Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 05. Mai 2006 - 3 Q 22/06

published on 05/05/2006 00:00
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 05. Mai 2006 - 3 Q 22/06
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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 9/05.A – wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Antragsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

Dem Antrag des im Jahre 2003 in die Bundesrepublik Deutschland eingereisten Klägers, der serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo ist, auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil vom 23.9.2005, mit dem das Verwaltungsgericht seine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Bestehens von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 AufenthaltsG abgewiesen hat, kann nicht entsprochen werden.

Das Vorbringen des Klägers in der Begründung seines Zulassungsantrages, das den gerichtlichen Prüfungsumfang in dem vorliegenden Verfahren begrenzt, rechtfertigt nicht die erstrebte Berufungszulassung wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG).

Der Kläger, der vorträgt, sein Vater sei Albaner und seine Mutter sei Serbin, aufgrund dieser Herkunft sei er im Kosovo von Albanern drangsaliert, misshandelt und bedroht worden, wirft in der Begründung seines Zulassungsantrages als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, ob und inwieweit Angehörige aus gemischt-ethnischen Familien im Kosovo einer extremen Gefahrenlage im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthaltsG ausgesetzt sind, sowie – konkret – ob und inwieweit Angehörige gemischt-serbisch-albanischer Familien im Kosovo gefährdet sind. Er führt in diesem Zusammenhang aus, die in dem angefochtenen Urteil in Bezug genommene Entscheidung der 10. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 28.06.2005 – 10 K 76/03.A – enthalte zwar Ausführungen zur Situation gemischt-ethnischer Familien, nicht jedoch zur Situation solcher Familien, bei denen ein Teil der Volksgruppe der Serben angehöre. Zudem stünden die Einschätzungen der 10. und der 11. Kammer des Verwaltungsgerichts derjenigen des UNHCR entgegen, der in einem vom Auswärtigen Amt in seinem „Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo)“ vom 4.11.2004 angeführten Bericht zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo von Januar 2003 darauf hinweise, dass es einige Kategorien von Kosovo-Albanern, so von solchen gemischt-ethnischer Herkunft gebe, die mit ernsten Problemen einschließlich physischer Gefahr konfrontiert werden könnten, wenn sie nach Hause zurückkehrten. Die von der 11. Kammer eingeholte Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 16.9.2005, die über ein Jahr nach Ergehen des noch von der damals zuständigen 10. Kammer erlassenen Beweisbeschlusses vom 23.6.2004 vorgelegt worden sei, erschöpfe sich in der Aussage, es seien bis zum heutigen Tag keine konkreten Fälle einer tatsächlichen Gefährdung von Personen gemischt-ethnischer Herkunft bekannt geworden, erlaube indes nicht den Schluss, dass es eine solche Gefährdung nicht gebe. Albaner, die sich mit Serben einließen oder eingelassen hätten, würden als Vertreter an der gemeinsamen albanischen Sache eingestuft und müssten deshalb mit Vergeltung und Repressalien rechnen. Nach der UNHCR-Position zur fortlaufenden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo von 2005 seien Personen in gemischt-ethnischen Ehen oder gemischt-ethnischer Abstammung weiterhin einer erhöhten Verfolgungsgefahr ausgesetzt. Die vom Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20.3.2000 – 3 R 89/99 – werde wohl der aktuellen Lage nicht mehr gerecht.

Dieser Vortrag rechtfertigt die begehrte Rechtsmittelzulassung nicht. Denn das Verwaltungsgericht hat die Abweisung des Begehrens des Klägers in erster Linie darauf gestützt, dass dessen Vortrag wegen sich in wesentlicher Hinsicht steigernder und widersprechender Angaben im Verwaltungs- und Klageverfahren unglaubhaft sei und dies im Einzelnen, teilweise unter Bezugnahme auf diesbezügliche Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 20.1.2003 dargelegt. Es gelangt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass das gesamte Vorbringen des Klägers, der Drangsalierungen, Misshandlungen und Bedrohungen durch Albaner wegen seiner angeblichen gemischt-ethnischen Herkunft geltend gemacht hatte, „zum Grund seiner Flucht aus dem Kosovo nicht der Wahrheit entspricht, er vielmehr aus anderen als den vorgetragenen Gründen sein Heimatland verlassen hat.“

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger sei unglaubhaft, erstreckt sich dabei, wie aus der Bezugnahme auf die diesbezüglichen Ausführungen im Bescheid vom 20.1.2003 (siehe dort Seiten 6 und 7) sowie aus den eigenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts (Seite 7 und 8 des Urteilsabdrucks) hervorgeht, sowohl auf die Behauptung des Klägers, seine Mutter sei Serbin, als auch auf die angeblichen Vorfälle, die ihn dazu veranlasst haben sollen, den Kosovo zu verlassen. Sie bezieht sich mithin auf das Sachvorbringen, das Auslöser für die von dem Kläger als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen ist

vgl. hierzu Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 78 Rdnr. 169.

Lediglich ergänzend – „Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen“ – hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die auch im Berufungszulassungsantrag zitierten Entscheidungen und die im vorliegenden Verfahren eingeholte Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 16.9.2005 ausgeführt, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit des Saarlandes in ständiger Rechtsprechung davon ausgehe, dass gemischt-ethnische Familien im Kosovo keiner extremen Gefahrenlage im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG ausgesetzt seien. Aufgrund der einleitenden Formulierung und der lediglich kursorischen Aussage ist bereits anzunehmen, dass es sich bei diesem Teil des erstinstanzlichen Urteils in der Tat lediglich um einen bloßen Hinweis und nicht um einen tragenden Teil der Entscheidungsgründe handelt. Hiervon ausgehend stellen sich die von dem Kläger als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Fragen bereits deshalb nicht, weil sie von dem insoweit maßgeblichen rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts her nicht entscheidungserheblich sind

vgl. zum Beispiel Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage, § 78 AsylVfG Rdnr. 16; Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 78 Rdnr. 153; Gemeinschaftskommentar zum AsylVfG, § 78 Rdnr. 153 m.w.N..

Aber auch wenn dem „Hinweis“ des Verwaltungsgerichts auf die Situation gemischt-ethnischer Familien im Kosovo die Bedeutung einer weiteren tragenden (Hilfs-)Begründung zukommen sollte, könnte dem Zulassungsbegehren des Klägers nicht entsprochen werden, denn in Fallgestaltungen, in denen das angefochtene Urteil auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt ist, ist für eine Rechtsmittelzulassung nur Raum, wenn hinsichtlich eines jeden dieser Gründe ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt

vgl. zum Beispiel Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.10.1989 – 9 B 405/89 – NVwZ – RR 1990, 379; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 7.7.2005 – 2 Q 23/05 m.w.N. (Fußnote 12); Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 78 Rdnr. 155.

Daran fehlt es hier. Der Kläger hat sich nämlich in seinem Berufungszulassungsantrag darauf beschränkt, von ihm für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Fragen bezüglich der Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Situation gemischt-ethnischer Familien im Kosovo aufzuwerfen, hinsichtlich der das angefochtene Urteil zumindest in erster Linie tragenden Erwägung, der Vortrag des Klägers sei unglaubhaft, die sich – wie bereits ausgeführt – auf Sachvorbringen erstreckt, das Auslöser für die aufgeworfenen Fragen ist, hat er indes keinen Zulassungsgrund vorgebracht.

Von einer weiteren Begründung der Nichtzulassungsentscheidung wird abgesehen (§ 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG).

Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist danach kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83 b AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb
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published on 29/06/2006 00:00

Tenor Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 12 K 185/04.A - wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten d
published on 29/05/2006 00:00

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 12 K 117/04.A – wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten
published on 19/05/2006 00:00

Tenor Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 10 K 250/04.A – wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kost
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Annotations

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.