Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 27. Juni 2007 - 3 Q 164/06

published on 27/06/2007 00:00
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 27. Juni 2007 - 3 Q 164/06
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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. Oktober 2006 - 1 K 64/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12.10.2006 - 1 K 64/05 -, mit dem das Verwaltungsgericht das Presseauskunftsbegehren des Klägers gegen den Beklagten auf Offenlegung der Gründe politischer Untätigkeit zurückgewiesen hat, kann nicht entsprochen werden.

Der Kläger problematisiert im Rahmen des Zulassungsbegehrens, ob das Urteil des Verwaltungsgerichts auf mehrere tragende Begründungen gestützt ist. Das Verwaltungsgericht hat sich zwar mit der Abgrenzung von Auskunftsansprüchen für die Presse einerseits und für eine PR-Tätigkeit andererseits befasst, indessen ohne abschließende gerichtliche Stellungnahme (Urteil S. 24). Selbstständig tragend für die Klageabweisung ist dagegen die Begründung des Verwaltungsgerichts, dass die Presseanfrage hier auf innerlich gebliebene Motive gerichtet ist (zur Auslegung des Auskunftsbegehrens S. 25 im Sinnzusammenhang mit S. 23 des Urteils) und damit die rechtlichen Grenzen einer Presseauskunft überschritten sind, die sich danach auf Tatsachen richtet, indessen nicht auf innerlich gebliebene Motive.

Mithin sind die geltend gemachten Zulassungsgründe nur insoweit entscheidungserheblich, als sie sich gegen den tragenden Teil der Begründung des Verwaltungsgerichts richten

vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.9.1990 - 9 B 107/90 -, wonach gegen jede selbstständig tragende Begründung ein Zulassungsgrund geltend gemacht werden und auch vorliegen muss.

Mit Blick auf die danach tragende Begründung macht der Kläger die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie einen wesentlichen Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) geltend.

Mit Blick auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel stellt der Kläger sowohl die Auslegung der Presseanfrage durch das Verwaltungsgericht als auch die Begrenzung des Presseauskunftsanspruchs auf Tatsachen unter Ausschluss innerer Tatsachen und Motive in Frage.

Dem Verwaltungsgericht hält der Kläger eine reine Wortauslegung der Anfrage vor. Das Verwaltungsgericht habe allein aus der Formulierung der beiden Pressefragen „Warum“ und „Weshalb“ gefolgert, es werde deshalb nach innerlich gebliebenen Motiven geforscht. Solche Fragen zielten nicht zwangsläufig auf innere Absichten, sondern schlicht auf die Gründe der Untätigkeit. Der Grund für ein Unterlassen der Verwaltung stelle an sich eine objektive Tatsache dar. Darum gehe es auch bei der Presseanfrage.

Die Angriffe gegen die Auslegung des Verwaltungsgerichts überzeugen weder methodisch noch im Ergebnis. Methodisch hat sich das Verwaltungsgericht nicht etwa mit einer Wortauslegung begnügt. Das Verwaltungsgericht hat es als geboten angesehen (S. 23 des Urteils), zur Auslegung auch die beiden Anlagen der Presseanfrage einzubeziehen, und zwar die Schreiben der Vertriebsleute und des Firmengründers der von der vorgetragenen Untätigkeit betroffenen Firma. Erkennbar entspricht das Vorgehen des Verwaltungsgerichts der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach empfangsbedürftige Willenserklärungen im öffentlichen Recht entsprechend zivilrechtlichen Grundsätzen nach dem objektiven Erklärungswert aus der Empfängersicht auszulegen sind unter Berücksichtigung aller erkennbarer Umstände

BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, zitiert nach Juris.

Auch inhaltlich ist das Auslegungsergebnis des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, wonach das Auskunftsbegehren letztlich auf die Erforschung und anschließende Bekanntgabe innerlich gebliebener Motive gerichtet ist. Mit Blick auf die Auslegung hat das Verwaltungsgericht hervorgehoben, dass bereits die Presseanfrage selbst die wertende Formulierung enthält, nach den vorliegenden Informationen sei die Firma in den Ruin getrieben worden, was nach der Ansicht des Verwaltungsgerichts den Vorwurf einer Schädigungsabsicht der Finanzbehörden enthält. Bei der nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlichen Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände sind auch die ausdrücklich beigefügten Anlagen zur der Presseanfrage in die Auslegung miteinzubeziehen, wie es auch das Verwaltungsgericht getan hat. Bestätigend und bestärkend dazu zielen nach der Ansicht des Senats die Formulierungen in der Anlage 1 „persönliche Abneigung“, „Sturheit und Arroganz“ sowie in der Anlage 2 „übermächtige machthungrige Fiaskobeamte“ und „die Absicht Ihrer besessenen Beamten“ erkennbar auf innere Motive der Untätigkeit und nicht zugleich auf eine Objektivierung im Sinne objektiver Gründe. Der in der Zulassungsbegründung hervorgehobene Gesichtspunkt, die Ursache eines Unterlassens der Verwaltung stelle an sich eine objektive Tatsache dar, findet in der Presseanfrage nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont keinen Anhaltspunkt. In der Presseanfrage und den Anlagen sind die inneren Motive, um die es geht, sogar ausdrücklich benannt. Deshalb ist die Gegenauslegung des Klägers, es ginge auch und gerade um objektive Tatsachen als Gründe, doch sehr fern liegend. Sie genügt jedenfalls nicht, um ernstliche Zweifel an dem hier gefundenen Auslegungsergebnis des Verwaltungsgerichts zu begründen.

Mit seinem weiteren Zulassungsvorbringen stellt der Kläger die Rechtsgrenzen des Presseauskunftsrechts, so wie sie das Verwaltungsgericht im Anschluss an das Urteil des OVG Münster vom 23.5.1995 - 5 A 2875/92 - bestimmt hat, in Frage. Nach der Rechtsauffassung des Klägers gilt der Presseauskunftsanspruch nach § 5 SMG (nunmehr in der Fassung vom 25.4.2007, Amtsbl. S. 1062) ohne Einschränkung für die Ursachen des Handelns und Unterlassens von Politikern. Die Bürger in der Demokratie interessiere es gerade, warum und weshalb die von ihnen gewählten Politiker entsprechend gehandelt bzw. nicht gehandelt hätten. Dieses erhebliche Informationsinteresse sei verfassungsrechtlich durch die Pressefreiheit und Informationsfreiheit des Art. 5 GG geschützt. Ohne einen solchen uneingeschränkten Informationsanspruch und eine entsprechende Informationsverbreitung könne eine Demokratie und damit auch die Kontrolle staatlicher Stellen durch die Presse nicht funktionieren. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund enthalte der Gesetzestext des § 5 SMG keine Einschränkung im Sinne des Verwaltungsgerichts und es gebe auch keinen Grund für eine solche Einschränkung.

Dem Kläger ist durchaus einzuräumen, dass es um ein wesentliches Anliegen der Presse geht. Das öffentliche Interesse, nicht nur die Unterlassungen der Politiker aufzudecken, sondern darüber hinaus auch deren innere Motive zu erforschen, ist ganz erheblich. Das Informationsinteresse der Presse hat auch verfassungsrechtlich großes Gewicht und für den Kontrollauftrag der Presse. Deshalb hätte die Erstreckung des Presseauskunftsanspruchs auf innere Tatsachen und Vorgänge eine bedeutende Verstärkung der Kontrollfunktion der Presse zur Folge.

Indessen kann das Anliegen des Klägers nach der Gesetzes -und vor allem der Verfassungsrechtslage keinen Erfolg haben.

Das Verwaltungsgericht hat sich (Urteil S. 24) in vollem Umfang der Rechtsprechung des OVG Münster zum Verhältnis von Presseauskunftsrecht und inneren Tatsachen angeschlossen

OVG Münster, Urteil vom 23.5.1995 - 5 A 2875/92 -, zitiert nach Juris, dort insbesondere Rn. 14 und 22.

Nach dieser Rechtsprechung beschränkt sich das Presseauskunftsrecht auf Tatsachen. Dazu gehören aber nicht innere Tatsachen wie Absichten, Motive und sonstige Überlegungen. Die Behörden könnten solchen Auskunftsersuchen „naturgemäß“ nur nachkommen, wenn diese inneren Vorgänge sich im amtlichen Raum manifestiert hätten. Eine behördliche Erforschung innerlich gebliebener Motive von Amtsträgern scheide schon wegen der zu schützenden Persönlichkeitssphäre der Betroffenen von vornherein aus. Mithin erstreckt sich ein Presseauskunftsanspruch nach der Rechtsprechung des OVG Münster nicht auf innerlich gebliebene Tatsachen und Vorgänge.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts und des OVG Münster stimmt mit der derzeitigen Gesetzeslage und vor allem eindeutig mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Presserecht und zum Persönlichkeitsrecht überein und überzeugt auch den Senat.

§ 5 SMG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 25.4.2007 (Amtsbl. S. 1062) verpflichtet in Absatz 1 Behörden dazu, Vertreterinnen und Vertretern der Medien die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Eine gesetzliche Einschränkung enthält § 5 Abs. 2 Nr. 3 SMG für den Fall der Verletzung eines schutzwürdigen privaten Interesses. Der Gesetzestext öffnet sich mithin für eine verfassungskonforme Auslegung, die letztlich über die Einbeziehung oder den Ausschluss innerer Tatsachen und Vorgänge mit Blick auf den Auskunftsanspruch entscheidet.

Mit Blick auf die Würdigung der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) sowie der zugehörigen Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) einerseits und des Persönlichkeitsrechts nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG andererseits geht der Senat von der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, die zu einer eindeutigen Lösung im vorliegenden Fall führt.

Die Presse- und Informationsfreiheit hat einen hohen Rang. Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich

BVerfG, Beschluss vom 24.5.2005 - 1 BvR 1072/01 -, zitiert nach Juris, Rn. 51; ebenso schon grundlegend „Spiegel-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts vom 5.8.1966 - 1 BvR 586/62 -.

Die Presse hat eine kritische Funktion und stellt ein Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern dar

zum ersteren BVerfG, Beschluss vom 28.5.1999 - 1 BvR 77/99 -; zum letzteren BVerfG, Spiegel-Urteil vom 5.8.1966 - 1 BvR 586/62 -.

Die Presse-, Rundfunk- und Informationsfreiheit schützt auch die Beschaffung der Information

umfassend zur Presse-, Rundfunk- und Informationsfreiheit BVerfG, Urteil vom 24.1.2001 - 1 BvR 2623/95 - „Politbürourteil“, zitiert nach Juris, Rn. 54-56; zur Informationsbeschaffung der Presse bereits Urteil des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 1.4.1998 - 8 R 27/96 -.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats ist die Presseauskunftspflicht eine prinzipielle Folgerung aus der Pressefreiheit

so sinngemäß BGH, Urteil vom 10.2.2005 - III ZR 294/04 -, zitiert nach Juris und ausdrücklich Urteil des OVG des Saarlandes vom 1.4.1998 - 8 R 27/96 -, S. 12 des Umdr..

Insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Klägers versetzt erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen

BVerfG, Beschluss vom 14.7.1994 - 1 BvR 1595/92 -, zitiert nach Juris, Rn. 34.

Der funktionsgemäß erforderliche Umfang der Presseauskunft bestimmt sich auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung nach einer „Geschehnisformel“. Danach soll der Informationsanspruch der Presse die Wahrnehmung ihrer Aufgabe dadurch ermöglichen, dass sie umfassend und wahrheitsgetreu Informationen über Geschehnissen von öffentlichem Interesse erhält

BGH, Urteil vom 10.2.2005 - III ZR 294/04 -, zitiert nach Juris, Rn. 10; inhaltsgleich BayVGH, Urteil vom 7.8.2006 - 7 BV 05.2582 -, zitiert nach Juris, Rn. 35.

Die dargelegte „Geschehnisformel“ enthält keinen Hinweis darauf, dass zu den Geschehnissen von öffentlichem Interesse auch innere Vorgänge gehören könnten, die sich lediglich im Kopf von Politikern oder Amtsträgern abspielen. In Wirklichkeit könnte eine solche Auskunft auch nicht nach amtlichen Unterlagen erteilt werden, vielmehr müsste der Auskunft gebende Staat seinerseits in solche inneren Tatsachen und Vorgänge eindringen. Zugunsten des Presseauskunftsanspruchs würde also eine Informationsquelle eröffnet, die offensichtlich nicht allgemein zugänglich ist.

Ein starkes Interesse der Öffentlichkeit und auch der Presse an der Eröffnung einer solchen Informationsquelle ist für den Senat klar ersichtlich.

Entscheidend ist, dass mit der Eröffnung einer solchen neuartigen Informationsquelle nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Schutzbereich der Presse-, Rundfunk- und Informationsfreiheit überschritten wird. In seinem Urteil vom 24.1.2001 - 1 BvR 2623/95 - (Politbürourteil) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden (Juris-Ausdruck, Rn. 55):

Zu deren Schutzbereich gehört aber ebenso wenig wie zu dem der Informationsfreiheit ein Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle.

Die verfassungsrechtliche Informationsfreiheit bezieht sich nur auf allgemein zugängliche Informationsquellen

BVerfG, Urteil vom 24.1.2001 - 1 BvR 2623/95 -, Juris-Ausdruck, Rn. 55.

Erst recht - und damit wird das Ergebnis der Fallentscheidung eindeutig - gilt dies für ein Presserecht auf Eröffnung einer Informationsquelle, die zum unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit gehört. Innere Vorgänge gehören nach der Verfassungsrechtsprechung zum unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit, in die der Staat nicht eindringen darf

BVerfG, Urteil vom 3.3.2004 - 1 BvR 2378/98 -, Urteil zum „großen Lauschangriff“, zitiert nach Juris, Rn. 122 und 124, wobei dort weiter gehend nach näherer Maßgabe auch innere Vorgänge zum unantastbaren Kernbereich gezählt werden, die nicht innerlich geblieben, sondern im Schutz der Privatwohnung geäußert wurden.

Diese Verfassungsrechtsprechung wurde auch nach dem neuesten Stand von 2007 bestätigt

BVerfG, Beschluss vom 11.5.2007 - 2 BvR 543/06 -, zitiert nach Juris, Rn. 39 unter Anerkennung eines Verbots staatlicher Eingriffe in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung.

Der Staat darf mithin nach der neuen Verfassungsrechtsprechung zu keinem Zweck- und damit auch nicht zugunsten der Presse - in den unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit eindringen. Innere Vorgänge genießen mithin nach der neueren Verfassungsrechtsprechung genau den absoluten Schutz, den bereits das OVG Münster der Presseauskunft als Grenze setzt.

Auf der Grundlage dieser Verfassungsrechtsprechung scheidet ein vor Gericht durchsetzbarer und vollstreckbarer Anspruch auf eine Presseauskunft über innere Vorgänge, die sich allein im Kopf von Politikern abspielen, aus.

Die Folgen dieser Verfassungsrechtslage für die Funktion der Pressefreiheit sind sodann in den Blick zu nehmen.

Die der Presse von der Verfassung übertragende Aufgabe der Information und der kritischen Kontrolle des Staates wird durch die vorgenommene Einschränkung des Informationsanspruchs nicht schwer wiegend behindert. Im Bereich der inneren Tatsachen und Vorgänge ist die Presse auf freiwillige Informanten, freiwillige Interviews oder die häufige freiwillige Selbstdarstellung betroffener Politiker und Amtsträger angewiesen, um das starke Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerade an solchen inneren Vorgängen zu befriedigen. Mit dem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen ist dies bereits deshalb vereinbar, weil das Persönlichkeitsrecht die freiwillige Offenbarung innerer Vorgänge einschließt.

Die kritische Kontrollfunktion der Presse gegenüber dem Staat wird in keinem Fall ernsthaft behindert. Dies zeigt ein konkret vom Bundesverfassungsgericht 2003 entschiedener Fall, der zugleich das Verhältnis von Untätigkeit der Politiker und inneren Vorgängen in ihrem Kopf klärt

BVerfG, Beschluss vom 17.9.2003 - 1 BvR 825/99 -.

In dem dortigen Fall ging es um den Zugang eines türkischen Fußballvereins zu kommunalen Sportplätzen. In einer Pressedarstellung hieß es, der Bürgermeister tue nichts um den türkischen Fußballspielern zu einem Fußballplatz zu verhelfen, und weiter hieß es:

Der Bürgermeister trägt die Ausgrenzung im Kopf.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Gegendarstellungsrechtsstreit die Zeitungsäußerung zur Untätigkeit als gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung angesehen, die Ausführungen zu den inneren Motiven im Kopf des Bürgermeisters dagegen ausdrücklich als wertende Äußerungen eingeordnet, die nicht gegendarstellungsfähig sind.

BVerfG, Beschluss vom 17.9.2003 - 1 BvR 825/99 -, zitiert nach Juris, Rn. 22 zur Tatsachenbehauptung und Rn. 23 zu den Motiven der Untätigkeit.

Der entschiedene Fall zeigt hinreichend klar, dass die Presse ihre Kontrollfunktion bei Untätigkeit von Politikern auch dann wahrnehmen kann, wenn diese nicht in die Offensive gehen und ihre inneren Vorgänge offen legen etwa in Interviews, die von der Presse ausgewertet werden können. In jedem Fall bleibt der Presse die Möglichkeit einer scharfen Kritik an der Untätigkeit und eine eigene Bewertung der maßgebenden Gründe der Untätigkeit. Insbesondere kann eine Pressekampagne gegen die Untätigkeit von Politikern durchaus im Sinne einer Kontrolle zu einer geänderten Politik führen, so dass die Funktion der Demokratie auch bei der erforderlichen Beachtung des Persönlichkeitsrechts mit Blick auf innere Vorgänge nicht ernsthaft in Frage steht.

Nach allem scheitert die vom Kläger befürwortete Ausdehnung des Auskunftsanspruchs auf innere Tatsachen und Vorgänge daran, dass der absolut geschützte Kernbereich der Persönlichkeit nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von 2004 und 2007 dem Staat ein Eindringen in diesem Bereich eindeutig verbietet. Das OVG Münster hat in seiner Rechtsprechung, der das Verwaltungsgericht gefolgt ist, diese Einschränkung des Presseauskunftsanspruchs bereits als „naturgemäß“ angesehen, ist mithin davon ausgegangen, dass das Ergebnis keinen Zweifeln unterliegt

OVG Münster, Urteil vom 23.5.1995 - 5 A 2875/92 -, zitiert nach Juris, Rn. 14.

Der Senat ist derselben Auffassung, dass die dargelegte Begrenzung des Presseauskunftsrechts aufgrund der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen ernstlichen Zweifeln unterliegt.

Mithin ist der in erster Linie geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel für die tragenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht gegeben.

Weiterhin hat der Fall nach Auffassung des Klägers grundsätzliche Bedeutung, die er mit drei Grundsatzrügen zur Entscheidung des Senats stellt.

Eine erste Grundsatzrüge betrifft die vom Verwaltungsgericht angesprochene Abgrenzung von Journalismus und PR; diese Abgrenzung ist aber wie dargelegt rechtlich nicht tragend und deshalb auch für den Senat nicht entscheidungserheblich.

Die zweite Grundsatzrüge zielt auf die Auslegung von Presseanfragen. Insoweit stellt der Kläger zur Entscheidung des Senats die beiden Alternativen, ob eine Konkretisierung der Presseanfrage auf innerlich gebliebene Motive im Wege der Auslegung unterstellt werden könne oder nur bei zwangsläufigen Schlussfolgerungen anzunehmen sei. Diese Grundsatzrüge bleibt erfolglos. Zum einen hat das Verwaltungsgericht eine Einzelfallwürdigung aufgrund des emotionalen Gehalts der Presseanfrage und der Anlagen vorgenommen. Beruht das Urteil indessen tragend auf einer Einzelfallwürdigung, kann es nach der Rechtsprechung des Senats insoweit nicht mit der Grundsatzrüge angegriffen werden

Beschluss des Senats vom 1.6.2007 - 3 Q 110/06 -, S. 7 des Umdrucks.

Unabhängig davon besteht für die vom Kläger angenommenen Auslegungsalternativen der bloßen Unterstellung oder zwangsläufiger Schlüsse kein grundsätzlicher Klärungsbedarf. Beides trifft nicht zu. Vielmehr steht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung fest, dass auch für empfangsbedürftige Willenserklärungen im öffentlichen Recht die Grundsätze des Zivilrechts entsprechend gelten und es mithin auf den objektiven Erklärungswert aus der Sicht des Empfängers ankommt unter Berücksichtigung aller erkennbarer Umstände

BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, zitiert nach Juris, S. 5.

Mit seiner dritten Grundsatzrüge stellt der Kläger allgemein zur Entscheidung des Senats, wann Presseauskünfte mit Blick auf Wertungen oder innere Tatsachen verweigert werden dürfen. Entscheidungserheblich ist hier allein die Grenze des Presseauskunftsrechts bei inneren Vorgängen wie innerlich gebliebenen Motiven. Insoweit ist die Verfassungsrechtslage aber eindeutig geklärt. Das OVG Münster hält in seinem Urteil vom 23.5.1995 - 5 A 2875/92 - die vom Senat bereits dargelegte Rechtsgrenze für „naturgemäß“, mithin keiner weiteren Klärung für bedürftig. Eindeutig ist auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach innere Vorgänge zum unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung gehören, in den der Staat nicht eindringen darf

BVerfG, Urteil vom 3.3.2004 - 1 BvR 2378/98 -, Rdnr. 124, sowie bestätigend BVerfG, Beschluss vom 11.5.2007 - 2 BvR 543/06 -.

Nach der insoweit neuesten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Mai 2007 ist dieser Kernbereich der inneren Vorgänge auch „absolut“ geschützt, mithin keiner relativierenden Abwägung mit anderen Rechtsgütern wie der Pressefreiheit zugänglich. Da dies nach der eindeutigen und aktuellen Verfassungsrechtsprechung geklärt ist, bedarf die Frage des absoluten Schutzes innerer Vorgänge keiner weiteren Klärung. Mangels Klärungsbedarfs bleibt mithin auch die dritte Grundsatzrüge erfolglos.

Weiterhin macht der Kläger den Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten geltend. Im Ansatz zu Recht geht er davon aus, der Begründungsaufwand der erstinstanzlichen Entscheidung könne ein Indiz für besondere rechtliche Schwierigkeiten sein

Beschluss des Senats vom 1.6.2007 - 3 Q 110/06 -, S. 27 des Umdrucks.

Insoweit setzt der Kläger aber die Gesamtlänge der Entscheidungsgründe von elf Seiten an. Der Zulassungsgrund muss sich indessen nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die tragende Begründung des Urteils beziehen

BVerwG, Beschuss vom 28.9.1990 - 9 B 107/90 -.

Tragend für die Klageabweisung sind aber im Wesentlichen nur die Ausführungen zur Auslegung der Presseanfrage (S. 23 und S. 25 des Urteils) sowie die Rechtsausführungen zur Grenze des presserechtlichen Auskunftsrechts bei inneren Tatsachen (S. 24 bis S. 26 des Urteils), insgesamt also nur vier Seiten. Die Abhandlung einer Verfassungsrechtsfrage auf rund vier Seiten indiziert keinen besonderen Begründungsaufwand im Sinne besonderer Schwierigkeiten. Weiterhin meint der Kläger, auch in der Sache selbst ergäben sich besondere Schwierigkeiten bei den Anforderungen an die Formulierung einer presserechtlichen Anfrage. Das überzeugt nicht. Aus der Sicht der Presse bereitet es keine Schwierigkeiten, klar unterscheidbar nach den objektivierten Gründen oder den Motiven der behördlichen Untätigkeit zu fragen. Im vorliegenden Fall bereitet die Einzelfallauslegung aufgrund des emotionalen Gehalts der Presseanfrage und der Anlagen keine besonderen Schwierigkeiten.

Weiterhin nimmt der Kläger an, die Rechtssache weise besondere rechtliche Schwierigkeiten mit Blick auf die Grenzen des Presseauskunftsanspruchs bei Fragen nach inneren Tatsachen auf. Bei Abgrenzungen des Presseauskunftsrechts können durchaus komplizierte, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschiedene Fragen auftreten, die dann einen Zulassungsgrund bedeuten. Im vorliegenden Fall liegt es aber anders. Der Senat zieht mit dem absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit im vorliegenden Fall nur die Konsequenzen aus einer aktuellen Verfassungsrechtsprechung aus dem Jahr 2007. Wegen der Eindeutigkeit und Aktualität dieser Rechtsprechung bereitet dies keine besonderen Schwierigkeiten.

Mithin scheidet für die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts auch der Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten aus.

Abschließend macht der Kläger geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe auf einem wesentlichen Verfahrensmangel. Das Gericht habe den mündlichen Vortrag des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2006 über eine Sitzung im Finanzministerium übergangen. Stattdessen habe es in den Entscheidungsgründen des Urteils festgestellt (Urteil S. 25):

Weder hat es der Kläger behauptet noch ist es für die Kammer aus sonstigen Umständen ersichtlich, dass die Gründe für das Untätigbleiben des Beklagten in irgendeiner Weise innerbehördlich dokumentiert worden sein könnten.

Darin liege sowohl eine Verletzung des rechtlichen Gehörs als auch der Aufklärungspflicht nach § 86 VwGO. Ergänzend trägt der Kläger dazu in dem Schriftsatz vom 6.5.2007 vor, für die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht bedürfe es weder eines Beweisantrags noch einer zuvor erfolgten Protokollierung erster Instanz, zumal Selbstverständlichkeiten nicht protokolliert werden müssten.

Die Verfahrensrüge muss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfolglos bleiben.

Soweit es um Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil über den Parteivortrag in der mündlichen Verhandlung geht, kann eine angeblich Unrichtigkeit dieser Feststellungen nicht mit der Verfahrensrüge, sondern gemäß § 119 Abs. 1 VwGO nur mit dem fristgebundenen Antrag auf Berichtigung geltend gemacht werden

BVerwG, Beschluss vom 15.4.1998 - 2 B 26/98 -, Jurisausdruck Rdnr. 3, dort als ständige Rechtsprechung bezeichnet.

Dabei geht die Berichtigungsregelung des § 119 Abs. 1 VwGO von einem funktionalen Tatbestandsbegriff aus und umfasst alle Tatsachen in der Entscheidung unabhängig davon, in welchem Entscheidungsteil sie angesiedelt sind

Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 119 Rn. 2 m.w.N.

An einem solchen fristgerechten Tatbestandberichtigungsantrag fehlt es hier ausweislich der Akten. Auf die weiteren Ausführungen des Klägers dazu, ob eine Protokollierung beziehungsweise eine Protokollberichtigung hier überflüssig war, kommt es mithin nicht mehr an

vgl. aber zum Vorrang der Protokollberichtigung vor der Verfahrensrüge Beschluss des Senats vom 24.4.2006 - 3 Q 60/05 -, S. 6 des Umdrucks.

Da eine Verfahrensrüge nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erhoben werden kann, scheidet sie sowohl in Form der Gehörsrüge als auch der Aufklärungsrüge aus. Mithin greift keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe gegen die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts durch.

Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist danach kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus den §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 10/02/2005 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 294/04 Verkündet am: 10. Februar 2005 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja NdsPresseG §
published on 01/06/2007 00:00

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 10.3.2006 - 1 K 15/04 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tr
published on 24/04/2006 00:00

Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 220/05 – wird zurückgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben; die
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Annotations

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.

(2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluß. Der Beschluß ist unanfechtbar. Bei der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die beim Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so entscheidet bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden. Der Berichtigungsbeschluß wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.