O., RdNr. 6, m.w.N.).
- 6
Mit der Umnutzung des früheren, der Gewächshausanlage zugeordneten Wohnheims für (ausländische) Arbeitskräfte in eine Pension dürfte die der früheren Nutzung eigene Variationsbreite verlassen worden sein mit der Folge, dass die Zulässigkeit der neuen Nutzung einer neuen baurechtlichen Prüfung bedurft hätte. Eine Pension, in der die Übernachtungsgäste üblicherweise nur kurzfristig verweilen, ist regelmäßig als Beherbergungsbetrieb im Sinne der Regelungen der BauNVO anzusehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.07.2013 – BVerwG 4 B 8.13 –, juris, RdNr. 5; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 3 RdNr. 19). Ein Wohnheim für Saisonarbeitnehmer, die in einem benachbarten Betrieb tätig sind, dürfte hingegen nicht als Beherbergungsbetrieb anzusehen sein. Bei einem Wohnheim für Arbeitnehmer (z.B. Montagearbeiter), die von ihrem Stammbetrieb an eine andere Arbeitsstelle abgeordnet sind, kann es sich – je nach Ausgestaltung – bauplanungsrechtlich zwar ebenfalls um einen Beherbergungsbetrieb, aber auch um eine Wohnnutzung oder wohnähnliche Nutzung handeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1992 – BVerwG 4 C 43.89 –, juris, RdNr. 16 ff.). Ein Beherbergungsbetrieb liegt allerdings nur vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (BVerwG, Beschl. v. 08.05.1989 – BVerwG 4 B 78/89 –, juris, RdNr. 3). Für eine "Beherbergung" ist kennzeichnend, dass keine personenbezogene Unterbringung erfolgt, d.h. der Beherbergungsbetrieb grundsätzlich für jedermann zugänglich ist, und dass derjenige, der eine Beherbergung anstrebt, dies aus freiem Willen und nach Auswahlermessen tut (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, § 4 RdNr. 113, m.w.N.). Ein von einem gewerblichen Unternehmen betriebenes "Arbeiterwohnheim" (für Gastarbeiter und vorübergehende Beschäftigte) kann als eine sonstige nicht störende gewerbliche Anlage zur Vermietung an Betriebsangehörige einzustufen sein (so Fickert/Fieseler, a.a.O., § 3 RdNr. 16.32). Dem entsprechend dürfte das den Arbeitnehmern der früheren Gewächshausanlage A-Stadt vorbehaltene Wohnheim bauplanungsrechtlich nicht als Beherbergungsbetrieb anzusehen sein.
- 7
Auch dürften in bauordnungsrechtlicher Hinsicht für die Pension weitergehende Vorschriften gelten als für das frühere Wohnheim für (Saison-)Arbeiter. Für eine Pension gilt die auf der Grundlage von § 84 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4, Abs. 3 BauO LSA erlassene Verordnung über den Bau und den Betrieb von Beherbergungsstätten (Beherbergungsstättenverordnung – BStättVO) vom 20.05.2008 (GVBl S. 160). Wohnheime für Arbeitnehmer, die einem gewerblichen Betrieb zugeordnet sind, dürften hingegen nicht unter diese Verordnung fallen. Gemäß § 2 Abs. 1 BStättVO sind Beherbergungsstätten im Sinne dieser Verordnung Gebäude oder Gebäudeteile, die ganz oder teilweise für dieBeherbergung von Gästen, ausgenommen die Beherbergung in Ferienwohnungen, bestimmt sind.
- 8
2. Das Verwaltungsgericht hat zudem darauf abgestellt, dass ein Bestandsschutz auch deshalb nicht (mehr) bestehe und das Pensionsgebäude auch deshalb formell rechtswidrig sei, weil es in den Jahren 1999/2000 ohne die erforderliche Baugenehmigung dergestalt umgebaut wurde, dass das Flachdach durch ein Satteldach ersetzt wurde. Dem hat die Antragstellerin in der Beschwerde keine substantiierten Einwände entgegenhalten können. Zwar mag ein entsprechender Bauantrag gestellt worden sein. Über diesen Bauantrag wurde aber nicht oder nicht positiv entschieden.
- 9
3. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, das Verwaltungsgericht habe ihren Sachvortrag unberücksichtigt gelassen, dass die gravierenden Brandschutzmängel nach der Niederschrift über die Brandnachschaukontrolle am 30.08.2017 und damit im Zeitpunkt des Erlasses der Nutzungsuntersagung bereits teilweise behoben worden seien und sie die Pension seit Anfang September 2017 im Obergeschoss geschlossen habe, so dass gravierende Gefahren für Leben und Gesundheit nicht mehr bestünden.
- 10
3.1. Diese Umstände vermögen am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 79 Satz 2 BauO LSA nichts zu ändern. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt. v. 25.07.2013 – 2 L 73/11 –, juris, RdNr. 36) sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift immer schon dann erfüllt, wenn eine bauliche Anlage formell illegal – also ohne die erforderliche Genehmigung – genutzt wird; nur wenn sich die Genehmigungsfähigkeit geradezu aufdrängt, kann sich die Behörde wegen des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben auf die fehlende Genehmigung nicht berufen. Letzteres ist hier nicht der Fall, insbesondere weil das Gebäude gerade in brandschutzrechtlicher Hinsicht noch zahlreiche Mängel aufweist. In der angefochtenen Verfügung hat der Antragsgegner folgende 14 Punkte aufgeführt:
- 11
(1.) Beide Treppenräume sind nicht von den angrenzenden notwendigen Fluren, die zu Pensions- und sonstigen Räumen führen, abgetrennt. Das Kellergeschoss ist zwar durch Holztüren mit Stahlzarge von den notwendigen Treppenräumen getrennt. Diese Türen haben aber keine Brand- und Rauchschutzfunktion und sind nicht selbstschließend. Die Rettungswege über die Flure und die vertikalen Treppenanlagen sind im Brandfall, entgegen den bauordnungsrechtlichen Anforderungen, sehr schnell nicht benutzbar.
- 12
Notwendig wären rauchdichte, selbstschließende Türen zwischen den Treppenräumen und den notwendigen Fluren (BauO LSA § 34 Abs. 6 Ziff. 2, BStättVO § 7 Abs. 2 Ziff. 1).
- 13
(2.) Für alle Aufenthaltsräume fehlt aufgrund des Mangels unter Ziffer 1 jeweils ein zweiter unabhängiger baulicher Rettungsweg.
- 14
(3.) Die Zimmertüren der einzelnen Beherbergungsräume und Aufenthaltsräume zu den notwendigen Fluren sind nicht einmal dicht schließend.
- 15
Notwendig wären rauchdichte, selbstschließende Türen zwischen den notwendigen Fluren und den Beherbergungsräumen und Aufenthaltsräumen (BStättVO § 7 Abs. 2 Ziff. 2 und 3).
- 16
(4.) Das Kellergeschoss ist durch Holztüren mit Stahlzarge ohne Brand- und Rauchschutzfunktion von den Treppenräumen getrennt.
- 17
Notwendig wären feuerhemmende, rauchdichte, selbstschließende Türen zwischen den Treppenräumen und den notwendigen Fluren (BauO LSA § 34 Abs. 6 Ziff. 1, BStättVO § 6 Abs. 2).
- 18
(5.) In den notwendigen Treppenräumen befinden sich Brandlasten in Form von ungeschützten Elektroverteilungen. Dies ist unzulässig (BauO LSA § 39 Abs. 1 und 2).
- 19
(6.) In den notwendigen Treppenräumen und den notwendigen Fluren befinden sich Brandlasten in Form von brennbaren Deckenvertäfelungen, Wandvertäfelungen, Mobiliar, Dekoration, Teppichboden etc. Dies ist unzulässig (BauO LSA § 34 Abs. 5, § 35 Abs. 6, BStättVO § 6 Abs. 2).
- 20
(7.) An den Ausgangstüren der Treppenräume fehlen zugelassene Notausgangsverschlüsse (BStättVO § 12 Abs. 1).
- 21
(8.) Offensichtlich fehlen auch Brandabschottungen in Wänden und Decken mit Feuerwiderstandsdauer für Leitungsführungen und Schachtführungen (BauO LSA §§ 39 und 40).
- 22
(9.) Eine Sicherheitsbeleuchtung für Rettungswege sowie eine Sicherheitsstromversorgung sind nicht vorhanden, gemäß BStättVO § 8 Abs. 1 und 2 aber zwingend notwendig.
- 23
(10.) Eine Kennzeichnung der Rettungswege mit beleuchteten Sicherheitszeichen ist nicht vorhanden, gemäß BStättVO § 3 Abs. 2 aber zwingend notwendig.
- 24
(11.) Eine automatische Brandmeldeanlage mit unmittelbarer und automatischer Brandmeldung an die Einsatzstelle sowie automatische Alarmierungseinrichtungen sind nicht vorhanden, jedoch bei mehr als 60 Gastbetten gemäß BStättVO § 9 Abs. 1 und 2 zwingend zur Überwachung mindestens der notwendigen Flure notwendig.
- 25
Momentan ist lediglich teilweise eine Überwachung der Beherbergungsräume zur Brandfrüherkennung mit autarken Rauchwarnmeldern vorhanden. Die Flure und Treppenräume sind nicht überwacht.
- 26
(12.) Das Gebäude überschreitet in der Längenausdehnung die zulässige Brandabschnittslänge von 40 m (BauO LSA § 29 Abs. 2 Ziff. 2), dies wird in keiner Weise durch andere Maßnahmen zur Verhinderung einer Brandausbreitung kompensiert.
- 27
(13.) Es fehlen aktuelle Flucht- und Rettungspläne sowie Feuerwehrpläne (BStättVO § 12 Abs. 3).
- 28
(14.) In jedem Beherbergungsraum fehlen an dessen Ausgang ein Rettungswegeplan mit Angaben zur Lage des Beherbergungsraums, zum Verlauf der Rettungswege und zur Art des Alarmzeichens sowie Hinweise zum Verhalten bei einem Brand. Die Hinweise müssten auch in den Fremdsprachen, die der Herkunft der üblichen Gäste Rechnung tragen, abgefasst sein. Diese Pläne fehlen vollständig (BStättVO § 12 Abs. 2).
- 29
Dass diese Forderungen für eine Genehmigungsfähigkeit der Pension zu stellen sind, zieht die Antragstellerin nicht in Zweifel. Nach dem Bericht zur Brandsicherungsschau vom 05.09.2017, auf den sich die Antragstellerin beruft, hat sie nur die vom Fachdienst Brand-, Katastrophenschutz und Rettungswesen im Rahmen der Brandsicherheitsschau aufgestellten Forderungen teilweise beseitigt. So wurden eine dezentrale Sicherheitsbeleuchtung installiert, die ortsveränderlichen Elektrogeräte geprüft, die Beherbergungszimmer mit Rauchwarnmeldern ausgestattet und eine Druckluftspray-Hupe angeschafft und im Treppenraum jederzeit zugänglich angebracht. Die Antragstellerin räumt ein, dass eine nach derzeit geltendem Recht materiell rechtmäßige Nutzung des Gebäudes einer umfangreichen grundsätzlichen Sanierung des gesamten Pensionsgebäudes bedarf.
- 30
3.2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lässt die angefochtene Verfügung auch keine Ermessensfehler erkennen.
- 31
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 30.11.2006 – 2 M 264/06 –, juris, RdNr. 9) entspricht es regelmäßig pflichtgemäßem Ermessen, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch eine entsprechende Anordnung unterbindet. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ist die daran anknüpfende Rechtsfolge indiziert, es handelt sich insoweit um einen Fall des sogenannten intendierten Ermessens. Die Behörde macht deshalb im Regelfall von ihrem Ermessen in einer dem Zweck des Gesetzes entsprechenden Weise Gebrauch, wenn sie die formell rechtswidrige Nutzung einer Anlage unterbindet.
- 32
Besondere Umstände, die ausnahmsweise das Absehen von einer Nutzungsuntersagung rechtfertigen würden, sind hier nicht ersichtlich.
- 33
a) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, sie habe die bei der Brandsicherheitsschau im Rahmen des vorbeugenden Brandschutzes (§§ 18, 19 BrSchG LSA) beanstandeten Mängel teilweise beseitigt. Bei formell rechtswidriger Nutzung muss sich die Bauaufsichtsbehörde nicht darauf verweisen lassen, dass eine Vielzahl von Mängeln beim vorbeugenden und baulichen Brandschutz, die der Genehmigungsfähigkeit der Anlage bislang entgegenstehen, quasi im laufenden Betrieb nach und nach beseitigt werden.
- 34
b) Die Verfügung erweist sich nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil der Antragsgegner die Nutzung des Gebäudes insgesamt und nicht nur im Obergeschoss untersagt hat. Die formelle Rechtswidrigkeit des Pensionsbetriebes erstreckt sich auf das gesamte Gebäude. Zudem betreffen die vom Antragsgegner angeführten, der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit entgegenstehenden brandschutzrechtlichen Mängel – wie der Antragsgegner in der Beschwerdeerwiderung nachvollziehbar dargelegt hat – nicht nur die Nutzung des Obergeschosses. Er hat darauf verwiesen, dass die einzelnen Erdgeschosszimmer nicht über rauchdichte und selbstschließende Türen verfügten, keine vernetzten Rauchwarnmelder und keine brandschutztechnischen Abschlüsse zu den Treppenräumen und diese wiederum keine brandschutztechnischen Abschlüsse zum Ober-, Dach- und Kellergeschoss aufwiesen, im Kellergeschoss unverschlossene Montageöffnungen bzw. brandübertragende Öffnungen vorhanden seien und bereits dadurch eine separate Beurteilung und sichere Benutzbarkeit als gesonderte Nutzungseinheit innerhalb des Gebäudes nicht möglich sei. Zudem wiesen die Fensterbrüstungen im Erdgeschoss zur Geländeoberfläche eine Absturzhöhe von über 2 m auf. Mit dem Vortrag, eine gefahrenfreie Nutzung des Erdgeschosses sei möglich, weil alle Zimmer über Rauchwarnmelder, großzügige Fenster und Türen zum Flur verfügten, über die bei Ausbruch eines Brandes die Zimmer über ein Treppenhaus mit fünf Stufen sowohl über die Ein- als auch Ausgangstüren verlassen werden könnten und der Rauch abziehen könne, vermag die Antragstellerin dies nicht zu entkräften.
- 35
c) Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die sofortige Schließung der Pension hätte für sie eine finanzielle Härte zur Folge. Es fällt ausschließlich in die Risikosphäre des Bauherrn, wenn er vor Erteilung der Baugenehmigung eine genehmigungspflichtige Nutzung aufnimmt (OVG LSA, Beschl. v. 23.03.1995 – 1 M 3/95 –, juris, RdNr. 8). Zudem kann das Einschreiten – auch unter Berücksichtigung der sich für die Antragstellerin ergebenden wirtschaftlichen Auswirkungen – auch deshalb nicht als unverhältnismäßig angesehen werden, weil die Anlage nicht nur in einzelnen, sondern in einer Vielzahl von Punkten brandschutzrechtliche Probleme aufwirft und damit eine besondere Gefahrensituation für die untergebrachten Gäste begründet (vgl. Beschl. d. Senats v. 30.11.2006, a.a.O.).
- 36
d) Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Antragstellerin, sie habe bereits sehr lange Zeit, mindestens seit dem 01.04.1999, die Pension schadensfrei betrieben. Die Behörde ist grundsätzlich befugt, auch dann noch gegen (formell) bauordnungswidrige Zustände einzuschreiten, wenn sie diese längere Zeit geduldet hat; das schlichte Unterlassen bauaufsichtlichen Einschreitens hindert den Erlass einer solchen Verfügung ohne Hinzutreten besonderer einzelfallbedingter Umstände grundsätzlich nicht (Beschl. d. Senats v. 30.11.2006, a.a.O.). Zudem sind bei Gefährdungen von Leben oder Gesundheit als geschützten Rechtsgütern an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen; soweit es um den baulichen (vorbeugenden) Brandschutz geht, ist zu berücksichtigen, dass mit der Entstehung eines Brandes in einem Gebäude praktisch jederzeit gerechnet werden muss (vgl. Beschl. d. Senats v. 08.03.2017 – 2 L 78/16 –, juris, RdNr. 8, m.w.N.).
- 37
4. Auch die den Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung betreffenden Einwände der Antragstellerin verfangen nicht.
- 38
4.1. Zu Unrecht beanstandet sie, der Antragsgegner habe die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht begründet. Der Antragsgegner hat auf Seite 6 des Bescheides im Einzelnen dargelegt, weshalb der Vollzug der Verfügung im konkreten Fall keinen Aufschub dulde. Diese Ausführungen genügen den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO an die Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung.
- 39
4.2. Die Antragstellerin vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung, und die sofortige Vollziehung der Nutzungsuntersagung hätte eine für sie eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Die Vorschrift des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO, auf die sich die Antragstellerin offenbar bezieht, betrifft die Fälle der Anforderung von öffentlichen Kosten und Abgaben (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Es bedarf keiner Vertiefung, ob sie insgesamt auf andere Fälle nicht, auch nicht analog, anzuwenden ist und auch keinen allgemeinen, für alle Entscheidungen nach § 80 Abs. 4 und 5 VwGO maßgeblichen Rechtsgedanken enthält (so Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 80 RdNr. 116, m.w.N.). Außerhalb des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO mag bei gesetzlichem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eine Analogie in Betracht zu ziehen sein, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (so Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 80 RdNr. 303). Ferner mag der Regelung entnommen werden können, dass den Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs Bedeutung für die Aussetzungsentscheidung zukommt (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O.; auch Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Aufl., § 80 RdNr. 62). Die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung hat die Antragstellerin aber mit ihrer Beschwerde aus den oben dargelegten Gründen nicht in Zweifel ziehen können. Der weitere in § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO enthaltene Maßstab der unbilligen, nicht durch öffentliche Interessen gebotenen Härte ist jedenfalls nicht entsprechend anwendbar, da er auf die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten zugeschnitten ist.
- 40
4.3. Die Antragstellerin macht schließlich ohne Erfolg geltend, soweit das Verwaltungsgericht das Dringlichkeitsinteresse wegen der festgestellten Brandschutzmängel und der Gefahr für Leib und Leben der die Pension besuchenden Personen als begründet ansehe, sei dies zumindest durch die teilweise Beseitigung der Mängel und für die Räume im Erdgeschoss nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht hat das besondere Vollzugsinteresse damit begründet, dass die sofortige Vollziehung einer bauaufsichtlichen Nutzungsuntersagung bei formeller Illegalität einer baulichen Anlage regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse liege, weil sie die Rechtstreue der Bevölkerung untergrabende Vorbildwirkungen einer formell illegalen Nutzung bekämpfe, dem "Schwarzbauer" ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem erst nach Erteilung der Baugenehmigung Nutzenden entziehe und ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht verhindere. Mit diesen Erwägungen setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.
- 41
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
- 42
C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
- 43
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
moreResultsText
Annotations
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.