Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 16. Mai 2017 - 6 B 10541/17

ECLI: ECLI:DE:OVGRLP:2017:0516.6B2017.10541.00
published on 16/05/2017 00:00
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 16. Mai 2017 - 6 B 10541/17
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Gericht

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Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 9. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Antragsgegnerin zu Recht durch einstweilige Anordnung verpflichtet, den Antragsteller vorläufig im 1. Fachsemester zum Studium der Humanmedizin − beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt − zuzulassen.

3

Im 1. Fachsemester Humanmedizin waren für das Wintersemester 2016/2017 außerhalb der festgesetzten Kapazität zwar nicht – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat – 38 weitere, sondern nur 16 bzw. zwischenzeitlich nur noch 15 „verschwiegene“ vorklinische Teilstudienplätze zu vergeben (1.). Einen dieser Plätze kann der Antragsteller aufgrund seines von der Antragsgegnerin nach dem Ergehen des angefochtenen Beschlusses ermittelten Losrangplatzes beanspruchen (2.).

4

1. Bei der Ermittlung der Aufnahmekapazität im Wintersemester 2016/2017 ist von 174 Vollstudienplätzen und 38 Teilstudienplätzen im 1. Fachsemester Medizin auszugehen. Die Beschwerdebegründung greift die Berechnung des Verwaltungsgerichts, die zu diesem Ergebnis gelangt, nicht an. Mit der Hochschul-Zulassungszahl-Verordnung 2016/2017 hat das zuständige Ministerium 172 Vollstudienplätze festgesetzt. Vergeben wurden inzwischen 174 Vollstudienplätze und 3 Teilstudienplätze. Gleichwohl sind angesichts dessen nicht 35 Teilstudienplätze „verschwiegen“ worden, sondern lediglich 16 auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkte Plätze. Denn das zuständige Ministerium war aufgrund des § 2 Abs. 2 Satz 2 des Landesgesetzes zu dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung (Hochschulzulassungseinrichtungsgesetz – HSZulEinrG –) gehalten, 19 Studienplätze, die im Sommersemester 2016 in nicht zu beanstandender Weise überbucht wurden und die zu Einschreibungen geführt haben, bei der Festsetzung der Zulassungszahl für das 1. Fachsemester im Wintersemester 2016/2017 in Abzug zu bringen (a). Da das zuständige Ministerium allerdings 35 überbuchte Plätze angerechnet hat, wurde die vorhandene Ausbildungskapazität in Bezug auf die Teilstudienplätze nicht vollständig ausgeschöpft; vielmehr waren weitere 16 auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkte Plätze zu vergeben. In einem dieser Fälle hat sich die vorläufige Zulassung aufgrund der Exmatrikulation der Studierenden erledigt, so dass die Beschwerden der Antragsgegnerin im vorliegenden und in 14 weiteren Verfahren erfolglos bleiben (b).

5

a) Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG sind bei der Festsetzung der Zulassungszahlen durch das zuständige Ministerium Mehrzulassungen, die auf einer Überbuchung der festgesetzten Zulassungszahlen im Rahmen der Hauptquoten (Art. 10 des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung – StV –) beruhen, im folgenden Semester anzurechnen, soweit Einschreibungen erfolgt sind. Damit eröffnet die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG keinen Ermessensspielraum, sondern verpflichtet zur Anrechnung, wenn deren Voraussetzungen vorliegen, wie mit der Beschwerdebegründung zutreffend ausgeführt wird. Eine solche Anrechnung hängt davon ab, dass kapazitätswirksame Überbuchungen (aa) zu entsprechenden Einschreibungen (bb) im vorangegangenen Semester (cc) führten, die die tatsächliche Ausbildungskapazität dieses Semesters überschritten (dd). Das ist in Bezug auf 19 im Sommersemester 2016 überbuchte Studienplätze der Fall.

6

aa) Kapazitätswirksam können Überbuchungen über die mit der Hochschul-Zulassungszahl-Verordnung festgelegte Zahl hinaus nur sein, wenn sie rechtmäßig erfolgten. Willkürliche Mehrzulassungen verbrauchen (erschöpfen) die vorhandene Kapazität nicht (OVG RP, Beschluss vom 27. September 2005 – 6 D 11152/05.OVG –, juris; VGH BW, Beschluss vom 5. Februar 2015 – NC 9 S 1501/14 –, juris).

7

Da die normativen Festsetzungen von Zulassungszahlen nicht zur Disposition der Hochschule oder der Stiftung für Hochschulzulassung stehen (vgl. VerfGH BW, Urteil vom 30. Mai 2016 – 1 VB 15/15 –, juris) und Mehrzulassungen in die grundrechtlich geschützte Rechtssphäre der nicht zugelassenen Studienbewerber eingreifen können, bedürfen sie einer Rechtsgrundlage (vgl. OVG RP, Beschluss vom 30. Januar 2003 – 6 D 11965/02.OVG –, NVwZ-RR 2003, 502; OVG RP, Beschluss vom 27. September 2005 – 6 D 11152/05.OVG –, juris). Eine solche stellt § 7 Abs. 3 Satz 1 der Studienplatzvergabeverordnung dar. Danach kann im zentralen Vergabeverfahren durch Überbuchung der Zulassungszahlen berücksichtigt werden, dass Studienplätze voraussichtlich nicht angenommen werden. Mit dem Instrument der Überbuchung wird im Interesse einer vollständigen und zügigen Ausschöpfung der festgesetzten Kapazität unter Berücksichtigung des Einschreibeverhaltens der Studienbewerber ermöglicht, mehr Zulassungen als festgesetzt auszusprechen (OVG RP, Beschluss vom 27. September 2005 – 6 D 11152/05.OVG –, juris). Der Umfang zulässiger Überbuchung bestimmt sich deshalb aus den Nichtannahmequoten früherer Verfahren. Denn eine Überbuchung soll möglichst nicht zu einer Überschreitung der festgesetzten Zulassungszahl durch tatsächliche Einschreibungen führen (Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, § 11 VergVO Rn. 10, § 7 VergVO Rn. 12 ff.).

8

Nach diesem Maßstab kann die Mehrzulassung von zunächst 40 Studienbewerbern, deren Zahl sich auf 35 verminderte, im Sommersemester 2016 nicht beanstandet werden. Denn die Antragsgegnerin hat belegt, dass sie auf der Empfehlung der Stiftung für Hochschulzulassung beruht, eine Überbuchung mit dem Faktor 1,51 vorzunehmen. Diesen Überbuchungsfaktor hat die Stiftung für Hochschulzulassung aus dem Annahmeverhalten der bei der Antragsgegnerin zugelassenen Bewerber in den zurückliegenden Sommersemestern ermittelt. Die Antragsgegnerin durfte der Empfehlung, die sich erstmals – wie die Antragsgegnerin dargelegt hat – als überhöht herausgestellt hat, folgen.

9

bb) Weitere Voraussetzung einer Anrechnung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG ist die erfolgte Einschreibung der anzurechnenden Studierenden.

10

Von einer Einschreibung kann nicht gesprochen werden, wenn eine größere als die mit der Hochschul-Zulassungszahl-Verordnung festgelegte Anzahl Studierender im Wege der Rückmeldung ins nächsthöhere Fachsemester aufrückt. Vielmehr muss einer Einschreibung i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG eine Zulassungsentscheidung vorausgehen.

11

Allerdings reicht eine Immatrikulation lediglich für eine kurze Zeitspanne nicht aus. Deshalb hat die Antragsgegnerin – obwohl zunächst 40 Studienbewerber aufgrund des erwähnten Überbuchungsfaktors eingeschrieben waren – zutreffend fünf Studierende unberücksichtigt gelassen, die schon nach kurzer Zeit wieder exmatrikuliert wurden. Da der Zweck einer Anrechnung darin besteht, eine Überlast der Hochschule aufgrund einer Überbuchung zu vermeiden, aber auch darin, die vollständige Besetzung der vorhandenen Studienplätze sicherzustellen (vgl. Begründung des Entwurfs des HSZulEinrG, LT-Drucks. 15/3696, S. 13 zu § 2), genügt nicht jeder – noch so kurzzeitige oder aus anderen Gründen geringfügige – Verbrauch vorhandener Ausbildungsressourcen, um die Rechtsfolgen des § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG auszulösen (vgl. auch HambOVG, Beschluss vom 10. Oktober 2007 – 3 Nc 23/06 –, juris). Die Anrechnung einer Überbuchung ist freilich nicht davon abhängig, dass die Immatrikulation über das Fachsemester, für das die Zulassung ausgesprochen wurde, hinaus bestehen bleibt. Solche Veränderungen des Bestands fließen in die Schwundquote (§ 16 der Kapazitätsverordnung – KapVO –) ein.

12

cc) Die Anrechnung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG ist im „folgenden“ Semester vorzunehmen, also in dem Semester, das sich an das Semester anschließt, in dem die Mehrzulassungen erfolgten. Weder aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG noch aus dem mit dieser Bestimmung verfolgten Zweck oder systematischen Erwägungen lässt sich entnehmen, dass eine Anrechnung ausschließlich innerhalb eines Studienjahrs – bestehend aus einem Wintersemester und dem darauf folgenden Sommersemester – in Betracht kommt.

13

(1) Mit der Verwendung des Attributs „folgenden“ bezeichnet die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG ersichtlich ohne Einschränkung das sich jeweils zeitlich anschließende Semester.

14

(2) Wie der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drucks. 15/3696, S. 13 zu § 2) entnommen werden kann, wurde mit § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG die Rechtsgrundlage geschaffen, um einerseits die vollständige Besetzung der vorhandenen Studienplätze sicherzustellen und andererseits zu vermeiden, dass aufgrund einer Überbuchung der festgesetzten Zulassungszahl eine Überlast der betroffenen Hochschule entsteht. Da eine solche Überlast nicht nur innerhalb eines Studienjahrs auftreten kann, fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, eine Anrechnung entspreche nur dann dem gesetzgeberischen Zweck, wenn sie in einem Sommersemester wegen Überbuchungen des vorangegangenen Wintersemesters erfolge. Auf diesen Anwendungsfall würde sich nämlich andernfalls die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG beschränken.

15

(3) Auch aus dem Hinweis in der Begründung des Entwurfs des HSZulEinrG (LT-Drucks. 15/3696, S. 13 zu § 2), die Regelung für die Überbuchung der festgesetzten Zulassungszahl im zentralen Vergabeverfahren werde aufgrund der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. September 2005 – 6 D 11152/05.OVG – getroffen, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Zwar stand seinerzeit im Streit, ob die Kapazität für das Sommersemester durch Subtraktion der Zahl der im vorangegangenen Wintersemester tatsächlich für das erste vorklinische Fachsemester zugelassenen Studienbewerber von der jährlichen Aufnahmekapazität ermittelt werden darf. Der Senat hat in dieser Entscheidung zum Ausdruck gebracht, dass im Wintersemester für das erste Fachsemester Medizin ausgesprochene Zulassungen auf die jährliche Aufnahmekapazität nur angerechnet werden können, wenn dafür eine Rechtsgrundlage besteht. Aus diesem Anlass für die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG kann jedoch nicht geschlossen werden, der Gesetzgeber habe eine studienjahrübergreifende Anrechnung nicht schaffen wollen, sondern lediglich eine Rechtsgrundlage für Anrechnungen von Überbuchungen in einem Wintersemester auf das diesem folgende Sommersemester.

16

(4) Der Gesetzgeber war auch im Interesse der Vermeidung eines Normkonflikts nicht gehindert, die Anrechnung von Überbuchungen vorzuschreiben, die in einem anderen Studienjahr als dem der Anrechnung erfolgten.

17

Das aus einem Wintersemester und dem darauf folgenden Sommersemester bestehende Studienjahr ist zwar bei der Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität und der Festsetzung der Zulassungszahlen für ein Jahr zugrunde zu legen. Aus den insoweit maßgeblichen Bestimmungen folgt jedoch kein Verbot einer studienjahrübergreifenden Anrechnung.

18

In Art. 6 Abs. 1 Sätze 2 und 3 StV, dem der Landtag mit § 1 HSZulEinrG zugestimmt hat, ist festgelegt, dass die Zulassungszahl als die Zahl der von der einzelnen Hochschule höchstens aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber in einem Studiengang auf der Grundlage der jährlichen Aufnahmekapazität festgesetzt wird. Zulassungszahlen dürfen nach Art. 6 Abs. 1 Satz 4 StV nur für einen bestimmten Zeitraum, höchstens für die Dauer eines Jahres, festgesetzt werden. Dem entsprechend bestimmt auch § 2 Abs. 2 Satz 1 KapVO, dass der Festsetzung der Zulassungszahl die jährliche Aufnahmekapazität zugrunde liegt.

19

Aus diesen Bestimmungen, die – wie mit dem Beschwerdevorbringen im Einzelnen dargelegt – eingehalten wurden, kann nicht auf ein die Kapazitätsermittlung durchgehend bestimmendes „Jährlichkeitsprinzip“ geschlossen werden. Dies lässt bereits Art. 6 Abs. 3 Satz 1 StV deutlich werden. Danach wird die jährliche Aufnahmekapazität nicht allein auf der Grundlage des Lehrangebots und des Ausbildungsaufwands, sondern auch nach weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien ermittelt. Dazu gehören nach Art. 6 Abs. 3 Satz 7 StV insbesondere die räumlichen und sächlichen Gegebenheiten, zusätzliche Belastungen aufgrund der bisherigen Entwicklung der Studienanfängerzahl und der Zahl der Studierenden, die Ausstattung mit nicht wissenschaftlichem Personal, das Verbleibeverhalten der Studierenden (Schwund) und die besonderen Gegebenheiten in den medizinischen Studiengängen, insbesondere eine ausreichende Zahl von für die Lehre geeigneten Patientinnen und Patienten. Diese Parameter greifen über das jeweilige Studienjahr hinaus. Insbesondere die ausdrücklich erwähnten zusätzlichen Belastungen aufgrund der bisherigen Entwicklung der Studienanfängerzahl und der Zahl der Studierenden sind unabhängig von dem Studienjahr, dessen jährliche Aufnahmekapazität ermittelt wird, zu verstehen. Das gilt auch für die zu berücksichtigende Lehrnachfrage, die sich auf die Dauer des gesamten Studiums bezieht. Denn der Ausbildungsaufwand ist gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 3 StV durch studiengangspezifische Normwerte festzusetzen, die den Aufwand festlegen, der für die ordnungsgemäße Ausbildung einer oder eines Studierenden in dem jeweiligen Studiengang insgesamt erforderlich ist. Ferner fließen in die Kapazitätsberechnung die Dienstleistungen (§ 11 KapVO) und die Schwundquote (§ 16 KapVO) ein, deren Berechnungen nicht auf das jeweilige Studienjahr beschränkt vorgenommen werden.

20

(5) Einer Anrechnung von Überbuchungen, die in einem anderen Studienjahr als dem der Anrechnung erfolgten, stehen als solcher keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen.

21

Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geforderte erschöpfende Nutzung staatlicher Ausbildungskapazität (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 – 1 BvL 32/70 –, BVerfGE 33, 303) wird nicht schon dadurch unterlaufen, dass bei der Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität Umstände aus einem anderen Studienjahr berücksichtigt werden.

22

Die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität und die Festsetzung der Zulassungszahlen für ein bestimmtes aus dem Wintersemester und dem darauf folgenden Sommersemester bestehendes Studienjahr dienen zwar der verfassungsrechtlich gebotenen vollen Kapazitätsnutzung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1989 – 7 B 82/89 –, NVwZ-RR 1990, 349). Allerdings muss zwischen der Ausbildungskapazität und der jährlichen Aufnahmekapazität unterschieden werden. Dies macht die Regelung des Art. 6 StV deutlich. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 StV bestimmt, dass die Zulassungszahlen, die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 StV auf der Grundlage der jährlichen Aufnahmekapazität ermittelt werden, so festzusetzen sind, dass nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung der räumlichen und fachspezifischen Gegebenheiten eine erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazität erreicht wird. Diese bezieht sich indessen auf das gesamte Studium (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 16. April 2014 – 2 NB 145/13 –, juris). Insbesondere kann nicht davon gesprochen werden, durch die Anrechnung einer Überbuchung aus dem Vorsemester würden die an sich im Folgesemester zur Verfügung stehenden Ausbildungsmöglichkeiten nicht vollständig ausgeschöpft. Denn die zeitliche Verteilung der Lehrnachfrage hat nach dem der Kapazitätsverordnung zugrunde liegenden Kapazitätsermittlungsmodell keine kapazitative Auswirkung (Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, Art. 7 StV Rn. 1, § 13 KapVO Rn. 2).

23

Von verfassungsrechtlicher Relevanz ist die Maßgeblichkeit des jeweiligen Studienjahrs insbesondere, soweit sich die die Aufnahmekapazitäten bestimmenden Faktoren ständig ändern und die festgesetzte Zulassungszahl bei Wahl eines längeren als des Jahreszeitraums erheblich hinter den Ausbildungsmöglichkeiten zurückbleiben kann (Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, Art. 7 StV Rn. 6, 53). Die Aktualität einer Festsetzung kann allerdings nicht wegen Anrechnung einer Überbuchung des vorangegangenen Semesters mit Erfolg bezweifelt werden. Von einem zum nächsten Semester anzurechnen, ist wegen des insoweit bestehenden engen zeitlichen Zusammenhangs verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, auch wenn dies studienjahrübergreifend geschieht.

24

dd) Zur Sicherstellung der verfassungsrechtlich gebotenen vollen Kapazitätsnutzung ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG geboten.

25

„Anrechnen“ bedeutet nämlich nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG, dass – unabhängig von der tatsächlichen Ausbildungskapazität – bei der Festsetzung der Zulassungszahl die überbuchten Studienplätze des Vorsemesters abgezogen werden, die zu Einschreibungen geführt haben. Damit ist aber die verfassungsrechtlich erforderliche erschöpfende Nutzung der staatlichen Ausbildungskapazität (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 – 1 BvL 32/70 –, BVerfGE 33, 303) nicht in jedem Fall sichergestellt. Denn die überbuchten Studienplätze des Vorsemesters können bereits „angerechnet“ sein. Ist nämlich eine Überbuchung im Vorsemester als kapazitätswirksam betrachtet und sind trotz zu niedrig festgesetzter Zulassungszahl einstweilige Rechtsschutzanträge von Studienbewerbern unter Hinweis auf diese Überbuchung abgelehnt worden, darf zur Gewährleistung der verfassungsrechtlich geforderten Kapazitätserschöpfung eine Anrechnung dieser Überbuchung nicht erfolgen. Vielmehr ist die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Anrechnung einer Überbuchung eine Überlast der Hochschule voraussetzt. Denn die vollständige Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazität, ohne die Zulassungsbeschränkungen der vorliegenden Art nicht verfassungsgemäß sind (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 – 1 BvL 32/70 –, BVerfGE 33, 303), darf durch eine Anrechnung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG nicht verfehlt werden. Wie erwähnt, hat auch der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung den Zweck verfolgt, die vollständige Besetzung der vorhandenen – also nicht nur der festgesetzten – Studienplätze sicherzustellen und nur eine aufgrund einer Überbuchung der festgesetzten Zulassungszahl darüber hinausgehende Überlast der Hochschule zu verhindern (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, LT-Drucks. 15/3696, S. 13 zu § 2).

26

Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Anrechnungsentscheidung zu einem Zeitpunkt ergehen kann, in dem die einstweiligen Rechtsschutzverfahren des Vorsemesters noch nicht abgeschlossen sind, so dass noch unbekannt ist, ob die festgesetzte Zulassungszahl (des Vorsemesters) der tatsächlichen Kapazität entspricht und ob kapazitätswirksame Überbuchungen vorgenommen wurden. Unter diesen Umständen kann es zur Anrechnung von Überbuchungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG (für das Folgesemester) kommen, obwohl sich erst später im gerichtlichen Verfahren herausstellt, dass die tatsächliche Aufnahmekapazität (des Vorsemesters) höher als festgesetzt ist, einstweilige Rechtsschutzanträge von Studienbewerbern aber wegen der kapazitätserschöpfenden Wirkung der Überbuchungen abgelehnt werden müssen. Die verfassungsrechtlich erforderliche erschöpfende Nutzung der staatlichen Ausbildungskapazität lässt sich in dieser Fallgestaltung nicht dadurch erreichen, dass das Gericht die Überbuchung wegen der bereits für das Folgesemester nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG vorgenommenen Anrechnung ignoriert und Zulassungen bis zur von ihm ermittelten tatsächlichen Kapazität ausspricht. Denn die tatsächliche Kapazität ist in dem Umfang einer rechtmäßigen und damit kapazitätswirksamen Überbuchung ausgeschöpft. Dieser Kapazitätsverbrauch kann nicht durch eine Anrechnung der Überbuchung im Folgesemester gleichsam rückgängig gemacht werden. Diese Konfliktlage ist nach dem Ergehen der rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über das Ausmaß einer kapazitätswirksamen Überbuchung vielmehr dadurch aufzulösen, dass die in unzulässigem Umfang erfolgte Anrechnung der Überbuchung durch eine Änderung der Hochschul-Zulassungszahl-Verordnung korrigiert wird.

27

b) Angesichts dessen durften nur 19 Studienplätze, die im Sommersemester 2016 in nicht zu beanstandender Weise überbucht wurden und die zu Einschreibungen geführt haben, bei der Festsetzung der Zulassungszahl für das 1. Fachsemester im Wintersemester 2016/2017 in Abzug gebracht werden. Weitere 16 Studienplätze waren zwar ebenfalls über die für das Sommersemester 2016 festgesetzte Zulassungszahl hinaus rechtmäßig überbucht worden; ihre Anrechnung musste jedoch im Interesse der vollständigen Nutzung der tatsächlich vorhandenen Ausbildungskapazität unterbleiben.

28

Dies ergibt sich aus der vom Verwaltungsgericht festgestellten tatsächlichen jährlichen Aufnahmekapazität für das Studienjahr 2015/2016 im Umfang von 424 jedenfalls für den vorklinischen Studienabschnitt zur Verfügung stehenden Studienplätzen. Von den davon auf das Sommersemester 2016 entfallenden Plätzen (212) wurden 196 Vollstudienplätze aufgrund der Festsetzung und weitere 35 im Wege der Überbuchung vergeben. Die Festsetzung von 196 Plätzen entsprach damit nicht der tatsächlich vorhandenen Kapazität; vielmehr ergab sich eine Differenz (212 minus 196) von 16 Plätzen, die allerdings auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkt waren. Diese Ausbildungskapazität wurde durch die rechtmäßige Überbuchung verbraucht, obwohl die überbuchten Plätze als Vollstudienplätze vergeben wurden. Während ein Zusammenrechnen von Vollstudienplätzen und auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkten Teilstudienplätzen mit dem Ergebnis, dass ermittelte Vollstudienplätze zugunsten von Teilstudienplätzen unbesetzt bleiben, nicht statthaft ist (vgl. hierzu OVG RP, Beschluss vom 25. Oktober 2000 – 1 D 11671/00.OVG –, NVwZ-RR 2001, 165), nehmen 16 der im Wege der Überbuchung auf Vollstudienplätzen zugelassenen Studierenden die vorklinische Ausbildungskapazität in Anspruch, die in Gestalt der vom Verwaltungsgericht ermittelten 16 Teilstudienplätze tatsächlich vorhanden war (vgl. auch NdsOVG, Beschluss vom 27. Februar 2009 – 2 NB 154/08 –, juris). Deshalb durften nur 19 Vollstudienplätze (35 minus 16) angerechnet werden. Die Ausbildungskapazität des Wintersemesters 2016/2017 betrug demnach 155 Vollstudienplätze (174 minus 19) und 38 Teilstudienplätze, die vorklinische Kapazität mithin 193 Plätze. Die Vergabe von lediglich 174 Vollstudienplätzen und 3 Teilstudienplätzen unterschreitet diese Zahl im Umfang von 16 auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkten Plätzen.

29

Nicht von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass das zuständige Ministerium nach erfolgter Anrechnung von 35 Vollstudienplätzen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HSZulEinrG die im Wintersemester 2016/2017 tatsächlich vorhandene restliche Kapazität von 35 Teilstudienplätzen als zusätzliche Vollstudienplätze festgesetzt hat. Unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Satz 1 KapVO war es berechtigt, eine höhere klinische Kapazität als errechnet anzunehmen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 13. April 2017 – 6 B 10449/17.OVG –). An der Tatsache, dass 16 Teilstudienplätze zu wenig festgesetzt wurden, ändert sich dadurch aber nichts (155 plus 38 minus 174 minus 3).

30

2. Da sich die vorläufige Zulassung in einem Fall aufgrund der Exmatrikulation der Studierenden nach Abschluss des Wintersemesters 2016/2017 erledigt hat, bleiben die Beschwerden der Antragsgegnerin in 15 Verfahren erfolglos, während 19 Beschwerden, die sich ebenfalls auf vorläufig zugelassene Studienbewerber beziehen, zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts führen.

31

Die Verteilung dieser 15 auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkten Plätze erfolgt weder unter Anwendung des sog. „Entdeckerprivilegs“ (a) noch nach den Kriterien des Senatsbeschlusses vom 12. April 2016 im Verfahren 6 B 10087/16.OVG (b).

32

a) Das sog. „Entdeckerprivileg“ (vgl. etwa BayVGH, Beschluss vom 13. Januar 2006 – 7 CE 06.10002 u. a. –, juris) kommt bei der Verteilung der verfügbaren Studienplätze nicht zum Tragen. Dies würde dazu führen, dass nur diejenigen Beschwerdegegner mit ihrem Begehren, immatrikuliert zu bleiben, Erfolg hätten, die Gesichtspunkte geltend gemacht haben, die für die gerichtliche Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin entscheidend waren. Dafür gibt es jedoch keine rechtlich tragfähige Grundlage.

33

Zwar werden nach der Rechtsprechung des Senats (OVG RP, Beschluss vom 23. März 2015 – 6 B 10104/15.OVG –, NVwZ-RR 2015, 539) im Beschwerdeverfahren nur die Beschwerdeführer in die Verteilung außerkapazitärer Studienplätze einbezogen, mit deren Beschwerdevorbringen Gründe i. S. d. § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO dargelegt wurden, die zur Aufdeckung "verschwiegener" Kapazität führten. Während sich diese Beschränkung des Kreises der Studienbewerber aus § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO ergibt, fehlt es an einer Rechtsgrundlage für die Anwendung des „Entdeckerprivilegs“ auf Beschwerdegegner (vgl. OVG SL, Beschluss vom 28. Juni 2010 – 2 B 36/10.NC –, juris). Dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 1979 (– 1 BvR 1460/78 –, BVerfGE 51, 130) kann nichts hiervon Abweichendes entnommen werden. Nach dieser Entscheidung sind Verfassungsbeschwerden unzulässig, die sich lediglich an eine zur Entscheidung angenommene ähnlich gelagerte Verfassungsbeschwerde anhängen ("Trittbrettverfahren"). Für die vorliegende Fallgestaltung kann dieser Entscheidung nichts entnommen werden.

34

b) Bei der Verteilung der 15 Teilstudienplätze werden die Kriterien, die der Senat im Beschluss vom 30. Januar 2003 (– 6 D 11965/02.OVG –, NVwZ-RR 2003, 502) und im Beschluss vom 12. April 2016 (– 6 B 10087/16.OVG –, juris) aufgestellt hat, aus Gründen der Beschleunigung des Verfahrens ausnahmsweise nicht angewendet. Vielmehr bleiben diese 15 Teilstudienplätze denjenigen Studienbewerbern erhalten, die aufgrund des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses und eines Losrangplatzes von Nr. 6 bis Nr. 22 vorläufig zugelassen wurden. Die Inhaber der Losrangplätze Nrn. 2, 5, 9 und 14 haben im Lauf des Verfahrens auf ihre Zulassung verzichtet; soweit der angefochtene Beschluss die Studienbewerber mit den Losrangplätzen Nrn. 1, 3 und 4 betrifft, ist er rechtskräftig geworden.

35

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

36

Die Antragsgegnerin hat die Verfahrenskosten in beiden Rechtszügen zu tragen, da sie in vollem Umfang unterlegen ist. Angesichts dessen kann trotz Zurückweisung der Beschwerde die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses geändert werden (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 11. Juli 2008 – 1 ME 120/08 –, NVwZ-RR 2009, 325; BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1962 – V C 62.61 –, BVerwGE 14, 171; BGH, Beschluss vom 26. Juni 1997 – III ZR 152/96 –, NVwZ-RR 1998, 8; OVG Berlin, Beschluss vom 27. Juni 1989 – 5 S 23.89 –, NVwZ 1990, 681).

37

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 05/02/2015 00:00

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Juli 2014 - NC 7 K 2810/13 - wird zurückgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert des Beschwerdeverfah
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Annotations

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.