Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 21. Jan. 2011 - 1 E 11379/10

ECLI: ECLI:DE:OVGRLP:2011:0121.1E11379.10.0A
published on 21/01/2011 00:00
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 21. Jan. 2011 - 1 E 11379/10
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Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 22. November 2010 wird die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthaft. Der Rechtsmittelausschluss des § 158 Abs. 2 VwGO greift nicht ein, da die Entscheidung gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO keine Kostengrundentscheidung im Sinne dieser Vorschrift darstellt, sondern eine ausnahmsweise von dem Richter zu treffende Kostenfestsetzungsentscheidung beinhaltet.

2

Die Beschwerde ist auch begründet. Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO sind die Kosten für die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nicht generell erstattungsfähig, sondern nur dann, wenn sie das Gericht für notwendig erklärt. Von einer Notwendigkeit ist dann auszugehen, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei als erforderlich und nicht willkürlich erscheint (vgl. Olbertz, Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 162 Rn. 7 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Dieser gedankliche Ausgangspunkt führt dazu, dass die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durch den von einem belastenden Verwaltungsakt betroffenen Bürger im Regelfall bejaht wird. Im umgekehrten Fall der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch eine Behörde im Widerspruchsverfahren wird dagegen eine Notwendigkeit regelmäßig nicht gegeben sein. Maßgeblich ist dabei die Überlegung, dass eine Behörde, zu deren Aufgaben es gehört, einen Verwaltungsakt - wie hier eine Baugenehmigung - zu erlassen, in der Regel auch in der Lage sein muss, dies ohne anwaltlichen Rat zu tun. Daraus ergibt sich dann auch die weitere Überlegung, dass eine sachkundige Behörde auch in der Lage sein wird, den von ihr erlassenen Verwaltungsakt ohne Zuziehung eines Bevollmächtigten in dem von einem betroffenen Bürger in Gang gesetzten Widerspruchsverfahren zu verteidigen.

3

Die Heranziehung dieser Grundsätze, auf die das Verwaltungsgericht abstellt, hilft aber im vorliegenden Verfahren nicht weiter. Die Klägerin des vorliegenden Verfahrens - eine Ortsgemeinde - ist nämlich nicht, wie in dem vorstehend angesprochenen Regelfall, die Behörde, die den hier angegriffenen Verwaltungsakt erlassen hat; sie ist auch selbst nicht Baugenehmigungsbehörde und verfügt daher gerade nicht über das Wissen und die Erfahrung einer solchen Behörde. Die Klägerin bekämpft vielmehr als Drittbetroffene behauptete Beeinträchtigungen, die von einer Baugenehmigung ausgehen sollen, die die beklagte Kreisverwaltung erlassen hat. Zu fragen ist hier, ob eine Ortsgemeinde, die ihre Planung durch eine Baugenehmigung für ein Vorhaben auf dem Gebiet einer Nachbargemeinde beeinträchtigt sieht, die Zuziehung eines Rechtsanwalts für das Betreiben eines Widerspruchsverfahrens für notwendig halten darf.

4

Dies ist zunächst schon mit Blick auf die prozessuale Waffengleichheit zu bejahen. Da die klagende Ortsgemeinde - wie ausgeführt - nicht auf geschulte und erfahrene Mitarbeiter zurückgreifen kann, während dies der mit Sachverstand ausgestatteten Baugenehmigungsbehörde möglich ist, war in dem durchgeführten Widerspruchsverfahren ohne die Zuziehung eines Rechtsanwaltes eine Waffengleichheit zwischen der Klägerin und der Bauaufsichtsbehörde nicht gewährleistet. In einem derartigen Fall ist es, auch aus der Sicht einer verständigen Kommune, weder überflüssig noch willkürlich, sondern zweckmäßig, wenn im Widerspruchsverfahren auf die Hilfe eines Rechtsanwaltes zurückgegriffen wird.

5

Zu einem anderen Ergebnis führen auch nicht die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die klagende Ortsgemeinde habe die Sach- und Fachkunde der Bediensteten der Verbandsgemeindeverwaltung in Anspruch nehmen und sich zudem von der übergeordneten Behörde rechtlich beraten lassen können. Ob die Hilfe durch die Bediensteten der Verbandsgemeindeverwaltung in einem komplizierten Rechtsstreit, bei dem unter anderem Fragen der Zulässigkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO im Streit stehen, unter dem Aspekt der Waffengleichheit ausreichen würde, kann dabei dahinstehen. Auf die vom Verwaltungsgericht als ausreichend angesehene Rechtsberatung durch die Verbandsgemeindeverwaltung ist hier nämlich nicht nur die Klägerin, sondern auch die zur gleichen Verbandsgemeinde gehörende benachbarte Ortsgemeinde Nievern angewiesen, die hier aber gegenläufige Interessen verfolgt. Ob die Verbandsgemeindeverwaltung in einem Verfahren, in dem sie zwei Ortsgemeinden mit unterschiedlichen prozessualen Zielen beraten müsste, überhaupt beraten darf, erscheint schon im Hinblick auf § 68 Abs. 1 S. 2 Nr.4 GemO zweifelhaft, wonach zu den Verwaltungsgeschäften, die die Verbands-gemeindeverwaltung für die Ortsgemeinde wahrnimmt, nicht die gerichtliche Vertretung in Verfahren zwischen Ortsgemeinden derselben Verbandsgemeinde zählt. Jedenfalls aber ist es aus der Sicht einer verständigen Gemeinde zweckmäßig, sich in einem solchen Fall des Rates eines Rechtsanwalts zu bedienen.

6

Gleiches gilt auch für die vom Verwaltungsgericht als ausreichend angesehene Möglichkeit, sich in Zweifelsfällen durch die übergeordnete Behörde rechtlich beraten zu lassen. Die damit angesprochene Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises, der Beklagte, war nämlich der Widerspruchsgegner im fraglichen Verfahren. Es liegt auf der Hand, dass die klagende Gemeinde sich nicht auf die Rechtsberatung durch den Verfahrensgegner einlassen muss, sondern eine Rechtsberatung durch einen außenstehenden, gegnerfreien Rechtsanwalt für zweckmäßig halten darf.

7

Nebenentscheidungen erübrigen sich, weil Gerichtskosten nicht entstehen und auch eine Kostenerstattung nicht stattfindet, da es sich bei dem Festsetzungsverfahren, dem die hierzu treffende Entscheidung zuzuordnen ist, nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handelt (vgl. Beschluss des Senats vom 18. August 2002, 1 E 10707/02.OVG).

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden. (2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzuste
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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

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Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

(2) Ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, so ist die Entscheidung über die Kosten unanfechtbar.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.