Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 25. Juli 2018 - 10 A 10433/18
Gericht
Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 6. März 2018 zuzulassen, wird abgelehnt.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladen, zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungszulassungsverfahren auf 15.000,00 € festgesetzt.
Gründe
- 1
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, da keiner der von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.
- 2
I. Dem Zulassungsvorbringen, auf welches sich die Prüfung des Senats aufgrund des § 124a Abs. 4 Satz 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - beschränkt, lassen sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht entnehmen. Auch sonst sind solche nicht ersichtlich. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen die kommunalaufsichtliche Anordnung des Beklagten vom 13. Oktober 2016 zu Recht abgewiesen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist der Senat zunächst gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Zum Antragsvorbringen wird ergänzend ausgeführt:
- 3
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist Rechtsgrundlage für die Verfügung vom 13. Oktober 2016 ausschließlich § 122 Gemeindeordnung – GemO –. Danach kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass die Gemeinde innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche veranlasst, wenn sie - die Gemeinde - die ihr gesetzlich obliegenden Pflichten und Aufgaben nicht erfüllt. Voraussetzung für den Erlass einer Anordnung im Sinne des § 122 GemO ist demnach das Unterlassen einer gesetzlichen Pflicht, hier die Feststellung der Jahresabschlüsse 2011 und 2012 sowie die Entlastungen des ehemaligen Ortsbürgermeisters, des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde sowie der Beigeordneten gemäß § 114 Abs. 1 GemO. Soweit die Beklagte im Tenor des angefochtenen Bescheides zunächst die dies ablehnenden Beschlüsse des Gemeinderats der Klägerin vom 25. Juni 2015, 22. Februar 2016 und 19. Mai 2016 beanstandet und den Gemeinderat aufgefordert hat, diese aufzuheben, beruht dies nicht auf einer zusätzlichen Anwendung des § 121 Satz 1 GemO. Nach dieser Vorschrift kann die Aufsichtsbehörde Beschlüsse des Gemeinderats und seiner Ausschüsse sowie Maßnahmen der Gemeindeverwaltung, die das bestehende Recht verletzen, beanstanden und verlangen, dass sie innerhalb einer von ihr bestimmten Frist aufgehoben werden. Gegenstand des § 121 GemO ist demnach ein positives Tun des Gemeinderats oder der Gemeindeverwaltung (vgl. Oster, in: Kommunalverfassungsrecht Rheinland-Pfalz, Anm. 1 zu § 121 GemO). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil der Gemeinderat die Feststellung der Jahresabschlüsse und die Entlastungen verweigert und damit positive Beschlüsse gerade unterlassen hat. Deshalb stellen die Beanstandung der ablehnenden Gemeinderatsbeschlüsse sowie die Aufforderung, diese aufzuheben, unselbstständige Teile der Anordnung der Feststellung der Jahresergebnisse 2011 und 2012 sowie der Entlastungen dar (vgl. Oster, a.a.O., Anm. 1.1 zu § 122 GemO).
- 4
2. Die angefochtene Anordnung vom 13. Oktober 2016 ist, da sie ihre Rechtsgrundlage allein in § 122 GemO und nicht auch in § 121 GemO findet, im Hinblick auf die Fristsetzung und auch sonst weder widersprüchlich noch unbestimmt. Bei sachgerechter Auslegung ergibt sich insbesondere, dass sich diese Fristsetzung nicht nur auf die Aufforderung, die Jahresabschlüsse festzustellen und Entlastung zu erteilen, sondern auch auf die Aufhebung der vorangegangenen ablehnenden Beschlüsse erstreckt.
- 5
3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausübung des kommunalaufsichtlichen Anordnungsrechtes nach § 122 GemO liegen vor. Mit der Weigerung, die Jahresergebnisse 2011 und 2012 festzustellen und die Amtsträger insoweit zu entlasten, hat der Gemeinderat als Organ der Gemeinde eine ihr obliegende Pflicht rechtswidrig nicht erfüllt. Denn der Gemeinderat ist gemäß § 114 Abs. 1 GemO zur Feststellung der Jahresabschlüsse und zur Entlastung verpflichtet, wenn die Prüfung keine Anhaltspunkte dafür ergeben hat, dass die Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 und 2 GemO nicht vorliegen.
- 6
a) Nach der Rechtsprechung des beschließenden Gerichts berechtigt § 122 GemO die Aufsichtsbehörde, Anordnungen auch bei Pflichtverletzungen der Organe einer Selbstverwaltungskörperschaft zumindest dann zu erlassen, wenn zugleich eine Verletzung einer der Körperschaft obliegenden Verpflichtung vorliegt (vgl. OVG RP, Urteile vom 4. Juli 1960 – 1 C 3/60 und 1 C 9/60 –, AS 78 [88 ff.]). Im vorliegenden Fall erfüllt der Gemeinderat im Rahmen der Rechnungsprüfung ebenso wie beim Erlass der Haushaltssatzung nach § 97 Abs. 2 GemO eine gesetzliche Pflicht, welche der Gemeinde als Körperschaft obliegt. Denn mit der Feststellung des Jahresergebnisses und der Entlastung der Amtsträger wird das Haushaltsjahr formal abgeschlossen. Dabei handelt der Gemeinderat als Organ für die Gemeinde, unabhängig davon, ob die entsprechenden Beschlüsse Rechtswirkung nach außen entfalten. Jedenfalls dokumentiert die Gemeinde durch die vom Gemeinderat nach § 114 Abs. 1 GemO getroffenen und nach § 114 Abs. 2 GemO öffentlich bekannt zu machenden Entscheidungen, dass - unabhängig vom Fortbestehen der Möglichkeit etwaiger zivil-, straf- oder disziplinarrechtlicher Maßnahmen – jedenfalls haushaltswirtschaftliche und haushaltsrechtliche Beanstandungen nicht mehr erhoben werden können.
- 7
b) Bei der Beantwortung der Frage, ob die Prüfung der Jahresabschlüsse ergeben hat, dass die Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 und 2 GemO vorliegen, kommt es auf den vom Gemeinderat und vom Rechnungsprüfungsausschuss nach eigenem Ermessen festgelegten Inhalt und Umfang der Prüfung sowie allein auf die im Rechnungsprüfungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse an. Denn gemäß § 112 Abs. 4 GemO kann der Rechnungsprüfungsausschuss die für eine sorgfältige Prüfung notwendigen Aufklärungen und Nachweise verlangen sowie die Prüfung nach pflichtgemäßem Ermessen beschränken und auf die Vorlage einzelner Prüfunterlagen verzichten. Sollte dem Gemeinderat die Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss nicht ausreichen, ist er aufgrund seiner Letztentscheidungsbefugnis nach § 114 Abs. 1 GemO berechtigt, dem Rechnungsprüfungsausschuss aufzugeben, die Vorlage und Prüfung weiterer Akten zu verlangen. Die Ausübung seines Akteneinsichtsrechts durch den Gemeinderat selbst sieht das Gesetz im Rahmen der Rechnungsprüfung ebenso wenig vor wie nach § 33 Abs. 3 Satz 2 GemO. Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Beschluss des Senats vom 4. Oktober 2013 – 10 A 10631/13.OVG – (AS 42, 39 <39 ff.>). Denn auch danach kann der Gemeinderat sein Akteneinsichtsrecht nicht selbst wahrnehmen, sondern sich dabei nur des Rechnungsprüfungsausschusses bedienen. Materiell-rechtlich erstreckt sich das Akteneinsichtsrecht gemäß § 112 Abs. 4 Nr. 1 GemO auf die für eine sorgfältige Prüfung notwendigen Akten. Darüber hinaus müssen der Gemeinderat und der Rechnungsprüfungsausschuss kein berechtigtes Interesse an der Aktenvorlage darlegen.
- 8
Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Gemeinderat der Klägerin die Ablehnung der Feststellung der Jahresabschlüsse 2011 und 2012 sowie der entsprechenden Entlastungen nicht darauf stützen konnte, dem Rechnungsprüfungsausschuss seien bestimmte Akten unter Verstoß gegen § 112 Abs. 4 Nr. 1 GemO nicht vorgelegt worden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses nach der Sitzung vom 4. März 2015 die Akte „Stichstraße Obersehr“ am 22. Mai 2015 eingesehen haben. Soweit die Klägerin nach Erlass der angefochtenen Verfügung mit Schriftsatz vom 23. Juni 2017 auch Einsicht in die Akten „Jugendzeltplatz Lampaden“ und „Beseitigung eines Überschwemmungsschadens an der Ruwer“ begehrt hat, ist dies nicht im Rahmen der Rechnungsprüfung geschehen, sondern vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemacht worden. Dies reicht nicht, um diese Akten zum Gegenstand des Rechnungsprüfungsverfahrens zu machen. Vielmehr wäre hierzu erforderlich gewesen, dass der Rechnungsprüfungsausschuss oder der Gemeinderat durch den Rechnungsprüfungsausschuss bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides, dem nach der zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen kommunalaufsichtlichen Anordnung, die Vorlage dieser Akten zur Prüfung gemäß § 112 Abs. 4 GemO verlangt hätten.
- 9
c) Die vom Gemeinderat der Klägerin geltend gemachten Gründe sind inhaltlich nicht tragfähig, um die Feststellung der Jahresabschlüsse 2011 und 2012 sowie die Entlastungen zu verweigern. Maßstab ist insoweit § 113 Abs. 1 und 2 GemO. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 GemO muss der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gemeinde unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung für die Gemeinde vermitteln. Damit wird das Prüfungsziel in tatsächlicher Hinsicht umschrieben und betrifft nur die Frage, ob die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung beim Haushaltsvollzug beachtet wurden. Dies ist der Fall, wenn der Jahresabschluss eine vollständige und zutreffende Darstellung aller erheblichen Tatsachen als Grundlage für die Aussagekraft und Belastbarkeit des Jahresabschlusses beinhaltet (vgl. Drysch, in Kommunalverfassungsrecht Rheinland-Pfalz, Anm. 6.1 zu § 113 GemO). In rechtlicher Hinsicht schreibt § 113 Abs. 1 Satz 2 GemO vor, dass sich die Prüfung auch darauf erstreckt, ob die gesetzlichen Vorschriften sowie die sie ergänzenden Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind. Damit sind insbesondere die Gemeindeordnung, das Handelsgesetzbuch, die Gemeindehaushaltsverordnung, die Haushaltssatzung und der Haushaltsplan gemeint (vgl. Drysch, a.a.O., Anm. 6.2 zu § 113 GemO). Schließlich bezieht sich die Prüfung nach § 113 Abs. 2 GemO auch darauf, ob der Rechenbericht mit dem Jahresabschluss und den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen in Einklang steht und ob seine Angaben nicht eine falsche Vorstellung von der Vermögens-, Finanz- und Ertragskraft der Gemeinde erwecken. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung zutreffend dargestellt sind. Sämtliche, dieser sich auf die tatsächliche Richtigkeit und Rechtmäßigkeit des Haushaltsvollzuges beziehenden Maßstäbe schließen es aus, die Rechnungsprüfung für eine allgemeine Rechts- und Zweckmäßigkeits- oder gar für eine politische Kontrolle zu nutzen (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Rn. 5 zu Art. 102 GO).
- 10
Hiervon ausgehend sind im Rechnungsprüfungsverfahren, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Ratsmitglieds A... in der Gemeinderatssitzung am 25. Juni 2015, keine Gründe geltend gemacht worden, welche die Verweigerung der Feststellung der Jahresabschlüsse 2011 und 2012 sowie der Entlastungen rechtfertigen.
- 11
Dass die Jahresabschlüsse für die Jahre 2011 und 2012 nicht innerhalb der Frist des § 108 Abs. 4 aufgestellt und die Prüfungen nicht fristgerecht nach § 114 Abs. 1 GemO abgeschlossen wurden, rechtfertigt nicht die Verweigerung der Feststellung der Jahresabschlüsse und der Entlastungen. Bei den angegebenen Bestimmungen handelt es sich um Ordnungsvorschriften, die einen zeitnahen Abschluss der Rechnungsprüfung sicherstellen sollen, nicht jedoch um Ausschlussfristen, welche eine Nachholung der Rechnungsprüfung und der Entlastung nach Fristablauf verhindern wollen (vgl. Drysch, a.a.O., Anm. 3.5 zu § 114 GemO). Rechtlich unerheblich ist im vorliegenden Fall auch die Frage nach der Einhaltung des § 114 Abs. 2 GemO. Die in dieser Vorschrift vorgesehene öffentliche Bekanntmachung der Beschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses und über die Entlastung sowie die Auslegung der in § 114 Abs. 2 Satz 2 GemO genannten Berichte stehen am Ende der Rechnungsprüfung und können deshalb eine Verweigerung der zuvor zu fassenden Beschlüsse durch den Gemeinderat von vornherein nicht rechtfertigen.
- 12
Der Einwand gegen die Höhe der Verschuldung der Klägerin und dagegen, dass „Schulden mit Schulden zurückgezahlt würden“ besagt nicht, dass die Jahresabschlüsse die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage unzutreffend darstellen oder den rechtlichen Anforderungen nicht entsprechen. Er erschöpft sich vielmehr in einer allgemeinen politischen Aussage, welche sich nicht auf die Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 und 2 GemO bezieht.
- 13
Der Vorwurf eines Ratsmitgliedes, die Kommunalaufsicht habe Verstöße gegen §§ 103, 113 GemO nicht dulden dürfen, ist bereits unsubstantiiert und zeigt im Übrigen keine Fehler im Haushaltsvollzug auf.
- 14
Die fehlende Aufnahme von Einwendungen des Ratsmitgliedes A... und seines Antrags auf Einsicht in die Akte „Stichstraße Obersehr“ in die Niederschrift über die Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses vom 4. März 2015 lässt nicht die Schlussfolgerung zu, dass die Jahresabschlüsse den Anforderungen des § 113 Abs. 1 und 2 GemO nicht entsprechen, zumal der Rechnungsprüfungsausschuss diese Akte am 22. Mai 2015 tatsächlich eingesehen hat und der Gemeinderat sich die Ausführungen des Ratsmitgliedes A... mit der Ablehnung der Feststellung der Jahresabschlüsse und der Entlastungen mehrheitlich zu Eigen gemacht hat.
- 15
Soweit die Klägerin hinsichtlich der „Stichstraße Obersehr“ Fehler im Vergabeverfahren geltend macht, ist auch dieses Vorbringen unsubstantiiert und lässt keinen Rückschluss auf einen nicht ordnungsgemäßen Haushaltsvollzug zu, obwohl die Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses Einsicht in die entsprechenden Akten nehmen konnten. Im Übrigen hätte die Möglichkeit bestanden, dass der Gemeinderat über den Rechnungsprüfungsausschuss weitere Aufklärung verlangt hätte. Die unterschiedlichen Schätzungen der Kosten der Maßnahme rechtfertigen ebenfalls nicht die Verweigerung der Feststellung der Jahresabschlüsse und der Entlastungen. Maßgeblich sind die Beträge, die im Haushaltsplan festgesetzt wurden und beim Haushaltsvollzug zahlungswirksam wurden. Nach dem Rechenschaftsbericht für das Jahr 2011 wurden dementsprechend 52.000,00 € im Plan festgesetzt und 58.524,36 € ausgezahlt. Dass diese Zahlen die tatsächlichen Vorgänge unzutreffend widerspiegeln, ist weder substantiiert vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Dies gilt auch für die Vereinbarung vom 23. Juli 2011 zwischen der Klägerin und einer Anliegerin der Stichstraße Obersehr über die Ableitung des Straßenoberflächenwassers in einen Teilbereich eines privaten Grundstücks. Diese Maßnahme hat zu einer Kostenersparnis geführt, die ziffernmäßig im Haushalt nicht erschienen ist und deshalb einen ordnungsgemäßen Haushaltsvollzug nicht in Frage stellen konnte.
- 16
Schließlich rechtfertigen die von der Verbandsgemeindeverwaltung Kell am See eingeräumten Fehler in der Eröffnungsbilanz nicht die Verweigerung der Feststellung der Jahresabschlüsse 2011 und 2012 sowie der Entlastungen. Denn die Eröffnungsbilanz wurde weder vom Rechnungsprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 4. März 2015 noch später auf Intervention des Gemeinderats erkennbar geprüft. Außerdem hat die Verbandsgemeindeverwaltung zugesagt, die notwendigen Korrekturen in der Bilanz mit den Jahresabschlüssen 2013 vorzunehmen.
- 17
d) Der Beklagte hat zu Recht von seinem Anordnungsrecht nach § 122 GemO Gebrauch gemacht und dabei sowohl das Entschließungs- als auch Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Insbesondere verletzt die getroffene Anordnung nicht die verfassungsrechtliche Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung und ist auch sonst verhältnismäßig. Denn die Klägerin hat sich in drei Beschlüssen rechtswidrig und nachhaltig geweigert, die Jahresabschlüsse 2011 und 2012 festzustellen sowie den damaligen Ortsbürgermeister, den Bürgermeister der Verbandsgemeinde und die Beigeordneten zu entlasten. Dies geschah, obwohl der Rechnungsprüfungsausschuss die Akte „Stichstraße Obersehr“ eingesehen und sich aus den gegen die Jahresabschlüsse erhobenen Einwendungen nicht ergeben hat, dass diese nicht dem materiellen Prüfprogramm des § 113 Abs. 1 und 2 GemO entsprochen haben. Vielmehr hat es sich hierbei überwiegend um politische Bewertungen gehandelt, für die im Rechnungsprüfungsverfahren kein Platz ist. Im Übrigen sind Einwendungen teilweise außerhalb des dafür vorgesehenen Verfahrens der Rechnungsprüfung erhoben worden und deshalb – unabhängig von ihrer inhaltlichen Berechtigung - unbeachtlich.
- 18
II. Die Rechtssache weist auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen lassen sich, wie sich aus den Ausführungen zum Nichtvorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergibt, ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens ohne Weiteres beantworten. So folgt insbesondere aus § 112 Abs. 4 Nr. 1 GemO, dass der Rechnungsprüfungsausschuss Akteneinsicht begehren kann, sofern dies für eine sorgfältige Prüfung des Jahresabschlusses notwendig ist. Wann diese Voraussetzung vorliegt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Dabei kann der Gemeinderat sein Akteneinsichtsrecht nicht selbst ausüben, sondern ist darauf beschränkt, die Akten gemäß § 112 Abs. 4 GemO nach seinen Vorgaben durch den Rechnungsprüfungsausschuss einsehen und prüfen zu lassen. Im Übrigen kann die Feststellung des Jahresabschlusses und die Entlastung kommunalaufsichtsrechtlich erzwungen werden, wenn deren Verweigerung durch den Gemeinderat sachlich unvertretbar ist, weil die im pflichtgemäßen Ermessen des Gemeinderats und des Rechnungsprüfungsausschusses vorgenommene Prüfung nicht ergeben hat, dass die Anforderungen des § 113 Abs. 1 und 2 GemO nicht erfüllt sind. Ob das Einschreiten im Übrigen ermessensgerecht ist, hängt ebenfalls von den Umständen des Einzelfalls ab. Schließlich kommt es auf die Beantwortung der Frage, ob die Entlastung nach § 114 GemO nur Wirkung im Innenverhältnis zwischen Bürgermeister und Gemeinderat hat, im vorliegenden Fall bereits deshalb nicht an, weil die Kommunalaufsicht bei Pflichtverletzungen der Organe einer Selbstverwaltungskörperschaft, auch im Vorfeld eines etwaigen Organstreitverfahrens, jedenfalls dann einschreiten kann, wenn zugleich eine Verletzung einer der Körperschaft obliegenden Verpflichtung vorliegt (vgl. OVG RP, Urteile vom 4. Juli 1960 – 1 C 3/60 und 1 C 9/60 –, AS 8, 78).
- 19
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
- 20
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 i.V.m. Ziffer 22.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169).
moreResultsText
Annotations
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.