Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 09. März 2009 - 1 A 148/08

published on 09/03/2009 00:00
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 09. März 2009 - 1 A 148/08
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Tenor

Unter Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. Oktober 2007 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 3 K 391/06 - wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Beihilfe für das homöopathische Mittel „Avena sat.“.

Der 1962 geborene Kläger, der in der Vergangenheit als Polizeibeamter an der Fachhochschule für Verwaltung unterrichtete, leidet unter Hyperhidrose, d. h. unter übermäßiger Schweißproduktion, insbesondere unter den Achseln. Zur Behandlung der Hyperhidrose wurde ihm von der Naturheilpraxis L. (Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren) am 15.6. und 29.6.2006 die Rezeptur Avena sat. ärztlich verordnet. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 81,94 EUR (= 2 x 40,97 EUR), so dass sich bei dem dem Kläger zustehenden Bemessungssatz von 70 % eine Beihilfe von 50,36 EUR ergäbe (bei dem Betrag von 81,94 EUR für zwei Rezepte sind nämlich gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 Buchst. c BhVO jeweils 5,-- EUR pro Rezept, insgesamt also 10,-- EUR als Eigenanteil vorab in Abzug zu bringen, so dass sich die Beihilfe von 70 % nach einem Betrag von 71,94 EUR errechnet).

Mit Bescheid vom 10.8.2006 lehnte der Beklagte eine Beihilfegewährung mit der Begründung ab, es handele sich nicht um ein Heilmittel im Sinne des Beihilferechts (Ziffer 3 der AV zu § 5 Abs. 1 Nr. 6 BhVO).

Der dagegen vom Kläger erhobene Widerspruch wurde mit Bescheid vom 7.9.2006 zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen:

Homöopathische Mittel, die nicht in der sogenannten „Roten Liste“ aufgeführt seien, könnten nach Nr. 16.5 der Arzneimittel-Richtlinien für bestimmte Indikationsgebiete nur bei schwerwiegenden Erkrankungen verordnet werden, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt sei. Da es sich bei der Hyperhidrose des Klägers nicht um eine schwerwiegende Erkrankung im Sinne der Arzneimittel-Richtlinien handele, sei das Mittel „Avena sat.“ nicht als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne zu bewerten.

Mit der am 18.10.2006 eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen:

Die Arzneimitteleigenschaft des Mittels „Avena sat.“ könne kaum in Abrede gestellt werden. Es handele sich bei diesem homöopathischen Arzneimittel um ein Medikament, das apothekenpflichtig sei. Ein vergleichbares Präparat sei unter dem Namen „Avena Rihom Komplextropfen“ als rezeptpflichtiges Arzneimittel in Österreich auf dem Arzneimittelmarkt. Des Weiteren sei zu beachten, dass nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung unter A Ziffer 3 festgehalten sei, dass der Versicherte grundsätzlich einen Anspruch auf die Versorgung mit allen nach dem Arzneimittelgesetz zugelassenen Arzneimitteln besitze. Unter D Ziffer 13 sei ausdrücklich erwähnt, dass die Verordnung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtung (u.a.) Homöopathie nicht ausgeschlossen sei. Bei ihrer Verordnung sei der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei Ziffer 16.5 der Arzneimittel-Richtlinien im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Auf die Frage, ob eine schwerwiegende Erkrankung vorliege, komme es nicht an. Im Übrigen stünde ihm ein Anspruch auf Beihilfe unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu. Denn der Beklagte habe zuvor mit den Bescheiden vom 4.4. und 9.6.2006 die Erstattungsfähigkeit des Mittels „Avena sat.“ anerkannt.

Der Beklagte ist dem Klagebegehren unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid entgegengetreten.

Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17.10.2007 ergangenem Urteil - 3 K 391/06 - hat das Verwaltungsgericht unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen den Beklagten verpflichtet, dem Kläger zu den streitgegenständlichen Aufwendungen eine Beihilfe in Höhe von 57,-- EUR zu gewähren. In den Entscheidungsgründen heißt es im Wesentlichen:

Bei dem dem Kläger von einem Heilpraktiker verordneten Präparat „Avena sat.“ handele es sich um ein Arzneimittel. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und substantiiert dargelegt, dass er unter Hyperhidrose, d. h. unter übermäßiger Schweißproduktion insbesondere unter den Achseln leide und dass die ihm verordnete Rezeptur „Avena sat.“, bei der es sich um eine vom Apotheker hergestellte Mischung aus verschiedenen Einzelbestandteilen handele, ein Verstopfen der Schweißdrüsen hindere. Des Weiteren habe der Kläger die durch massives Schwitzen bedingten Beeinträchtigungen bei der Ausübung seines Berufs (z. B. beim Unterrichten an der Fachhochschule X) ebenso nachvollziehbar geschildert wie den Umstand, dass er seit Einnahme des Präparats „Avena sat.“ in geringeren Zeitabständen als zuvor - nurmehr jährlich statt halbjährlich - auf eine Behandlung mit Botulinumtoxin angewiesen sei. Daran, dass es sich bei der Hyperhidrose um eine Krankheit handele, bestünden ebenso wenig Zweifel wie daran, dass die Behandlung mit „Avena sat.“ der Linderung dieser Krankheit diene. Der beihilferechtliche Arzneimittelbegriff sei daher erfüllt. Die Nichtaufnahme dieses Mittels in die „Rote Liste“ stehe der Arzneimitteleigenschaft nicht entgegen. Es existierten noch weitere Arzneimittelverzeichnisse („Graue Liste“, Liste homöopathischer Arzneimittel). Eine Eintragung sei lediglich ein Indiz für die Arzneimitteleigenschaft. Die Bandbreite eines Mittels, d. h. seine Anwendbarkeit bei Krankheiten unterschiedlicher Art, stehe der Arzneimitteleigenschaft nicht entgegen. Maßgeblich sei vielmehr, ob das Mittel dazu bestimmt sei, durch Anwendung am oder im Körper eine Krankheit zu heilen oder zu lindern. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt, da das Präparat „Avena sat.“ der Linderung der Hyperhidrose des Klägers diene.

Das Präparat „Avena sat.“ sei auch nicht von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Nach Nr. 4.1 der Richtlinien zu § 5 Abs. 2a BhVO seien nicht beihilfefähig Mittel, die entweder keine Arzneimittel seien oder deren Wirksamkeit aus therapeutischer Sicht nicht anerkannt sei. Des Weiteren bestimme Nr. 4.1 der Richtlinien die entsprechende Anwendung von Nr. 17 (nunmehr: Nr. 20) der Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinien) des Gemeinsamen Bundesausschusses in der jeweils geltenden Fassung. Auf Nr. 16.5 der Arzneimittel-Richtlinien könne sich der Beklagte zur Begründung des Ausschlusses von der Beihilfefähigkeit nicht berufen. Zum einen beziehe sich Nr. 4.1 der Richtlinien zu § 5 Abs. 2a BhVO nach dem ausdrücklichen Wortlaut nur auf Nr. 17 (nunmehr Nr. 20) der Arzneimittel-Richtlinien und sehe im Unterschied dazu eine entsprechende Anwendung von Nr. 16.5 nicht vor. Zum andern würde die Einschränkung in Nr. 16.5 - Verordnung von Arzneimitteln der Homöopathie nur bei schwerwiegenden Erkrankungen - auch nur für die in den Arzneimittel-Richtlinien in Abschnitt F im Einzelnen aufgeführten Indikationsgebiete gelten. Welches dieser Indikationsgebiete hier betroffen sein solle, habe der Beklagte nicht dargelegt.

Gegen das ihm am 30.10.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 22.11.2007 Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und diesen mit Schriftsatz vom 29.11.2007 begründet. Mit Beschluss vom 13.02.2008 - 1 A 456/07 - hat der Senat diesem Antrag gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit dem Hinweis entsprochen, dass im Berufungsverfahren insbesondere zu klären sei, ob es sich bei dem homöopathischen Mittel „Avena sat.“ um ein beihilfefähiges Arzneimittel handele, dessen Wirksamkeit zur Behandlung der beim Kläger diagnostizierten Hyperhidrose aus therapeutischer Sicht anerkannt sei.

Mit Schriftsatz vom 26.2.2008 hat der Beklagte seine Berufung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das angegriffene Urteil beruhe in erster Linie auf der Auffassung, bei dem verordneten Präparat „Avena sat.“ handele es sich um ein wissenschaftlich allgemein anerkanntes Arzneimittel, das die übermäßige Schweißproduktion unter den Achseln verhindern solle. Diese Auffassung werde nicht geteilt. Auszugehen sei von einem engen Arzneimittelbegriff. Es sei insoweit durchaus von Bedeutung, dass das Mittel „Avena sat.“ nicht in die sogenannte „Rote Liste“ aufgenommen worden sei, in der alle europaweit zugelassenen Arzneimittel enthalten seien. Die Beihilfestelle habe bei ihren Überlegungen stets zu prüfen, ob ein Mittel angemessen und notwendig sei (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BhVO). Auch bei der Versorgung mit Arzneimitteln gelte das Wirtschaftlichkeitsgebot mit der Folge, dass ein Mittel, das nicht einmal die Kriterien der Qualität, der Wirksamkeit und der Unbedenklichkeit erfülle, von der Beihilfefähigkeit ausgenommen sei. Der Dienstherr sei im Rahmen seiner Fürsorge gegenüber dem Beamten keinesfalls verpflichtet, alle entstandenen Kosten zu erstatten. Mittel, denen die Zulassung nach § 21 Arzneimittelgesetz fehle, seien nicht erstattungsfähig. Die Beihilfeverordnung sehe nur in einem schweren, lebensbedrohlichen Fall die Berücksichtigung eines solchen Mittels vor. Die Voraussetzungen hierfür seien nicht gegeben.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor:

In Übereinstimmung mit den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil sei vorliegend von entscheidender Bedeutung, dass es sich bei dem Präparat „Avena sat.“ um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung handele. Nicht relevant sei im gegebenen Fall, ob es sich dabei um ein wissenschaftlich allgemein anerkanntes Arzneimittel handele. Insgesamt bezieht sich der Kläger auf die - aus seiner Sicht - zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil und verweist ergänzend auf den Schriftsatz vom 8.1.2008.

Mit dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.9.2008 ergangenen Beschluss hat der Senat durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens bzw. einer sachverständigen Stellungnahme eine Beweiserhebung zu der Frage angeordnet, ob die Behandlung der beim Kläger diagnostizierten Hyperhidrose mit der Rezeptur „Avena sat.“ gemäß den Rezepten der Naturheilpraxis L. vom 15.5. und 29.6.2006 als therapeutisch wirksam anzuerkennen ist. Mit der Erstellung des Gutachtens bzw. der sachverständigen Stellungnahme wurde gemäß Beschluss vom 8.10.2008 der Oberarzt Dr. med. R., Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universität des Saarlandes in Homburg, beauftragt.

Wegen des Ergebnisses der Beweiserhebung wird auf das Gutachten vom 15.1.2009 verwiesen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer (weiteren) mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes im Übrigen wird auf den Inhalt der verfahrensbezogenen Gerichtsakten sowie der dazugehörigen Verwaltungsunterlagen (1 Heft) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Über die zulässige Berufung kann aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung des Beklagten ist begründet.

Die Verwaltungsentscheidungen vom 10.8.2006 und 7.9.2006, mit denen eine Beihilfegewährung zu den am 15.5. und 29.6.2006 verordneten homöopathischen Rezepturen „Avena sat.“ abgelehnt wurde, sind rechtmäßig. Deshalb muss die auf Abänderung der genannten Verwaltungsentscheidungen und Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung einer Beihilfe gerichtete Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen werden.

Als Grundlage für einen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe zu den Kosten des dem Kläger ärztlich

Nach den vorgelegten Rezepten handelt es sich bei der Naturheilpraxis L. um eine (ärztliche) Praxis für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren. Unter der auf der dem Kläger ausgestellten Bescheinigung vom 29.8.2006 befindlichen Unterschrift ist aufgedruckt „Unterschrift des Arztes“.

verordneten homöopathischen Mittel „Avena sat.“ kommt vorrangig § 5 Abs. 1 Nr. 6 BhVO in Betracht, wonach grundsätzlich (u.a.) die von einem Arzt oder Heilpraktiker aus Anlass einer Krankheit schriftlich verordneten Arzneimittel beihilfefähig sind

vgl. zur vorläufigen Weitergeltung der BhVO u.a. BVerwG, Urteile vom 17.6.2004 - 2 0/02 -, BVerwGE 121, 103 = NVwZ 2005, 713 = ZBR 2005, 42 = DÖD 2005, 133, und vom 28.10.2004 - 2 C 34.03 - NVwZ 2005, 710 = ZBR 2005, 169; Urteil des Senats vom 7.12.2007 - 1 A 321/07 -, NVwZ 2008, 443 = AS RP-SL 35, 322; siehe aber auch BVerwG, Urteil vom 28.5.2008 - 2 C 24.07 -, LKRZ 2008, 275, wo es heißt: „Bei weiterer Untätigkeit des Gesetzgebers über den Zeitraum der laufenden Legislaturperiode hinaus werden die Verwaltungsgerichte im Einzelfall über Beihilfeansprüche auf der Grundlage allein der Kriterien der Notwendigkeit und Angemessenheit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BhV) zu entscheiden haben.“

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der beim Kläger diagnostizierten Hyperhidrose um einen Krankheitsfall im Sinne des Beihilferechts handelt

vgl. dazu überzeugend OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.12.2007 - 6 A 5173/05 -, IÖD 2008, 128.

Fraglich ist indes, ob es sich bei dem homöopathischen Mittel „Avena sat.“ um ein für die Behandlung der Hyperhidrose wissenschaftlich allgemein anerkanntes Mittel handelt, dessen therapeutischer Nutzen unumstritten ist

vgl. dazu Nr. 4.1 der auf der Grundlage des § 5 Abs. 2a BhVO ergangenen Richtlinien betreffend Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden und Mittel.

Dagegen spricht der bereits vom Beklagten im Schriftsatz vom 29.11.2007 auf der Grundlage einer Recherche im Internet beschriebene Indikationsbereich für die Anwendung von „Avena sat.“. Danach soll dieses Präparat bei Potenzstörungen, Erschöpfungszuständen, Appetitlosigkeit und Infektionskrankheiten helfen. Unter der Eingabe „Homöopathie - Avena sativa“ erhält man bei Google (u.a.) die Information: „Menschen, die Avena sativa brauchen, wirken häufig unruhig und hektisch. Das Mittel Avena sativa wird vor allem zur Behandlung von Schwäche, Rekonvaleszenz und Schlaflosigkeit eingesetzt.“

Bestätigt wird dieser (eingeschränkte) Anwendungsbereich von „Avena sat.“ im homöopathischen Schrifttum

vgl. etwa „Das große Homöopathie-Handbuch“ von Dr. med. Markus Wiesenauer und Dr. med. Suzann Kirschner-Brouns, Verlag Gräfe und Unzer, München, 2007.

Darin heißt es unter der Mittelbeschreibung „Avena sativa“ (Seite 344):

„Leitsymptome: Der Avena-Patient kann sich schlecht konzentrieren und leidet oftmals unter brennenden Kopfschmerzen, die sich vom Scheitel über den ganzen Kopf ausbreiten.

Modalitäten: Beschwerden schlechter: nicht bekannt; Beschwerden besser: nicht bekannt.

Homöopathische Anwendung: Das Mittel kann z. B. gut eingesetzt werden bei Schlafstörungen, Nervosität und Schwäche sowie nach erschöpfenden Erkrankungen, einem Drogen- oder Alkoholentzug.“

Bei den homöopathisch behandelbaren Beschwerden wird das „übermäßige Schwitzen (Hyperhidrosis)“ als ein Symptom im Rahmen einer Schilddrüsenüberfunktion, von Übergewicht, der Wechseljahre oder auch einer psychischen Erkrankung beschrieben, wobei erwähnt wird, dass daneben auch eine genetisch bedingte Form existiert, die in der Pubertät beginne und das ganze Leben lang anhalte. Nervosität und Aufregung könnten dann Schwitzanfälle auslösen. Als Mittel, die helfen, sind aufgeführt: Acidum hydrofluoricum, Acidum sulfuricum, Argentum nitricum, Jaborandi, Mercurius solubilis, Sepia und Silicea

vgl. Seite 132 f. des erwähnten Handbuchs.

Das Mittel „Avena sat.“ wird im gegebenen Zusammenhang nicht erwähnt.

Aufgrund der durchgeführten Beweiserhebung ist der Senat jedenfalls davon überzeugt, dass es sich bei dem homöopathischen Mittel „Avena sat.“ nicht um ein für die Behandlung der Hyperhidrose wissenschaftlich allgemein anerkanntes Mittel handelt, dessen unmittelbarer therapeutischer Nutzen nachweisbar ist.

Der vom Senat beauftragte Gutachter des Universitätsklinikums des Saarlandes, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Oberarzt Dr. R., hat in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 15.1.2009 bestätigt, dass der Rezeptur mit Avena sativa, Passiflorae und Zincum (wie sie in den ärztlichen Verordnungen verschrieben worden ist) keine direkte therapeutische Wirksamkeit auf eine Hyperhidrose zugesprochen werden kann. Zur Begründung hat der Sachverständige im Einzelnen ausgeführt:

„Die Diagnose Hyperhidrose bezeichnet ein Übermaß an Schwitzen, welches über die Erfordernisse der Wärmeregulation hinausgeht. Sie tritt am häufigsten umschrieben in bestimmten Hautregionen (lokalisierte Form; z.B. Achselhöhle, Handflächen, Fußsohlen, Stirn), selten am gesamten Körper auf (generalisierte Form). Unterschieden werden eine primäre von einer sekundären Hyperhidrose.

Die primäre Hyperhidrose ist idiopathisch, d.h. es liegt keine zugrunde liegende Erkrankung vor. Die Diagnose wird anhand anamnestischer Angaben und klinischer Untersuchungen (Jod-Stärke-Probe, Gravimetrie) gestellt und in Schweregrade eingeteilt. Die primäre Hyperhidrose ist überwiegend lokalisiert.

Die sekundäre Hyperhidrose stellt ein Symptom einer Grunderkrankung oder Nebenwirkung einer Medikamenteneinnahme dar und ist in der Regel generalisiert. Als Grunderkrankungen kommen in Betracht: Infektionskrankheiten, Tumoren (insbesondere Lymphome), hormonelle Erkrankungen (z.B. Schilddrüsenüberfunktion) neurologische Erkrankungen. Auch besondere Lebensumstände, wie das Klimakterium oder psychische Belastungssituationen können eine sekundäre Hyperhidrose auslösen.

Nähere Angaben, ob es sich bei der Hyperhidrose des Klägers um eine primäre oder sekundäre Form handelt, liegen uns nicht vor.

Die Therapie der primären Hyperhidrose wird unterteilt in lokale Maßnahmen (Antiperspiranzien, Leitungswasser-Iontophorese, Botulinumtoxin), systemische Therapien (Anticholinergika) und operative Verfahren (Exzsion oder Kurretage von Schweißdrüsen). Weder in der derzeit gültigen Leitlinie „Definition und Therapie der primären Hyperhidrose“ der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (s. Literatur), noch in der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur (Pubmed, Scopus) finden sich Hinweise für die Wirksamkeit einer oralen homöopathischen Therapie mit einem oder mehreren Inhaltsstoffen der o.g. Rezeptur.

Bei der sekundären Hyperhidrose steht die Therapie der Grunderkrankung im Vordergrund. Mit Ausnahme der sekundären Hyperhidrose im Rahmen psychischer Belastungssituationen finden sich ebenfalls im Rahmen der Literaturrecherche keine Hinweise für die Wirksamkeit der o.g. Rezeptur.

Den Inhaltsstoffen Avena sativa (Hafer), Passiflora (Passionsblume) und Zincum valerianicum (Zinkisovalerianat) wird in der homöopathischen Literatur eine beruhigende, schlaffördernde, angstlösende Wirkung zugeschrieben (z.B. W. Boericke: Handbuch der homöopathischen Materia medica: „Avena sativa besitzt eine besondere Wirkung auf Gehirn und Nervensystem, indem es deren Ernährung günstig beeinflusst. Nervöse Erschöpfung, sexuelle Schwäche und Morphiumsucht erfordern dieses Mittel in ziemlich materieller Dosierung. Ist das beste Tonikum für Entkräftung nach erschöpfenden Krankheiten (...) Schlaflosigkeit, nervöse Zustände).

Sofern der Kläger eine psychogene sekundäre Hyperhidrose zum Zeitpunkt der Verordnung aufgewiesen hat - dies wäre kritisch zu hinterfragen - kann somit eine mögliche indirekte Wirkung der Rezeptur nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Nach schulmedizinischen Kriterien einer evidenzbasierenden Medizin ist jedoch weder eine direkte, noch indirekte Wirkung einer homöopathischen Rezeptur mit Avena sativa, Passiflora und Zincum valerianicum auf eine bestehende Hyperhidrose wissenschaftlich belegbar.“

Da der Kläger nach den von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gemachten Angaben immer noch, wenn auch in geringeren Zeitabständen als zuvor, auf eine Behandlung mit Botulinumtoxin angewiesen ist, ist davon auszugehen, dass er unter einer primären Hyperhidrose leidet, da nach den in sich schlüssigen Darlegungen im Gutachten vom 15.1.2009 nur bei dieser Form der Hyperhidrose (u.a.) eine lokale Therapiemaßnahme (u.a.) mit Botulinumtoxin indiziert ist. Nach der eindeutigen, auf der Grundlage der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur getroffenen Feststellung des Gutachters finden sich in Bezug auf die Therapie der primären Hyperhidrose keine Hinweise für die Wirksamkeit einer oralen homöopathischen Therapie mit einem oder mehreren Inhaltsstoffen der dem Kläger verordneten Rezeptur.

Die Stellungnahme des Klägers (Schriftsatz vom 18.2.2009) zu dem vom Senat eingeholten Gutachten enthält keine neuen Gesichtspunkte. Insbesondere ist es nicht richtig, dass eine Beihilfefähigkeit für wissenschaftlich nicht allgemein erkannte Arzneimittel nach saarländischem Beihilferecht gegeben ist. Das folgt - wie bereits dargelegt - aus Nr. 4.1 der auf der Grundlage des § 5 Abs. 2 a BhVO ergangenen Richtlinien „betreffend Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden und Mittel“. Dem Begriff der Arzneimitteleigenschaft kommt in diesem Zusammenhang keine Relevanz zu.

Ein Anspruch des Klägers ergibt sich schließlich auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes. Auch wenn der Beklagte zuvor mit den Bescheiden vom 4.4. und 9.6.2006 die Erstattungsfähigkeit des Mittels „Avena sat.“ anerkannt hat, liegt darin noch keine Selbstbindung für nachfolgende Beihilfeanträge des Klägers. Aus der einfachen kommentarlosen Gewährung von Beihilfe kann nicht schutzwürdig auf eine Fortsetzung dieser Anerkennungspraxis geschlossen werden. Die Bewilligung der Beihilfe gilt nur für die gewährte Beihilfe und nicht für künftige Aufwendungen

vgl. u.a. OVG Hamburg, Urteil vom 24.9.2004 - 1 Bf 47/01 -, IÖD 2005, 54, und Juris Tz. 55.

Bei jedem neuen Beihilfeantrag muss die Festsetzungsstelle prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Beihilfegewährung gegeben sind. Hat sie das Vorliegen dieser Voraussetzungen zuvor fehlerhaft bejaht, kann sich innerhalb der gesetzlichen Frist allerdings die Frage einer Rücknahme rechtswidriger Bescheide stellen (vgl. § 48 VwVfG).

Nach allem ist auf die Berufung des Beklagten das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 57,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 GKG).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Über die zulässige Berufung kann aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung des Beklagten ist begründet.

Die Verwaltungsentscheidungen vom 10.8.2006 und 7.9.2006, mit denen eine Beihilfegewährung zu den am 15.5. und 29.6.2006 verordneten homöopathischen Rezepturen „Avena sat.“ abgelehnt wurde, sind rechtmäßig. Deshalb muss die auf Abänderung der genannten Verwaltungsentscheidungen und Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung einer Beihilfe gerichtete Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen werden.

Als Grundlage für einen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe zu den Kosten des dem Kläger ärztlich

Nach den vorgelegten Rezepten handelt es sich bei der Naturheilpraxis L. um eine (ärztliche) Praxis für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren. Unter der auf der dem Kläger ausgestellten Bescheinigung vom 29.8.2006 befindlichen Unterschrift ist aufgedruckt „Unterschrift des Arztes“.

verordneten homöopathischen Mittel „Avena sat.“ kommt vorrangig § 5 Abs. 1 Nr. 6 BhVO in Betracht, wonach grundsätzlich (u.a.) die von einem Arzt oder Heilpraktiker aus Anlass einer Krankheit schriftlich verordneten Arzneimittel beihilfefähig sind

vgl. zur vorläufigen Weitergeltung der BhVO u.a. BVerwG, Urteile vom 17.6.2004 - 2 0/02 -, BVerwGE 121, 103 = NVwZ 2005, 713 = ZBR 2005, 42 = DÖD 2005, 133, und vom 28.10.2004 - 2 C 34.03 - NVwZ 2005, 710 = ZBR 2005, 169; Urteil des Senats vom 7.12.2007 - 1 A 321/07 -, NVwZ 2008, 443 = AS RP-SL 35, 322; siehe aber auch BVerwG, Urteil vom 28.5.2008 - 2 C 24.07 -, LKRZ 2008, 275, wo es heißt: „Bei weiterer Untätigkeit des Gesetzgebers über den Zeitraum der laufenden Legislaturperiode hinaus werden die Verwaltungsgerichte im Einzelfall über Beihilfeansprüche auf der Grundlage allein der Kriterien der Notwendigkeit und Angemessenheit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BhV) zu entscheiden haben.“

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der beim Kläger diagnostizierten Hyperhidrose um einen Krankheitsfall im Sinne des Beihilferechts handelt

vgl. dazu überzeugend OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.12.2007 - 6 A 5173/05 -, IÖD 2008, 128.

Fraglich ist indes, ob es sich bei dem homöopathischen Mittel „Avena sat.“ um ein für die Behandlung der Hyperhidrose wissenschaftlich allgemein anerkanntes Mittel handelt, dessen therapeutischer Nutzen unumstritten ist

vgl. dazu Nr. 4.1 der auf der Grundlage des § 5 Abs. 2a BhVO ergangenen Richtlinien betreffend Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden und Mittel.

Dagegen spricht der bereits vom Beklagten im Schriftsatz vom 29.11.2007 auf der Grundlage einer Recherche im Internet beschriebene Indikationsbereich für die Anwendung von „Avena sat.“. Danach soll dieses Präparat bei Potenzstörungen, Erschöpfungszuständen, Appetitlosigkeit und Infektionskrankheiten helfen. Unter der Eingabe „Homöopathie - Avena sativa“ erhält man bei Google (u.a.) die Information: „Menschen, die Avena sativa brauchen, wirken häufig unruhig und hektisch. Das Mittel Avena sativa wird vor allem zur Behandlung von Schwäche, Rekonvaleszenz und Schlaflosigkeit eingesetzt.“

Bestätigt wird dieser (eingeschränkte) Anwendungsbereich von „Avena sat.“ im homöopathischen Schrifttum

vgl. etwa „Das große Homöopathie-Handbuch“ von Dr. med. Markus Wiesenauer und Dr. med. Suzann Kirschner-Brouns, Verlag Gräfe und Unzer, München, 2007.

Darin heißt es unter der Mittelbeschreibung „Avena sativa“ (Seite 344):

„Leitsymptome: Der Avena-Patient kann sich schlecht konzentrieren und leidet oftmals unter brennenden Kopfschmerzen, die sich vom Scheitel über den ganzen Kopf ausbreiten.

Modalitäten: Beschwerden schlechter: nicht bekannt; Beschwerden besser: nicht bekannt.

Homöopathische Anwendung: Das Mittel kann z. B. gut eingesetzt werden bei Schlafstörungen, Nervosität und Schwäche sowie nach erschöpfenden Erkrankungen, einem Drogen- oder Alkoholentzug.“

Bei den homöopathisch behandelbaren Beschwerden wird das „übermäßige Schwitzen (Hyperhidrosis)“ als ein Symptom im Rahmen einer Schilddrüsenüberfunktion, von Übergewicht, der Wechseljahre oder auch einer psychischen Erkrankung beschrieben, wobei erwähnt wird, dass daneben auch eine genetisch bedingte Form existiert, die in der Pubertät beginne und das ganze Leben lang anhalte. Nervosität und Aufregung könnten dann Schwitzanfälle auslösen. Als Mittel, die helfen, sind aufgeführt: Acidum hydrofluoricum, Acidum sulfuricum, Argentum nitricum, Jaborandi, Mercurius solubilis, Sepia und Silicea

vgl. Seite 132 f. des erwähnten Handbuchs.

Das Mittel „Avena sat.“ wird im gegebenen Zusammenhang nicht erwähnt.

Aufgrund der durchgeführten Beweiserhebung ist der Senat jedenfalls davon überzeugt, dass es sich bei dem homöopathischen Mittel „Avena sat.“ nicht um ein für die Behandlung der Hyperhidrose wissenschaftlich allgemein anerkanntes Mittel handelt, dessen unmittelbarer therapeutischer Nutzen nachweisbar ist.

Der vom Senat beauftragte Gutachter des Universitätsklinikums des Saarlandes, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Oberarzt Dr. R., hat in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 15.1.2009 bestätigt, dass der Rezeptur mit Avena sativa, Passiflorae und Zincum (wie sie in den ärztlichen Verordnungen verschrieben worden ist) keine direkte therapeutische Wirksamkeit auf eine Hyperhidrose zugesprochen werden kann. Zur Begründung hat der Sachverständige im Einzelnen ausgeführt:

„Die Diagnose Hyperhidrose bezeichnet ein Übermaß an Schwitzen, welches über die Erfordernisse der Wärmeregulation hinausgeht. Sie tritt am häufigsten umschrieben in bestimmten Hautregionen (lokalisierte Form; z.B. Achselhöhle, Handflächen, Fußsohlen, Stirn), selten am gesamten Körper auf (generalisierte Form). Unterschieden werden eine primäre von einer sekundären Hyperhidrose.

Die primäre Hyperhidrose ist idiopathisch, d.h. es liegt keine zugrunde liegende Erkrankung vor. Die Diagnose wird anhand anamnestischer Angaben und klinischer Untersuchungen (Jod-Stärke-Probe, Gravimetrie) gestellt und in Schweregrade eingeteilt. Die primäre Hyperhidrose ist überwiegend lokalisiert.

Die sekundäre Hyperhidrose stellt ein Symptom einer Grunderkrankung oder Nebenwirkung einer Medikamenteneinnahme dar und ist in der Regel generalisiert. Als Grunderkrankungen kommen in Betracht: Infektionskrankheiten, Tumoren (insbesondere Lymphome), hormonelle Erkrankungen (z.B. Schilddrüsenüberfunktion) neurologische Erkrankungen. Auch besondere Lebensumstände, wie das Klimakterium oder psychische Belastungssituationen können eine sekundäre Hyperhidrose auslösen.

Nähere Angaben, ob es sich bei der Hyperhidrose des Klägers um eine primäre oder sekundäre Form handelt, liegen uns nicht vor.

Die Therapie der primären Hyperhidrose wird unterteilt in lokale Maßnahmen (Antiperspiranzien, Leitungswasser-Iontophorese, Botulinumtoxin), systemische Therapien (Anticholinergika) und operative Verfahren (Exzsion oder Kurretage von Schweißdrüsen). Weder in der derzeit gültigen Leitlinie „Definition und Therapie der primären Hyperhidrose“ der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (s. Literatur), noch in der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur (Pubmed, Scopus) finden sich Hinweise für die Wirksamkeit einer oralen homöopathischen Therapie mit einem oder mehreren Inhaltsstoffen der o.g. Rezeptur.

Bei der sekundären Hyperhidrose steht die Therapie der Grunderkrankung im Vordergrund. Mit Ausnahme der sekundären Hyperhidrose im Rahmen psychischer Belastungssituationen finden sich ebenfalls im Rahmen der Literaturrecherche keine Hinweise für die Wirksamkeit der o.g. Rezeptur.

Den Inhaltsstoffen Avena sativa (Hafer), Passiflora (Passionsblume) und Zincum valerianicum (Zinkisovalerianat) wird in der homöopathischen Literatur eine beruhigende, schlaffördernde, angstlösende Wirkung zugeschrieben (z.B. W. Boericke: Handbuch der homöopathischen Materia medica: „Avena sativa besitzt eine besondere Wirkung auf Gehirn und Nervensystem, indem es deren Ernährung günstig beeinflusst. Nervöse Erschöpfung, sexuelle Schwäche und Morphiumsucht erfordern dieses Mittel in ziemlich materieller Dosierung. Ist das beste Tonikum für Entkräftung nach erschöpfenden Krankheiten (...) Schlaflosigkeit, nervöse Zustände).

Sofern der Kläger eine psychogene sekundäre Hyperhidrose zum Zeitpunkt der Verordnung aufgewiesen hat - dies wäre kritisch zu hinterfragen - kann somit eine mögliche indirekte Wirkung der Rezeptur nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Nach schulmedizinischen Kriterien einer evidenzbasierenden Medizin ist jedoch weder eine direkte, noch indirekte Wirkung einer homöopathischen Rezeptur mit Avena sativa, Passiflora und Zincum valerianicum auf eine bestehende Hyperhidrose wissenschaftlich belegbar.“

Da der Kläger nach den von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gemachten Angaben immer noch, wenn auch in geringeren Zeitabständen als zuvor, auf eine Behandlung mit Botulinumtoxin angewiesen ist, ist davon auszugehen, dass er unter einer primären Hyperhidrose leidet, da nach den in sich schlüssigen Darlegungen im Gutachten vom 15.1.2009 nur bei dieser Form der Hyperhidrose (u.a.) eine lokale Therapiemaßnahme (u.a.) mit Botulinumtoxin indiziert ist. Nach der eindeutigen, auf der Grundlage der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur getroffenen Feststellung des Gutachters finden sich in Bezug auf die Therapie der primären Hyperhidrose keine Hinweise für die Wirksamkeit einer oralen homöopathischen Therapie mit einem oder mehreren Inhaltsstoffen der dem Kläger verordneten Rezeptur.

Die Stellungnahme des Klägers (Schriftsatz vom 18.2.2009) zu dem vom Senat eingeholten Gutachten enthält keine neuen Gesichtspunkte. Insbesondere ist es nicht richtig, dass eine Beihilfefähigkeit für wissenschaftlich nicht allgemein erkannte Arzneimittel nach saarländischem Beihilferecht gegeben ist. Das folgt - wie bereits dargelegt - aus Nr. 4.1 der auf der Grundlage des § 5 Abs. 2 a BhVO ergangenen Richtlinien „betreffend Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden und Mittel“. Dem Begriff der Arzneimitteleigenschaft kommt in diesem Zusammenhang keine Relevanz zu.

Ein Anspruch des Klägers ergibt sich schließlich auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes. Auch wenn der Beklagte zuvor mit den Bescheiden vom 4.4. und 9.6.2006 die Erstattungsfähigkeit des Mittels „Avena sat.“ anerkannt hat, liegt darin noch keine Selbstbindung für nachfolgende Beihilfeanträge des Klägers. Aus der einfachen kommentarlosen Gewährung von Beihilfe kann nicht schutzwürdig auf eine Fortsetzung dieser Anerkennungspraxis geschlossen werden. Die Bewilligung der Beihilfe gilt nur für die gewährte Beihilfe und nicht für künftige Aufwendungen

vgl. u.a. OVG Hamburg, Urteil vom 24.9.2004 - 1 Bf 47/01 -, IÖD 2005, 54, und Juris Tz. 55.

Bei jedem neuen Beihilfeantrag muss die Festsetzungsstelle prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Beihilfegewährung gegeben sind. Hat sie das Vorliegen dieser Voraussetzungen zuvor fehlerhaft bejaht, kann sich innerhalb der gesetzlichen Frist allerdings die Frage einer Rücknahme rechtswidriger Bescheide stellen (vgl. § 48 VwVfG).

Nach allem ist auf die Berufung des Beklagten das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 57,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 GKG).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 10/12/2015 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsl
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes:

1.
Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist.
2.
Die Revision kann außer auf die Verletzung von Bundesrecht darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruht.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes:

1.
Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist.
2.
Die Revision kann außer auf die Verletzung von Bundesrecht darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruht.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.