Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 28. Juni 2010 - 1 LA 24/10
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 25.02.2010 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert beträgt 29.520,-- Euro.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 29. Mai 2006 für den Neubau einer Verbindungsstraße zwischen der Kieler Straße und der B 206 / L 184 in Lübeck (K 13 n). Sie betreibt in … eine Reitsportanlage; von den der Anlage zugehörigen Grundflächen sollen 6.250 qm für das Straßenbauvorhaben in Anspruch genommen werden.
- 2
Gegenüber dem ausgelegten Planentwurf wandte die Klägerin u. a. ein, das Vorhaben verletze Naturschutzrecht, gefährde ihre Existenz, schneide das Reitwegenetz von ihrem Betrieb ab und werde mit veralteten Verkehrsprognosen mangelhaft begründet. Die Einwendungen wurden im Planfeststellungsbeschluss zurückgewiesen.
- 3
Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss durch Urteil vom 25. Februar 2010 abgewiesen. In den Gründen heißt es, die der Planung zugrundeliegende Verkehrsprognose sei nicht zu beanstanden. Naturschutzrechtliche Vorschriften würden nicht verletzt und die planerische Abwägung sei rechtmäßig.
- 4
Gegen das am 12. März zugestellte Urteil richtet sich der am 09. April 2010 eingegangene und am 11. Mai 2010 begründete Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
- 5
Der zulässige und fristgerecht begründete Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Der – allein – geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO greift nicht durch. Die Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 25. Februar 2010 wird durch die im Zulassungsantrag dargelegten Einwände nicht ernstlich in Frage gestellt.
- 6
1) Die Klägerin vertritt die Ansicht, die dem planfestgestellten Vorhaben "als Planrechtfertigung zu Grunde liegende Bedarfsprognose" weise "erhebliche Mängel" auf, was das Verwaltungsgericht verkannt habe. Der Prognosezeitraum sei zu kurz, was dazu führe, dass eine (weitere) Verkehrsmengen-Abnahme auf der neuen K 13 nach einem vollständigen Ausbau der A 20 unberücksichtigt bleibe. Weiter seien die tatsächlichen Verkehre, die zwischen Genin und Stockelsdorf über die A 20 verliefen, nicht berücksichtigt worden. Die "methodische Herleitung und Plausibilität" der Prognose sei nicht nachvollziehbar. Auf der Grundlage des Basisjahres 1993 würden nur "Computerprognosen" angestellt. Ohne aktuelle Erhebungen von Ziel- und Quellverkehren könne keine stichhaltige Prognose erstellt werden. Die fehlerhafte Prognose führe zu einer fehlerhaften Abwägung.
- 7
Diese Einwände begründen keine Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Klagabweisung.
- 8
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die für die Überprüfung der sog. Planrechtfertigung geltenden Maßstäbe und – insbesondere – die für Verkehrsprognosen geltenden Anforderungen zutreffend wiedergegeben (S. 19 - 21 des Urt.-Abdr.).
- 9
a) Eine Verkehrsprognose unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 27.10.1998, 11 A 1.97, BVerwGE 107, 313/326; Urt. v. 24.11.2004, 9 A 42.03, Juris [Tz. 41]; Beschl. v. 02.10.2002, 9 VR 11.02, Juris [Tz. 14]), der der Senat folgt (vgl. Urt. v. 11.12.2001, 1 K 14/99, NordÖR 2002, 319 ff. [bei Juris Tz. 35] sowie Urt. des 4. Senats vom 10.10.2006, 4 KS 12/03, Juris [Tz. 86-87]), nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle dahingehend, ob sie auf realistischen Annahmen beruht, methodisch einwandfrei erarbeitet worden ist und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist. Das Verwaltungsgericht hat unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe die Kritik der Klägerin an den Belastungs- und Bedarfsprognosen zu Recht zurückgewiesen. Im Zulassungsantrag wird nichts angeführt, was eine andere Beurteilung veranlassen könnte.
- 10
b) Grundlage einer den Bedarf betreffenden Verkehrsprognose ist ein angemessener Prognosezeitraum, der eine realistische Abschätzung der Verkehrsentwicklung und (damit) zugleich die Abwägung zur Planrechtfertigung trägt. Vorhersehbare Entwicklungen im Streckennetz, die sich auf die Verkehrsmenge der planfestgestellten Strecke auswirken, müssen bei der Verkehrsprognose berücksichtigt und im Planfeststellungsbeschluss bewältigt werden.
- 11
Der Ansicht der Klägerin, der festgelegte Prognosezeitraum von zehn Jahren genüge "den Anforderungen eines angemessenen Prognosezeitraumes" nicht, ist nicht zu folgen.
- 12
Eine gesetzliche Vorgabe dazu, welchen Zeitraum die Planfeststellungsbehörde bei der Ermittlung der Verkehrsentwicklung zugrundezulegen hat, existiert nicht. Die Wahl der richtigen Erhebungsart und des Prognosezeitraums liegt im Ermessen der Behörde. Der Prognosezeitraum darf nicht kurz bemessen sein, insbesondere muss er den Zeitpunkt der voraussichtlichen Verkehrseröffnung der Straße umfassen. In der Praxis wird der sog. Prognosehorizont für die Verkehrsentwicklung regelmäßig auf 10 bis 15 Jahre erstreckt (vgl. z. B. OVG Münster, Urt. v. 11.02.2009, 11 D 45/06.AK, Juris [Tz. 139-141]; VGH München, Urt. v. 30.10.2007, 8 A 06.40023, Juris [Tz. 58]; VGH Mannheim Urt. v. 25.04.2007, 5 S 2243/05, NuR 2007, 685 ff. [bei Juris Tz. 163]). Im Rahmen der Beurteilung der Erforderlichkeit einer straßenbezogenen Bauleitplanung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB wird "im Regelfall" ein Prognosezeitraum von 10 bis 20 Jahren verlangt (VGH München, Urt. v. 09.02.2004, 25 N 96.2982, BRS 67 Nr. 23). Das Gleiche gilt, wenn es nicht um die Bedarfsprognose, sondern um die Prognose des – von der Verkehrsmenge abhängigen - Verkehrslärms geht; dazu ist der amtlichen Begründung zur Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) zu entnehmen, dass die Prognose auf einen Zeitraum von 10 bis 20 Jahren zu beziehen ist (Bundesrats-Drs. 661/89, S. 37). Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit einen Prognosehorizont von 15 Jahren anerkannt (BVerwG, Urt. v. 21.03.1996, 4 A 10.95, NVwZ 1996, 1006).
- 13
Die genannten Zeiträume können schon wegen insoweit fehlender normativer Vorgaben weder als strikte Richtwerte noch als Mindestwerte verstanden werden. Ein Prognosezeitraum muss – abstrakt formuliert – so bemessen sein, dass er die für die anstehende Planungsentscheidung (abwägungs-)relevanten Entwicklungen umfasst. Das gilt sowohl für die Frage, ob eine Straßenbaumaßnahme im Hinblick auf die absehbare Verkehrsentwicklung "vernünftigerweise geboten", die Planung also gerechtfertigt ist (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 07.07.1978, IV C 79.76, BVerwGE 56, 110/119), als auch für die Bewältigung etwaiger Verkehrslärmprobleme (§§ 41, 42 BImSchG i. V. m. der 16. BImSchV). Der Aufkommensprognose im Zusammenhang mit der Erforderlichkeit der Baumaßnahme einerseits und mit der Lärmbelastung andererseits kann der gleiche Prognosehorizont zu Grunde gelegt werden. Auch ein Prognosehorizont, der (knapp) unter zehn Jahren – dem "unteren" Wert der in der Praxis anerkannten Prognosezeiträume (s. o.) – bleibt, kann für die Beurteilung der planungsrechtlichen Rechtfertigung einer Straßenbaumaßnahme noch ausreichend sein, wenn (auch) bezogen auf diesen Zeitraum die wesentlichen abwägungsrelevanten Umstände erfasst werden können (vgl. VGH München, Urt. v. 12.04.2002, 20 A 01.40016 u. a., DVBl. 2002, 1140 ff. [bei Juris Tz 107]).
- 14
Ausgehend von diesen – in gefestigter Rechtsprechung entwickelten – Maßstäben könnten mit dem Einwand der Klägerin, der Prognosezeitraum sei unangemessen kurz bemessen worden, nur dann ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des klagabweisenden Urteils des Verwaltungsgerichts ausgelöst werden, wenn dadurch die Planrechtfertigung betreffende Umstände gleichsam ausgeklammert worden wären. Das ist – hinreichend konkret – nicht dargelegt worden (§ 124 a Abs. 4 S. 4 VwGO) und im Übrigen auch nicht ersichtlich.
- 15
Die Klägerin beanstandet – im Kern –, dass der im erstinstanzlichen Urteil (S. 22 des Urt.-Abdr.) nicht beanstandete Prognosezeitraum von 2000 bis 2010 die Verkehrsentwicklung unberücksichtigt lasse, die sich aus einem Weiterbau der Bundesautobahn A 20 bis Bad Segeberg ergebe. Ausgehend von der prognostizierten Verkehrsabnahme auf der geplanten Straße (Trendszenario von 9.940 – 13.000 Kfz. pro Tag auf Zielszenario von 4.610 – 6.130 Kfz. pro Tag), sei unberücksichtigt geblieben, ob die Verkehrsmenge nach 2010 "weiterhin abnimmt, oder aber wieder zunimmt" (S. 5 der Antragsbegründung).
- 16
Die Klägerin berücksichtigt mit diesen Einwänden nicht, dass der Planfeststellungsbeschluss die Fertigstellung der A 20 bis Geschendorf berücksichtigt (s. S. 38 und 45 des Planfeststellungsbeschlusses [ im Folgenden: PFB]). Weiter geht sie nicht auf die mit dem Projekt verbundenen Ziele einer Entlastung bestehender innerörtlicher Hauptverkehrsstraßen in den Ortslagen Stockelsdorf und (Lübeck-) Großsteinrade (Segeberger Landstr. [B 206], Morier Str. / Steinrader Hauptstraße [K 21/K 23], Steinrader Damm [K 5]) ein, wie sie schon im Erläuterungsbericht (Anlage zum PFB vom 29.05.2006 [Beiakte C]) dargestellt und im PFB (S. 36) – nochmals - gewürdigt und speziell hinsichtlich der Entlastungswirkungen für bestehende Straßen konkretisiert worden ist (PFB, S. 40 zur Minderung der Verkehrsbelastung auf der Segeberger Landstr.; Erläuterungsbericht zum PFB, S. E 6 zur Morierstraße). Die Entlastungswirkungen bestehen nicht nur in einer Abnahme der Fahrzeugbewegungen auf den betroffenen Straßen, sondern auch in einer Entlastung von damit verbundenen Immissionen und einem Zugewinn an Verkehrssicherheit und Wohnqualität.
- 17
Richtig ist, dass die dem PFB zu entnehmende Prognose die Auswirkungen des Weiterbaus der A 20 bis Bad Segeberg (und darüber hinaus) nicht berücksichtigt. Warum dies allerdings erforderlich sein soll, um zu beurteilen, ob der Bau der geplanten Straße "vernünftigerweise geboten" ist, ist den Darlegungen der Klägerin nicht zu entnehmen. Wäre infolge des Weiterbaus der A 20 (in den Jahren nach 2010) mit einer Verkehrszunahme auf der geplanten Neubaustrecke zu rechnen, würde dies die Planrechtfertigung nachträglich nur bestätigen. Wäre eine Verkehrsabnahme zu erwarten, weil (noch mehr) Fahrzeuge die neue Autobahn als Verbindung von bzw. in Richtung Moisling nutzen, würde dies die Planrechtfertigung jedenfalls in Bezug auf die Entlastung der innerörtlichen Straßenzüge in Stockelsdorf und in Großsteinrade (s. o.) nicht in Frage stellen. Abgesehen davon ist aus dem Straßenkonzept insgesamt klar abzulesen, dass die neu geplante Straßenstrecke nicht nur und nicht einmal in erster Linie der Aufnahme des überörtlichen Verkehrs dienen soll, der – künftig – (möglicherweise) die A 20 als "Ortsumgehung" und Verbindung von/nach Moisling benutzen wird, sondern die mit der Nordtangente in Stockelsdorf begonnene siedlungsnähere "Ringverbindung" in Richtung Süden/Südosten nach Moisling und Genin fortsetzen soll. Dies wird im PFB (S. 46) mit der "maßgeblichen Verbindungsfunktion im zwischengemeindlichen Straßennetz" zutreffend beschrieben. Gerade dieser – einleuchtende - Fokus auf die "zwischengemeindliche" Verkehrsfunktion der neuen Straße lässt eine Einbeziehung derjenigen überörtlichen (weiträumigen) Verkehrsentwicklungen, die sich infolge einer Fertigstellung der A 20 bis Bad Segeberg ergeben werden, in die Verkehrsprognose als entbehrlich erscheinen.
- 18
Ein über das Jahr 2010 hinausreichender Prognosezeitraum hätte nach alledem keine zusätzlichen Erkenntnisse darüber erbringen können, ob die geplante Straße "vernünftigerweise geboten" ist. Dem Beklagten ist darin zu folgen, dass ein längerer Prognosezeitraum – abgesehen von der mit der zunehmenden Zeitstrecke größer werdenden Unschärfe der Prognose – nur den nach Fertigstellung der A 20 bis Bad Segeberg möglicherweise eintretenden Effekt einer Abnahme des überörtlichen Verkehrs im hier betroffenen Straßenbereich hätte abbilden können, der gleichzeitig durch einen langsamen allgemeinen Verkehrsanstieg (teil-)kompensiert werden würde. Der auf das Jahr 2010 begrenzte Prognosehorizont ist vor diesem Hintergrund als sachgerecht anzuerkennen.
- 19
c) Die Einwände der Klägerin gegen die Methodik und Plausibilität der Verkehrsprognose hat das Verwaltungsgericht zu Recht zurückgewiesen (S. 22 des Urt.-Abdr.). Ernstliche Richtigkeitszweifel sind insoweit nicht angebracht.
- 20
Soweit die Klägerin die erstinstanzliche Entscheidung sowie die darin behandelte Prognose "nicht als zutreffend gewertet" sehen will (S. 7 der Antragsbegründung), ist dies unschlüssig, denn allein die – angeblich – fehlende "inhaltliche Verwertung" von Gutachten im PFB bzw. im zugehörigen Erläuterungsbericht begründet als solche keinen Fehler der Prognose.
- 21
Das Monitum, es fehle ein "Alternativszenario" (a.a.O., S. 9), ist unzutreffend, wie sich aus den Ausführungen zur sog. "Null-Variante" im PFB (S. 39/40) ergibt. Ausgehend von dem Planungsziel einer Entlastung der innerörtlichen Straßen (Segeberger Landstraße, Morierstraße, Steinrader Hauptstraße) war im Übrigen keine eingehende Untersuchung einer sog. "Null-Variante" erforderlich. Welche anderen "Alternativszenarien" hätten berücksichtigt werden sollen, legt die Klägerin nicht dar. Abgesehen davon übersieht sie, dass die hier betroffene Trasse bereits im Regionalplan 2004 für den Planungsraum II dargestellt ist (in Verlängerung der "Nordtangente" [L 184]).
- 22
Die Kritik der Klägerin daran, dass die Verkehrsprognose nicht mehr auf aktuellen Zahlen beruhe, sondern von Erhebungen im Jahr 1993 ausgehe, ferner daran, dass die "Hochrechnung" dieser Zahlen durch eine "Computerprognose" mit nicht bekannten Rechenmodellen erfolgt sei, begründet ebenfalls keine Berufungszulassung. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil (S. 22 d. Abdr.) zu Recht hervorgehoben, dass die Klägerin keine grundlegenden Einwände angeführt hat, die die "Validität der zugrunde gelegten Zahlen in Frage" stellen könnten; solche Einwände fehlen auch im Zulassungsantrag.
- 23
Die als "Mangel" gerügte Bezugnahme auf das Basisjahr 1993 betrifft nur die für die Morierstraße erstellte Verkehrsprognose (s. S. E 6 des Erläuterungsberichts zum PFB). Für die Segeberger Landstraße (B 206) in Stockelsdorf wird auf eine Verkehrszählung aus dem Jahr 2000 Bezug genommen. Die pauschale Kritik der Klägerin daran, dass die Art der Datenerhebung, die Rechenwege, das Mengengerüst, die Erfassung des Quell-, Ziel- und Durchgangsverkehrs und das Rechenmodell für die "Hochrechnung" der Zahlen auf den Prognosehorizont aus den Planungsunterlagen nicht ersichtlich sei, belegt allenfalls, dass eine genauere Analyse dieser Prognosegrundlagen erst durch den Rückgriff auf die einzelnen Untersuchungen, die in den Verkehrsentwicklungsplan der Beigeladenen zu 1) und den Erläuterungsbericht zum PFB eingeflossen sind, möglich ist. Eine Fehlerhaftigkeit des Ergebnisses der Prognosen ist dagegen mit dem argumentativen Ansatz der Klägerin nicht zu begründen. Weshalb die Berücksichtigung einer Datenbasis von 1993 nicht mehr möglich sein soll, vermag die Klägerin letztlich nicht überzeugend zu begründen. Anstelle einer neuen Verkehrsuntersuchung kann auch die rechnerische Aktualisierung "alter" Zahlen zu einer tragfähigen Prognose führen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass Verkehrsprognosen neben projektbezogenen Untersuchungen grundsätzlich auch durch die in der Straßenplanung gebräuchlichen Modell- und Trendprognosen gewonnen werden können (BVerwG, Beschl. vom 07.07.2000, 4 B 94.99, Juris [Tz. 10]; Beschl. vom 01.04.1999, 4 B 87.08, NVwZ-RR 1999, 567 [Ls. 2]).
- 24
Die Klägerin leitet daraus, dass die aus allgemeinen Regelwerken (SGSV 1995, EVE 91) zitierten, im einzelnen aufgezählten Prognosegrundlagen und –methoden ihr nicht bekannt sind, die Fehlerhaftigkeit des Prognoseergebnisses ab. Das ist unschlüssig. Ihr Ansatz hilft ihr auch in Bezug auf die dem angefochtenen PFB innewohnende planerische Abwägung nicht weiter, denn ein Abwägungsfehler könnte nur in Betracht gezogen werden, wenn ein Prognosefehler so "stark" ausfiele, dass deshalb das Straßenbauprojekt nicht mehr "vernünftigerweise geboten" ist. Das ist nicht ansatzweise erkennbar.
- 25
2) Die Klägerin kritisiert – ferner -, dass das geplante Vorhaben nicht verbindliches Ziel des Raumordnungsplanung sei und damit auch insoweit die Planrechtfertigung fehle. Die Richtigkeit der Klagabweisung wird auch dadurch nicht in Zweifel gezogen.
- 26
Das Verwaltungsgericht ist – ausdrücklich – nicht davon ausgegangen, dass "das geplante Vorhaben … als verbindliches Ziel der Raumordnungsplanung" anzusehen ist "und damit … seine Planrechtfertigung erhält" (S. 21 des Urt.-Abdr.). Die weitere Frage der Klägerin danach, ob das Straßenbauvorhaben "bei einer Verkehrsprognose von lediglich 4.610 bis 6.130 Kfz. innerhalb von 24 Stunden vernünftigerweise geboten" sei (S. 9 der Antragsbegründung), stellt die im PFB (S. 35-38, 44-46) begründete und vom Verwaltungsgericht zutreffend als rechtmäßig anerkannte Planrechtfertigung nicht in Frage. Die Klägerin übergeht bei ihrer zum Teil polemischen Kritik die im Erläuterungsbericht zum PFB prozentual mit 22 % bzw. 43 % prognostizierte Entlastungswirkung für innerörtliche Straßen.
- 27
Eine nach den "Empfehlungen für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von Straßen" (EWS 1997) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) erfolgende Bewertung des Straßenbauvorhabens war weder im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung noch mit anderen abwägungsrelevanten Themen geboten. Die EWS haben keinen planungsrechtlichen Ansatz, sondern zielen auf eine Kosten-Nutzen-Analyse zur volkswirtschaftlichen Beurteilung von Maßnahmen.
- 28
3) Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat das Verwaltungsgericht auch den im Klagantrag zu 3. geltend gemachten Anspruch auf eine Planergänzung nicht "verkannt". Die Klägerin wiederholt insoweit im Zulassungsantrag nur das, was sie bereits erstinstanzlich vorgetragen hat. Das Verwaltungsgericht hat die Argumente der Klägerin überzeugend zurückgewiesen und den Klagantrag zu 3. zu Recht abgelehnt (S. 27/28 und S. 29-32 des Urt.-Abdr.).
- 29
Es kann keine Rede davon sein, dass das Argument einer Gefährdung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs der Klägerin einfach "weggewischt" worden sei. Eine existenzielle Gefährdung ihres Betriebes wird durch das von der Beigeladenen zu 1) veranlasste betriebswirtschaftliche Gutachten vom 19.02.2006 (S. 7) nicht belegt. Darauf geht die Klägerin erneut, wie schon im erstinstanzlichen Verfahren, mit keinem Wort ein. Die Aspekte einer "Abschneidung" des Reitwegenetzes und eines "Geländespringplatzes" jenseits der geplanten Straße sind ebenfalls berücksichtigt worden; auch insoweit übergeht die Klägerin den Umstand, dass der PFB eine Reitwegquerung am … in der Unterhaltungslast der Beigeladenen zu 1) vorsieht (Beiakte C, zu 10.2; Bauwerksverzeichnis Nr. 34). Soweit die Klägerin mit der Querung der Straße Gefährdungen verbindet, obliegt es ihr bzw. den Reiterinnen und Reitern, sich entsprechend vorsichtig zu verhalten.
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4) Weitere Zulassungsgründe sind nicht dargelegt. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist deshalb abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 33
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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Annotations
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sowie von Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen ist unbeschadet des § 50 sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.
(1) Werden im Falle des § 41 die in der Rechtsverordnung nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte überschritten, hat der Eigentümer einer betroffenen baulichen Anlage gegen den Träger der Baulast einen Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld, es sei denn, dass die Beeinträchtigung wegen der besonderen Benutzung der Anlage zumutbar ist. Dies gilt auch bei baulichen Anlagen, die bei Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren oder bei Auslegung des Entwurfs der Bauleitpläne mit ausgewiesener Wegeplanung bauaufsichtlich genehmigt waren.
(2) Die Entschädigung ist zu leisten für Schallschutzmaßnahmen an den baulichen Anlagen in Höhe der erbrachten notwendigen Aufwendungen, soweit sich diese im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 halten. Vorschriften, die weitergehende Entschädigungen gewähren, bleiben unberührt.
(3) Kommt zwischen dem Träger der Baulast und dem Betroffenen keine Einigung über die Entschädigung zustande, setzt die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Antrag eines der Beteiligten die Entschädigung durch schriftlichen Bescheid fest. Im Übrigen gelten für das Verfahren die Enteignungsgesetze der Länder entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.