Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 06. Mai 2013 - 10 L 1/13
Gericht
Gründe
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Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - Disziplinarkammer - vom 17. Januar 2013 hat keinen Erfolg.
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1. Das Vorbringen des Klägers ist nicht geeignet, die gemäß §§ 64 Abs. 2 DG LSA, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen. Insbesondere tritt der Kläger nicht schlüssig der Qualifizierung seines Verhaltens als schuldhaftes Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG entgegen.
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Mit Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der ordnungsgemäße Umgang mit den Verwarngeldblöcken und nicht minder die fristgerechte Abrechnung eingenommener Verwarngelder zu den Kernpflichten eines Polizeibeamten gemäß §§ 54 Satz 3, 55 Satz 2 BG LSA und §§ 34 Satz 3, 35 Satz 2 BeamtStG gehören. Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht mit Recht - und ohne dass die Antragsbegründungsschrift überhaupt darauf eingeht - auf die dem Kläger regelmäßig gegen Unterschrift bekannt gegebene Verfügung der Polizeidirektion B-Stadt vom 24. Februar 2002 über das „Verfahren bei der Erteilung von Verwarngeldern sowie der Erhebung und Abrechnung von Verwarngeldern“ sowie die - dem Kläger ebenfalls bekannt gegebene - Neuregelung der Verfügung durch die Beklagte vom 27. Mai 2008 abgestellt.
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Danach war der Kläger verpflichtet, den Verwarngeldblock - wie auch das eingenommene Verwarngeld - sicher und getrennt von privaten Zahlungsmitteln aufzubewahren. Dies bedeutet auch, dass der Kläger dafür zu sorgen hatte, dass der Verwarngeldblock nicht - wie von ihm behauptet - „versehentlich“ in die Wäsche geriet. Mit Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass bereits in dem „Mitwaschen“ des Verwarngeldblocks ein Verstoß gegen die dem Kläger obliegenden Dienstpflichten zu sehen ist.
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Soweit sich der Kläger dahingehend einlässt, das Verwaltungsgericht „kriminalisiere“ den Vorgang, so ist dazu bereits zu bemerken, dass von einer Kriminalisierung im strafrechtlichen Sinne nicht die Rede ist; es geht lediglich um eine disziplinarrechtliche Würdigung des Verhaltens des Klägers. Soweit sich der Kläger zudem zu der Bemerkung hinreißen lässt, die „Usancen, wie jeder einzelne seine Wäsche zu waschen hat, könnten nicht durch ein Gericht festgelegt werden“, ist eine derartige Einlassung nicht nur niveaulos, sondern zeigt, dass der Kläger offensichtlich nicht willens ist, die einem Polizeibeamten obliegenden Dienstpflichten zum ordnungsgemäßen Umgang mit Verwarngeldblöcken überhaupt zu verinnerlichen.
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Zudem vermag der Kläger auch nicht die Feststellung des Verwaltungsgerichts mit Erfolg infrage zu stellen, eine - weitere - Dienstpflichtverletzung liege in dem Verstoß gegen die im Jahr 2008 ergangene Anordnung, Verwarngeldblöcke und eingenommene Verwarngelder nicht mehr in der häuslichen Wohnung aufzubewahren. Die dazu vom Kläger gegebene Einlassung, eine sichere Aufbewahrung auf dem Polizeirevier sei nicht möglich, weil „die Schlösser der jeweiligen Aufbewahrungsfächer durch Dritte geöffnet“ würden, so handelt es sich zu einem um eine völlig unsubstantiierte Behauptung, zu anderen um den in keiner Weise akzeptablen Versuch, Kollegen oder gar die Behördenleitung einer möglichen Straftat zu bezichtigen. Völlig fehl geht auch der Hinweis des Klägers, ein Polizeibeamter könne „ein pflichtgemäßes Verhalten nicht herbeiführen“, wenn die Einhaltung von Vorschriften nicht vom Vorgesetzten kontrolliert werde. Abgesehen davon, dass gerade die Kontrolle durch Vorgesetzte zur Aufklärung des hier maßgeblichen Sachverhalts geführt hat, ist es zuvörderst Sache eines Polizeibeamten selbst, von sich aus für eine Beachtung der ihm obliegenden Dienstpflichten und deren Befolgung zu sorgen.
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Soweit das Verwaltungsgericht schließlich eine - dritte - Dienstpflichtverletzung durch den Kläger mit der Begründung festgestellt hat, er habe gegen die ihm obliegende Pflicht zur Gesunderhaltung verstoßen, indem er während der Zeit einer krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit schwere körperliche Tätigkeiten verrichtet habe, tritt dem die Antragschrift ebenfalls nicht schlüssig entgegen. Der Kläger räumt selbst ein, als Einziger in dem Stall neben einer Betonmischmaschine angetroffen worden zu sein. Der bloße, im Übrigen unsubstantiierte Hinweis darauf, es könne ja auch sein, dass derjenige, der neben einer laufenden Betonmischmaschine angetroffen worden sei, diese gar nicht befülle, ist jedenfalls auch nicht ansatzweise dazu geeignet, ernstliche Zweifel an den tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Würdigung durch das Verwaltungsgericht zu begründen.
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2. Soweit der Kläger die Zulassung der Berufung gemäß §§ 64 Abs. 2 DG LSA, 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO mit einem Verfahrensmangel begründen will, hat der Antrag ebenfalls keinen Erfolg.
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Die dem Gericht obliegende Sachverhaltserforschungspflicht geht nur so weit, als dies für die Entscheidung des Gerichts erforderlich ist, also wenn und soweit es nach der Rechtsauffassung des Gerichts - selbst wenn diese unzutreffend sein sollte - hierauf entscheidungserheblich ankommt. Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO nicht, wenn es den aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Sachverhalt etwa aufgrund der beigezogenen Verwaltungsvorgänge für aufgeklärt hält oder von einer Beweisaufnahme absieht, die ein Rechtsanwalt nicht in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO entsprechenden Form beantragt hat (vgl. B. des Senats vom 23.08.2011 - 10 L 4/11; juris m. w. N.). Im Übrigen kann der Kläger auch deswegen kein Gehör finden, weil er es - anwaltlich und damit rechtskundig vertreten - versäumt hat, in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 17. Januar 2013, in welcher die Sach- und Rechtslage „ausführlich“ erörtert wurde, einen Beweisantrag gemäß § 86 Abs. 2 VwGO zu stellen. Damit hat er sich der Möglichkeit begeben, auf eine weitere und von ihm als geboten angesehene Sachverhaltsaufklärung hinzuwirken.
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3. Hinsichtlich der Höhe der zu verhängenden Sanktion hat das Verwaltungsgericht - ohne dass der Kläger dem überhaupt entgegengetreten ist - zunächst mit Recht berücksichtigt, dass der Kläger bereits aufgrund eines ihm im Jahr 2006 erteilten Verweises disziplinarrechtlich vorbelastet ist. Im Übrigen gebietet nicht nur das Versagen des Klägers im Kernbereich seiner Dienstpflichten als Polizeibeamter, sondern vor allem seine Uneinsichtigkeit in eigenes Fehlverhalten - verbunden mit dem Versuch, Fehler immer bei Anderen zu suchen - die Verhängung einer für einen längeren Zeitraum spürbaren Sanktion. Die erkannte Kürzung der Dienstbezüge erscheint daher dem Senat keinesfalls als überzogen und soll dem Kläger klar vor Augen halten, dass er sich künftig an seine Dienstpflichten zu halten hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 72 Abs. 4 DG LSA i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtsgebührenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 64 Abs. 2 DG LSA i. V. m. §§ 124 Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO).
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(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.
(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.