Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Juni 2015 - 2 A 10910/14

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2015:0623.2A10910.14.0A
bei uns veröffentlicht am23.06.2015

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 4. August 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine Neuberechnung seiner Abiturdurchschnittsnote.

2

Im Frühjahr 2014 legte der Kläger auf Grundlage der für diesen Jahrgang zum ersten Mal anwendbaren Abiturprüfungsordnung vom 21. Juli 2010 (GVBl. S. 222) – AbiPO – die Abiturprüfung am Staatlichen F-Gymnasium in T ab. In der Qualifikation in Block I (Qualifikationsphase) gemäß § 10 AbiPO erreichte der Kläger eine Punktsumme von 540 Punkten. Hierzu brachte er die nach § 10 Abs. 1 AbiPO verpflichtenden 35 Kurse den inhaltlichen Vorgaben des § 10 Abs. 2 AbiPO entsprechend ein, von denen die vier Kurse von zwei Leistungsfächern – zusammen acht Kurse – doppelt (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 AbiPO) und die übrigen 27 Kurse einfach (§ 10 Abs. 1 AbiPO ) gewertet wurden, mithin eine Addition von insgesamt 43 Einzelbewertungen erfolgte. Eine Facharbeit, die gemäß § 10 Abs. 8 AbiPO in einfacher Wertung als freiwillige Leistung zusätzlich in das Ergebnis der Qualifikationsphase eingebracht werden kann, wenn diese mit mindestens fünf Punkten bewertet wurde, hatte der Kläger nicht erstellt. Die mit den 43 (verpflichtend) einzubringenden Einzelbewertungen erreichte Punktsumme (P) wurde zur Ermittlung des Gesamtergebnisses in Block I (EI) unter Anwendung der in § 10 Abs. 10 AbiPO vorgesehenen FormelEI = P x 40/44 umgerechnet und das Gesamtergebnis in Block I dementsprechend mit 491 Punkten ausgewiesen. In der Qualifikation in Block II (Prüfungsbereich) gemäß § 12 AbiPO erreichte der Kläger eine Summe von 235 Punkten. Gemäß § 9 Abs. 1 AbiPO errechnete sich durch Addition der Punkte aus Block I (Qualifikationsphase) und Block II (Prüfungsbereich) eine Gesamtpunktzahl von 726 Punkten, die in Anwendung der Anlage 3 zur AbiPO einer Durchschnittsnote von 1,6 entsprachen. Hintergrund der beschriebenen Umrechnung der erreichten Punktsumme in der Qualifikationsphase bildet die Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. Juli 1972, aktuell in der Fassung vom 6. Juni 2013). Dort wird unter Ziffer 9.3.2 das Verhältnis der beiden Blöcke (Qualifikationsphase und Prüfungsbereich) und die zu erreichenden Maximalpunktzahlen festgelegt. Für den Block I sind danach maximal 600 Punkte zu vergeben, was auf Grundlage der Höchstpunktzahl von 15 Punkten für einen Kurs (vgl. § 8 Abs. 2 AbiPO) zu einer berücksichtigungsfähigen Anzahl von 40 Einzelbewertungen führt. Damit die angestrebte bundeseinheitliche Vergleichbarkeit der Abiturnoten erreicht wird und die Ermittlung der Abiturdurchschnittsnote anhand der bundeseinheitlichen Umrechnungstabelle (vgl. Anlage 2 zur Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II und die gleichlautende Anlage 3 zur AbiPO) erfolgen kann, ist in den Ländern, in denen mehr oder weniger als 40 Einzelbewertungen in der Qualifikationsphase einfließen, eine Umrechnung vorzunehmen (vgl. Anlage 1 zur Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II). Zur Umsetzung dieser Vorgaben erfolgt nach § 10 Abs. 10 AbiPO eine Umrechnung nach der FormelEI = P x 40/44, wobei sich der Divisor 44 daraus ergibt, dass bei der Ermittlung des Gesamtergebnisses in Block I maximal 600 Punkte erreicht werden dürfen und insoweit auch die (freiwillige) Facharbeit als 44. Einzelwertung – unabhängig davon, ob sie erbracht wurde oder nicht – Berücksichtigung findet.

3

Gegen das am 27. März 2014 ausgestellte Abiturzeugnis legte der Kläger am 8. April 2014 Widerspruch ein. Er habe in der Qualifikationsphase 540 Punkte erreicht. Da er diese Punktsumme allein durch die verpflichtend einzubringenden 43 Einzelbewertungen erreicht habe, werde sein Ergebnis durch die nach § 10 Abs. 10 AbiPO vorgesehene Division durch 44 schlechter gerechnet. Ihm würden faktisch 0 Punkte für eine nicht angefertigte Facharbeit angerechnet. Wäre seine Punktsumme in der Qualifikationsphase durch 43 geteilt worden, so hätte er eine Abiturdurchschnittsnote von 1,5 erreicht. Der Fall, dass keine freiwillige Facharbeit eingereicht werde, sei in § 10 Abs. 10 AbiPO nicht rechtmäßig geregelt. Es werde nicht berücksichtigt, wie viele Kurse tatsächlich eingebracht würden. Der angegriffene Berechnungsmodus verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, da ungleiche Situationen (Nichterbringung der freiwilligen Leistung einerseits und Erbringung einer freiwilligen Leistung andererseits) gleich (Umrechnung mit dem Quotienten 40/44) behandelt würden. Damit liege auch ein Verstoß gegen allgemeine Prüfungsgrundsätze und das Leistungsbewertungsrecht vor. Der Verstoß sei durch eine gesetzeskonforme Auslegung bzw. Ergänzung dadurch zu schließen, dass bei Schülern, die keine freiwillige Facharbeit anfertigten, die Umrechnungsformel EI = P x 40/43 lauten müsse.

4

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2014 wies die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (ADD) den Widerspruch zurück. Die angewandte Berechnungsformel sei rechtmäßig. Mit der Möglichkeit, durch die freiwillige Facharbeit eine Verbesserung der Abiturdurchschnittsnote zu erreichen, werde dem Ziel des Verordnungsgebers Rechnung getragen, einen Anreiz für diese freiwillige Leistung zu schaffen. Die Anwendung der Formel führe auch nicht zu einer Ungleichbehandlung, da sie bei allen Schülern angewandt werde. Es sei im Vorfeld ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Berechnungsformel mit dem Divisor 44 auch dann Anwendung finde, wenn keine Facharbeit geschrieben werde und demzufolge die volle Punktzahl im Block I ohne Facharbeit nicht zu erreichen sei. Auch in den früheren Abiturprüfungsordnungen sei dies ähnlich geregelt gewesen.

5

Hiergegen hat der Kläger am 12. Mai 2014 Klage erhoben sowie den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit welchem er die Erteilung einer Abiturdurchschnittsnote von 1,5 begehrte. Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 6. Juni 2014 – 6 L 884/14.TR – den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab, weil der Kläger nicht glaubhaft gemacht habe und es nicht ersichtlich sei, inwieweit die begehrte Anhebung der Durchschnittsnote um 1/10 erforderlich sei, um den Kläger vor schweren, unzumutbaren und nicht anders abwendbaren Nachteilen zu bewahren.

6

Zur Begründung der Klage hat der der Kläger vorgetragen, es bestehe eine Regelungslücke in § 10 Abs. 10 AbiPO hinsichtlich derer, die eine freiwillige Facharbeit nicht erstellten. Durch gesetzeskonforme Auslegung sei diese Regelungslücke zu schließen. Ohne eine Abänderung des Divisors werde ein Schüler mit 5 Punkten in allen (verpflichtenden) Kursen nicht zum Abitur zugelassen, da ihm ohne Erstellung einer Facharbeit bei Berechnung mit der Formel EI = P x 40/44 lediglich 196 Punkte verblieben. Ein Blick auf den letzten Satz des § 10 Abs. 10 AbiPO zeige zudem, dass Leistungen mit 0 Punkten überhaupt nicht in die Qualifikation eingebracht werden dürften, was durch die angegriffene Formel jedoch gerade hinsichtlich derjenigen erfolge, die keine Facharbeit anfertigten. Auch die generellen Ausführungen des Beklagten, dass die freiwillige Facharbeit nur zu einer Verbesserung der Abiturdurchschnittsnote führen könne, seien nicht zutreffend. Der Berechnungsmodus verletze darüber hinaus die Vorgaben des § 10 Abs. 5 Schulgesetz – SchulG –, da entgegen der dort formulierten Anforderungen durch die angegriffene Formel eine Nichtleistung in die Gesamtqualifikation einfließe. Er – der Kläger – werde dadurch im Vergleich zu Schülern aller anderen Bundesländer, in denen ein rechtlich einwandfreier Berechnungsmodus Anwendung finde, schlechter gestellt.

7

Der Kläger hat vor dem Verwaltungsgericht Trier in der mündlichen Verhandlung am 4. August 2014 beantragt,

8

den Beklagten unter Aufhebung des Abiturzeugnisses des F-Gymnasiums T vom 27. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2014 zu verpflichten, die Abiturnote unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu berechnen.

9

Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

11

Entgegen dem Vorbringen des Klägers würden keine Maluspunkte in Abzug gebracht. Wie sich aus der Zusammenstellung der Punkte auf dem Abiturzeugnis ersehen lasse, seien die von ihm in den einzelnen Kurse erbrachten Punkte nach den gültigen Vorgaben addiert und anhand der gemäß § 10 Abs. 10 AbiPO geltenden Formel berechnet worden. An keiner Stelle habe es Punktabzüge gegeben. Die Berechnungsformel sei auch gesetzeskonform, logisch und klar nachvollziehbar, denn nur so sei gewährleistet, dass die Anfertigung einer zusätzlichen Arbeit auch Ausdruck in der erreichten Punktsumme finde. Eine variable Formel widerspreche dem angestrebten Zweck, die Erbringung einer freiwilligen Zusatzleistung zu belohnen. Es erfolge auch keine Schlechterstellung, wenn jemand keine Facharbeit anfertige. Derjenige bekomme lediglich keine zusätzlichen Punkte. Auch in den früheren Abiturprüfungsordnungen sei es so gewesen, dass ein Schüler mit einem Schnitt von 5 Punkten ohne zusätzliche Punkte aus der Facharbeit nicht zur Abiturprüfung zugelassen worden sei. Zudem sei auch ohne Facharbeit jede Abiturnote erreichbar, auch die Note 1,0. Zurückgehend auf die Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II sei den Ländern die Möglichkeit eröffnet, abweichend von dem dortigen Grundmuster auch mehr oder weniger als 40 Kurshalbjahresergebnisse in der Qualifikationsphase zu berücksichtigen. Dies erfordere indes eine Umrechnung auf das bundeseinheitliche Gesamtpunktesystem, mithin vorliegend die Umrechnung anhand des Quotienten 40/44, wobei es mit Blick auf die vorgegebene Maximalpunktzahl allein relevant sei, wie viele Ergebnisse eingebracht werden können. Schließlich sei anzumerken, dass der Kläger auch nach der zuvor geltenden Prüfungsordnung einen Notendurchschnitt von 1,6 erzielt hätte und nicht etwa einen solchen von 1,5.

12

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4. August 2014 abgewiesen.

13

Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Neuberechnung seiner Abiturnote nicht zu, denn die von dem Beklagten vorgenommene Berechnung begegne keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Berechnungsgrundlage für das Gesamtergebnis der Qualifikation in Block I, welche vorliegend allein in Zweifel gezogen werde, ergebe sich aus § 10 Abs. 10 AbiPO. Die Norm verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere sei entgegen der Ansicht des Klägers ein Verstoß gegen § 10 Abs. 5 SchulG nicht zu erkennen. Die angegriffene Regelung verletze auch nicht den Grundsatz der Chancengleichheit. Dieser sei gewahrt, da allen Schülern die Möglichkeit eröffnet sei, eine Facharbeit anzufertigen und in die Qualifikation in Block I einzubringen. Es liege auch keine Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte vor, sondern vielmehr eine bewusste Ungleichbehandlung ungleicher Sachverhalte. Es sei zudem nicht systemwidrig, wenn die Punktsumme der Qualifikationsphase mit Hilfe der angegebenen Formel berechnet werde, da hierdurch lediglich die Vergleichbarkeit der Ergebnisse auf Bundesebene hergestellt werde. Es wirke sich auf die Systemgerechtigkeit nicht aus, dass die Punktsumme bei den Schülern, die eine Facharbeit erstellt hätten, aus den Punkten für 44 Einzelleistungen bestehe und bei solchen, die dies nicht getan hätten, aus den Punkten für 43 Einzelleistungen. Von der Chance eine zusätzliche Leistung in den Zähler der Berechnungsformel einzubringen, habe jeder Schüler Gebrauch machen können. Es werde durch die streitgegenständlichen Formel auch nicht ein einmal gefundenes Ergebnis „schlechter gerechnet“. Das Ergebnis werde vielmehr erst durch Anwendung der Formel gefunden.

14

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung erstrebt der Kläger weiterhin eine Neuberechnung seiner Abiturdurchschnittsnote.

15

Zur Begründung wiederholt und vertieft er seinen bisherigen Vortrag. Die Berechnungsmethode verstoße - wie bereits gerügt – gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, was sich auch daran zeige, dass im Rahmen der Umrechnung auf die bundeseinheitliche Tabelle, dem die Formel aus § 10 Abs. 10 AbiPO diene, ein einzelner im Kurssystem erworbener Landespunkt unterschiedlich viel Wert sei. Rechne man mit dem Quotienten 40/43 auf „Bundespunkte“ um, entspreche ein Landespunkt etwa 0,93 Bundespunkten. Lege man hingegen den Quotienten 40/44 zugrunde, habe ein Landespunkt lediglich den Wert von ca. 0,91 Bundespunkten. Durch die unabhängig von der tatsächlichen Anzahl eingebrachter Kurse anzuwendende Formel werde etwas Ungleiches, nämlich ein Landespunkt aus 43 Kursen und ein Landespunkt aus 44 Kursen, gleich behandelt. Dies begründe einen (Punkte-)Substanzverlust von 2,27 %. Darüber hinaus seien sachfremde Erwägungen Grundlage für den fixen Divisor 44, weil der Beklagte durch sein System einen Anreiz schaffen wolle, eine Facharbeit zu erbringen. Diese Zielsetzung stehe in Widerspruch zur Freiwilligkeit, sich gegen eine Facharbeit zu entscheiden. Zudem sei es sachfremd, eine bestimmte Kurswahl zu sanktionieren, indem anderweitig erworbene Bewertungstatbestände um 2,27 % herabgesetzt würden. Auch begründe es einen Verstoß gegen die Systemgerechtigkeit, eine gewillkürte Anzahl eingebrachter Einzelbewertungen durch einen Divisor zu teilen, der nicht der Anzahl der eingebrachten Einzelbewertungen entspreche, da hierdurch die Verknüpfung zwischen erbrachter Einzelleistung und Gesamtleistung aufgehoben werde. Die gewonnen Punkte seien rein arithmetisch in das Ergebnis EI umzurechnen. Ein Misch-Vorgang dergestalt, dass zunächst Punkte vergeben und dann eine erneute Wertung im Notensystem stattfinde, sei unzulässig. Schließlich sei die rechtswidrige Formel einer Auslegung zugänglich und zur Wahrung der Gleichheit und Systemgerechtigkeit teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass bei Nichterbringung der freiwilligen Leistung einer Facharbeit die Punktsumme aus dem Qualifikationsbereich mit dem Quotienten 40/43 umgerechnet werde.

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Der Kläger beantragt,

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den Beklagten unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des Abiturzeugnisses des F-Gymnasiums T vom 27. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2014 zu verpflichten, dem Kläger ein geändertes Abiturzeugnis bezüglich „I. Qualifikation im Block I (Qualifikationsbereich)“ mit einem Ergebnis nach dem Berechnungsmodus E I = P x 40/43 mit 502 Punkten und bezüglich „III. Gesamtqualifikation E I + E II“ hinsichtlich der Gesamtpunktzahl mit 737 Punkten und bezüglich der Durchschnittsnote mit 1,5 zu erteilen.

18

hilfsweise,

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den Beklagten unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des Abiturzeugnisses des F-Gymnasiums T vom 27. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2014 zu verpflichten, die Abiturnote unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu berechnen und ein entsprechendes neues Abiturzeugnis zu erteilen.

20

Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

22

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die angegriffene Formel sei mit höherrangigem Recht vereinbar und entspreche geltenden Bewertungsgrundsätzen. Die Anfertigung einer Facharbeit führe – entgegen der Andeutungen des Klägers – niemals zu einer Verschlechterung. Dies gelte auch, wenn die Facharbeit unter der Durchschnittspunktzahl der verpflichtend einzubringenden Leistungen der Qualifikationsphase liege. Erst der Ansatz des Klägers, demzufolge ohne Facharbeit der Divisor 43 zur Anwendung kommen müsse, führte dazu, dass eine unter dem übrigen Punkteschnitt liegende Facharbeit negative Auswirkungen auf die Abiturdurchschnittsnote hätte, mithin systemwidrige Ergebnisse produzierte. Auch ohne Anfertigung einer Facharbeit würden die durchschnittlichen Leistungen in der Abiturdurchschnittsnote abgebildet, so dass die zusätzlichen Punkte aus einer freiwilligen Leistung allein positive Wirkungen hätten. Die Umrechnungsformel biete einen Anreiz, eine zusätzliche Leistung zu erbringen. Aus den kreativen Ausführungen des Klägers zu Landes- und Bundespunkten könne nichts hergeleitet werden, da den Ländern innerhalb des vereinbarten Systems Spielraum zur inhaltlichen Ausgestaltung verblieben sei. Zudem beruhe die Umrechnungsformel nicht auf systemwidrigen Erwägungen. Der hier angegriffene Divisor sei nicht willkürlich festgelegt, sondern begrenze die erreichbare Maximalpunktzahl den Vorgaben der Vereinbarung der Kultusministerkonferenz entsprechend.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungs- und Widerspruchsakte des Berufungsbeklagten (2 Heft) Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Das mit der Berufung verfolgte Verpflichtungsbegehren ist zulässig (1.), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg (2.).

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1. Die Berufung ist zulässig. Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass der Kläger mit seinem Hauptantrag nunmehr ein Verpflichtungsbegehren verfolgt, nachdem er vor dem Verwaltungsgericht lediglich auf Bescheidung geklagt hatte. Ungeachtet der bereits grundsätzlich unter Wahrung des § 91 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – eröffneten Möglichkeit einer Klageänderung im Berufungsverfahren ist gemäß § 173 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 ZivilprozessordnungZPO – die Erweiterung eines Klageantrags in der Hauptsache schon nicht als Änderung der Klage anzusehen. Um nichts anderes handelt es sich bei dem an die Stelle des Bescheidungsanspruchs tretenden Anspruchs auf Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts. Der dem Bescheidungsantrag zugrunde gelegte Lebenssachverhalt ist hier kein anderer als derjenige, auf den sich der Anspruch auf den bestimmten Verwaltungsakt stützt (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 1988 – 3 C 45/87 –, juris, Rn. 17). Darüber hinaus steht dem Kläger das für eine Verbesserungsklage notwendige Rechtschutzbedürfnis zur Seite, obschon er zwischenzeitlich den von ihm angestrebten Studienplatz im Fach Humanmedizin auch mit der ausgewiesenen Abiturdurchschnittsnote 1,6 erlangt hat. Das rechtliche Interesse an einer um 1/10 besseren Abschlussnote beschränkt sich nicht allein auf den Zugang zum begehrten Studienfach, sondern erlangt – worauf der Kläger in seiner Berufungsbegründung konkret hinweist – auch im Rahmen der Studienplatzgestaltung (Stipendien, Famulatur, Auslandssemester) Bedeutung mit der Folge, dass unabhängig davon, ob man diese noch dem Berufszugang zuordnet, jedenfalls eine tatsächliche Erheblichkeit für das berufliche Fortkommen nicht in Abrede gestellt werden kann. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein „konkretes Rechtsschutzinteresse“ des Klägers ersichtlich sein muss, um bei einer „minimalen Verbesserung“ gerichtlichen Rechtschutz sinnvoll erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 1979 – 7 B 196.79 –, Buchholz 421.0 Nr. 123), begründet dies vorliegend keine höheren Anforderungen an die Darlegung real positiver Folgen. Die hier angestrebte Verbesserung der Durchschnittsnote um 1/10 ist mit der seinerzeit der Entscheidung zugrunde liegenden „minimalen Verbesserung“ um 2/100 schon nicht ohne weiteres zu vergleichen; eine unnütze oder mutwillige Inanspruchnahme der Gerichte ist hier nicht ersichtlich.

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2. Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Neuerteilung eines Abiturzeugnisses mit der Gesamtnote 1,5 nicht zu. Der den Anspruch ablehnende Bescheid des Beklagten vom 27. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).

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Der Verordnungsgeber hat die Qualifikation in Block I (Qualifikationsphase) an Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen in einen verpflichtenden und einen freiwilligen Teil untergliedert (a). Die sich aus der Berücksichtigung (allein) der verpflichtend einzubringenden Leistungen ergebenden Konsequenzen für die Ermittlung der Abiturdurchschnittsnote (b) sind vom Gestaltungsermessen des Verordnungsgebers gedeckt und verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht oder allgemeine Bewertungsgrundsätze (c).

28

a) Gemäß § 10 Abs. 1 der Abiturprüfungsordnung vom 21. Juli 2010 (GVBl. S. 222) – AbiPO – sind in der Qualifikationsphase verpflichtend 35 Kurse einzubringen, deren inhaltliche Zusammensetzung durch § 10 Abs. 2 AbiPO bestimmt wird. Von diesen 35 verpflichtenden Kursen sind gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 2 AbiPO vier Kurse von zwei Leistungsfächern doppelt (8 Kurse / 16 Einzelbewertungen) sowie die verbleibenden 27 Kurse einfach (§ 10 Abs. 1 AbiPO) gewertet heranzuziehen. Mithin ergeben sich im verpflichtenden Teil der Qualifikationsphase 43 Einzelbewertungen. An Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen tritt neben den verpflichtenden Teil die Möglichkeit einer freiwilligen Leistung, die gemäß § 10 Abs. 8 AbiPO in Form einer Facharbeit in einfacher Wertung – als 44. Einzelbewertung – in die Qualifikationsphase eingebracht werden kann, wenn diese mit mindestens fünf Punkten bewertet wurde. Wird keine Facharbeit angefertigt oder bleibt diese unterhalb einer Bewertung mit fünf Punkten, fließen keine Punkte aus diesem freiwilligen Teil in das Ergebnis der Qualifikationsphase ein.

29

Nach § 10 Abs. 10 Satz 4 AbiPO können in der Qualifikationsphase maximal 600 Punkte (einschließlich Facharbeit) erreicht werden. Auf Grundlage der Höchstpunktzahl von 15 Punkten für einen Kurs (vgl. § 8 Abs. 2 AbiPO) ergibt sich rechnerisch eine berücksichtigungsfähige Anzahl von 40 Einzelbewertungen. Dementsprechend ist eine Umrechnung erforderlich, wenn – wie hier – eine höhere Anzahl einzubringender bzw. einbringbarer Einzelbewertungen vorliegt. Die Umrechnung zur Ermittlung des Gesamtergebnisses im Qualifikationsbereich (EI) erfolgt daher ausgehend von der erreichten Punktsumme (P) anhand der hier angegriffenen Formel EI = P x 40/44 (§ 10 Abs. 10 Satz 1 AbiPO), wobei die Punktsumme (P) sowohl die Punkte aus dem verpflichtenden als auch dem freiwilligen Teil umfasst.

30

Um den in der Verordnung niedergelegten additiven Charakter der freiwilligen Leistung auch in der Umrechnungsformel zu veranschaulichen, lässt sich das Gesamtergebnis im Qualifikationsbereich (EI) mathematisch auch durch eine Addition des (umgerechneten) Gesamtergebnisses aus dem Pflichtbereich (EIa) und des (umgerechneten) Gesamtergebnisses aus der freiwilligen Leistung (EIb) abbilden (EI = EIa + EIb). Zur Berechnung von EIa und EIb sind sodann bei EIa die Punktsumme aus den 43 verpflichtenden Kursen (Pa) und bei EIb die Punktzahl der Facharbeit (Pb) in die Formel einzubringen. Diese getrennte Betrachtung von Pflichtbereich und freiwilliger Leistung führt zu der Formel:

31

EI = (Pa x 40/44) + (Pb x 40/44).

32

Die hier aufgezeigte Aufspaltung der in § 10 Abs. 10 Satz 1 AbiPO verwendeten Formel in eine Addition aus Pflichtbereich (§ 10 Abs. 1 und Abs. 2 AbiPO) und freiwilligem Bereich (§ 10 Abs. 8 AbiPO) zeigt unmittelbar auf, welche Auswirkungen es auf die Umrechnung im Pflichtbereich (EIa) hat, dass der Verordnungsgeber innerhalb der 600er-Punktegrenze eine freiwillige Leistung eingerichtet hat. Der Pflichtbereich wird – unabhängig davon, ob noch Punkte aus der freiwilligen Leistung hinzuaddiert werden oder nicht – immer mit dem Quotienten 40/44 umgerechnet, obwohl in die Punktsumme aus dem Pflichtbereich (Pa) immer nur 43 Einzelbewertungen einfließen; die Maximalpunktzahl ist also allein durch den Pflichtbereich nicht zu erreichen.

33

b) Ausgehend von den Grundzügen des Systems zur Ermittlung der Punktzahl der Gesamtqualifikation und zur Umrechnung auf eine Durchschnittsnote (aa) lassen sich bei einer Analyse des Zusammenhangs zwischen Gesamtpunktzahl und Durchschnittsnote die rechnerischen Konsequenzen abbilden, die sich aus der dargestellten Umrechnung (allein) der verpflichtend einzubringenden Leistungen in der Qualifikationsphase (EIa = Pa x 40/44) für die Durchschnittsnote ergeben (bb).

34

aa) Die Punktzahl der Gesamtqualifikation ergibt sich gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 AbiPO aus der Addition des Gesamtergebnisses der Qualifikationsphase (EI) und des Gesamtergebnisses des Prüfungsbereichs (EII). Da im Prüfungsbereich (EII) maximal 300 Punkte erreicht werden können (§ 12 Abs. 3 Satz 1 AbiPO), setzt sich dieser Block – bei höchsten 15 Punkten für eine Einzelleistung (§ 8 Abs. 2 AbiPO) – aus 20 Einzelbewertungen zusammen (z.B. eine fünffache Wertung bei vier Prüfungsfächern, vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 AbiPO). Der Punktzahl der Gesamtqualifikation liegen danach 60 Einzelbewertungen zugrunde, von denen – wie dargestellt – korrespondierend zur jeweiligen Maximalpunktzahl 40 auf die Qualifikationsphase (600 Punkte) und 20 auf den Prüfungsbereich (300 Punkte) entfallen.

35

Die Abiturdurchschnittsnote wird anschließend auf der Basis der Punktzahl der Gesamtqualifikation (EI + EII) nach Anlage 3 zur AbiPO ermittelt (§ 24 Abs. 4 AbiPO). Die dort vorgenommene lineare Zuordnung der in Zehntelnoten abgestuften Abiturdurchschnittsnote zu den jeweiligen Punktekorridoren lässt sich – jenseits der die Umrechnung auf eine Durchschnittsnote begründenden mathematischen Formel (vgl. dazu Anlage 2 der Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II) – vereinfacht beschreiben, wenn man berücksichtigt, dass zum einen die Punktzahl der Gesamtqualifikation mit (rechnerisch) 60 Einzelbewertungen unterlegt ist, und zum anderen durch § 8 Abs. 2 AbiPO – dort allerdings in Bezug auf Einzelbewertungen – die zugrunde gelegte Punkte-Noten-Zuordnung abgebildet wird. Anhand dieser Komponenten (60 Einzelbewertungen / Punkte-Noten-Zuordnung) lässt sich zeigen, dass die aus Anlage 3 zur AbiPO ersichtlichen Punktekorridore im Ausgangspunkt so festgelegt sind, dass man bei Erreichen der einer Zehntelnote zuzuordnenden Durchschnittspunktzahl an der oberen Grenze des Punktekorridors der korrespondierenden Durchschnittsnote liegt. Der beschriebene Zusammenhang gilt nicht allein für ganze oder halbe Notenschritte, sondern für alle Zehntelnoten, denen sich aufgrund der linearen Verteilung zwischen der Note 1,0 (14 Punkte) und der Note 4,0 (5 Punkte) jeweils eine Durchschnittspunktzahl zuordnen lässt (0,3 Punkte je Zehntelnote). Insoweit gilt lediglich für die Abiturdurchschnittsnote von 1,0 etwas anderes, weil dort über den dazugehörigen Durchschnitt von 14 Punkten hinaus auch 15 Punktebewertungen abgebildet werden. Die Einordnung an der oberen Grenze des Korridors hat den Effekt, dass es für eine Verbesserung der Durchschnittsnote um 1/10 genügte, lediglich eine Einzelbewertung einen Punkt über dem sonstigen Punktedurchschnitt zu liegen, und umgekehrt bis zu 17 Punkte Verlust (im Vergleich zum Schnitt) abgefangen werden, bevor die Abiturdurchschnittsnote 1/10 schlechter würde.

36

Die Einordnung an der oberen Grenze des jeweiligen Punktekorridors gilt indessen nur, wenn aus der Qualifikationsphase (rechnerisch) 40 Einzelbewertungen und aus dem Prüfungsbereich 20 Einzelbewertungen heranzuziehen sind, was keine Probleme bereitet, wenn bei der Ermittlung des Punktedurchschnitts auch die (freiwillige) Facharbeit einbezogen würde und dann anhand der Formel nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AbiPO ein Umrechnung auf das Gesamtergebnis der Qualifikationsphase erfolgte.

37

bb) Vorliegend sind jedoch die Zusammenhänge allein unter Einbeziehung des Gesamtergebnisses des verpflichtenden Bereichs der Qualifikationsphase in den Blick zu nehmen, weil die modifizierte Umrechnung (EIa = Pa x 40/44) für sich genommen einer rechtlichen Überprüfung standhalten muss, um in Bezug auf das fakultative Ergebnis des freiwilligen Bereichs (EIb) auch tatsächlich von einer freiwillige Leistung, die allein der Verbesserung dient, ausgehen zu können.

38

Dem Kläger ist im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass bei einer Umrechnung der aus 43 Einzelbewertung bestehenden Punktsumme (Pa) mit dem Quotienten 40/44 weniger Punkte in das Gesamtergebnis der Qualifikationsphase einfließen als bei einer Umrechnung mit dem von ihm begehrten Divisor 43. Da das (umgerechnete) Gesamtergebnis der Qualifikationsphase – mit Ausnahme des vorliegend nicht relevanten Erreichens der Mindestpunktzahl (§ 10 Abs. 1 Satz 4 AbiPO) als Zugangsvoraussetzung zum Prüfungsbereich – jedoch allein der Ermittlung der Abiturdurchschnittsnote dient, können hieraus keine Folgerungen gezogen werden. Vielmehr sind die konkreten Auswirkungen auf die Abiturdurchschnittsnote zu betrachten, die sich wie folgt darstellen:

39

Wird allein die Punktsumme des 43 Einzelbewertungen umfassenden Pflichtbereichs herangezogen (Pa) und hieraus das Gesamtergebnis der Qualifikationsphase errechnet (EIa = Pa x 40/44), erlangt der Prüfling, wenn man abermals den mit einer Zehntelnote korrespondierenden Punkteschnitt zugrunde legt (inklusive Prüfungsbereich), exakt die seinen jeweiligen Punkteschnitt abbildende Abiturdurchschnittsnote. Allerdings liegt er diesmal nicht an der oberen Grenze des Punktekorridors, sondern es erfolgt eine Verschiebung nach unten, die aufgrund der Proportionalität im oberen Notenbereich größer ist (z.B. 11 Punkte bei 1,5) als im unteren Notenbereich (z.B. 6 Punkte bei 3,5). Mathematisch ausgedrückt handelt es sich um eine Verschiebung um gerundet 1,51 %, die darauf zurückzuführen ist, dass es im Qualifikationsbereich – wie klägerseits dargestellt – durch die Umrechnung von 43 (verpflichtenden) Einzelbewertungen mit dem Quotienten 40/44 zu einer rechnerischen Verschiebung von gerundet 2,27 % kommt, die indes in die Gesamtqualifikation lediglich im Verhältnis 2:1 eingeht. Die Verschiebung innerhalb des Korridors hat nunmehr den Effekt, dass es für eine Verbesserung der Durchschnittsnote um 1/10 nicht mehr genügte, lediglich mit einer Einzelbewertung einen Punkt über dem sonstigen Punktedurchschnitt zu liegen, und umgekehrt auch weniger Punkte Verlust (im Vergleich zum Durchschnitt) abgefangen werden, bevor die Abiturdurchschnittsnote 1/10 schlechter würde.

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Der Senat verkennt angesichts der vorangehend dargestellten Effekte der konkreten Einordnung innerhalb des Punktekorridors nicht, dass sich im Einzelfall – wie das konkrete Beispiel des Klägers zeigt – allein aufgrund der Verschiebung innerhalb des Punktekorridors eine bessere oder schlechter Durchschnittsnote ergeben kann, wenn der Punkteschnitt nicht direkt einer Zehntelnote zuordenbar ist. Dies ist die Konsequenz der nach unten verschobenen Zuordnung innerhalb des Punktekorridors und als tatsächlicher Befund der Betrachtung zugrunde zu legen.

41

c) Der Verordnungsgeber ist berechtigt, in der Qualifikationsphase eine freiwillige Leistung vorzusehen und dafür die vorzunehmende Berechnung des Gesamtergebnisses der Qualifikationsphase so zu modifizieren, dass die Erbringung allein der verpflichtenden Leistungen zu einer Verschiebung innerhalb der für die Durchschnittsnoten vorgesehenen Punktekorridore führt. Dem stehen weder die Vereinbarung der Kultusministerkonferenz zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II (aa) noch höherrangiges Recht oder allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze entgegen (bb); das System ist insbesondere mit dem Gleichheitssatz vereinbar (cc). Ob im Bereich der Abiturdurchschnittsnote von 4,0 (entspricht nach der Zuordnung des § 8 Abs. 2 AbiPO einem Schnitt von 5 Punkten) eine Anpassung der Umrechnung erforderlich ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung (dd).

42

aa) Mit der Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. Juli 1972, aktuell in der Fassung vom 6. Juni 2013) haben sich die Länder, unter anderem zur Sicherung der Vergleichbarkeit der Abiturergebnisse unter den Ländern, auf Grundsätze zur Ausgestaltung verständigt, die im Wesentlichen die Basis für die zuvor skizzierten Regelungen der Abiturprüfungsordnung bilden. So werden vor allem für die beiden Blöcke (Qualifikationsphase und Prüfungsbereich) die jeweils zu erreichenden Maximalpunktzahlen von 600 Punkten (Block I) und 300 Punkten (Block II) festgelegt (vgl. Ziffer 9.3.2) und damit gleichsam die erforderliche Umrechnung bei einer von 40 Einzelbewertungen abweichenden Anzahl von Einzelbewertungen in der Qualifikationsphase vorgegeben (vgl. Anlage 1 der Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II). Auch die bundeseinheitliche Tabelle zur Ermittlung der Abiturdurchschnittsnote aus der Punktzahl der Gesamtqualifikation geht auf die Vereinbarung zurück (vgl. Anlage 2 der Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II). Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung lässt es die Vereinbarung der Kultusministerkonferenz zu, dass die Länder wahlweise eine Facharbeit vorsehen können (vgl. Ziffer 7.6), die im Rahmen der Qualifikationsphase angerechnet werden kann (vgl. Ziffer 9.3.4). Genauere Vorgaben oder Anhaltspunkte, nach welchem Modus die Facharbeit erstellt und eingebracht werden kann, enthält die Vereinbarung nicht, sondern beschränkt sich insoweit auf den Hinweis, dass das Nähere die Länder regeln (vgl. Ziffer 9.3.4).

43

Daraus folgt, dass ungeachtet der Frage, inwieweit der Kläger eine Verletzung subjektiver Rechte überhaupt auf einen etwaigen Verstoß gegen die Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II stützen könnte, die Vereinbarung der Kultusministerkonferenz der durch § 10 Abs. 8 AbiPO vorgesehenen Facharbeit als zusätzliche, freiwillige Leistung nicht entgegensteht. Dass es bezüglich des Pflichtbereichs der Qualifikationsphase durch die Freiwilligkeit zu einer Verschiebung innerhalb der Punktekorridore der Tabelle zur Ermittlung der Abiturdurchschnittsnote kommt (s.o.) und damit die angestrebte Vergleichbarkeit der Abiturergebnisse unter den Ländern nicht idealtypisch gefördert wird, stellt das rheinland-pfälzische System der freiwilligen Facharbeit nicht in Widerspruch zur Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II, sondern ist letztlich Ausfluss des dort vorgesehenen Ausgestaltungsvorbehalts zugunsten der Länder.

44

bb) Die – bei isolierter Betrachtung des Pflichtbereichs – modifizierte Berechnung des Gesamtergebnisses in der Qualifikationsphase verstößt nicht gegen höherrangiges Recht oder allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze.

45

Die hier betroffenen Regelungen der Abiturprüfungsordnung verstoßen nicht gegen § 10 Abs. 5 Satz 5 und Satz 6 des Schulgesetzes – SchulG – vom 30. März 2004 (GVBl. S. 239) – mit späteren Änderungen, demzufolge die Leistungen der Schüler in den Kursen durch Noten und Punkte bewertet werden (Satz 5) und die Hochschulreife durch das Erreichen einer Gesamtqualifikation erworben wird, die sich aus Leistungen im Kurssystem und in der Abschlussprüfung zusammensetzt (Satz 6). Bereits die zwischen verpflichtendem und freiwilligem Teil differenzierende Umrechnungsformel EI = (Pa x 40/44) + (Pb x 40/44) zeigt in Bezug auf den Pflichtbereich der Qualifikationsphase, dass in dem Formelteil EIa = Pa x 40/44 ausschließlich erbrachte Einzelleistungen bewertet werden und als Ergebnis in die Gesamtqualifikation eingehen. Dabei versteht es sich von selbst, dass eine nach der Verordnung als freiwillig ausgestaltete Leistung – in der Formel abgebildet als EIb = Pb x 40/44 – nur dann hinzuaddiert wird, wenn diese auch (erfolgreich) erbracht wurde. Wird die freiwillige Leistung nicht oder nicht erfolgreich erbracht, errechnet sich das Gesamtergebnis der Qualifikationsphase allein aus dem Pflichtbereich (EI = EIa = Pa x 40/44), mit den bereits aufgezeigten Konsequenzen bei der Ermittlung der Abiturdurchschnittsnote. Eine 0-Punkte-Bewertung oder die Berücksichtigung einer fiktiven Leistung beinhaltet das so ermittelte Gesamtergebnis der Qualifikationsphase nicht.

46

Wird keine Facharbeit als freiwillige Leistung in der Qualifikationsphase eingebracht, werden – entgegen der Ansicht des Klägers, der insoweit einen Verstoß gegen die auf Art. 3 Abs. 1 GG gestützte Systemgerechtigkeit und gegen allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze rügt – die verpflichtend erbrachten Leistungen auch weder „schlechter gerechnet“ noch erfolgt durch die Umrechnung nach der FormelEIa = Pa x 40/44 eine unzulässige Neubewertung der bereits erbrachten und benoteten Einzelleistungen. Es wurde bereits aufgezeigt, dass die Leistungen aus dem Pflichtbereich der Qualifikationsphase auch bei Anwendung der genannten Formel leistungsgerecht in der Abiturdurchschnittsnote abgebildet werden und lediglich eine Verschiebung innerhalb des Punktekorridors erfolgt. Dies lässt sich am konkreten Fall des Klägers nochmals aufgreifen: Der Kläger hat in der Qualifikationsphase einen effektiven Durchschnittschnitt von (aufgerundet) 12,56 Punkten (= 540/43) erreicht. Im Prüfungsbereich liegt sein Durchschnitt bei 11,75 Punkten (= 235/20). Sein effektiver Gesamtpunkteschnitt liegt (aufgrund der Gewichtung der Qualifikationsphase und des Prüfungsbereichs von 2 zu 1) bei (aufgerundet) 12,3 Punkten. Ausgehend von der Noten-Punkte-Zuordnung des § 8 Abs. 2 AbiPO liegt er damit1/10 Punkt oberhalb des mit der Durchschnittsnote 1,6 korrespondierenden Punkteschnitts von 12,2 und 2/10 Punkt unterhalb eines Durchschnitts von 12,5 Punkten, der die Durchschnittsnote 1,5 wiederspiegelt. Vor diesem Hintergrund ist konkret bezogen auf den Kläger bei der zuerkannten Abiturdurchschnittsnote von 1,6 eine Schlechterrechnung oder eine unzulässige Neubewertung nicht ersichtlich.

47

Überdies obliegt die Entscheidung darüber, ob man mit einem effektiven Punkteschnitt der (verpflichtenden) Einzelleistungen von 12,3 Punkten noch eine Gesamtnote von 1,6 oder schon eine 1,5 bekommt, der Beurteilung des Normgebers (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Januar 1978 – 7 B 91/76 –, juris, Rn. 15; Beschluss vom 16. August 1985 – 7 B 51/85 u.a. –, juris, Rn. 16 f., danach ist sogar eine Abweichung vom arithmetischen Mittel bei der Zusammenrechnung von Einzelbewertungen zu einer Gesamtbewertung zulässig). Soweit der Kläger unter Hinweis auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 24. Januar 1979 – XI 1690/76 –, juris) in diesem Zusammenhang einen unzulässigen „Misch-Vorgang“ bei der Übertragung vergebener Punkte in ein Notensystem rügt, kann daraus für das hier gegenständliche Verfahren nichts hergeleitet werden. Denn unabhängig davon, dass es dort um die Umrechnung vergebener Teilleistungspunkte in die Benotung einer Einzelleistung ging und nicht um die Ermittlung einer Gesamtdurchschnittsnote aus einer Mehrzahl von Einzelleistungen, ist die (dort fehlende) Gleichgewichtigkeit der vergebenen Punkte – abgebildet durch den Grundsatz einer gleichmäßigen Zuordnung von Punkten zu Noten – im vorliegenden Verfahren durch die Tabelle zur Umrechnung der Punktzahl der Gesamtqualifikation in eine Durchschnittsnote gewahrt. Der Punktekorridor pro Zehntelnote – mit Ausnahme der unteren und oberen Notengrenze – beträgt durchgängig 18 Punkte.

48

Die durch die Formel für den Pflichtbereich begründete Verschiebung innerhalb der (gleichmäßigen) Punktekorridore ist nicht willkürlich, sondern von der sachlichen Erwägungen getragen, neben dem Pflichtbereich eine freiwillige Leistung anzubieten und für diese einen Anreiz in Form von zusätzlichen – auf die Punktzahl der Gesamtqualifikation immer positiv wirkenden – Punkten zu geben. Die 43 verpflichtenden Einzelbewertungen der Qualifikationsphase werden also nicht durch eine gewillkürte Anzahl geteilt sondern durch 44, um innerhalb des vorgegebenen Maximalpunktesystems eine freiwillige Leistung vorsehen zu können.

49

Aus der differenzierenden Formel zur Umrechnung des Gesamtergebnisses in der Qualifikationsphase (EI = (Pa x 40/44) + (Pb x 40/44)) ergibt sich ohne weiteres, dass die Punkte einer (erfolgreichen) Facharbeit (Pb) allein positiv auf das Gesamtergebnis wirken können. Die klägerseits beschriebenen potenziell negativen Auswirkungen ergäben sich nur dann, wenn ohne Facharbeit der Berechnungsmodus für den Pflichtbereich geändert würde, was indessen nach der Abiturprüfungsverordnung nicht vorgesehen ist. Anders formuliert stellte erst der Ansatz des Klägers die Systemgerechtigkeit einer Kombination aus verpflichtendem und freiwilligem Teil, der lediglich der Verbesserung dienen soll, in Frage.

50

cc) Die Aufteilung der Qualifikationsphase in einen Pflichtbereich und einen freiwilligen Bereich begründet insbesondere keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

51

Der klägerseits vorgetragene Einwand einer Ungleichbehandlung gegenüber Abiturienten anderer Bundesländer, in denen es mangels Einrichtung einer freiwilligen Zusatzleistung nicht zu einer Verschiebung innerhalb des Punktekorridors kommt, sondern die mit der Abiturdurchschnittsnote korrespondiere Durchschnittspunktzahl eine Einordnung an der oberen Grenze des Punktekorridors bewirkt, scheitert bereits daran, dass der Anspruch auf Gleichbehandlung von vornherein nur innerhalb der Grenzen der Rechtsetzungsgewalt der jeweiligen Gebietskörperschaft gilt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. September 1997 – 8 B 185/97 –, juris, Rn. 6 unter Verweis auf BVerfGE 10, 354 [371]; 16, 6 [24]; 21, 54 [68]).

52

Soweit mit Blick auf die beschriebenen Auswirkungen auf die Tabelle zur Umrechnung der Abiturdurchschnittsnote – auch ohne ausdrückliche Rüge des Klägers – innerhalb des Landes ein Vergleich mit Schülern der beruflichen Gymnasien und Kollegs anzustellen ist, begründet auch dieser keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Ungleichbehandlung ist diesbezüglich zwar festzustellen, weil an beruflichen Gymnasien und Kollegs keine freiwillige Leistung vorgesehen und stattdessen ein weiterer verpflichtender Kurs in die Qualifikationsphase einzubringen ist (vgl. § 10 Abs. 9 AbiPO) mit der Folge, dass dort die einer Zehntelnote zuzuordnende Durchschnittspunktzahl an der oberen Grenze des jeweiligen Punktekorridors angesiedelt ist. Der sachliche Grund für die unterschiedliche Behandlung liegt indessen in der verschiedenartigen Ausgestaltung der Einführungsphase, die in Kollegs (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 der Landesverordnung über die Aufnahme und den Bildungsgang an den Kollegs vom 26. Mai 2011, GVBl. S. 129 – mit späteren Änderungen) und an beruflichen Gymnasien (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 der Landesverordnung über das berufliche Gymnasium vom 16. Juni 1997, GVBl. S. 186 – mit späteren Änderungen) im Klassenverband unterrichtet wird, während der Unterricht an Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen bereits in einem Kurssystem von Grund- und Leistungskursen erfolgt (vgl. § 4 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über die gymnasiale Oberstufe (Mainzer Studienstufe) – GymOStV – vom 21. Juli 2010, GVBl. S. 235 – mit späterer Änderung). Dies ist von Bedeutung, weil die im ersten Jahr der Qualifikationsphase in einem der Leistungsfächer anzufertigende Facharbeit (vgl. § 4 Abs. 6 Satz 6 GymOStV) nach den unwidersprochenen Angaben der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung der Vorbereitung in den entsprechenden Kursen der Einführungsphase bedarf. Hinzu kommen die weiteren Unterschiede in der konkreten Ausgestaltung der auch nach dem Schulgesetz unterschiedlichen Schularten (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Nr. 4, Nr. 7 SchulG sowie § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 5 SchulG), die sich beispielweise auch in unterschiedlichen Fächerbelegungen oder Pflichtstundenzahlen niederschlagen.

53

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz ergibt sich schließlich auch nicht innerhalb der Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen bei einem Vergleich der Schüler, die eine (erfolgreiche) Facharbeit in der Qualifikationsphase einbringen, und denjenigen, die keine Facharbeit anfertigen oder die geforderte Mindestpunktzahl nicht erreichen. In Bezug auf den Pflichtbereich ist festzustellen, dass beide hier zum Vergleich stehende Gruppen die 43 verpflichtend einzubringenden Einzelbewertungen nach der Formel EIa = Pa x 40/44 in das Gesamtergebnis der Qualifikationsphase ein- bzw. umgerechnet bekommen, mithin Gleiches gleich behandelt wird. Diese Umrechnung erfolgt unabhängig davon, ob eine Facharbeit eingebracht wird oder nicht. Soweit der Kläger eine unterschiedliche Wertigkeit der in Bundespunkte umzurechnenden Landespunkte rügt, ist dem entgegenzuhalten, dass nach der Abiturprüfungsordnung in der Qualifikationsphase ein Landespunkt rechnerisch immer der Wertigkeit von (gerundet) 0,91 Bundespunkten entspricht. Dies gilt sowohl für die im Pflichtbereich erworbene Punktsumme (EIa) als auch für etwaige Punkte der Facharbeit und unabhängig davon, ob eine Facharbeit eingebracht wird oder nicht. Hinsichtlich der freiwilligen Facharbeit besteht zunächst eine Chancengleichheit dahingehend, dass es – wie der Kläger selbst einräumt – allen Schülern möglich gewesen ist, eine Facharbeit in einem Leistungsfach anzufertigen (vgl. S. 18 der Berufungsbegründungsschrift vom 10. Dezember 2014). Dass im Folgenden eine Ungleichbehandlung dahingehend erfolgt, dass diejenigen, die eine den Vorgaben des § 10 Abs. 8 AbiPO entsprechend Facharbeit einbringen, weitere Punkte in der Qualifikationsphase nach der FormelEIb = Pb x 40/44 erwerben, während die anderen keine Zusatzpunkte (EIb) erhalten, stellt sich anhand des Differenzierungskriteriums Facharbeit als sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung ungleicher Sachverhalte dar. Insoweit ist es das Wesen additiver freiwilliger Leistungen, dass nur derjenige Zusatzpunkte erhält, der die freiwillige Leistung den sonstigen Vorgaben genügend erbringt.

54

dd) Soweit die Kombination aus Pflichtbereich und freiwilliger Leistung in der Qualifikationsphase zu einer grundsätzlich nicht zu beanstandenden Verschiebung innerhalb der Punktekorridore der Gesamtnotenumrechnung führt und die erbrachten Einzelleistungen des Pflichtbereichs leistungsgerecht in der Abiturdurchschnittsnote abgebildet werden, gelangt dieser Ansatz bei einer durchschnittlichen Leistung von 5 Punkten an seine Grenzen. Denn dort ist zum einen in Bezug auf die Abiturdurchschnittsnote kein Punktekorridor vorgesehen und die Mindestpunktzahl von 300 Punkten zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife würde mit einem 5 Punkteschnitt in den verpflichtend zu erbringenden Leistungen nicht erreicht. Zum anderen erlangt insoweit auch das Gesamtergebnis der Qualifikationsphase (EI) ausnahmsweise eine eigenständige Bedeutung, da die zur Zulassung zum Prüfungsbereich erforderliche Mindestpunktzahl von 200 Punkten bei einem Durchschnitt von 5 Punkten im Pflichtbereich der Qualifikationsphase ohne die freiwillige Facharbeit ebenfalls nicht erreicht wird.

55

Angesichts der hier zur Entscheidung stehenden Konstellation, die eine Verbesserung der Abiturdurchschnittsnote von 1,6 auf 1,5 betrifft, bedarf es keiner Entscheidung, ob das durch eine freiwillige Leistung nach § 10 Abs. 8 AbiPO geprägte System bei einem effektiven Punkteschnitt von 5 Punkten gegen allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze oder höherrangiges Recht verstößt, weil ein Prüfling trotz durchschnittlich „ausreichender Leistungen“ (5 Punkte) die Abiturdurchschnittsnote „ausreichend“ (Note 4,0) nicht erreicht bzw. erst gar nicht zum Prüfungsbereich zugelassen wird, oder ob es vom Gestaltungsspielraum des Normgebers gedeckt ist, die Summe von Einzelleistungen, die sich im Durchschnitt als ausreichend darstellen, abweichend von einem arithmetischen Mittel im Gesamtleistungsbild als mangelhaft anzusehen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 9. Januar 1978 – 7 B 91/76 –, juris, Rn. 15; Beschluss vom 16. August 1985 – 7 B 51/85 u.a. –, juris, Rn. 16). Die hier nicht zu entscheidende rechtliche Behandlung derartiger Fälle stellt jedenfalls das Gesamtsystem aus verpflichtendem und freiwilligem Bereich an Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen nicht in Frage. Hinzu kommt die faktische Erwägung, dass Prüflinge, die im Bereich einer durchschnittlichen Punktzahl von 5 Punkten liegen, häufig mit anderen beschränkende Vorgaben der Prüfungsordnung in Konflikt geraten, denen zufolge in der Qualifikationsphase höchsten sieben Kurse mit weniger als 5 Punkten eingebracht werden können (§ 10 Abs. 10 Satz 5 AbiPO) und im Prüfungsbereich in mindesten zwei bzw. drei Prüfungsfächern mindestens 5 Punkte erreicht werden müssen (§ 12 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 AbiPO). Nach Angaben der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung scheiterten Schüler in diesem Punktebereich in der Praxis typischerweise an den Beschränkungen des § 10 Abs. 10 Satz 5 AbiPO und die Frage, ob ein Prüfling mit durchschnittlich 5 Punkten im Pflichtbereich und ohne Facharbeit zum Prüfungsbereich zugelassen werde, sei eher theoretischer Natur und bislang praktisch nicht relevant geworden.

56

3. Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

57

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

58

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen, insbesondere die für eine revisionsgerichtliche Klärung allein bedeutsame Auslegung der bundes- oder verfassungsrechtlichen Maßstabsnormen vorliegend keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. zur Abgrenzung zu klärungsbedürftigem, indes nicht revisiblem Landesrecht, BVerwG, Beschluss vom 16. Juni 2011 – 9 BN 4/10 –, juris, Rn. 7, m.w.N.).

Beschluss

59

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz auf 5.000,- € festgesetzt.

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Juni 2015 - 2 A 10910/14

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Juni 2015 - 2 A 10910/14

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Juni 2015 - 2 A 10910/14 zitiert 11 §§.

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

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(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

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Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Juni 2015 - 2 A 10910/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Gründe 1 Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
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Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. August 2015 - 5 K 2479/15 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert wird unter Änderung de

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Gründe

1

Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

Die Beschwerde hält folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:

"Grundsatzfrage 1:

Ist die Möglichkeit, von einem Grundstück eine Zugangs- oder Abfahrtsmöglichkeit zu einer vorhandenen Straße, einem Weg oder Platz zu haben, nach deren Ausbau ein "Vorteil", der eine Gemeinde berechtigt bzw. berechtigen kann, nur von den Eigentümern dieser Grundstücke (Anliegergrundstücke) und nicht sonstigen Nutzern einen Beitrag (Straßenausbaubeitrag) zu verlangen?

Ist eine gemeindliche Straßenbaubeitragssatzung, die durch ein Landeskommunalabgabengesetz dazu berechtigt und/oder verpflichtet wird, mit dem Grundgesetz (Gleichheitssatz/Äquivalenzprinzip) vereinbar?

Ist das entsprechende Landeskommunalabgabengesetz mit dem Grundgesetz vereinbar?

Grundsatzfrage 2:

Schließt Artikel 3 GG i.V.m. Artikel 1, Artikel 2, Artikel 14, Artikel 20 GG es aus, dass - gestützt auf ein Landesgesetz - hier § 8 KAG-SH - eine gemeindliche Straßenbaubeitragssatzung über die Deckung des Aufwandes für den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von vorhandenen Ortsstraßen i.S.d. § 242 BauGB, die Gemeinde berechtigt, für den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von vorhandenen Ortsstraßen i.S.d. § 242 BauGB Beiträge von Grundeigentümern zu erheben, denen der Ausbau, die Erneuerung und/oder der Umbau solche 'Vorteile' bringen soll?

Grundsatzfrage 3:

Schließt Artikel 3 GG i.V.m. Artikel 1, Artikel 2, Artikel 14, Artikel 20 GG das Recht einer Gemeinde aus, aufgrund einer Straßenbaubeitragssatzung i.V.m. einem Kommunalabgabengesetz, von Grundeigentümern, deren Grundstücke an vorhandenen Ortsstraßen gelegen sind, Beiträge für Vorteile dafür zu verlangen, dass die Straßen ausgebaut werden und aufgrund der räumlich engen Beziehung der Grundstücke zur Straße erfahrungsgemäß angenommen werden könne, dass von ihnen aus die Straße in stärkerem Umfang in Anspruch genommen werden könne, als von anderen Grundstücken und dies zu einer Steigerung ihres Gebrauchswertes führe?

Grundsatzfrage 4:

Schließt Artikel 3 GG i.V.m. Artikel 1, Artikel 2, Artikel 14, Artikel 20 GG es aus, dass eine Rechtsprechung die Gemeinden berechtigt, für den Ausbau, für die Erneuerung und den Umbau von vorhandenen Ortsstraßen i.S.d. § 242 BauGB aufgrund einer Satzung der Gemeinde i.V. gestützt auf ein Landesgesetz, Beiträge von Grundeigentümern für einen Vorteil zu verlangen, wenn der Vorteil nur darin besteht, dass die Grundstückseigentümer die Möglichkeit haben, die ausgebaute, erneuerte oder umgebaute Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs zu nutzen, wie alle anderen Nutzer auch?

Grundsatzfrage 5:

Schließt Artikel 3 GG i.V.m. Artikel 1, Artikel 2, Artikel 14, Artikel 20 GG es aus, dass eine gemeindliche Straßenbaubeitragssatzung i.V.m. einem Kommunalabgabengesetz eines Landes das Recht begründet, Beiträge für die Nutzung bzw. die Möglichkeit einer Nutzung einer ausgebauten, erneuerten oder umgebauten Straße allein von den Grundeigentümern zu verlangen, von deren Grundstücken die Möglichkeit der Zu- und Abfahrt zu der Straße besteht, wenn der Vorteil allein darin besteht, dass die Grundstückseigentümer die Möglichkeit haben, die ausgebaute, erneuerte oder umgebaute Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs zu nutzen, wie alle anderen Nutzer auch?

Grundsatzfrage 6:

Schließt Artikel 3 GG i.V.m. Artikel 1, Artikel 2, Artikel 14, Artikel 20 GG es aus, im Straßenausbaubeitragsrecht einen Beitrag für einen Vorteil zu verlangen, der dem Grundstück durch den Ausbau der öffentlichen Einrichtung Straße deshalb zuwachsen soll, weil es zur Straße in einer besonderen räumlich engen Beziehung steht und diese bestimmten Grundstücke sich von allen anderen darin unterscheiden, dass aufgrund ihrer räumlich engen Beziehung zur Einrichtung erfahrungsgemäß angenommen werden könne, dass von ihnen aus die Verkehrseinrichtung in stärkerem Umfang in Anspruch genommen werden könne, als von anderen Grundstücken und dass dies zu einer Steigerung ihres Gebrauchswertes führt, obwohl die nicht messbar ist?

Grundsatzfrage 7:

Darf die Verwaltungsrechtsprechung von den Erkenntnissen der Finanzwissenschaft und der Steuerrechtswissenschaft, die für die Gestaltung und die rechtliche Ausgestaltung des öffentlichen Abgabesystems (primär) zuständig sind, abweichen? Darf sie die Regeln und Prinzipien, die der gerechten Belastung der Bürger dienen, hier insbesondere das Äquivalenzprinzip, eigenmächtig ausweiten, wenn das aus der Sicht der Finanzwissenschaftler und Steuerrechtler zu willkürlich erhobenen Beiträgen führt?

Grundsatzfrage 8:

Schließen das Äquivalenzprinzip und damit Artikel 3 GG es aus, Beiträge zu erheben, wenn ein fiktiver Vorteil behauptet wird, der aus einer räumlich engen Beziehung der Grundstücke zur Straße bestehe, die zu einer stärkeren Inanspruchnahme der Straße führe, obwohl der Straßenausbau die Häufigkeit der Nutzung der Straße nicht beeinflusst?

Grundsatzfrage 9:

Schließen das Äquivalenzprinzip i.V.m. Artikel 3 GG es aus, Beiträge zu erheben, wenn ein fiktiver Vorteil aus einem Vergleich der Grundstücke an einer ausgebauten Straße mit Grundstücken abgeleitet wird, die vom Ausbau nicht betroffen sind?"

3

Der vorstehende Katalog von - überwiegend inhaltsgleichen, sich lediglich in der Akzentuierung von Begründungselementen unterscheidenden - Fragen und die umfängliche Beschwerdebegründung können dahingehend zusammengefasst werden, dass die Beschwerde die Frage geklärt haben will, ob die vorgenannten Bestimmungen des Grundgesetzes, namentlich Art. 3 Abs. 1 GG, und das Äquivalenzprinzip die Erhebung von Ausbaubeiträgen mangels eines zurechenbaren und messbaren Vorteils der Anlieger ausschließen. Die Beschwerde zielt auf den Vorteilsbegriff. Sie verneint bereits dem Grunde nach, dass einem Straßenanlieger durch eine Straßenausbaumaßnahme ein die Beitragserhebung legitimierender Vorteil zuteil wird. Sie hält einen solchen Vorteil für "rein fiktiv" und "konstruiert", zum einen weil er aus einem unzulässigen Vergleich mit Grundstücken (an anderen Straßen) abgeleitet werde, die von dem Ausbau nicht betroffen seien; zum anderen fehle es an einer häufigeren Nutzung und damit an einer gesteigerten Inanspruchnahme der Straße durch die Beitragspflichtigen sowie an einer Steigerung des Gebrauchswertes. Gestützt auf Stimmen aus der Finanzwissenschaft und Steuerrechtslehre vertritt die Beschwerde die Ansicht, dass bei öffentlichen Gütern, zu denen auch Straßen im Gemeingebrauch zählten, eine messbare Vorteils- und Nutzungszurechnung nicht möglich sei (Beschwerdebegründung S. 36 f.). Deshalb sei eine strengere Interpretation des Äquivalenzprinzips erforderlich (Beschwerdebegründung S. 38).

4

Damit wird eine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts nicht in der erforderlichen Weise dargetan (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

5

1. Der in § 8 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein (KAG S-H) - wie auch in vergleichbaren Landesgesetzen - enthaltene Begriff des "Vorteils", der eine Beitragspflicht der Anlieger zu einem Straßenausbau begründet, gehört dem gemäß § 137 Abs. 1 VwGO nichtrevisiblen Landesrecht an. Eine Zulassung der Revision zur Klärung von Fragen zum kommunalabgabenrechtlichen Vorteilsbegriff kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. Beschlüsse vom 28. Januar 1976 - BVerwG 7 B 1.76 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 7 S. 7 und vom 14. Februar 1977 - BVerwG 7 B 161.75 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 9 S. 10 ).

6

2. Die von der Beschwerde formulierten Fragen gewinnen auch nicht dadurch grundsätzliche Bedeutung und werden nicht dadurch zu solchen des revisiblen Rechts, dass die Beschwerde die Vereinbarkeit der genannten landesrechtlichen Norm (teilweise unter Hinweis auf ihre Ergänzung durch kommunales Satzungsrecht und die hierzu ergangene Rechtsprechung) mit dem Grundgesetz in Zweifel zieht.

7

Wird im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde die Unvereinbarkeit von Landesrecht (in der für das Revisionsgericht maßgeblichen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht) mit Bundes(verfassungs)recht gerügt, so kann sich daraus ein Bedarf an revisionsgerichtlicher Klärung nur ergeben, wenn die Auslegung der bundes(verfassungs)rechtlichen Maßstabsnorm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, nicht aber, wenn allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 15. Dezember 1989 - BVerwG 7 B 177.89 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277 S. 20 und vom 14. September 2006 - BVerwG 9 B 2.06 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 44 Rn. 5 m.w.N.). Dem hieran auszurichtenden Darlegungserfordernis wird nicht schon dadurch genügt, dass die maßgeblichen Vorschriften des irrevisiblen Landesrechts als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen werden. Vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, gegen welche Verfassungsnormen verstoßen wird und inwiefern sich   b e i   d e r   A u s l e g u n g   dieser bundes(verfassungs)rechtlichen   M a ß s t a b s n o r m   Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich nicht auf der Grundlage bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung beantworten lassen (Beschluss vom 2. Februar 2011 - BVerwG 6 B 37.10 - NVwZ 2011, 507 Rn. 4 m.w.N.).

8

a) Was die von der Beschwerde angeführten Maßstäbe des Bundes(verfassungs)rechts betrifft, ist vorab festzuhalten:

9

aa) Es ist höchstrichterlich geklärt, dass es keinen einheitlichen, bundes(verfassungs)rechtlich vorgegebenen Begriff des Beitrags gibt, an den die Bundes- oder Landesgesetzgebung gebunden wäre (Urteil vom 14. April 1967 - BVerwG 4 C 179.65 - BVerwGE 26, 305 <309> = Buchholz 401.80 Preuß. Verwaltungsgebührengesetz <1923> Nr. 1 S. 7 und Beschluss vom 14. Februar 1977 a.a.O.). Allerdings ist der kommunale Beitrag durch bestimmte Tatbestandsmerkmale gekennzeichnet: Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Gegenleistung: Das Gemeinwesen stellt eine besondere Einrichtung zur Verfügung. Wer davon besonderen wirtschaftlichen Nutzen hat, soll zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen. Hiernach ist der Gedanke der Gegenleistung, des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten, der den Beitrag abgaben-, aber auch verfassungsrechtlich legitimierende Gesichtspunkt. Dies bestimmt auch die rechtliche Gestaltung, vor allem die Abgrenzung des Kreises der Beitragspflichtigen und den Veranlagungsmaßstab. Beitragspflichtig können nur diejenigen sein, die besondere Vorteile von der gemeindlichen Einrichtung haben (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20. Mai 1959 - 1 BvL 1, 7/58 - BVerfGE 9, 291 <297 f.>, vom 16. Oktober 1962 - 2 BvL 27/60 - BVerfGE 14, 312 <317> und vom 26. Mai 1976 - 2 BvR 995/75 - BVerfGE 42, 223 <228>; ähnlich bereits Beschluss vom 4. Februar 1958 - 2 BvL 31, 33/56 - BVerfGE 7, 244 <254 ff.>). Dabei reicht die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme (potentielle Inanspruchnahme) der Einrichtung durch die Beitragspflichtigen aus (BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 1995 - 1 BvL 18/93 und 5, 6, 7/94, 1 BvR 403, 569/94 - BVerfGE 92, 91 <115>).

10

bb) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist weiter geklärt, dass der von der Beschwerde thematisierte allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und das ebenso angesprochene Äquivalenzprinzip als auf den Beitrag bezogener Ausdruck des allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. Urteil vom 24. September 1987 - BVerwG 8 C 28.86 - NVwZ 1988, 159 <160>) dem Satzungsgeber bei der Erhebung und Bemessung von Beiträgen nur sehr weite Grenzen setzen, die insbesondere nicht mit denjenigen des von der Beschwerde hervorgehobenen Vorteilsprinzips identisch sind (Beschlüsse vom 30. April 1996 - BVerwG 8 B 31-32.96 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 37 S. 5 und vom 22. März 2007 - BVerwG 10 BN 5.06 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 49 Rn. 9). Dabei besagt das Äquivalenzprinzip lediglich, dass der Beitrag nicht in einem Missverhältnis zu dem von der Verwaltung erbrachten Vorteil stehen darf und nur bei einer gröblichen Störung des Ausgleichsverhältnisses zwischen Beitrag und dem einem Grundstück vermittelten Vorteil verletzt ist (Urteil vom 24. September 1987 a.a.O.).

11

cc) In ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt ist weiter, dass es dem Normgeber (Satzungsgeber) gestattet ist, abgabenrechtliche Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird (vgl. etwa Urteil vom 25. August 1982 - BVerwG 8 C 54.81 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 20 S. 4). Dabei kann er sich auch auf Erfahrungstatsachen stützen und mit Wahrscheinlichkeitsmaßstäben arbeiten. Geklärt ist schließlich, dass derartige Pauschalierungen und Typisierungen unter den Maßgaben der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit widersprechen (vgl. Beschluss vom 30. April 2009 - BVerwG 9 B 60.08 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 57 Rn. 4 f.).

12

b) Hiervon ausgehend genügt die Beschwerde und ihre Begründung in mehrfacher Hinsicht nicht den Anforderungen an die Darlegung eines bundesrechtlichen Klärungsbedarfs.

13

Dafür reicht es nicht aus, in Frage zu stellen, ob die landes- und satzungsrechtlich begründete Beitragspflicht für Straßenausbaumaßnahmen "mit dem Grundgesetz vereinbar" ist (Frage 1 a.E.), oder eine Kette von Grundgesetz-Artikeln aneinanderzureihen (Fragen 2 bis 6). Damit wird nicht aufgezeigt, inwieweit hinsichtlich der von der Beschwerde angeführten bundes(verfassungs)rechtlichen Maßstabsnormen über den bislang erreichten Stand höchstrichterlicher Rechtsprechung hinaus weiterer Klärungsbedarf besteht. Das gilt auch, soweit die Beschwerde Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtfertigung nichtsteuerlicher Abgaben (Beschwerdebegründung S. 25 f.) und zum allgemeinen Gleichheitssatz anführt (Beschwerdebegründung S. 27). Vielmehr erschöpft sich die Beschwerdebegründung - nach Darstellung des Ablaufs des Normenkontrollverfahrens (Beschwerdebegründung S. 3 bis 12), der Begründung des angefochtenen Urteils (Beschwerdebegründung S. 12 bis 16), der Auflistung der Grundsatzfragen (Beschwerdebegründung S. 17 bis 19) sowie der Rechtsprechung und Literatur zum Vorteilsbegriff im Straßenausbaubeitragsrecht (Beschwerdebegründung S. 20 bis 23) - nach Art eines zulassungsfreien oder zugelassenen Rechtsmittels in einer allgemeinen Kritik der Ausbaubeitragspflicht von Anliegergrundstücken (Beschwerdebegründung S. 24, 28 bis 40). Der Kern dieser Kritik ist oben (Rn. 3 dieses Beschlusses) zusammengefasst. Diese Kritik betrifft indes Landesrecht, nämlich die Annahme eines die Beitragserhebung legitimierenden Vorteils und die zutreffende Bestimmung des Kreises der Beitragspflichtigen sowie des Beitragsmaßstabs durch die jeweilige Satzung. Ein Klärungsbedarf hinsichtlich der erwähnten bundesrechtlichen Maßstabsnormen wird damit nicht dargetan.

14

Namentlich wird damit nicht aufgezeigt, warum Art. 3 Abs. 1 GG eine strengere Interpretation des Äquivalenzprinzips erfordere. Das Oberverwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil ausgeführt (vgl. KStZ 2010, 211 = NordÖR 2011, 174), dass im Ausbaubeitragsrecht aufgrund der "räumlich engen Beziehung" der Grundstücke zu der auszubauenden Straße "erfahrungsgemäß angenommen werden kann, dass von ihnen aus die Verkehrseinrichtung in stärkerem Umfang in Anspruch genommen werden kann als von anderen Grundstücken und dass dies zu einer Steigerung ihres Gebrauchswertes führt, die für die anderen Grundstücke nicht in vergleichbarer Weise eintritt" (UA S. 9 unten). Es hat die von der Beschwerde verlangte "Konkretisierung des Vorteilsbegriffs" - in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung - damit zurückgewiesen, dass dem Satzungsgeber ein Gestaltungsspielraum zukomme, nach welchen Maßgaben im Einzelnen die Anliegervorteile zu bemessen und wie diese von den Vorteilen der Allgemeinheit abzugrenzen seien. Dieser Gestaltungsspielraum sei nur mit Blick auf die Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes sowie allgemeiner verfassungsrechtlicher Prinzipien, etwa die aus Art. 3 GG abzuleitenden Gebote der Abgabengerechtigkeit und Abgabengleichheit zu überprüfen (UA S. 10 Mitte). Dieser Prüfung hat das Oberverwaltungsgericht die angefochtene Satzung im Einzelnen unterzogen (UA S. 10 bis 15). Auf diese "Feinprüfung", die den erwähnten Prinzipien gerade gerecht werden soll, geht die Beschwerde mit keinem Wort ein.

15

Die Kritik der Beschwerde erschöpft sich letztlich darin, dass sie dem auf einer typisierenden Betrachtung ("erfahrungsgemäß") beruhenden Vorteilsbegriff des § 8 KAG S-H in der für das Revisionsgericht bindenden Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (Möglichkeit der gesteigerten Inanspruchnahme und Gebrauchswertsteigerung der Anliegergrundstücke aufgrund ihrer engen räumlichen Beziehung zur Straße) ihre gegenteilige Ansicht entgegensetzt, wonach bei Straßen im Gemeingebrauch eine derartige Vorteils- oder Nutzenzurechnung nicht möglich sei. Dies ist kein tauglicher Weg, um eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu erreichen. Mit ihrer These von der Unmöglichkeit der Vorteils- oder Nutzenzurechnung im Straßenbaubeitragsrecht geht die Beschwerde von tatsächlichen Annahmen aus, zu denen keine entsprechenden Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass der Vorteil der Beitragspflichtigen "nur darin besteht, dass die Grundstückseigentümer die Möglichkeit haben, die ausgebaute (...) Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs zu nutzen, wie alle anderen Nutzer auch" (Frage 4). Es hat vielmehr den die Beitragserhebung legitimierenden Vorteil auch in der mit dem Straßenausbau verbundenen Steigerung des Gebrauchswerts des Grundstücks gesehen. Es hat auch nicht festgestellt, dass diese Steigerung des Gebrauchswertes "nicht messbar" sei (Frage 6 a.E.).

16

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beschwerde sich zur Begründung ihrer These auf Meinungen in der Finanzwissenschaft und Steuerrechtslehre stützt (Beschwerdebegründung S. 36 bis 38). Es trifft schon im Ausgangspunkt nicht zu, wenn die Beschwerde die Finanzwissenschaft und Steuerrechtslehre als "für die Gestaltung und die rechtliche Ausgestaltung des öffentlichen Abgabensystems (primär) zuständig" bezeichnet (Frage 7). Dies sind sie nicht. Diese Aufgabe kommt nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes allein dem dafür demokratisch legitimierten Normgeber (auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene) zu. Dessen normative Festlegungen (hier: das Vorteilserfordernis als Voraussetzung einer Beitragserhebung) sind im Falle eines Rechtsstreits, sofern die Normen auslegungsbedürftig sind, von den Gerichten ggf. näher zu konkretisieren. Der Finanzwissenschaft und Steuerrechtslehre kommt hierbei nicht mehr und nicht weniger als eine dienende, Gesetzgebung und Rechtsprechung im besten Falle bereichernde Rolle zu. Soweit also in der von der Beschwerde zitierten Literatur die Ansicht vertreten wird, dass der Nutzen des Einzelnen bei vom Gemeinwesen bereit gestellten öffentlichen Gütern, namentlich bei Straßen im Gemeingebrauch, "nicht praktikabel messbar und individuell zurechenbar" sei (Beschwerdebegründung S. 38), so ist dies gewiss   e i n e   (beachtliche) Meinung. Dies ändert für die hier in Rede stehende Frage der Zulassung der Revision aber nichts daran, dass hierzu keinerlei Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts vorliegen. Auch wird von der Beschwerde mit keinem Wort erwogen, ob die von ihr angezweifelte Vorteils- und Nutzenzurechnung mit Blick auf den weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Normgebers (Satzungsgebers) und dessen Befugnis zur Typisierung und Pauschalierung von Lebenssachverhalten nicht gleichwohl verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein kann.