Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 11. März 2010 - 2 A 401/08

published on 11/03/2010 00:00
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 11. März 2010 - 2 A 401/08
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Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6. Juni 2008 – 6 K 348/08 – wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der in erster Instanz erfolgreiche Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Asylberechtigung und seiner Flüchtlingsanerkennung.

Er ist 1982 in Midyat in Ostanatolien geboren, türkischer Staatsangehöriger, Kurde und gehört nach eigenen Angaben der Glaubensgemeinschaft der Yeziden an. Der Kläger reiste im März 1987 mit den Eltern G und C A. sowie zwei jüngeren Geschwistern in die Bundesrepublik ein und suchte zunächst erfolglos um die Anerkennung als Asylberechtigter nach. (vgl. den Ablehnungsbescheid des damaligen Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.2.1988 – 163-18877-87 -, VG Ansbach, Urteil vom 12.7.1988 – AN 1 K 88.31569 –) Bei der Asylantragstellung hatte der Vater des Klägers angegeben, die Moslems in der Türkei vergewaltigten yezidische Frauen und man könne nichts dagegen tun. Sie hätten keine Rechte, keine Schulen und keine medizinische Versorgung, nicht einmal ein Stück Land, das sie bearbeiten könnten. In der dieses Verfahren abschließenden Entscheidung des VGH München (vgl. VGH München, Beschluss vom 30.11.1988 – 11 CZ 88.31496 –) heißt es unter anderem, ein genereller Asylanspruch für Yeziden aus der Türkei sei ausgeschlossen, da Istanbul ihnen eine inländische Fluchtalternative biete.

Auf den im Oktober 1993 unter Verweis auf neue, eine Verfolgung von Kurden in der Türkei belegende Erkenntnisse gestellten Folgeantrag wurde der Kläger im November 1994 als Asylberechtigter anerkannt; gleichzeitig wurde das Vorliegen der Flüchtlingsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt. (vgl. den Anerkennungsbescheid des Bundesamts vom 4.11.1994 – B 1794628-163 –) Zur Begründung wurde auf eine Änderung der Sachlage hinsichtlich einer Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei Bezug genommen.

Durch Bescheid vom 9.4.2008 widerrief die Beklagte die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter sowie die Feststellung hinsichtlich des Vorliegens der Flüchtlingsvoraussetzungen und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG in seinem Fall nicht vorliegen. In der Begründung heißt es, die Situation der Angehörigen der yezidischen Glaubensgemeinschaft in der Türkei, die seit etwa 1990 in ihren angestammten Siedlungsgebieten in der Südosttürkei einer mittelbaren regionalen Gruppenverfolgung unterlegen hätten und denen keine inländische Fluchtalternative zur Verfügung gestanden habe, habe sich inzwischen deutlich zum Positiven verändert. Aktuell gebe es keine nachgewiesenen Referenzfälle für eine weitere Verfolgung. Zwar solle es noch Probleme bei der Wiedereintragung von Eigentumsrechten an Grundstücken geben. Der dem zugrunde liegende Zuzug von Rückkehrern spreche indes ebenfalls gegen konkrete Verfolgungsmaßnahmen. Diese könnten mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.

Zur Begründung der dagegen am 11.4.2008 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Voraussetzungen für einen Widerruf lägen erst vor, wenn eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen wegen zwischenzeitlicher Änderungen im Verfolgerstaat mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könnten. Dies sei hier nicht anzunehmen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 9.4.2008 aufzuheben.

Der Beklagte hat seine Entscheidung verteidigt und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 6.6.2008 entsprochen und zur Begründung ausgeführt, von einem Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen könne bei einem als vorverfolgt anerkannten Asylberechtigten nur ausgegangen werden, wenn der Betroffene vor künftiger Verfolgung hinreichend sicher sei. Nach diesem Maßstab könne dem Kläger eine Rückkehr in die Türkei nicht zugemutet werden. Nach der Auskunftslage geriete er in eine Situation, in der zum einen vom Fortbestand der die Gruppenverfolgung in der Vergangenheit bedingenden Rahmenbedingungen ausgegangen werden müsse und Beispiele für eine geglückte Rückkehr weitgehend fehlten und in der zum anderen echter Schutz durch staatliche Stellen nicht feststellbar sei. Damit würde ihm das mit der humanitären Intention des Asylrechts unvereinbare Risiko aufgebürdet, einen Rückkehrversuch zu starten, obgleich Übergriffe von Personen, die der moslemischen Bevölkerungsmehrheit angehörten, nicht hinreichend sicher auszuschließen seien. Diese Einschätzung werde maßgeblich vom historischen Kontext der Yezidenverfolgung in der Türkei getragen. Die Yeziden seien in ihren Siedlungsgebieten im Südosten der Türkei seit Mitte der 1980er Jahre einer Gruppenverfolgung wegen ihrer Religion durch die moslemische Bevölkerungsmehrheit ausgesetzt gewesen. Die traditionell religiös bedingte Missachtung der Yeziden habe dazu geführt, dass sie lediglich als mehr oder weniger brauchbare Objekte der Machtausübung gesehen worden seien und dass so gut wie keine Hemmschwelle im Umgang mit ihnen bestanden habe. Eine latente Spannung zwischen Moslems und Yeziden habe aus nichtigstem Anlass zur Explosion führen und Straftaten bis hin zu Frauenraub, Diebstahl, Totschlag und Mord nach sich ziehen können. Weitere Ursache der Verfolgung sei das traditionelle Aga-System, dessen Machtstruktur besonders anfällig für Vorurteile und Gewalt gegen Schwächere sei. Die Verfolgungshandlungen seien dem türkischen Staat zuzurechnen gewesen, weil er keine wirksame Hilfe geleistet habe, um sich kurdische Clans, die in großem Umfang Dorfschützerarmeen gestellt hätten, im Kampf gegen die PKK gewogen zu halten. Ergebnis sei eine Verdrängung nahezu aller Yeziden aus ihrem angestammten Lebensraum und die Übernahme des früher von ihnen bewirtschafteten Landes durch der Mehrheitsbevölkerung angehörende Muslime gewesen. Nach Zählungen des yezidischen Forums in Oldenburg und des Gutachters Azad Baris sowie verschiedenen anderen Quellen sei nur noch von wenigen hundert von ehemals mehreren zehntausend Yeziden auszugehen. Neuere Erkenntnisse beinhalteten keine Fakten, die eine nachhaltige Änderung dieser bis vor wenigen Jahren von der Rechtsprechung und der Beklagten in Asylverfahren einhellig zugrunde gelegten Tatsachenlage belegen könnten. Es sei nicht anzunehmen, dass sich die jahrhundertealte allgemeine Missachtung der Yeziden innerhalb nur weniger Jahre geändert hätte. Auch das Aga-System bestehe fort. Tatsachen, dass es trotz Fortbestands dieser Vorbedingungen der früheren Gruppenverfolgung zu keinen Verfolgungshandlungen gegenüber zurückkehrenden Yeziden mehr kommen werde, seien nicht feststellbar. Soweit unter anderem durch das Auswärtige Amt in dessen Lagebericht vom Oktober 2007 von einer Beruhigung der Situation im Land verbliebener Yeziden die Rede sei, komme dem im vorliegenden Zusammenhang keine maßgebliche Bedeutung zu. Die Situation der zu der Restgruppe der in verschwindend kleiner Anzahl im Heimatland verbliebenen überwiegend älteren Yeziden gehörenden Personen unterscheide sich maßgeblich von der vorliegend allein interessierenden Situation der Yeziden, die dort wieder ansässig werden wollten. Unabhängig davon, wie tragfähig und nachhaltig die berichtete Beruhigung sei, lasse sie primär nur die Schlussfolgerung relativer Sicherheit der im Heimatland verbliebenen Personen zu. Ihnen sei es gelungen, sich auf irgendeine Weise mit den Moslems zu arrangieren und sie würden nicht mehr als Gruppe wahrgenommen, die es zu verdrängen und verfolgen gelte. Es sei rechtlich ohne Bedeutung, ob gegenüber den wenigen verbliebenen Personen noch eine Gruppenverfolgung angenommen werden könne oder ob eine Gruppe im Sinne der dazu ergangenen Rechtsprechung überhaupt noch feststellbar sei. Aus ihrer Situation ließen sich nicht ohne weiteres Rückschlüsse auf eine relative Sicherheit von Rückkehrern ziehen. Die Fakten sprächen dagegen. Sowohl das Auswärtige Amt als auch der Gutachter Baris berichteten von missglückten Rückkehrversuchen. Daneben fänden sich in allen Berichten Beispiele für Übergriffe auf besuchsweise in der Heimat befindliche Yeziden. Eine Rückkehr in großem Umfang habe bisher nicht stattgefunden. Soweit es öffentlichkeitswirksame und „von langer Hand“ von der Bundesrepublik aus geplante Rückkehrversuche von Familien in die Orte Kumgecit, Yolveren, Deveboyu, Oguz und Magara gegeben habe, sei von keiner Seite berichtet worden, dass diesen in nennenswertem Umfang Erfolg beschieden gewesen sei. Auch nach den Zahlen des Auswärtigen Amts komme man bestenfalls auf ein gutes Dutzend geglückter Rückkehrversuche. Insbesondere sei eine Inbesitznahme des Ortes Magara, die immerhin von 40 bis 50 Familien geplant gewesen sei, bisher nicht erfolgt. Dass das Auswärtige Amt unter Verweis auf einen Artikel der türkischen Zeitschrift Aksiyon von April 2006 von einem Grunderwerb durch 7.000 Yeziden zwischen 2001 und 2006 berichte, sei kein überzeugendes Indiz für eine Rückkehr in nennenswertem Umfang. Die Aussagekraft des Berichts sei durch das Yezidische Forum im März 2007 relativiert worden. Auch wenn den Berichten unterschiedliche Bewertungen darüber zu entnehmen seien, aus welchen Gründen eine Rückkehr gescheitert sei, beziehungsweise, ob die zu einer Wiederausreise führenden Vorgänge mit der yezidischen Religion in Zusammenhang gestanden hätten oder ob dabei andere Motive maßgeblich gewesen seien, gehe die Kammer davon aus, dass die geschilderten Schwierigkeiten ihre Ursache zumindest auch in der Religion gehabt hätten. Bei einer Heimkehr der Yeziden gehe es für die moslemische Bevölkerungsmehrheit darum, die Früchte der erfolgreichen Vertreibung zu verteidigen. Eine feinsinnige Abgrenzung religiöser und eventuell besitzrechtlicher Motive verbiete sich auch deswegen, weil schon zu Zeiten der Gruppenverfolgung viele Übergriffe zumindest auch mit der Aussicht auf Landnahme beziehungsweise der Akquirierung von Vermögenswerten motiviert gewesen seien. Beide Motive ließen sich nicht trennen. Von einer Anknüpfung an das Yezidentum sei auch auszugehen, weil die Yeziden aus den Erfahrungen der Vergangenheit heraus keinen staatlichen Schutz genössen und daher „leichte Opfer“ seien, gegen die auch heute noch gefahrlos vorgegangen werden könne. Den neueren Auskünften sei nicht hinreichend sicher zu entnehmen, dass der türkische Staat den Rückkehrern Schutz angedeihen ließe. Zwar habe es in einigen Fällen Gerichtsentscheidungen zugunsten rückkehrbereiter Yeziden gegeben, deren Besitzrechte bestätigt worden seien. Es gebe keine Berichte, dass der türkische Staat Maßnahmen zum Schutz der Rückkehrer getroffen habe oder dass es gar zu einer politisch-programmatischen Abkehr von seiner früheren Haltung gekommen sei. Ein vergleichbares aktives Tun sei jedoch erforderlich, um angesichts des herabgestuften Beurteilungsmaßstabs von einer zumutbaren Rückkehrmöglichkeit ausgehen zu können. Schließlich habe sich der türkische Staat in der Vergangenheit als asylrechtlich verantwortlicher Verfolgerstaat erwiesen, auf dessen Schutz – ähnlich wie bei einem so genannten doppelgesichtigen (Verfolger-)Staat am Ort der inländischen Fluchtalternative – der ehemals politisch Verfolgte nur verwiesen werden dürfe, wenn eine hinreichende Schutzfähigkeit und Schutzbereitschaft tatsächlich feststehe. Dem Kläger stehe in der Türkei auch kein anderes Gebiet offen, in das ihm eine Rückkehr zugemutet werden könne. Insbesondere eine Wohnsitznahme in der Westtürkei sei nicht möglich, weil Yeziden dort wegen Religion, Herkunft und Kultur nicht überleben könnten. Dem mit seiner Familie vor religiöser Verfolgung geflohenen Kläger sei eine Rückkehr mit anschließender Verleugnung seiner Religion, seiner Herkunft und seiner Kultur nicht zuzumuten.

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung gegen diese Entscheidung trägt die Beklagte vor, in die Türkei zurückkehrende Yeziden seien inzwischen hinreichend sicher vor erneuter politischer Verfolgung. Zu diesem Ergebnis sei eine Vielzahl von Obergerichten unter Verwertung der vom Verwaltungsgericht angeführten Erkenntnisquellen gelangt. Das OVG Lüneburg (Die Beklagte verweist insoweit auf ein Urteil vom 17.7.2007 – 11 LB 332/03 –.) habe im Jahr 2007 seine langjährige Rechtsprechung in diesem Sinne geändert. Zwar sei die genaue Zahl der verbliebenen Yeziden schwer festzustellen, wobei die Annahmen zwischen 500 und 2.000 Personen schwankten. Selbst bei Zugrundelegung von nur 500 Personen sei die für die Annahme einer Gruppenverfolgung notwendige Verfolgungsdichte seit 2003 nicht mehr festzustellen. Zudem sei der türkische Staat weder grundsätzlich schutzunwillig noch schutzunfähig. Aktuelle Auskünfte des Auswärtigen Amtes dazu würden durch entgegenstehende Berichte des yezidischen Forums nicht entkräftet. Mangelndes Interesse von Yeziden an einer Rückkehr in die Südosttürkei sei nicht auf eine objektiv begründete Furcht vor erneuter Verfolgung zurückzuführen. Vielmehr sei die wirtschaftliche Lage dort weiter schlecht. Zudem seien die Yeziden nach langjährigem Aufenthalt in ihren europäischen Zufluchtsländern dort mittlerweile integriert und viele sogar eingebürgert. Die Entscheidung bestätige die Linie anderer Oberverwaltungsgerichte, unter anderem des OVG Münster (vgl. OVG Münster, Urteil vom 27.8.2007 – 15 A 4224/02.A –) und des OVG Schleswig. (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 29.9.2005 – 1 LB 38/04 –) Dieses habe seine Auffassung 2007 bekräftigt, wonach die notwendige Verfolgungsdichte bei einer angenommenen Anzahl von verbliebenen Yeziden in der Türkei von 350 bis 2.000 nicht mehr erreicht werde. (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 27.8.2007 – 4 LA 39/07 –) Auch das OVG Magdeburg habe sich dieser Rechtsprechung angeschlossen. (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 –) Das OVG Koblenz (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 5.6.2007 – 10 A 11576/06 –) verneine angesichts der nur noch geringen Personenzahl bereits das Vorliegen einer „Gruppe“. Von daher entfalle die Erörterung einer Gruppenverfolgung.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6.6.2008 – 6 K 348/08 – die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und macht geltend, dem Verwaltungsgericht sei insbesondere darin zu folgen, dass die Frage der hinreichenden Verfolgungssicherheit im historischen Kontext der Yezidenverfolgung in der Türkei zu sehen sei. Nur so lasse sich eine realistische Prognose der Verfolgungsgefährdung von Yeziden für die Zukunft stellen. Diese sei im Hinblick auf die gegenwärtig kleine Anzahl von in der Türkei lebenden Yeziden nicht möglich, geschweige denn vergleichbar mit der Situation, die entstehe, wenn eine größere Anzahl oder alle Yeziden, deren Asylanerkennung widerrufen worden sei, zurückkehrten. Bei Anlegung dieses Maßstabs ergebe sich sogar noch eine höhere Verfolgungsgefährdung als im Zeitpunkt der Ausreise. Nach wie vor fehle es an einer Schutzwilligkeit des türkischen Staats und seiner Sicherheitskräfte. In den letzten Jahren habe sich die Islamisierungstendenz noch erheblich verstärkt. Ein Verbot der jetzigen islamischen Regierungspartei habe nur knapp keine Mehrheit gefunden. Auf jeden Fall bestünden erhebliche Bedenken, ob die Türkei – entsprechend ihrer Verfassung – noch ein laizistischer Staat sei. Die Schutzfähigkeit yezidischer Gemeinschaften sei in keinem Fall mehr vorhanden. Zurückkehrende Yeziden wären Übergriffen aus wirtschaftlicher Motivation schutzlos ausgeliefert. Es sei kaum zu erwarten, dass sie früheres Eigentum zurückerhalten könnten.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen Bezug genommen. Er war ebenso wie der in Anlage zur Sitzungsniederschrift befindliche Auszug aus der bei Gericht geführten Dokumentation Türkei Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel der Beklagten ist zulässig und begründet.

A.

Die vom Senat durch Beschluss vom 30.10.2008 – 2 A 276/08 – zugelassene Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel wurde insbesondere fristgerecht begründet (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO); die Bezugnahme auf das Vorbringen im Zulassungsantrag unterliegt insoweit keinen Bedenken.

Der Hinweis in dem Schriftsatz vom 8.3.2010, dass sich der Kläger derzeit aufgrund stationärer Einweisung durch das Amtsgericht A-Stadt in der Landesnervenklinik in Merzig aufhalte, und die diesbezüglichen Ausführungen seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zu seinen Kontakten mit dem Kläger bieten keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme eines Verlusts seiner Prozessfähigkeit. Eine automatische Unterbrechung des Verfahrens hätte dies nach Maßgabe der §§ 173 VwGO, 241 Abs. 1, 246 ZPO ohnehin nicht zur Folge.

B.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Widerrufsbescheid der Beklagten vom 9.4.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er findet seine Grundlage in § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen, wobei der Bundesgesetzgeber das Bundesamt in dem § 73 Abs. 7 AsylVfG generell angehalten hat, auch – wie hier – vor 1.1.2005 unanfechtbar gewordene anerkennende Entscheidungen in Asylverfahren einzelfallbezogen zu überprüfen.

Das im Falle seines Vorliegens nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG für einen Widerruf zwingende Erfordernis des Wegfalls der Anerkennungsvoraussetzungen ist im Falle des Klägers erfüllt. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG sind dieser Beurteilung die aktuellen rechtlichen Maßstäbe des Art. 16a GG beziehungsweise – hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft – des § 3 Abs. 1 AsylVfG in der Fassung und Bekanntmachung vom 2.9.2008 (vgl. BGBl. I S. 1798) und des dort in Bezug genommenen § 60 Abs. 1 AufenthG in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.2.2008 (vgl. BGBl. I S. 162) zugrunde zu legen. Diese Bestimmungen tragen den zum 28.8.2007 in Kraft getretenen Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.8.2007 Rechnung. (vgl. BGBl. I S. 1970)

1. Im Fall des 1987 als Kind im Alter von knapp 5 Jahren in die Bundesrepublik eingereisten Klägers kommt eine (fortbestehende) Asylberechtigung sowie die (weitere) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention) vom 28.7.1951, BGBl. II 1953, S. 559) mangels Hinweises auf eine individuelle anlassgeprägte Rückkehrgefährdung allein unter dem Aspekt einer Gruppenverfolgung in der Türkei wegen einer yezidischen Religionszugehörigkeit in Betracht. Sie lag der nunmehr widerrufenen Anerkennung des Klägers im November 1994 zugrunde. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Anforderungen für eine unmittelbare oder – hier – mittelbare Gruppenverfolgung, die prinzipiell auf die nunmehr in § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c AufenthG in Anlehnung an Art. 6 lit. c der Richtlinie 2004/83/EG des Rates der Europäischen Union vom 29.4.2004 (sog. „Qualifikationsrichtlinie“, QRL) geregelte „private Verfolgung“ zu übertragen sind, (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 – 10 C 11.08 -, NVwZ 2009, 1237) lassen sich heute indes nicht (mehr) bejahen. Die für die Beurteilung der Verfolgungslage maßgebenden Verhältnisse in der Türkei haben sich – bezogen auf den Anerkennungszeitpunkt – nachträglich entscheidungserheblich geändert. (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.9.2000 – 9 C 12.00 –, DVBl. 2001, 216, wonach eine bloße Änderung der Erkenntnislage oder auch nur eine Neubewertung der Situation mit anderem Ergebnis einen Widerruf der Flüchtlingsanerkennung nach § 73 AsylVfG nicht rechtfertigen können)

Von daher kann hier zunächst unterstellt werden, dass der Kläger „glaubensgebundener“ und „praktizierender“ Yezide ist, (vgl. hierzu allgemein Azad Baris vom 21.8.2003 an VG Kassel, Amir Muawiya ben Ismail al-Yazidi, Zarathustra zu uns sprach, Hamburg 1990) er also unter diesem Aspekt der von der bisherigen Rechtsprechung so definierten Gruppe der in der Türkei Verfolgten zugerechnet werden könnte. (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 –, Rn 41 bei juris, wonach es insoweit einer positiven Feststellung dieses Gruppenmerkmals bedarf)

Die Anforderungen an das Vorliegen einer asyl- und flüchtlingsrelevanten Gruppenverfolgung sowie das in dem Zusammenhang von den Tatsachengerichten abzuarbeitende Programm hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom April 2009 (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 – 10 C 11.08 -, NVwZ 2009, 1237, zur Frage einer Gruppenverfolgung sunnitischer Molems durch nichtstaatliche Akteure im Irak) wie folgt zusammengefasst:

„Die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Gruppenverfolgung sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich geklärt (vgl. Urteile vom 18. Juli 2006 - BVerwG 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 <249> Rn. 20 ff. und vom 1. Februar 2007 - BVerwG 1 C 24.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 30, jeweils m.w.N.). Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Religion anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt - abgesehen von den Fällen eines (staatlichen) Verfolgungsprogramms (vgl. hierzu Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <204>) - ferner eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt (vgl. Urteil vom 18. Juli 2006 a.a.O. Rn. 20). Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin "wegen" eines der in § 60 Abs. 1 AufenthG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. Urteil vom 5. Juli 1994 a.a.O. <204 f.>). Darüber hinaus gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss.

(…)

Ob Verfolgungshandlungen gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen in deren Herkunftsstaat die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. a und b AufenthG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, möglichst detailliert festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleich gearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann (vgl. Urteil vom 18. Juli 2006 a.a.O. Rn. 24).“

Anhand dieser Kriterien lässt sich eine (fortbestehende) Gruppenverfolgung von zur Religionsgemeinschaft der Yeziden gehörenden Kurden in der Türkei auch bei Anlegung des von der Rechtsprechung für vorverfolgt ausgereiste Asylsuchende entwickelten herabgestuften Prognosemaßstabs nicht mehr annehmen. Der Kläger wäre im Falle seiner Rückkehr in die Türkei „hinreichend sicher“ vor (erneuter) Verfolgung.

Dabei kann – zugunsten des Klägers – von einer Restgruppenstärke der Yeziden in der Türkei von nur noch ca. 400 bis 500 Personen ausgegangen werden. Während das Yezidische Forum seine (geschätzten) Zahlen zur Anzahl der in der Türkei verbliebenen beziehungsweise eventuell aus dem Ausland zurückgekehrten Yeziden zwischenzeitlich nach oben geändert hat, (vgl. dazu die Stellungnahme vom 5.2.2006, wonach aufgrund „gesicherter Kenntnis“ mit Stand 15.1.2005 von 363 Yeziden in 20 verschiedenen Dörfern auszugehen sein sollte, sowie die Stellungnahme vom 4.7.2006 (Seite 11), wo unter Bezugnahme auf eine Bestandsaufnahme zum 30.3.2006 dann von 524 Yeziden in der Türkei die Rede ist) hat das Auswärtige Amt seine bis 2007 mehrfach angeführte (geschätzte) Zahl von 2.000 Mitgliedern in seinem Lagebericht vom Juni 2009 inzwischen auf nur noch ca. 400 erheblich nach unten korrigiert. (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 29.6.2009 (Stand: Mai 2009) – 508-516.80/3 TUR, dazu auch Oberdiek an OVG Greifswald vom 5.10.2009, Asylmagazin 2010, 23; Baris nennt in seinem Gutachten vom 17.4.2006 (Seite 2) ebenfalls eine Zahl von ungefähr 400 Personen)

Die damit in Relation zu setzende Zahl der feststellbaren asylrelevanten „Verfolgungsschläge“, bei denen zugunsten des Klägers auch unterstellt werden kann, dass, was in vielen Fällen durchaus zweifelhaft erscheint, jeweils zumindest in der Fremdzuschreibung durch die Täter die erforderliche Anknüpfung an die Religionszugehörigkeit der jeweiligen Opfer vorlag, von (im günstigsten Fall) etwa „belegten“ knapp 30 Vorfällen in fünf Jahren (2002 bis 2006) (vgl. insoweit OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 –) rechtfertigt nicht ansatzweise die Bejahung einer für eine Gruppenverfolgung notwendigen „Verfolgungsdichte“.

Die in dem Zusammenhang gebotene Beurteilung des Verhältnisses von Gruppenangehörigen und Verfolgungshandlungen erfordert nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Feststellung mit „naturwissenschaftlicher Genauigkeit“. Es reicht vielmehr aus, die ungefähre Größenordnung der Schläge zu ermitteln und sie in Bezug zur Gesamtgruppe der von der Verfolgung Betroffenen zu setzen. (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.4.1996 – 9 C 170.95 – BVerwGE 101, 123, 126) Bei unübersichtlicher Tatsachenlage und nur bruchstückhaften Informationen aus einem – hier wohl schon nicht mehr anzunehmenden – Krisengebiet dürfen Tatsachengerichte auch aus einer Vielzahl vorliegender Einzelinformationen eine zusammenfassende Bewertung des ungefähren Umfangs der Verfolgungsschläge und der Größe eines verfolgten Personenkreises vornehmen. Auch für die Annahme einer „erheblichen Dunkelziffer“ (vgl. insoweit Oberdiek an OVG Greifswald vom 5.10.2009, Asylmagazin 2010, 23, 24, der – ganz vage – davon spricht, dass „die Möglichkeit einer Dunkelziffer gegeben“ sei) nicht bekannt gewordener Übergriffe müssen aber die gerichtlichen Feststellungen zur Größenordnung der Anschläge in nachvollziehbarer und überprüfbarer Weise begründet werden. (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 – 9 C 158.94 –, BVerwGE 96, 200, 213) Allein die Schwere der Gefahren für die Betroffenen rechtfertigt ebenfalls keinen tatrichterlichen Verzicht auf eine Quantifizierung nach diesen Maßstäben. Eine solche hat das Bundesverwaltungsgericht nur in seiner Rechtsprechung zu den sog. „kleinen Gruppen“ bedingt zugelassen, bei denen dann die Feststellung ausreichend sein soll, dass asylrelevante Übergriffe gegen die Mitglieder „an der Tagesordnung“ seien. (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 23.12.2002 – 1 B 42.02 –, zu syrisch-orthodoxen Christen im sog. Tur Abdin) Auch hierbei handelt es sich indes nicht um einen rechtlich anderen Maßstab für die erforderliche Verfolgungsdichte, sondern lediglich um eine erleichterte Tatsachenfeststellung im Einzelfall. (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 – 10 C 11.08 -, NVwZ 2009, 1237) Nach diesem Kriterium lässt sich eine Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei auch bei einer relativ geringen Zahl der nach weitgehender Flucht und Vertreibung in der Vergangenheit „Zurückgebliebenen“ im Südosten der Türkei ebenfalls nicht mehr bejahen.

Die „dokumentierten“ Einzelfälle angeblicher Übergriffe – durch Private – gegen Yeziden, deren Richtigkeit ebenfalls unterstellt werden kann, ergeben sich aus verschiedenen Dokumenten. Das yezidische Forum benennt in seiner Stellungnahme vom Februar 2006 zunächst 4 konkrete Vorkommnisse für den Zeitraum von März 2002 bis Oktober 2005, und zwar die Ermordung des yezidischen Sheiks Sancar und seiner damals schwangeren Ehefrau in der Nähe von Nusaybin, das Verprügeln von Mitgliedern einer yezidischen Familie aus Anlass der Besichtigung früheren Eigentums in einem verlassenen Dorf, die Bedrohung eines ebenfalls rückkehrwilligen Yeziden in einem verlassenen Dorf durch Muslime und das Erpressen eines Ernteanteils von einem in Deutschland lebenden, in der Heimat aber seine Felder bewirtschaftenden Yeziden im Jahr 2004. Bei den Besuchern der verlassenen Dörfer dürfte im Übrigen schon zweifelhaft sein, ob die Übergriffe an die Religionszugehörigkeit anknüpften und damit als asylrelevant bezeichnet werden können. Auch das wird hier – wie erwähnt – unterstellt. Nach einer erweiterten Auflistung in der Stellungnahme des Forums vom 4.7.2006 wurden dann 11 Vorfälle berichtet, deren Hintergrund und Relevanz für die vorliegend zu beantwortende Frage in der Folge in Auskünften des Auswärtigen Amtes in größerem Umfang in Abrede gestellt worden sind. (vgl. dazu AA vom 26.1.2007 an OVG Lüneburg – 508-516/80/44779 –; zu diesem Streit auch OVG Schleswig, Urteil vom 22.8.2007 – 4 LA 40/07 –, Rn 9 bei juris)

Der Gutachter Baris hatte bereits im Anhang zu seinem Gutachten vom 17.4.2006 an das OVG Magdeburg teilweise allerdings unsubstanziiert beziehungsweise unter Hinweis auf eine Kenntniserlangung bloß vom Hörensagen („soll“) angebliche Übergriffe gegliedert nach den Provinzen Urfa, Batman, Mardin und Diyarbakir aufgelistet. Das beauftragende Gericht hat ungeachtet grundsätzlicher Bedenken gegen seine Unparteilichkeit wegen Betroffenheit seiner eigenen Familie eine Auswertung als „Arbeitshypothese“ vorgenommen, insoweit insgesamt 17 „möglicherweise asylrelevante Übergriffe“ als dokumentiert angesehen, und zwar zwei Morde, 13 Körperverletzungen, eine Landwegnahme und eine Entführung und zugunsten der dortigen Kläger eine Fallverschiedenheit hinsichtlich vom Yezidischen Forum in dessen erweiterter Stellungnahme vom 4.7.2006 mitgeteilter, neben dem Mord an Sheik Sancar und seiner Frau insgesamt 10 weiterer Einzelfälle unterstellt, dann eine Anzahl von Verfolgungsschlägen von in der Summe etwa 27 über einen Zeitraum von fünf Jahren (2002 bis 2006) in Relation zu einer ebenfalls günstigstenfalls unterstellten Kopfzahl von 500 verbliebenen Yeziden gesetzt und anhand der ermittelten Zahl (im günstigsten Fall 1,08 %) eine Verfolgungsfurcht aller Yeziden als erkennbar unbegründet angesehen. Der Senat teilt diese Bewertung und macht sie sich gleichzeitig zu Eigen. Selbst wenn eine Gruppenstärke von nur noch 400 Personen unterstellt wird, ergäbe sich insoweit eine Zahl von 1,35 %, die offensichtlich zu keiner anderen Bewertung Anlass gäbe.

Soweit es sich bei den Opfern von Übergriffen überwiegend um aus Anlass der Besichtigung früheren Eigentums oder zur Bewirtschaftung ihrer Felder kurzfristig aus Deutschland eingereiste Personen handelte, die aktuell nicht in der Türkei leben und die deswegen nicht zu den genannten etwa 400 in der Türkei verbliebenen Yeziden gehörten, wäre diese Personengruppe bei der Ermittlung der Relation zu dieser Zahl hinzuzurechnen. Vertieft werden soll das hier aber ebenso wenig wie die Frage, ob einzelnen Vorfällen nicht ganz andere Ursachen zugrunde lagen, wie – vom Auswärtigen Amt angenommen – beispielsweise Blutrachefehden, die von den Betroffenen von Deutschland in die Heimat „transportiert“ wurden oder private Streitigkeiten aus einem Mietverhältnis, beziehungsweise ob Sheik Sancar und seine Ehefrau in Wahrheit Opfer eines Raubmordes wurden (vgl. zu den einzelnen Vorkommnissen die zum Teil gravierend abweichenden Ermittlungsergebnisse des Auswärtigen Amts in dessen Auskunft vom 26.1.2007 an das OVG Lüneburg, dazu wiederum die die Gegenstellungnahme des yezidischen Forums vom 20.3.2007) oder ob der am 2.4.2006 in einem Dorf der Provinz Mardin verstorbene Z „offensichtlich erschlagen“ wurde (so das Yezidische Forum unter dem 4.7.2006 (dort Fall Nr. 1)) oder ohne Fremdeinwirkung einem „Herzversagen erlegen“ ist. (so das Auswärtige Amt unter dem 26.1.2007 an OVG Lüneburg (dort a.) unter Verweis auf entsprechende polizeiliche und staatsanwaltliche Ermittlungen, dazu wiederum die die Gegenstellungnahme des yezidischen Forums vom 20.3.2007 (unter a.)) Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung inzwischen als „Gutachterstreit“ bezeichneten gegenteiligen Darstellungen bedürfen keiner Vertiefung, da selbst bei Unterstellung der Asylrelevanz all dieser Vorkommnisse die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte – wie gesehen – bei weitem nicht erreicht würde.

Dieser Befund wird durch allgemeine Erkenntnisquellen, insbesondere die Lageberichte des Auswärtigen Amts bestätigt. In dem Lagebericht Januar 2007 (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 11.1.2007 (Stand: Dezember 2006) – 508-516.80/3 TUR) heißt es in dem einschlägigen Abschnitt (II.1.5., ab Seite 23) unter der Überschrift „Lage der nichtmuslimischen Minderheiten“ auf Seite 26, Yeziden hätten sich seit Mai 2005 in der Provinz Batman organisiert, um langfristig ihre Anerkennung als religiöse Minderheit zu erreichen. Eine ihrer selbstgesetzten Aufgaben sei es, Yeziden, die aus Europa in die Region zurückkehren wollten, zu unterstützen. Kurdische Yeziden hätten in der Türkei unter den Folgen der militärischen Auseinandersetzungen, insbesondere unter einer Landnahme durch kurdische Muslime, zu leiden gehabt, was in großem Umfang zur Auswanderung nach Europa geführt habe. Nach Angaben ihrer Vertreter seien in ihren Siedlungsgebieten seit mehreren Jahren keine religiös motivierten Übergriffe von Muslimen mehr bekannt geworden. Probleme gebe es noch bei der Wiedereintragung von Eigentumsrechten an Grundstücken, zumal in Teilen dieser Gebiete das Grundbuchwesen erst im Aufbau begriffen sei. Im Zusammenhang mit einer Rückkehr syrisch-orthodoxer Christen („Syriani“) wird von „vereinzelten Übergriffen“ berichtet, bei denen es um Besitzfragen und Weiderechte gegangen sei, die andernorts auch zwischen Muslimen in gleicher Weise im Zusammenhang mit einer Rückkehr vorkämen. Die Religionszugehörigkeit spiele hier wie auch bei Übergriffen gegen Angehörige anderer Glaubensrichtungen, wie „zum Beispiel Yeziden“, keine ausschlaggebende Rolle. Im anschließenden Lagebericht vom Oktober 2007 (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 25.10.2007 (Stand: September 2007) – 508-516.80/3 TUR) wird zusätzlich auf den vom Verwaltungsgericht erwähnten Artikel in der Zeitung Aksiyon aus dem April 2006 verwiesen, der gestützt auf Angaben von Beamten türkischer Grundbuch- und Katasterämter berichtet, dass in den Jahren 2001 bis 2006 etwa 7.000 Yeziden in der Türkei Immobilien erworben beziehungsweise restauriert hätten. Der Aussagewert dieses Artikels ist freilich umstritten. (vgl. Die Stellungnahme des Yezidischen Zentrums vom 20.3.2007, Seite 8) Der Lagebericht vom September 2008 (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 11.9.2008 (Stand: Juli 2008) – 508-516.80/3 TUR) erwähnt die Yeziden in dem entsprechenden Abschnitt (II.1.4) nur noch am Rande mit dem Hinweis, dass sie wie andere nichtmuslimische, insbesondere christliche Minderheiten bislang nicht in den Genuss der so genannten „Lausanner“ Freiheiten, Schulen und Stiftungen zu unterhalten, kämen, weiterhin keine Rechtspersönlichkeit erwerben könnten und ihre Eigentumsrechte nach wie vor eingeschränkt seien. Mit der Verabschiedung des Stiftungsgesetzes vom 20.2.2008, das unter anderem eine Rückgabe enteigneter Immobilien an anerkannte Minderheiten vorsehe, habe die Türkei allerdings einen weiteren Schritt zur Erleichterung der Situation von religiösen Minderheiten im Lande getan. (vgl. dazu auch NZZ vom 21.2.2008, „Türkei beschließt Rückgabe von konfisziertem Eigentum – religiöse Minderheiten als Nutznießer“, FAZ vom 22.2.2008 (Seite 6), „Minderheiten in der Türkei gestärkt – Parlament in Ankara billigt Änderungen am Stiftungsgesetz“)

In dem neuesten Lagebericht vom Juni 2009 (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 29.6.2009 (Stand: Mai 2009) – 508-516.80/3 TUR) wird im Abschnitt II.1.4 („Religionsfreiheit“) zunächst darauf verwiesen, dass bis Mai 2009 20 Stiftungen 172 Restitutionsanträge gestellt hatten. Zu den Yeziden heißt es dann (Seite 11), die kurdisch-stämmigen Yeziden seien in ihren Heimatregionen in den 1980er und 1990er Jahren aufgrund ihrer Religion Übergriffen muslimischer Nachbarn ausgesetzt gewesen, ohne dass sie durch die türkischen Behörden ausreichend Schutz erfahren hätten. Aus jüngster Vergangenheit seien keine an die Religion anknüpfenden Rechtsgutsverletzungen bekannt, in denen der türkische Staat den Betroffenen keinen Schutz gewährt hätte. Die überwiegende Mehrheit der nach Flucht und Wegzug verbliebenen „ca. 400 Yeziden“ lebe in den Kreisen Viransehir/Provinz Sanli Urfa und Besiri/Provinz Batman. Bei Yeziden komme es in Einzelfällen zu Schwierigkeiten, wenn sie versuchten, in der Vergangenheit zurückgelassenes oder erstmals katastermäßig erfasstes Land als Eigentum registrieren zu lassen.

Auch den jüngsten drei allgemeinen Länderberichten von amnesty international in den entsprechenden Jahrbüchern (2007 bis 2009, betr. 2006 bis 2008) sind keine Hinweise auf konkrete Vorkommnisse in Bezug auf Yeziden in der Türkei zu entnehmen.

Das Verwaltungsgericht hat in der erstinstanzlichen Entscheidung dieser veränderten Bedrohungslage auf der Grundlage der erwähnten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen und eine hypothetische Betrachtung nur für Rückkehrer angestellt. Der Umstand, dass zu einem früheren Zeitpunkt – hier konkret vor fast 20 Jahren – die Voraussetzungen für eine (mittelbare) Gruppenverfolgung vorgelegen haben, entbindet die Gerichte jedoch nicht davon, sich im Rahmen der Bejahung einer fortbestehenden Gruppenverfolgung mit dem aktuellen Zahlenmaterial zu befassen. Allein der Verweis auf angeblich unveränderte allgemeine Rahmenbedingungen und die Annahme, dass es auf die Situation der Yeziden vor Ort in der Türkei nicht ankomme, da es um die (potentiellen) Rückkehrer gehe, insoweit ein Wiederaufflammen der Gruppenverfolgung zu besorgen sei und den Betroffenen nicht zugemutet werden könne, zu Testzwecken die „Versuchskaninchen“ zu spielen, kann die Bewertung der aktuellen Situation vor Ort im potentiellen Verfolgerstaat nicht ersetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die bloße Möglichkeit, dass sich derzeit nicht die Annahme asylrelevanter Verfolgung rechtfertigende Verhältnisse im Herkunftsland künftig möglicherweise erneut so ändern, dass in absehbarer Zeit eine neuerliche Verfolgungssituation eintreten könnte, keinen Asylanspruch in Deutschland zu begründen. (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 –, Rn 80 bei juris und Verweis auf BVerwG, Urteil vom 27.4.1982 – 9 C 308.81 –, Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 37) Eine Gefahr, dass sich – auch mit Blick auf Art. 11 QRL (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG) – in absehbarer Zukunft wieder eine Situation entwickeln könnte, die die Annahme einer Gruppenverfolgung erneut rechtfertigen könnte, sieht der Senat nicht. Das gilt insbesondere auch angesichts des ganz pauschalen Hinweises des Klägers auf eine in der Türkei unter der Regierung der AKP angeblich zu beobachtende Tendenz einer Reislamisierung der türkischen Gesellschaft. (vgl. hierzu im einzelnen auch OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 -, Rn 76 f. bei juris und OVG Lüneburg, Urteil vom 17.7.2007 – 11 LB 332/03 –)

Das OVG Schleswig (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 29.9.2005 – 1 LB 38/04 –, Rn 29 bei juris) hat sich ebenfalls mit der Frage eines möglichen „Wiederaufflammens“ der Gruppenverfolgung beschäftigt und eine solche Gefahr verneint, da es deutliche Anzeichen dafür gebe, die eine Prognose rechtfertigten, dass die frühere Gruppenverfolgung bei einer Rückkehr yezidischer Asylbewerber nicht erneut einträte. Wichtiges Indiz sei, dass trotz einer Rückkehr bisher keine Verfolgungshandlungen feststellbar gewesen seien. Zudem gebe es Anhaltspunkte dafür, dass die türkischen Staatsorgane inzwischen insbesondere vor dem Hintergrund der Forderungen des Europäischen Rats im Zusammenhang mit einem von der Türkei erstrebten Beitritt zur EU anders als früher bereit und in der Lage seien, verfolgte Minderheiten, auch die Yeziden, zu schützen und ihre Rechte durchzusetzen. Das wird in dem Urteil an verschiedenen Beispielen belegt. Dieser Einschätzung ist zuzustimmen. Vor dem Hintergrund reicht es nicht aus, pauschal auf fortbestehende Ressentiments der muslimischen Mehrheitsbevölkerung gegenüber Yeziden und auf ein weiteres Vorhandensein eines halbfeudalen und Gewalt gegen Minderheiten begünstigenden Aga-Systems zu verweisen.

Für die Zukunft kann zudem nicht ernsthaft von einer größeren Zahl dauerhafter Rückkehrer in die Türkei ausgegangen werden. Das zeigen neben dem Umstand, dass eine Vielzahl insbesondere der jüngeren Betroffenen, die hier Aufnahme gefunden haben, in Deutschland weitgehend integriert, mit dauerhaften Aufenthaltstiteln versehen und in nicht unerheblicher Anzahl sogar eingebürgert worden sind, beispielhaft auch die Fallzahlen im Saarland. Fast alle der von einem Widerruf betroffenen Yeziden, jedenfalls soweit sie Rechtsbehelfe ergriffen haben, außer dem Kläger und einer weiteren Einzelperson wurden von der Beklagten inzwischen im Verlauf der Berufungsverfahren klaglos gestellt. Selbst bei dem Kläger kann – wie bei dem zweiten Fall – gegenwärtig nicht von einer ernsthaften Rückführungsabsicht der Beklagten ausgegangen werden. Entsprechend wurde in dem Widerrufsbescheid auf eine ansonsten gebotene Entscheidung hinsichtlich der durch das ursprüngliche Asylbegehren des Klägers grundsätzlich mit aufgeworfenen Frage eines Vorliegens von Abschiebungshindernissen (heute nach § 60 Abs. 2 ff. AufenthG) verzichtet. Dass bisher insgesamt nur vergleichsweise wenige Yeziden dauerhaft ihren Wohnsitz in die Heimat zurückverlegt haben, spricht ebenfalls nicht zwingend für eine (fortbestehende) Gruppenverfolgung, weil hierfür wesentlich nicht asylerhebliche Gründe ausschlaggebend sind, etwa generelle wirtschaftliche und soziale Schwierigkeiten im Osten der Türkei und ein Desinteresse an einer Rückkehr wegen weitgehender Integration insbesondere der jüngeren, in Deutschland aufgewachsenen Yeziden. (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 17.7.2007 – 11 LB 332/03 –, AuAS 2007, 275, und Yezidisches Forum vom 4.7.2006, Seite 1, wonach der Anteil der inzwischen eingebürgerten bei etwa 25 % liegt)

Darüber hinaus ist festzustellen, dass neben der veränderten tatsächlichen Verfolgungssituation inzwischen auch eine deutliche Veränderung im Verhalten staatlicher Stellen der Türkei im Umgang mit Übergriffen auf Minderheiten beziehungsweise bei der Sicherung von Rechtspositionen von Yeziden eingetreten ist. Das lässt sich an Beispielen belegen. In jüngerer Vergangenheit sind offizielle Stellen in der Türkei – wohl aufgrund von Anforderungen der EU mit Blick auf einen angestrebten Beitritt – zumindest seit etwa 2000 bemüht, religiösen Minderheiten, auch Yeziden, vermehrt den gebotenen Schutz staatlicher Institutionen angedeihen zu lassen. Das räumt das Yezidische Forum in seiner Stellungnahme vom Februar 2006 selbst ein, wenn dort von einer in Zusammenhang mit der Debatte um die EU-Mitgliedschaft der Türkei stehenden „Beruhigung der Situation in der Region“ und einer „Zurückhaltung der Sicherheitskräfte gegenüber Minderheiten“ die Rede ist. Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts hat beispielsweise das Zivilgericht Batman in einem Urteil vom Dezember 2001 unter Hinweis auf entsprechende Einträge im Grundbuch das Immobilieneigentum von fünf zur yezidischen Glaubensgemeinschaft gehörenden Klägern aus Yolveren bestätigt und die moslemischen „Besetzer“ zur Räumung aufgefordert. Dabei ist es nicht bei einer Forderung auf „dem Papier“ geblieben. Die Häuser wurden den früheren Bewohnern, die aus Deutschland nach Yolveren zurückgekehrt waren, zurückgegeben und sind von ihnen auch wieder bezogen worden. Der von Vertretern der Deutschen Botschaft im Rahmen eines Besuchs vor Ort befragte „Dorfälteste“ hat anschließend erklärt, seit ihrer Rückkehr habe es – ganz im Gegensatz zu den Verhältnissen vor seiner Flucht nach Deutschland – keine Schwierigkeiten mehr mit den in Nachbardörfern lebenden Moslems gegeben. (vgl. dazu AA vom 3.2.2004 an VG Braunschweig – 508-516.80/41362 – (zu 1. und 2.)) Im Rahmen eines weiteren Informationsgesprächs in Besiri/Batman verwies danach der dortige „Yezidenführer“ darauf, dass sich das Verhältnis zwischen den Religionsgruppen in den letzten Jahren erheblich verbessert habe und dass es in jüngerer Zeit keine Übergriffe gegen Yeziden mehr gegeben habe. Er selbst besitze ein Restaurant und könne ungehindert „diverse Geschäfte betreiben“. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass diese Erklärungen nicht abgegeben, also quasi vom Auswärtigen Amt „erfunden“, oder dass sie inhaltlich nicht korrekt wiedergegeben worden wären, sind nicht ersichtlich. Das Auswärtige Amt selbst hat in der Vergangenheit die frühere Situation der Yeziden in der Türkei wiederholt als kritisch eingestuft. Nach dem Bericht der Deutschen Botschaft in der Türkei vom Oktober 2005 (vgl. den Botschaftsbericht Nr. 6009/05 vom 26.10.2005 – RK 516.80 -, ebenso AA vom 26.1.2007 an OVG Lüneburg (am Ende)) hat sich in dem zuletzt genannten Dorf inzwischen sogar ein Verein („Besiri Yezidililer Sosyal Yardimlasma ve Kültür Dernegi“, übersetzt: Verein für soziale Unterstützung und Kultur der Yeziden aus Batman) unter Vorsitz des früher in Deutschland ansässigen V gegründet, der sich um eine Anerkennung der Yeziden als religiöse Minderheit in der Türkei bemüht und neben der Organisation von Beerdigungen im Ausland verstorbener Yeziden auch rückkehrwilligen Yeziden Hilfen anbietet. Nach verschiedenen Pressemitteilungen hat die türkische Armee ferner 2004 ein bis dahin von moslemischen Dorfschützern besetztes ehemals yezidisches Dorf namens Magara im Landkreis Sirnak-Idil geräumt und den zurückgekehrten yezidischen Eigentümern übergeben. Ferner hat der Provinzgouverneur von Batman in das Dorf Kumgecit zurückgekehrten Yeziden Hilfe zugesagt. (vgl. OVG Münster, Urteil vom 14.2.2006 – 15 A 2119/02.A –, ZAR 2006, 215)

Eine die weitere Zuerkennung der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigende Gefährdung ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt des religiösen Existenzminimums. (vgl. auch hierzu OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 –) Das gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, dass der Schutzbereich der Religionsfreiheit durch den Art. 10 Abs. 1b QRL hinsichtlich der öffentlichen Religionsausübung eine Erweiterung gegenüber der bisherigen Rechtslage erfahren hat. Es ist nicht erkennbar, dass dem Kläger – so er es denn möchte – die Ausübung der yezidischen Religion, die nach den Glaubensvorstellungen der Anhänger ohnehin nicht öffentlich, das heißt vor den Augen Ungläubiger, praktiziert werden darf, (vgl. in dem Zusammenhang OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26.3.2007 – 3 A 30/07 –, SKZ 2008, 54, Leitsatz Nr. 69, wonach es bei genereller Betrachtung nicht zu einem schwerwiegenden religiösen Konflikt im Sinne der Öffentlichkeitserweiterung der QRL kommen kann, da die yezidische Religion nicht vor Augen Ungläubiger ausgeübt werden darf ) in seiner Heimat durch staatliche oder dem türkischen Staat zurechenbare Eingriffe Dritter unmöglich gemacht würde. (vgl. dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 20.1.2004 – 1 C 9.03 –,  BVerwGE 120, 16 ff.) Zur Gewährleistung einer ausreichenden „religiösen Infrastruktur“ ist der Heimatstaat eines unter religiösen Aspekten schutzsuchenden Ausländers nicht verpflichtet. (vgl. dazu etwa OVG Münster, Urteil vom 31.8.2007 – 15 A 994/05.A –)

2. Die sonstige neuere veröffentlichte Rechtsprechung anderer Obergerichte bietet keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung einer „hinreichenden Sicherheit“ des Klägers im Rückkehrfall. In keiner dieser Entscheidungen wird das Fortbestehen einer Gruppenverfolgung der religiösen Minderheit der Yeziden in der Türkei (noch) bejaht. Das OVG Schleswig hat bereits im September 2005 (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 29.9.2005 – 1 LB 38/04 –) entschieden, dass Yeziden in der Türkei aktuell keiner (mittelbaren) Gruppenverfolgung mehr unterliegen. Dieses Urteil wurde zwar wegen eines Verfahrensfehlers vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben. (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.5.2006 – 1 B 129.05 –, juris) Die Rechtsprechung wurde indes in der Folge durch das OVG Schleswig ausdrücklich bestätigt. (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 22.8.2007 – 4 LA 40/07 –, juris) Das OVG Münster, das bis zum Jahr 2003 eine Gruppenverfolgung bejaht hatte, hat seine Rechtsprechung 2006 geändert (vgl. OVG Münster, Urteil vom 14.2.2006 – 15 A 2119/02.A –, ZAR 2006, 215) und darauf verwiesen, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine beachtliche Wahrscheinlichkeit mehr bestehe, dass Yeziden einer asylerheblichen Gruppenverfolgung in der Türkei ausgesetzt seien. Soweit die Angehörigen der Gruppe überhaupt noch von Verfolgungsschlägen betroffen sein sollten, fielen diese jedenfalls „nicht mehr so dicht, und eng gestreut“, dass für jedes Gruppenmitglied die Furcht begründet sei, in eigener Person Opfer der Übergriffe zu werden. (vgl. das dies ausführlich bestätigende Urteil vom 31.8.2007 – 15 A 994/05.A –) Nach aktueller Erkenntnislage seien in den letzten Jahren allenfalls vereinzelte religiös motivierte Verfolgungsmaßnahmen gegen in der Türkei verbliebene Yeziden festzustellen. Das OVG Lüneburg (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 17.7.2007 – 11 LB 332/03 –, AuAS 2007, 275) ist ebenfalls unter Anlegung des herabgestuften Prognosemaßstabs hinreichender Verfolgungssicherheit zu dem Ergebnis gelangt, dass Yeziden in der Türkei seit dem Jahr 2003 hinreichend sicher sind und keiner mittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung mehr unterliegen. Die gegenteilige bisherige Rechtsprechung (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 28.1.1993 – 11 L 513/89 –) wurde ausdrücklich aufgegeben, da sich die Sicherheitslage der Yeziden in der Türkei in den letzten Jahren „entscheidungserheblich verbessert“ habe. Ausführlich wird darauf verwiesen, dass zahlreiche in Deutschland lebende Yeziden sich regelmäßig in die Türkei zurückbegäben, um dort ihre Felder zu bestellen und ihre Häuser instand zu halten. Auch kämen in der Türkei lebende Verwandte zu Besuch und kehrten anschließend in die Türkei zurück. Zuletzt hat – wie schon angeführt – auch das OVG Magdeburg (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 –, dazu BVerwG, Beschluss vom 5.8.2008 – 10 B 9.08 –, jeweils bei juris) eine Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei verneint. Diese gerichtlichen Erkenntnisse decken sich mit der Einschätzung des Senats.

Nichts anderes gilt schließlich auch für die von der Gegenansicht regelmäßig angeführte Rechtsprechung des OVG Koblenz. (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 5.6.2007 – 10 A 11576/06 –, AuAS 2007, 213, ebenso Beschluss vom 21.2.2008 – 10 A 11002/07.OVG –, bei juris) Dieses hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es aus seiner Sicht für die beim Widerruf (§ 73 AsylVfG) zu fordernde nachträgliche erhebliche Änderung nicht auf das Bestehen beziehungsweise das Nichtbestehen einer (weiteren) Gruppenverfolgung der Yeziden in der Türkei ankomme. Bei einer zugrunde gelegten Zahl von 500 bis 600 Yeziden in der gesamten Südosttürkei, die über mehrere ehemalige Siedlungsgebiete verteilt seien, könne man „schwerlich noch von einer wirklichen Gruppe sprechen“, die als solche Opfer einer Verfolgung sein könne. Ob einem vorverfolgt aus der Türkei ausgereisten Kurden yezidischer Religionszugehörigkeit nunmehr eine Rückkehr in dieses Land zumutbar sei, könne daher nur „konkret für die Person des Klägers und seine Lebensverhältnisse beantwortet werden“. Die darauf zielende Beurteilung gibt für die Frage des Bestehens oder des Nichtvorliegens einer Gruppenverfolgung nichts her. Eine Gruppenverfolgung wird demnach auch von diesem Gericht jedenfalls nicht bejaht.

3. Kann demnach in den herkömmlichen Siedlungsgebieten zumindest eine die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigende Verfolgungsdichte nicht mehr festgestellt werden, so kommt es auf die Frage einer inländischen Fluchtalternative nicht an.

4. Eine individuelle Verfolgung des Klägers, der mit seinen Eltern vor der Ausreise in Midyat gelebt hat, in Form einer anlassgeprägten Einzelverfolgung im Rückkehrfall steht nach seinem Sachvortrag nicht ansatzweise im Raum.

5. Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG waren – wie gesagt – nicht Gegenstand der Widerrufsentscheidung der Beklagten. Für deren Vorliegen bestehen nach dem bisherigen Sachvortrag auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor

Gründe

Das Rechtsmittel der Beklagten ist zulässig und begründet.

A.

Die vom Senat durch Beschluss vom 30.10.2008 – 2 A 276/08 – zugelassene Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel wurde insbesondere fristgerecht begründet (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO); die Bezugnahme auf das Vorbringen im Zulassungsantrag unterliegt insoweit keinen Bedenken.

Der Hinweis in dem Schriftsatz vom 8.3.2010, dass sich der Kläger derzeit aufgrund stationärer Einweisung durch das Amtsgericht A-Stadt in der Landesnervenklinik in Merzig aufhalte, und die diesbezüglichen Ausführungen seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zu seinen Kontakten mit dem Kläger bieten keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme eines Verlusts seiner Prozessfähigkeit. Eine automatische Unterbrechung des Verfahrens hätte dies nach Maßgabe der §§ 173 VwGO, 241 Abs. 1, 246 ZPO ohnehin nicht zur Folge.

B.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Widerrufsbescheid der Beklagten vom 9.4.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er findet seine Grundlage in § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen, wobei der Bundesgesetzgeber das Bundesamt in dem § 73 Abs. 7 AsylVfG generell angehalten hat, auch – wie hier – vor 1.1.2005 unanfechtbar gewordene anerkennende Entscheidungen in Asylverfahren einzelfallbezogen zu überprüfen.

Das im Falle seines Vorliegens nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG für einen Widerruf zwingende Erfordernis des Wegfalls der Anerkennungsvoraussetzungen ist im Falle des Klägers erfüllt. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG sind dieser Beurteilung die aktuellen rechtlichen Maßstäbe des Art. 16a GG beziehungsweise – hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft – des § 3 Abs. 1 AsylVfG in der Fassung und Bekanntmachung vom 2.9.2008 (vgl. BGBl. I S. 1798) und des dort in Bezug genommenen § 60 Abs. 1 AufenthG in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.2.2008 (vgl. BGBl. I S. 162) zugrunde zu legen. Diese Bestimmungen tragen den zum 28.8.2007 in Kraft getretenen Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.8.2007 Rechnung. (vgl. BGBl. I S. 1970)

1. Im Fall des 1987 als Kind im Alter von knapp 5 Jahren in die Bundesrepublik eingereisten Klägers kommt eine (fortbestehende) Asylberechtigung sowie die (weitere) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention) vom 28.7.1951, BGBl. II 1953, S. 559) mangels Hinweises auf eine individuelle anlassgeprägte Rückkehrgefährdung allein unter dem Aspekt einer Gruppenverfolgung in der Türkei wegen einer yezidischen Religionszugehörigkeit in Betracht. Sie lag der nunmehr widerrufenen Anerkennung des Klägers im November 1994 zugrunde. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Anforderungen für eine unmittelbare oder – hier – mittelbare Gruppenverfolgung, die prinzipiell auf die nunmehr in § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c AufenthG in Anlehnung an Art. 6 lit. c der Richtlinie 2004/83/EG des Rates der Europäischen Union vom 29.4.2004 (sog. „Qualifikationsrichtlinie“, QRL) geregelte „private Verfolgung“ zu übertragen sind, (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 – 10 C 11.08 -, NVwZ 2009, 1237) lassen sich heute indes nicht (mehr) bejahen. Die für die Beurteilung der Verfolgungslage maßgebenden Verhältnisse in der Türkei haben sich – bezogen auf den Anerkennungszeitpunkt – nachträglich entscheidungserheblich geändert. (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.9.2000 – 9 C 12.00 –, DVBl. 2001, 216, wonach eine bloße Änderung der Erkenntnislage oder auch nur eine Neubewertung der Situation mit anderem Ergebnis einen Widerruf der Flüchtlingsanerkennung nach § 73 AsylVfG nicht rechtfertigen können)

Von daher kann hier zunächst unterstellt werden, dass der Kläger „glaubensgebundener“ und „praktizierender“ Yezide ist, (vgl. hierzu allgemein Azad Baris vom 21.8.2003 an VG Kassel, Amir Muawiya ben Ismail al-Yazidi, Zarathustra zu uns sprach, Hamburg 1990) er also unter diesem Aspekt der von der bisherigen Rechtsprechung so definierten Gruppe der in der Türkei Verfolgten zugerechnet werden könnte. (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 –, Rn 41 bei juris, wonach es insoweit einer positiven Feststellung dieses Gruppenmerkmals bedarf)

Die Anforderungen an das Vorliegen einer asyl- und flüchtlingsrelevanten Gruppenverfolgung sowie das in dem Zusammenhang von den Tatsachengerichten abzuarbeitende Programm hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom April 2009 (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 – 10 C 11.08 -, NVwZ 2009, 1237, zur Frage einer Gruppenverfolgung sunnitischer Molems durch nichtstaatliche Akteure im Irak) wie folgt zusammengefasst:

„Die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Gruppenverfolgung sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich geklärt (vgl. Urteile vom 18. Juli 2006 - BVerwG 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 <249> Rn. 20 ff. und vom 1. Februar 2007 - BVerwG 1 C 24.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 30, jeweils m.w.N.). Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Religion anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt - abgesehen von den Fällen eines (staatlichen) Verfolgungsprogramms (vgl. hierzu Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <204>) - ferner eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt (vgl. Urteil vom 18. Juli 2006 a.a.O. Rn. 20). Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin "wegen" eines der in § 60 Abs. 1 AufenthG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. Urteil vom 5. Juli 1994 a.a.O. <204 f.>). Darüber hinaus gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss.

(…)

Ob Verfolgungshandlungen gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen in deren Herkunftsstaat die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. a und b AufenthG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, möglichst detailliert festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleich gearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann (vgl. Urteil vom 18. Juli 2006 a.a.O. Rn. 24).“

Anhand dieser Kriterien lässt sich eine (fortbestehende) Gruppenverfolgung von zur Religionsgemeinschaft der Yeziden gehörenden Kurden in der Türkei auch bei Anlegung des von der Rechtsprechung für vorverfolgt ausgereiste Asylsuchende entwickelten herabgestuften Prognosemaßstabs nicht mehr annehmen. Der Kläger wäre im Falle seiner Rückkehr in die Türkei „hinreichend sicher“ vor (erneuter) Verfolgung.

Dabei kann – zugunsten des Klägers – von einer Restgruppenstärke der Yeziden in der Türkei von nur noch ca. 400 bis 500 Personen ausgegangen werden. Während das Yezidische Forum seine (geschätzten) Zahlen zur Anzahl der in der Türkei verbliebenen beziehungsweise eventuell aus dem Ausland zurückgekehrten Yeziden zwischenzeitlich nach oben geändert hat, (vgl. dazu die Stellungnahme vom 5.2.2006, wonach aufgrund „gesicherter Kenntnis“ mit Stand 15.1.2005 von 363 Yeziden in 20 verschiedenen Dörfern auszugehen sein sollte, sowie die Stellungnahme vom 4.7.2006 (Seite 11), wo unter Bezugnahme auf eine Bestandsaufnahme zum 30.3.2006 dann von 524 Yeziden in der Türkei die Rede ist) hat das Auswärtige Amt seine bis 2007 mehrfach angeführte (geschätzte) Zahl von 2.000 Mitgliedern in seinem Lagebericht vom Juni 2009 inzwischen auf nur noch ca. 400 erheblich nach unten korrigiert. (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 29.6.2009 (Stand: Mai 2009) – 508-516.80/3 TUR, dazu auch Oberdiek an OVG Greifswald vom 5.10.2009, Asylmagazin 2010, 23; Baris nennt in seinem Gutachten vom 17.4.2006 (Seite 2) ebenfalls eine Zahl von ungefähr 400 Personen)

Die damit in Relation zu setzende Zahl der feststellbaren asylrelevanten „Verfolgungsschläge“, bei denen zugunsten des Klägers auch unterstellt werden kann, dass, was in vielen Fällen durchaus zweifelhaft erscheint, jeweils zumindest in der Fremdzuschreibung durch die Täter die erforderliche Anknüpfung an die Religionszugehörigkeit der jeweiligen Opfer vorlag, von (im günstigsten Fall) etwa „belegten“ knapp 30 Vorfällen in fünf Jahren (2002 bis 2006) (vgl. insoweit OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 –) rechtfertigt nicht ansatzweise die Bejahung einer für eine Gruppenverfolgung notwendigen „Verfolgungsdichte“.

Die in dem Zusammenhang gebotene Beurteilung des Verhältnisses von Gruppenangehörigen und Verfolgungshandlungen erfordert nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Feststellung mit „naturwissenschaftlicher Genauigkeit“. Es reicht vielmehr aus, die ungefähre Größenordnung der Schläge zu ermitteln und sie in Bezug zur Gesamtgruppe der von der Verfolgung Betroffenen zu setzen. (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.4.1996 – 9 C 170.95 – BVerwGE 101, 123, 126) Bei unübersichtlicher Tatsachenlage und nur bruchstückhaften Informationen aus einem – hier wohl schon nicht mehr anzunehmenden – Krisengebiet dürfen Tatsachengerichte auch aus einer Vielzahl vorliegender Einzelinformationen eine zusammenfassende Bewertung des ungefähren Umfangs der Verfolgungsschläge und der Größe eines verfolgten Personenkreises vornehmen. Auch für die Annahme einer „erheblichen Dunkelziffer“ (vgl. insoweit Oberdiek an OVG Greifswald vom 5.10.2009, Asylmagazin 2010, 23, 24, der – ganz vage – davon spricht, dass „die Möglichkeit einer Dunkelziffer gegeben“ sei) nicht bekannt gewordener Übergriffe müssen aber die gerichtlichen Feststellungen zur Größenordnung der Anschläge in nachvollziehbarer und überprüfbarer Weise begründet werden. (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 – 9 C 158.94 –, BVerwGE 96, 200, 213) Allein die Schwere der Gefahren für die Betroffenen rechtfertigt ebenfalls keinen tatrichterlichen Verzicht auf eine Quantifizierung nach diesen Maßstäben. Eine solche hat das Bundesverwaltungsgericht nur in seiner Rechtsprechung zu den sog. „kleinen Gruppen“ bedingt zugelassen, bei denen dann die Feststellung ausreichend sein soll, dass asylrelevante Übergriffe gegen die Mitglieder „an der Tagesordnung“ seien. (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 23.12.2002 – 1 B 42.02 –, zu syrisch-orthodoxen Christen im sog. Tur Abdin) Auch hierbei handelt es sich indes nicht um einen rechtlich anderen Maßstab für die erforderliche Verfolgungsdichte, sondern lediglich um eine erleichterte Tatsachenfeststellung im Einzelfall. (vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 – 10 C 11.08 -, NVwZ 2009, 1237) Nach diesem Kriterium lässt sich eine Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei auch bei einer relativ geringen Zahl der nach weitgehender Flucht und Vertreibung in der Vergangenheit „Zurückgebliebenen“ im Südosten der Türkei ebenfalls nicht mehr bejahen.

Die „dokumentierten“ Einzelfälle angeblicher Übergriffe – durch Private – gegen Yeziden, deren Richtigkeit ebenfalls unterstellt werden kann, ergeben sich aus verschiedenen Dokumenten. Das yezidische Forum benennt in seiner Stellungnahme vom Februar 2006 zunächst 4 konkrete Vorkommnisse für den Zeitraum von März 2002 bis Oktober 2005, und zwar die Ermordung des yezidischen Sheiks Sancar und seiner damals schwangeren Ehefrau in der Nähe von Nusaybin, das Verprügeln von Mitgliedern einer yezidischen Familie aus Anlass der Besichtigung früheren Eigentums in einem verlassenen Dorf, die Bedrohung eines ebenfalls rückkehrwilligen Yeziden in einem verlassenen Dorf durch Muslime und das Erpressen eines Ernteanteils von einem in Deutschland lebenden, in der Heimat aber seine Felder bewirtschaftenden Yeziden im Jahr 2004. Bei den Besuchern der verlassenen Dörfer dürfte im Übrigen schon zweifelhaft sein, ob die Übergriffe an die Religionszugehörigkeit anknüpften und damit als asylrelevant bezeichnet werden können. Auch das wird hier – wie erwähnt – unterstellt. Nach einer erweiterten Auflistung in der Stellungnahme des Forums vom 4.7.2006 wurden dann 11 Vorfälle berichtet, deren Hintergrund und Relevanz für die vorliegend zu beantwortende Frage in der Folge in Auskünften des Auswärtigen Amtes in größerem Umfang in Abrede gestellt worden sind. (vgl. dazu AA vom 26.1.2007 an OVG Lüneburg – 508-516/80/44779 –; zu diesem Streit auch OVG Schleswig, Urteil vom 22.8.2007 – 4 LA 40/07 –, Rn 9 bei juris)

Der Gutachter Baris hatte bereits im Anhang zu seinem Gutachten vom 17.4.2006 an das OVG Magdeburg teilweise allerdings unsubstanziiert beziehungsweise unter Hinweis auf eine Kenntniserlangung bloß vom Hörensagen („soll“) angebliche Übergriffe gegliedert nach den Provinzen Urfa, Batman, Mardin und Diyarbakir aufgelistet. Das beauftragende Gericht hat ungeachtet grundsätzlicher Bedenken gegen seine Unparteilichkeit wegen Betroffenheit seiner eigenen Familie eine Auswertung als „Arbeitshypothese“ vorgenommen, insoweit insgesamt 17 „möglicherweise asylrelevante Übergriffe“ als dokumentiert angesehen, und zwar zwei Morde, 13 Körperverletzungen, eine Landwegnahme und eine Entführung und zugunsten der dortigen Kläger eine Fallverschiedenheit hinsichtlich vom Yezidischen Forum in dessen erweiterter Stellungnahme vom 4.7.2006 mitgeteilter, neben dem Mord an Sheik Sancar und seiner Frau insgesamt 10 weiterer Einzelfälle unterstellt, dann eine Anzahl von Verfolgungsschlägen von in der Summe etwa 27 über einen Zeitraum von fünf Jahren (2002 bis 2006) in Relation zu einer ebenfalls günstigstenfalls unterstellten Kopfzahl von 500 verbliebenen Yeziden gesetzt und anhand der ermittelten Zahl (im günstigsten Fall 1,08 %) eine Verfolgungsfurcht aller Yeziden als erkennbar unbegründet angesehen. Der Senat teilt diese Bewertung und macht sie sich gleichzeitig zu Eigen. Selbst wenn eine Gruppenstärke von nur noch 400 Personen unterstellt wird, ergäbe sich insoweit eine Zahl von 1,35 %, die offensichtlich zu keiner anderen Bewertung Anlass gäbe.

Soweit es sich bei den Opfern von Übergriffen überwiegend um aus Anlass der Besichtigung früheren Eigentums oder zur Bewirtschaftung ihrer Felder kurzfristig aus Deutschland eingereiste Personen handelte, die aktuell nicht in der Türkei leben und die deswegen nicht zu den genannten etwa 400 in der Türkei verbliebenen Yeziden gehörten, wäre diese Personengruppe bei der Ermittlung der Relation zu dieser Zahl hinzuzurechnen. Vertieft werden soll das hier aber ebenso wenig wie die Frage, ob einzelnen Vorfällen nicht ganz andere Ursachen zugrunde lagen, wie – vom Auswärtigen Amt angenommen – beispielsweise Blutrachefehden, die von den Betroffenen von Deutschland in die Heimat „transportiert“ wurden oder private Streitigkeiten aus einem Mietverhältnis, beziehungsweise ob Sheik Sancar und seine Ehefrau in Wahrheit Opfer eines Raubmordes wurden (vgl. zu den einzelnen Vorkommnissen die zum Teil gravierend abweichenden Ermittlungsergebnisse des Auswärtigen Amts in dessen Auskunft vom 26.1.2007 an das OVG Lüneburg, dazu wiederum die die Gegenstellungnahme des yezidischen Forums vom 20.3.2007) oder ob der am 2.4.2006 in einem Dorf der Provinz Mardin verstorbene Z „offensichtlich erschlagen“ wurde (so das Yezidische Forum unter dem 4.7.2006 (dort Fall Nr. 1)) oder ohne Fremdeinwirkung einem „Herzversagen erlegen“ ist. (so das Auswärtige Amt unter dem 26.1.2007 an OVG Lüneburg (dort a.) unter Verweis auf entsprechende polizeiliche und staatsanwaltliche Ermittlungen, dazu wiederum die die Gegenstellungnahme des yezidischen Forums vom 20.3.2007 (unter a.)) Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung inzwischen als „Gutachterstreit“ bezeichneten gegenteiligen Darstellungen bedürfen keiner Vertiefung, da selbst bei Unterstellung der Asylrelevanz all dieser Vorkommnisse die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte – wie gesehen – bei weitem nicht erreicht würde.

Dieser Befund wird durch allgemeine Erkenntnisquellen, insbesondere die Lageberichte des Auswärtigen Amts bestätigt. In dem Lagebericht Januar 2007 (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 11.1.2007 (Stand: Dezember 2006) – 508-516.80/3 TUR) heißt es in dem einschlägigen Abschnitt (II.1.5., ab Seite 23) unter der Überschrift „Lage der nichtmuslimischen Minderheiten“ auf Seite 26, Yeziden hätten sich seit Mai 2005 in der Provinz Batman organisiert, um langfristig ihre Anerkennung als religiöse Minderheit zu erreichen. Eine ihrer selbstgesetzten Aufgaben sei es, Yeziden, die aus Europa in die Region zurückkehren wollten, zu unterstützen. Kurdische Yeziden hätten in der Türkei unter den Folgen der militärischen Auseinandersetzungen, insbesondere unter einer Landnahme durch kurdische Muslime, zu leiden gehabt, was in großem Umfang zur Auswanderung nach Europa geführt habe. Nach Angaben ihrer Vertreter seien in ihren Siedlungsgebieten seit mehreren Jahren keine religiös motivierten Übergriffe von Muslimen mehr bekannt geworden. Probleme gebe es noch bei der Wiedereintragung von Eigentumsrechten an Grundstücken, zumal in Teilen dieser Gebiete das Grundbuchwesen erst im Aufbau begriffen sei. Im Zusammenhang mit einer Rückkehr syrisch-orthodoxer Christen („Syriani“) wird von „vereinzelten Übergriffen“ berichtet, bei denen es um Besitzfragen und Weiderechte gegangen sei, die andernorts auch zwischen Muslimen in gleicher Weise im Zusammenhang mit einer Rückkehr vorkämen. Die Religionszugehörigkeit spiele hier wie auch bei Übergriffen gegen Angehörige anderer Glaubensrichtungen, wie „zum Beispiel Yeziden“, keine ausschlaggebende Rolle. Im anschließenden Lagebericht vom Oktober 2007 (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 25.10.2007 (Stand: September 2007) – 508-516.80/3 TUR) wird zusätzlich auf den vom Verwaltungsgericht erwähnten Artikel in der Zeitung Aksiyon aus dem April 2006 verwiesen, der gestützt auf Angaben von Beamten türkischer Grundbuch- und Katasterämter berichtet, dass in den Jahren 2001 bis 2006 etwa 7.000 Yeziden in der Türkei Immobilien erworben beziehungsweise restauriert hätten. Der Aussagewert dieses Artikels ist freilich umstritten. (vgl. Die Stellungnahme des Yezidischen Zentrums vom 20.3.2007, Seite 8) Der Lagebericht vom September 2008 (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 11.9.2008 (Stand: Juli 2008) – 508-516.80/3 TUR) erwähnt die Yeziden in dem entsprechenden Abschnitt (II.1.4) nur noch am Rande mit dem Hinweis, dass sie wie andere nichtmuslimische, insbesondere christliche Minderheiten bislang nicht in den Genuss der so genannten „Lausanner“ Freiheiten, Schulen und Stiftungen zu unterhalten, kämen, weiterhin keine Rechtspersönlichkeit erwerben könnten und ihre Eigentumsrechte nach wie vor eingeschränkt seien. Mit der Verabschiedung des Stiftungsgesetzes vom 20.2.2008, das unter anderem eine Rückgabe enteigneter Immobilien an anerkannte Minderheiten vorsehe, habe die Türkei allerdings einen weiteren Schritt zur Erleichterung der Situation von religiösen Minderheiten im Lande getan. (vgl. dazu auch NZZ vom 21.2.2008, „Türkei beschließt Rückgabe von konfisziertem Eigentum – religiöse Minderheiten als Nutznießer“, FAZ vom 22.2.2008 (Seite 6), „Minderheiten in der Türkei gestärkt – Parlament in Ankara billigt Änderungen am Stiftungsgesetz“)

In dem neuesten Lagebericht vom Juni 2009 (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 29.6.2009 (Stand: Mai 2009) – 508-516.80/3 TUR) wird im Abschnitt II.1.4 („Religionsfreiheit“) zunächst darauf verwiesen, dass bis Mai 2009 20 Stiftungen 172 Restitutionsanträge gestellt hatten. Zu den Yeziden heißt es dann (Seite 11), die kurdisch-stämmigen Yeziden seien in ihren Heimatregionen in den 1980er und 1990er Jahren aufgrund ihrer Religion Übergriffen muslimischer Nachbarn ausgesetzt gewesen, ohne dass sie durch die türkischen Behörden ausreichend Schutz erfahren hätten. Aus jüngster Vergangenheit seien keine an die Religion anknüpfenden Rechtsgutsverletzungen bekannt, in denen der türkische Staat den Betroffenen keinen Schutz gewährt hätte. Die überwiegende Mehrheit der nach Flucht und Wegzug verbliebenen „ca. 400 Yeziden“ lebe in den Kreisen Viransehir/Provinz Sanli Urfa und Besiri/Provinz Batman. Bei Yeziden komme es in Einzelfällen zu Schwierigkeiten, wenn sie versuchten, in der Vergangenheit zurückgelassenes oder erstmals katastermäßig erfasstes Land als Eigentum registrieren zu lassen.

Auch den jüngsten drei allgemeinen Länderberichten von amnesty international in den entsprechenden Jahrbüchern (2007 bis 2009, betr. 2006 bis 2008) sind keine Hinweise auf konkrete Vorkommnisse in Bezug auf Yeziden in der Türkei zu entnehmen.

Das Verwaltungsgericht hat in der erstinstanzlichen Entscheidung dieser veränderten Bedrohungslage auf der Grundlage der erwähnten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen und eine hypothetische Betrachtung nur für Rückkehrer angestellt. Der Umstand, dass zu einem früheren Zeitpunkt – hier konkret vor fast 20 Jahren – die Voraussetzungen für eine (mittelbare) Gruppenverfolgung vorgelegen haben, entbindet die Gerichte jedoch nicht davon, sich im Rahmen der Bejahung einer fortbestehenden Gruppenverfolgung mit dem aktuellen Zahlenmaterial zu befassen. Allein der Verweis auf angeblich unveränderte allgemeine Rahmenbedingungen und die Annahme, dass es auf die Situation der Yeziden vor Ort in der Türkei nicht ankomme, da es um die (potentiellen) Rückkehrer gehe, insoweit ein Wiederaufflammen der Gruppenverfolgung zu besorgen sei und den Betroffenen nicht zugemutet werden könne, zu Testzwecken die „Versuchskaninchen“ zu spielen, kann die Bewertung der aktuellen Situation vor Ort im potentiellen Verfolgerstaat nicht ersetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die bloße Möglichkeit, dass sich derzeit nicht die Annahme asylrelevanter Verfolgung rechtfertigende Verhältnisse im Herkunftsland künftig möglicherweise erneut so ändern, dass in absehbarer Zeit eine neuerliche Verfolgungssituation eintreten könnte, keinen Asylanspruch in Deutschland zu begründen. (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 –, Rn 80 bei juris und Verweis auf BVerwG, Urteil vom 27.4.1982 – 9 C 308.81 –, Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 37) Eine Gefahr, dass sich – auch mit Blick auf Art. 11 QRL (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG) – in absehbarer Zukunft wieder eine Situation entwickeln könnte, die die Annahme einer Gruppenverfolgung erneut rechtfertigen könnte, sieht der Senat nicht. Das gilt insbesondere auch angesichts des ganz pauschalen Hinweises des Klägers auf eine in der Türkei unter der Regierung der AKP angeblich zu beobachtende Tendenz einer Reislamisierung der türkischen Gesellschaft. (vgl. hierzu im einzelnen auch OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 -, Rn 76 f. bei juris und OVG Lüneburg, Urteil vom 17.7.2007 – 11 LB 332/03 –)

Das OVG Schleswig (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 29.9.2005 – 1 LB 38/04 –, Rn 29 bei juris) hat sich ebenfalls mit der Frage eines möglichen „Wiederaufflammens“ der Gruppenverfolgung beschäftigt und eine solche Gefahr verneint, da es deutliche Anzeichen dafür gebe, die eine Prognose rechtfertigten, dass die frühere Gruppenverfolgung bei einer Rückkehr yezidischer Asylbewerber nicht erneut einträte. Wichtiges Indiz sei, dass trotz einer Rückkehr bisher keine Verfolgungshandlungen feststellbar gewesen seien. Zudem gebe es Anhaltspunkte dafür, dass die türkischen Staatsorgane inzwischen insbesondere vor dem Hintergrund der Forderungen des Europäischen Rats im Zusammenhang mit einem von der Türkei erstrebten Beitritt zur EU anders als früher bereit und in der Lage seien, verfolgte Minderheiten, auch die Yeziden, zu schützen und ihre Rechte durchzusetzen. Das wird in dem Urteil an verschiedenen Beispielen belegt. Dieser Einschätzung ist zuzustimmen. Vor dem Hintergrund reicht es nicht aus, pauschal auf fortbestehende Ressentiments der muslimischen Mehrheitsbevölkerung gegenüber Yeziden und auf ein weiteres Vorhandensein eines halbfeudalen und Gewalt gegen Minderheiten begünstigenden Aga-Systems zu verweisen.

Für die Zukunft kann zudem nicht ernsthaft von einer größeren Zahl dauerhafter Rückkehrer in die Türkei ausgegangen werden. Das zeigen neben dem Umstand, dass eine Vielzahl insbesondere der jüngeren Betroffenen, die hier Aufnahme gefunden haben, in Deutschland weitgehend integriert, mit dauerhaften Aufenthaltstiteln versehen und in nicht unerheblicher Anzahl sogar eingebürgert worden sind, beispielhaft auch die Fallzahlen im Saarland. Fast alle der von einem Widerruf betroffenen Yeziden, jedenfalls soweit sie Rechtsbehelfe ergriffen haben, außer dem Kläger und einer weiteren Einzelperson wurden von der Beklagten inzwischen im Verlauf der Berufungsverfahren klaglos gestellt. Selbst bei dem Kläger kann – wie bei dem zweiten Fall – gegenwärtig nicht von einer ernsthaften Rückführungsabsicht der Beklagten ausgegangen werden. Entsprechend wurde in dem Widerrufsbescheid auf eine ansonsten gebotene Entscheidung hinsichtlich der durch das ursprüngliche Asylbegehren des Klägers grundsätzlich mit aufgeworfenen Frage eines Vorliegens von Abschiebungshindernissen (heute nach § 60 Abs. 2 ff. AufenthG) verzichtet. Dass bisher insgesamt nur vergleichsweise wenige Yeziden dauerhaft ihren Wohnsitz in die Heimat zurückverlegt haben, spricht ebenfalls nicht zwingend für eine (fortbestehende) Gruppenverfolgung, weil hierfür wesentlich nicht asylerhebliche Gründe ausschlaggebend sind, etwa generelle wirtschaftliche und soziale Schwierigkeiten im Osten der Türkei und ein Desinteresse an einer Rückkehr wegen weitgehender Integration insbesondere der jüngeren, in Deutschland aufgewachsenen Yeziden. (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 17.7.2007 – 11 LB 332/03 –, AuAS 2007, 275, und Yezidisches Forum vom 4.7.2006, Seite 1, wonach der Anteil der inzwischen eingebürgerten bei etwa 25 % liegt)

Darüber hinaus ist festzustellen, dass neben der veränderten tatsächlichen Verfolgungssituation inzwischen auch eine deutliche Veränderung im Verhalten staatlicher Stellen der Türkei im Umgang mit Übergriffen auf Minderheiten beziehungsweise bei der Sicherung von Rechtspositionen von Yeziden eingetreten ist. Das lässt sich an Beispielen belegen. In jüngerer Vergangenheit sind offizielle Stellen in der Türkei – wohl aufgrund von Anforderungen der EU mit Blick auf einen angestrebten Beitritt – zumindest seit etwa 2000 bemüht, religiösen Minderheiten, auch Yeziden, vermehrt den gebotenen Schutz staatlicher Institutionen angedeihen zu lassen. Das räumt das Yezidische Forum in seiner Stellungnahme vom Februar 2006 selbst ein, wenn dort von einer in Zusammenhang mit der Debatte um die EU-Mitgliedschaft der Türkei stehenden „Beruhigung der Situation in der Region“ und einer „Zurückhaltung der Sicherheitskräfte gegenüber Minderheiten“ die Rede ist. Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts hat beispielsweise das Zivilgericht Batman in einem Urteil vom Dezember 2001 unter Hinweis auf entsprechende Einträge im Grundbuch das Immobilieneigentum von fünf zur yezidischen Glaubensgemeinschaft gehörenden Klägern aus Yolveren bestätigt und die moslemischen „Besetzer“ zur Räumung aufgefordert. Dabei ist es nicht bei einer Forderung auf „dem Papier“ geblieben. Die Häuser wurden den früheren Bewohnern, die aus Deutschland nach Yolveren zurückgekehrt waren, zurückgegeben und sind von ihnen auch wieder bezogen worden. Der von Vertretern der Deutschen Botschaft im Rahmen eines Besuchs vor Ort befragte „Dorfälteste“ hat anschließend erklärt, seit ihrer Rückkehr habe es – ganz im Gegensatz zu den Verhältnissen vor seiner Flucht nach Deutschland – keine Schwierigkeiten mehr mit den in Nachbardörfern lebenden Moslems gegeben. (vgl. dazu AA vom 3.2.2004 an VG Braunschweig – 508-516.80/41362 – (zu 1. und 2.)) Im Rahmen eines weiteren Informationsgesprächs in Besiri/Batman verwies danach der dortige „Yezidenführer“ darauf, dass sich das Verhältnis zwischen den Religionsgruppen in den letzten Jahren erheblich verbessert habe und dass es in jüngerer Zeit keine Übergriffe gegen Yeziden mehr gegeben habe. Er selbst besitze ein Restaurant und könne ungehindert „diverse Geschäfte betreiben“. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass diese Erklärungen nicht abgegeben, also quasi vom Auswärtigen Amt „erfunden“, oder dass sie inhaltlich nicht korrekt wiedergegeben worden wären, sind nicht ersichtlich. Das Auswärtige Amt selbst hat in der Vergangenheit die frühere Situation der Yeziden in der Türkei wiederholt als kritisch eingestuft. Nach dem Bericht der Deutschen Botschaft in der Türkei vom Oktober 2005 (vgl. den Botschaftsbericht Nr. 6009/05 vom 26.10.2005 – RK 516.80 -, ebenso AA vom 26.1.2007 an OVG Lüneburg (am Ende)) hat sich in dem zuletzt genannten Dorf inzwischen sogar ein Verein („Besiri Yezidililer Sosyal Yardimlasma ve Kültür Dernegi“, übersetzt: Verein für soziale Unterstützung und Kultur der Yeziden aus Batman) unter Vorsitz des früher in Deutschland ansässigen V gegründet, der sich um eine Anerkennung der Yeziden als religiöse Minderheit in der Türkei bemüht und neben der Organisation von Beerdigungen im Ausland verstorbener Yeziden auch rückkehrwilligen Yeziden Hilfen anbietet. Nach verschiedenen Pressemitteilungen hat die türkische Armee ferner 2004 ein bis dahin von moslemischen Dorfschützern besetztes ehemals yezidisches Dorf namens Magara im Landkreis Sirnak-Idil geräumt und den zurückgekehrten yezidischen Eigentümern übergeben. Ferner hat der Provinzgouverneur von Batman in das Dorf Kumgecit zurückgekehrten Yeziden Hilfe zugesagt. (vgl. OVG Münster, Urteil vom 14.2.2006 – 15 A 2119/02.A –, ZAR 2006, 215)

Eine die weitere Zuerkennung der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigende Gefährdung ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt des religiösen Existenzminimums. (vgl. auch hierzu OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 –) Das gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, dass der Schutzbereich der Religionsfreiheit durch den Art. 10 Abs. 1b QRL hinsichtlich der öffentlichen Religionsausübung eine Erweiterung gegenüber der bisherigen Rechtslage erfahren hat. Es ist nicht erkennbar, dass dem Kläger – so er es denn möchte – die Ausübung der yezidischen Religion, die nach den Glaubensvorstellungen der Anhänger ohnehin nicht öffentlich, das heißt vor den Augen Ungläubiger, praktiziert werden darf, (vgl. in dem Zusammenhang OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26.3.2007 – 3 A 30/07 –, SKZ 2008, 54, Leitsatz Nr. 69, wonach es bei genereller Betrachtung nicht zu einem schwerwiegenden religiösen Konflikt im Sinne der Öffentlichkeitserweiterung der QRL kommen kann, da die yezidische Religion nicht vor Augen Ungläubiger ausgeübt werden darf ) in seiner Heimat durch staatliche oder dem türkischen Staat zurechenbare Eingriffe Dritter unmöglich gemacht würde. (vgl. dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 20.1.2004 – 1 C 9.03 –,  BVerwGE 120, 16 ff.) Zur Gewährleistung einer ausreichenden „religiösen Infrastruktur“ ist der Heimatstaat eines unter religiösen Aspekten schutzsuchenden Ausländers nicht verpflichtet. (vgl. dazu etwa OVG Münster, Urteil vom 31.8.2007 – 15 A 994/05.A –)

2. Die sonstige neuere veröffentlichte Rechtsprechung anderer Obergerichte bietet keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung einer „hinreichenden Sicherheit“ des Klägers im Rückkehrfall. In keiner dieser Entscheidungen wird das Fortbestehen einer Gruppenverfolgung der religiösen Minderheit der Yeziden in der Türkei (noch) bejaht. Das OVG Schleswig hat bereits im September 2005 (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 29.9.2005 – 1 LB 38/04 –) entschieden, dass Yeziden in der Türkei aktuell keiner (mittelbaren) Gruppenverfolgung mehr unterliegen. Dieses Urteil wurde zwar wegen eines Verfahrensfehlers vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben. (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.5.2006 – 1 B 129.05 –, juris) Die Rechtsprechung wurde indes in der Folge durch das OVG Schleswig ausdrücklich bestätigt. (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 22.8.2007 – 4 LA 40/07 –, juris) Das OVG Münster, das bis zum Jahr 2003 eine Gruppenverfolgung bejaht hatte, hat seine Rechtsprechung 2006 geändert (vgl. OVG Münster, Urteil vom 14.2.2006 – 15 A 2119/02.A –, ZAR 2006, 215) und darauf verwiesen, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine beachtliche Wahrscheinlichkeit mehr bestehe, dass Yeziden einer asylerheblichen Gruppenverfolgung in der Türkei ausgesetzt seien. Soweit die Angehörigen der Gruppe überhaupt noch von Verfolgungsschlägen betroffen sein sollten, fielen diese jedenfalls „nicht mehr so dicht, und eng gestreut“, dass für jedes Gruppenmitglied die Furcht begründet sei, in eigener Person Opfer der Übergriffe zu werden. (vgl. das dies ausführlich bestätigende Urteil vom 31.8.2007 – 15 A 994/05.A –) Nach aktueller Erkenntnislage seien in den letzten Jahren allenfalls vereinzelte religiös motivierte Verfolgungsmaßnahmen gegen in der Türkei verbliebene Yeziden festzustellen. Das OVG Lüneburg (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 17.7.2007 – 11 LB 332/03 –, AuAS 2007, 275) ist ebenfalls unter Anlegung des herabgestuften Prognosemaßstabs hinreichender Verfolgungssicherheit zu dem Ergebnis gelangt, dass Yeziden in der Türkei seit dem Jahr 2003 hinreichend sicher sind und keiner mittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung mehr unterliegen. Die gegenteilige bisherige Rechtsprechung (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 28.1.1993 – 11 L 513/89 –) wurde ausdrücklich aufgegeben, da sich die Sicherheitslage der Yeziden in der Türkei in den letzten Jahren „entscheidungserheblich verbessert“ habe. Ausführlich wird darauf verwiesen, dass zahlreiche in Deutschland lebende Yeziden sich regelmäßig in die Türkei zurückbegäben, um dort ihre Felder zu bestellen und ihre Häuser instand zu halten. Auch kämen in der Türkei lebende Verwandte zu Besuch und kehrten anschließend in die Türkei zurück. Zuletzt hat – wie schon angeführt – auch das OVG Magdeburg (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 24.10.2007 – 3 L 303/04 –, dazu BVerwG, Beschluss vom 5.8.2008 – 10 B 9.08 –, jeweils bei juris) eine Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei verneint. Diese gerichtlichen Erkenntnisse decken sich mit der Einschätzung des Senats.

Nichts anderes gilt schließlich auch für die von der Gegenansicht regelmäßig angeführte Rechtsprechung des OVG Koblenz. (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 5.6.2007 – 10 A 11576/06 –, AuAS 2007, 213, ebenso Beschluss vom 21.2.2008 – 10 A 11002/07.OVG –, bei juris) Dieses hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es aus seiner Sicht für die beim Widerruf (§ 73 AsylVfG) zu fordernde nachträgliche erhebliche Änderung nicht auf das Bestehen beziehungsweise das Nichtbestehen einer (weiteren) Gruppenverfolgung der Yeziden in der Türkei ankomme. Bei einer zugrunde gelegten Zahl von 500 bis 600 Yeziden in der gesamten Südosttürkei, die über mehrere ehemalige Siedlungsgebiete verteilt seien, könne man „schwerlich noch von einer wirklichen Gruppe sprechen“, die als solche Opfer einer Verfolgung sein könne. Ob einem vorverfolgt aus der Türkei ausgereisten Kurden yezidischer Religionszugehörigkeit nunmehr eine Rückkehr in dieses Land zumutbar sei, könne daher nur „konkret für die Person des Klägers und seine Lebensverhältnisse beantwortet werden“. Die darauf zielende Beurteilung gibt für die Frage des Bestehens oder des Nichtvorliegens einer Gruppenverfolgung nichts her. Eine Gruppenverfolgung wird demnach auch von diesem Gericht jedenfalls nicht bejaht.

3. Kann demnach in den herkömmlichen Siedlungsgebieten zumindest eine die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigende Verfolgungsdichte nicht mehr festgestellt werden, so kommt es auf die Frage einer inländischen Fluchtalternative nicht an.

4. Eine individuelle Verfolgung des Klägers, der mit seinen Eltern vor der Ausreise in Midyat gelebt hat, in Form einer anlassgeprägten Einzelverfolgung im Rückkehrfall steht nach seinem Sachvortrag nicht ansatzweise im Raum.

5. Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG waren – wie gesagt – nicht Gegenstand der Widerrufsentscheidung der Beklagten. Für deren Vorliegen bestehen nach dem bisherigen Sachvortrag auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 26/03/2007 00:00

Tenor Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 11.1.2007 – 2 K 234/06.A – wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens hat
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.